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Studie: Ärmere Menschen glauben eher an „Grüne Geschäfte“

Das Geschäft von Edelman dreht sich eigentlich um Werbespots, Firmenauftritte und schicke Hochglanzfotos. Seit fünf Jahren gibt die amerikanische Kommunikationsagentur aber auch den Good Purpose-Report heraus, der analysiert, welche Rolle das soziale Engagement von Firmen für Kunden spielt.

Interessant ist das Ergebnis in diesem Jahr: Für Menschen in wirtschaftlich schnell wachsenden Staaten wie China, Indien und Brasilien spielt das soziale und ökologische Firmenengagement eine weitaus größere Rolle bei Kaufentscheidungen als für Amerikaner oder Europäer, also Menschen aus Industrienationen. Während nur etwa ein Drittel der Befragten aus den Industrienationen auf solche Themen achten, sind es in den Schwellenländern mehr als doppelt so viele. Dort engagieren sich die Menschen laut Studie auch stärker in lokalen Vereinen und spenden mehr Geld.

Global Deck: 2012 Edelman goodpurpose Study

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Warum ist das so? Das US-Magazin Good befragte die Studiemacher. Die fünf Hypothesen sind wirklich interessant. Unter anderem hänge demnach die Wertschätzung grüner Themen  auch mit der demografischen Zusammensetzung einer Gesellschaft zusammen. Ältere Menschen würden Investitionen in Bildung, Umweltschutz und andere Güter, die sich vielleicht erst langfristig rechnen, weniger wertschätzen (gewagte These, würde ich mal sagen, oder?).

Zudem mache der wirtschaftliche Abschwung in den Industrienationen die Menschen egoistischer, so die Studienmacherin Carol Cone, die Good zitiert:

„The two numbers that were down were volunteering and donating, and we absolutely correlate them to the recession,“ Cone says. “People are still concerned, rightly so, about either getting a job or staying in a job, they just have less time and they have less money to give.” While the United States remains one of the wealthiest economies in the world, compared to pre-recession life or the current growth rates in the emerging market economies, some American consumers feel like their opportunities are diminishing more than they are expanding.

Ganz interessant ist übrigens auch der Blick nach Deutschland, den ein extra Artikel behandelt. Danach engagieren sich immer mehr Deutsche in ihrer Freizeit für einen guten Zweck. Und sie erwarten das auch von Unternehmen. „Besserer Geschmack“ auf der Zahnpastatube reicht inzwischen nicht mehr aus als Werbung. Die Kunden würden immer stärker nachfragen, welchen sinnvollen Beitrag Unternehmen zur Gesellschaft leisten:

„When it comes to consumer expectations towards business, nearly nine out of ten Germans demand that corporations place at least equal weight on society´s interests as on business’ interests. But in contrast to that, only 15% of Germans believe that businesses are performing well in addressing societal issues. There is definitely a huge gap to close between consumer demands and companies` perceived performance.  Clearly, it is no longer sufficient for brands to just “wash well” or “taste better,” but brands today are facing the question: “What is my contribution to society?”“

 

 

Fracking – bislang ohne Umweltcheck

Mal flott ein Blick über den großen Teich: Vermont hat vergangene Woche als erster US-Bundesstaat ein Fracking-Verbot erlassen. Zu unklar seien die Risiken, ob Fracking (bei dem ein Chemikaliencocktail unter Tage gepresst wird, um Erdgas zu fördern) das Grundwasser verseuche, so Gouveneur Peter Shumlin. Gerade in den USA herrscht ja zurzeit ein wahrer Fracking-Boom und die Fördermengen haben die Erdgaspreise in den USA zurückgehen lassen.

Wie in den USA mehren sich allerdings auch in Deutschland die Kritiker, das zeigte auch der NRW-Wahlkampf. Das Thema Fracking wird auch diese Woche wieder aufkommen, wenn im Wirtschaftsausschuss eine Anhörung dazu läuft. Umstritten ist ja vor allem, dass Behörden sämtliche Genehmigungen noch nach dem Bundesberggesetz erlassen, das teilweise sogar noch aus der Kaiserzeit stammt. Konzerne wie RWE Dea oder ExxonMobil müssen danach erst eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vorlegen, wenn sie mehr als 500.000 Kubikmeter Erdgas fördern werden – eine wohl vollkommen willkürliche Menge.

Die Opposition fordert, diese Grenze auf einen Kubikmeter zu senken – also eine UVP immer verbindlich zu machen. Mit schlechten Chancen, Union und FDP zeigen bislang kaum Interesse daran.

Es ist doch verrückt: Über Tage muss jeder Windmüller die verbindlichen Umweltchecks bei der Genehmigung eines neuen Windparks durchlaufen.

Unter Tage, wenn es um die Qualität des Grundwassers geht, scheint der Gesetzgeber das bislang nicht für nötig zu halten.

 

McKinseys umstrittene Studie zur Energiewende

Ein Schelm, der Böses dabei denkt: Heute Vormittag hat McKinsey eine Studie zur Energiewende präsentiert. Darin kommt die Düsseldorfer Unternehmensberatung zu dem Schluss, dass die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele nicht erreichen wird und die erneuerbaren Energien den Strompreis in die Höhe schießen lassen könnten. Kostenexplosion beim Ökostrom schrieb gleich Spiegel online.

Konkret in Zahlen heißt das bei McKinsey: Statt wie geplant die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu verringern, würde Deutschland nur 31 Prozent erreichen. Ziel verfehlt. Und die EEG-Umlage auf den Strompreis, mit der sich jeder Stromkunde am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligt, sowie die Netzentgelte würden im Jahr 2020 bei 21,5 Milliarden Euro liegen – ein Plus von 60 Prozent im Vergleich zu 2011.

Nun sind Studien, Prognosen und Szenarien immer so eine Sache. Und der Veröffentlichungszeitpunkt noch viel mehr. Zurzeit diskutiert ja die EU über ein bisschen mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz: Statt 20 Prozent will die EU-Kommission 25, wenn nicht sogar 30 Prozent CO2-Einsparungen bis 2020. Doch natürlich ziehen da nicht alle Mitgliedsstaaten mit, vor allem Polen hat sein Veto eingelegt. Solchen Staaten und den Branchen, die durch strengere CO2-Ziele betroffen wären (also die energieintensiven Branchen wie Stahl und Zement), liefert eine solche Studie natürlich wunderbar Munition.

Aber nun einmal kurz in die Details der Studie.

McKinsey kommt zu dem Schluss, dass gerade einmal 31 Prozent CO2-Reduzierung bis 2020 möglich seien. Hier einmal eine andere Zahl. Das Öko-Institut hat gerade zusammen mit dem DIW und dem Chefaufseher der Energiewende, Hans-Joachim Ziesing, für die Bundesregierung sehr detailliert berechnet (und leider noch nicht veröffentlicht), dass Deutschland auch auf 34 Prozent kommen könnte. Stoppt die Politik erfolgreich den Preisverfall im EU-Emissionshandel und ist man ehrgeiziger beim Energiesparen und im Verkehrssektor, dann sind die 40 Prozent immer noch zu schaffen. So ganz fatalistisch wie McKinsey muss man also nicht sein.

Ein weitere Punkt: In der Studie fehlt – wirklich irritierend – komplett die Diskussion des Merit-Order-Effekts (keine Sorge, der tut nicht weh). Er sagt aus, dass die erneuerbaren Energien an der Börse strompreissenkend wirken. Schließlich speisen zu manchen Zeiten so viele Windräder ihren Ökostrom ein, dass es gar negative Strompreise gibt. Davon profitieren die Großabnehmer, die Großhandelspreise zahlen – also die energieintensive Industrie (die auch Ausnahmen bei den Netzentgelten genießen). Vergangenen Herbst bezifferte eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums den Merit-Order-Effekt auf rechnerische 2,8 Milliarden Euro.

Der Merit-Order-Effekt habe keine großen Auswirkungen, heißt es auf Nachfrage bei McKinsey: Zumal er ja auch dazu führen würde, dass konventionelle Gas- und Kohlekraftwerke wiederum öfter an-und abgeschaltet werden würden. Deren Verschleiß müsse man wiederum auch einrechnen.

Nun gut, auch wenn es kompliziert ist: Das alles hätte doch in eine gute, umfassende und wissenschaftliche Studie gehört.

Ergänzung 17:16 Uhr: Ein Recherchepartner macht mich übrigens gerade auf eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2010 für die European Climate Foundation aufmerksam. Ziel war es, zu zeigen, dass bis 2050 sich die Co2-Emissionen um 80 Prozent in der EU mindern lassen. Die Studie liest sich ein wenig anders und weniger pessimistisch. Dort schreibt McKinsey im Kapitel Technical and Economic Analysis:

„Despite the complexities, the transformation of the European power sector would yield economic and sustainability benefits, while dramatically securing and stabilizing Europe’s energy supply.“

 

 

Trinkwasser Sammeln mit dem Windrad

Copyright: Eole Water
Copyright: Eole Water

Manchmal gibt es ja in diesem Wimmelfeld Grüne Technologien Ideen, bei denen man denkt: Stimmt, warum ist da eigentlich noch keiner drauf gekommen? Heute: das Wasser sammelnde Windrad. Der Franzose Marc Parent hat jetzt ein Windrad entwickelt, das einen Teil der erzeugten Energie dazu nutzt, Feuchtigkeit aus der Luft zu sammeln. Inspiriert dazu hat ihn seine Klimaanlage, die nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert und mit der er eine eine Zeitlang Trinkwasser in der Karibik sammelte. Zwei Millionen Euro hat er mit der Firma Eole Water bislang investiert, sie hält zwei Patente auf die Technologie und arbeitet unter anderem laut Referenzliste mit Firmen wie Siemens zusammen.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten steht seit vergangenem Herbst in der Nähe von Mussafah die Pilotanlage, ein Windrad mit einer Kapazität von 30 Kilowatt. Die Anlage zieht an der Spitze der Turbine Wind mit Hilfe von Ventilatoren ein. Die Luft wird entlang des Generators geleitet. Da sie immer auch Feuchtigkeit enthält, kondensiert das Wasser – wie morgens nach dem Duschen, wenn der Badezimmerspiegel beschlägt. Das Kondenswasser wird gereinigt und landet in stählernen Tanks.

Copyright: Eole Water
Copyright: Eole Water

Ausgelegt ist die Anlage für bis zu 1.000 Liter am Tag. Das schafft sie allerdings noch nicht, die Pilotmühle  komme auf etwa 500 bis 800 Liter, so  Thibault Janin von Eole Water. Wegen Stress mit dem örtlichen Flughafen dreht sie sich auch nicht nicht in der Luft, sondern bislang am Boden.

Aber immerhin. Solche Ideen sind natürlich interessant für Staaten, die weder über eine funktionierende Strom- noch Wasserversorgung verfügen. Und gerade solche Länder haben ein Interesse, ihre Trinkwasserversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. Bislang verschlingen etwa die riesigen Entsalzungsanlagen in der Golfregion ja enorme Mengen an Energie, um Meereswasser aufzubereiten. Eines gibt es aber dort in der Regel in Überfluss: Sonne und Wind. Nun gilt es, sie zu nutzen. Und den Prototyp günstiger zu machen. Der kostet nämlich laut Eole Water zurzeit noch mindestens eine halbe Million Euro. Aber langfristig sei der Preis halbierbar. Mal schauen.

 

 

Lesetipp: Blumenwiese statt Mais für die Biogas-Anlage

Der klassische Vorwurf an die Biogas-Branche geht ja so: Ihr sorgt dafür, dass mit euren riesigen Maisflächen unsere artenreiche Natur ausstirbt: Überall wächst nur noch Mais, diese Monokultur ist eine Gefahr für unsere biologische Vielfalt.

Dass es auch anders geht, ist in der taz zu lesen: Malven, Lichtnelken und Wilde Möhre landen hier bei einem Pilotprojekt in der Biogasanlage. Der Output liege zwar nur bei 50 bis 70 Prozent im Vergleich zum Mais. Ist aber nicht schlimm, sagen die Wissenschaftler.  Schließlich benötige man weniger Saatgut, Dünger und Spritzmittel.

Lesenswert!

 

Energiegipfel bei Merkel: Na, da fehlt doch jemand…

Heute Nachmittag hat Bundeskanzlerin Merkel zum Energiegipfel ins Kanzleramt geladen. Die Energiewende wird jetzt also Kanzlerinnen-Sache. Merkel will insbesondere diskutieren, wie sich der Bau konventioneller Kraftwerke lohnen könnte, wenn sie bei dem vielen Ökostrom immer schlechter ausgelastet sind – aber für die Energiewende gebraucht werden. Auch das Thema Offshore-Windenergie steht auf der Tagesordnung, denn da hakt es beim Netzanschluss und unklaren Haftungsregeln.

Viele brisante Themen, welche die Teilnehmer diskutieren. Da lohnt sich doch ein Blick auf die Gästeliste. Die ist zwar nicht öffentlich, aber ein bisschen sickert ja doch immer durch.

Interessant ist vor allem, wer heute Nachmittag nicht ins Kanzleramt kommt:

– Das ist zum einen Tennet, der Netzbetreiber, der den Anschluss der zahlreichen Offshore-Windparks in der Nordsee stemmen muss. Gerade Tennet hat zurzeit eine Schlüsselposition inne: Das Unternehmen ist einfach nicht finanzstark genug, um die milliardenschweren Investitionen zu tätigen – selbst eine Bundesbeteiligung wurde zwischendurch diskutiert. Verrückt, dass Tennet heute nicht die aktuelle Situation an der Küste schildert und Lösungsvorschläge macht.

– Und da sind die zwei Minister Rösler (Wirtschaft) und Röttgen (Umwelt). Beide Ministerien werden „nur“ ihre Fachbeamten schicken. Sicher, nun könnte man sagen: Es ist doch ein informelles Treffen, nix wird beschlossen, da reicht es doch, wenn die Fachleute Fachwissen diskutieren.

Aber kommt dann am Ende wirklich etwas heraus? Wenn Merkel das Thema kapert, warum sollen dann nicht auch die zuständigen Ressortminister kommen? Wenn die Energiewende nun schon auf höchster politischer Ebene angesiedelt sein soll, dann macht es doch auch Sinn, die Minister am Tisch zu haben. Schließlich werden doch in ihren Häusern die Energiewende-Gesetze gemacht.

 

 

Shwopping und Shirtmob: Tausch Dein Shirt!

Okay, anfangs konnte ich mit diesem Wort auch nichts anfangen: Shwopping. Ähhh, wie bitte? Es ist ein ziemlich kruder Mix für meine deutschen Muttersprachler-Ohren von shopping (einkaufen) und swap (austauschen). Aber die Idee, die dahinter steckt, könnte ein neuer Trend werden.

Heute hat in London die britische Klamottenkette Marks & Spencer zusammen mit der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam eine „Shwopping“-Initiative vorgestellt. Jedes Jahr verkauft die Kette rund 350 Millionen Kleidungsstücke. Wie wäre es, wenn jeder beim Kauf eines neuen Kleidungsstückes ein altes in eine Sammelbox im Laden wirft  (ein Schelm, der Böses dabei denkt)? M&S reicht die ausrangierten Stücke weiter an Oxfam und will sie so vor der Mülltonne bewahren. Dort landen nach M&S-Angaben schließlich alle fünf Minuten rund 10.000 Altkleiderstücke in Großbritannien. Oxfam verkauft die Stücke entweder secondhand weiter oder nutzt sie als Recyclingmaterial – und entlastet so die Umwelt.

Copyright: Beyond Berlin/ReShirt
Copyright: Beyond Berlin/ReShirt

In Deutschland ist mir das Shwopping zwar noch nicht untergekommen, auch die großen Ketten wie H&M und C&A halten sich bei solchen Mitmach-Aktionen seltsam zurück. Also machen es die Leute eben selbst. Etwa morgen in Berlin. Beyond Berlin und ReShirt laden dort gerade per Facebook zum weltweit ersten Shirtmob ein.

Um 17 Uhr werden auf dem Alexanderplatz mitten in Berlin wildfremde Menschen aufeinander zustürmen, sich ihrer T-Shirts entledigen und sie untereinander tauschen. Auch eine Idee, um an neue Klamotten zu kommen. Erste Bedingung: Es sollen exzentrische Shirts sein, also bitte nicht das Polo von Ralph Lauren. Zweite Bedingung: bitte frisch gewaschen.

 

Wenn´s sonst keiner macht: Windmüller bauen eigene Stromleitungen

Es klingt nach einem „Pfff, dann machen wir’s eben selbst“: Die ersten Windpark-Betreiber bauen inzwischen ihre eigenen Stromleitungen, um den Ökostrom von Windparks abzutransportieren und ins Stromnetz einzuspeisen. Das Besondere daran ist: Kein Privathaushalt oder Gewerbebetrieb hängt an diesen Stromleitungen. Es sind reine Einbahnstraßen, der Strom kann nur zum Übertragungsnetz abtransportiert werden.

Normalerweise speisen Windparks ins Verteilnetz ein, an das Haushalte und Unternehmen angeschlossen sind und das daher gewisse Sicherheitsstandards für einen möglichen Blackout erfüllen muss (Ich sag‘ nur (n-1)-Sicherheit, aber das führe ich hier lieber nicht aus). Das müssen die neuen Einspeisenetze nicht – und das macht sie, obwohl sie Erdkabel sind, günstiger. Zu ihnen präsentierte der Bundesverband Windenergie heute eine passende Studie und titulierte die Idee Mosaikstein im Gesamtbild Energiewende.

Das längste Öko-Einspeisenetz in Deutschland hat inzwischen der Windparkbetreiber Enertrag für sein Kraftwerk Uckermark errichtet. Das sei schneller und günstiger, als den Ausbau des Verteilnetzes abzuwarten. Rund 600 Kilometer Erdkabel hat Enertrag verlegt.

Wir wollten das Heft selbst in die Hand nehmen und uns unabhängig von regionalen Verteilernetzen machen“, sagt Enertrag-Vorstand Jörg Müller.   

Bislang hat das Unternehmen die Kosten, mehr als 35 Millionen Euro, aus eigener Kasse finanziert. Allerdings hört man auch hier den Ruf nach finanzieller Unterstützung. Die Branche fordert eine Umlage auf den Strompreis, ähnlich den Netzentgelten, um die neuen Einspeisenetze zu finanzieren.

Aber ob’s die wirklich geben wird? EEG-Umlage und Netzentgelte haben wir ja bereits auf den Strompreis. Nun ist auch noch eine Art Offshore-Umlage im Gespräch. Dass sich die Politik dann auch noch zu einer Einspeisenetz-Umlage hinreißen lässt – wohl kaum.

 

Höhenwindanlagen, der jüngste Coup der Windmüller

Copyright: NTS
Copyright: NTS

Wat es alles gibt, oder? Die Windmüller starten jetzt in die nächste Liga: Sie wollen die besseren Windverhältnisse in – Achtung – 300 bis 500 Metern Höhe ausnutzen. Das Unternehmen NTS aus Berlin entwickelt dafür zurzeit die erste Höhenwindanlage in Deutschland. Dabei bewegen hoch am Himmel ziehende Drachen kleine Fahrzeuge auf einem Schienenkreis am Boden. Es ist sozusagen die Skysails-Idee fürs Land. Ein Kite soll eine Kapazität von etwa einem Megawatt schaffen. Die Effizienz sei wegen der besseren Ausbeute bis zu drei Mal höher als bei den herkömmlichen Windrädern.

NTS ist inzwischen sogar aus der Zukunftsvisionsphase heraus. In Mecklenburg-Vorpommern hat das Unternehmen in der Gemeinde Friedland eine erste Testanlage gebaut, die 400 Meter lang ist. Die Entwicklungskosten liegen im einstelligen Millionenbereich, die Berliner Förderbank IBB unterstützt das Projekt. Der Geschäftsführer des Start-Ups gibt sich optimistisch, bislang erfülle der Testbetrieb alle Erwartungen, so Uwe Ahrens.

Wie also genau funktioniert die Technik? Die Idee ist, die stärkeren Winde dort oben besser auszunutzen, NTS schwärmt sogar von grundlastfähigem Strom. Die Kites ziehen die kleinen Fahrzeuge  auf den Schienen immer in der Runde. Dabei erzeugen Generatoren Strom und speisen ihn ins Netz ein. Wenn es keinen Wind gibt oder die Fahrzeuge gerade auf einem Abschnitt unterwegs sind, auf dem der Wind aus der falschen Richtung bläst, übernehmen die Schienenfahrzeuge den Antrieb und ziehen die Kites. Auch wenn das wiederum Energie verbraucht: Das sei vergleichsweise wenig, sagt NTS. So sollen die Kites in der Luft gehalten werden. So funktioniert übrigens auch der Start der Kites: Die Mini-Fahrzeuge ziehen die Drachen in die Luft hoch. Es ist das gleiche Prinzip wie beim Drachensteigen, die ersten Meter muss man eben selbst rennen.

Teststrecke in Friedland, Copyright: NTS
Teststrecke in Friedland, Copyright: NTS

Eine Herausforderung ist, das wird gleich klar, der Flächenbedarf an Land und in Luft. Über der Anlage können Flugzeuge nur eingeschränkt fliegen, schließlich sind die Drachen auf bis zu 500 Metern Höhe unterwegs. Und damit sich nichts vertüddelt, brauchen die Kites einen Mindestabstand von etwa 400 Metern. NTS stellt die Schienen auf Stelzen, damit die landwirtschaftlichen Flächen noch zu nutzen sind. Trotzdem würde eine Anlage, die etwa 120 Gigawattstunden im Jahr produzieren können soll, rund 9,6 Kilometer lang sein müssen (weil sie die Form einer Ellipse hätte wäre sie de facto rund 4.000 Meter lang und rund 800 Meter breit).

Tja, ob das jetzt was für Deutschland ist? Erst einmal sicher nicht, dafür ist die Technik ja noch in der Pilotphase. Aber die Entwicklerfreudigkeit, die dahinter steckt, die braucht Deutschland jetzt in der Energiewende auf jeden Fall. Und wer weiß: Vielleicht finden sich ja die ein oder anderen Landwirte, die ihre Äcker lukrativ an die Drachenflieger von NTS verpachten wollen.

 

 

Europas Klimaschutz auf der Kippe – und wo sind Sie, Herr Röttgen?

Es kann sicherlich nicht am Ort gelegen haben, lieber Herr Röttgen, oder? Horsens in Dänemark sieht doch ganz plauschig aus, ein Hafenstädtchen in Ostjütland, das Meer vor der Nase.

Heute sind dort die Umweltminister Europas zu einem informellen Treffen zusammengekommen – ohne Sie. Sie sind lieber in Nordrhein-Westfalen unterwegs.

Ja, es stimmt: Die Themen, die da während eines Mittagessens diskutiert wurden, sind keine leichte Kost. Es geht um nicht mehr als die Zukunft des europäischen Zertifikatehandels. Der steckt gerade in der schwersten Krise ever, er ist praktisch tot. Die Preise für eine Tonne Kohlendioxid dümpeln zwischen sechs bis acht Euro. Da hat kein Unternehmen einen Anreiz in zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen zu investieren, lieber kauft man sich, wie die Österreicher, günstig frei. Auch auf der Einnahmeseite klafft ein Loch. So war das langfristig nicht gedacht.

In Horsens haben Ihre Kollegen nun über einen Lösungsvorschlag geredet: das sogenannte set aside von etwa 1,4 Milliarden Zertifikaten. Die Idee ist simpel: Legt man Zertifikate still, dann steigt der CO2-Preis (aber auch nur, wenn die Zertifikate für immer aus dem Spiel sind). Die Idee wird seit Monaten diskutiert und – sorry, Herr Röttgen: Es ist doch wichtig, dass Sie sich für Deutschland für einen funktionierenden Emissionshandel einsetzen. Klar, werden Sie jetzt sagen, das war doch nur ein informelles Treffen, ich hatte Termine im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Aber es wäre eine gute Chance gewesen, die deutsche Position einmal zu verdeutlichen. Ohne dass Ihnen Ihr Ressortkollege Philipp Rösler mal wieder reingrätscht.

Und Sie haben doch heute auch noch einmal betont, dass Deutschland beim Klimaschutz in der EU ehrgeizig bleiben will. Es geht um die Frage, um wie viel Prozent Europa bis 2020 den Kohlendioxidausstoß im Vergleich zu 1990 senkt. Deutschland hat sich ambitionierte 40 Prozent als Ziel gesetzt. In der EU sind´s 20 Prozent. Die Frage ist: Traut sich Europa mehr zu (schließlich werden die 20 Prozent, auch nach Aussage des deutschen Umweltbundesamts heute in der ZEIT, locker erreicht).  Und wenn ja: wie viel? 25 Prozent, wie es die EU-Kommission ins Spiel gebracht hat? 30 Prozent? Heute ließ Ihre Pressestelle  erklären:

„Minister Röttgen hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass aus seiner Sicht eine Erhöhung des EU-Klimaziels für 2020 auf 30 Prozent sinnvoll und erforderlich ist. Nur darf man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Dieses bezog sich immer auf  Maßnahmen innerhalb und außerhalb der EU. Mit seiner Unterstützung der unter anderem von Kommissarin Hedegaard vertretenen Position, EU-intern eine Reduktion von 25 Prozent gegenüber 1990 in 2020 anzustreben, hat er sich hierzu nicht in Widerspruch gesetzt. Über eine bereits jetzt mögliche Anrechung von Klimaschutzprojekten außerhalb Europas kann das Gesamtziel einer Minderung von 30 Prozent erreicht werden. Das ist die Position derjenigen, die Europa in der schwierigen Diskussion konkret voranbringen wollen.“

Sicher, diese Klimaschutzziele sind die großen Fragen – und die können nicht während eines Mittagessens in Horsens geklärt werden. Aber es wäre trotzdem gut gewesen, wenn Sie da gewesen wären. Nicht nur wegen der Symbolik. Sondern vor allem, um die deutsche Position zu erklären und dafür zu werben. Wer in Deutschland von der Energiewende als Chance schwärmt, der muss sich auch dafür einsetzen, dass die europäischen Rahmenbedingungen dafür stimmen. Egal, ob NRW ruft oder nicht.

Update 17:05:  Frisch vom Markt aus Horsens: Die EU-Kommission will bis Ende des Jahres Vorschläge vorlegen, um die Auktionierung der Emissionszertifikate neu zu regeln. Hier das Statement von Martin Lidegaard, Klimaminister Dänemark und Connie Hedegaard von der EU-Kommission: