Eigentlich wollte die Band jemanden, der auf Tour ein bisschen mitfilmt – bekommen haben sie mit „Mistaken For Strangers“ eine witzige und bewegende Familienaufstellung.
Man sagt, dass mancher Bildhauer seine Skulptur einfach nur aus dem unbehauenen Klotz befreien muss – sie steckt ja bereits drin. Ganz so einfach war es beim Filmdebüt von Tom Berninger wohl nicht: Den Berg Material hatte er wohl. Aber was damit anfangen? Aber von vorne: Tom ist der jüngere Bruder von Matt Berninger, der eine Art Rockstar im dreiteiligen Anzug ist. Seine Band The National füllt mit melancholischen Songs Hallen (und in Hamburg zuletzt den Stadtpark). Tom ist eher untersetzt, steht auf Metal und wohnt noch bei seinen Eltern. Das ist die Ausgangslage der brillanten, tragikomischen Doku Mistaken For Strangers. Der Bruder im Rampenlicht nimmt den Underachiever mit auf Tour – als Roadie und als Filmer. Vielleicht springt ja ein bisschen Bonusmaterial für eine kommende DVD oder dergleichen dabei heraus. Tom erweist sich allerdings als haltlos ungeeignet für alles Organisatorische und führt eher irritierende als einsichtsvolle Band-Interviews. Jedenfalls solange, bis er gefeuert wird. Mistaken For Strangers wird als Konzert-Dokumentation verkauft, dabei könnte es kaum weniger um Musik gehen. Stattdessen behandelt der Film die Liebe und das Verantwortungsgefühl unter Brüdern, hochkomisch, aber mit viel Herz. Dass man dem Film beim eigenen Scheitern zuzuschauen glaubt, um am Ende ein aus vielen Stunden destilliertes, triumphal aufrichtiges Kino-Erlebnis genossen zu haben, das ist die faszinierende Qualität. Und das eigentliche Happy End.