Wer sich durch die Tabellen der Public Disclosure Commission in Washington klickt, einer Transparenzplattform für Lobbygeld, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Welche Millionensummen für Lobbying ausgegeben werden! Bestes Beispiel ist die jüngste Volksabstimmung im Bundesstaat Washington. Die Einwohner sollen über die erste verpflichtende Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln in den USA entscheiden. Das fordert das Volksbegehren, die sogenannte Initiative 522. Bis zum 5. November läuft die Abstimmung.
Ein solches Genfood-Label wollen große Lebensmittel- und Agrarkonzerne verhindern. Laut PDG haben die Gegner inzwischen mehr als 21 Millionen Dollar investiert. Am stärksten engagiert sich der amerikanische Verband der Lebensmittelhersteller, die Grocery Manucaturers Association (GMA). Dem Spitzenverband der Lebensmittelindustrie gehören Firmen wie Coca-Cola, Nestle und Syngenta an. Die GMA investiert insgesamt fünf Millionen US-Dollar in TV-Spots, Anzeigen und Netzkampagnen, um die geplante Kennzeichnung zu verhindern. Ihre Befürchtung: Die Kennzeichnungspflicht stigmatisiert Genfood. Dabei würde Genfood zur Linderung der weltweiten Lebensmittelknappheit beitragen und dafür sorgen, dass die Lebensmittelpreise stabil bleiben.
Ähnlich argumentieren, kaum überraschend, auch die großen Konzerne in der Branche, die ebenfalls zu den Großspendern gehören: Der weltweit größte Agrartechnik-Konzern Monsanto hat bereits 4,5 Millionen Dollar gespendet. Der deutsche Bayer-Konzern ist mit seiner Sparte Cropscience mit knapp 600.000 Dollar dabei.
Natürlich sammeln auch die Unterstützer der Transparenz-Initiative Millionen ein, allerdings in sehr viel kleinerem Ausmaß, nämlich gerade einmal knapp sechs Millionen US-Dollar. Firmen wie die Biomarkt-Kette Wholefoods und der Bio-Seifenspezialist Dr. Bronners (nein, den kannte ich auch noch nicht) fordern die Kennzeichnung, um für mehr Transparenz zu sorgen.
Setzen sich die Befürworter des Labelings durch, wäre es die erste Genfood-Kennzeichnung in den USA. Die USA würden dann mit dem europäischen Standards gleichziehen – und auch mit dem entscheidenden Manko, dass etwa Milch, Fleisch und Käse nicht gekennzeichnet werden, wenn das Tierfutter gentechnisch verändert ist (und weil die Tiere größtenteils gentechnisch verändertes Soja essen, würden auf zahlreichen Produkte dann zukünftig ein „Enthält Gentechnik“-Stempel prangen).
Wie die Entscheidung Anfang November in Washington ausgeht, ist noch völlig offen. In Kalifornien, wo die Amis für gentechnikfreie und ökologisch produzierte Produkte recht aufgeschlossen ist, scheiterte die Abstimmung vergangenen Herbst.