Kaffee kochende Geliebte im Vorzimmer: Der Liederabend in den Kammerspielen lässt kein Klischee aus und kein Auge trocken.
Sekretärin – der Begriff rangiert irgendwo zwischen Berufsbezeichnung und Schimpfwort. Jeder hat sofort Bilder von telefonierenden, schreibenden und Kaffee kochenden Frauen vor Augen. Inklusive der Funktion als gute Seele eines Büros oder als Geliebte des Chefs – genug Stoff also, um die Berufsgruppe abendfüllend zu porträtieren. Das gelang dem Musiker, Komponisten, Arrangeur und Pianisten Franz Wittenbrink vor genau 20 Jahren: Sekretärinnen gehört zu dem von ihm erfundenen, neuen Genre des sogenannten Liederabends. Darin werden Schlager und Arien, Volkslieder, Popsongs und Balladen ohne falsche Scheu ihres ursprünglichen (Kon-)Textes beraubt und für den neuen Zusammenhang umgedichtet. Gesprochene Sprache ist überflüssig, denn alle Stimmungen, Beziehungen und Situationen erklären sich durch Gesang und Körpersprache. Dass die Klischees großartig überspitzt und bis zur Karikatur überzeichnet werden, macht aus den losen Szenen einen zum Brüllen komischen Liederabend an den Hamburger Kammerspielen.
Text: Dagmar Ellen Fischer