Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Geert Wilders in London an der Einreise gehindert

 

Ich habe kein Verständnis für die britische Entscheidung, dem niederländischen Abgeordneten Wilders die Einreise nach Großbritannien zu verweigern. 

Ich verachte zwar diesen Herrn und seine Politik, wie ich hier bereits festgestellt habe.

Aber die Meinungsfreiheit – und die Freizügigkeit – eines gewählten Abgeordneten eines europäischen Landes sind ein hohes Gut, das nur unter sehr schweren Bedingungen eingeschränkt werden dürfen. Wilders ist in Holland angeklagt wegen Volksverhetzung. Er ist aber noch nicht verurteilt.

Die britische Regierung macht präventive Gründe – Gefahrenabwehr – geltend in Ihrem Schreiben an Wilders.

Seine Gegenwart auf der Insel würde eine „genuine, unmittelbare und ausreichende Gefährdung der grundlegenden Interessen unserer Gesellschaft“ darstellen, heißt es in dem Brief. Wow, die „grundlegenden Interessen unserer Gesellschaft“?

Das ist eine Bankrotterklärung der britischen Sicherheitsbehörden, die sich offenbar nicht in der Lage sehen, in Absprache mit den muslimischen Verbänden das nötige Krisenmanagement für den Fall eines solchen angekündigten Besuchs zu betreiben.  

Was ist denn eigentlich zu befürchten? Demonstrationen? Gewalttätige Ausschreitungen? Müssen wir davor jetzt auch schon so viel Angst haben, dass es gar nicht mehr dazu kommen darf? Wo kommen wir denn da hin, wenn allein die Möglichkeit solcher Ausschreitungen schon die massive Einschränkung der Grundwerte ermöglicht?

Dennoch ist die Sache nicht ganz einfach: Unter der gleichen Gesetzgebung sind in England bereits etwa 270 Personen an der Einreise gehindert worden. Die meisten von ihnen sind keine selbst ernannten „Islamkritiker“ wie Wilders. Fast 80 werden im Gegenteil  als islamistische „Hassprediger“ qualifiziert. 

Aber ist es legitim, auch Wilders seinerseits als einen Hassprediger zu sehen und auch so zu behandeln?Zweifellos ist er ein Provokateur, der Krawall und möglicherweise auch gewalttätigen Krawall in Kauf nimmt, weil er ihm nützen könnte.

Aber er ruft eben nicht zur Gewalt auf. Sein Verbrechen besteht einzig darin, Dinge zu sagen, und sie so zu sagen, dass sie für viele Menschen verletzend sein könnten.

Wilders behauptet gerne, er sei ein Aufklärer. Er ist es nicht. Er ist ein Finsterling, der sich zu Unrecht in eine Reihe mit Rushdie rücken will, der vor genau 20 Jahren zur Zeilscheibe des islamistischen Hasses wurde. 

Aber diese feinen Unterschiede wären ein Thema für politischen Streit, den die englische Politik lieber gleich vorab unterbindet. Fatal. Wie weit ist das Mißtrauen des britischen Staates gegenüber der eigenen Zivilgesellschaft und den eigenen Bürgern schon gediehen, dass Grundfreiheiten für solche leichtfertigen politischen Manöver aufgehoben werden?

Die Muslime in Grossbritannien sollten sich im Spiegel dieser Entscheidung ansehen und sich fragen, ob sie so gesehen werden wollen: allzeit leicht entflammbar, unfähig zu zivilisiertem Streit mit unangenehmen Zeitgenossen, und jederzeit bereit, Grundfreiheiten aufzugeben, wenn bloss die eigenen Empfindlichkeiten berührt sind (aber freilich dann darauf pochend, wenn es die eigene Seite trifft).

Das britische Vorgehen ist nicht nur rechtspolitisch fatal, es ist auch völlig unnötig: Gestern berichtete ein holländischer Muslimfunktionär stolz auf einer Tagung u.a. der Britischen Botschaft in Berlin, man habe den heraufziehenden Sturm um Wilders‘ Film „Fitna“ klug abgewandt, indem man unaufgeregt und entschieden reagiert habe und die eigenen Reihen ruhig gehalten habe. Mit den Sicherheitsbehörden habe man weiträumig im Vorfeld besprochen, wie eine Wutwelle zu handhaben sei, und selbst in die islamischen Staaten sei man gefahren, um dort Holland zu verteidigen: „Die Meinungsfreiheit, die ich in Holland als Muslim habe, steht auch unseren Gegnern wie Wilders zu“, sagte ein Vertreter des größten Muslimverbandes. „Das verteidige ich ganz offensiv in meinem Herkunftsland.“

„Fitna“ wurde so ein Non-Event. Wilders hatte sich verrechnet.

England geht einen verhängnsiwollen anderen Weg mit seinen Muslimen: Es ist eine ängstliche Politik der geringen Erwartungen und der ganz kleinlichen, faulen Kompromisse.

Wer die „Harmonie zwischen den Gemeinschaften“ stört, bedroht die öffentliche Ordnung, so heißt es in dem Brief an Wilders. Die Sprache erinnert an Orwells „1984“. Oder an chinesischen KP-Verlautbarungen. 

Ein schlechter Tag für Europa.