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Verbannte

 

James Joyce, Literat von Weltruf allein wegen seines epochalen Ulysses, hat ein einziges (erhaltenes) Theaterstück geschrieben: Exiles im englischen Original, Verbannte auf Deutsch. Kein Geniestreich, aber ein Drama, das erstaunlich modern ist, wie Luk Perceval findet. Der Regisseur und Oberspielleiter des Thalia Theaters verlegt den Stoff aus dem erzkatholischen Irland ins Hier und Jetzt mit Premiere am Sonntag: Ein Paar hat nach zehnjähriger Ehe einen Endpunkt in der Beziehung erreicht; die beiden erwägen, durch außereheliche Affären eine gewisse Lebendigkeit zurückzugewinnen. Doch treibt sie gleichzeitig die große Angst um, den anderen endgültig zu verlieren und allein zu bleiben. Fremdgehen als Katalysator oder Frischzellenkur für eingerostete Beziehungen ist im 21. Jahrhundert gängiger als zur Entstehungszeit des Stückes vor hundert Jahren, doch kommt die Eifersucht als unkalkulierbarer Faktor damals wie heute hinzu. Und so nimmt auch dieses Eifersuchtsdrama einen unvorhersehbaren Verlauf.

Text: Dagmar-Ellen Fischer
Foto: Judith Buss