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Alt-Nazis

 

Giulio Ricciarellis Justizkrimi um einen Pädagogen und ehemaligen Auschwitz-Aufseher führt zurück in die junge Bundesrepublik.

„Kein schöner Land …“ Was der Kinderchor zu Beginn des Films singt, gibt das Selbstverständnis der bundesrepublikanischen Gesellschaft des Jahres 1958 wieder – nach Westbindung, Gewinn der Fußball-WM und Wiederbewaffnung, 13 Jahre nach Kriegsende, davon neun unter Adenauer. Dass dessen Kanzleramtschef die Nürnberger Rassengesetze mitverfasst hatte, konnte nur Böswilligen missfallen. Dass aber auch der erwähnte Schulchor von einem Alt-Nazi dirigiert wird, will einer nicht so hinnehmen: der junge Frankfurter Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling). Weil der Pädagoge nach Aussagen eines Journalisten im Vernichtungslager Auschwitz als Aufseher tätig war, beantragt er dessen Entlassung. Doch vergeblich. Penibel recherchiert und historisch prachtvoll ausgestattet, erzählt der Debütfilm Im Labyrinth des Schweigens von Giulio Ricciarelli die Vorgeschichte des ersten Auschwitzprozesses aus einer fiktiven, subjektiven Perspektive. Nur kurze Zeit nach dem Eichmann-Prozess wurde die breite Öffentlichkeit erstmals mit den massenhaften Verbrechen auch „einfacher“ Wehrmachtsangehöriger in den Lagern konfrontiert.