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Fast überhört: Eon singt ein Loblied auf die Erneuerbaren

Der Energiekonzern Eon hat ja heute seine Geschäftszahlen für das vergangene Jahr präsentiert und musste wegen des Atomausstiegs einen Verlust von 2,2 Milliarden Euro in Kauf nehmen (das erste Mal in der Firmengeschichte). In der heutigen Pressemitteilung bin ich über eine wirklich interessante Passage gestolpert:

(Konzernchef) „Teyssen betonte, dass das Unternehmen einen hohen Anteil seines Ergebnisses in sehr stabilen Geschäftsfeldern erwirtschafte. 2011 betrug der Anteil des regulierten, quasi-regulierten sowie des langfristig kontrahierten Geschäfts am EBITDA rund 50 Prozent.

„Diese stabilen Einnahmequellen bilden ein robustes Fundament, um auch in unruhigen Zeiten nachhaltig zu wirtschaften, aktuelle wie zukünftige Herausforderungen erfolgreich zu meistern und neue, profitable Wachstumsfelder zu erschließen“, so Teyssen. So plant E.ON beispielsweise, in den nächsten fünf Jahren 7 Milliarden Euro in Erneuerbare Energien zu investieren, darunter gut 2 Milliarden in neue Offshore-Windparks in Deutschland, England und Schweden.

Das ist ja nun mal wirklich interessant. Denn übersetzt bedeutet das: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert Eon sichere Investitionsbedingungen, im Gegensatz zur Situation bei Kohle und Gas. Da lohnen sich zurzeit keine Investments, schließlich hat der Ökostrom Vorrang im Netz und das führt dazu, dass andere Energieträger zurückstecken müssen beziehungsweise unrentabel sind, weil sie nur kurzzeitig ans Netz können. Die Einschätzung von Eon deckt sich übrigens mit der von anderen großen Energieversorgern.

Was für Zeiten, in denen ein Atom- , Kohle- und Gaskonzern einmal das EEG hochjubelt.

 

Energiewende: Noch fehlt der konsequente U-Turn

Laut Duden bedeutet das Wort wenden „in die entgegengesetzte Richtung bringen“. Dass der Politik der U-Turn gerade schwerfällt, zeigt sich zurzeit mal wieder im Detail. Das Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung soll novelliert werden. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich die Förderung von Mini-Kraftwerken. Jemand, der etwa ein Blockheizkraftwerk im Keller hat, erzeugt selbst Wärme und Strom. Für jede Kilowattstunde Strom erhält er bei einer kleinen Anlage eine Vergütung von zurzeit etwa fünf Cent, schließlich erzeugt er dezentral und effizient Energie zu Hause.

Der Bundesregierung ist die Kraft-Wärme-Kopplung eigentlich ein Herzensanliegen. Auf einen Anteil an der Stromerzeugung von 25 Prozent in 2020 soll sie kommen. Jede vierte Kilowattstunde sollen also die Bürger am liebsten privat erzeugen. Oder sie soll in einem effizienten Kraft-Wärme-Kraftwerk, das zugleich ein Fernwärmesystem unterstützt, produziert werden.

Doch die KWK kommt nicht so recht voran. Geht es so weiter wie bisher, kommt man bis 2020 auf etwa 20 Prozent. Das mag auch an dem Zickzackkurs der Politik liegen, immer wieder flogen in der Vergangenheit Anlagen aus der Förderung heraus. In den vergangenen Jahren hat sich das Fördervolumen für KWK-Anlagen fast halbiert.

Glaubt man der Branche, unterschätzt die Politik das Potenzial von KWK bislang konsequent. Schließlich bedeutet KWK auch „Energiewende von unten“. Lieschen Müller als Stromproduzentin, das ist etwas komplett anderes als eine Energiepolitik, die von großen Energieversorgern gestemmt wird. „Altes Kraftwerksdenken“ attestieren KWK-Unternehmen der Politik.

Das Ökostrom-Unternehmen Lichtblick, das mit seinen Zuhausekraftwerken groß in den KWK-Markt einsteigen will und entsprechend laut wirbt, hat heute ein weiteres Argument für den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vorgebracht. Glaubt man den Hamburgern, lassen sich bis zu einer halbe Milliarde Euro Kosten für den Netzausbau einsparen, wenn KWK konsequent ausgebaut wird. Das zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft LBD im Auftrag von Lichtblick (Kaum überraschend ist natürlich, dass Lichtblick gleich verbesserte Förderbedingungen für KWK-Anlagen verlangt).

Wenn man die Mini-Kraftwerke geschickt vernetzt, ließen sich so Lastspitzen abpuffern. Das sind Zeitpunkte, wenn der Strombedarf besonders hoch ist. Dann könnten die Zuhausekraftwerke einspringen – und man könnte sich den Netzausbau sparen. Für das Vernetzen und Hochfahren seiner Zuhausekraftwerke braucht Lichtblick nach eigenen Angaben gerade mal 60 Sekunden.

Bislang gibt es allerdings nur 420 Zuhausekraftwerke. Da fehlen noch ein paar, um die Zielmarke 100.000 zu erreichen und einen ernsthaften Beitrag zur Energiewende zu leisten.

 

. Und zwar müsse es verbesserte Anreize geben, damit

 

 

Aufholjagd: USA wollen stärker Offshore-Wind fördern

Auch wenn es genügend Standorte mit guter Windausbeute gibt: Bislang dreht sich vor den US-amerikanischen Küsten kein einziges Offshore-Windrad. Auch in den Great Lakes herrscht, zumindest was Offshore-Windenergie angeht – zurzeit noch Flaute.

Dabei schätzt die US-Regierung das landesweite Potenzial auf rund 4000 Gigawatt. Und erneuerbare Energien sind ihr – nun gut: neben Atom und Gas – ja ein Herzensanliegen, schließlich will die US-Regierung  die Abhängigkeit von Energieeimporten mindern.

Jetzt hat Energieminister Steven Chu angekündigt, mit einem 180 Millionen US-Dollar-Programm für die kommenden sechs Jahre den Ausbau der Offshore-Windenergie in vier Pilotregionen zu fördern. Noch in diesem Jahr stellt sie 20 Millionen Dollar zur Verfügung. Das klingt zwar auf den ersten Blick ziemlich zaghaft, schließlich gehen die Kosten von Offshore-Windfarmen locker in die Milliarden. Aber es gilt wohl: besser als nix.

Ganz explizit spricht Chu vor allem amerikanische Windpark-Entwickler an:

“The new offshore wind energy initiative announced today will help to catalyze the development of offshore wind in America, supporting U.S. innovators as they seek to design and demonstrate next generation wind energy technologies.  These investments are critical to ensuring that America remains competitive in this growing global industry that can drive new manufacturing, construction, installation and operation jobs across the country.”

 

Rohstoffhunger: Land Grabbing nimmt weltweit zu

Kohlemine in Jharia/Indien, Februar 2012. Copyright: Daniel Berehulak /Getty Images
Kohlemine in Jharia/Indien, Februar 2012. Mehr als 2300 Familien wurde für die Mine umgesiedelt. Ihnen seien Schulen und Krankenhäusern zugesagt worden, bislang sei aber nichts passiert, sagen die Anwohner. Copyright: Daniel Berehulak /Getty Images

Wenn ich das Thema Land Grabbing höre (was sich wohl am besten mit unerlaubter Landnahme übersetzen lässt), denke ich ja erst einmal an südamerikanische Bauern, die für riesige Sojaplantagen weichen mussten. Oder an Afrika, wo Menschen für neue Kohleminen vertrieben werden. Im kolumbianischen Amazonasgebiet wird nach Gold geschürft, in Indien nach Kohle und Bauxit. Alles weit weg. Heute morgen kam mir nun ein Report von Umwelt- und Menschenrechtsgruppen unter: Opening Pandoras Box – The New Wave of Land Grabbing by the Extractive Industries and the Devasting Impact on Earth.

Die Gaia Foundation, eine NGO aus London, die unter anderem von der indischen Menschenrechtlerin Vandana Shiva unterstützt wird, macht darin deutlich, dass Land Grabbing schon lange nicht mehr ein Phänomen nur in ärmeren Staaten ist. Ob Mountain Top Removal in den USA, die riesigen Mondlandschaften des Teersand-Abbaus in Kanada, das Fracking in Europa: Die Suche nach Rohstoffen findet inzwischen direkt vor unserer Haustür statt – mit dramatischen Folgen für die betroffenen Menschen, für Umwelt, Wasser und Klima.

„We are no longer talking about isolated pockets of destruction and pollution. Nowadays, chances are that, no matter where you live on Earth, land acquisitions for mining, oil and gas might soon be at your door. This trend is now a major driver of land grabbing globally, and poses a significant threat to the world’s indigenous communities, farmers and local food production systems, as well as to precious water, forests, biodiversity, critical ecosystems and climate change.“

Es sind vor allem die steigenden Rohstoffpreise, die diese Entwicklung befeuern. Dahinter steckt einfach die steigende Nachfrage nach entsprechenden Produkten. Das zeigen vor allem auch die zahlreichen, auch deutschen Initiativen zur Sicherung von Rohstoffen, die Regierungen weltweit auflegen. Erst gestern stellte die Bundesregierung ja auch ein Ressourceneffizienzprogramm vor, um effizienter mit Rohstoffen umzugehen.

Der weltweite Trend allerdings geht zurzeit noch in eine andere Richtung. Die weltweite Eisenerz-Produktion wurde, so die Studie, in den vergangenen zehn Jahren um 180 Prozent gesteigert. Gerade die Nachfrage nach den Seltenen Erden –  die ja auch für die grünen Technologien wie Solarzellen und Windräder so wichtig sind – hat zugenommen (spannend das Kapitel Green Energy dazu in der Studie ab Seite 45).

Ganz einmal abgesehen von den Menschenrechtsverletzungen, die durch den Rohstoffabbau stattfinden: Die weltweite Branche hat ein riesiges Abfallproblem. Jährlich würden, so das Mining Journal, rund 50 Milliarden Tonnen Erde beim Abbau von Eisenerz, Kohle, Industriemetallen und anderen Rohstoffen bewegt (Seite 34). 21 Milliarden Tonnen, also knapp die Hälfte, fallen einfach als Abraum an – ungenutzt.

Was also tun? Die Studienmacher fordern ein Globales Moratorium für neue Abbauprojekte. Minen, die bereits in Betrieb sind, sollten auf ihre Umweltauswirkungen untersucht werden. Es sollte No-Go-Areas geben, wo der Rohstoffabbau tabu ist, darunter etwa alle UNESCO-Schutzgebiete. Und es sollte ein Veto-Recht für die lokale Bevölkerung bei Abbauplänen geben.

 

Indien führt weltweite Green Tech-Investments an

30 MW-Solaranlage in Indien, Copyright. Sam Panthaky/AFP/Getty Images
30 MW-Solaranlage in Indien, Copyright. Sam Panthaky/AFP/Getty Images

Ich gebe zu: Nach einer Weile können ja Rekordmeldungen à la  „Der Beste, der Höchste, der Kleinste“ nerven. Trotzdem kann ich mir diese Nachricht nicht verkneifen:
Kein anderes Land habe im vergangenen Jahr so stark in grüne Technologien investiert wie Indien. Das vermeldet Bloomberg New Energy Finance.

10,3 Milliarden US-Dollar seien in Ökoprojekte investiert worden – ein Plus von 52 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit würde Indien vier Prozent aller weltweiten Green Investments abgreifen:

„Clean energy investments in India reached $10.3bn in 2011, some 52% higher than the $6.8bn invested in 2010. This was the highest growth figure of any significant economy in the world. There is plenty of room for further expansion – in 2011, India accounted for 4% of global investment in clean energy.“

Und jetzt raten Sie mal, was der Wachstumstreiber ist? Genau: Solarstrom. Während vor zwei Jahren gerade einmal 600 Millionen US-Dollar in netzgebundene Solarprojekte investiert wurden, habe sich die Zahl 2011 sogar versiebenfacht (auf 4,2 Milliarden US-Dollar). Das liege vor allem an den radikalen Kostensenkungen, die Solarmodule zurzeit verzeichnen, so Bloomberg.

Der Preiseinbruch sorgt also nicht nur für einen Solarboom auf deutschen Dächern, sondern eben auch in Indien. Und der wird zudem noch unterstützt von einem staatlichen Förderprogramm, der Jawaharlal Nehru National Solar Mission (die allerdings in der Kritik steht).

Und mit Wachstumsraten ist das ja so eine Sache. Der Solarboom klingt ja ganz gut, aber entscheidend ist, von welchem Niveau man startet. Bislang ist der Solarstromanteil in Indien noch recht bescheiden. Nach Informationen der Unternehmensberatung GTM kamen Solaranlagen Ende 2011 auf geschätzte 365 Megawatt:

„At year-end 2010, India claimed just 54 MW of installed grid-connected solar. However, recent feed-in tariffs (FIT) allocations from the NSM and the state of Gujarat’s Solar Policy promise to increase that installed capacity six-fold to approximately 365 MW by the end of 2011 and, furthermore, to over 1,100 MW by 2012.“

Zum Vergleich: In Deutschland sind zurzeit Anlagen mit einer Kapazität von knapp 25.000 Megawatt installiert.

Korrektur 16:58: In einer alten Version sprach ich von einer Verdoppelung der Wachstumsrate. Das war falsch und wurde korrigiert.

 

 

Warum Prestige-Ökocitys nicht Chinas Zukunft sind

Wer sich mit nachhaltiger Stadtentwicklung in China beschäftigt, der kommt an den zahlreichen Ökocitys nicht vorbei. Egal, ob Dongtan bei Shanghai oder Huangbaiyu oder Tianjin. Prestige-Ökoprojekte, klimaneutral, energieeffizient, autofrei und  supermodern.

Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University
Ökostadt Dongtan, Copyright: 2009 Yale University

Einmal davon abgesehen, dass offenbar wenig in den vergangenen Jahren in den chinesischen Ökocitys passiert ist – es mehren sich die Kritiker solcher millionenschweren Nachhaltigkeitsprojekte. Einen ausführlichen Report dazu präsentiert gerade yaleenvironment360, welcher der Frage nachgeht, inwiefern sich der Trend zur Urbanisierung in China besser und umweltfreundlicher gestalten lässt.

Mehr als die Hälfte der 1,3 Milliarden Chinesen lebt inzwischen in den Städten. Investoren und die Regierung reagieren auf diese Entwicklung, überall wird massiv in städtischen Wohnraum investiert.

Aber das hat Folgen, denn Bauen ist natürlich alles andere als klimafreundlich. China schafft es auf Platz 1 der weltweiten CO2-Verschmutzer auch wegen seines Baubooms, schließlich ist die Herstellung von Stahl und Zement immens energieintensiv.

Eine Entwicklung mit dramatischen Folgen. Zwar sind in den vergangenen Jahren einige Prestige-Stadtprojekte entstanden, wo das Bauen umweltfreundlicher passieren sollte – eben die Ecocitys. Aber zugleich müssen in unzähligen Städten ganze Altstadtviertel Platz machen für einen schnell hochgezogenen Wohnblock aus minderwertigem Baumaterial. Schlechte Qualität, die nur wenige Jahre hält. Und am Ende abgerissen werden muss. Ein Städteplaner kommt gar zu der Einschätzung auf Yale Environment, dass der Abriss von Gebäuden inzwischen die größte CO2-Quelle in China sei:

“Poor urban planning, lack of accountability, weak regulation and absence of legal framework, all together makes buildings in China so vulnerable,” says engineer Ding Jianhua of the China Urban Construction, Design and Research Institute. “Tearing down buildings is, in my opinion, essentially the most high carbon factor in China at present.”

Was also tun? Es ist wie in Deutschland: ran an die Vorschriften. Wer strenge Energiespar-Vorschriften für Neubauten macht, der hat einen weitaus größeren Klimaeffekt als eine einzige Ökostadt ihn je haben wird. Das können Vorgaben für Dämmung, den Einsatz von Ökostrom oder Solarwärme sein, an denen China zurzeit arbeitet. Und vielleicht ist das auch der große Unterschied zu Deutschland. Während hierzulande der Baubestand die große Baustelle ist (und die Bundesregierung hier zurzeit effektive Anreize zum Sanieren und Dämmen verpeilt), sind in China strenge Vorgaben für Neubauten wichtig. Denn nichts wäre eine größere Verschwendung von Energie, wenn die jetzt neu gebauten Städte zwar schick, aber energiemäßig auf dem Niveau eines Plattenbaus aus den 1960er Jahren sind.

 

 

Ein paar Zahlen zur Kältewelle und zum Strombedarf

Das klingt ja dramatisch, was Spiegel Online heute Vormittag als Aufmacher vermeldet. „Kältewelle: Strom in Deutschland wird knapp.“ Die Netzbetreiber würden Reservekapazitäten im Ausland anknapsen, so schlimm sei schon die Situation.

Die Netzengpässe gibt es sicherlich, keine Frage. Aber der Zusammenhang „Kältewelle – Strommangel“ stimmt einfach so nicht – zumindest hat diese Meldung einen falschen Tenor und bringt die Energiewende in Verruf.

Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW
Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW

In Deutschland spielt Strom beim Heizen kaum eine Rolle (siehe Grafik), gerade einmal sechs Prozent aller Wohnungseinheiten werden mit Strom geheizt. Nachtspeicheröfen sind inzwischen ja sogar ein Auslaufmodell. Ich habe flott beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft nachgehakt und auch dort bestätigt man: In Kälteperioden steigt die Stromnachfrage nicht besonders stark.
Anders natürlich die Situation in Frankreich. Frankreich ist ein Land der Stromheizungen, die AKW liefern schließlich dort wunderbar billigen Grundlaststrom, der dann in den Nachtspeicheröfen geparkt wird – so wie früher in Deutschland. Und jetzt kauft eben Frankreich bei uns Strom ein. Es ist ein europäischer Markt, wie es heute auch in der Financial Times Deutschland heißt:

„Auch die Stromexporte nach Frankreich sind eine Folge des kalten Winters. In Frankreich heizen große Teile der Bevölkerung mit Strom. Am Dienstag benötigten die Franzosen 100,5 Gigawatt Stromleistung. Das ist so viel wie nie zuvor und mehr als das Atomland selbst bereitstellen kann. Der Preis für kurzfristige Lieferungen schoss in Frankreich auf rund 360 Euro pro Megawattstunde hoch. Das Normalniveau liegt bei 50 Euro. Auch in Deutschland stieg der Börsenpreis, allerdings nur auf rund 76 Euro.“

Ein Knackpunkt ist natürlich die Gasnachfrage: Erdgas kommt im deutschen Wärmemarkt aktuell auf einen Anteil von 49 Prozent. Und klar gibt es regionale Engpässe, wenn – wie gestern – die EnBW einen Block vom Gaskraftwerk Karlsruhe wegen Lieferengpässen vom Netz nehmen muss. Aber auch hier betonen die Versorger: alles im Griff. Wie heißt es gestern bei dpa:

„Die Strom- und Gasversorgung in Deutschland ist trotz der anhaltenden Kältewelle gesichert. Stromnetzbetreiber, Gasversorger und die Bundesnetzagentur geben Entwarnung.“

Aber das klingt natürlich nicht so knackig wie: „Kältewelle – Strom in Deutschland wird knapp.“

 

UN-Umweltorganisation empfiehlt tatsächlich Tiefsee-Bohrungen

Ich muss gestehen: Ich ahnte nichts Böses. Die Pressemitteilung der Umweltschutzorganisation der Vereinten Nationen (Unep) klingt ja wirklich ganz passend für mein Blog: „Green Investments in the Marine Sector Can Bring a Tide of Economic and Social Benefits„, oder?

40 Prozent der Weltbevölkerung leben demnach maximal 100 Kilometer vom Meer entfernt. Die Ozeane bilden für sie, gerade in ärmeren Ländern und den kleinen Inselstaaten, die Lebensgrundlage.

Doch immer öfter ist diese in Gefahr. Jetzt geht es nicht nur um die Klassiker, um Überfischung und Übersäuerung der Weltmeere. Sondern auch um zerstörte Mangrovenwälder und Korallenriffe. Die Studie Green Economy in a Blue World will daher zeigen, wie sich beides verbinden lässt: Meeresschutz und grünes Wachstum.

„Oceans are a key pillar for many countries in their development and fight to tackle poverty, but the wide range of ecosystem services, including food security and climate regulation, provided by marine and coastal environments are today under unprecedented pressure“, said UN Under-Secretary-General and UNEP Executive Director Achim Steiner. „Stepping up green investments in marine and coastal resources and enhancing international co-operation in managing these trans-boundary ecosystems are essential if a transition to low-carbon, resource efficient Green Economy is to be realized.“

Sechs Wirtschaftssektoren schlagen die Autoren vor, um grünes Wachstum anzukurbeln, darunter ökologische Aquakulturen (naa, schon ein bisschen pikant), der Ausbau erneuerbarer Energien und grüner Tourismus an der Küste.

Stutzig machte mich allerdings der letzte Punkt: „Deep See Minerals“. Die Unep empfiehlt die Ausbeutung der Tiefsee, um gerade Entwicklungsländern die Chance zu geben, ihre Wachstumsziele zu erreichen. In der Pressemitteilung wird Peter Prokosch zitiert, der ehemalige WWF-Geschäftsführer in Deutschland und heutige Leiter der Umweltdatenbank des Unep:

„Mining of minerals in the deep-sea provides a unique opportunity for developing countries towards reaching their development goals. Operating in a largely unknown natural environment, it may put additional pressure on already stressed marine ecosystems. However, it can relieve some of the burdens of mining in the terrestrial environment. Careful and responsible planning of deep-sea minerals mining needs to apply the Precautionary Principle, and consider the other sectors and in particular future generations.“

Nun muss man dem UNEP bzw. Herrn Prokosch zugutehalten: Er warnt vor den Eingriffen in die Tiefsee und fordert ein Vorgehen nach einem umfassenden Vorsorgeprinzip. Trotzdem war ich heute Abend erst einmal baff. Was soll diese Forderung? Gibt es nicht in den anderen fünf Sektoren erst einmal ausreichend Entwicklungspotenzial? Eine solch unbekannte Region wie die Tiefsee sollte meiner Meinung nach erst einmal der Wissenschaft exklusiv vorbehalten sein. Erst einmal sollten wir doch Erkenntnisse gewinnen, was dort unten los ist, bevor wir das Terrain gleich zur Plünderung frei geben. Zumal die Folgen dieser Eingriffe ja vollkommen unbekannt sind. Und welche Konsequenzen missglückte Eingriffe haben, hat das BP/Deep Water Horizon-Unglück im Golf von Mexiko ausreichend gezeigt.

 

Effizienter Druckluftspeicher lässt auf sich warten

Ein Knackpunkt der Energiewende wird die Entwicklung von Stromspeichern sein – schließlich weht der Wind nicht immer und auch die Sonne verschwindet mal hinter einer Wolke. Vor einigen Jahren haben sich der Energieversorger RWE und General Electric (GE) daher zusammengetan. Sie wollen einen adiabaten Druckluftspeicher entwickeln, das Projekt Adele.

Druckluftspeicher ADELE, Copyright: RWE
Druckluftspeicher ADELE, Copyright: RWE

Die Idee ist einfach: Wenn es besonders hohe Windstrom-Überschüsse gibt, wird diese Energie dafür genutzt, unter Tage Luft in einen Speicher zu pressen. Einen solchen Speicher gibt es bereits jetzt, in Huntorf bei Oldenburg. Bei hoher Stromnachfrage kann diese Druckluft abgelassen werden, eine Turbine antreiben und so Strom produzieren. Der Clou: Die beim Verpressen anfallende Wärme wird zwischengespeichert und beim Ablassen der Druckluft genutzt, um diese wieder zu erwärmen. Dass die Wärme (wenn Luft verdichtet wird, erhitzt sie sich auf bis zu 600 Grad Celsius) im  Prozess verbleibt, erhöht den Wirkungsgrad enorm. Bisherige Speicher nutzten Gas, um die abgekühlte Druckluft zu erhitzen – das ist weitaus weniger effizient.

Zwar kann der Speicher auch nur kurzfristige Stromlücken überbrücken – er ersetzt für etwa fünf Stunden die Stromproduktion von etwa 40 großen Offshore-Windrädern (200 Megawatt). Aber immerhin.

Leider aber verzögert sich das Projekt. Wie Stephan Reimelt, Vorsitzender von GE Deutschland, jüngst mitteilte, werde weiter an Adele geforscht, von einer Realisierung sei man aber noch weit entfernt. Ursprünglich war geplant, schon in diesem Jahr mit den Bauarbeiten loszulegen. Ob es 2015 etwas werde? „Eventuell.“

Entscheidend sind die Kosten. Rund zehn Millionen Euro investieren die Projektbeteiligten RWE, GE, Züblin und das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum. Technisch sei das Projekt machbar. „Aber bislang rechnet es sich einfach nicht,“ so Reimelt. Gerade die hohen Temperaturen und Drücke verlangten anspruchsvolle Technologie und Komponenten.

Und so glaubt kaum einer in der Branche, dass sich Stromspeicher im derzeitigen System ohne staatliche Förderung rechnen. „Der Kosten-, Nutzen- und Ertragseffekt zwischen Einspeicherung und Ausspeicherung bedarf eines wirtschaftlichen Fördermodells“, teilt GE mit. So würden die Kosten für eine Pilotanlage transparent gemacht.

Mal schauen, wie es weitergeht und ob sich die Bundesregierung wirklich an eine weitere Förderung herantraut. Kaum zu glauben, wie viele Baustellen die Energiewende der Bundesregierung „eingebrockt“ hat. Wenn die Energiewende klappt, wird uns das Ausland applaudieren. Wenn es schief geht, steht Deutschlands guter Ruf auf dem Spiel.

 

Röttgen, Rösler und der nächste Zoff: Ökostrom

Egal, ob Energieeffizienz-Richtlinie, Kohlekraftwerke oder CCS: Kaum ein Thema, bei dem das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium aneinanderrasseln. Heute gibt es neuen Zoff, und zwar rund um das Erneuerbare-Energien-Gesetz. De facto stellt Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gleich ein paar Grundprinzipien des EEG in Frage, den Einspeisevorrang für Ökostrom und die Vergütung je Kilowattstunde Ökostrom. Der grüne Strom hat nämlich Vorfahrt im Netz und wird lukrativ vergütet – und das bringt das System so langsam durcheinander. Rösler hätte den Vorrang wohl am liebsten abgeschafft bzw. durch ein marktnäheres System ersetzt.

Bundesumweltminister Röttgen (CDU) betonte dagegen heute, dass er am derzeitigen EEG-Zuschnitt festhalte:

„Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat sich grundsätzlich bewährt und ist mit der Energiewende und den dazu gehörigen Beschlüssen noch einmal bekräftigt worden“, sagte Röttgens Sprecherin am Montag in Berlin.

Dass sich die beiden Ministerien beim Energiethema regelmäßig bekriegen ist ja nichts Neues, das lässt sich mit dem Ressortzuschnitt einfach nicht vermeiden. Allerdings wäre es wirklich hilfreich, wenn man vieles vielleicht erst einmal im direkten Dialog klärt. Die Energiewende ist eine der größten Herausforderungen für die Bundesregierung – nun gut: abgesehen vielleicht von der Schulden- und Eurokrise. Dass die politische Umsetzung nicht vorankommt, sorgt jeden Tag mehr für Verunsicherung bei den Unternehmen, welche die Energiewende doch am Ende stemmen müssen. Langfristig klare Förderbedingungen müssen her – oder eben klare Ansagen, wann eine Förderung ausläuft. Das permanente öffentliche Infragestellen bringt da herzlich wenig.