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„Gift. Eine Ehegeschichte“

 

Therapiesitzung in Moll: Lot Vekemans preisgekröntes Stück läuft am 15. Februar zum vorerst letzten Mal im Ernst Deutsch Theater.

Manche Theaterstücke zeigen keine Entwicklung, sondern deren Abwesenheit. Gift. Eine Ehegeschichte ist dafür ein quälendes Beispiel, denn es zeigt vor allem, wie das Leben stagniert, wenn eine Seele in Trauer erstarrt ist. In Lot Vekemans preisgekröntem Stück geht es um einen Mann und eine Frau, die nach dem Tod ihres Kindes sich selbst und dann einander verloren haben. Zehn Jahre später treffen sie sich auf dem Friedhof wieder, in einer Art Laube, die an einen Käfig erinnert. Während er auf dem Land neu beginnen konnte, verharrt sie bewusst und willentlich im Trauma ihres Verlustes. Ihr Leben wirkt von außen wie der Stapel Stühle, der abseitig in der Ecke der Laube steht. Bestens durchstrukturiert, vermag sie es zwar zu bewältigen, aber Freude hat sie keine daran. „Wir sind eine gescheiterte Geschichte“, sagt sie. Das Treffen bedeutet ihr etwas. Sie will trauern, aber kann es nicht …

Text: Reimar Biedermann