War da was? Wer keine Lust auf Festprogramme oder die zigste Weihnachtsfeier hat, findet im Theater-Solo mit Clemens Schick eine gute Alternative. Windows von Mathias Greffrath geht mittlerweile ins dritte Jahr.
Das Stück blickt in die Seele von Bill Gates, der es mit Microsoft vom Nerd zum Superphilantropen gebracht hat. Schick denkt sich dafür in den Programmierer hinein, den Kontrollzwang, Größenwahn und Genie zu einem der reichsten und polarisierendsten Männer der Welt gemacht haben. Und das klingt herrlich bissig.
20 Uhr | 20. Dezember 2010 | Sophiensaele | Sophienstraße 18 | Berlin Mitte
Peter Stein liest Puschkin in der Übersetzung von Ulrich Busch. Keine Angst, es gibt zwei Pausen. Ein Buch mehr, von dem man im Brustton der Überzeugung sagen kann, man habe es „gelesen“.
2002 präsentierte der finnische Regisseur Kaurismäki bei den Filmfestspielen in Cannes die Geschichte eines Mannes, den ein Überfall aus seinem vertrauten Leben reisst. Als der Verletzte zu sich kommt, besitzt er sich nicht einmal mehr eine Identität. Von der Gesellschaft ausgeschlossen, kämpft er um seine Existenz. Dabei trifft er nicht nur auf gutherzige Menschen, sondern verliebt auch in die Heilsarmistin Irma. Ach ja, und selbst in ihrem Elend gesteht Kaurismäki seinen Verlierern einen selbstverständlichen Glamour zu. Die Jury hat den Film dafür mit dem Grand Prix ausgezeichnet.
Den sozialen Absturz als Chance auf ein zweites, wahrhaftigeres Leben inszeniert Regisseur Dimiter Gotscheff jetzt als Theaterstück. Zärtlich aber ohne falsche Sentimentalität solle es die elementaren Themen Freundschaft, Liebe und Hoffnung behandeln. So begeht man wohl Weihnachten am DT.
Jedenfalls ist der Tagesspiegel schon gespannt darauf, wie „Gotscheff und seine hochintelligente Schauspielerriege“ die Kaurismäkische Lakonie auf die Bühne bringen. Und für die Vorstellung am Samstag gibt es noch Karten.
19.30 Uhr | 18. Dezember 2010 | Deutsches Theater | Schumannstraße 13a | Berlin Mitte
Mit dem Erlös der jährlichen ChariTÄT-Benefizveranstaltung finanziert der Kunstraum sein Programm im nächsten Jahr. Die Kunstwerke haben befreundete Künstler gespendet. Sie kosten zwischen zehn und siebenhundert Euro.
Das Programm von TÄT konzentriert sich auf Konzeptkunst und Installationen. Es lohnt sich hier vorbeizuschauen.
17 & 12 Uhr | 17. & 18. Dezember 2010 | TÄT | Schönhauser Allee 161 | Berlin Mitte
Nach der Gruppenausstellung Jewelry schließt der Projektraum von Samsa.
Die letzte Ausstellungseröffnung dieses Jahres ist zugleich ein Abschied.
Drei Jahre lang bespielten Shannon Bool und Alex Müller ihr Souterrain in der Kollwitzstraße mit einem aberwitzigen Programm. Jetzt geben sie die Räumlichkeiten auf. Die Künstlerinnen wollen künftig projektbezogen arbeiten. Die nächste Ausstellung findet in Köln statt.
Jewelry versammelt die Werke der mit Samsa arbeitenden Künstler und endet am 7. Januar. Dieses Wochenende kann die Ausstellung regulär besucht werden, danach nur nach Vereinbarung. Die Künstler zu den Werken gibt es heute bei der Eröffnung.
Samsa eine letzte Ehre zu erweisen ist jedenfalls ein Muss!
19 Uhr & 14 Uhr | 17. & 18-19 Dezember 2010| Samsa | Kollwitzstraße 10 | Berlin Mitte
Künstlergespräch mit Paula Doepfner zum Thema Metamoderne.
Paula Doepfner stellt derzeit Promessus bei Tanja Wagner aus. Die Künstlerin präsentiert filigrane Zeichnungen neben Dornengestrüpp und Lavagestein. Von der Decke tropt Eis, in das sie Papier gefroren hat. Und während die Galerie Spuren der Zerstörung trägt, zeigt ein Video Doepfner beim Zeichnen von Kreidespuren. Kurz gefasst behandelt die Ausstellung den Gegensatz von manifester Materialität und flüchtiger Idee, der Prozess der Realisierung ist sozusagen das Leitmotiv.
Heute Abend diskutiert Doepfner mit dem Kulturtheoretiker Timotheus Vermeulen und dem Kulturphilosophen Robin van den Akker über die Idee einer Metamoderne. Vermeulen und van den Akker zufolge hat die Postmoderne als Erklärungsmodell zeitgenössischer Ästhetik ausgedient. (Ihre Beobachtungen veröffentlichen sie auf ihrem Blog Notes on metamodernism.)
Die Theorie zur Praxis – ein perfekter Anlass für einen Ausstellungsbesuch. Vor allem wenn sich der Künstler gegen falsche Unterstellungen wehren kann.
19 Uhr | 17. Dezember 2010 | Galerie Tanja Wagner | Pohlstraße 64 | Berlin Schöneberg
Mit dem Breakdance begann Kadir Memis aka Amigo, als seine Eltern den damals Zehnjährigen nach Deutschland holten. Heute choreografiert er Tanztheater. Die Stücke handeln von Memis Versuch, die eigene Identität zu erfassen.
Hüzün basiert auf Memis autobiografischer Erfahrung als Junge, der in zwei Kulturen aufwächst. Er reflektiert darin die Rolle des Mannes in patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen.
Inspiriert von Orhan Pamuks Buch Istanbulgeht der Choreograph aus von einem spezifisch türkischen Gemütszustand: Hüzün. Im Gegensatz zur deutschen Kultur mit ihrer einsamen Tristesse, kennt die türkische eine kollektive Schwermut. Als kultureller Grenzgänger musste auch Memis diese Melancholie erst für sich definieren. Seine Eindrücke hat er mit Hüzün nun in HipHop-Tanztheater übersetzt.
Das hört sich doch tatsächlich mal vielschichtig an.
20 Uhr | 16-19 Dezember 2010 | HAU 2 | Hallesches Ufer 32 | Berlin Kreuzberg
In ihrem Stück über Tod und Zeit inszeniert Marie Brassard die Begegnung einer Frau mit sich selbst. Diese trifft in Gedanken auf sich als Sterbende. Gemeinsam gehen die beiden Frauen zurück zu dem Mädchen, das sie einst waren, und konstruieren in einer Mischung aus Kindheitserzählung und Morphiumvision eine surrealistische Szenerie. Live-Musik und Filmprojektionen verdichten die Traumsequenz.
Hört sich experimentell bis schwierig an. Aber für Mutige gibt’s im Anschluss an die heutige Aufführung Waffeln!
19.30 Uhr | 16.-19. Dezember 2010 | Sophiensaele | Sophienstraße 18 | Berlin Mitte
Der Kurzfilmzeigt acht Künstler, Kuratoren und Kritiker bei dem inszenierten Versuch sich über zeitgenössische Kunst zu verständigen. A Guiding Light (2010) ist Analyse und Selbstkritik zugleich: Wie in einer Seifenoper lassen Gillick und Vidokle ihre Protagonisten über das kuratorische Thema der 8. Shanghai Biennale reflektieren. Die beiden Künstler kombinieren dazu einen Text von Biennale Kurator Gao Shiming mit einer Episodenanalyse der namengebenden Fernsehserie Guiding Light aus dem Jahr 1952.
Nach den Premieren in Shanghai und New York stellen die Künstler ihren Film nun in Berlin vor – persönlich.
22 Uhr | 15. Dezember 2010 | Babylon | Rosa-Luxemburg-Straße 30 | Berlin Mitte
Joerg Koch, der Kopf hinter dem Magazin 032c präsentiert in einer riesige Vitrine des Designers Konstantin Grcic die persönlichen Archive von Künstlern, Architekten, Designern und Kuratoren – darunter Cyprien Gaillard, Helmut Lang oder Chris Dercon. Aktuell zeigt er den Designer und Fotografen Thomas Mayfried und sein Archive Imaginaire.
Mayfried entwickelte 2003 das aktuelle grafische Erscheinungsbild des Münchner Haus der Kunst. Bei 032c präsentiert er sein visuelles Gedächtnis: Archiv Imaginaire versammelt neben Mayfrieds eigenen Entwürfen auch Printmaterial sowie die Arbeiten verschiedenster Künstler, Fotografen und Designer, die ihn im Gestaltungsprozess inspiriert haben. Die assoziative Zusammenstellung und Präsentation entspricht dabei Mayfrieds Ideal des dynamischen Museums.
19 Uhr | 14. Dezember 2010 | 032c | Brunnenstraße 9 | Berlin Mitte