Auch wenn der Hamburger das nicht gerne zugibt: Es geht noch viel, viel nördlicher. Skandinavier, Isländer, die Bewohner des Baltikums zucken nur amüsiert mit den Mundwinkeln, wenn wir über unser laues Seelüftchen sprechen. Darum trägt das größte deutsche Festival für Darstellende Künste und Musik aus den nordischen Ländern den passenden Namen Nordwind. Ende November fegt dieser auch russische Künstler nach Kampnagel – beispielsweise Oxana Schalygina, Kollegin des Radikalkünstler und Regierungskritiker Pjotr Pavlenski, der sich den Mund zunähte und seinen Hodensack auf den Roten Platz nagelte. Er wäre gerne selbst zur Eröffnung der weltweit ersten Retrospektive seiner Arbeiten auf Kampnagel gekommen, er wurde aber Anfang des Monats in Moskau festgenommen, weil er die Eingangstür zum Gebäude des russischen Geheimdienstes in Brand steckte. Videos, Fotos und Reaktionen von Medien und der russischen Justiz zu seinen vorherihen Aktionen sind dennoch zu sehen. Weiteres Highlight: Die isländische Tänzerin und Choreografin Erna Ómarsdóttir zeigt bereits zum vierten Mal ihre düster-dynamische Bühnenarbeit Black Marrow. Das Nordwind-Festival findet bis zum 5. Dezember statt.
Text: Lena Frommeyer