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Ray Cokes

 

Deftige Worte: Der britische Wahl-Belgier erzählt aus seinem bewegten Leben als ehemalige MTV-Plaudertasche – nicht immer ganz jugendfrei.

Auf der Lesereise zu seinen Memoiren My Most Wanted Life ist Hamburg für Ray Cokes kein simpler Tourstopp: Nur ein paar Schritte von seinem Auftrittsort endete seine Karriere als MTV-Moderator, ebendort startete eine neue – wenn auch ohne Millionenpublikum. Die unrühmliche Geschichte lässt sich im Buch nachlesen: Der Sender kündigte missverständlich ein Konzert der Toten Hosen auf der Reeperbahn an, die sollten allerdings nur live zugeschaltet werden. Die enttäuschten Fans drehten durch – und der sonst so souveräne Moderator ließ sich zu ein paar deftigen Worten hinreißen, die ihn letztlich den Job kosteten. Doch die Sache hat irgendwie ein Happy End: Ray Cokes’ tägliche Talkshow auf dem Reeperbahn-Festival gehört für viele zum alljährlichen Höhepunkt der Veranstaltung. Der Mann ist schließlich ein geborener Conférencier: schlagfertig, charmant und kompetenter als es die meisten im Musikfernsehen je waren. Wenn der britische Wahl-Belgier im Imperial-Theater aus seinen nicht unbedingt jugendfreien Erinnerungen liest, kann man davon ausgehen, dass er nicht sklavisch an den Seiten klebt: Der ein oder andere frei vorgetragene Bonustrack wird dem hochkomischen Berufsplauderer schon einfallen.

Text: Michael Weiland