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Utz Claassen spornt Desertec an

Da hab ich gestaunt: Utz Claassen wird neuer Chef von Solar Millenium. Das Unternehmen aus Erlangen hat sich auf den Bau von solarthermischen Kraftwerken spezialisiert. Was macht der ehemalige Chef des süddeutschen Atomkonzerns Enbw plötzlich in der erneuerbaren Energien-Branche?

Je länger man drüber nachdenkt, desto logischer: Die Anlagen von Solar Millenium sind Großkraftwerke, allein die Anlagen, die Solar Millenium in den USA plant, haben eine Kapazität von 250 Megawatt, soviel wie ein kleines Kohlekraftwerk. Die Technik ist ähnlich, Dampfturbinen, Transformatoren, da kennt sich Claassen aus. Der Manager, der vor zwei Jahren Enbw verließ, wird sich bei seinem neuen Arbeitgeber vor allem auch um das Desertec- Projekt kümmern, zu dessen Initiatoren Solar Millenium gehört. Ein solche Projekt, das ja nicht nur auf Zustimmung stößt (SPD-Mann Hermann Scheer ist ein lautstarker Kritiker), reizt den konfliktfreudigen Claassen.

Einen komischen Beigeschmack hinterlässt die Personalie allerdings sicherlich bei Klima-und Umweltschutzorganisationen. Greenpeace etwa hatte Desertec mit auf den Weg gebracht – und nun kämpft ihr ehemaliger Gegner für ihre Interessen.

 

Ökos feiern im Luxushotel

Dass die Windenergie-Branche extrem erfolgreich Grüne Geschäfte betreibt, hat sie gestern abend in Berlin bewiesen: Sie ließ es im teuersten Hotel der Hauptstadt krachen, im feinen 5-Sterne Hotel de Rome am Bebelplatz. Dort feierte sie bei einem Galadinner ihre inzwischen in Deutschland installierten  25.000 Megawatt  Leistung. Sogar eine eigene Homepage und eine spektakuläre Bühnenshow mit Tänzerinnen und Jongleuren war das dem Bundesverband Windenergie wert. Keine Spur von Jeans und Birkenstocks, die Herren kamen gesittet in dunklen Sakkos, die (wenigen) Damen im Hosenanzug. Nur der Anteil von Männern mit Zopf war vielleicht auffällig hoch…

Der Meilenstein 25.000 Megawatt war  recht offensichtlich nur ein Feigenblatt: In erster Linie ging es den Windlobbyisten darum, in Kontakt mit der Politik abseits von drögen Fachgesprächen und Arbeitskreisen zu kommen. Denn unter Schwarz-Gelb sind plötzlich jede Menge neue Gesichter in den Bundestag eingezogen, die sich vorher nicht unbedingt als Energiepolitiker profiliert haben, etwa die vielen Abgeordneten der FDP wie der frisch gekürte, energiepolitische Sprecher Christian Lindner (gerade einmal 30 Jahre jung). Aber natürlich ließen sich auch die „alten Hasen“ die Party nicht entgehen, darunter Maria Flachsbarth (erneuerbare-Energien-Fachfrau der Union), Ulrich Kelber, Rolf Hempelmann und Dirk Becker von der SPD oder Hans-Josef Fell von den Grünen.

Recht versöhnliche Töne  schlug übrigens die neue parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium in ihrer Rede an, Ursula Heinen-Esser (CDU). Sie ließ sich angesichts der Diskussion rund um die Atomkraft als Brückentechnologie zu dem wunderbaren Satz hinreißen:

„Wir werden es absolut nicht zulassen, dass durch den Bau der Brücke die Zufahrt zu den Erneuerbaren Energien blockiert wird.“

Ob die Union Wort halten wird, kann sie gleich kommendes Jahr beweisen. Denn dann wird sicherlich das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinen Vergütungssätzen für Ökostrom erneut auf den Tisch kommen. Dann wird sich zeigen, ob sich die „Ökos“ weiterhin Luxushotels leisten können.

 

Erste Sonnenstrahlen

Na, wer sagt´s denn: Für die Solarbranche wird es im kommenden Jahr aller Voraussicht nach wieder besser laufen: Die Schweizer Bank Sarasin, spezialisiert auf nachhaltiges Investments, rechnet mit einem Branchenwachstum in Deutschland von 15 bis 20 Prozent. Solarzellen mit einer Kapazität von 2600 Megawatt sollen auf deutschen Dächern landen, schätzen die Solarexperten.

Weltweit könnte der Markt sogar um 45 Prozent wachsen.

„So erwarten wir für China ein jährliches Wachstum von 132% und sowohl Indien als auch die USA sollten mit je 100% dabei sein.“

Phoenix aus der Asche, denke ich da. Denn für dieses Jahr geht Sarasin noch von einem globalen „Wachstum“ von punktgenauen Null Prozent aus – vor allem, weil der wichtigste Markt Spanien so dramatisch eingebrochen ist. Aber jetzt haben die USA und andere Regierungen die Kassen aufgemacht und wollen mit Milliarden-Investitionen in erneuerbare Energien ihre Konjunkturen ankurbeln.

Klingt doch super, oder? Aber ob die deutschen Hersteller unbedingt davon profitieren, ist noch völlig offen. Sie haben Probleme, mit der Billig-Konkurrenz aus Asien, die auch qualitativ gar nicht mehr so schlecht ist, mitzuhalten. Auf deutschen Dächern landen immer öfter Zellen aus China.

Allerdings reagieren die Solarfirmen: Erst Anfang der Woche kündigte der deutsche Projektierer Phoenix Solar die Gründung einer US-Tochter an. Solarworld ist ebenfalls schon dort. Auch Bosch Solar setzt auf´s Auslandsgeschäft. Und Q-Cells aus Bitterfeld zieht´s nach Malaysia. Deutschlands Boom-Zeiten als Solarstandort sind wohl vorbei…