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Züli Aladag und Die Anderen

© Züli Aladag

Die Ausstellungsreihe Labor Berlin im HKW präsentiert zugezogene Künstler aus der ganzen Welt und ihre Sicht auf Berlin.

Der Regisseur und Künstler Züli Aladag hinterfragt mit Die Anderen das Konzept der Andersartigkeit. Er lebt seit 2002 in Berlin und ist türkischer und kurdischer Abstammung. Für seine Ausstellung hat Aladag Berliner interviewt, sowohl Deutsche als auch Nicht-Deutsche.

Seine Videos sind Porträts der Einen und der Anderen. Sie dokumentieren Vorurteile, Selbstbilder und gängige Klischees. Vor allem zeigen die Arbeiten, wie absurd der Versuch einer pauschalen Gegenüberstellung ist, etwa zwischen den Deutschen aus Mitte und den Muslimen im Wedding und Kreuzkölln.

© Züli Aladag

Damit es nicht bei einem höflich-interessierten Ausstellungsbesuch bleibt, stellt der Künstler den Besuchern Kopftücher oder Gebetskappen. Sie sollen sich die Fremdheit aneignen und die Ausstellung aus der Sicht der Anderen erleben.

Die Verwandlungen am Eröffnungsabend dokumentieren vom Künstler signierte Polaroid-Porträts. Sie sind die Künstleredition, die zu Die Anderen erscheint.

Das wiederum ist ein cleverer Schachzug von Aladag. Die Besucher kostümieren sich nicht einfach, um danach guten sozialen Gewissens in das Wochenende zu gehen. Sie bringen einen Teil ihrer Selbst in die Kunst ein. Ihre Integration lässt sich in einem monetären Wert aufwiegen. Das gibt dem Entfremden das angemessene Gewicht.

Um 20 Uhr findet das Künstlergespräch mit Züli Aladag statt.

19 Uhr | 5 November 2010 | Studiogalerie im Haus der Kulturen der Welt | John-Foster-Dulles-Allee 10 | Berlin Tiergarten

 

the place to be

Die Feuilletons schwärmen schon. Heute Abend stürmen die ersten Besucher den Großversuch Carsten Höllers.

Der Künstler hat die historische Halle des Hamburger Bahnhofs in ein tableau vivant verwandelt, darin Rentiere und Fliegenpilze. Sie sind der Stoff, aus dem Soma entstehen könnte, der mythische Trank der Erkenntnis und Unsterblichkeit. Belegen soll das Höllers gigantische Versuchsanordnung mit zwei identischen Tiergehegen. Nur eine der beiden Rentier-Gruppen frisst die Giftpilze, berauscht dann mit ihrem Urin Vögel, Mäuse und Fliegen. Ob das stimmt, erfährt aus Prinzip niemand. Es gehe ihm nämlich um die persönliche Erfahrung der Besucher und nicht um das Soma, zitiert Monopol Carsten Höller.

Die Welt jedenfalls fühlt sich allein vom Anblick der Tiere leicht, glücklich, berauscht. Und der Tagesspiegel würdigt den vorläufigen Höhepunkt an Extravaganz, der in einem Museum zu erreichen ist.

Extravagant ist aber nicht nur der Aufwand, den der Künstler und Direktor der Nationalgalerie Udo Kittelmann betrieben haben. Wem es 1000 Euro wert ist, der kann in der Mega-Installation auch übernachten. Die Lektüre eines exklusiven Erfahrungsberichtes von ZEIT-Autor Tobias Timm wirft bei mir vor allem die Frage auf: Ist die Schau auch massentauglich?

Die Walton Ford-Ausstellung war bereits eine Qual. Die Besucher schoben einander von Aquarell zu Aquarell. Und Höllers Ausstellung dürfte erst recht vom Publikum gestürmt werden.

Wenn es stimmt, dass der Reiz von Soma in der aufmerksamen Suche nach vorhandenen oder eingebildeten Verhaltensauffälligkeiten liegt und dass gerade die selbstvergessene Kontemplation der surrealen Szenerie Glücksgefühle auslöst, dann bleibt diese Erfahrung den meisten Besuchern wohl verwehrt.

20 Uhr | 4. November 2010 | Hamburger Bahnhof | Invalidenstr. 50/51 | Berlin Mitte

 

Einmal mit Profis

Susanne Kriemann, Ashes and broken brickwork of a logical theory (prolog), 2010 © Susanne Kriemann

Kuratorenführung in der Berlinischen Galerie

Am Freitag eröffnete die Museumsausstellung von Susanne Kriemann in der Berlinischen Galerie. Sie ist die Gewinnerin des GASAG Kunstpreises 2010. Der Preis geht an Berliner Künstler, deren Arbeiten sich mit Wissenschaft oder Technik auseinandersetzen. Kriemann bekam ihn nach Aussage der Jury wegen ihrer „rechercheintensiven Arbeitsweise und der Komplexität ihrer Darstellungsformen“. Ihre Installationen kreisen um die Organisation von Wissen und die Wahrnehmung von Realität.

In der Berlinischen Galerie zeigt sie ein Archiv. Darin organisiert sie Material zu ihrer letzten Arbeit Ashes and broken brickwork of a logical theory. Das Werk kreiste um die Beziehung von Archäologie und Moderne. Aber das erklären die Kuratoren am Besten selber, bei der heutigen Führung!

P.S.: Eigentlich „Zweimal mit Profis“. Am 13. Dezember gibt es eine weitere Kuratorenführung.

14 Uhr | 1. November 2010 | Berlinische Galerie | Alte Jakobstraße 124-128 | Berlin – Mitte

 

Gestern noch Außenseiter, heute ein Star

Die Tagung … be succesful beleuchtet das neue Verhältnis der Künstler zum Erfolg.

Was passiert, wenn der Ruhm ausbleibt? Welchen Preis hat die Ehre? Die Berlinische Galerie fragt, warum zeitgenössische Kunst und Starrummel so eng miteinander verbunden sind. Darauf antworten Imke Elliesen-Kliefoth, Thomas Köhler, Christian Saehrendt, Marion Strunk und Mirjam Varadinis. Nach den Vorträgen diskutieren die Referenten mit dem Publikum. Je nachdem, ob sich neue Aspekte in dieser nicht gerade brandneuen Debatte ergeben, könnte es hitzig werden. Oder aber verdammt langweilig.

11 Uhr | 31. Oktober 2010 | Berlinische Galerie | Alte Jakob Straße 124-128 | Berlin Mitte

 

Nach dem Samstagseinkauf …

© Johann König

Vernissage bei Johann König! Auf dem Programm stehen Film, Performance und Skulptur.

Die Galerie präsentiert Manfred Kuttners Arbeit A-Z von 1963. Der Künstler hat den 8mm-Film stellenweise handkoloriert. Kuttner war Anfang der sechziger Jahre eine kurze Künstlerkarriere beschieden im Kreise von Gerhard Richter, Sigmar Polke und Konrad Lueg. Seit vier Jahren ist seine Arbeit wieder regelmäßig zu sehen.

Um 20 Uhr schließt die Vernissage mit der Performance Assembly Instructions Lecture des Künstlers Alexandre Singh. Außerdem setzt die Künstlerin Erik Steinbrecher mit der Arbeit Apla Mare die backyardoutdoorsculptureseries im Hof der Galerie fort. Eine Eröffnung für alle, die möglichst Viel bei minimalem Aufwand sehen möchten.

16 Uhr | 30. Oktober | Galerie Johann König | Dessauer Straße 6-7 | Berlin Mitte

 

Ego-Show im Autocenter

© Autocenter

THE ego show – Eine GRUPPENAUSSTELLUNG von und mit Thomas Eller.

Das Autocenter präsentiert Thomas Eller – und nur Thomas Eller. Die Ausstellung umfasst Fotografien, Zeichnungen und Lithografien des Künstlers. Eller plädiere für „heterogene Erkenntnis- und Bedürfnisstrukturen“ und kritisiere Identitätspolitiken im Allgemeinen, heißt es in der Ankündigung. Tja.

Oft lohnt sich der weite Weg ins Autocenter, dem artist-run space von Maik Schierloh und Joep van Liefland. Manchmal gar nicht. Schwer zu sagen.

20 Uhr | 30. Oktober 2010Autocenter | Eldenaer Straße 34 a (Eingang über James-Hobrecht-Straße) | Berlin Friedrichshain

 

Freitag ist Volksboutique-Tag

Christine Hill, Volksboutique, 2011 © NH/Filter

Ein Kleinunternehmen? Ein Kunstprojekt!

Jeden Freitag öffnet die Volksboutique ihre Türen in der Choriner Straße. Und der Besuch ist ein Erlebnis. Die Künstlerin Christine Hill betreibt sie seit 13 Jahren an wechselnden Orten. Momentan verkauft sie in einem Ladenlokal vor ihrem Atelier. Besser gesagt: Hill bedient. Ihr liegt nicht am Verkaufen, sondern am Austausch mit den Käufern.

In einem alten Apothekentresen präsentiert die Künstlerin ihre Waren: Fundstücke und Glücksbringer. Die Besucher entscheiden sich für fünf Kleinode und suchen gemeinsam mit Hill ein verbindendes Attribut. Es charakterisiert nicht nur die Gegenstände. Es bezeichnet auch denjenigen, für den sie bestimmt sind. Ein Zettelkasten dient der Inspiration.

Anschließend paketiert und personifiziert die Künstlerin die getroffene Auswahl. Auf einem Beipackzettel stehen Eigenschaften und Absichten des Käufers. Jedes Paket ist ein Einzelstück – und das Souvenir an eine sehr persönliche Begegnung mit Christine Hill.

11 – 18 Uhr | 29. Oktober 2010 | Volksboutique | Choriner Straße 51 | Berlin Prenzlauer Berg

 

Tape Modern die Achtzehnte

© Tape Club Berlin

Der beste Abschluss des Eröffnungsmarathons hinterm Hauptbahnhof.

Zum 18. Mal findet die Tape Modern statt. Die Kurzausstellung im Tape-Club hinterm Hauptbahnhof endet traditionell mit einer Party zwischen den Exponaten. Diesmal haben Carola Schmidt und Johannes Weiß kuratiert. Die Gruppenausstellung steht unter dem Motto I am completely operational.

Neue Ausstellungen im jungen Kunstareal von Halle am Wasser und Heidestraße eröffnen heute Jarmuschek + PartnerNolan Judin Berlin und viele andere. Auf dem Weg ins Niemandsland hinterm Hauptbahnhof lohnt ein Umweg in die Markgrafenstraße. Carlier | Gebauer stellt Aernout Miks neue Videoarbeit Communitas aus und zeigt Paul Graham.

19 Uhr | 29. Oktober 2010 | Tape Club Berlin | Heidestraße 14 | Berlin Mitte

 

Daimler Contemporary zeigt neue Schätze

Die Daimler Kunstsammlung setzt ihre Ausstellungsserie über die Schnittstellen von Architektur, Design und Kunst fort.

Minimalism and applied II präsentiert frühe Künstler, Architekten und Designer und ihre wechselseitigen Referenzen. Die Ausstellung ist als Abfolge von Dialogen zwischen Kunst und Design angelegt. Die Kuratoren verhandeln im Einzelnen die Bezüge zwischen Gail Hastings – Charlotte Perriand, Charlotte Posenenske – Ferdinand Kramer, Martin Boyce – Jean Prouvé, Jacob Dahlgren – Sylvan Lionni – Philippe Parreno und Albert Weis – Eileen Gray – Sarah Browne.

Keine Angst! Wer die Theorie anstrengend findet, erfreut sich an den Exponaten. Daimlers vorwiegend abstrakt-minimalistische Kunstsammlung ist einfach sehenswert!

19 Uhr | 29. Oktober 2010 | Daimler Contemporary | Haus Huth | Alte Potsdamer Straße 5 | Berlin Mitte

 

Alle Macht den Künstlern

© KW Institute for Contemporary Art

Die Kunst-Werke starten im Vorderhaus das Experiment KW69.

Die Ausstellungsreihe KW69 funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Künstler laden Künstler ein, deren Arbeiten sie ausstellen möchten. Die Aussteller kuratieren dann die nächste Werkschau mit Künstlern ihrer Wahl, usw. Wo das hinführt, weiß niemand – und soll auch niemand wissen. Das KW Institute for Contemporary Art überlässt das kuratorische Feld den Künstlern. Zumindest auf Probe, für ein Jahr.

Angela Bulloch beginnt den Zyklus mit der Ausstellung Molecular Etwas. Bulloch präsentiert den Franzosen Jean-Michel Wicker und stellt ihm u. a. Positionen von Manfred Pernice, Dominique Gonzalez-Foerster oder Germaine Cellier gegenüber.

Jean-Michel Wicker kuratiert dann die zweite Show und wählt somit den Gastgeber für KW69 #3. Bisher ist der noch geheim … . Wir freuen uns auf ein Jahr voller Überraschungen mit KW69.

19 Uhr | 27. Oktober 2010 | Kunst-Werke | Auguststraße 69 | Berlin Mitte