In den USA sorgte sein Text im Rolling Stones für Furore. Der US-Klimaaktivist BillMcKibben rechnet dort sehr verständlich durch, was passiert, wenn wir so weiter machen wie bisher, egal, ob bei der Ölförderung oder der verfehlten Klimapolitik. Hier ein Auszug:
2,795 Gigatons: This number is the scariest of all – one that, for the first time, meshes the political and scientific dimensions of our dilemma. It was highlighted last summer by the Carbon Tracker Initiative, a team of London financial analysts and environmentalists who published a report in an effort to educate investors about the possible risks that climate change poses to their stock portfolios. The number describes the amount of carbon already contained in the proven coal and oil and gas reserves of the fossil-fuel companies, and the countries (think Venezuela or Kuwait) that act like fossil-fuel companies. In short, it’s the fossil fuel we’re currently planning to burn. And the key point is that this new number – 2,795 – is higher than 565. Five times higher.
In seiner aktuellen Ausgabe bringt das Greenpeace Magazin übrigens eine deutsche Version.
Offshore-Windräder und Wellenkraftwerke – schon heute findet die Energiewende auf hoher See statt. Dort draußen gibt es genug Platz, die Windverhältnisse sind stabil. Weil dort auch die Sonne scheint, hat jetzt die Solarbranche das maritime Umfeld entdeckt. Die neue Idee: schwimmende Solarinseln.
SUNdy hat der niederländische Zertifizierer DNV Kema sein Konzept genannt. Dafür will er Dünnschichtmodule zu sechseckigen Flächen zusammenfügen und auf dem Meer schwimmen lassen. Die Anordnung haben sich die Macher bei der Natur abgeschaut, schließlich ist auch ein Spinnennetz beeindruckend stabil. Die Module werden dann von den Ecken aus auf dem Meeresboden vertäut. 4.200 Module könnten zusammen eine Kapazität von etwa zwei Megawatt erreichen. Ein solches Solarfeld wäre etwa so groß wie ein Fußballstadion.
DNV glaubt, dass mehrere Trends für SUNdy sprechen. Zum einen natürlich der Preisverfall: Module werden immer kostengünstiger, das könnte die Solarinseln wettbewerbsfähig machen mit Solarparks auf dem Land. Zudem wird der Platz an Land knapp – jeder kennt die Diskussion um Landgrabbing. Bjørn Tore Markussen von DNV KEMA Energy & Sustainability:
Wir sind fest davon überzeugt, dass das schwimmende Solarfeldkonzept SUNdy fundierte und nachhaltige Entwicklungsaussichten bietet. Das gilt insbesondere in Asien und den überfüllten Megacitys an der Küste, in denen das Potenzial für Solarenergie auf Dächern begrenzt ist, und in städtischen Regionen, die Premiumpreise für die großmaßstäblich errichtete Solarproduktion verlangen.
Na, gemach, würde ich mal sagen. Die deutschen Erfahrungen bei der Errichtung der Offshore-Parks erzählen ja gerade eine ganz andere Geschichte. Jede Technologie, die raus auf´s Meer geht, ist teuer und wartungsintensiv. Also muss der Output stimmen. Zum Vergleich: Die Solarinsel soll zwei Megawatt Kapazität haben; ein Offshore-Windrad kommt schon heute auf fünf. Der Charme dieser schwimmenden Solarparks ist sicherlich, dass sie leichter auf- und abzubauen sind.
Für die deutsche Solarbranche läuft Kalenderwoche 43, sagen wir mal höflich, nicht gerade optimal. Siemens trennt sich von seiner Solarsparte, Bosch prüft schon länger ebenfalls den Ausstieg. Und heute morgen vermeldet das nächste Unternehmen schlechte Zahlen: Wacker Chemie erleidet einen Gewinneinbruch um 80 Prozent im dritten Quartal. Konzernchef Rudolf Staudigl:
Das schwächere Wirtschaftswachstum und die spezifischen Probleme der Solarindustrie haben in unseren Geschäftszahlen ihre Spuren hinterlassen.
Inzwischen ist die Krise keine deutsche mehr. Gerade in China, wo die weltweit größten Anbieter inzwischen sitzen, sieht die Lage alles andere als rosig aus. Sunenergy hat mit Umsatzrückgängen zu kämpfen, ebenso der Yingli-Konzern.
Der Offshore-Netzausbau kommt nicht voran. Und Lex Hartman, der Chef des Stromnetzbetreibers Tennet, hat den Schuldigen dafür gefunden. Es ist, tatata-taaa: Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner von der CSU. Die verweigere jedes Gesprächsangebot und mache inzwischen „Parteipolitik auf Kosten der Bürger“, polterte der Niederländer heute morgen in Berlin.
Worum geht’s genau? Die Lage ist, ehrlich gesagt, verzwickt. Die Bundesregierung hat bekanntlich ambitionierte Pläne zum Ausbau der Offshore-Windenergie. Das Problem ist nur: Immer noch ist unklar, wer eigentlich zahlt, wenn da draußen auf See etwas schief geht. Was ist, wenn die Offshore-Plattform, die den Strom von Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt, einen Schaden hat? Dann entgehen dem Windparkbetreiber schnell mal Millionenbeträge, weil er seinen Ökostrom nicht ins Stromnetz einspeisen kann. Wer übernimmt diese Kosten? Der Netzbetreiber? Seine Zulieferer? Der Stromkunde?
Die Bundesregierung hatte im August einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt, der den Netzbetreibern entgegenkam: Sie mussten im Fall von grober Fahrlässigkeit bis maximal 40 Millionen Euro im Jahr selbst haften. Alle Kosten darüber sollten auf die Stromkunden per neuer Umlage überwälzt werden.
Dann kam Ilse Aigner – die sich bis dato nicht gerade sehr für die Energiewende auf See interessiert hatte. Sie legte, als Verbraucherschutzministerin, ihr Veto ein. Damit die Stromkunden nicht zu sehr belastet werden, erhöhte sie die Haftungssumme für die Netzbetreiber auf 100 Millionen Euro. Und zwar schon im Fall von leichter Fahrlässigkeit.
„Das ist der Tod für die Energiewende“, poltert jetzt Tennet-Chef Hartman, pünktlich vor der Anhörung im Bundestag am heutigen Montag zu dem Thema. Kein einziger Privatinvestor werde jetzt noch einsteigen und Offshore-Projekte mitfinanzieren, das Risiko sei viel zu hoch. „Leichte Fahrlässigkeit“, da könnte alles drunter fallen, sagt Hartman. „Leichte Fahrlässigkeit gibt es auf See jeden Tag.“
Gemach, gemach, möchte man da sagen. Denn erstens bringt dieses Schwarze-Peter-Spiel wenig, erst Recht nicht, wenn die Gesprächsatmosphäre vergiftet ist.
Und zweitens ist es offenbar doch nicht so schlimm, wie gedacht: Heute bestätigte Hartman auf handelsblatt.com, dass er mit dem US-Stromnetzbetreiber Anbaric über einen Einstieg verhandele: „Ja, ich habe mich mit Anbaric-Chef Ed Krapels getroffen. Und wir haben nicht über Fußball geredet“, sagte Hartman.
Jetzt ist die Frage, ob die beiden Unternehmen zusammenkommen. Wenn man Hartman glaubt, gibt es da draußen aber ausreichend privates Kapital, das sich für Investments in Stromnetze interessiere. Dank staatlicher Regulierung ist es ja ein bemerkenswert risikoarmes Business mit Garantieverzinsung.
Und wenn das alles nicht klappt, wird Deutschland am Ende doch wieder über eine Deutsche Netz AG diskutieren – also Netzbetreiber mit staatlicher Beteiligung. Spannend bleibt es allemal.
Beeindruckend, was für eine Entwicklung Offshore-Windräder gerade durchmachen. Dieser Tage hat Siemens den Testbetrieb für eine Sechs-Megawatt-Anlage aufgenommen. Ein Rotorblatt misst 75 Meter, das entspricht nach Angaben von Siemens der Spannweite eines Airbus 380. Kurze Zeitreise: Vor ein paar Jahrzehnten, als die ersten 30-Kilowattanlagen ans Netz gingen, war ein Flügel gerade einmal fünf Meter lang, so lang wie ein Kleinbus.
Noch scheint bei Offshore-Windrädern das technische Potenzial nicht ausgeschöpft. State-of-the-art ist zurzeit die fünf-Megawatt-Anlage. Sie stehen auch im Testfeld Alpha Ventus in der Nordsee. Nach Informationen des Fraunhofer IWES-Instituts sind aber auch schon Zehn-Megawatt-Anlagen im Gespräch.
Allerdings macht den Ingenieuren die simple Physik das Leben schwer. Denn wer eine Anlage größer baut, um den Output zu steigern, der erhöht zwangsläufig das Gewicht. Eine simple mathematische Faustregel sagt: Wird die Anlagengröße verdoppelt, dann vervierfacht sich die Fläche – und Achtung: das Gewicht verachtfacht sich.
Größer geht es also nur, wenn die Anlage zugleich leichter wird. Denn hinter „Gewicht“ verbirgt sich natürlich nichts anderes als „Material“ – also Stahl – und damit höhere Kosten.
Und natürlich kollidiert der Größenwahn mit dem Anspruch, durch Serienproduktion die Kosten zu senken. Windräder größer als der Kölner Dom sind Einzelanfertigungen, die lassen sich (noch?) nicht schnell am Band produzieren. Handarbeit allerdings bedeutet wiederum höhere Kosten. Ein klassischer Trade-off.
In meinem Bio-Laden ums Eck bekomme ich meine Einkäufe regelmäßig in einer Tüte ausgehändigt, auf der prangt „100 Prozent recycelbar“. Bitteschön – Dankeschön. Die Tüte ist aus einem Biokunststoff gefertigt, genauer gesagt aus Maisstärke.
Nun sind Plastiktüten ja erst einmal ein Ärgernis: Unglaubliche 5,3 Milliarden Plastiktüten verwenden wir Deutschen laut Deutscher Umwelthilfe jährlich. Das macht bei rund 80 Millionen Bundesbürgern im Schnitt etwa 66 Plastiktüten im Jahr. In der Regel landen sie einfach in der Müllverbrennungs-
anlage (so wie meine Plastiktüten, die erleben schließlich bei mir zu Hause ihre zweite Existenz als Müllbeutel).
Oder noch schlimmer: Die Tüten werden einfach achtlos weggeworfen, verstopfen Gullis und landen am Ende als schwimmender Müllteppich in den Ozeanen, wo sie Lebewesen und Ökosystemen schaden.
Und meine Bioladen-Plastiktüte? Die Bundesregierung förderte bislang solche Biotüten: Sie sind etwa vom Grüner-Punkt-System und den Lizenzgebühren an das Duale System Deutschland ausgenommen, um die Markteinführung zu fördern. Noch bis zum Jahresende gelten diese Ausnahmen.
Durch den Anbau und die Verarbeitung von Pflanzen für diese Verpackungen versauern Böden und eutrophieren Gewässer stärker als durch die Herstellung herkömmlicher Kunststoffverpackungen. Zudem entstehen höhere Feinstaubemissionen. Auch die vermehrt angebotenen Bioplastiktüten haben damit keinen Umweltvorteil.
Das ifeu kommt zu einem eindeutigen Schluss. Die Ausnahmeregelungen für die Biotüte in der Verpackungsverordnung müssten sofort beendet werden. Eine vernünftige Forderung, wenn man eine Bilanz des gesamten Lebenszyklus der Tüte macht. Der Präsident des Umweltbundesamts, Jochen Flasbarth, sagt:
Verpackungen auf der Basis von so genannten Biokunststoffen haben unter dem Strich keine Umweltvorteile. Die Klimabilanz von Biokunststoffen ist zwar günstiger, dafür gibt es Nachteile bei anderen Umweltbelastungen. Die Ergebnisse sprechen dafür, die Sonderregelung für solche Verpackungen, wie etwa die Befreiung von der Rücknahmepflicht des Handels, nicht zu verlängern.
Übrigens: Mein Bioladen gehört mit seinem Biotüten-Angebot offenbar zu einer seltenen Spezies. In der Masse konnte sich die vermeintlich grüne Tüte nicht durchsetzen. Im Jahr 2009 kamen Biokunststoffverpackungen in Deutschland gerade einmal auf einen Marktanteil von 0,5 Prozent.
Green carbon nennen Klimaschützer Regenwälder und Waldgebiete. Schließlich sind sie die Lunge der Welt, sie speichern das Klimagas Kohlendioxid. Nebenbei verhindern sie auch noch Erosion und bewahren die Artenvielfalt. Multitalent Wald, möchte man sagen.
Für die organisierte Kriminalität sind Regenwälder dagegen vor allem eine Geldgrube. Wie der neue Report der Vereinten Nationen, Green Carbon – Black Trade, jetzt zeigt, scheffelt die internationale Holzmafia jedes Jahr zwischen geschätzten 30 bis 100 Milliarden US-Dollar mit illegal geschlagenem Holz. In den wichtigsten Urwäldern im Amazonas, in Zentralafrika und Südostasien macht der illegale Holzeinschlag inzwischen bis zu 90 Prozent aus.
Der Report nennt einige besonders drastische Fälle:
– In Brasilien verschafften sich 2008 Hacker Zugang zu Einschlag- und Transportgenehmigungen und konnten so 1,7 Millionen Kubikmeter Wald einschlagen. Ein ganzes Netzwerk war involviert. 107 Unternehmen wurden danach verklagt, sie mussten Strafen in Höhe von 1,1 Milliarden US-Dollar zahlen.
– In der Demokratischen Republik Kongo starben allein in den vergangenen zehn Jahren 200 Ranger des Virunga National Parks, der ja vor allem für seine Gorillas bekannt ist. Sie hatten versucht, den Park gegen die Holzkohle-Mafia zu verteidigen, die jährlich rund 28 Millionen US-Dollar einnimmt.
Die Holzmafia geht bei Weitem nicht mehr zimperlich vor. Schmiergelder, würde ich sagen, fallen da noch unter die harmlosen Methoden. Dazu kommen gefälschte Papiere für den Holzeinschlag oder einfach gar keine Papiere. Selbst staatliche Datenbanken werden inzwischen gehackt und manipuliert. Illegal geschlagenes Holz wird legalen Lieferungen untergejubelt und so „sauber gewaschen“.
Das ganze nimmt fast schon Dimensionen an wie im Drogen- und Diamanthandel. Auch die Holzmafia wechselt inzwischen ihre Firmensitze zwischen den Staaten und erschwert die Strafverfolgung. Mehr als 30 verschiedene Methoden der Holzmafia kann das Unep, das Umweltprogramm der Vereinten Nationen, inzwischen auflisten.
Wie sollen Behörden gegen einen solchen Gegner vorgehen? Inzwischen arbeiten Unep und Interpol eng zusammen, es gibt einen Aktionsplan der EU gegen den Import von illegal geschlagenem Holz (leider nur auf freiwilliger Grundlage). Im Juni gründete Interpol sogar eine eigene Task Force für die Holzmafia, um die polizeilichen Maßnahmen weltweit besser zu koordinieren. Unep schreibt zu Recht:
The three most important law enforcement efforts would be to:
1. Reduce profits in illegal logging 2. Increase the probability of apprehending and convicting criminals at all levels involved including international networks 3. Reduce the attractiveness of investing in any part of production involving high proportions of wood with illegal origin.
Die Lage ist einfach. Solange sich mit Holz Geld verdienen lässt, wird es eine Holzmafia geben. Es sei denn, die staatlichen Strukturen in den Staaten sind so robust und effizient, dass sie illegalen Einschlag verhindern können.
Der norwegische Weg scheint indes wenig erfolgreich zu sein. Vor ein paar Jahren hatte das Land dem kleinen südamerikanischen Staat Guyana 250 Millionen US-Dollar zugesagt. Im Gegenzug sollte Guyana die Abholzung seiner Regenwälder verhindern. Mit offenbar mäßigem Erfolg, das Projekt stockt seit Jahren, wie der Ecologist schreibt.
Nun gut, der Energy Star ist sicher bislang nicht DAS entscheidende Kriterium für Laptop-Käufer, aber sicherlich nehmen sie ihn gerne mit. Das Sternchen kennzeichnet energieeffiziente Geräte aus und wer will nicht einen stromsparenden Computer zu Hause, um die Stromrechnung zu senken und die persönliche Klimabilanz zu verbessern. Selbst Apple wirbt damit, dass seine Notebooks die Energy Star-Kriterien sogar übertreffen würden.
Das Öko-Institut hat sich daher im Auftrag des Umweltbundesamts eine ganz spannende Frage gestellt: Soll ich meinen alten Laptop ausrangieren und stattdessen ein energiesparendes, sprich stromsparendes Gerät anschaffen?
Die Antwort ist eindeutig: Nein, bloß nicht. Das mag zwar im Energieeffizienz-Zeitalter ein völliges Tabu sein, aber die Begründung ist einleuchtend. Die Studienmacher schreiben:
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Umweltaufwand bei der Herstellung eines Notebooks so hoch ist, dass er sich auch durch eine erhöhte Energieeffizienz in der Nutzung nicht in realistischen Zeiträumen ausgleichen lässt.“
Projektleiter Siddharth Prakash hat sich angeschaut, wie sich die Klimagasemissionen auf ein – sagen wir salopp – Laptop-Leben verteilen. Geht man von fünf Jahren Lebenszeit aus, dann entfallen 214 Kilogramm sogenannter CO2-Äquivalente auf die Herstellung und nur 138 Kilogramm auf die anschließende Nutzung. Nicht die Benutzung und der damit verbundene Stromverbrauch sind also besonders klimaschädigend, sondern die Produktion des Laptops.
Selbst wenn man ein superduper effizientes neues Notebook kauft, das 70 Prozent sparsamer wäre als das Vorgängermodell, bräuchte es im Schnitt 13 Jahre, um den Umweltaufwand zu kompensieren, den die Herstellung verursachen würde, so der Wissenschaftler.
Dazu gibt es noch ein Recyclingproblem, schreibt Prakash. Denn selbst in Deutschland werde Elektroschrott noch immer ineffizient recycelt. Viele Rohstoffe wie Seltene Erden oder Kobalt gehen einfach für immer verloren. Gerade Kobalt ist da ein Problem. Es wird ja bekannterweise vor allem im Kongo unter gefährlichen Bedingungen abgebaut. Jedes nicht gekaufte Laptop ist also ein Mini-Beitrag zum Ressourcenschutz – der natürlichen als auch der menschlichen.
Besonders ärgert sich Prakesh über Laptops, die das effiziente Recyceln verhindern. Ohne den Namen zu nennen, gilt die Kritik natürlich auch Apple. Der Konzern verkauft Notebooks, iphones und alles andere i-Geräte noch immer mit einem Akku, der sich nicht austauschen lässt, den Käufer nicht selbst austauschen können. Ist er kaputt, muss in der Regel ein komplett neues Gerät her. Das ist alles andere als umweltfreundlich, wenn man sich die komplette Umweltbilanz anschaut, sagt Prakesh:
„Auch müssten standardisierte Ersatzteile besser verfügbar sein und die Mindestgarantie sollte verlängert werden. Nicht zuletzt sollten die Geräte so konstruiert sein, dass einige Komponenten wie die Hauptplatine, Display, Akkus und weitere Leiterplatten ohne großen Aufwand demontiert werden können. Damit können sie dem Recycling zugeführt und damit die enthaltenen Ressourcen zurückgewonnen werden.“
Janez Potočnik ist der EU-Umweltkommissar – und nein, Ihnen muss dieser Name nicht unbedingt etwas sagen. Die Themen des Herrn Potočnik konkurrieren schließlich mit der Euro-Krise und ziehen da leider in der Regel den Kürzeren.
Dabei sagt der Herr kluge Sachen, so kürzlich auf einem der Branchentreffs der Kunststoffhersteller. PolyTalk hieß die Veranstaltung (mit dem bemerkenswerten Untertitel „Plastics – an intriguing love story“ – „Kunststoffe – eine fesselnde Liebesgeschichte“).
Auf dem Treffen hielt Potočnik eine Rede unter dem Titel „Hat die Kunststoffindustrie in Europa eine Zukunft„. Keine Sorge, ich werde sie jetzt hier nicht komplett nacherzählen, will aber einige interessante Punkte und Zahlen erwähnen:
Die Plastikindustrie hat demnach ein gigantisches Wachstum hingelegt: 1950 wurden weltweit 1,5 Millionen Tonnen Plastik jährlich hergestellt. 2008 waren 254 Millionen Tonnen im Jahr. Allein in Europa wächst die Branche jährlich um fünf Prozent.
Doch Produktion ist natürlich nur eine Seite der Geschichte. Wo bleibt bloß das ganze Zeug, das ja hauptsächlich auf Rohölbasis hergestellt wird? Ein Großteil landet, ganz am Ende, in den Ozeanen, Tiere verenden an ihm (das zeigt eindrücklich der Film Plastic Planet).
In Europa landet die Hälfte der Kunststoffe noch immer auf Mülldeponien, sagt Potočnik. Für ihn ist das eine enorme Verschwendung von wertvollen Ressourcen:
„Das wäre so, als ob wir jedes Jahr zwölf Millionen Tonnen Rohöl auf Mülldeponien kippen.“
Die anderen 50 Prozent landen zumindest in Müllöfen (wo, wenn es gut geht, die Abwärme genutzt wird). Nur ein kleiner Teil wird bislang recycelt. Im Schnitt sind das in Europa gerade einmal 24 Prozent, „viel zu wenig“, wie Potočnik sagt. Selbst wenn einige Staaten mehr recyceln möchten: Ihnen fehlt es offenbar teilweise an Rohmaterial, weil es günstiger ist, den Plastikmüll in Müllverbrennungsanlagen zu entsorgen.
„Eine Vorherrschaft der Müllverbrennung im Vergleich zum Recycling können wir mittelfristig nicht akzeptieren“, sagt der EU-Kommissar.
Dafür biete die Recyclingbranche auch einfach zu viele Arbeitsplätze. Würde man es schaffen, bis 2020 die durchschnittlichen Recyclingraten von den aktuellen 24 Prozent auf 70 Prozent zu steigern, könnte das 160.000 zusätzliche Jobs in der EU schaffen.
Tja, und wo will er nun hin, der gute Mann? Potočnik betont zwar, dass er denke, die Kunststoffindustrie habe eine Zukunft in Europa (das wird Unternehmen wie Bayer und BASF sicher ein wenig beruhigt haben).
Aber für die Branche findet er klare Worte:
„Wir sollten nicht nur jeden Kunststoffmüll recyceln“, sagt er, „sondern wir sollten auch eine exzessive Produktion für Anwendungen vermeiden, die ganz offensichtlich nicht nützlich sind.“
Niemand dürfe sich dabei aus seiner Produktverantwortung stehlen. Und er meint es ernst. Für die kommenden Wochen hat er die Veröffentlichung eines green papers zum Thema Plastikmüll angekündigt, um das Thema öffentlich zu diskutieren. Nicht selten enden solche vagen Thesenpapiere ja am Ende in einer Gesetzesinitiative. Seit Monaten schon gibt es ja bereits Überlegungen in der EU, Plastiktüten zu verbieten. Mal schauen, was daraus wird.
Seit Jahren führt China die Rangliste der weltweit größten Kohlendioxid-Emittenten an. Gleichzeitig will das Land den Ausstoß reduzieren: Bis 2020 sollen die CO2-Emissionen um 40 bis 45 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 sinken. Der 12. Fünfjahresplan, den der Volkskongress im vergangenen Jahr verabschiedet hat, sieht die Einführung eines Emissionshandels vor. Die Idee dahinter ist simpel: Wer CO2 emittiert, muss dafür ein Verschmutzungsrecht vorweisen. Hat er keines, muss er eines kaufen. Hat er zu viele, kann er sie verkaufen. So entsteht ein Markt für Kohlendioxid, der sich regulieren lässt.
Bleibt die Frage: Wie organisiert China das bloß? So langsam wird das konkreter. Inzwischen ist klar, dass China ein CO2-Handelssystem in sieben Piloregionen testen will. Dazu gehören Shanghai, Peking, Tianjin, Shenzhen, Chongqing, Guangdong und Hubei.
Mitte August startete etwa das Projekt in Shanghai. Wie das Portal China Law and Practice berichtet, sollen hier in einem ersten Schritt die Emissionen von rund 200 Firmen aus 16 verschiedenen Industrien erfasst werden. Unter anderem wird sich Baosteel, einer der weltweit größten Stahlkonzerne und damit ein großer Stromverbraucher (und zwangläufig auch CO2-Emittent) künftig einem solchen Schema unterwerfen müssen und mit Co2-Zertifikaten handeln. Wie schon in Europa werden die Behörden die erste Runde von Verschmutzungsrechten kostenlos verteilen.
In China einen Emissionshandel aufzubauen, ist natürlich extrem kompliziert. Allein das Datensammeln wird zur Herausforderung: Welche Industrieanlage emittiert eigentlich genau wie viel CO2? Außerdem sind die Energiemärkte alles andere als liberalisiert. Das geht schwer mit dem Preissignal-Ansatz eines Emissionshandels zusammen.
Die Bepreisung von Kohlendioxidemissionen verteuert die Produktion einer Kilowattstunde in einem Kohlekraftwerk. In Europa würde ein Stromversorger diese Kosten einfach auf den Endkundenpreis umlegen.
Das ist aber in China mit seinen regulierten Großhandelsmärkten und subventionierten Strompreisen kaum möglich. Laut der chinesischen Presseagentur Xhinhua kostete im Sommer in Peking eine Kilowattstunde Strom 0,48 Yuan. Das macht umgerechnet gerade einmal fünf Cent. Daran wird die Politik wohl kaum etwas ändern wollen.
„Das System in China wird erst einmal wenig ehrgeizig sein“, sagt Felix Matthes, Energieexperte des Öko-Instituts, der zurzeit chinesische Firmen bei der Einführung des Systems berät. Matthes hält das allerdings für nicht überraschend: Es ginge schließlich darum, die Unternehmen erst einmal überhaupt von dem System zu überzeugen – und nicht mit zu strengen Anforderungen zu erschrecken und gar für Komplettwiderstand zu sorgen. Das sei ähnlich bei der Einführung des europäischen Emissionshandelssystems gewesen.
Das ist natürlich Realpolitik pur. Aber wahrscheinlich der Erfolg versprechendere Weg.