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Julian Casablancas

 

Noch einmal, mit Gefühl: Bevor er mit den Strokes wieder ins Studio zieht, geht ihr Frontmann mit The Voidz düster-punkigen Nebenbeschäftigungen nach.

Dem amerikanischen Rolling Stone erzählte Julian Casablancas neulich, er fühle auf der Bühne nichts bei den alten Songs seiner Band The Strokes. Man kann das sogar nachvollziehen: Vor allem die Durchschlagskraft des Debüts Is This It lässt sich nicht unbegrenzt reproduzieren, ein bockiges Stück wie Last Nite erleidet da schon mal Reibungsverluste. Und Casablancas mag sich nicht wiederholen: Es muss ihn gewurmt haben, dass ausgerechnet die schematische Strokes-Nummer All The Time auf ihrem (sonst ziemlich tollen) letzten Album Comedown Machine als Rückkehr zur alten Form begrüßt wurde. Tyranny – die Platte, die Casablancas nun mit The Voidz eingespielt hat – läuft jedenfalls nicht Gefahr, Fans zu vertraut vorzukommen: Es ist ein düsteres Synthiepunk-Album, das seine Melodien gut versteckt hält, garniert mit einem Cover, das an alte Schlachtrufe-BRD-Sampler erinnert. Das Ganze ist trotz vieler guter Ideen auf faszinierende Art unausgegoren und kein Sound, auf den sich eine Solokarriere gründet – da war Casablancas’ Debüt unter eigenem Namen Phrazes For The Young durchaus zukunftsfähiger. Trotzdem: Dem Strokes-Kopf bei dem zuzuhören, was er gerade für richtig hält, ist immer spannend – und keine der von ihm verantworteten Platten war ohne ihre brillanten Momente. Die muss man auf Tyranny zwar mitunter suchen – im Mojo Club aber hoffentlich nicht, wenn der coolste Frontmann der letzten 20 Jahre vielleicht sogar wieder etwas fühlt.

Text: Michael Weiland