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Studie: Ärmere Menschen glauben eher an „Grüne Geschäfte“

Das Geschäft von Edelman dreht sich eigentlich um Werbespots, Firmenauftritte und schicke Hochglanzfotos. Seit fünf Jahren gibt die amerikanische Kommunikationsagentur aber auch den Good Purpose-Report heraus, der analysiert, welche Rolle das soziale Engagement von Firmen für Kunden spielt.

Interessant ist das Ergebnis in diesem Jahr: Für Menschen in wirtschaftlich schnell wachsenden Staaten wie China, Indien und Brasilien spielt das soziale und ökologische Firmenengagement eine weitaus größere Rolle bei Kaufentscheidungen als für Amerikaner oder Europäer, also Menschen aus Industrienationen. Während nur etwa ein Drittel der Befragten aus den Industrienationen auf solche Themen achten, sind es in den Schwellenländern mehr als doppelt so viele. Dort engagieren sich die Menschen laut Studie auch stärker in lokalen Vereinen und spenden mehr Geld.

Global Deck: 2012 Edelman goodpurpose Study

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Warum ist das so? Das US-Magazin Good befragte die Studiemacher. Die fünf Hypothesen sind wirklich interessant. Unter anderem hänge demnach die Wertschätzung grüner Themen  auch mit der demografischen Zusammensetzung einer Gesellschaft zusammen. Ältere Menschen würden Investitionen in Bildung, Umweltschutz und andere Güter, die sich vielleicht erst langfristig rechnen, weniger wertschätzen (gewagte These, würde ich mal sagen, oder?).

Zudem mache der wirtschaftliche Abschwung in den Industrienationen die Menschen egoistischer, so die Studienmacherin Carol Cone, die Good zitiert:

„The two numbers that were down were volunteering and donating, and we absolutely correlate them to the recession,“ Cone says. “People are still concerned, rightly so, about either getting a job or staying in a job, they just have less time and they have less money to give.” While the United States remains one of the wealthiest economies in the world, compared to pre-recession life or the current growth rates in the emerging market economies, some American consumers feel like their opportunities are diminishing more than they are expanding.

Ganz interessant ist übrigens auch der Blick nach Deutschland, den ein extra Artikel behandelt. Danach engagieren sich immer mehr Deutsche in ihrer Freizeit für einen guten Zweck. Und sie erwarten das auch von Unternehmen. „Besserer Geschmack“ auf der Zahnpastatube reicht inzwischen nicht mehr aus als Werbung. Die Kunden würden immer stärker nachfragen, welchen sinnvollen Beitrag Unternehmen zur Gesellschaft leisten:

„When it comes to consumer expectations towards business, nearly nine out of ten Germans demand that corporations place at least equal weight on society´s interests as on business’ interests. But in contrast to that, only 15% of Germans believe that businesses are performing well in addressing societal issues. There is definitely a huge gap to close between consumer demands and companies` perceived performance.  Clearly, it is no longer sufficient for brands to just “wash well” or “taste better,” but brands today are facing the question: “What is my contribution to society?”“

 

 

Kernfusion: Die Geldvernichtungsmaschine Iter

Seit der Eurokrise können die Zahlen ja gar nicht mehr groß genug sein. Aber 16 Milliarden Euro sind immer noch eine unvorstellbar große Zahl. So viel Geld wollen die Europäische Union, Japan, die USA, China, Indien, Südkorea und Russland für eine Idee ausgeben: den Traum von der unerschöpflichen Energie, dem Sonnenfeuer auf Erden – für den Internationalen Thermonuklearen Experimentalreaktor (Iter) im südfranzösischen Cadarache.

Seit den 1950er Jahren wird an der Kernfusion geforscht. In unkontrollierter und überwältigend zerstörerischer Form hatten die Physiker das Problem schon bald im Griff. Die Wasserstoffbombe fusioniert während ihrer Explosion Wasserstoffatome zu Helium und setzt unerhört hohe Mengen Energie frei. Doch die „kontrollierte“ Fusion von Tritium und Deuterium, zwei verschieden konfigurierten Wasserstoffatomen, zu Helium ist bisher nur einmal für 15 Sekunden geglückt. Trotzdem sind die Wissenschaftler seit Jahrzehnten überaus optimistisch, dass die Atomfusion „in etwa 50 Jahren“ einen großen Beitrag zur weltweiten Energieversorgung leisten könnte. Das aktuelle Zieldatum liegt irgendwo jenseits von 2050.

Wenn die Atomspaltung, um mit Bertholt Brecht zu sprechen, so etwas ist wie ein Banküberfall ist, dann ist die Kernfusion mit der Gründung einer Bank gleichzusetzen. Kein Rückschlag hat die gläubige Fusionsgemeinde je irre machen können. Und selbst die unkontrollierte Kostenexplosion bei Iter hat bisher nicht zur Besinnung geführt.

Erst vor wenigen Tagen  hat das Europäische Parlament erneut mit 403 gegen 61 Stimmen beschlossen, die jüngsten Kostensteigerungen in Cadarache ungeachtet aller Sparappelle wieder einmal auszugleichen. Allein 2012 fließen deshalb weitere 650 Millionen Euro aus dem Etat der Europäischen Union in den Iter. Allein davon ließen sich mindestens zwei Offshore-Windparks vom Kaliber Alpha Ventus bauen, dem deutschen Experimental-Offshore-Windpark, bei dem die Kosten ebenfalls aus dem Ruder gelaufen waren. Alpha Ventus hat 250 Millionen Euro gekostet.

Helga Trüpel, haushaltspolitische Sprecherin der grünen Europafraktion, sagt:

„Wir halten zusätzliche 650 Millionen Euro für eine dramatische Fehlinvestition in eine atomare Risikotechnologie, die im Fusionsprozess radioaktives Tritium verwendet, und die wir daher grundsätzlich ablehnen.“

Die Bundesregierung dagegen hält weiter Fusionskurs. 2011 hat das Forschungsministerium 144 Millionen für die Fusionsforschung ausgegeben, 2012 werden es sogar 158 Millionen Euro sein. Das ist ein Fünftel der staatlichen Energieforschungsmittel. Für die weitere Erforschung der erneuerbaren Energien wird lediglich ein Zehntel der Mittel verwendet, obwohl davon im Gegensatz zur Fusion schon heute reale Beiträge zur Energieversorgung geleistet werden. Im Reaktor Wendelstein 7-X in Greifswald werden aktuell über das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik rund 500 Millionen Euro dafür ausgegeben, herauszufinden, ob ein Magnetfeld die Fusionsreaktion unter Kontrolle halten könnte.

Wenn der Experimentalreaktor Iter einmal fertig ist, wird allein die EU 7,5 Milliarden Euro in das Projekt investiert haben, 45 Prozent der Gesamtkosten. Alle anderen beteiligten Nationen tragen je neun Prozent der Kosten. Dass die Fusionsenergie tatsächlich einmal ein kontrolliertes Sonnenfeuer entfachen und „alle Energieprobleme“ lösen könnte, ist eher unwahrscheinlich. Warum die EU und die anderen Partner dennoch weiterhin unbeirrt ihre Haushalte plündern, dafür hat Helga Trüpel nur eine Erklärung:

„Weder der französische Weg (mit Atomenergie in die Zukunft) noch der deutsche Weg (ohne Atomenergie in die Zukunft) können einen europäischen Energiekonsens stiften, sodass einzig Iter für die Sehnsucht steht, in der diese gemeinsamen Fortschrittsvisionen der europäischen Industrienationen aus dem 20. Jahrhundert wie zur Selbstvergewisserung bewahrt und verdichtet werden.“

 

Versicherung von Offshore-Windparks: Riskant, aber einträglich

Offshore-Windpark alpha ventus. Copyright: Matthias Ibeler/alpha ventus
Offshore-Windpark alpha ventus. Copyright: Matthias Ibeler/alpha ventus

Für die Allianz lohnt sich die Energiewende, schaut man sich die aktuellen Zahlen an. Das Unternehmen ist ja sowohl als Investor aktiv als auch Versicherer. Gerade eben gab der Münchner Versicherungskonzern bekannt, im vergangenen Jahr seine Investionen in alternative Energien um 25 Prozent gesteigert zu haben. Inzwischen hält er in Europa Anteile an 34 Windparks und sieben Solarparks (ingesamt rund 720 Megawatt Kapazität). Rund 1,3 Milliarden Euro hat das Unternehmen bislang in Ökostrom gesteckt.

Spannender sind allerdings die aktuellen Zahlen aus dem Offshore-Segment der Allianz. Denn hier tritt das Unternehmen vor allem als Versicherer auf. Es ist ein einträgliches, aber auch riskantes Geschäft mit den Windrädern auf hoher See, glaubt man Robert Maurer von der Allianz Global Corporate and Specialty. Ein deutscher Offshore-Windpark mit einer Kapazität von rund 400 Megawatt koste rund 1,7 Milliarden Euro. Für die Versicherung müsse man ein bis zwei Prozent einplanen (mehr als doppelt so viel wie für ein konventionelles Kraftwerk an Land). Das macht also 34 Millionen Euro, wohlgemerkt nur für die Versicherung. Sachschäden, etwa am Seekabel, die rund 30 bis 40 Millionen Euro kosten,  hält Maurer für überschaubar. Ans Eingemachte ginge es, wenn der Windpark keinen Strom mehr produziere, sagt er im Interview:

„Der Sachschaden wäre mit 40 bis 50 Millionen vielleicht noch überschaubar, das hängt natürlich von der Art des Unfalls ab. Aber das große Problem wäre die Unterbrechung der Stromverbindung und die damit verbundenen finanziellen Verluste. Einen Schaden am Transformator zu beheben, kann ein bis zwei Jahre dauern. Es gibt dort ja die Lieferengpässe und man kann die Anlagen nur in einem sehr kleinen Zeitfenster im Jahr auf hoher See installieren. Wenn der Windpark ein Jahr lang keinen Strom produzieren kann, liegt der Ausfallschaden schnell bei rund 300 Millionen Euro.“

Kaum überraschend, dass bei solchen Summen und der fehlenden Erfahrung keine Versicherung alleine das Risiko für einen Windpark tragen mag, den man erst nach einer sechstündigen Schiffsreise erreichen kann. Bis zu zehn Versicherer schließen sich daher für einen Windpark zusammen, um die Risiken zu streuen. In Deutschland gehen vor allem die Allianz, der HDI und Axa offshore.

Allerdings überwiegen dabei wohl zurzeit eher die mulmigen Gefühle. Der Ausbau der Windparks kommt nur ziemlich zäh voran, denn an allen Stellen kommt es zu Verzögerungen, egal, ob beim Netzanschluss oder dem Bau der millionenschweren Umrichterstationen. Lieferzeiten von mehr als einem Jahr sind bei letzterem gerade keine Seltenheit. Die beiden zuständigen Minister, Norbert Röttgen (Umwelt) und Philipp Rösler (Wirtschaft) haben daher vergangene Woche angekündigt, bis zu Sommerpause ein Gesetz zur Beschleunigung des Offshore-Ausbaus vorzulegen. Mal schauen, ob zumindest die beiden Herren den Zeitplan einhalten. Denn die Branche kann gerade viel gebrauchen, nur keine weiteren Verzögerungen.

 

 

 

 

Ach Vattenfall, bitte nicht schon wieder!

„Das entspricht nicht der Kommunikationskultur, die wir uns vorstellen.“ Oh je, Vattenfall. Der Rüffel des für Atomaufsicht zuständigen Ministers Emil Schmalfuß hat gesessen. Gestern ging Schmalfuß an die Presse, um über verrostete Atommüll-Fässer im AKW Brunsbüttel die Öffentlichkeit zu informieren. Bereits im Dezember hatte Vattenfall ein Fass entdeckt, das – nachdem radioaktiver Staub herausgesaugt wurde – nur noch ein rostiges Gerippe war. Zwar bestehe keine Gefahr, dass Radioaktivität freigesetzt wurde, das betonen sowohl die Atomaufsicht als auch Vattenfall. Aber Vattenfall hat es verpatzt, früh genug der Aufsicht Bescheid zu geben. Einen Monat ließ man sich Zeit.

Wieder einmal, kann man nur sagen. Der Vorfall lässt Erinnerungen an das Pleiten-Pech-Pannen-Jahr 20097 hochkommen. Damals hatte Vattenfall mit einem Transformatorbrand im AKW Krümmel zu kämpfen. Und im AKW Brunsbüttel mussten in einer riesigen Aktion zahlreiche Dübel ausgetauscht werden. Damals gelobte Vattenfall mit großen Worten Besserung. Eine Transparenzinitiative wurde aufgelegt, jedes meldepflichtige Ereignis sollte nicht nur (selbstverständlich) der Behörde mitgeteilt, sondern auch auf der Homepage sofort veröffentlicht werden.

Die Transparenzinitiative habe ich heute auf der Homepage zumindest nicht mehr gefunden (ich lasse mich gerne eines besseren belehren). Ja, der aktuelle Vorfall in Brunsbüttel fuchse Vattenfall schon, sagt ein Sprecher. Verständlich. Denn der schwedische Konzern muss sich an seinen eigenen Maßstäben messen lassen (unser Exbundespräsident lässt grüßen): Was sind Beteuerungen wert, wenn sie – im Ernstfall – nicht realisiert werden?

Offenbar scheint es innerhalb des Unternehmens eine Kultur zu geben, solche Vorfälle nicht so dramatisch zu sehen. Es ist ein naives Denken. Nur weil es einen beschlossenen Atomausstieg in Deutschland gibt und die Meiler nicht mehr am Netz sind, heißt das doch nicht, dass der Öffentlichkeit egal ist, was in den AKW passiert und wie dort mit strahlendem Material umgegangen wird.

Die Aufsichtsbehörde – und nicht Vattenfall – hat übrigens Fotos der Kavernenfässer veröffentlicht. Man sieht gelbe, rostende Fässer. Für Vattenfall auf jeden Fall ein „größter anzunehmender Unfall“ für die Kommunikation: Welcher AKW-Betreiber mag schon direkt mit dem Atommülllager Asse in Verbindung gebracht werden?

 

 

Schifffahrt soll noch mehr ergrünen

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments mag es ja gerne provokant. Diesmal hat er sich die Schifffahrt vorgenommen. Konkret geht es um den Schwefelanteil im Schiffsdiesel. Der Umweltausschuss fordert, dass die zähe Pampe in EU-Gewässern schon ab 2015 nur noch 0,5 Prozent Schwefel enthalten dürfen soll.

Seit Jahren rangeln Politik, Reeder und Umweltschützer ja um den Schwefelanteil. Der liegt nämlich weltweit zurzeit bei 3,5 Prozent und soll erst im Jahr 2020 laut Internationaler Maritimer Organisation auf 0,5 Prozent gesunken sein. Eine Sonderrolle spielen Nord- und Ostsee. Hier gelten schon heute 0,5 Prozent – und die hätte der Umweltausschuss nun gerne in allen EU-Gewässern, also auch im Mittelmeer. Die 3,5 Prozent entsprechen übrigens 35.000 ppm (parts per million – Millionstel Anteil). Zum Vergleich: Für Pkw-Kraftstoffe gilt in Deutschland ein Grenzwert von 10 ppm.

Doch während die Autos immer sauberer werden, tut sich die Schifffahrt schwerer. Schweröl als Sprit, mit hohem Dieselanteil, ist eben ein günstiges Abfallprodukt in den Raffinerien. Das Problem ist nur, dass der Schwefel im Diesel unter anderem sauren Regen verursacht. Hafenstädte wie Hamburg, Travemünde und Los Angeles können da eine lange Geschichte erzählen.

Die deutschen Schiffsbesitzer finden auf jeden Fall das Vorpreschen des Umweltausschusses gar nicht lustig – aus ihrer Sicht ist der Umweltausschuss wohl so etwas wie die berühmte „loose cannon“. Denn wenn die EU mit den Regeln vorprescht, hätte das natürlich Folgen für den gesamten internationalen Schiffsverkehr. Was ist mit Schiffen, die von Asien kommen und durch den Suezkanal ins Mittelmeer fahren? Werden die dann einen zweiten Dieseltank anzapfen und den umweltfreundlicheren Diesel verbrennen? Die Reeder fürchten, dass Verkehr von See auf Land umgelagert wird, weil das unterm Strich günstiger wäre.

Doch de facto schlagen die EU-Parlamentarier ja nur einen ehrgeizigeren Zeitplan vor. Das Problem, sich auf mehr Umweltschutz einzustellen, wird die Schifffahrt so oder so haben.

 

Ein paar Zahlen zur Kältewelle und zum Strombedarf

Das klingt ja dramatisch, was Spiegel Online heute Vormittag als Aufmacher vermeldet. „Kältewelle: Strom in Deutschland wird knapp.“ Die Netzbetreiber würden Reservekapazitäten im Ausland anknapsen, so schlimm sei schon die Situation.

Die Netzengpässe gibt es sicherlich, keine Frage. Aber der Zusammenhang „Kältewelle – Strommangel“ stimmt einfach so nicht – zumindest hat diese Meldung einen falschen Tenor und bringt die Energiewende in Verruf.

Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW
Beheizungsstruktur im Wohnbestand, Quelle: BDEW

In Deutschland spielt Strom beim Heizen kaum eine Rolle (siehe Grafik), gerade einmal sechs Prozent aller Wohnungseinheiten werden mit Strom geheizt. Nachtspeicheröfen sind inzwischen ja sogar ein Auslaufmodell. Ich habe flott beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft nachgehakt und auch dort bestätigt man: In Kälteperioden steigt die Stromnachfrage nicht besonders stark.
Anders natürlich die Situation in Frankreich. Frankreich ist ein Land der Stromheizungen, die AKW liefern schließlich dort wunderbar billigen Grundlaststrom, der dann in den Nachtspeicheröfen geparkt wird – so wie früher in Deutschland. Und jetzt kauft eben Frankreich bei uns Strom ein. Es ist ein europäischer Markt, wie es heute auch in der Financial Times Deutschland heißt:

„Auch die Stromexporte nach Frankreich sind eine Folge des kalten Winters. In Frankreich heizen große Teile der Bevölkerung mit Strom. Am Dienstag benötigten die Franzosen 100,5 Gigawatt Stromleistung. Das ist so viel wie nie zuvor und mehr als das Atomland selbst bereitstellen kann. Der Preis für kurzfristige Lieferungen schoss in Frankreich auf rund 360 Euro pro Megawattstunde hoch. Das Normalniveau liegt bei 50 Euro. Auch in Deutschland stieg der Börsenpreis, allerdings nur auf rund 76 Euro.“

Ein Knackpunkt ist natürlich die Gasnachfrage: Erdgas kommt im deutschen Wärmemarkt aktuell auf einen Anteil von 49 Prozent. Und klar gibt es regionale Engpässe, wenn – wie gestern – die EnBW einen Block vom Gaskraftwerk Karlsruhe wegen Lieferengpässen vom Netz nehmen muss. Aber auch hier betonen die Versorger: alles im Griff. Wie heißt es gestern bei dpa:

„Die Strom- und Gasversorgung in Deutschland ist trotz der anhaltenden Kältewelle gesichert. Stromnetzbetreiber, Gasversorger und die Bundesnetzagentur geben Entwarnung.“

Aber das klingt natürlich nicht so knackig wie: „Kältewelle – Strom in Deutschland wird knapp.“

 

Bayer und die Kinderarbeit

Zum Wochenende ein Lesetipp in der heutigen Financial Times Deutschland: „Der Feldversuch“ von Jarka Kubsova (leider kann ich ihn mobil nicht verlinken, ich freu mich, wenn ein Leser das in den Kommentaren machen koennte, Danke!)
Bayer Cropscience wurde 2004 wegen Kinderarbeit auf den indischen Baumwollplantagen angefeindet.
„Was tut ein Konzern, in dem Kinderarbeit auffliegt? Aussitzen? Vertuschen? Die Ausbeuterbude schliessen? Der Chemieriese waehlt den muehsameren Weg: Er behebt das Problem. Selbst Erzfeinde sind ueberzeugt.“

Und ja: Selbst die Bayer- kritische NGO „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ lobt das Projekt.

 

Oettinger will kein Atompapst sein – lieber schon ein Ökopapst

Ein Bericht der Süddeutschen Zeitung sorgt heute für Aufregung in der deutschen Ökobranche. Demnach ignoriere Brüssel – konkret: EU-Energiekommissar Günther Oettinger – den deutschen Atomausstieg und befürworte den Bau neuer Atomkraftwerke. Gleich von 40 neuen Meilern  bis 2030 ist die Rede. Und selbst ein „Atom-EEG“, also eine Umlagefinanzierung zum Ausbau der Atomkraft, werde diskutiert.

Diesem Eindruck widerspricht nun Oettinger vehement. Wie er heute morgen Financial Times Deutschland Online erklärte, sei die Kommission technologieneutral und setze sich nicht für den Ausbau der Atomkraft ein. „Wir halten weder an der Atomkraft fest, noch befürworten wir den Neubau von Atomkraftwerken“, sagte er  FTD.de. Die Erneuerbaren müssten die wichtigste Säule im Energiemix 2050 sein.

Die EU-Kommission will kommende Woche ihre Roadmap 2050 für den Bereich Energiepolitik vorstellen. Darin präsentiert sie Szenarien, wie der Energiemix im Jahr 2050 aussehen könnte. Von einem ambitionierten Ökostrom-Szenario über CCS und Atomkraft wird alles einmal durchgerechnet. 40 Atomkraftwerke tauchen aber laut Kennern nicht in dem Bericht auf.

Und selbst wenn: Es würde keine große Rolle spielen. Denn Brüssel kann natürlich die Nationalstaaten nicht zum Ausbau der Atomkraft zwingen (genauso wenig wie Brüssel sie zum Atomausstieg auffordern kann). Energiepolitik liegt immer noch in der Hand der Nationalstaaten. Sicher, diese müssen die EU-Ziele erreichen (eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2050 um mehr als 80 Prozent). Wie sie dies aber machen, das entscheiden die Mitgliedsstaaten selbst.

 

Steuerschlupflöcher für internationale Rohstoffkonzerne stopfen

Das Global Policy Forum Europe (GPF) aus Bonn hat zusammen mit Brot für die Welt und Misereor eine interessante Studie über die Rohstoffindustrie veröffentlicht. Auf den ersten Blick ist es harte Kost, denn es geht um Bilanzierungen, Rechnungslegungen und Preismanipulation. Der Vorwurf: Jährlich entgehen den Ländern des Südens Milliarden an Steuereinnahmen, weil Unternehmen, die weltweit aktiv sind, es schaffen, ihre Gewinne so geschickt zu verbuchen und zu verrechnen, dass sie am Ende kaum Steuern in dem Land zahlen, wo sie fördern. Sie müssen ihre Umsätze, Steuerzahlungen und Gewinne nicht nach einzelnen Ländern und Projekten aufschlüsseln.

„All diese Tricks der Gewinnverlagerung und „Steueroptimierung“ sind nur möglich, weil weiterhin gravierende Regulierungslücken und mangelhafte Transparenzanforderungen gegenüber transnationalen Unternehmen bestehen. Die Gründe dafür sind keineswegs nur „hausgemacht“. Die Regierungen der führenden Industrieländer tragen erhebliche Mitverantwortung, weil sie eine effektive Regulierung und Kontrolle des internationalen Finanzsystems und die Bekämpfung der Schattenfinanzzentren jahrelang versäumt oder durch eine Politik der Deregulierung sogar aktiv verhindert haben. Einheitliche länderbezogene Offenlegungspflichten für Unternehmen wären ein wichtiger Schritt, um das Defizit an Transparenz und Regulierung zu überwinden.“

Nach Schätzungen der US-Organisation Global Financial Integrity entgingen Entwicklungsländern zwischen 98 und 106 Milliarden US-Dollar jährlich (Zeitraum 2002 bis 2006) an Steuereinnahmen, weil Unternehmen Handelspreise manipulierten:

„Indem Firmen Preise für importierte Güter zu hoch und für exportierte Güter zu niedrig ansetzen, können sie unter Umgehung staatlicher Kontrollen Gelder aus einem Land transferieren.
Im- und Exporteure nutzen dabei verschiedene Methoden:
»    Es werden falsche Angaben über die Qualität oder Güte eines Produktes gemacht. Zum Beispiel wird ein hochwertiger Diamant zum Preis eines Industriediamanten verkauft, oder der Eisengehalt von Erz wird zu niedrig angesetzt.
»    Es werden falsche Angaben über die Menge eines Gutes gemacht. Zum Beispiel wird eine Lieferung von 100.000 Hemden als eine von nur 80.000 verbucht.“

Die USA verschärfen inzwischen die Standards. Der Dodd-Frank-Act sieht inzwischen vor, dass Unternehmen an die Börsenaufsicht SEC melden müssen, wie viel sie Regierungen für den Zugang zu Bodenschätzen, Erdöl und Erdgas gezahlt haben, und zwar auf Länder- und Projektbasis. Für Unternehmen wie die Erölkonzerne PetroBas (Brasilien), Sinpoc (China), BP (UK) oder Shell (Niederlande/UK) sicherlich kein Spaß. Mit Hilfe von Lobbyisten würden bereits die ersten Rohstoffkonzerne in Washington sich gegen die Umsetzungsdetails wehren und für Ausnahmeregelungen kämpfen, so das GPF.

In Europa kommt das Thema nun auch auf. Erst vergangene Woche hat die EU einen Entwurf für mehr Transparenz vorgestellt. Jetzt wird es spannend, was aus ihm wird: Wird die Branche ihn verwässern oder wird es tatsächlich strengere Veröffentlichungsvorgaben geben.

 

 

Cleantech-Auszeichung für deutsche Firmen

Der britische Guardian hat heute die 100 innovativsten Cleantech-Firmen weltweit vorgestellt. Und tatataa: Sogar fünf deutsche Firmen haben es auf die Liste geschafft. Dazu zählen:

EnOcean  (batterielose Funktechnik)

O-Flexx Technologies (thermoelektrische Generatoren)

Heliatek (organische Solarzelle)

Soltecture (Ex-Sulfurcell, CIS-Solarmodule)

Compact Power Motors (Entwicklung von Elektromotoren)

Auch wenn ich mich für die Unternehmen freue, überrascht war ich doch. Nur fünf Prozent? Dafür, dass uns doch laufend von Wirtschafts- und Regierungsseite erzählt wird, wie innovativ deutsche Firmen seien, fand ich die Ausbeute doch gering. Die meisten Unternehmen stammen zurzeit aus den USA. Gerade aus einem Land, was zurzeit, salopp gesagt, auf Klimaschutz pfeifft. Verkehrte Welt!