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Offshore-Wind: auf der Suche nach dem besten Lärmschutz

Es ist wohl das klassische Dilemma: Da baut Deutschland mit einem riesigen Aufwand Windanlagen auf hoher See, um seine Energieversorgung langfristig auf Ökostrom umzustellen. Auf der anderen Seite bedeutet das  Eingriffe ins Ökosystem Meer – bei denen allerdings die Fachwelt noch unsicher ist, wie gravierend sie sind. Klimaschutz versus Naturschutz: kein einfaches Unterfangen.

Der Schweinswal treibt da zurzeit heftig die Offshore-Branche um. Wie bekommt man es hin, dass er nicht langfristig vertrieben wird von den lauten Rammarbeiten am Meeresboden und auch nicht gleich taub wird. Am heutigen Donnerstag hat die Branche eine erste Bilanz der verschiedenen Schallschutzmethoden vorgestellt. Das Projekt kostete rund vier Millionen Euro.

Das Positive vorweg: Vom „Großen Blasenschleier“, bei dem ein Mantel aus Luftblasen die Schallwellen abfängt, bis zu Dämmschalen und Schlauchvorhängen: Alle Methoden sind wirksam und mindern den Lärm um im Schnitt neun Dezibel.

Das Problem ist nur, dass das nicht ausreicht, um den gesetzlichen Grenzwert von 160 Dezibel zu garantieren. Die Unternehmen und Institute formulieren es diplomatisch:

„Damit konnte eine deutliche Annäherung an den Schall-Emissionsgrenzwert von 160 Dezibel in 750 Meter Entfernung um die Schallquelle herum erreicht werden.“

Für die Offshore-Firmen ist das Thema nicht nur, salopp gesagt: pille palle. Wenn sie die Schallschutzgrenzen nicht einhalten, kann das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie im Ernstfall sogar den Bau des Windparks untersagen. Zudem bedeuten die Schallschutzmaßnahmen enorme Kosten für sie. Denn für jeden Pfahl, den sie in den Meeresboden rammen, müssen sie zurzeit mit gewaltigem Aufwand auch ein Schallkonzept entwickeln – und das ja parallel zu den normalen Bauarbeiten. Kein einfaches Unterfangen.

Noch ist unklar, welche Technologie sich langfristig durchsetzen wird. Zurzeit setzen die Firmen vor allem auf den Luftblasenschleier, er ist „state of the art“. Doch er hat ein Problem – und das liegt in der Natur der Sache: Die Luftblasen verwirbeln und verändern sich, je nach Windstärke und Wellengang. Das bedeutet also, dass weitere Forschung nötig ist.

Wissenschafler kritisieren da wohl zu recht, dass sie gerade bei der Offshore-Windenergie aktuell nicht ausreichend Zeit haben, die ökologischen Folgen zu analysieren und zu bewerten. Was passiert mit dem Meeresboden, wenn sich langfristig mehr als 5.000 Windanlagen zukünftig in der Nordsee drehen sollen? Welche Folgen hat das auf die Biodiversität, nimmt sie zu, nimmt sie ab? Und eben: Wie wird´s dem Schweinswal mit den Windrädern gehen? Die Energiewende, sie ist zumindest in Teilen wohl gerade eine Operation am offenen Herzen. Aber anders lässt sie sich wohl auch nicht realisieren.

 

USA leiten Ende der Kohle-Ära ein

Stromproduktion in den USA, Quelle: EIA
Stromproduktion in den USA, Quelle: EIA

Wie sehr gerade die internationalen Energiemärkte durcheinandergewirbelt werden, zeigt diese neue Grafik der US-Energy Information Administration: Erstmals seit 2007 haben die USA  in diesem April fast genauso viel Strom aus Erdgas produziert wie aus Kohle. Das wird gerade Klimaschützer (nicht vielleicht die Umweltschützer) jubeln lasssen, schließlich fallen beim Verbrennen einer Einheit Erdgas etwa nur die Hälfte der CO2-Emissionen an wie bei einer Tonne Braunkohle.

Was war da los im April? Laut Energiebehörde waren die Gaspreise auf einem Zehn-Jahre-Tief, das macht den Brennstoff attraktiver gegenüber der Kohle. Zudem gab es einen relativ warmen April, was zu niedriger Energienachfrage führte.

Natürlich sind das nicht prinzipiell positive Entwicklungen. Sicher, ein etwas weniger klimaschädigender, fossiler Brennstoff löst einen „dreckigeren“ ab. Aber auch Erdgas hat seine Schattenseite: Es ist in den USA nur wegen des umstrittenen Frackings so günstig, eine Fördermethode, bei der ein Chemikaliencocktail in die Erde gepumpt wird, um das Erdgas auszulösen. Und beim Fracking fallen schließlich auch Co2-Emissionen an, und zwar nicht zu wenig.

Und natürlich wird in den USA ja auch weiter Kohle gefördert, die Abbaumengen haben sogar in 2011 leicht zugenommen (0,9 Prozent in 2011). Die Kohle landet inzwischen zu günstigen Preisen auf dem Weltmarkt. Seit Monaten nehmen die Kohleexporte aus den USA zu. Die Kohle, die zur Energieproduktion genutzt wird, kaufen vor allem Asien, aber auch Deutschland und Frankreich.

Der Ökostromanteil in den USA nimmt übrigens wie der Erdgasanteil seit Jahren zu. Inzwischen liegt er bei 13 Prozent an der Gesamtstromproduktion. Den Löwenanteil macht die Wasserkraft mit 63 Prozent aus. Danach folgen Wind (23 Prozent), Biomasse und Geothermie. Der Anteil des Solarstroms liegt bei weniger als einem Prozent.

 

 

 

 

Mietwucher: Sündenbock energetische Sanierung

Anfang der Woche machte Report Mainz auf das Thema Mietwucher aufmerksam. Tenor des Beitrags: Die energetische Gebäudesanierung lässt die Mieten so hoch steigen, dass immer mehr Menschen sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Das treffe laut Deutschem Mieterbund auf 100.000 Mieter zu. Eine alleinerziehende Mutter aus Hamburg, ein Künstler- und ein Renterehepaar aus Berlin: Sie alle werden wohl umziehen müssen, weil ihre Wohnungen modernisiert werden sollen.

Die Deutsche Energieagentur dena sieht das alles ein bisschen anders. Gemach, gemach, sagt ihr Chef Stephan Kohler:

„Wer die energetische Sanierung zum Sündenbock für hohe Mietsteigerungen in Deutschland macht, ist auf der falschen Fährte.“

Die dena verweist darauf, dass es oft ganz anderes Gründe gebe, warum die Mieten steigen würden.

Alte Häuser, in denen trotz guter Stadtlage bisher eine geringe Miete fällig wurde, können nach einer Aufwertung durch eine umfassende Sanierung deutlich höhere Mieten erzielen. Diese Chance würden Eigentümer natürlich nutzen. Zwar würden diese Häuser dann auch häufig energetisch saniert – die hohe Preissteigerung sei aber zu einem guten Teil auf die „Schönheitssanierung“ zurückzuführen.
In anderen Fällen würden im Zuge einer energetischen Sanierung über lange Zeit nicht erhöhte Mieten an ein allgemein gestiegenes Niveau angepasst. Diese Effekte treten besonders in den deutschen Großstädten häufig auf und treffen tatsächlich oft einkommensschwache Menschen, die schon lange in ihren Wohnungen leben.

Zudem kann der Vermieter nicht nur Teile der energetischen Sanierungkosten umlegen, sondern auch Kosten der „wohnwertverbessernden Maßnahmen“, also ein schickes neues Bad oder einen neuen Balkon.

Sanierungskosten, Quelle: dena
Sanierungskosten, Quelle: dena

Der Gesetzgeber hat übrigens erst kürzlich einmal wieder die Chance verpasst, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Wieder einmal konnte sich der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag nicht darauf einigen, dass Vermieter die Kosten für eine neue, energieeffiziente Heizung und bessere Fenster in ihrer Steuererklärung geltend machen können. 1,5 Milliarden Euro würde das kosten, ein Betrag, auf den die Bundesländer nicht verzichten wollen. Dabei halten Energieexperten das Programm unisono für sinnvoll – erst recht, wenn Deutschland wie geplant seine Sanierungsquote verdoppeln will.

 

Energiewende: Stromnetz der Bahn nutzbar, aber echt kompliziert

Diese Idee hat vor allem Peter Ramsauer (CSU) unterstützt: Die Energiewende braucht neue Stromleitungen – warum nutzen wir nicht einfach das Stromnetz der Deutschen Bahn? Schließlich betreibt sie deutschlandweit ein riesiges Stromnetz. Vor allem auf der Nord-Süd-Route ist der Transportbedarf enorm, um mittelfristig den Offshore-Windstrom von der Küste gen Süden zu bringen. Der Bundesverkehrsminister verfolgt den Plan schon seit Monaten mit Hochdruck.

Heute hat erstmals die Bundesnetzagentur Zahlen zu dem Vorschlag vorgelegt. Denn was nützt die beste Idee, wenn sie vielleicht technisch gar nicht machbar ist. In ihrem Auftrag haben die Universitäten Hannover, Dresden und Clausthal verschiedene Möglichkeiten durchgespielt, unter anderem Gleichstromkabel oder Erdkabel entlang der Bahntrassen.

Die Bahn betreibt zurzeit mehr als 7700 Kilometer Stromleitungen in Deutschland. Allerdings nutzt sie eine andere Netzfrequenz, nämlich 16,7 Hertz. Die Frequenz des deutschen Übertragungsnetzes beträgt dagegen 50 Hertz.

Prinzipiell ist die Bahn gar nicht abgeneigt, ihr Stromnetz zur Verfügung zu stellen. „Wir unterstützen die Studie und jeden Vorschlag, der wirtschaftlich und technisch machbar ist“, sagt ein Bahn-Sprecher.

Aber genau das ist das Problem. Denn die unterschiedlichen Frequenzen machen die Realisierung von Raumsauers Vorschlag ganz schön kompliziert. Sie vertragen sich nicht so gut, vor allem auf langer Strecke. Bis maximal 50 Kilometer ist die Kombination der beiden Frequenzen möglich – sonst beeinflussen sich die beiden Stromkreise.

Dann gibt es natürlich noch die Variante mit Gleichstromkabeln. Gleichstrom hat ja den Charme, dass er verlustärmer über längere Strecken transportiert werden kann. Allerdings ließe er sich nur mit dem Bahnnetz kombinieren, wenn es andere Maste und vor allem breitere Schutzstreifen geben würde. Und das wiederum erfordert ganz neue Genehmigungsverfahren – die wiederum jeden Zeitvorteil auffressen könnten.

Bleibt die Variante Erdkabel. Aus Sicht des Bahnbetriebs (und der Bürger) wäre das natürlich die beste Lösung, schließlich stört kein zusätzliches Kabel über Tage. In der Studie heißt es aber:

Diesen Vorteilen stehen erhebliche Mehrkosten von ca. 14 Milliarden Euro (Faktor 2,97) zur Drehstrom-Freileitung mit Standardmasten gegenüber. Diese resultieren im Wesentlichen daraus, dass mit den heutigen HGÜ-Kabeln maximal 1200 MW Leistung übertragen werden kann und daher die Legung von vier HGÜ-Kabelsystemen erforderlich ist, um die Leistung von zwei Drehstromfreileitungssystemen zu erreichen.

Die HGÜ mit Erdkabeln ist damit die mit Abstand teuerste Lösung aller untersuchten Varianten.

Übrigens: Ein ganz interessantes Szenario, das die Macher noch durchspielen,  ist „Dezentralisierung.“ Was wäre, wenn die Bahn ihr deutschlandweites Stromnetz abbaut und ihre Strecken nur noch regional versorgt. Dann ließe sich auf den Masten entlang der Zugtrassen nur noch Energiewende-Strom von Nord nach Süd transportieren. Das hätte den Vorteil, dass nicht zwei unterschiedliche Frequenzen kombiniert werden müssen.

Allerdings würde sich die Bahn auch nicht mehr unbedingt so günstig Energie beschaffen können. Gerade das ist ja nur möglich, weil sie deutschland ihren Bahnstrom einkaufen kann. Strom würde in diesem Fall also teurer – und am Ende spiegel sich das natürlich auch in den Ticketpreisen wieder.

 

 

 

Was die Welt nicht braucht: Eurovegas in Spanien

Copyright: Dominique Faget/AFP/GettyImages
Copyright: Dominique Faget/AFP/GettyImages

Madrid und Barcelona konkurrieren zurzeit darum, den Zuschlag für einen gigantischen Kasinokomplex im Stil von Las Vegas zu erhalten. Madrid ist sogar so scharf darauf, dass die Stadt laut Guardian sogar das Rauchverbot in Kasinos wieder kassieren würde.

US-Investor Sheldon Adelson, der schon in Las Vegas ein Hotel-und Kasinomogul ist und dem dort die originalgetreue Nachbildung Venedigs gehört, sieht das Projekt wohl auch als Teil eines Wiederaufbauprogramms für Spanien, desssen Wirtschaft ja am Boden liegt. Mehr als 18,8 Milliarden Euro sollen in zwölf Hotels, sechs Kasinos, Restaurants, Bars und und und investiert werden. Hotels mit 36.000 Betten sollen entstehen. Nach ersten Schätzungen sollen so 261.000 direkte Arbeitsplätze geschaffen werden.

Aber bitte schön: Wer braucht so etwas? Sicher, der Bau zieht wunderbar Investitionen an. Aber was hat Spanien dann da stehen? Einen gigantischen Vergnügungskomplex, für den Spanier wohl, zumindest aus heutiger Sicht, alles andere als Geld haben.

Einmal abgesehen von den Umweltfolgen. Ich sehe schon wunderbare Golfplätze und Swimmingpools, die mit gigantischen Mengen Wasser versorgt werden müssen. Ein Blick nach Las Vegas reicht: Bis 2020 droht der Wüstenstadt Studien zufolge das Wasser auszugehen. Dazu kommt der enorme zusätzliche Strombedarf, den ein solches Projekt nach sich zieht, neue Straßen, Ausbau des Flughafens, etc.

Den Spaniern ist dabei offenbar auch nicht wohl zumute. Immer mehr Bürgerinitiativen haben sich gegründet, die das Projekt ablehnen. Sie fürchten den Ausverkauf von kommunalen Ländereien, Umweltschäden, Prostitution, Sauftourismus und Geldwäsche. Erst vorgestern gingen sie erneut auf die Straße. Bis Anfang September wollen sie gegen das Projekt protestieren. Dann will US-Investor Adelsen bekanntgeben, ob er an Eurovegas festhält.

 

Solarförderung: Der Deckel ist da

Irgendwie hing die Idee ja schon seit Monaten in der Luft. Aber dass sich gestern Abend der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag darauf geeinigt hat, ist doch eine kleine Sensation: Erstmals führt die Bundesregierung für die Förderung einer Öko-Technologie einen Deckel ein. Wenn Solaranlagen mit einer Kapazität von insgesamt 52 Gigawatt in Deutschland am Netz sind, wird Schluss sein mit der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Mal kurz ein paar Zahlen zur Einordnung: Zurzeit sind in Deutschland Solaranlagen mit rund 28 Gigawatt am Netz. Es fehlen also noch 24 Gigawatt für das Ziel der Bundesregierung. Der zuständige Minister Peter Altmaier (CDU), der den Kompromiss gestern in Berlin als „Paradigmenwechsel“ bezeichnete, plant weiterhin mit einem jährlichen Zubau von etwa 2,5 bis 3,5 GW – falls es nicht zu unvorhersehbaren Booms kommt. Das bedeutet also, dass Solarstrom  noch etwa sechs bis sieben Jahre lang weiterhin gefördert wird (Aber Achtung: Immer unter der Annahme, dass der Zubau nicht wieder bei 7,5 GW wie im vergangenen Jahr liegt, sondern nur halb so stark ausfällt).

Ist das wahrscheinlich? Schwer zu sagen. Die Fördersätze sind ja in den vergangenen Jahren schon stark gefallen. Die Schlussverkaufspanik könnte zudem ein wenig gedämpft worden sein, da die Kürzung rückwirkend schon ab dem 1. April gelten soll.

Quelle: BSW
Quelle: BSW

Dass Solarstrom auch in den kommenden Jahren der Kostentreiber der EEG-Umlage sein wird, dagegen verwehrt sich (wenig überraschend) der Bundesverband der Solarwirtschaft. Zu – salopp gesagt – „Höchstförderzeiten“ im Jahr 2005 hätte jeder Haushalt rund zwei Euro im Monat dafür zahlen müssen, damit sich der Anteil Solarstrom am deutschen Strommix um einen Prozentpunkt erhöht. Bei den aktuellen Fördersätzen, die eben zusammengestrichen wurden, werden es in diesem Jahr nur noch 60 Cent sein.

Spannend wird, finde ich, ob Solar und Offshore-Windenergie gerade die Rollen tauschen. Bislang hatte Solarstrom immer den Ruf des Kostentreibers, wegen der hohen EEG-Förderung. Schaut man sich allerdings den Ausbau der Windenergie auf See und die Folgekosten an (Netzausbau, Haftungsfragen etc), so könnte vielleicht bald Offshore-Wind diesen Titel übernehmen.

 

 

 

Kohle versus Öko: Wer gewinnt den Wettlauf?

In bester Tradition hat Greenpeace zum vierten Mal sein Energieszenario „Energie (R)evolution“ vorgelegt. Seit dem Jahr 2007 rechnet das Deutsche Luft-und Raumfahrtzentrum für die Umweltschutzorganisation aus, wie ein Ausstieg aus der Kohle und Atomkraft möglich wäre und welche Investitionen in welchen Bereichen dafür nötig wären. Der Report wird etwa einmal im Jahr aktualisiert, u.a. weil etwa der Anteil der erneuerbaren Energien doch schneller gewachsen ist als gedacht.

Ganz interessante Zahlen finden sich zwar nicht in dem 340 Seiten langen Wälzer, aber in einem unveröffentlichtem Hintergrundpapier. Demnach liefern sich Kohle und alternative Energien gerade ein Kopf-an-Kopf-Rennen weltweit. Greenpeace hat unter anderem die internationale Energie-Datenbank wie Platts nach geplanten Kraftwerkprojekten durchforstet. Was haben die  Energieversorger in der Pipeline?

Demnach sind in den kommenden fünf Jahren Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von rund 350 bis 400 Gigawatt weltweit geplant. Das beeindruckt, rechnet man im Schnitt mit 1.000 Megawatt Kapazität je Kraftwerk, wären das mindestens 350 neue Kohlekraftwerke (die ja für mindestens 40 Jahre am Netz sein werden).

Beeindruckender sind aber die Zahlen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien. Schaut man sich die Kapazitäten an, dann sind ähnlich hohe Zuwächse geplant wie bei der Kohle: Mehr als 470 Gigawatt Wind- und Solaranlagen sowie Wasserkraftwerke sind geplant. Und nein, den großen Batzen macht diesmal nicht die Wasserkraft aus, sondern Wind: Bis zu 300 Gigawatt Windkraft wären möglich.

Nun muss man allerdings vorsichtig sein, denn es handelt sich nur um Pläne. Auch in Deutschland waren zu Höchstzeiten ja einmal mehrere Dutzend Kohlekraftwerke geplant – am Ende wurde bislang gerade einmal eine Handvoll realisiert. Deswegen ist es jetzt so entscheidend, welche politischen Rahmenbedingungen herrschen; ob sich eher Investitionen in Kohle oder Wind lohnen. Damit das Zwei-Grad-Klimaschutzziel nicht gerissen wird, müssten laut Greenpeace die Erneuerbaren die Wachstumsraten der vergangenen zehn Jahre beibehalten. Zugleich müssten die Investitionen in fossile Kraftwerke auf ein Minimum heruntergefahren werden.

Nach aktuellen Zahlen des Netzwerks REN21 wurden übrigens im vergangenen Jahr weltweit rund 257 Milliarden US-Dollar in den Ausbau der Erneuerbaren investiert – ein Plus von 17 Prozent zum Vorjahr.

Und das in Zeiten der Euro- und Schuldenkrise.

 

Gärtnern in der Stadt: unten Fisch, oben Gemüse

Seitdem ich vor Kurzem über die Pläne einer schwedischen Kleinstadt geschrieben habe, groß ins Geschäft mit Agrar-Hochhäusern einzusteigen (jahaaa, ich weiß, es sind nur Pläne), kommen mir immer öfter städtische Garten- und Landwirtschaftsprojekte unter.

Dazu gehörte jüngst das Start-up „Efficient City Farming“. Die Berliner kombinieren dabei eine Fischfarm mit einem Gewächshaus, alles in einem ausrangierten Schiffscontainer. Dahinter steckt eine patentierte Technologie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei: Die Nährstoffe und die Fischrückstände werden recycelt und können anschließend als Dünger direkt in dem Gewächshaus verwendet werden. Unten Fischtank, oben Gewächshaus, das ist die Idee. Die Berliner Malzfabrik hat sich nun das erste Pilot-Fisch-Gewächshaus hingestellt und sucht übrigens für 200 Barsche noch Paten. Im Gewächshaus wachsen bereits Tomaten, Melonen und Basilikum, es funktioniert also tatsächlich.

Diese City Farming-Projekte finde ich ja durchaus spannend. Als ich mit Christian Echternacht, einem der Gründer von ECF kürzlich telefonierte, erzählte er mir, dass das Interesse von großen deutschen Einkaufsketten enorm sei. ECF sei bereits mit drei Ketten im Gespräch (jahaa, bislang hat ECF noch keines dieser Projekte verkauft). Für verschiedene andere Interessenten erstelle man zurzeit Machbarkeitsstudien. Denn natürlich muss es nicht immer nur ein einziger klassischer 20-TEU-Container sein, das geht auch in einer anderen Liga. In Hamburg plant ein Investor mit einer Fläche von 1.000 Quadratmetern.

Was es allerdings nicht werden darf: ein grünes Feigenblatt für den Handel. Ja, es ist ein nettes i-Tüpfelchen, wenn der Supermarkt ums Eck vielleicht noch Gemüse aus den Containern anbietet. Oder dass ich den Fisch vor Ort aussuchen und vielleicht noch selbst angeln kann.

Aber zugleich ist es auch wichtig, die Anbauflächen und das Massengeschäft für Obst und Gemüse auf eine nachhaltige Wirtschaft umzustellen. In Deutschland wurden nach Angaben des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft 2009 knapp zehn Prozent des Gemüses (inklusive Erdbeeren) nach Bio-Kriterien angebaut, bei Obst sind es sogar noch weniger. Da gibt es also noch Luft nach oben.

Ergänzung 13:14 Uhr: In Deutschland machten übrigens Bio-Anbauflächen an der gesamten Landwirtschaftsfläche 6,1 Prozent aus. In Spanien, einem der wichtigsten Gemüse- und Anbauländer Europas, waren es 2010 nach Angaben des Schweizer Forschungsinstitus für biologischen Landbau 5,9 Prozent.

 

Nicht schlecht: Altmaiers Start als Umweltminister

So, heute Morgen lehne ich mich mal weit aus dem Fenster. Ich finde, der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) legt einen wirklich ganz passablen Start im Amt des Bundesumweltministers hin. Selten war so viel Engagement in der Chefetage, allein kommende Woche nimmt er an sieben Terminen teil (unter anderem wagt er sich gleich ins Bundeswirtschaftsministerium, Feindesterrain sozusagen).

Diese Woche fährt er am Freitag in die Asse ein – und das nach gerade einmal zwei Wochen im Amt. Sein Amtsvorgänger Norbert Röttgen brauchte dafür zwei Jahre. Heute kündigte er zudem einen zehn-Punkte-Plan bis zur Sommerpause an, was er alles bis zur Bundestagswahl 2013 erledigen will. Neben der Energiewende will er sich vor allem auf das Thema „Klimaschutz“ konzentrieren.

Entscheidend wird natürlich jetzt sein, was Altmaier nach den Sommerferien alles anpacken und vor allem umsetzen wird. Wird da mehr kommen, als ein „Der Abschied von der Kernenergie ist definitiv und endgültig„, wie er heute sagte? Jetzt geht es nicht mehr nur darum, Bekanntes zu bekräftigen und mit allen Akteuren und Widersachern zu sprechen, sondern vor allem darum, Entscheidungen zu treffen. Bekommt er etwa jetzt schnell die Einigung mit den Bundesländern hin, ein Endlagersuchgesetz zu verabschieden? Röttgen hatte ja zuletzt immer betont, dass man kurz vor einer Einigung stehe.

Übrigens, selten war ein Minister wohl so Twitter-engagiert. Mehr hier: @peteraltmaier. Und selbst das Bundesumweltministerium twittert inzwischen unter @bmu_de (allerdings auch oft Retweets vom Chef und schnöde Terminhinweise).

 

Schokolade und Kinderarbeit

Ja, ich gestehe: Auch ich kann Schokolade nicht widerstehen, Favoriten sind sämliche Kombinationen mit Espressosplittern. Als ich allerdings die aktuelle Studie des Südwind-Instituts zur Wertschöpfungskette Schokolade durchgelesen habe, wurde mir doch ein bisschen anders. Detailliert hat die NGO einmal die Lieferantenkette im weltweiten Kakaohandel analysiert und aufgeschrieben, wer eigentlich die wichtigsten Player sind und wer wo profitiert. Es ist ein kleiner Krimi.

Mehr als 5,5 Millionen Kakaobauern leben weltweit zurzeit vom Anbau der Kakaopflanzen. Das größte Problem ist die Armut, denn die Erlöse aus dem Verkauf reichen in der Regel kaum aus, die Familien dauerhaft zu ernähren. Ein ausführliches Kapitel widmet der Bericht daher dem Thema Kinderarbeit.

Südwind zitiert eine Studie aus dem Jahr 2009, nach der allein in der Elfenbeinküste mehr als 260.000 Kinder in der Kakaobranche arbeiten – und zwar unter Umständen, die internationalen Konventionen gegen Kinderarbeit widersprechen. Südwind schreibt:

„Immer wieder gibt es Berichte, dass aus den Nachbarländern Mali und Burkina Faso Kinder an Kakaobauern in der Elfenbeinküste verkauft werden. Genaue Zahlen liegen nicht vor, doch vermutlich arbeiten viele Tausend Kinder unter sklavenähnlichen Bedingungen auf den Kakaoplantagen.“

Südwind zieht aus der Studie die Forderung nach höheren Preisen für die Kakaobauern. Weil der Kostenanteil des Kakaos an der Schokolade so gering ist, seien höhere Preise für die Kakaobauern leicht umzusetzen und würden kaum Preissteigerungen für die Kunden (also für mich) nach sich ziehen:

„Die Analyse belegt, dass eine Verbesserung der Situation in den Kakaogebieten nur zu sehr geringen Preiserhöhungen in der Produktionskette führen würde. Eine durchschnittliche Tafel Vollmilchschokolade enthält lediglich Kakao im Wert von rund sechs Cent, und bei den derzeitigen Zertifizierungsansätzen liegt der Aufpreis für Schokolade aus nachhaltiger Produktion derzeit bei rund einem Cent pro Tafel.“

Nun könnte man sagen: Ja, wie schön, ist aber alles weit weg. Doch es gibt dazu ganz aktuelle Entwicklungen in Deutschland. Mitte Juni wird sich in Deutschland das Forum nachhaltiger Kakao gründen, mit dem Ziel, den Anteil nachhaltig produzierten Kakaos in Schokolade zu steigern. Selbst Unternehmen wie Rewe, Mars und der Bundesverband der Süßwarenindustrie sowie die zuständigen Fachministerien machen mit.

Es könnte der erste Schritt zu fair gehandelter Schokolade für die Masse sein.