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Siegfried/Götterdämmerung

 

Verratene Liebe, politische Ränkeschmiede, miese Täuschungsmanöver – im zweiten Teil des Nibelungenspektakels in der Adaption von Antú Romero Nunes.

Feine Anzüge, edle Seidenblusen – die Ausgehkluft der vorderen Reihen im Thalia Theater schindet wenig Eindruck während der Vorführung von Siegfried/Götterdämmerung, dem zweiten Teil von Antú Romero Nunes’ gesprochener Wagner-Adaption, denn sie wird von blauen Plastikdecken verdeckt: Es spritzt viel Theaterblut, und das schon zu Beginn. Ein wilder, vor gerade entdeckter Manneskraft überschäumender Siegfried schmiedet mit mehr Glück als Verstand ein gewaltiges Schwert, mit dem er den Drachen Fafner bezwingt, er badet in seinem Blut und wird unbesiegbar … So nimmt eine Wahnsinnsgeschichte, die schon im Jahr 1200 von einem unbekannten Dichter besungen wurde, ihren unheilvollen Lauf. Das Nibelungenlied, die Vorlage für den Theaterabend, trägt alles in sich, um bestens zu unterhalten: Wahrhaftige und verratene Liebe, politische Ränkeschmiede, miese Täuschungsmanöver, innere und äußere Kämpfe, die sich in ein Inferno aus Hass und Wut steigern, in dem nichts und niemand verschont bleibt. Auf diesen uralten Plot ist Verlass, und er trägt das Ensemble machtvoll und schrecklich durch den Abend. Er reißt auch das Publikum mit und das ist Verdienst des Ensembles. So ist Philipp Hochmair ein wunderbarer splitterfasernackter Drachentöter-Superheld, der von einem äußerst perfiden Hagen zur Strecke gebracht wird, verkörpert von Barbara Nüsse. Die wohl interessantesten Rollen bekleiden jedoch Marina Galic und Cathérine Seifert als die Walküre Brünhild und die Burgundenkönigin Kriemhild. Beiden wird übel mitgespielt, die eine geht als gebrochene Frau aus der Geschichte hervor, die andere wandelt sich vom naiven Mädchen zur eiskalten Rächerin.

Text: Katharina Manzke