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Oh Daddy I Want My Own Biennale too…

Feinkost verabschiedet sich mit einer spontanen Feinkost Triennale.

Warum leise abtreten nach so viel Presse, haben sich Aaron und Mette Moulton gefragt. Nun haben sie alles aus dem Lager geholt, was die Galerie in den vergangenen drei Jahren gezeigt hat. Ihr randvoll gestopfter Pavillon ist bis Samstag Mittag geöffnet – bevor er, angeblich für immer, seine Türen schließt.

18 Uhr | 25. November 2010 | Galerie Feinkost | Bernauer Straße 71 | Berlin Mitte

 

Schimmelpfennig in der Kritik

Peggy Picket gibt dem Westen nichts Neues.

Das Hamburger Thalia sowie das Deutsche Theater (DT) haben am Wochenende Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes von Roland Schimmelpfennig aufgeführt. Begeisterung weckte keine der Inszenierungen. Das Stück sei einfach zu dünn, urteilt die Süddeutsche Zeitung.

Der Tagesspiegel hält Martin Kušejs Peggy Pickit am DT für die intelligenteste Geistlosigkeit seit Langem. Darum geht es: Zwei Medizinerpaare feiern ihr Wiedersehen bei einem Essen mit viel Wein. Die Freunde waren sechs Jahren lang getrennt. Carol und Martin haben ihren Einsatz in einem afrikanischen Krisengebiet beendet. Ihre Beziehung ist zerrüttet, und ihr Waisenkind haben sie auf der Flucht zurückgelassen. Liz und Frank haben es in der Zwischenzeit zu Haus und Kind gebracht, aber trotzdem kein Glück gefunden. Die Heimkehrer beneiden die Freunde um ihren Wohlstand. Die Daheimgebliebenen schämen sich ob ihrer fehlenden Courage. Die Frage nach dem zurückgelassenen Adoptivkind mündet in einem Streit über persönliche Verantwortung, den Westen und den afrikanischen Kontinent. Die weiße Babypuppe Peggy Pickit und die afrikanische Holzfigur Anne-Abenie sollen vermitteln. Aber für einen Dialog fehlt den Paaren die Schnittfläche. Am Ende ohrfeigen sich die Frauen.

Immerhin, so die Frankfurter Rundschau, funktioniert Peggy Pickit zumindest in Hamburg als Theaterstück. Am DT hat’s nicht mal zur Katastrophe gereicht, befindet die Nachtkritik gelangweilt. Vielleicht liegt es auch an der Dekontextualiserung, dass die Aufführung das Publikum nicht mitreißen kann und zu eindimensional erscheint. Peggy Picket ist als Teil der Afrika-Trilogie entstanden, einer Co-Produktion von westlichen und afrikanischen Autoren und Regisseuren. Aber das wird erst Schimmelpfennigs Inszenierung am Burgtheater zeigen. Bis dahin gibt es noch viele Karten am DT!

19.30 Uhr | 23. November 2010 | Deutsches Theater | Schumannstraße 13a | Berlin Mitte

 

Aufs Boot gekommen. Kunst im Späti International und im historischen Hafen

Freitag Spätkauf, Samstag Schlepper – zwei Gruppenausstellungen beziehen ungewöhnliche Locations.

© Späti International Dieses Wochenende gibt’s gleich zweimal junge Kunst in abwegigen Räumen. Späti International in Neukölln ist bereits berühmt-berüchtigt für Konzerte, Ausstellungen und seine Partygäste. Das Boot Helene hat sich bisher nicht als Ausstellungsraum hervorgetan. Beide Ausstellungen hören sich charmant und nach zwei lohnenden Ausflügen an.

Im Späti International residiert die Ausstellung Vor der Küste von Sri Lanka ist ein Linsenboot gesunken. Die Arbeiten von Hanna Brandes, Simone Gilges, Jan Molzberger und Alex Müller sind bis Sonntag zu sehen, während der regulären Öffnungszeiten von 10 – 02 Uhr. Die Schau eröffnet heute Abend mit einer Performance von Voin de Voin und Gesang von Mariechen Danz.

Die Gruppenausstellung on a boat #1 präsentiert insgesamt neun Künstler, ausgewählt von den Kuratorinnen Clara Brörmann und Sandra Teitge. Nach der Eröffnung am Samstag, ist die Schau am Sonntag von 12-16 Uhr zugänglich.

19 Uhr | 19. November 2010 | Späti International | Weserstrasse 190 | Berlin Neukölln

19 Uhr | 20. November 2010 | Boot Helene im Historischen Hafen | Märkisches Ufer | Berlin Mitte

 

Eine psychedelische Arche-Noah

Caped Creatures von Kelsey Brookes

Die Urban Art Galerie Circleculture stellt den amerikanischen Ex-Biochemiker und Künstler Kelsey Brookes aus. Brookes mischt Sex, Comedy und Tiere, vermengt historische mit aktuellen Referenzen. Dabei tritt das Figurative hinter abstrakte Formen und laute Farben. Das Ergebnis ist aufdringlich, optimistisch und eher lifestylig. Ein kalifornisches Kontrastprogramm zum Berliner Herbst.

19 Uhr | 18. November 2010 | Circleculture Gallery | Gipsstraße 11 | Berlin Mitte

 

Morale provisoire # 4: Badiou und das 21. Jahrhundert

@ KW Institute for Contemporary Art

Jelica Šumič Riha referiert bei der Gesprächsreihe morale provisoire in den Kunst-Werken.

In unregelmäßigen Abständen präsentieren die Kunst-Werke und der Merve Verlag Philosophen, die sich im zeitgenössischen Diskurs radikal positionieren. Es geht um die großen Themen Kunst, Liebe, Politik und Wissenschaft.

Die Philosophin Jelica Šumič Riha stellt in ihrem Vortrag Das 21. Jahrhundert hat noch nicht begonnen den linksradikalen Philosophen Alain Badiou vor. Šumič Riha konfrontiert das neoliberale Politikverständnis mit Badious „kommunistischer Hypothese“. Und sie reflektiert Badious überzeitliche Geschichtsauffassung.

Nach ihrem Vortrag diskutiert Jelica Šumič Riha mit Frank Ruda und Jan Völker, den Herausgebern der Reihe morale provisoire. Anspruchsvoll, anstrengend – spannend.

19 Uhr | 16. November 2010 | Kunst-Werke Berlin | Auguststraße 69 | Berlin Mitte

 

Same old

Elva Snow spielt im Babylon

Scott Matthew und Ex-Morrissey Schlagzeuger Spencer Cobrin haben nach über zehn Jahren ihr Projekt Elva Snow wiederbelebt. Die Band tourt mit den alten Songs. Unplugged.

20.30 Uhr | 16. November 2010 | Babylon | Rosa-Luxemburg-Straße 30 | Berlin Mitte

 

TANAS talks Sanat

TANAS erklärt das türkische Kunstgeschehen – und vermittelt Anknüpfungspunkte

Tanas ist das Anagramm von Sanat, dem türkischen Wort für Kunst. Der Projektraum TANAS zeigt seit 2008 zeitgenössische türkische Kunst in Berlin. Zugegeben, Projektraum klingt irreführend. Hier sind Profis am Werk. Die Ausstellungen präsentieren wichtige künstlerische Positionen – gerne auch sozialkritische.

Initiiert hat TANAS René Block, Fluxus-Galerist und ehemaliger Leiter der Kunsthalle Fridericianum in Kassel. Bei DAAD, ifa und als Leiter der Istanbul Biennale 2005 hat Block die türkische Kunst für sich entdeckt. Mit TANAS bietet er jungen Künstlern eine Plattform.

Die aktuelle Überblicksschau Tactics of Invisibility (Strategien der Unsichtbarkeit) entstand in Zusammenarbeit mit den Institutionen Thyssen-Bornemisza Art Contemporary in Wien und ARTER in Istanbul. Die Kuratoren Daniela Zyman und Emre Baykal haben vierzehn Künstler ausgewählt, darunter Nasan Tur, Kutluğ Ataman, Ayşe Erkmen und Ahmet Öğüt.

Die Arbeiten verhandeln jeweils die Idee der Unsichtbarkeit. Es geht um Tarnen, Gleichmachen und Auffallen, Ausgrenzen, Verschwinden oder Wiederkehren. Auf raumgreifende Installationen folgt diskrete Klangkunst, neben den Videoarbeiten stehen Skulpturen. Die Besucher jedenfalls sehen Einiges: nämlich ziemlich gute türkische Kunst aus den letzten dreißig Jahren.

Die Gesprächsreihe TANAS talks greift die Themen der Ausstellung auf. Sie vertieft etwa einen kunstwissenschaftlichen Fokus und betrachtet den gesellschaftlichen Kontext. Diesen Samstag dreht sich das Gespräch um Das Unsichtbare in Literatur und Film. Wie sich das Nicht-Sichtbare darstellen lässt, diskutieren Lukas Feireiss, Jürgen Dehm und Ede Müller mit dem Organisator der TANAS talks Nico Anklam.

Der Talk schließt mit einem Rundgang durch die Ausstellung. Und die Führung sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen.

16 Uhr | 13. November 2010 | TANAS | Heidestraße 50 | Berlin Mitte

 

Warteraum Zukunft

@ Arno Declair

Simon Solberg inszeniert Warteraum Zukunft von Oliver Kluck

Jungdramatiker Kluck hat für das Stück den Kleist-Förderpreis erhalten und die Frankfurter Rundschau findet es „unverschämt unterhaltend“.

Der Inhalt klingt nach einer selbstmitleidigen Klage über unsere gefühlskalte, erfolgsgetriebene Gesellschaft: Die Hoffnung auf eine Karriere bestimmt das anstrengende Leben des jungen Ingenieurs Daniel Putkammer. Er geht aus, betrinkt sich, blitzt bei den Frauen ab und fährt betrunken nach Hause. Dass er dabei einen Radfahrer umfährt und flüchtet, verschafft ihm eine seltsame Befriedigung.

Wenn das Publikum so etwas noch sehen will, muss es wirklich gut gemacht sein. Jedenfalls gibt es nur noch Restkarten an der Abendkasse.

20.30 Uhr | 13. November 2010 | DT Box | Schumannstraße 13a | Berlin Mitte

 

Kunst + Smalltalk

Installationsansicht Fiona Banner, Marcus Becker, Diango Hernández @ Galerie Barbara Thumm

Viel zu viele Eröffnungen für einen Abend.

Mir persönlich ist heute nach Plastik. Objekte und Skulpturen gibt’s bei folgenden Vernissagen: In Kreuzberg präsentiert Barbara Thumm Fiona Banner, Marcus Becker und Diango Hernández. Wentrup zeigt Hole in the wall von Cristian Andersen. Und in Mitte stellt Eigen+Art Stella Hamberg mit Ghost Light aus.

19 Uhr | 12. November 2010 | Galerie Barbara Thumm | Markgrafenstraße 68 | Berlin Kreuzberg

18 Uhr | 12. November 2010 | Galerie Wentrup | Tempelhofer Ufer 22 | Berlin Kreuzberg

19 Uhr | 12. November 2010 | Galerie Eigen + Art | Auguststraße 26 | Berlin Mitte

 

Filme von und über Moholy-Nagy

Der Martin-Gropius-Bau widmet László Moholy-Nagy einen Filmabend.

Gut eine Woche nach Eröffnung von Kunst des Lichts beginnt das Rahmenprogramm zur Ausstellung mit Filmen von und über Moholy-Nagy. Wie alle Exponate stammen sie aus der Zeit ab 1922. Der Künstler entwickelt damals eine ästhetische Lichttheorie: Licht wird zum bestimmenden Medium seines weiteren Werks.

Die Schau Kunst des Lichts umfasst 200 seiner optischen Kreationen. Die Werke sollen die Vielseitigkeit des Avantgardisten spiegeln: Moholy-Nagy suchte das Neue in Malerei, Skulptur, Fotografie, Film, Grafik und Design. Er umarmte den Fortschritt, experimentierte mit den technischen Möglichkeiten der verschiedenen Medien. Aus der Fotografie entwickelte er das „Fotogramm“, eine Lichtgrafik. Der Film wird wahlweise zum abstrakten Lichtspiel oder zum Bilderessay.

Nach der Ausstellung László Moholy-Nagy. Retrospektive letztes Jahr an der Frankfurter Schirn herrscht kein übermäßiges Interesse an der Ausstellung. Die taz findet zwar „ein Besuch lohnt sich“. Aber der Tagesspiegel vermisst Moholy-Nagys Licht-Bewegungs-Apparaturen und damit eine „wichtige Facette des Gesamtkünstlers“. Die Filme, darin stimmen beide Zeitungen überein, sind indes ziemlich sehenswert – und Grund genug, Kunst des Lichts zu besuchen.

Der Filmabend konzentriert sich auf vier kurze Arbeiten aus den frühen dreißiger Jahren. Sie dokumentieren zugleich Moholy-Nagys technizistische Begeisterung und zeigen sehenswerte Ansichten der modernen Stadtlandschaften. Im Anschluss an Alter Hafen in Marseille (1929/32), Ein Lichtspiel schwarz-weiß-grau (1930/32), Berliner Stillleben (1931/32) und Großstadt Zigeuner (1932/33) läuft eine Dokumentation über den Künstler: Das permanente Experiment: László Moholy-Nagy und das Bauhaus von Jens Schmohl (1996).

19 Uhr | 12. November 2010 | Martin-Gropius-Bau | Martin-Gropius-Bau Berlin | Niederkirchnerstraße 7 (Ecke Stresemannstraße 110) | Berlin Mitte