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„Der Bürger als Edelmann“

 

Kleider machen eben doch keine Leute – glaubt man zumindest der Molière-Komödie über Größenwahn und Eitelkeit im Ernst Deutsch Theater.

Monsieur Jourdain ist Geschäftsmann, der zu schnellem Reichtum gekommen ist. Er ist davon besessen, in die Adelskreise aufgenommen zu werden. Fechtmeister, Tanzlehrer, Musiklehrer und Philosophen sollen für die nötige Politur sorgen. Um die Adelsheirat seiner Geliebten zu verhindern, verkleidet er sich als Sohn eines türkischen Großwesirs.

1670 wollte Ludwig der XIV. dem türkischen Botschafter zeigen, dass er sich in Sachen Prunk und Reichtum locker mit dem Sultan messen konnte. Dazu verwandelte er das Schloss St. Germain in eine türkische Theaterkulisse. Der Botschafter erwies sich jedoch als einfacher Bote und war unbeeindruckt. Der eitle Sonnenkönig beauftragte darauf Molière, ein Stück zu schreiben, in dem türkische Gebräuche lächerlich gemacht werden. Der Komödienautor hat aber eine hinterlistige Satire auf Größenwahn und Statusdenken geschrieben. In seiner Eitelkeit verkleidet sich ein französischer Bürger mit türkischen Gewändern und steckt dafür Prügel ein. Der Überlieferung nach reagierte Ludwig auf die Aufführung sehr verhalten. Folke Braband hat Der Bürger als Edelmann im Ernst Deutsch Theater u. a. mit Dieter Hallervorden neu inszeniert. Bis Ende Juni ist es noch zu sehen.

Text: Natalia Sadovnik