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Hamburg kann’s besser!

Schneller, höher, stärker – und von allem immer mehr. Mehr Wachstum. Das gilt den meisten noch immer als Allzweckwaffe für eine gesunde Ökonomie. Fraglich, ob das angesichts der weltweit knappen Ressourcen noch zeitgemäß ist… Dass es nicht nur um Profit und Konsum gehen muss, will die offene Veranstaltung Von wegen alternativlos – Hamburg kann’s besser! aufzeigen. Das Programm „Fachtag über Wege in ein gutes Leben jenseits von Wachstumszwängen“ umfasst Vorträge, Workshops von lokalen Projekten und Vereinen und eine Podiumsdiskussion.

Mit von der Partie ist auch die Initiative Wir wollen’s anders. Klub für faires Miteinander. Ziel des Klubs ist es, die vielen nachhaltigen, nicht profitorientierten Organisationen und Projekte wie Repair-Cafés und Tausch-Events in Hamburg besser sichtbar zu machen. Beim Markt der Möglichkeiten stellt der Klub verschiedene Initiativen und Vereine wie das Gartendeck und das Fab Lab St. Pauli vor, um zu zeigen: Da wächst einiges, nur eben in eine andere Richtung.

Text: Julia Braune

 

(T)Raumschiff Queereeoké

Eigentlich locken die vier Knackärsche ihre gesangsfreudigen und schaulustigen Gäste immer in den Club auf Kampnagel oder man sieht die vier Backen-Paare auch einmal jährlich auf der Fusion. Diesen Samstag feiern die Grazien der Kick-Ass-Queereeoké aber eine Premiere: Das Performance-Event zum Mitsingen sticht in See – oder machen sie sich auf in die unendlichen Weiten? Das (T)Raumschiff Queereeoké probt „den ultimativen Eskapismus in einem neuen Gesangabend voller Hoffnung auf der MS Stubnitz zusammen mit dem Fleischreport der Raumpatrouille Cobratheater“, so die Eventbeschreibung. Bevor auf jedem Niveau losgeträllert wird, zeigt die Cobrasoap nämlich die „future-future-Season“ ihres Fleischreports. Für das Stück gibt es nur noch Restkarten, für die Afterparty mit Konzert Karaokeperformances der extraterrestrischen Klasse ist noch viel Platz. Macht die Rakete klar, die Leinen los und auf zur Stubnitz!

Text: Andra Wöllert

 

Hey Rosetta!

Wie klingt wohl die Musik einer Band, die aus dem idyllischen Neufundland stammt und sich Hey Rosetta! nennt? Ungefähr so, wie man es sich vorstellt und vor allem gut: Ihr Sound liegt irgendwo zwischen Vampire-Weekend-Melodien, vertrautem Folk, verspultem Pop und hinreißendem Indie-Rock. Frontmann und Sänger der Band, Tim Baker, singt dazu mit Inbrunst die Lyrics. Im Oktober letzten Jahres haben Hey Rosetta! ihr aktuelles Album rausgebracht. Für das Musikmagazin Intro spielt eben dieses in der ersten Liga mit. „Reifer und souveräner als der bisherige Output; das gewisse Etwas machen hier orchestraler Bombast, ein breiter Big-Band-Sound und Verweise auf die Afrobeat-Flippigkeit der frühen Vampire-Weekend“, heißt es darin. Jetzt ist die siebenköpfige Band endlich auch in Deutschland zu erleben. Im Nochtspeicher nehmen sie einen mit auf eine musikalische Reise zu ihrer Halbinsel im nördlichen Atlantischen Ozean. Der Support kommt von The Franklin Electric.

Text: Andra Wöllert

 

Between the Buried and Me

Es fühlt sich beinahe falsch an, die zerklüfteten Klangmosaiken von Between The Buried And Me einfach nur „Songs“ zu nennen. Eindeutig zu profan, denn das neue Album Coma Ecliptic ist wie eine siebzigminütige Irrfahrt irgendwo zwischen Jazz und Death Metal – unberechenbar, erfindungsreich und dramatisch. Die wilde Mischung aus unterschiedlichsten musikalischen Spielarten und das unübertreffliche technische Können der fünfköpfigen Band bleiben weiterhin ihr Markenzeichen. Das Beste: Diese Freaks gehen nicht nur im Studio total ab, sondern spielen auch zweistündige Konzerte mit gnadenloser Perfektion. Und das Allerbeste: Between The Buried And Me sind gerade auf Tour und spielen am Montag in Hamburg im Logo. Lasst euch das nicht entgehen!

Text: Natalia Sadovnik

 

Rocko Schamoni

Schamonis typischer Witz, das ist ein Mix aus eben dieser nicht einzuhaltenden Seriosität, aus Ironie und Absurdität und vor allem: aus der Erfindung schräger Charaktere in noch schrägeren Settings. Sein Roman Dorfpunks war ein Manifest, seine Studio-Braun-Arbeiten wurden größte Lachnummern, und der Film Fraktus, diese Wahnsinnsidee von drei angeblichen Techno-Erfindern aus den 1980ern, ist an skurriler Stärke kaum zu überbieten. Mit Songs & Storys ist er grade auf Tournee, liest und singt – etwa die Stücke aus seinem aktuellen Album Die Vergessenen, mit Swing-Interpretationen von Manfred Krug oder Ton Steine Scherben. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass der Mann des Abends sich über sich selbst schlapplacht, wie so oft. Weil’s dann irgendwie noch lustiger wird.

Text: Erik Brandt-Höge

 

Audio88 & Yassin

Support untereinander ist genauso wie der gepflegte Diss im Hip-Hop gang und gäbe. Und so ergab es sich, dass Audio 88, der meist im Duo mit Yassin von sich Reden macht, für die gemeinsame Tour Maxim von K.I.Z. um Hilfe bat als „Rücken“, also Bodyguard, weil die beiden Rapper aus Berlin so viele Leute auf ihrem aktuellen Album Normaler Samt beleidigen. Maxim hat Zeit, wenn er dann nichts zu tun hat, meint er in dem Video auf Facebook. Als kleine Gegenleistung massiert Audio88 aka Florian Kerntopf noch seinen Rücken – mit Duschgel. Wer Fan ist und Mensch von Kunstfigur trennen kann (wegen dem ganzen Gedisse) oder schlicht und unvorstellbar keine Angst vor K.I.Z. hat, dessen Weg sollte am Dienstag ins Molotow führen. Da präsentieren Audio 88 & Yassin nämlich ihr Album, das im März rauskam und das die Intro als bis dahin bestes Deutschrap-Album 2015 bezeichnet hat. Welcher Wortwitz euch erwartet, deutet das Video an. Jetzt muss nur noch gezählt werden, wie oft sie wen beleidigen.

Text: Andra Wöllert

 

Vögel Die Erde Essen

Eins stellen wir hier mal klar: Es gibt keine Vögel, die Erde essen – zumindest ließ sich bei Google nichts finden. Was man aber bei der Suche findet, ist der eine oder andere Hinweis zu einer Band, die sich diesen ungewöhnlichen Namen gegeben hat. Und um die soll es hier ja eigentlich gehen. Sound und Texte der dreiköpfigen Kombo sind mindestens so außergewöhnlich wie ihr Name: Mit der Energie einer Punkband spielen Vögel Die Erde Essen ihre Songs aus Noise Rock, R’n’b, Soul und Black Metal und singen von Apokalypse und Zirkus, Tourismus und Okkultismus, von Todeskampf und Party. Gerade sind die Berliner auf Tour und präsentieren am Dienstag ihr neues Album Besuch von innen im Turmzimmer des Uebel & Gefährlich. Und eins müssen wir hier noch klarstellen: Es gibt anscheinend doch solche Vögel. Zumindest erzählte ein jordanischer Koranschüler, den der Gitarrist einst traf, Vögel, die Erde essen, seien ein Zeichen des herannahenden Jüngsten Gerichts. Zum Glück naht hier nur das Konzert heran!

Text: Andra Wöllert

 

Hamburg Metal Dayz 2015

Große Härte und viel dahinter: Krachende Gitarren, wirbelnde Haare, Head-Banging, Teufelshörner hoch in der Luft – das ist Metal. Und das ist Hamburg – zumindest in der Markthalle am 25. und 26. September, wenn dort die Hamburg Metal Dayz stattfinden. Elf Bands und jede Menge Extras warten auf Anhänger der härteren Gangart. Am Freitag wird es zunächst düster, wenn Koldbrann, Triptykon und Mantar auftreten – Letztere wurden 2014 mit dem Musikpreis HANS für die „Hamburger Produktion des Jahres“ (Death By Burning) ausgezeichnet. Der Samstag ist im Metal-Sinne klassischer und hardrockiger gestaltet, mit Bands wie Axxis, Panzer und Uli Jon Roth. Neben der Gitarrenwucht finden bei den Metal Dayz auch reichlich Workshops, Coachings, Meet & Greets, Panels und Expertenrunden statt. Außerdem wird es Lesungen geben, zum Beispiel die von Mambo Kurt, der etwas aus seinem Buch Heimorgel to Hell vortragen wird.

Text: Erik Brandt-Höge

 

Julia Benz

Lost in Train Station heißt der anspielungsreiche Titel von Julia Benz’ (Abb.: Nature Package, 2015) erster Einzelausstellung in der Stadt. Das Dazwischen, ob das auf ihren zahlreichen Reisen um die Welt, jüngst etwa nach Uganda oder in den Sudan oder auf den häufigen Fahrten zwischen ihren Heimaten Berlin und Hamburg ist, prägt die Arbeiten der Meisterschülerin der Universität der Künste. „Ein Bild fängt mit der Malerei an und nicht mit der Idee“, beschreibt sie ihre kraftvollen und farbintensiven Arbeiten, in denen Gegenständliches in Abstraktion übergeht – oder eben umgekehrt. Großformatige Idyllen, bunt und leuchtend werden spielerisch mit grafischen Elementen verziert, von denen es bei Heliumcowboy heißt, sie wären „weder moralische Instanzen noch sinngebende Träger“. Ihre gestalterischen Fähigkeiten sind auch auf manchen Fassaden zu besichtigen, so hat sie jüngst eine Wand in Düsseldorf bemalt.

Text: Sabine Danek

 

Richard Dorfmeister

Das Reeperbahn Festival bringt bekanntlich einen ganzen Schwall hervorragender Mucke auf den Kiez. Gerade starke Newcomer gibt es Jahr für Jahr zu entdecken. Doch auch bekannte Größen der internationalen Musikbranche sind immer mit am Start. So wie DJ-Urgestein Richard Dorfmeister, der auf der offiziellen Aftershowparty im Mojo auflegen wird. Die Sets des Österreichers lassen erfrischend viel Direktheit zu und zielen bei allem Eklektizismus klar auf die Tanzfläche. Laidback ist dem renommierten DJ dabei immer ein persönliches Anliegen, der Druck von da draußen ist ja schlimm genug. So auch zu hören bei seinem Bandprojekt Tosca, etwa auf dem hochgelobten Album No Hassle. Auch alle Nicht-Festivalbesucher können die Party für ’nen Zehner miterleben.

Text: Ole Masch