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Kuratierte Seifenoper

Die Künstler Liam Gillick und Anton Vidokle präsentieren ihren Kurzfilm A Guiding Light im Babylon.

Der Kurzfilm zeigt acht Künstler, Kuratoren und Kritiker bei dem inszenierten Versuch sich über zeitgenössische Kunst zu verständigen. A Guiding Light (2010) ist Analyse und Selbstkritik zugleich: Wie in einer Seifenoper lassen Gillick und Vidokle ihre Protagonisten über das kuratorische Thema der 8. Shanghai Biennale reflektieren. Die beiden Künstler kombinieren dazu einen Text von Biennale Kurator Gao Shiming mit einer Episodenanalyse der namengebenden Fernsehserie Guiding Light aus dem Jahr 1952.

Nach den Premieren in Shanghai und New York stellen die Künstler ihren Film nun in Berlin vor – persönlich.

22 Uhr | 15. Dezember 2010 | Babylon | Rosa-Luxemburg-Straße 30 | Berlin Mitte

 

Vom visuellen Gedächtnis zum dynamischen Museum

© 032c

032c Workshop/Joerg Koch zeigt Archive Imaginaire von Thomas Mayfried.

Joerg Koch, der Kopf hinter dem Magazin 032c präsentiert in einer riesige Vitrine des Designers Konstantin Grcic die persönlichen Archive von Künstlern, Architekten, Designern und Kuratoren – darunter Cyprien Gaillard, Helmut Lang oder Chris Dercon. Aktuell zeigt er den Designer und Fotografen Thomas Mayfried und sein Archive Imaginaire.

Mayfried entwickelte 2003 das aktuelle grafische Erscheinungsbild des Münchner Haus der Kunst. Bei 032c präsentiert er sein visuelles Gedächtnis: Archiv Imaginaire versammelt neben Mayfrieds eigenen Entwürfen auch Printmaterial sowie die Arbeiten verschiedenster Künstler, Fotografen und Designer, die ihn im Gestaltungsprozess inspiriert haben. Die assoziative Zusammenstellung und Präsentation entspricht dabei Mayfrieds Ideal des dynamischen Museums.

19 Uhr | 14. Dezember 2010 | 032c | Brunnenstraße 9 | Berlin Mitte

 

Kunstkritik als Gesellschaftskritik

Die amerikanische Künstlerin Andrea Fraser spricht im Hamburger Bahnhof.

Die Kunstzeitschrift Texte zur Kunst, das Berliner Künstlerprogramm des DAAD und die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof haben Frazer für einen weiteren Vortrag gewonnen. Die Künstlerin spricht heute im Aktionsraum des Museums für Gegenwartskunst.

Fraser beschäftigt sich intensiv mit Institutionskritik. Sie ist bekannt für ihre Performances und Videos. In den Neunzigern betrachtete die Künstlerin, die in Los Angeles im Bereich „Neue Genres“ lehrt, in ihren Gallery Talks die Funktionsmechanismen von Kunstinstitutionen. Ihr Werk Untitled erregte 2003 ziemliches Aufsehen. Die Videoarbeit zeigt Frazer beim Sex mit einem Sammler, der dafür 20.000 Dollar gezahlt hatte.

19 Uhr | 14. Dezember 2010 | Hamburger Bahnhof | Aktionsraum| Invalidenstraße 50-51 | Berlin Mitte

 

Tanz vor fluoreszierender Kulisse

© Loge

Die Künstlerin Renate Wolff nimmt den Projektraum Loge auseinander.

Die Loge ist ein winziger Projektraum in einer ehemaligen Pförtnerloge am Checkpoint Charlie und funktioniert eher wie ein Schaufenster. Die Kuratoren Martin Mlecko und Wolfgang Schöddert laden regelmäßig Künstler ein, Arbeiten für die sehr speziellen Räumlichkeiten zu fertigen. Die Ergebnisse reichen vom Ein-Mann-Opern-Erlebnis bis hin zur klassischen Installation.

Mit Checkpoint Inter Wall schafft die Künstlerin Renate Wolff nun eine neue Raumsituation in der Loge, indem sie unzusammenhängende Farbflächen im Schwarzlicht schweben lässt. Zur Eröffnung improvisiert darin außerdem Bettina Thiel, Solistin am Berliner Staatsballett. Und das Alles auf gerade mal 4 Quadratmetern.

19 Uhr | 11. Dezember 2010 | Loge | Friedrichstraße 110 | Berlin Mitte

 

Wo wir gerade von Kunst sprechen…

Lecture Performance "The Fortune Tellers" von Elli Ga © Patric Dreier

The Office experimentiert mit dem Vortrag als Kunstform – oder was macht die Fußnote auf der Bühne?

Die Veranstaltungsreihe Perform a Lecture! konzentriert sich auf ein Format, das so ungewöhnlich wie spannend ist: den Vortrag als Kunstform. Die Kuratorinen von The Office haben sechs internationale Künstler eingeladen, sogenannte „Lecture Performances“ zu erarbeiten.

Das Format hatten Künstler wie Robert Morris und Dan Graham in den sechziger Jahren entwickelt. Mittlerweile bedienen Lecture Performances sowohl formal als auch inhaltlich eine beachtliche Bandbreite, wie die bisherigen Veranstaltungen von Perform a Lecture! demonstrieren.

In diesem Jahr führte Dan Graham das Publikum etwa durch die Hufeisensiedlung Bruno Tauts. Ellie Ga hielt einen penibel choreografierten wissenschaftlichen Vortrag über ihre Erfahrungen als Künstlerin an Bord des Forschungsschiffs Tara. Olivia Plender und Romeo Gongora bezogen das Publikum in ein Rollenspiel zum Thema Machtstrukturen in Familien ein.

Zum Abschluß stutzt Will Holder komplexe Philosophie auf ein bühnentaugliches Format, u.a. mit personifizierten Fußnoten!

Will Holder hat nämlich seinerseits Cally Spooner eingeladen. Die Autorin hat eine Bühnenfassung von Das mittelbare Sprechen und die Stimmen des Schweigens (1952) entwickelt. In dem Essay von Maurice Merleau-Ponty geht es grob gesagt um das Verhältnis von Sprache und Malerei. Bei Cally Spooner’s Indirect Language (2010) kommen entsprechend ein Linguist und ein Maler vor. Aber auch Erzähler, Fußnote oder Autor bevölkern die Bühne im Kino Arsenal.

Zugegeben, eine Veranstaltung zur Doppelrolle der Sprache in der Kunst mag nicht jedermanns Vorstellung eines idealen Freitagabend sein. Aber für all die Nerds unter uns, klingt die Kunstphilosophieperformance nach Spaß! Und die Stärke der Reihe Perform a Lecture! liegt gerade darin, dass sie bewusst den kritischen Dialog mit der Öffentlichkeit sucht – und eben nicht nur mit Kritikern, Kuratoren und anderen Künstlern.

21 Uhr | 10. Dezember 2010 | Kino Arsenal |Potsdamer Straße 2 | Berlin Mitte

 

Texte zum Dokumentarfilm

© Vorwerk 8

Tomas Heise präsentiert Spuren auf der Lesebühne.

In Spuren- eine Archäologie der realen Existenz arbeitet der Ostberliner seine Arbeit als Dokumentarfilmer auf – insbesondere während der DDR und der Wendezeit. Seit den siebziger Jahren sammelt Heise das Material seiner Recherchen und dokumentiert das eigene Schaffen. Skurrile Fundstücke, Anekdoten über Notizen und Drehbücher und Vermerke aus seinen Stasi-Akten hat er zu einer Collage zusammengestellt. Heute Abend liest er aus Spuren

Im Anschluss an die Buchvorstellung läuft Heises Dokumentarfilm Eisenzeit (1991) über vier verkrachte Existenzen in Eisenhüttenstadt.

20 Uhr | 9. Dezember 2010 | Roter Salon der Volksbühne | Linienstraße 227 | Berlin Mitte

 

Entropy Symphonie – 2. Satz: Berlin

© Mike Milosh

Der Künstler Zefrey Throwell bringt die Stadt zum Klingen.

Throwell will 100 Freiwillige an den Straßenecken der Innenstadt verteilen – ausgestattet mit Signalhörnern und Partitur. Die Hupen sind gestimmt, die Partituren getimed. Die Teilnehmer brauchen also weder musikalische Vorkenntnisse noch Taktgefühl. Allein ihren Einsatz sollten sie nicht verpassen. Ach ja, und Krach müssen sie mögen. Die Symphonie dauert fünf Minuten.

Einen ersten Satz konzertierter Unordnung führte Throwell zum Abschluss der Whitney Biennale in New York auf. Nun macht der Künstler Berlin zum Resonanzraum einer Klangperformance. Die Hintergründe seiner Aktionen erklärt Throwell im Interview mit Berlin Art Link.

17 Uhr | 8. Dezember 2010 | Alexanderplatz vor dem Fernsehturm (S-Bahnbogenfassade) | Berlin Mitte

 

Eine beachtliche Zugabe

© Birgitta Kowski

In der Philharmonie steht Philanthropie auf dem Programm: András Schiff für UNICEF

An sein ausverkauftes Konzert um 20 Uhr schließt der Pianist András Schiff eine weitere Darbietung von Bachs Goldberg-Variationen an. Der Eintritt ist frei. Die Zuschauer sollen für die Erdbebenopfer in Haiti spenden. Der Erlös des Abends geht an UNICEF.

Es gibt nur noch wenige Karten an der Abendkasse!

22 Uhr | 7. Dezember 2010 | Kammermusiksaal der Philharmonie | Herbert-von-Karajan-Straße 1 | Berlin Mitte

 

Empfänger: Barbara Weiss

© Galerie Barbara Weiss

Die Galerie Barbara Weiss zeigt Sent by Mail

Was passiert, wenn Künstler ihre Arbeiten „the old fashioned way“ schicken: per Post? Die Galerie Barbara Weiss hat Einsendungen von 35 Künstlern erbeten wie Maria Eichhorn, Ayşe Erkmen, Rebecca Morris, Deimantas Narkevičius und Roman Signer.

Die Gruppenausstellung knüpfe an die Tradition der Mail Art an und greife aktuelle Arbeiten wie Mail Nothing to the Tate Modern (2010) von Rhizome und David Horvitz auf, erklärt die Galerie. Und auch der Aufruf „Nichts“ an die Tate Modern in London zu schicken, war kritisch zu verstehen. Die Versandwege der leeren Postsendungen sollten die globale Zirkulation von Waren – und Kunstwerken – manifestieren. Die Aktion fand im Rahmen von No Soul for Sale an der Tate Modern statt, einer Ausstellung von unabhängigen Kunsträumen aus der ganzen Welt.

Heute Abend wird sich zeigen, ob die Galerie Barbara Weiss eine kritische Auseinandersetzung mit der Professionalisierung des Kunstbetriebes sucht – oder einfach Päckchen für eine nette Weihnachtsausstellung wollte.

18 Uhr | 6. Dezember 2010 | Galerie Barbara Weiss | Zimmerstraße 88-91 | Berlin Mitte

 

Jean-Luc zum Geburtstag

Die Volksbühne feiert Godard’s Achtzigsten mit einer Nacht voller Veranstaltungen.

Der Regisseur Dimiter Gotscheff und der Künstler Mark Lammert inszenieren Die Chinesin, basierend auf Godards gleichnamigen Werk von 1967. Klaus Theweleit eröffnet den Festakt zu Ehren Godards. Der Kabarettabend Waiting for Godard präsentiert Fundstücke aus verschieden Werken des Regisseurs, während im Roten Godard Salon Filme laufen, die wiederum Godard beeinflusst haben. Die Performance Eins zu Eins probiert ein Reenactment von seinem Rolling-Stones-Film One Plus One. Und am Ende treffen sich alle zum Godard Club im Roten SalonEin strammes Programm!

19. 30 Uhr | 3. Dezember 2010 | Volksbühne | Linienstraße 227 | Berlin Mitte