Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Was heißt schon Demokratie in China?

 

Ein interessanter Artikel von Li Xing in China Daily, der sich mit der westlichen Chinakritik anhand der Tibet-Krise befasst. Li Xing kritisiert, dass die westlichen Beobachter die Fakten über das Leben in Tibet nicht zur Kenntnis nehmen: die Verbesserung der Lebenschancen für ehemals unfreie Menschen im dortigen Feudalsystem, der Aufschwung des Bildungssystems und die bessere allgemeine Lebenserwartung.

lixing.jpg

Statt des „kulturellen Genozids“, von dem die Exil-Tibeter sprechen, so argumentiert Li, habe China den Tibetern erst ein menschenwürdiges Leben ermöglicht durch die Entwicklung ihrer rückständigen Provinz. Nun werde diese Entwicklung denunziert als eine Art von Unterdrückung. Sie fühle sich dadurch an die Zeiten der chinesischen Kulturrevolution erinnert, als ihr eigener Vater von den Roten Garden als Kapitalist und „amerikanischer Spion“ denunziert wurde.

Ich finde den Vergleich zwar haarsträubend und ungerecht, auch wenn manches an der Tibet-Berichterstattung vielleicht einseitig und überzogen sein mag.

Aber darin, daß Li bei dem Wort Demokratie zuerst die Kulturrevolution einfällt, liegt ein wichtiger Hinweis: In der Tat bedingt für viele chinesische Reformer die Erfahrung der Kulturrevolution ein enormes caveat bei allen Gedankenexperimenten zur Demokratisierung der chinesischen Gesellschaft. Auch der Tiananmen-Aufstan hat das nicht geändert.

„Volkssouveränität“ – einer unserer zentralen demokratietheoretischen Begriffe, hat sich in China als Terror des Mobs ausgetobt. Daher setzen viele Reformer eher auf rechtsstaatliche Fortschritte als auf direkte Partizipation des Volkes im politischen Prozess. Solche Dinge müssen wir wissen, wenn wir mit den Chinesen über Demokratie und Reform reden.

Zitat:

Western economic models measure a society’s development with such indexes as life expectancy and child mortality rate, but the Western media have not even tried to compare such indexes for Tibet 50 years ago with those of today.

To me, the Western media’s deliberate misinformation and indulgence in China-bashing are a lot like the „cultural revolution“ posters that were plastered everywhere, including the walls of the hutong leading to the door to my husband’s former courtyard home.

„You could imagine how I felt in those days when all the posters condemned my father as a capitalist roader or an American spy,“ he once said.

We have not forgotten the „cultural revolution“ as some Westerners suggest; but no one would associate that period of modern Chinese history with „democracy“.

Similarly, no member of the multi-ethnic Chinese society can accept the Western media’s China-bashing as their testimony to „democracy“ and „freedom of the press“.