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Onkel Wanja

 

Meist in behäbigen Gummistiefeln agieren die Figuren in der klugen Tschechow-Inszenierung von Karin Beier, und das oft nur auf einem schmalen Steg einen halben Meter über der komplett mit Torferde ausgelegten Bühne. Ein zuweilen grotesker Balanceakt für die Schauspieler und eine fast ungehörige Raumteilung bei einer so großen Bühne. Der verknappte Handlungsraum steht im Kontrast zu dem sich im Dunkeln verlierenden Erdboden.

Ob Bauer oder Gutsherr, das Landleben ist stumpf und langweilig, allein Eros vermag die Gestalten noch zu fordern, nur um sie scheitern zu lassen. Onkel Wanja, gespielt von Charly Hübner, sieht sein Leben vertan, weil er das Professorendasein seines Schwagers jahrelang finanziert hat, indem er wie ein Tier gearbeitet hat. Seine Nichte Sonja (sagenhaft gespielt von Lina Beckmann) ist hoffnungslos in den Arzt und Alkoholiker Michail Astrow verliebt. Der sieht in dem Bauernmädchen nicht den Funken einer Frau, er fühlt sich wie Wanja zur Professorengattin Elena hingezogen.

In bleierner Heiterkeit eskaliert das Geschehen und endet mit Sonjas Glaubensbekenntnis: Das eigentliche Leben kommt nach dem Tod, davor wird gearbeitet, um dem unglücklichen Dasein entgehen zu können. Alles wieder auf Anfang. Eine Endlosschleife.

Text: Lisa Scheide