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Der Islam, liebstes Feindbild?

 

Am Wochenende auf einem Podium beim taz-medienkongress. Wie so oft ist es nachher nicht so leicht zu rekonstruieren, was man selbst gesagt hat. Das Thema war „Der Islam, mein liebstes Feindbild“. Auf dem Podium Hamed Abdel-Samad, Patrick Bahners (FAZ), Isabel Schayani (Monitor), Daniel Bax (taz). Moderiert wurde die Sache von Jan Feddersen (taz). Ein paar hundert Menschen füllten den großen Saal im „Haus der Kulturen der Welt“.

Unvermeidlich war es, dass diese Debatte so etwas wie eine Zwischenbilanz der Sarrazin-Diskussion versuchte. Abdel-Samad fand den Focus auf Sarrazin übertrieben; Patrick Bahners wunderte sich über manche bürgerliche Leser, die sowohl die Verteidigung des S. wie auch von Guttenberg und der Atomkraft verlangten (eine eigenartige Kombination, die sich mit Bahners Konzept von bürgerlich-liberalkonservativen Werten nicht verträgt); Isabel Schayani warnte bei allem Ärger über S. vor einer Verengung der Debatte auf die für den Mainstream genehmen Autoren; Daniel Bax zeigte sich alarmiert von der Akzeptanz für radikale Positionen in der bürgerlichen Mitte, die vor Jahren noch ausgegrenzt worden wären.

Ich habe versucht, auf dem Podium Positionen zu vertreten, nach denen auch dieser Blog hier funktioniert (wenn er denn funktioniert):

Polarisierung ist besser als Gleichgültigkeit (wenn sie nicht in Hass und Diffamierung ausschert).

Die deutsche Islamdebatte darf sich nicht harmloser machen als der innerislamische Streit um den rechten Weg in die Moderne. Keine Sprechverbote über Islamismus, mangelnde Geschlechtergerechtigkeit und andere Hemmnisse explizit theologischer Art für die Akkomodation des Islams im Heute.

Deutschland hat eine Debatte statt einer rechtspopulistischen Partei (so lange die Debatte nicht völlig desintegrierend wirkt – allerdings keine geringe Gefahr). (Mir ist’s lieber so, Abdel-Samad hätte lieber eine explizite Partei, damit diese sich entzaubern kann.)

Die Islamisierung des Diskurses über Integration muss zurückgefahren werden. Wir müssen wieder stärker unterscheiden zwischen religiösen, sozialen, bildungspolitischen, ökonomischen und sonstigen Problemen.

Die Mehrheitsgesellschaft darf ihre Identitätsdebatte (das ist die wichtigste Nebenfunktion des Islamkritikdiskurses) nicht auf Kosten einer religiösen Minderheit führen.

In zwei Punkten schien es mir einen Konsens auf dem Podium zu geben:

Unter allgemeinem Nicken sagte Abdel-Samad, dass „für eine größere soziale Mobilität in Deutschland gesorgt“ werden müsse. „Wenn Migranten die Gesellschaft mitgestalten können, dann wird sich einiges ändern.“

Und auch seine Hoffnung, dass der Wandel in der arabischen Welt das Bild des Islams (im Westen, aber auch in der islamischen Welt selbst) verändern werde, wurde vom Podium geteilt.