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Zäh, zäh, zäh: Deutschland und das Energiesparen

Nun gut, es ist nicht das erste Mal, dass Wort und Tat bei dieser Bundesregierung auseinanderklappen. Aber diesmal ist es doch wirklich eklatant. Da hat sich Bundeskanzlerin Merkel 2007 richtig ins Zeug geschmissen für eine ambitionierte Klimapolitik der EU und damals die berühmten 20 Prozent-Ziele eingetütet: 20 Prozent Anteil Erneuerbare Energien in 2020, eine Reduktion der Treibhausgase um 20 Prozent und eine Steigerung der Energieeffizienz um 20 Prozent.

Und wo stehen wir heute? Für den Ökostrom-Anteil und die CO2-Reduktion gibt es in der EU verbindliche Vorgaben. Nur beim Energiesparen fehlt es bislang an verbindlichen Regeln. Das will die EU-Kommission nun mit ihrem Vorschlag zur Energieeffizienz-Richtlinie ändern.

Und wer blockiert? Deutschland. Wobei – blockieren ist wohl viel zu aktiv ausgedrückt: Die deutsche Bundesregierung hat offenbar noch nicht einmal eine Position, mit der sie in Brüssel auftritt. Und das macht es für alle Beteiligten nicht gerade einfach, sich bis zum Sommer auf einen Vorschlag zu einigen.

Umstritten ist immer noch der berühmte Artikel 6, der vorsieht, das Unternehmen jedes Jahr 1,5 Prozent ihres Energieabsatzes im Vergleich zum Vorjahr einsparen müssen. Einen Markt für´s Energiesparen will Brüssel so schaffen.

Und hat gute Argumente für sich: Mit jedem Euro, der in neue Fenster und eine bessere Heizung investiert werde, würden am Ende neun Euro Kosten für Energie eingespart. Von 400.000 neuen Arbeitsplätzen geht die EU-Kommission aus.

Kommende Woche treffen sich die europäischen Energieminister in Brüssel zu dem Thema. Mit welchen Alternativvorschlägen Deutschland dort auftritt, ist noch völlig unklar, seit Monaten, ach: Jahren, rangeln ja Bundeswirtschaftsministerium und Bundesumweltministerium bei dem Thema miteinander.

Es ist ein gefährliches Spiel, was die Bundesregierung da veranstaltet. Irgendwie scheint es fast Parallelen zu Deutschlands jüngstem Auftreten im Griechenland-Poker zu geben. Schwarz-Gelb lähmt gerade einen Markt mit Milliardeninvestitionen und sorgt für Verunsicherung. Warum bloß?

PS: Noch ein paar Beispiele der Energieexperten von RAP, was in anderen Ländern passiert ist, die Energieeffizienz-Vorgaben gemacht haben. Allein in Frankreich wurden zwischen 2006 und 2009  jedes Jahr rund 950.000 Dächer gedämmt. Und die Briten haben zwischen 2005 und 2008 jedes Jahr rund 1,25 Millionen effizientere Kühlgeräte angeschafft.

 

Klimaschutz: Schwarz-Gelb streicht CO2-Kompensation für Dienstreisen

Seit diesem Jahr nun ist es offiziell: Eine Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz hält die Bundesregierung offenbar für nicht mehr notwendig. In 2012 stellt Schwarz-Gelb keine Mittel mehr für die „Maßnahmen zur Klimaneutralisierung von Dienstreisen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages“ zur Verfügung.  Das hatte der Haushaltsausschuss der Bundesregierung im vergangenen Herbst beschlossen. Im vergangenen Jahr standen bereits nur noch 2,15 Millionen Euro zur Verfügung, das war schon eine Halbierung.

Ein Haushaltsausschuss-Mitglied betont, dass das Verfahren sehr verwaltungsaufwändig gewesen sei, die Auswahl der Projekte „nach nicht immer durchsichtigen Kriterien“ erfolgt sei und dass die Kompensation keine Lenkungsfunktion gehabt habe.

Das klang vor einigen Jahren noch ganz anders. Unter Schwarz-Rot wurde das Programm sogar noch ausgeweitet:

„Die Bundesregierung hat beschlossen, die Treibhausgasemissionen im eigenen Geschäftsbereich im Zeitraum von 2008 bis 2012 um 30 % im Vergleich zum Basisjahr 1990 zu reduzieren. In diesem Zusammenhang hat das Bundeskabinett am 28. Februar 2007 auf Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel beschlossen, die Dienstreisen der Mitglieder und Beschäftigten der Bundesregierung „klimaneutral“ zu stellen. Das bedeutet, dass die bei unvermeidbaren Dienstflügen und Dienstfahrten mit dem Pkw produzierten Treibhausgase an anderer Stelle eingespart werden, indem in Klimaschutzprojekte investiert wird.“

Damit ist nun also Schluss. Einen Rüffel gab es dafür bereits vom Umweltbundesamt:

Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist das vorzeitige Ende der Kompensation der Dienstreisen der Bundesregierung bedauerlich. Wir halten die freiwillige Kompensation von Treibhausgasemissionen – richtig eingesetzt – für ein sinnvolles Instrument des Klimaschutzes. Eine Vorbildwirkung der Bundesregierung könnte hier ein wichtiges klimapolitisches Zeichen setzen.“

Nun ist die Frage: Was hat das Programm tatsächlich gebracht? Das lässt sich tatsächlich nur schwer recherchieren. Die Deutsche Emissionshandelsstelle teilt mit, dass das Kompensationsvolumen jährlich bei 168.421 Tonnen CO2 für die Jahre 2007 bis 2009 betrug. Wenig aussagekräftig.

Am sinnvollsten wäre es natürlich, wenn die Emissionen erst gar nicht entstehen, wenn die Ministerien also etwa ihre Mitarbeiter anhalten: „Fahrt Bahn, innerdeutsche Flüge sind tabu.“

Das ist in der Praxis allerdings kaum umzusetzen. Was also tun? Ich würde sagen: Na, dann eben kompensieren, und zwar nach den höchsten Standards, die es dafür auf dem Markt gibt.

Oder was meinen Sie, liebe Leser? Wo sind die Grenzen der Kompensation? Ganz spannend in diesem Zusammenhang ist ja, dass Atmosfair – also einer der führenden Anbieter von Kompensationsprojekten – aktuell in einem taz-Interview auch von den Grenzen der Kompensation spricht:

„taz: Alle Welt gibt sich heutzutage klimaneutral: Der Vatikanstaat, die Leuphana Universität Lüneburg, der Reiseveranstalter Studiosus, die Stadtwerke Soest. Verkommt die Kompensation zum reinen PR-Instrument?

Dietrich Brockhagen/Atmosfair: Es geht leider in diese Richtung. Ich mache dies vor allem an den Produkten fest, die kompensiert werden. Wir arbeiten zurzeit an einer Studie zu den Grenzen von Kompensation.“

 

Bayer und die Kinderarbeit

Zum Wochenende ein Lesetipp in der heutigen Financial Times Deutschland: „Der Feldversuch“ von Jarka Kubsova (leider kann ich ihn mobil nicht verlinken, ich freu mich, wenn ein Leser das in den Kommentaren machen koennte, Danke!)
Bayer Cropscience wurde 2004 wegen Kinderarbeit auf den indischen Baumwollplantagen angefeindet.
„Was tut ein Konzern, in dem Kinderarbeit auffliegt? Aussitzen? Vertuschen? Die Ausbeuterbude schliessen? Der Chemieriese waehlt den muehsameren Weg: Er behebt das Problem. Selbst Erzfeinde sind ueberzeugt.“

Und ja: Selbst die Bayer- kritische NGO „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ lobt das Projekt.

 

Fracking in zwei Jahren ohne Gift – na, mal schauen…

Der Vorstandsvorsitzende von ExxonMobil Central Europe, Gernot Kalkoffen, hat am Dienstag der Neuen Osnabrücker Zeitung ein bemerkenswertes Interview gegeben. Dabei geht es um das die Förderung von Schiefergas per Fracking. Fracking ist ja eine umstrittenen Fördermethode, bei der unter hohem Druck Wasser, Sand und Chemikalien ins Erdreich gepresst werden, um Erdgas zu fördern. Gerade in Niedersachsen und NRW wird dieses Verfahren unter heftigen Bürgerprotesten angewandt. Die Menschen vor Ort fürchten vor allem um ihr sauberes Trinkwasser.

Kalkoffen sagt nun in dem Interview Folgendes:

„Wir haben in den letzten zwei Jahren trotzdem die giftigen Komponenten, die wir gegebenenfalls einsetzen, von sieben auf vier reduziert. Unser Ziel ist, in spätestens zwei Jahren auf alle giftigen Chemikalien zu verzichten. Dafür prüfen wir zum Beispiel den Einsatz von UV-Licht. Schon jetzt versuchen wir, die einzelnen Mengen so gering wie möglich zu halten.

Erstaunlich, dass gerade ein Vorstand so frei von „giftigen Chemikalien“ spricht, die da im Einsatz sind, oder? Die Grünen sind natürlich prompt darauf eingestiegen und fordern entsprechend ein zweijähriges Fracking-Moratorium für Deutschland, bis eine giftfreie Förderung möglich sei. Das wird Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der ja für die (un)konventionellen Energien zuständig ist,  sicherlich begeistern: noch ein wunderbares Konfliktthema mit seinem Kabinettskollegen, Bundesumweltminister Norbert Röttgen.

Einmal ganz davon abgesehen, wie viele Bürgerinitiativen sich inzwischen in Deutschland gegen Fracking aussprechen: Auch international sorgt das Thema bei Umweltschützern für Proteste. In den USA machte ja 2010 der für den Oskar nominierte Film Gasland das Thema publik. Filmemacher Josh Fox zeigt darin die Umweltfolgen des Fracking-Hypes in den USA. Höhepunkt ist die Szene, in der ein Mann seinen Wasserhahn in der Küche aufdreht, ein Feuerzeug daran hält und eine riesige Flamme sich entzündet.

Die jüngsten Entwicklungen in den USA zeigen, wie viel Konfliktpotenzial in dem Thema Fracking noch steckt. Am Mittwoch wurde Filmregisseur Fox  verhaftet, als er im Kongress eine Anhörung  filmen wollte. Dort präsentierte die Umweltbehörde EPA den Entwurf eines Reports, der ausführlich die Gefahren des Fracking für das Trinkwasser analysiert.

Mal schauen, wie es in Deutschland weitergeht. Was aus der Ankündigung von Herrn Kalkoffen wird – ich lege mir das einmal auf Wiedervorlage in 2014. Auf jeden Fall bedarf es, wie schon bei der Energiewende, einer besseren Beteiligung und Aufklärung der Bürger. Das stellt sogar eine Studie fest, welche die  EU-Kommission vergangenen Freitag in  Brüssel präsentierte:

„An important aspect is public participation, since the exploration of shale gas raises significant concerns, especially in the field of environment. Our main finding is that public participation is rather limited.“ (S. 98, Final Report on Unconventional Gas in Europe)

 

Neuer UN-Report: Die Erde am Anschlag

Globale Nachhaltigkeit – und schwupps: Wieder haben ein paar Leser weggeklickt. Ich ahne, Nachhaltigkeit wird wohl bald das Unwort des Jahres. Trotzdem enthält der Nachhaltigkeitsreport, den heute eine UN-Kommission zur „Globalen Nachhaltigkeit“ vorlegte, einige ganz interessante Schätzungen:

As the global population grows from 7 billion to almost 9 billion by 2040, and the number of middle-class consumers increases by 3 billion over the next 20 years, the demand for resources will rise exponentially.

By 2030, the world will need at least 50 per cent more food, 45 per cent more energy and 30 per cent more water — all at a time when environmental boundaries are throwing up new limits to supply.

Mehr als ein Jahr hat eine 22-köpfige Kommission, darunter Minister und vor allem Ex-Minister, viele sinnvolle Forderungen zusammengetragen, unter anderem, dass Güterpreise auch soziale und ökologische Folgekosten widerspiegeln sollen. Oder dass wir mehr Geld zur Armutsbekämpfung benötigen (nun gut, das lässt sich auch hinterfragen). Oder dass Frauen das Sagen über Ressourcen und Bildung haben sollten.

Das liest sich alles wunderbar. Aber ich befürchte, große Folgen werden diese großen Worte kaum haben. Viel zu vage, viel zu unkonkret. Und vor allem ohne konkreten Zeitplan.

 

UN-Umweltorganisation empfiehlt tatsächlich Tiefsee-Bohrungen

Ich muss gestehen: Ich ahnte nichts Böses. Die Pressemitteilung der Umweltschutzorganisation der Vereinten Nationen (Unep) klingt ja wirklich ganz passend für mein Blog: „Green Investments in the Marine Sector Can Bring a Tide of Economic and Social Benefits„, oder?

40 Prozent der Weltbevölkerung leben demnach maximal 100 Kilometer vom Meer entfernt. Die Ozeane bilden für sie, gerade in ärmeren Ländern und den kleinen Inselstaaten, die Lebensgrundlage.

Doch immer öfter ist diese in Gefahr. Jetzt geht es nicht nur um die Klassiker, um Überfischung und Übersäuerung der Weltmeere. Sondern auch um zerstörte Mangrovenwälder und Korallenriffe. Die Studie Green Economy in a Blue World will daher zeigen, wie sich beides verbinden lässt: Meeresschutz und grünes Wachstum.

„Oceans are a key pillar for many countries in their development and fight to tackle poverty, but the wide range of ecosystem services, including food security and climate regulation, provided by marine and coastal environments are today under unprecedented pressure“, said UN Under-Secretary-General and UNEP Executive Director Achim Steiner. „Stepping up green investments in marine and coastal resources and enhancing international co-operation in managing these trans-boundary ecosystems are essential if a transition to low-carbon, resource efficient Green Economy is to be realized.“

Sechs Wirtschaftssektoren schlagen die Autoren vor, um grünes Wachstum anzukurbeln, darunter ökologische Aquakulturen (naa, schon ein bisschen pikant), der Ausbau erneuerbarer Energien und grüner Tourismus an der Küste.

Stutzig machte mich allerdings der letzte Punkt: „Deep See Minerals“. Die Unep empfiehlt die Ausbeutung der Tiefsee, um gerade Entwicklungsländern die Chance zu geben, ihre Wachstumsziele zu erreichen. In der Pressemitteilung wird Peter Prokosch zitiert, der ehemalige WWF-Geschäftsführer in Deutschland und heutige Leiter der Umweltdatenbank des Unep:

„Mining of minerals in the deep-sea provides a unique opportunity for developing countries towards reaching their development goals. Operating in a largely unknown natural environment, it may put additional pressure on already stressed marine ecosystems. However, it can relieve some of the burdens of mining in the terrestrial environment. Careful and responsible planning of deep-sea minerals mining needs to apply the Precautionary Principle, and consider the other sectors and in particular future generations.“

Nun muss man dem UNEP bzw. Herrn Prokosch zugutehalten: Er warnt vor den Eingriffen in die Tiefsee und fordert ein Vorgehen nach einem umfassenden Vorsorgeprinzip. Trotzdem war ich heute Abend erst einmal baff. Was soll diese Forderung? Gibt es nicht in den anderen fünf Sektoren erst einmal ausreichend Entwicklungspotenzial? Eine solch unbekannte Region wie die Tiefsee sollte meiner Meinung nach erst einmal der Wissenschaft exklusiv vorbehalten sein. Erst einmal sollten wir doch Erkenntnisse gewinnen, was dort unten los ist, bevor wir das Terrain gleich zur Plünderung frei geben. Zumal die Folgen dieser Eingriffe ja vollkommen unbekannt sind. Und welche Konsequenzen missglückte Eingriffe haben, hat das BP/Deep Water Horizon-Unglück im Golf von Mexiko ausreichend gezeigt.

 

Das Tierzucht-Monopoly

Die Schweizer Organisation „Erklärung von Bern“ (EvB) und das deutsche Forum Umwelt und Entwicklung haben dieser Tage sehr anschaulich die Hintergründe unseres Fleischkonsums aufbereitet. „Agropoly“ nennen sie ihre Broschüre. Ihr Vorwurf: Nur wenige Konzerne, darunter die deutsche Erich-Wesjohann-Gruppe aus Niedersachsen, beherrschen die weltweite Lebensmittelproduktion.

Das Tierzucht-Monopoly, Copyright: Clerici Partner, Zürich
Das Tierzucht-Monopoly, Copyright: Clerici Partner, Zürich

Hier etwa die Grafik zum Thema Tierzucht: Wer ahnt schon, dass gerade einmal ein Dutzend Unternehmen diesen Markt inzwischen unter sich aufgeteilt haben. Sie arbeiten mit Hybridlinien, das sind etwa Hühner, die nur noch auf Leistung und Uniformität gezüchtet sind und die sich nicht mehr für die Weiterzüchtung eignen. Konkurrenten können also keine eigenen Linien mehr aus ihnen züchten.

Leider fehlt es in der Dokumentation an genauen Zahlen, an Umsätzen und Marktanteilen. Aber aufschlussreich sind die Grafiken trotzdem. Denn sie machen ein Problem klar: Die Tiere werden sich genetisch immer ähnlicher, das macht sie natürlich auch anfälliger für Krankheiten und zieht massive Antibiotika-Einsätze nach sich. Laut EvB gibt es etwa beim Huhn noch nur zwei Dutzend Zuchtlinien, die nur drei Unternehmen weltweit vermarkten. So geht die biologische Vielfalt verloren. Und das ist ein Schatz, mit dem wir nicht einfach sorglos herumspielen können.

 

 

Bundesregierung will professioneller nach Endlager für Atommüll suchen

Bislang gestaltet sich die Suche nach einem Endlager für Atommüll äußerst kompliziert: Gorleben wird seit Jahrzehnten untersucht – mit heftigem Widerstand der Bevölkerung vor Ort. Im Zuge der Energiewende will die Bundesregierung die Endlagersuche jetzt mit mehr Struktur angehen: In einem „Erstentwurf zum Standortauswahlgesetz“, der ZEIT ONLINE vorliegt, schlägt sie ein geordnetes Verfahren für die Suche nach einem Endlager vor.
Die wichtigsten Punkte sind:

– Neugründung eines „Bundesinstituts für Endlagerung“: Das Institut soll politisch unabhängig sein und wissenschaftliche Kriterien für die Standortauswahl erarbeiten: Inwiefern lässt sich der Atommüll noch über Tage lagern, welche Gesteinsformationen kämen für ein unterirdisches Lager in Frage, wie steht es um die Rückholbarkeit, ist diese nötig? Regelmäßig soll es die Öffentlichkeit informieren. Am Ende trifft es die Vorauswahl für die Entscheidung von Bundestag und Bundesrat über den endgültigen Standort:

„Das Bundesinstitut entscheidet auf Grundlage der durchgeführten Langzeitsicherheitsanalysen, unter Berückcksichtigung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung und nach vorheriger Stellungnahme der Ethikkommission, welcher Standort die bestmögliche Sicherheit gewährleistet und schlägt nach erneuter Anhörung der betroffenen Grundstückseigentümer und Gemeinden vor, an welchem Standort der Vorhabenträger die Planfeststellung nach § 9b Atomgesetz beantragen soll (Standortvorschlag).“

– Neugründung einer „Ethikkommission Sichere Entsorgung“: Die Ethikkommission soll Stellungnahmen zu den möglichen Standorten abgeben und den Prozess beratend begleiten. Sie soll ein gesellschaftliches, kein Fachgremium sein, ähnlich wie die „Töpfer-Kommission“ zum Atomausstieg.

– Öffentlichkeitsbeteiligung: Gleich ein komplettes Kapitel widmet der Gesetzentwurf der Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Öffentlichkeit solle frühzeitig, umfassend und systematisch über die Endlagersuche informiert werden. Auch ausländische Behörden sollen informiert werden, wenn ein Standort nur 50 Kilometer von einer Grenze entfernt ist .

Was ist nun von dem Entwurf zu halten? Auf den ersten Blick lässt sich sagen: nicht schlecht, nun kommt es auf die Details an. Entscheidend wird natürlich der Kriterienkatalog sein, den das Bundesinstitut erarbeiten soll. Und werden Bundestag und Bundesrat tatsächlich dem Standortauswahlgesetz zustimmen, wenn die Kriterien für den möglichen Standort noch gar nicht feststehen? Wie unabhängig wird das Bundesinstitut am Ende tatsächlich sein – und braucht es überhaupt eine weitere Behörde, wenn doch bereits das Bundesamt für Strahlenschutz viel Expertise hat? Was ist zudem mit Gorleben? Hier laviert der Entwurf, ob das Endlager in Niedersachsen vom Tisch ist oder nicht und ob es einen Erkundungsstopp gibt.

Das Wort „Erstentwurf“ ist groß über die insgesamt 21 Seiten gedruckt. Mal schauen, wie viele Versionen es noch geben wird. Bis zum Sommer will die Regierung das Gesetz verabschieden, allerdings betont sie, dass man sich nicht unter einen Zeitdruck setzen wolle.

 

 

Effizienter Druckluftspeicher lässt auf sich warten

Ein Knackpunkt der Energiewende wird die Entwicklung von Stromspeichern sein – schließlich weht der Wind nicht immer und auch die Sonne verschwindet mal hinter einer Wolke. Vor einigen Jahren haben sich der Energieversorger RWE und General Electric (GE) daher zusammengetan. Sie wollen einen adiabaten Druckluftspeicher entwickeln, das Projekt Adele.

Druckluftspeicher ADELE, Copyright: RWE
Druckluftspeicher ADELE, Copyright: RWE

Die Idee ist einfach: Wenn es besonders hohe Windstrom-Überschüsse gibt, wird diese Energie dafür genutzt, unter Tage Luft in einen Speicher zu pressen. Einen solchen Speicher gibt es bereits jetzt, in Huntorf bei Oldenburg. Bei hoher Stromnachfrage kann diese Druckluft abgelassen werden, eine Turbine antreiben und so Strom produzieren. Der Clou: Die beim Verpressen anfallende Wärme wird zwischengespeichert und beim Ablassen der Druckluft genutzt, um diese wieder zu erwärmen. Dass die Wärme (wenn Luft verdichtet wird, erhitzt sie sich auf bis zu 600 Grad Celsius) im  Prozess verbleibt, erhöht den Wirkungsgrad enorm. Bisherige Speicher nutzten Gas, um die abgekühlte Druckluft zu erhitzen – das ist weitaus weniger effizient.

Zwar kann der Speicher auch nur kurzfristige Stromlücken überbrücken – er ersetzt für etwa fünf Stunden die Stromproduktion von etwa 40 großen Offshore-Windrädern (200 Megawatt). Aber immerhin.

Leider aber verzögert sich das Projekt. Wie Stephan Reimelt, Vorsitzender von GE Deutschland, jüngst mitteilte, werde weiter an Adele geforscht, von einer Realisierung sei man aber noch weit entfernt. Ursprünglich war geplant, schon in diesem Jahr mit den Bauarbeiten loszulegen. Ob es 2015 etwas werde? „Eventuell.“

Entscheidend sind die Kosten. Rund zehn Millionen Euro investieren die Projektbeteiligten RWE, GE, Züblin und das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum. Technisch sei das Projekt machbar. „Aber bislang rechnet es sich einfach nicht,“ so Reimelt. Gerade die hohen Temperaturen und Drücke verlangten anspruchsvolle Technologie und Komponenten.

Und so glaubt kaum einer in der Branche, dass sich Stromspeicher im derzeitigen System ohne staatliche Förderung rechnen. „Der Kosten-, Nutzen- und Ertragseffekt zwischen Einspeicherung und Ausspeicherung bedarf eines wirtschaftlichen Fördermodells“, teilt GE mit. So würden die Kosten für eine Pilotanlage transparent gemacht.

Mal schauen, wie es weitergeht und ob sich die Bundesregierung wirklich an eine weitere Förderung herantraut. Kaum zu glauben, wie viele Baustellen die Energiewende der Bundesregierung „eingebrockt“ hat. Wenn die Energiewende klappt, wird uns das Ausland applaudieren. Wenn es schief geht, steht Deutschlands guter Ruf auf dem Spiel.

 

Live-Blog: RWE-Chef Grossmann frustriert

Na, das ist ja mal ein Auftritt. RWE-Noch-Chef Juergen Grossmann klingt in seinen einleitenden Worten so richtig frustriert. EU-Kommissar Guenther Oettinger hatte ja kuerzlich eine Fusion von Eon und RWE vorgeschlagen. Er sei ja dann wohl heute als Vertreter eines Regionalligaclubs da, stichelte er genussvoll. Das sei frueher doch anders gewesen.

Weitere Highlights:
„Die Energiewende ist machbar – das Ziel aber ist sehr sehr ambitioniert.“

„RWE wuerde noch gerne viel mehr in grosse, effiziente Biomasseanlagen investieren, aber die werden nicht gefoerdert, sondern nur kleine.“

„Wir werden zukuenftig 150 Gigawatt Oekostromkapazitaeten haben, brauchen aber nur 80 Gigawatt.“

„Fuer den Ausbau der erneuerbaren Energien brauchen wir kapitalstarke Firmen wie RWE.“

„Je konsistenter die Foederbedingungen in der EU sind, desto einfacher ist der Ausbau der erneuerbarem Energien.“

„Oekonomisch ist der deutsche Weg der Energiewende nicht.“

„Der Deutsche will immer nur Sonne, nicht nur auf Mallorca.“

„Wer setzt die Energiewende eigentlich um – Frau Merkel? Die Gruenen? Zahnaerzte mit Solardaechern?“

„Die Kosten der Energiewende liegen zwischen 250 bis 300 Milliarden Euro.“

„An RWE wird die Energiewende nicht scheitern.“

Und Achtung: Kein grosses Lamento ueber den Atomausstieg. Manchmal ist es auch interessant, was nicht gesagt wird…