Mitbloggerin Miriam berichtet folgendes von der Integrationsfront:
Ich habe gestern einen Workshop zum Thema Respekt durchgeführt mit einer ethnisch bunt gemischten Gruppe von Hauptschülern (14 J.), darunter Albaner, Iraker, Italiener, Russen, Polen und ein paar Deutsche. Die Wortführer waren Jungs albanischer, irakischer und italienischer Herkunft – keine Schlägertypen , aber gut informiert über “die Szene”. Für drei Stunden ging die Post ab. Ehre, Ficken, Jungfräulichkeit, Schlampen, Schlagen, Schwule, Opfer, Bozkurt, Black Jackets, Knast und “mein Vater will nicht, dass ich wie mein Bruder/Cousin werde”: Alles kam zur Sprache. Ich war total beeindruckt von ihrer entwaffnenden Ehrlichkeit und ihrer Fähigkeit, die normativen Erwartungen ihrer jeweiligen Kultur und die Gesetze der Straße zu artikulieren. Schwer beeindruckt hat mich ihre Bereitschaft, sich auf meinen Ansatz einzulassen, dass diese Regeln und Gesetze in Albanien, im Irak, in Anatolien oder Sizilien zwar funktional sein mögen, aber in Deutschland kontraproduktiv und GG- bzw gesetzeswidrig seien, und dass man hier andere Lösungsansätze braucht. Und auch dass die Überwindung der Tradition der Preis dafür sei, dass man in diesem Land leben darf.
Es war eine total zivilisierte und respektvolle Debatte, die den Vergleich mit anderen Workshops, die ich für Sozialpädagogen, Lehrern oder Mentoren durchgeführt habe nicht zu scheuen braucht. Im Gegenteil: Es war mit das Spannendste, was ich je erlebt habe. Aber die ganze Zeit ging es letztlich um Gewalt: Gewalt als Mittel der Konfliktlösung, Gewalt als legitimes und notwendiges Erziehungsmittel, Gewalteinsatz, um die Ehre der Familie zu verteidigen, Gewalt gegen Töchter und Schwester, die sich wie Schlampen benehmen, Gewalt gegen deutsche “Opfer” (nicht gegen Nazis, denn die können sich wehren), Gewalt auf dem Fußballplatz.
Und dann beklagte sich ein junger, sehr sympathischer Italiener, dass er und sein Kumpel von zwei deutschen Jungs angemacht worden seien und sich gekloppt hätten, und dann sei die Polizei gekommen und hätten den Ausländern die Schuld gegeben. “Klar ist das unfair. Aber wundert dich das?”, habe ich ihn gefragt? Ich holte die Lokalzeitung vom Vortag aus meiner Tasche heraus und zitierte: 1. junger Frau das Handy geraubt; Täter vermutlich Südländer; 2. 49-Jähriger auf dem Fußgängerweg zwischen zwei am Rande der Stadt liegenden Dörfer von einer mit Messer und Pistole bewaffneten Gruppe junger Männer überfallen und ausgeraubt. Täter vermutlich Osteuropäer.” Und dann fragte ich ihn: “Und wer hat letztens den deutschen Jungen auf dem Sommerfest halb tot geschlagen?” “Die XY-Gang”. Und wer gehört dazu? “Kurden, Russen, Kroaten, Bosnier.”. “Und du wunderst dich, dass man annimmt, dass ihr angefangen habt?”. “Naja, eigentlich nicht.”
Ich habe die Jungs, die die Mitglieder der XY-Gang alle gut kennen, gefragt, warum diese Jungs (13 – 17 Jährige) sich trauten in ein anderes (eher bürgerliches) Viertel zu gehen und vor den Augen vieler deutscher Erwachsener sich einen deutschen Jungen zu schnappen und ihm so übel zuzurichten, dass jeder Knochen im Gesicht gebrochen wurde. Die einmütige Antwort lautete: ” Es war ein Skater, die sind alle Opfer. Und die XY-Gang hat die Black Jackets hinter sich.“
Zum Schluss mussten sie mir recht geben, dass man sich nicht wundern kann, wenn “die Deutschen” – und nicht nur die Skater mit den blöden Opferhosen – anfangen zu zittern, wenn eine Gruppe Jungmänner mit Migrationshintergrund auf sie zukommt, und dass die Polizei automatisch annimmt, die mit Migrationshintergrund seien schuld. Und dass die Deutschen aus ihrem Viertel ausziehen und nur Ausländer zurückbleiben. Und dass es keine deutschen Spieler mehr gibt in ihrem (ehemals) deutschen Fussballverein. Die Jungs haben sogar die Polizei in Schutz genommen und gemeint nicht alle Polizisten seien ausländerfeindlich oder so. Viele seien echt in Ordnung. Die Kids sind auch in Ordnung, und mit 14 “noch zu haben”. Und wenn die deutsche Gesellschaft sie nicht “holt”, dann werden es Typen wie die Black Jackets, die angeblich fleißig am Rekrutieren seien, es womöglich tun. Und dann wird es noch schwieriger, als Deutschtürke bei Sixt ein Auto zu mieten.