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Geert Wilders und das Ende der Islamkritik für Dumme

 

Der Film „Fitna“ ist bislang ein Non-Event. Das ist gut so, und es zeigt, dass die Islamkritik an einem Scheidepunkt angekommen ist.
Wilders‘ Film beruht auf lauter altem Material, das weidlich bekannt ist.
Ohne das monatelange Vorab-Marketing hätte sich kaum jemand für dieses dürftige Werk interessiert.
Die dokumentierten Hasstiraden und die bekannten anstössigen Koran-Verse sind seit Jahren Thema, unter anderem auf Blogs wie diesem hier.

Und sie werden es auch sehr zu Recht so lange bleiben, bis die Muslime selbst sie widerlegt, kontextualisiert oder historisiert und damit entschärft haben. Das ist der einzige – allerdings gewichtige – valide Punkt in Wilders‘ Argumentation. (Wird hier freilich seit Jahren auch schon genau so gesagt.)

Es geht nicht an, dass dieser anstößige Punkt gleich mit erledigt wird, indem man auf Wilders bekannte „rechtsgerichtete“ (tolles Wort!) oder „islamfeindliche“ Haltung verweist. Der UN-Generalsekretär, die niederländische Regierung oder die EU sollten sich hüten, in ihrer ängstlichen Kritik diese Baustelle zu schließen. Die anständigen Muslime müssen da heran, und sie müssen es sehr viel offensiver tun als bisher.

Bis hierher habe ich absolut kein Problem mit „Fitna“ – ausser dass der Film total schlecht gemacht und langweilig ist. Ich finde es nicht unangemessen, wenn Koranverse über die „Ungläubigen“ zitiert werden und dann die Flugzeuge gezeigt werden, die in die Towers fliegen. (Der Kollege Peter Körte in der FAS kritisiert dieses Montage-Verfahren.) Es ist aber nun einmal so, dass die Islamisten sich auf diese Weise ermächtigt sehen. Und es bleibt die Aufgabe der vernünftigen und friedliebenden Muslime, jenen die heilige Schrift aus der Hand zu schlagen.

Mein Problem mit Wilders beginnt da, wo er die muslimische Einwanderung nach Europa in dramtischen Balkendiagrammen ins Spiel bringt. Von ein paar Dutzend Muslimen am Anfang des letzten Jahrhunderts in Holland bis zu den angeblichen 54 Millionen, die heute in Europa leben, wachsen die Balken bedrohlich an. Und dann werden dazu die Horrorbilder über die Ermordung von Schwulen und die Mädchenbeschneidung montiert – mit der Frage, ob dies Europas Zukunft sein solle.
Das ist genau die Logik der Islamisten, die jeden Einwanderer – egal ob aus Marokko, der Türkei, aus Bosnien oder Iran – als einen Soldaten in ihrem Kampf sehen möchten. Für die radikalen Islamisten gibt es keine säkularen Muslime, keine lauen Gläubigen, keine Freitagsbeter, keine Kulturmuslime, keine Biertrinker und Speckesser unter den Ihrigen. Für sie – Wilders zeigt ja einige ihrer Prediger – sind Muslime in Europa entweder Vorhut der Islamisierung oder Verräter. Genauso denkt Wilders, denn anders käme er nicht auf seine bedrohlichen Zahlen.

Und hier ist übrigens die ästhetische Gestalt dieses Films äußerst verräterisch: Er bedient sich der gleichen Technik und der gleichen Bildsprache wie die islamistischen Propagandavideos: Die Pflicht der Muslime zur Tötung von Ungläubigen und Juden wird direkt aus dem Koran abgeleitet. Dem Vers folgt dann das Snuff-Video von der Hinrichtung. Wilders‘ Film sieht über weite Strecken aus wie von der Propagandaabteilung von Al-Qaida gemacht – ein ästhetisches Stockholm-Syndrom.
Daraus muss die Islamkritik sich befreien.

Wir müssen das Wahnbild der Islamisten entzaubern, statt es von „islamkritischer“ Seite zu bestätigen.