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„Deportation Cast“

 

Das Drama im Lichthof Theater hinterfragt die deutsche Einwanderungspolitik am Beispiel der Abschiebung einer fünfzehnjährigen Roma in den Kosovo.

Die fünfzehnjährige Elvira hat keine Erinnerungen mehr an das Land, aus dem ihre Familie einst flüchtete, und doch muss sie dorthin zurück. Allerdings ist sie als Roma auch in ihrer vermeintlichen Heimat Kosovo fremd und unerwünscht. Der Autor und Dramaturg Björn Bicker erzählt in seinem mit dem Deutschen Jugendtheaterpreis ausgezeichneten Stück die realistische Geschichte einer Abschiebung. Im Lichthof Theater inszeniert Harald Weiler nun Deportation Cast mit Ulrich Bähnk, Parbet Chugh, Wicki Kalaitzi und Wiebke Wackermann, die sich insgesamt zwölf Rollen teilen. Mit dieser Vorgabe wollte Björn Bicker nicht etwa an der Besetzung sparen, sondern zwei Familien und damit zwei Welten gegenüberstellen – beide von deutscher Einwanderungspolitik betroffen. Auf der einen Seite steht die Familie von Elvira, auf der anderen die deutsche Familie ihres Freundes, die ebenfalls ihren Teil zu der Abschiebung beiträgt. Deportation Cast handelt von der Brutalität eines Systems, das Menschen ausgrenzt, jedoch keine Schuldigen kennt. Aber es ist mehr als nur Abschiebedrama. Explizit werden die Folgen nationaler Grenzziehungen thematisiert. Die große Romantik einer innereuropäischen Mentalität auf Kosten einer massiv verteidigten Grenze wird infrage gestellt – und zwar ohne erhobenen Zeigefinger. Das Stück soll keine Moralpredigt werden, sondern eine Frage stellen, die sich die Zuschauer selbst beantworten müssen.

Text: Natalia Sadovnik