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Maue Klimaschutz-Ziele von Rot-Grün in NRW

Lang hat´s gedauert, bis die neue Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen feststand. Nun ist es Rot-Grün geworden – und sie prescht gleich mit einem erst einmal lobenswerten Projekt voran. Der gestern vorgestellte Koalitionsvertrag sieht sogar auf Seite 13 ein Klimaschutzgesetz für den Westen vor.

„Als zentrales Element für die Neuausrichtung der Klimaschutz- und Energiepolitik in NRW werden wir ein Klimaschutzgesetz verabschieden, in dem verbindliche Klimaschutzziele für NRW festgelegt werden.“

Das ist doch mal eine Ansage. NRW wäre nach Hamburg das zweite Bundesland, das ein solches Gesetz initiert – auf Bundesebene gibt es noch keins. Dass gerade NRW sich verbindliche CO2-Ziele setzen will, macht Sinn. Schließlich ist es für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich.

Doch schaut man sich die Reduktionsziele der neuen Landesregierung an, dann klingen sie äußerst unambitioniert. Bis zum Jahr 2020 will NRW seine CO2-Emissionen um 25 Prozent im Vergleich zu 1990 mindern. Das ist zwar fünf Prozentpunkte ehrgeiziger als Brüssel (EU-Ziel: 20 Prozent bis 2020), aber im Vergleich zur schwarz-gelben Bundesregierung ganz schön lax: Die hat sich auf Bundesebene nämlich eine Reduzierung um 40 Prozent bis zum Jahr 2020 vorgenommen.

Rot-Grün bedeutet außerdem auch kein Aufatmen für die Kohlekraftwerksgegner. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu:

„Die Landesregierung selbst baut keine neuen Kraftwerke und reißt auch keine begonnenen Projekte ab.“

Ganz schön smart formuliert, denn natürlich baut die Landesregierung selbst keine Kraftwerke – dafür aber private Investoren. Da das Energieministerium in fester Hand der SPD sein wird, gibt es also kein klares Nein zum Neubau von Kohlekraftwerken. Wie das Handelsblatt berichtet, setze sich die neue Ministerpräsidentin Hannelore Kraft „seit langem persönlich dafür ein, den Steinkohlebergbau über 2018 hinaus zu erhalten.“

Umwelt- und Klimaschützer sind trotzdem ganz angetan von der neuen Regierung. Ob Deutsche Umwelthilfe, Nabu oder Bund: Sie alle loben in einer aktuellen Pressemiteilung den Koalitionsvertrag.

 

Deutschlands 1. Offshore-Windpark hat Macken

So hatten sich das die Macher von Deutschlands erstem Offshore-Windpark Alpha Ventus wohl nicht vorgestellt: Von den zwölf Windanlagen drehen sich zurzeit zwei nicht. Erst Ende April ist das Prestige-Projekt der Bundesregierung und der großen Energiekonzerne ans Netz gegangen. Und nun das: Materialschäden.

Sechs Fünf-Megawattt-Anlagen hat der Hersteller Repower geliefert – diese laufen ohne Probleme. Dagegen gehören die anderen sechs Multibrid-Anlagen zu den Sorgenkindern. Wie die Fachzeitschrift Energie & Management schreibt (Test mit Macken) schreibt, gibt es offenbar Probleme mit Material im Gleitlager, das sich zu stark erhitzte.

Auch wenn sich Windrad-Gegner vielleicht die Hände reiben: Für einen Abgesang auf die Offshore-Technologie in Deutschland ist es zu früh. Schließlich laufen die sechs Repower-Anlagen rund und alle Beteiligten haben immer betont, dass es sich um ein Testfeld handelt. Und wo sonst dürfen solche Pleiten und Pannen passieren…

Und hier noch ein kurzes update (7.7.2010):  Ein Vertreter von Multibrid erklärte mit gerade in einem Telefonat, dass man mindestens zwei der Gondeln austauschen werde. Was mit den anderen vier passieren wird, ist noch unklar. Auf jeden Fall wird es für das Unternehmen ein teures Vernügen. Müssten alle sechs Gondeln ersetzt werden, käme ein mehrstelliger Millionenbetrag auf sie zu. Multibrid betont, dass man nicht wusste, dass ein Zulieferer den Materialmix an einem Getriebelager geändert habe, der zu den Ausfällen führte.

 

Ökostrom überholt Atomstrom

Na, das ist doch mal eine Erfolgsmeldung: Nach Schätzungen der Bundesregierung wird der Boom beim Ökostrom weiter anhalten. Und zwar noch stärker als gedacht. Im „Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien“, deren Entwurf unter anderem der Frankfurter Rundschau vorliegt, rechnet die Bundesregierung damit, dass schon in zehn Jahren der Ökostrom-Anteil bei 38,6 Prozent liegt. Das wäre mehr als eine Verdoppelung in nur einem Jahrzehnt. Der aktuelle Anteil von Atomstrom liegt bei etwa 23 Prozent – und sinkt seit Jahren. Weil die Bundesregierung den Neubau von Kernkraftwerken ausgeschlossen hat, ist mit einer Steigerung nicht zu rechnen.

Die Zahlen geben Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) vor allem Rückenwind. Der stand ja in den vergangenen Monaten immer wieder heftig in der Kritik, weil er Atomstrom ausdrücklich als „Brückentechnologie“ bezeichnet: Wenn also Strom aus Sonne, Wind und Biomasse ausreichend vorhanden ist, können die Atomkraftwerke ihren Dienst einstellen. Laut aktueller Prognose wird dies nun weitaus früher als gedacht der Fall sein. Schon rund um das Jahr 2020 könnte der Ökostrom-Anteil bei rund 40 Prozent liegen. „Die Zahlen bestätigen uns in den Annahmen, was die Entwicklung der Erneuerbaren Energien angeht“, zitiert die Süddeutsche Röttgen.

 

Lesetipp Branchencheck Solar

… für alle Solarfans: Heute geht übrigens die kleine, sechsteilige FTD- Serie „Branchencheck Solar“ zu Ende. Ein guter Überblick, wie es anlässlich der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz  den einzelnen Sparten im Sonnengeschäft geht, vom Siliziumhersteller bis zum Projektierer von Solarparks.

 

Mini-Wasserkraftwerke – mehr als ein Spielzeug?

Vor einiger Zeit habe ich ja über das wachsende Interesse an Kleinwindrädern für den Garten berichtet (was übrigens auf überraschend großes Interesse stieß). Nun gibt es eine kleine Fortsetzung, diesmal nicht zu Land, sondern zu Wasser. In den USA hat gerade das kleine Dörfchen Eagle in Alaska ein Mini-Wasserkraftwerk in Betrieb genommen, wie Treehugger berichtet und versorgt sich so komplett mit erneuerbarer Energie.

Das Besondere an dem Mini-Kraftwerk ist, dass es auf dem Fluss schwimmt. Es braucht also keinen Damm, der den Fluss aufstaut und aus dem das Wasser abgelassen wird und Turbinen antreibt. Da freut sich die Umwelt, denn gerade der Dammbau für Wasserkraftwerke gilt als extrem schädigend für die Natur (aktuelles Beispiel ist der Bau des Belo Monte-Staudamms in Brasilien). Das Problem ist nur die geringe Leistung: Gerade mal 25 Kilowatt Leistung hat die Turbine – offenbar ausreichend für die 68 Einwohner von Eagle.

Trotzdem reizt die Technologie Investoren und Politik. Der US-Entwickler Free Flow Power hat etwa kürzlich die Erlaubnis bekommen, an 60 Standorten im Mississippi die mögliche Installation dieser schwimmenden Kraftwerke zu überprüfen. Eine direkte Antwort von Lousiana auf die Ölpest vor der Küste und den Drang, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Wird es realisiert, dann wären die Turbinen im Mississippi das erste kommerzielle Projekt dieser Art im großen Stil.

Aber genau das ist die Herausforderung. Solange die schwimmenden Wasserkraftwerke nicht leistungsstärker werden, sind sie wohl nur ein schönes Spielzeug für Technologiefreaks und reichen für kleine Käffer wie Eagle. Aber sie sind nicht wirklich eine relevante alternative Energiequelle.

 

Jeder Tropfen Wasser zählt – Firmen sparen Millionen

Nein, diesmal nichts zur Ölkatastrophe oder zur Brennelementesteuer, die sicherlich morgen beim Energiegipfel im Bundeskanzleramt diskutiert wird. Stattdessen eine interessante Studie der britischen „Ethical Corporation“ („Unlocking the profit in water savings„): Danach haben immer mehr internationale Konzerne erkannt, dass sich mit Wasser Sparen (puh, wie langweilig das klingt) viel Cash machen lässt. Die Umfrage bei Firmen wie Unilever, Kraft, Coca-Cola und Shell zeigt, dass 99 Prozent der Manager „Wasser“ in den kommenden zehn Jahren als ein Top-Thema einschätzen.

Was sollen die Nachhaltigkeitsmanager in den Firmenzentralen auch sonst erzählen, mögen Sie vielleicht sagen. Aber schaut man sich die Zahlen an, dann wird klar, dass sich mit Investitionen in Infrastruktur und Recyclingmöglichkeiten viel Geld sparen lässt. Whitbread ist etwa nach eigenen Angaben der größte Hotel- und Restaurantbetreiber in Großbritannien. Das Unternehmen investiert jährlich etwa mehr als 173.000 britische Pfund (rund 208.000 Euro) in den Austausch von Duschköpfen, Spartasten an den Toiletten und Wasseraufbereitungssysteme. Es spart laut Studie dadurch jährlich 350.000 Pfund – also mehr als das Doppelte.

Die Herausforderung bei dem Thema liegt allerdings wohl woanders, nämlich bei uns Privathaushalten. So lange jeder von uns täglich knapp 130 Liter verbraucht (in den USA sind es sogar knapp 300), sind die Anstrengungen der Wirtschaft löblich, aber leider nur ein Teil der Geschichte.

 

Merkel vergisst Klimapolitik beim Zukunftsgipfel

Spargipfel, Bildungsgipfel, Zukunftsgipfel: Die Bundesregierung hängelt sich zurzeit ja von Gipfeltreffen zu Gipfeltreffen. Heute nachmittag gibt´s mal wieder einen: Bundeskanzlerin Angela Merkel lädt Wirtschaftsvertreter und Gewerkschaftler zum „Zukunftsgipfel“ auf Schloss Meseberg. Aber schaut man sich die Themen der Tagesordnung an, dann klingt das reichlich desillusionierend: Vor allem Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften wurden eingeladen, die alternde Gesellschaft und wirtschaftspolitische Themen sollen sie diskutieren.

Typisch: Energie- und Klimapolitik findet in dieser Koalition de facto nicht mehr statt. Vorbei die Zeiten, als sich Merkel auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm als Klimakanzlerin präsentierte. Wir sind wieder bei der typischen Trennung von Wirtschafts- und Klimapolitik. Beide werden gegeneinander ausgespielt.

Das zeigt auch das jüngste Gutachten aus dem Hause des Bundeswirtschaftsministers Brüderle: Erst gestern stellte er eine Studie vor, die zu dem Schluss kommt, dass ein ambitioniertes CO2-Klimaschutzziel (minus 40 Prozent bis 2020 auf EU-Ebene) zu einem BIP-Verlust von 0,9 Prozent führen würde.

Dabei könnten vor allem Mittelständler von einer aktiven Politik profitieren, die Umwelttechnologien fördert. Denn es kommt auf eine smarte Umverteilung der Steuergelder an. Kurz vor dem Spargipfel hat etwa das Umweltbundesamt aufgezeigt, welche Steuerbeträge sich durch den Abbau klimaschädlicher Subventionen sparen ließen: 48 Milliarden Euro wären das. Wohlgemerkt: Jahr für Jahr. Und dann sage noch jemand, dass für Umwelt- und Klimaschutz kein Geld da sei…

 

Die miese Klimabilanz der Fussball-WM

Ich weiss, Klimabilanzen koennen auch nerven – und die folgende wird die vorerst letzte sein, versprochen: Hier die Klimabilanz der Fussballweltmeisterschaft in Durban. Eine Studie der norwegischen Botschaft und des suedafrikanischen Umweltministeriums (Klimastudie Fussball-WM)  kommt zu dem Schluss, dass diese WM das Weltklima mit zusaetzlichen 2,75 Millionen Tonnen Kohlendioxid belastet. Das ist etwa sechs Mal so viel wie im Jahr 2006, als Deutschland die WM ausrichtete. Und entspricht etwa den jaehrlichen Emissionen von einer Million Autos.

Warum ist das so? Ganz einfach: Suedafrika ist gross und weit weg. Es sind vor allem die vielen Fluege, die Suedafrika die Klimabilanz vermiesen – nicht nur zur Anreise, aber auch waehrend der Spiele zwischen den einzelnen Austragungsorten. Dazu kommt der Neubau der vielen Stadien, auch das kostet Energie. Und der Strommix basiert in Suedafrika vor allem auf Kohlekraft.

Aber was waere die Alternative? WMs nur noch in Laendern, die bereits ueber eine perfekte Oeko-Infrastruktur verfuegen? Vollkommen unrealistisch. Also wird Suedafrika wohl auch am „offsetting“ nicht vorbeikommen: Das Land hat bereits angekuendigt, hunderttausende Baeume als Entschaedigung pflanzen zu wollen.

 

Kopenhagen lässt die Dächer grünen

Grüne Dächer tun den Städten gut, das ist schon seit langem klar: Sie sind eine Art natürliche Klimaanlage. Während sich Asphalt und Beton aufheizen und so im Sommer aus Städten kleine Heizkraftwerke machen, sorgen Dachgärten für den gegenteiligen Effekt: Pflanzen speichern Wasser und lassen es verdunsten, das kühlt das Klima. Die Blätter binden Staub und Schadstoffe. Zudem fangen die Dachgärten das Regenwasser auf und entlasten so die Kanalisation. Und Vögel, Schmetterlingen und was sonst so kreucht und fleucht erhalten neue Lebensräume.

Kopenhagen hat das überzeugt- und die Stadt prescht wunderbar zielstrebig voraus: Als erste Stadt in Skandinavien will die dänische Hauptstadt nun die Dachbegrünung verpflichtend machen. Jedes Dach mit einer Neigung von bis zu 30 Grad soll sich in einen kleinen Mini-Stadtpark verwandeln, die Stadt stellt dafür Zuschüsse bereit. Jedes Jahr sollen so neue Gärten mit einer Fläche von rund 5000 Quadratmetern aus den Dächern sprießen.  Und was ich lobenswert finde: Die Stadt hält offenbar bei ihrem ambitionierten Ziel fest, bis 2025 klimaneutral zu werden – und das selbst nach dem spektakulären Scheitern des Weltklimagipfels im vergangenen Jahr.

 

Trotz Kürzungen boomt Solarbranche

Es sind wirklich keine einfachen Zeiten für Solarstromfans – und vor allem für solche, die es noch werden wollen und sich eine Solaranlagen kaufen wollen. Seit fast einem halben Jahr streitet Berlin über die Kürzungen: Der Bundestag beschloss nach langem Hin und Her, zum 1. Juli die Förderung für Solaranlagen auf Dächern um 16 Prozent und auf den meisten Freiflächen um 15 Prozent zu kappen. Vergangene Woche blockierte dann der Bundesrat die Entscheidung.

Interessant ist es aber, sich einmal die Branchenprognose anzuschauen. Denn die Deutschen rennen den Installateuren weiterhin die Bude ein. Das Branchenmagazin Photon, bekannt für seine kritische Haltung der eigenen Branche gegenüber, schätzt aktuell, dass in diesem Jahr neue Anlagen mit einer Kapazität von mehr als 8800 Megawatt auf deutschen Dächern installiert werden (Börsen-Zeitung vom 5.6.2010).  Das wäre weit mehr als das Doppelte als noch in 2009.  Und auch der Bundesverband der Solarwirtschaft rechnet mit einem Wachstum im „deutlich zweistelligen Prozentbereich“.

Wie geht das zusammen? Es ist wohl auf der einen Seite die angekündigte Kürzung, welche die Nachfrage anheizt. Viele Bürger wollen sich noch schnell die hohe Förderung sichern: Denn wer es schafft, bis zum Sommer noch eine Solarstromanlage an Stromnetz anzuschließen, der genießt die alten Vergütungssätze nicht nur in diesem Jahr, sondern 20 Jahre lang.

Auf der anderen Seite sind Solarmodule gerade im Schnitt relativ günstig. Denn inzwischen ist der Solarmarkt ein globaler, nicht nur deutsche Anbieter tummeln sich dort, sondern vor allem auch Hersteller aus Asien, die einfach günstigere Preise bieten können. Trotz gesunkener Förderung lässt sich also dank niedriger Solarmodulpreise noch immer eine Rendite von etwa sieben Prozent erzielen. Fazit: Auch wenn die Branche laut über die Einschnitte klagt –  ganz so schlimm wird´s wohl nicht werden.