Lesezeichen
 

Wer den Gaza-Krieg gewonnen hat

Die vergangene Woche hat einige überraschende Erkenntnisse gebracht.

Erstens: Raketenabwehr funktioniert, und zwar sogar gegen unberechenbar fliegende Geschosse wie die Kassam-Raketen aus dem Gaza-Streifen. Noch besser funktioniert sie gegen größere Mittelstrecken-Raketen wie die Fadschr-Raketen iranischen Ursprungs. Und damit zeigt sich ein wenig beachteter Sinn der jüngsten Operation Israels: Die Abschreckung gegenüber dem Iran und seinen „Proxies“ Hisbollah und Hamas wiederherzustellen. Iran hat zwar öffentlich triumphiert über den „Erfolg“ der Hamas (der vor allem darin bestand, dass man immer weiter in der Lage war zu schießen, auch wenn man nichts mehr treffen konnte). Aber das nahezu perfekte Funktionieren von „Iron Dome“ ist eine schmerzliche Niederlage für Iran, das damit ohne Chance dasteht, Israel über die Terrorgruppen in seiner Nachbarschaft herauszufordern. Dies rückt auch einen Krieg gegen das iranische Atomprogramm näher in den Bereich des Machbaren.

Zweitens: Eine Muslimbruder-Regierung in Ägypten muss nicht notwendiger Weise eine Verschlechterung der Lage für Israel bringen. Im Gegenteil, mit Mursi ist erstmals wieder ein Akteur auf der Bühne, der mit beiden Seiten reden kann. Er ist genügend unter (wirtschaftlichem ) Druck, sein Land nicht zu isolieren. Er braucht die Kredite des IWF und die Milliarden der Hilfe aus den USA. Aber das ist nicht alles. Mursi muss Ägyptens strategische Interessen wahren, und die bestehen auch in einer Schwächung des iranischen Einflusses auf das Palästina-Thema. Hamas wieder in die MB-Familie zu reintegrieren und sie dem Einfluss von Damaskus und Teheran zu entziehen, ist Priorität für Ägypten. Auch deshalb, weil Unregierbarkeit in Gaza sich auf den Sinai auswirkt. Dortige Terrorgruppen arbeiten mit Teilen der Hamas zusammen, um gegen Israel vorzugehen. Sie greifen auch ägyptische Sicherheitskräfte an. Das muss aufhören, und auch darum will Mursi Hamas unter Kontrolle bringen. Israelische Kreise äußern sich erstaunlich positiv über sein bisheriges Agieren. Man ist bereit, eine Menge Rhetorik und Symbolik zu akzeptieren, solange Mursi konstruktiv bleibt. Auch hier ist der Kontrast zum Iran entscheidend: Es war von vornherein klar, dass Mursi keine Eskalation wollte, während Iran darauf setzt.

Drittens: Über Netanjahus Gründe für den Einsatz – und seine Zurückhaltung am Ende – sind eine Menge merkwürdiger   Thesen im Umlauf. Wegen der Wahlen soll er es angefangen haben. Das ergibt keinen Sinn, weil seine Wiederwahl so feststand wie nur was. Er hatte es schlicht nicht nötig. Im Gegenteil bringt eine Operation  wie diese große Risiken mit sich. Allerdings hatte die Notwendigkeit zu handeln sehr wohl etwas mit der Wahl zu tun: Es gab Druck seitens des Bevölkerung des Südens, endlich etwas gegen die hunderten Raketen zu tun. Die Hamas hatte offenbar (falsch) kalkuliert, man sei derzeit immun, eben weil Netanjahu nicht handeln würde wegen des Wahlkampfs und wegen der neuen Lage nach dem Arabischen Frühling (MB an der Macht). Man kann das Kalkül verstehen, denn entgegen seinem Image als Scharfmacher hatte Netanjahu bisher noch nie einen Befehl zu einer Militäroperation gegeben. Es war eine Premiere. Netanjahu hat sich dann entschlossen, unter großem Druck seitens der USA, keine Bodenoffensive zu machen. Er hat sicher auch das Risiko im Blick gehabt, dass dies wieder in einem PR-Fiasko enden könnte (wie „Cast Lead“ 2008)  und die Legitimität der Selbstverteidigung Israels, die diesmal nahezu unisono bekräftigt wurde, beschädigt würde. Er hat sich gegen die Invasion entschieden, obwohl ihm dies bei den Wählern schaden wird – denn viele wollten laut israelischen Umfragen, dass er Hamas diesmal den Rest gibt. Offenbar hatte er den Eindruck, dass die Ziele erreicht sind. Hamas reduziert, Iran abgeschreckt, Ägypten gewonnen.

Viertens: Auf einem anderen Blatt steht die Machtverschiebung auf der palästinensischen Seite, die durch diesen Krieg akzentuiert und beschleunigt wurde. Hamas ist die einzig relevante Kraft geworden. Abu Mazen ist „irrelevant“, wie hohe israelische Politiker mit einer gewissen Genugtuung sagen. Woher diese Genugtuung kommt, ist mir rätselhaft. Von Generälen oder Geheimdienstlern kann man dergleichen nicht hören. Sie loben die Sicherheitskooperation in der Westbank. Von dort flogen keine Raketen. Dass der Bus, der in Tel Aviv zum Glück ohne Todesopfer zerstört wurde, von Hamas-Kämpfern aus dem Westjordanland in die Luft gesprengt wurde, ist ein Omen für die Zeit nach dem Ende der PA, wenn solche Leute freie Hand haben werden. Warum es in Israels Interesse sein könnte, das auch noch zu befördern, erschließt sich mir nicht. Und hier kommen wir zum dunklen Kern des Erfolgs dieser letzten Woche: Die Stärkung der Hamas und die gleichzeitige Schwächung der Fatah um Abbas und Fajad macht eine Verhandlungslösung noch unwahrscheinlicher. Nächste Woche geht Abbas zu den Vereinten Nationen, um über den „Beobachterstatus“ für Palästina abstimmen zu lassen.Eine Lektion dieser Woche lautet, dass Bomben und Raketen mehr bringen als Gewaltverzicht, Dialogbereitschaft und das Ringen um diplomatische Anerkennung. Daraus wird nichts Gutes wachsen.

Hans Magnus Enzensberger hat den schönen Satz gesagt, es gebe Siege, die von Niederlagen schwer zu unterscheiden sind. Dies ist vielleicht so ein Fall.

 

 

 

 

Israelische Soldaten erzählen vom Dienst als Besatzer

Meine Reportage aus dem aktuellen ZEIT Magazin:

Wenn Jehuda Schaul die jungen Soldaten der israelischen Armee in Hebron sieht, kommen die Erinnerungen wieder zurück. Jehuda, ein bärenhafter 29-Jähriger mit Vollbart, war auch einmal hier eingesetzt. Er hat in dieser Stadt Dinge erlebt, die er bis heute nicht loswird: »Ich glaubte zu wissen, wer ich bin, was gut und was böse ist und wofür ich stehe. Nach 14 Monaten Hebron war nichts davon übrig. Als hätte man alles, was ich war, durch einen Schredder geschoben.«
Ein Besuch in Hebron ist für Jehuda immer auch eine Suche nach dem verlorenen Selbst. Es ist ein herrlicher Morgen. Wir gehen durch das Viertel Bab al-Khan im Herzen der Altstadt. Palästinenser dürfen hier nur eine Seite der Straße benutzen, hinter einer Betonbarriere. Die Straßen der alten Kasbah sind leer, die Geschäfte versiegelt und lange schon aufgegeben. Das Herz Hebrons ist abgestorben. Dies ist eine Geisterstadt, belebt nur von den Soldaten, die in kleinen Gruppen patrouillieren. Alles normal, wird es nach diesem Tag in den Lageberichten heißen.

Mit dieser Normalität kann Jehuda sich nicht abfinden. Er und ein paar Freunde haben nach ihrem Militärdienst eine Gruppe gegründet, die sich auf Hebräisch Schowrim Schtika nennt, auf Englisch Breaking the Silence – »Das Schweigen brechen«. Sie haben einen Kampf begonnen, der fast aussichtslos scheint, einen Kampf gegen die Sachzwänge der Realpolitik und die Trägheit des Herzens nach 45 Jahren der Besatzung.

Jehuda und seine Freunde vermeiden abgedroschene Formeln wie »Zweistaatenlösung« und »Friedensprozess«, die das Publikum nicht nur in Israel mittlerweile in Sekundenschlaf versetzen. Sie haben etwas Interessanteres, aber auch Schwierigeres zu bieten: die Erfahrung der Soldaten, die die Besatzung am Laufen halten. Den Blick vom Checkpoint aus, durch das Visier des Gewehrs, das Westjordanland im grünen Licht eines Nachtsichtgeräts.

Jehuda Schaul zeigt in Hebrons Altstadt, wie es hier vor der Zweiten Intifada aussah   Foto: J. Lau

Soldaten sprechen über ihren Dienst: Das ist überall heikel, umso mehr aberin Israel, dessen Existenzrecht immer noch infrage gestellt wird. Ohne Bereitschaft zur Selbstverteidigung gäbe es den jüdischen Staat längst nicht mehr. Die Armee ist auch heute noch die wichtigste Institution im Land. Sie hat es gegründet, sie erhält es, sie bewahrt die zionistischen Werte, sie macht Juden aus aller Welt zu Israelis. Erwachsen werden, Soldat werden, Bürger werden, das ist alles eins, wenn die 18-jährigen Männer für drei Jahre und die Frauen für 21 Monate eingezogen werden.

Die Aktivisten von Breaking the Silence waren alle in Hebron eingesetzt. Wie Jehuda ist auch die Geschäftsführerin Dana Golan, ebenfalls 29 Jahre alt, hier geprägt worden. Die beiden sind zusammen mit dem 33-jährigen Michael Manekin der harte Kern der Gruppe. »Die Menschen in diesem Land«, so beschreibt Dana Golan ihre Mission, »müssen sich klarmachen, was sie ihren Söhnen und Töchtern antun, die in der Besatzung dienen. Viele wollen lieber nicht genau wissen, was der Preis für das Besatzungsregime ist, was wir dort tun – und was das uns antut.«

Als Jehuda anfing, im Sommer 2001, trug er voller Stolz die olivgrüne Uniform. Es tobte die Zweite Intifada, ein blutiger Aufstand, der innerhalb von fünf Jahren 1036 Israelis und 3592 Palästinenser das Leben kosten sollte. Jehudas Brigade hatte die Aufgabe, die jüdischen Siedler der Stadt vor den Angriffen von Palästinensern zu schützen.

Hebron ist für Juden und Muslime ein heiliger Ort. Die Gräber von Abraham, Isaak und Jakob, Sara, Rebekka und Lea werden seit biblischer Zeit hier verehrt. Für diese Stadt, einen der am längsten ununterbrochen bewohnten Flecken der Erde, ist das Heilige immer wieder zum Fluch geworden. Weil Abraham auch im Islam als Urvater und erster Prophet gilt, tobt ein jahrhundertelanger Kampf um die Erinnerung, der immer wieder zu Pogromen und Massakern geführt hat. 1929 fielen 67 Juden einem Massenmord zum Opfer, 1994 erschoss der Siedler Baruch Goldstein 29 betende Muslime. In Hebron ist der Nahostkonflikt wie unter einem Brennglas zu beobachten.

An dieser Kreuzung in der Altstadt von Hebron hat sich während Jehudas Dienstzeit ein Selbstmordanschlag ereignet   Foto: J. Lau

Einige jüdische Siedlungen, das ist das Besondere, liegen in der früher arabisch dominierten Altstadt Hebrons. Die Siedlerbewegung hat hier angefangen. Nach Israels Sieg im Sechstagekrieg von 1967 wurde Hebron als Teil des Westjordanlands von israelischen Truppen besetzt. Bald begannen National-Religiöse, im Zentrum der Stadt Häuser zu besetzen. Eine Gruppe um den Rabbiner Mosche Lewinger mietete sich in einem Hotel für eine Pessach-Feier ein und blieb. Die Armee rückte an, um die Siedler abzusichern. So ging es immer wieder in Hebron: Checkpoints wurden errichtet, Straßen gesperrt. Die palästinensische Bevölkerung verließ infolgedessen das Zentrum zu Tausenden, und Hebron wurde durch den Oslo-Vertrag von 1994 eine geteilte Stadt: In »H1« sind die Palästinenser für die Sicherheit verantwortlich, in »H2« – dem alten Stadtkern – die Israelis. Allerdings versuchten die Siedler immer wieder, in palästinensisches Territorium vorzudringen.

Jehuda wurde Zeuge einer solchen Aktion. Eines Tages zu Beginn von Jehudas Dienstzeit hatte sich eine Gruppe jüdischer Siedlerfrauen mit ihren Kindern nach Abu Sneina aufgemacht, einem arabischen Stadtteil Hebrons. Das war lebensgefährlich. Aus diesem Quartier heraus war einige Wochen zuvor ein zehn Monate altes israelisches Baby von einem arabischen Heckenschützen erschossen worden. Es wimmelte in Abu Sneina von Militanten. Weiter„Israelische Soldaten erzählen vom Dienst als Besatzer“

 

Church of Negativity: Ein Tag in Bethlehem

Im Bus vom Damaskus-Tor nach Bethlehem viele junge Frauen mit Kopftüchern, offensichtlich viele Studentinnen darunter. Auf den gegenüberliegenden Sitzen zwei Freundinnen, die sich kichernd unterhalten, eine mit, eine ohne Kopftuch. Beide haben zum Büffeln Lehrbücher in „Business Administration“ auf dem Schoß.

What Business? denke ich, froh, dass es niemand hören kann.

Am israelischen Checkpoint wird ein junger Mann aus dem palästinensischen Bus herausgeholt. Vermutlich hat er keine oder nicht die richtigen Papiere dabei. Wir fahren weiter.
In Bethlehem gehe ich vom Halt der Linie 21 aus stadteinwärts. Bethlehem ist ein langgezogener Schlauch von parallelen Altstadtgassen, die alle auf „Manger Square“ zulaufen, den Ort, an dem die Geburtskirche sich  erhebt. Der erste Kilometer von der Haltestelle ist voller Shops für den täglichen Gebrauch, um den Manger Square herum dominieren die Souvenirläden. Allerdings verirren sich kaum Touristen und Pilger hierher. Es werden pausenlos Kruzifixe – und vor allem (Bethlehem!) Krippen – aus Olivenholz gedrechselt, aber sie liegen auf Vorrat in den Auslagen. Die Pilger werden in Gruppen  durch die Geburtskirche geschleust – heute sind Russen und Spanier da, alle mit lustigen Kappen kenntlich gemacht. Danach schleppt der Tourguide sie zu einem vorher ausgemachten Laden, wo er Kommission kassiert. Bethlehem gilt seit der zweiten Intifada vielen immer noch als unsicher, sie meiden den schönen Soukh.  Für die örtliche Wirtschaft ein Desaster.
Yousef spricht mich an, sein Englisch ist sehr gut. Er ist Lehrer, arbeitet aber nachmittags als Taxifahrer, um seine Familie zu ernähren. Seine Frau ist auch Lehrerin, und so reicht es mit drei Einkommen so gerade zum Durchkommen. Nach 21 Jahren im Beruf, sagt Yousef, verdient er 2.500 Schekel als Lehrer (ca. 500 €). Er und seine Frau haben sieben Söhne, obwohl er schon nach dem Dritten abgewunken habe. Aber meine Frau, sagt er, wollte eben unbedingt ein Mädchen, und so haben wir weiter probiert. Einer seiner Söhne träumt davon, in Dortmund Medizin zu studieren. Der Sohn lernt bereits Deutsch in Hebron, um sich vorzubereiten. Yousef scheint ein bisschen Angst davor zu haben, dass der Traum wahr werden könnte: Die Lebenshaltungskosten in Deutschland sollen sehr hoch sein, sagt er fragend. Jerusalem ist nur 9 Kilometer entfernt, aber Yousef darf normaler Weise nicht hin. In den letzten zehn Jahren konnte er zwei Mal Sondergenehmigungen der Israelis bekommen.
Ich gehe in die „Church of Nativity“. Ich muss lachen. Nach dem Gespräch mit Yousef habe ich gelesen: Church of Negativity.

In der Geburtskirche küssen die Spanier in Zweierreihen die Rosette, die den Ort der Geburt des Heilands markiert. Ich habe mich von der Ausgangsseite her eingeschlichen, ernte irritierte Blicke des orthodoxen Mönchs, der hier zuständig ist. Aber ich hatte ja nicht vor, mich zum Kuss der Geburtsstelle zwischen die alten Damen zu drängen, so komme ich glimpflich davon.
Am Platz gibt es eine Art offizielles Restaurant der PA, mit schöner Terrasse. Auch hier ist nichts los. Der Limonensaft mit Minze ist köstlich. Ahmed trinkt mit seinem Freund das Gleiche und spricht mich an. Er ist in einem Flüchtlingslager außerhalb der Stadt geboren, und er ist, so  stellt sich heraus: noch ein unterbeschäftigter Taxifahrer. Auch sein Englisch ist sehr gut. Die Besatzung sei „boring“, sagt er. „I hate this life. I want to get away.“ Wohin? Nach Californien, eine bessere Zukunft für sich, seine Frau und seine beiden Töchter. Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie auch unter so beschränkten Umständen aufwachsen sollen. Sein ganzes Leben lang ist das schon so, er ist Jahrgang 1978.
Seine Frau ist seit sieben Monaten bei ihrer Familie in Gaza. Jahrelang war sie nicht dort gewesen. Dann hatte er endlich das Geld zusammen für die Reise: über Jordanien nach Ägypten, dann über Rafah nach Gaza. Umgerechnet 1000 € hat es ihn gekostet, ein Vermögen. An der Grenze nach Gaza mußte er sie zurücklassen. Er vermißt die Familie. Ob er nicht auch hinkönne, frage ich: Nein, ich bin in der Fatah, sagt er. Es wäre zu gefährlich.
Mir reicht es, sagt Ahmed, ich will reisen könne wie Sie, wie die ganze Welt. Mit welchem Recht bin ich hier eingesperrt?
Dann muss ich zurück zum Bus nach Jerusalem. Am Checkpoint nach Jerusalem steigen die Palästinenser aus und zeigen den israelischen Soldaten ihre Dokumente. Ich bleibe mit den paar anderen westlichen Besuchern im Bus sitzen, zwei Amerikanerinnen und ein Franzose. Für uns bemühen die Soldaten sich in den Bus. Sie gucken die Papiere gar nicht genau an, das Ganze ist ein Zeremoniell geworden. Dann steigen die Palästinenser wieder ein.

Das Mädchen mit Kopftuch neben mir holt ein Lehrbuch aus dem Rucksack: „Klinische Psychiatrie“ auf Englisch.

 

Die Herrschaft der Bärtigen – und die Außenpolitik des Westens

(Ein paar unsystematische Überlegungen zur Lage, mehr Fragen als Antworten…)

Das größte Ereignis in der Außenpolitik dieses Jahres – jedenfalls unter den vorhersehbaren – hängt wahrscheinlich an der Innenpolitik der USA: Obamas Wiederwahl ist nicht so sicher wie mancher glaubt, nicht nur wegen des Konkurrenten Mitt Romney, sondern auch wegen Faktoren wie der höchstrichterlichen Entscheidung über Obamas Gesundheitsreform. Auch das ist schon interessant.
Obama könnte darüber fallen, dass er die Amerikaner zwingen wollte, sich krankenzuversichern. Ob ihm jemand mal eine Bismarck-Biografie reichen könnte?

Zweite Möglichkeit für Obamas Scheitern: Mehr Chaos in Europa nach der griechischen Wahl,  „Grexit“ (Griechenland verläßt den Euro), Ausweitung der Krise auf Spanien und Italien und in der Folge Deutschland. Dies könnte die amerikanische Wirtschaft empfindlich treffen – und damit den Präsidenten. Chancen für Romney, auf einer No-Bailout-Plattform die Wahl zu gewinnen? So eng hängt das alles zusammen, möglicher Weise.

Aber lassen wir die Krise bis nach dem Wochenende beiseite. Zu ein paar klassischen außenpolitischen Themen:
Der Krieg in Afghanistan verliert in Amerika rapide an Rückhalt. Vielleicht beschleunigt sich der Abzug noch einmal, und damit auch die Bewertung: Alles rückt doch immer näher an ein Vietnam-Szenario, bei dem man schnell noch in den letzten Hubschrauber will.
Dieser Krieg haben wir innerlich längst abgehakt, wir haben schon zu viele andere Dinge in der Region auf der Platte. Amerika ist erschöpft und mit sich selbst beschäftigt. Europa dito. Eine Bilanz der Ära des Interventionismus steht aus.

Isolationismus ist keine Alternative – aber wer sagt denn, dass es nur diese beiden Möglichkeiten gibt? Als Dritter Weg erscheint zur Zeit Obamas Kombination aus „Politik der ausgestreckten Hand“ (gegenüber der muslimischen Welt im allgemeinen, anfangs sogar gegenüber Iran, allerdings mit sehr ernüchternden Ergebnissen) bei gleichzeitiger Eskalation von Drohnenkrieg, Cyberwar und Special Ops (→ exit Bin Laden). Allerdings erscheint diese Kombination selbstwidersprüchlich und unglaubwürdig, je härter der Schattenkrieg geführt wird. Der Präsident, der sich im Oval Office die kill list vorlegen lässt mit den schlimmsten Terroristen, die man dann mttels Drohne wegpusten wird – das ist schon eine extrem ambivalente Vorstellung. Allmacht und amerikanischer Abstieg in  einem Bild: Der Präsident kann und will keine Truppen mehr schicken, aber mit einem Federstrich ist er Staatsanwalt, Richter und Henker in einer Person. Bush brachte Terrorverdächtige noch nach Guantanamo, Obama kann Guantanamo nicht schließen und macht nun erst gar keine Gefangenen mehr.

Für Deutschland ist das Ende des Interventionismus eine merkwürdige Entwicklung, schwer zu verdauen: Man hat in Afghanistan einen Krieg geführt, der erst keiner sein durfte.
Dann hat man sich gerade daran gewöhnt, dass es doch einer war, und da ist es auch schon vorbei und die Sache droht zum Volldebakel zu werden. Wir wollen nur noch raus. War alles umsonst?

Außerdem will man sich nun eine Armee geben, die professioneller und einsatzfähiger sein soll, aber das mit immer weniger Mitteln. Und dies in einem Moment, in dem die Einsätze per se fragwürdig geworden sind und wir eigentlich nie wieder irgendwo mitmachen wollen, wenn’s denn nach uns geht. Dazu am Ende mehr.
Was Afghanistan angeht, könnte 2012 bereits zum Jahr der Wahrheit werden, wenn die Franzosen bei ihren Abzugsplänen bleiben.

Aber womöglich werden wir auch durch andere Konflikte so in Atem gehalten werden, dass die Sache einfach so nebenher ausläuft.

Syrien: Ein Szenario, das dieser Tage immerhin wieder möglich scheint: Dass Assad auf Machterhalt setzt und weite Teile des Landes hält, während er in anderen weniger hart durchgreift. Er könnte seine Unterdrückung unter dem Level halten, das eine Intervention irgendwann nötig machen würde. Als Paria würde er sich auf einige bittere Jahre einstellen, nach denen die Welt dann doch wieder mit ihm dealen muss. So wie früher, vor dem Arabischen Frühling. Da die Euphorie für Demokratisierung einstweilen verflogen ist, vielleicht keine undenkbare Vorstellung für die westliche Politik. Voraussetzung dafür wäre, dass er auf den Annan-Friedensplan im Ernst eingeht und nicht nur aus rein taktischen Gründen, was bisher alle Beobachter glauben. Was passiert, wenn er nicht so schlau ist und einfach weiter auf brutalste Methoden setzt, weiß niemand. Klar ist nur, dass es dann in absehbarer Zeit keine Zukunft mehr mit Assad geben kann. Vielleicht ist das jetzt auch schon so. Wahrscheinlich sogar.

Und damit kommt man zu der Kardinalfrage der kommenden Jahre für diese unsere Nachbarschaft:
Islamismus und Demokratie: Geht das zusammen? Und geht es dort, wo es drauf ankommt – in Ägypten, nicht nur im kleinen Tunesien? Was bedeutet es für die Minderheiten im Land, für die Christen des Orients? Droht ihnen nun dasselbe wie einst den Juden, nachdem die Muslimbrüder und Salafisten überall drankommen? Exil für alle, die es schaffen, die es sich leisten können, die im Westen einen Platz finden wie die irakischen Chaldäer, die wir vor Jahren aufgenommen haben?
Was bedeutet die Herrschaft der Bärtigen für die Frauen? Was bedeutet sie für die Geopolitik der Region?
Die Muslimbruderschaft scheint sich nach neuesten Berichten überraschender Weise eher mäßigend auf die Hamas auszuwirken: Heißt das, die neue politische Verantwortung verändert den Islamismus? Das muss man beobachten.
In der Region ist der führende Konflikt nun einer, in dem nicht Israel gegen die Araber steht, sondern ein despotischer Öl-Islamismus sunnitischer oder schiitischer Provenienz (Saudi-Arabien, Iran) gegen einen demokratisch gewählten sunnitischen Islamismus ohne Öl (MB und Salafis in Ägypten, unterstützt von undemokratischen Autokratien wie Katar und Saudiarabien, die Öl und Gas haben). Ein Subtetxt des Syrien-Konflikts liegt darin: der iranisch-schiitische Öl-und Gas-Islamismus, der die Bombe will, wird bedrängt von den sunnistisch-islamistischen Despoten der Arabischen Halbinsel.

Salafisten mischen überall mit und verweisen die MB auf den ungewohnten Platz der „moderaten Kräfte“. Der Kampf zweier, dreier, vieler Islamismen um die Modernetauglichkeit? Ist das das große Thema?
Wie gehen wir mit den an die Macht drängenden Islamisten um? Wollen wir Dialog? Kooperation? Wo sind die Roten Linien? Wir haben kein Konzept, wir wissen nur, dass wir es nicht so machen können wie mit Hamas nach 2006, als wir Bedingungen genannt haben und – als diese nicht erfüllt wurden –, auf Boykott setzten. Ägypten kann man nicht boykottieren wie Gaza.

Spannend wird es auch sein zu sehen, wie die türkischen Islamisten den Aufstieg der Muslimbrüder in der ganzen Region beobachten: Vielleicht bald mit Schrecken? Als Lehrmeister? Als Modell? Das wäre interessant.
Die Arabische Revolution ist auch im zweiten Jahr nach Beginn der Aufstände nicht abgeschlossen. Was in Tunesien mit der Selbstverbrennung eines Obsthändlers begann, hat unterdessen weite Teile der arabischen Welt erfasst: der Aufstand gegen die alten Autoritäten und der Versuch, neue – repräsentativere und volksnähere – an ihre Stelle zu setzen. In Tunesien scheint der Übergang am besten gelungen, obwohl auch hier radikale Islamisten den Freiheitsgewinn bedrohen, der durch die Überwindung der Militärherrschaft möglich wurde. In Bahrain wurde der Aufstand brutal niedergeschlagen, im Jemen musste der langjährige Herrscher Salih immerhin weichen und ein Nachfolger wurde gewählt. Eine Verfassungsreform steht noch aus.

Für den westlichen Beobachter stellen sich drängende Fragen vor allem mit Blick auf die beiden wichtigsten Länder: Syrien und Ägypten. Beide Länder haben auch die größten nichtmuslimischen und innermuslimischen Minderheitengruppen – damit stellt sich in ihnen die Frage nach der Möglichkeit von Dialog und Pluralismus am drängendsten. Ob der Wandel in den arabischen Ländern gelingt, wird sich nicht zuletzt am Schicksal der Minderheiten in Syrien und Ägypten erweisen.

Es scheint unerlässlich, dass auch in Syrien ein Machtwechsel stattfindet. Das Assad-Regime ist diskreditiert, weil es von Beginn auf brutale Gewalt setzte, um die legitimen Forderungen der Opposition zu unterdrücken. Trotzdem bleibt es dank des Militärs vorerst weiter an der Macht – oder wird nur unter hohem Blutzoll von dort zu vertreiben sein. Wie kann in dem konfessionell gespaltenen Land, das von einer Minderheit, den Alawiten, beherrscht wird, eine neue Ordnung gelingen, die dem religiösen Pluralismus der syrischen Gesellschaft Rechnung trägt?
Bei der christlichen Minderheit herrscht Furcht vor einem sunnitisch-theokratischen Regime als Folge eines absehbaren Zusammenbruchs der Assad-Diktatur. Was kann der Westen in dieser Lage beitragen zu einem Übergang ohne Bürgerkrieg und ohne abermalige Intervention in einem weiteren muslimischen Land? Kann die Weltgemeinschaft helfen, die verfeindeten Gruppen nach einem Ende der Diktatur in einen Friedensprozess zu bringen – ähnlich wie auf dem Balkan?

In Ägypten scheint offener als zuvor, was die neue Ordnung für die Renaissance des politischen Islams nach der Rebellion bedeuten wird. Unbestritten ist, dass das Ende des Mubarak-Regimes die Religion als öffentliche Macht, und die religiösen Parteien als ihre Verkörperung, wieder ins Recht gesetzt hat. Die zuvor unterdrückten Bewegungen des politischen Islams genießen verständlicher Weise die höchsten Glaubwürdigkeitswerte, schon weil sie nicht Teil des korrupten Systems waren. Außerdem sind sie sehr viel besser organisiert als die sakulär-liberalen Kräfte, und verfügen über ein Netzwerk von Moscheen. Muslimbrüder und – überraschender noch: Salafisten – teilen sich den Erfolg an der Wahlurne. Sie konkurrieren auch miteinander, und so darf man im islamistischen Lager in Zukunft weitere Debatten, Abspaltungen und Differenzierungen erwarten.
Der Arabische Frühling, der mit dem Protest der Jugend begann, hat tatsächlich die Farbe Grün angenommen, aber es ist das Grün des Propheten. Die spannende Zukunftsfrage ist, wie ein politischer Islam die wichtigste arabische Gesellschaft prägen wird, der nicht auf Sponsoring durch Öl-Geld beruht (also anders als im Iran oder auf der arabischen Halbinsel). Und vor allem: Wieviel Freiraum wird das Militär dieser Entwicklung gewähren? Wird sich Ägypten mehr in Richtung der Türkei oder mehr in Richtung Pakistan entwickeln?

Wird die absehbare weitere Islamisierung der Gesellschaft religiöse Minderheiten und Säkulare an den Rand drängen? Und in Reaktion darauf: Ist religionsübergreifende Zusammenarbeit die Antwort auf die Herausforderung? Oder steht nun eine Phase der Konfessionalisierung und Zersplitterung der arabischen Gesellschaften an, in der Christen (und auch Schiiten und Bahai) nur auf Minderheitenrechte als Bürger zweiter Klasse hoffen können?
Für christliche Minderheiten und ihre Paten im Westen besteht die Gefahr, in die Falle des Konfessionalismus zu tappen. Soll man sich für Minderheitenrechte einsetzen – oder für gleiche Rechte für alle ägyptischen Bürger im Namen des Universalismus?

Was wird aus dem Christentum Nordafrikas? Kann sich Ägypten (mit seiner tourismuslastigen Wirtschaft) stabilisieren, wenn politische Zerreißproben zwischen Militär und Muslimbrüdern, Muslimbrüdern und Salafisten, Säkularisten und Islamisten, Christen und Muslimen drohen? Und wenn in Syrien ein offener Bürgerkrieg ausbrechen sollte, droht dann die Libanonisierung der gesamten Region, der Zerfall in ethnisch-religiös dominierte Instabilität?

Welchen Kompromiss es in Ägypten zwischen den demokratischen Kräften und den Beharrungskräften im alten Regime geben könne, ist weiter offen. Das Militär ist vor allem an der Stabilität des Landes und der Sicherung der eigenen (auch wirtschaftlichen) Ressourcen interessiert. Wie weit darum die Zugeständnisse an die demokratischen Forderungen gehen könnten, wird auch daran hängen, ob das Militär Macht und Einfluß in den neuen Verhältnissen wahren kann.
Aber: Der demokratische Geist ist aus der Flasche, und niemand wird ihn wieder hinein stopfen können. Ob und in welchen Formen er institutionalisiert werden kann, wird wohl erst in einem langen Prozess deutlich werden.

Die Wetten stehen darauf, dass der Nahostkonflikt eingefroren sei. Niemand weiß weiter. Alle denken freilich, dass es so nicht weiter gehen kann. Niemand hat einen Plan. Die Palästinenser sind die großen Verlierer des arabischen Erwachens. Tolle Sache für Netanjahu und Lieberman, die eh nichts machen wollten.
Warum einen unlösbaren Konflikt anpacken? Obama ist gelähmt bis November, er kann nur verlieren, wenn er nun wieder mit dem Thema Siedlungen und Verhandlungen käme. Das Thema Iran ist doch viel wichtiger zur Zeit.
So offensichtlich das scheint, ich habe den Verdacht, dass diese Politik der Vermeidung bald auffliegen wird. Sie hängt an der Fiktion einer Machbarkeit der „Zweistaatenlösung“: Wenn nur erst Obama wiedergewählt ist! Wenn nur erst die palästinensische Versöhnung vorankommt! Wenn nur erst das Iranproblem gelöst ist! Wenn Ägypten einen Präsidenten hat, wenn die Lage in Syrien klarer ist, wenn die Palästinenser gewählt haben, wenn die UNO Vollversammlung über die Mitgliedschaft Palästinas befunden haben wird… Wenn, wenn, wenn.

Währenddessen sagen viele, dass die Zeit für eine Zweistaatenlösung längst vorbei ist und die Welt daran eigentlich nur noch festhält aus horror vacui. Was sonst hätte man anzubieten?
Es gibt aber unterdessen glaubhafte Stimmen, die sagen, man müsse endlich von dieser Fiktion Abschied nehmen, weil sie eigentlich nur dafür sorgt, dass alles immer so weiter gehen kann.
Wir stellen die Sache meistens so da, dass es die Wahl zwischen Ein- und Zweistaatenlösung gebe. Die Einstaatenlösung wäre dabei synonym mit dem Ende Israels als demokratischer und jüdischer Staat, weil die Demographie der arabischen Bevölkerung eine Mehrheit verleihen würde. Manche Verteidiger der Einstaatenlösung streben dieses Ziel ganz offen an, die meisten tun es etwas oberschlau heimlich, wohl wissend, was die Konsequenzen wären, wenn ihre Wünsche wahr würden. Das gilt für weite Teile der Boykott- und Sanktionsbewegung. Sie wollen Israel abschaffen, in einem demokratischen Mehrheitspalästina auflösen.

Die Zweistaatenlösung hingegen, das bedeutet – Rückzug Israels aus der Westbank, Abzug der meisten Siedler hinter die “Grüne Linie”, Austausch von Gebieten im Ausgleich für die verbleibenden Siedlungen, Entmilitarisierung des palästinensischen Staates, Teilung Jerusalems in zwei Hauptstädte für zwei Völker, Rückkehr einer symbolischen Zahl von Flüchtlingen und globale Entschädigung für den Rest; im Gegenzug dafür sofortige Anerkennung Israels durch 57 arabische und islamische Staaten wie in der arabischen Initiative festgelegt. Sie gilt in der offiziellen Politik Israels und in der gesamten internationalen Community als einzige gangbare Möglichkeit, Israel langfristig als jüdischen und demokratischen Staat zu erhalten.
Wenn es aber so ist, wie die Vertreter der Zweistaatenlösung behaupten, dass nur sie das Überleben eines demokratischen jüdischen Staates garantieren kann, dann muss man sich die Frage stellen, warum sie bloß so halbherzig verfolgt wird. In Wahrheit geht die Entwicklung “am Boden” immer mehr in die Richtung einer Einstaatenlösung. Seit dem Oslo-Prozess, der eigentlich das Ende der Siedlungstätigkeit einläuten und die palästinensische Souveränität vorbereiten sollte, ist die Population in den besetzten Gebieten um das Zweieinhalbfache gewachsen. Es wächst schon die dritte Generation heran, die als Besatzer geboren wurde. Und auf der anderen Seite die dritte Generation von Palästinensern unter der Besatzung. “Temporär” ist das nicht.
Es wird, glauben selbst ihre Anhänger, keine Zweistaatenlösung geben. Warum?
Weil es einen Bürgerkrieg in Israel heraufbeschwören würde, die Siedlungen zu räumen; weil Israel zur Zeit (vom Iran-Problem abgesehen) eine Phase der Sicherheit, Prosperität und Stabilität durchläuft; weil Israel seiner gesamten Umgebung (die derzeit eine unabsehbare Phase von Revolte und Umbruch durchmacht) so weithin überlegen ist wie noch nie zuvor (von Iran abgesehen, aber vielleicht auch in dieser Hinsicht); weil die diplomatischen Kosten der Besatzung noch nie so gering waren wie heute; weil die palästinensische Führung gespalten und geschwächt ist und das Thema “Palästina” die Araber nicht mehr vordringlich beschäftigt; weil es in Israel aus allen diesen Gründen kein politikfähiges Friedenslager mehr gibt; weil die kontinuierliche Entwicklung der israelischen Gesellschaft hin zu einer konservativeren und religiöseren politischen Identität die Institutionen bis ins Militär hinein verändert hat. Aus all diesen Gründen ist der Status Quo (keine schöne, aber) die optimale Option für das Land. Die überragende Popularität von Netanjahu ist der Ausdruck dieser Lage, sein breite parlamentarische Mehrheit, sein Kabinett der nationalen Einheit inklusive Kadima macht es ihm möglich, weiterhin nichts zu tun.
Ich habe den Eindruck, dass auch in dieser Hinsicht dieses Jahr ein Jahr der Wahrheit werden könnte.
Das Jahr, in dem die Fiktion eines verhandelten Friedens offenbar wird. Was dann? Alle zittern vor diesem Moment.

Vom unwahrscheinlichen Frieden noch schnell zum wahrscheinlichen Krieg: Krieg mit Iran?
Das hängt nun sehr von Iran selber ab. Gespräche über das Atomprogramm haben begonnen. Zur Zeit sind sie schon wieder in einer Krise. Wenn Iran sich abermals stur stellt oder nur allgemein rumquatscht wie letztes Mal, dann könnte die Diplomatie scheitern. Diesmal wäre das ernst, denn die Sanktionsmöglichkeiten sind nahezu ausgereizt. Eine Eskalation wäre dann kaum noch zu verhindern.
Für die beteiligten 5+1 heißt das umgekehrt: Sie müssen in den Verhandlungen scharf genug sein, um beim Iran eine Verhaltensänderung zu mehr Transparenz zu bewirken. Und wenn sie zu scharf sind und das ganze auf eine öffentliche Demütigung Irans rausliefe (in den Augen des Irans, und da geht das schnell), dann könnten sie eine Logik auslösen, nach der Iran sich nur zurückziehen kann: Denn dort sind im kommenden Jahr Präsidentschaftswahlen, und da kann sich keiner der Kandidaten leisten, sich gegenüber den „Mächten der Arroganz“ nachgiebig zu zeigen.
Israel wird das alles beobachten. Die Stimmung im Land ist widersprüchlich: Nur ein Drittel ist dafür, alleine loszuschlagen. Aber vor die Alternative gestellt, mit der iranischen Bombe zu leben oder einen Krieg zu riskieren, sind zwei Drittel zum Krieg bereit.
Diejenigen, die einen Krieg für wahrscheinlich halten, rechnen im letzten Jahresviertel damit.
Deutschland müsste dann noch einmal die Frage beantworten, was „Staatsräson“ eigentlich genau bedeutet.

 

Warum es richtig ist, dass Deutschland atomwaffenfähige U-Boote nach Israel liefert

Mein Leitartikel aus der ZEIT vom 6. Juni 2010, S. 1:

Seit vier Jahren fragt sich die Welt, was genau Angela Merkel mit dem berühmten Satz vor der Knesset meinte, die Sicherheit Israels sei »Teil der deutschen Staatsräson«. Der Satz wird immer rätselhafter, je länger er dasteht. Der neue Bundespräsident Joachim Gauck hat sich auf seiner Israel-Reise geweigert, ihn nachzusprechen. Israels Sicherheit sei »bestimmend« für die deutsche Politik, verschlimmbesserte Gauck Merkel. Bestimmend?

Was heißt das? Eine mögliche, die handfeste Antwort liegt in Kiel im Dock, sie ist 57 Meter lang und wird bald an Israel ausgeliefert. Deutschland verkauft an Israel U-Boote, wohl wissend, wie jetzt der Spiegel berichtet, dass die Dolphins neben konventionellen Waffen auch Atomraketen tragen werden. Verbieten unsere Rüstungsexportrichtlinien nicht die Lieferung von Waffen in Krisenregionen? Und darf ein Land, das sich der atomaren Abrüstung verschrieben hat, atomwaffenfähige U-Boote an -Israel verkaufen?

Die Antwort ist Ja. Es ist richtig, dass Deutschland Israel U-Boote liefert – selbst dann, wenn diese mit strategischen Atomraketen ausgestattet werden. Israel ist in der nüchternen Sprache der Militärstrategen ein one-bomb country, also mit einer einzigen Bombe auszulöschen. Deutsche U-Boote verleihen dem winzigen Land eine »Zweitschlagfähigkeit«: die Möglichkeit, einen Gegner auch nach einem vernichtenden Schlag noch zu treffen. Deutschland sichert Israels Existenz, indem es dem jüdischen Staat zu glaubwürdiger Abschreckung verhilft. Boote mit nuklearen Marschflugkörpern verdeutlichen den Feinden des jüdischen Staates den Preis einer Aggression. Israels Atomrüstung ist der Reflex auf eine existenzielle -Be-drohung, die bei allen Fortschritten der Nahostpolitik geblieben ist. Das anzuerkennen bedeutet nicht, die Tagespolitik der Regierung Netanjahu gutzuheißen.

Wer Israels Sicherheitsgefühl erhöht, verhindert hoffentlich den Erstschlag

Aber verträgt sich der Waffendeal mit den Warnun-gen deutscher Politiker vor einem Präventivschlag Israels gegen Irans Atomanlagen? Unterhöhlt er nicht die Iran-Diplomatie? Im Gegenteil. Die deutschen Boote wären militärisch-technisch ungeeignet für einen Angriff auf Irans Atomanlagen. Sie geben Israel aber die »strategische Tiefe«, die die Geografie dem Land zwischen Mittelmeer und Jordan verweigert.

Wer Israels Sicherheitsgefühl durch plausible Abschreckung erhöht, macht den Erstschlag unwahrscheinlicher – und zugleich wahrscheinlicher, dass die Menschen in Tel Aviv und Jerusalem aus einer Position der Stärke der Diplomatie im Iran-Konflikt eine Chance geben. Der U-Boot-Deal hat eine übersehene Pointe, weil er Benjamin Netanjahus apokalyptischer Iran-Rhetorik zuwiderläuft: Ein Israel mit Atom-U-Booten, vor denen die Staaten der Region sich fürchten, steht nicht wehrlos vor einem »zweiten Auschwitz«, wie der Premierminister gern suggeriert.

Es steckt eine weitere gute Nachricht in der U-Boot-Lieferung, die der offiziellen Doktrin widerspricht: der Kern für ein Containment Irans, für eine Eindämmungspolitik, die in Israel noch als Tabu behandelt wird. Weil wir Deutschen seit zwei Jahrzehnten nur noch von Freunden umgeben sind, haben wir die Lehren des Kalten Krieges vergessen. Eine lautet: Wer den Gegner für abschreckbar hält, unterstellt ihm eine Rationalität, die zunächst Eindämmung und Verhandlungen und dann schließlich Koexistenz möglich macht. Wer mit strategischen Waffen droht, sieht die andere Seite als berechenbaren Gegner, dem an Machtentfaltung und Selbsterhaltung mehr liegt als an dem apokalyptischen Ziel, »Israel aus den Annalen der Geschichte zu tilgen« (Ahmadinedschad).

Warum aber eigentlich jetzt erst die Aufregung? Die deutsche U-Boot-Politik ist ja nicht neu: Unter Helmut Kohl wurden bereits drei Dolphins ausgeliefert, Gerhard Schröder bewilligte zwei weitere, und Angela Merkel sagte dann schließlich ein sechstes zu. Doch erst Merkel muss eine Politik rechtfertigen, die man ihren Vorgängern noch stillschweigend durch-gehen ließ.

Es gibt offensichtliche Gründe: Ein israelischer Schlag gegen den Iran ist wahrscheinlicher geworden. Die aktuelle israelische Regierung treibt durch hartleibige Siedlungspolitik selbst Freunde zur Verzweiflung. »Völkerrechtswidrig« hat Angela Merkel die Siedlungen genannt. Netanjahus Unwilligkeit zu Friedensverhandlungen hält sie für selbstzerstörerisch. Trotzdem lässt sie zu Recht weiter Boote liefern, denn die haben strategische und keine tagespolitische Bedeutung.

Die deutsche Opposition fordert nun, die Lieferungen an israelisches Wohlverhalten in der Palästinafrage zu knüpfen. Falsch: Nichts würde den Palästinensern mehr schaden, als ihr Schicksal mit dem israelischen Trauma zu verbinden, dass der Judenstaat im Zweifelsfall immer allein dasteht.

Deutsche Regierungen – linke wie rechte –  haben seit Jahrzehnten in Israels Sicherheit investiert. Sie sollten selbstbewusst dazu stehen. Insofern schadet es nicht, dass beim sechsten U-Boot endlich richtig öffentlich diskutiert wird.

Deutsche Staatsräson kann aber nicht bedeuten, selbstschädigende israelische Politik zu stützen. Im Gegenteil: Für Israels Sicherheit eintreten bedeutet, Netanjahu zu Siedlungsstopp und Friedensverhandlungen zu drängen – noch stärker als bisher. Deutschland hat nicht zuletzt durch die U-Boot-Deals verdient, als kritischer Freund ernst genommen zu werden.

 

Warum man die Zweistaatenlösung vergessen kann

Dieser Essay von Noam Sheizaf hat es in sich: Ein führender Vertreter der jungen israelischen Linken erklärt, warum der Status Quo  – also die dauerhafte Besatzung des so genannten „Westjordanlands“ (das irriger Weise immer noch so heißt, obwohl es sicher nie wieder zu Jordanien gehören wird) – für Israel die rationalste Wahl ist.

Noam Sheizaf, der Mitbegründer des linken Blogs „+972“ (nach Israels internationaler Vorwahl), bricht damit ein Tabu nicht nur der israelischen Linken, sondern auch der rechten Mitte, die offiziell an der so genannten Zweistaatenlösung festhält. Bisher, so Sheizaf, wurde die Alternative für die israelische Politik immer präsentiert als die Wahl zwischen Ein- und Zweistaatenlösung. Die Einstaatenlösung wäre dabei synonym mit dem Ende Israels als demokratischer und jüdischer Staat, weil die Demographie der arabischen Bevölkerung eine Mehrheit verleihen würde. Manche Verteidiger der Einstaatenlösung streben dieses Ziel ganz offen an, die meisten tun es etwas oberschlau heimlich, wohl wissend, was die Konsequenzen wären, wenn ihre Wünsche wahr würden. Das gilt für weite Teile der Boykott- und Sanktionsbewegung.

Die Zweistaatenlösung – Rückzug Isarels aus der Westbank, Abzug der meisten Siedler hinter die „Grüne Linie“, Austausch von Gebieten im Ausgleich für die verbleibenden Siedlungen, Entmilitarisierung des palästinenischen Staates, Teilung Jerusalems in zwei Hauptstädte für zwei Völker, Rückkehr einer symbolischen Zahl von Flüchtlingen und globale Entschädigung für den Rest; im Gegenzug dafür sofortige Anerkennung Israels durch 57 arabische und islamische Staaten wie in der arabischen Initiative festgelegt – gilt hingegen in der offiziellen Politik Israels und in der gesamten internationalen Community als einzige gangbare Möglichkeit, Israel langfristig als jüdischen und demokratischen Staat zu erhalten.

Es gibt andere Vorstellungen, die in Israel sehr wohl Teil des akzeptierten politischen Spektrums sind – „Transfer“ der Palästinenser; oder Annexion plus Zugeständnis weiterer ziviler Rechte an die Palästinenser, allerdings unter Ausschluss voller politischer Rechte (um den jüdischen Charakter des Staates zu wahren); schließlich die Hoffnung, dass viele Palästinenser von alleine gehen werden, wenn sie die Aussichtslosigkeit ihres Kampfes um Souveränität erkennen müssen. Der palästinensische Philosoph Sari Nusseibeh hat soeben einen Vorschlag gemacht, der sich aparter Weise mit den Vorstellungen von Teilen der israelischen Rechten deckt (wahrscheinlich in der paradoxen Hoffnung, eine Diskussion anzustoßen, die am Ende doch der Zweistaatenlösung vorhilft).

Diese Konzepte sind aber international nicht politikfähig, weil das Dogma der Zweistaatenlösung aus verschiednesten Gründen – die nicht alle mit der Lage vor Ort zu tun haben – hochgehalten wird. Es ist dabei, zur Lebenslüge der internationalen Politik zu werden. Dazu ein andermal mehr.

Wenn es aber so ist, wie die Vertreter der Zweistaatenlösung behaupten, dass nur sie das Überleben eines demokratischen jüdischen Staates garantieren kann, dann muss man sich die Frage stellen, warum sie so halbherzig verfolgt wird. In Wahrheit geht die Entwicklung „am Boden“ immer mehr in die Richtung einer Einstaatenlösung. Seit dem Oslo-Prozess, der eigentlich das Ende der Siedlungstätigkeit einläuten und die palästinensische Souveränität vorbereiten sollte, ist die Population in den besetzten Gebieten um das Zweieinhalbfache gewachsen. Es wächst schon die dritte Generation heran, die als Besatzer geboren wurde. „Temporär“ ist anders.

Noam Sheizaf hat eine Erklärung, die jenseits der vermeintlichen Alternative Ein- oder Zweistaatenlösung liegt:

Israel, the saying goes, is faced with two options: A two-state solution and a one-state solution. The first option involves removing most of the settlements from the West Bank (but not necessarily most of the settlers); the second one starts with annexing the West Bank and changing the demographic balance between Jews and Palestinians living under full Israeli sovereignty. Israelis – both leaders and the public – seem to be rhetorically adopting the former while in practice moving towards the latter.

Advocates for the government would explain this paradox with security concerns and “Arab rejectionism.” According to this line, Israel has made up its mind to leave the West Bank and even engaged in several attempts to do so; only to be met with violence and hostility from the Palestinian side. Critics would claim that the Israeli policy objective is not maintaining a Jewish majority but rather colonizing as much land as possible, hence the settlements and the reluctance to leave the West Bank.

The most popular rationale is a blend of the two approaches: Israel wants to leave the West Bank, but it was taken hostage by a minority of rightwing nationalists and messianic settlers, mainly due to “Arab rejectionism” and the failure of the peace process. When Israelis will be made to understand the danger of the current political trend – and when the Arab side is ready – they will come to their senses and regroup behind the demographically-secure Green Line.

This rationale, however, doesn’t bring into account a third option before Israeli policy-makers, and before Israelis themselves: that of maintaining the status-quo.

Der Status Quo, so das Dogma der Zweistaatenlösung, sei nicht aufrechtzuerhalten. Außerdem sei er „ummoralisch“, weil er die de facto Herrschaft Israels über Millionen von Palästinensern bedeute, ohne dass diese demokratischen Einfluss auf diese Herrschaft haben.

Sheizaf ist zwar auch von letzterem überzeugt, aber was die angeblich mangelnde Nachhaltigkeit des Status Quo angeht, hat er seine Zweifel. Es geht ja erstens schon 44 Jahre lang so. Und zweitens sind die Kosten für Israel ganz offenbar bewältigbar. Der internationale Druck ist auszuhalten. Zur Not lässt man den Menschenrechtsrat der UNO eben nicht mehr ins Land, wenn er die Lage der Palästinenser unter den Siedlungen untersuchen will. Die materiellen Kosten für die Aufrechterhaltung der Besatzung auf Seiten der Palästinenser trägt direkt und indirekt die Weltgemeinschaft, die die PA und UNRWA subventioniert. Die Kontinuität der Besatzung wird zu großen Teilen mit Mitteln der EU, der USA und an dritter Stelle von arabischen Gebern möglich gemacht. Auch die Sorge um die palästinensischen Flüchtlinge durch UNRWA wird auf Kosten der internationalen Gemeinschaft betrieben. Die Welt hält somit paradoxer Weise sowohl die PA als auch die Flüchtlingsfrage mit Milliardenzuwendungen am Leben. Wäre die „Westbank“ annektiert, sähe die Rechnung anders aus.

Sheizaf wagt nun einen neuen Blick auf diese Lage und fragt sich, ob sie – so unbefriedigend sie auch sein mag – für Israel nicht die plausibelste Option bleibt:

The status quo as a viable political option is never discussed enough. The common wisdom is that it is “unsustainable”; many (myself included) also see it as immoral. The result is a general blindness to the advantages of the status-quo from an Israeli decision-making perspective, and therefore, a failure to understand Israeli political behavior.

The Israeli decision maker – from left or right – is actually faced with three options: Annexing the West Bank; withdrawing from it, or maintaining the current situation (military occupation under which a privileged Jewish population is living alongside a Palestinian majority with no civil rights). Within this framework, and especially right now, maintaining the status quo is probably the most rational option for Israelis.

Rational choice theory claims that we all try to pay minimum costs and get maximum benefits. The definition of those costs and benefits is subjective, of course. Bearing this in mind, let’s look at the options an Israeli policy-maker has before him: a two-state solution is likely to bring a near civil-war moment within the Jewish public, as well as considerable security risks. It is worth noting that no Palestinian leadership would be able to really vouch for Israel’s security, since we never know what the next leadership will be like (I explained this point in more detail here). At the same time, annexing the West Bank will cause a severe international backlash, as well as major legal problems – and that’s only in the short run. It is even more risky, politically, than the two-state solution. The third option is maintaining the status quo, while trying to minimize its costs and maximize its benefits. From a rational-choice perspective, this is the optimal option.

Ich fasse zusammen: Weil es einen Bürgerkrieg in Israel heraufbeschwören würde, die Siedlungen zu räumen; weil Israel zur Zeit (vom Iran-Problem abgesehen) eine Phase der Sicherheit, Prosperität und Stabilität durchläuft; weil Israel seiner gesamten Umgebung (die derzeit eine unabsehbare Phase von Revolte und Umbruch durchmacht) so weithin überlegen ist wie noch nie zuvor (von Iran abgesehen, aber vielleicht auch in dieser Hinsicht); weil die diplomatischen Kosten der Besatzung noch nie so gering waren wie heute; weil die palästinensische Führung gespalten und geschwächt ist und das Thema „Palästina“ die Araber nicht mehr vordringlich beschäftigt; weil es in Israel aus allen diesen Gründen kein politikfähiges Friedenslager mehr gibt; weil die kontinuierliche Entwicklung der israelischen Gesellschaft hin zu einer konservativeren und religiöseren politischen Identität die Institutionen bis ins Militär hinein verändert hat – aus all diesen Gründen ist der Status Quo (keine schöne, aber) die optimale Option für das Land. Die überragende Popularität von Netanjahu ist der Ausdruck dieser Lage.

Sheizafs Fazit lautet:

In other words, the major problem right now is that an inherently immoral order represents the most desirable political option for Israelis. All the left’s effort to demonstrate the problems the occupation creates – like the burden on the state budget – won’t help, since political choices are made based on alternative options, and right now the alternatives are more expensive, more painful, and more dangerous.

It should be noted that the status quo will remain the best option regardless of developments on the Palestinian side. Even if the Palestinians in the occupied territories recognize Israel as a Jewish state or vote Hamas out of office – even if they all join the Likud – from an Israeli cost/benefit perspective, keeping things as they are will remain preferable to the alternatives of either pulling out of the West Bank or to annexing it.

Der Vorteil dieser ernüchternden Analyse ist, dass sie ganz ohne die Unterstellung finsterer Motive auskommt. Ich glauben, dass Sheizaf Recht hat. Aufgrund seines Paradigmas lässt sich die israelische Politik verstehen.

Das Problem ist, dass die internationale Politik dieses Paradigma nicht akzeptieren kann. Allein schon aus horror vacui wird man sich nicht von dem Mantra der Zweistaatenlösung trennen, auch wenn immer weniger daran glauben.

Das Paradox ist: Gerade das Festhalten an einer illusorischen Zweistaatenlösung macht die Perpetuierung des Status Quo möglich, der sie im Gegenzug immer unwahrscheinlicher werden lässt.

 

 

Israels wahre Gefahr: die Besatzung

Kürzlich traf ich in Jerusalem den Historiker Gershom Gorenberg. Ich hatte sein Buch „The Unmaking of Israel“ gelesen und war fasziniert. Es ist eine packende Schilderung des Siedlungsprojekts, das nach dem Sieg von 1967 begann, nicht nur die Westbank, sondern Israel zu verändern.  Es soll bald auch auf Deutsch erscheinen (Campus). Ich bat Gorenberg, ein Oped für die ZEIT zu schreiben. Hier ist es, aus der morgigen Ausgabe der ZEIT:

In den Medien scheint weltweit das Wort »Is­rael« derzeit unvermeidlich mit dem Wort »Iran« verbunden zu sein. Ungenannte ­»Quellen« und halb informierte Fachleute debattieren darüber, ob Israel die iranischen Atomanlagen bombardieren wird; ob die Vereinigten Staaten den israelischen Premier­minister Benjamin Netanjahu davon überzeugen können, seine Kampfflugzeuge am Boden zu lassen; ob der Iran bei einem Angriff Israels zurückschlagen würde; und ob Israels Abschreckungspotenzial den Iran abhalten würde, seine Atombombe tatsächlich einzusetzen – sofern es dem Land überhaupt gelingt, eine solche zu bauen.
Ich bin selbst Israeli und würde die Gefahr eines Krieges oder einer möglichen iranischen Atombewaffnung nicht herunterspielen. Doch meine Sorge ist, dass diese äußere Bedrohung Israels die öffentliche Aufmerksamkeit von der inneren Krise des Landes ablenkt. Denn was die Lebensfähigkeit Israels als Staat und seine demokratischen Ideale tatsächlich bedroht, ist die israelische Herrschaft über das Westjordanland. Netanjahu und seine Minister haben ­weder die Absicht noch den Mut, sich diesem Problem zu stellen. Darum bringt sie die all­gemeine Konzentration auf das Thema Iran in eine ungemein komfortable Lage.
Seit seiner Gründung hat sich Israels demokratische Ordnung als haltbarer erwiesen als die jedes anderen postkolonialen Staates. Einen Militärputsch oder eine zivile Diktatur hat das Land noch nie erlebt. Innerhalb der Grenzen des jüdischen Staates, so wie sie im Waffenstillstandsabkommen mit den arabischen Nachbarn von 1949 festgelegt wurden, haben die Angehörigen der arabischen Minderheit zwar Benachteiligungen erlitten, aber sie sind im Besitz der staatsbürgerlichen Rechte. Seit einer wegweisenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1953, die es der Regierung untersagte, Zeitungen aufgrund der in ihnen geäußerten Ansichten zu schließen, schützt die zupackende Justiz die Prinzipien des Rechtsstaates vor den Launen der Exekutive. Sie hat auch den Status der Menschenrechte kontinuierlich ausgeweitet.
Im Rückblick jedoch wird klar, dass der Sechstagekrieg vom Juni 1967 Israels politischen Kurs verändert hat. Der militärische Sieg in einem Konflikt, der nicht geplant war, sicherte zwar Israels Überleben. Aber zugleich setzten die Eroberungen – besonders im Westjordanland und im Gazastreifen – einen Prozess in Gang, in dessen Verlauf frühere Errungenschaften wieder zunichtegemacht wurden. Statt eine große strategische Entscheidung über die Zukunft der besetzten Gebiete zu treffen, unternahmen die nachfolgenden Regierungen nur kleine, taktische Schritte zur Sicherung der israelischen Vorherrschaft. Diese Politik hatte unbemerkte Nebenwirkungen: Sie untergrub den israelischen Staat und setzte die Demokratie im Land aufs Spiel. Nur wenige Monate nach dem Krieg wurden auf Anordnung eines Kabinettsmitglieds die Vorkriegsgrenzen aus Israels Landkarten gelöscht. Das offizielle Kartenwerk wies nun ein einziges Territorium zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan aus. Zwischen dem souveränen Staat Israel und den neu besetzten Gebieten wurde fortan nicht mehr unterschieden. In symbolischer Hinsicht gab Israel damit auf, was der Soziologe Max Weber als ein grundlegendes Merkmal des modernen Staates benannt hat: ein eindeutig definiertes Territorium.
Auf dem Boden begann der Wandel sogar schon, bevor die Landkarten neu gezeichnet wurden. Im September 1967 genehmigte das Kabinett die erste israelische Siedlung im Westjordanland. Es setzte sich damit über die Rechtsberater des Außenministeriums hinweg, die die Ansiedlung israelischer Bürger in den besetzten Gebieten als Verstoß gegen internationales Recht bewerteten. Das Verwischen der Grenzen höhlte so auch den Rechtsstaat aus. Dieses Muster ist seit den neunziger Jahren immer augenfälliger geworden. Die staatlichen Behörden haben die Errichtung etlicher kleiner Siedlungen unterstützt – der sogenannten »Außenposten« Israels – und dafür Gesetze gebrochen, die im Westjordanland gelten.
Schritt für Schritt sind mithilfe von Gesetzgebung und militärischen Befehlen alle Rechte der innerhalb Israels lebenden israelischen Bürger auf die Siedler ausgedehnt worden. Siedler aus dem Westjordanland nehmen an israelischen Wahlen teil; Palästinenser aus demselben Gebiet dürfen das nicht. Die elementaren Prinzipien der Demokratie – Gleichheit und Volkssouveränität – werden auf diese Weise untergraben.
Die nicht markierte Grenze zum Westjordanland trägt dazu bei, dass dieser demokratische Verfall auch auf den israelischen Kernstaat übergreift. Die undemokratische Besatzung macht Israel selbst kaputt. Unter Netanjahu wurden sehr viele antidemokratische Gesetzentwürfe ins Parlament eingebracht. Ein neues Gesetz unterläuft beispielsweise frühere Gerichtsurteile, die eine Diskriminierung arabischer Bürger Israels aufgrund ihres Wohnortes verhinderten. Ein anderes verbietet jeglichen Aufruf zum Boykott von Waren, die in den Siedlungen produziert wurden. Das alles hat in Israel heftige Kritik ausgelöst.
Dreimal haben die Israelis innerhalb der vergangenen zwanzig Jahre politische Anführer gewählt, die erklärten, die besetzten Gebiete auf­geben und Frieden mit den Palästinensern schließen zu wollen. Der erste dieser Anführer, Izchak Rabin, wurde von einem rechtsextremistischen Juden ermordet – zweifellos der ekla­tanteste Angriff auf die israelische Demokratie. Gleichzeitig setzen sich seit Jahren immer mehr zivilgesellschaftliche Initiativen und Verbände für die Erhaltung der Menschenrechte ein. Sie prangern Übergriffe in den besetzten Gebieten an und gehen gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vor.
Doch der eigentliche Schlüssel zur Bewahrung der israelischen Demokratie liegt darin, dass Is­rael seine Herrschaft über das Westjordanland aufgibt. Eine bindende Zwei-Staaten-Lösung würde nicht nur einen palästinensischen Staat schaffen – sie würde auch den jüdischen Staat mit neuem Leben erfüllen. Endlich besäße Israel wieder klare Grenzen. Es würde nicht mehr über ein Gebiet herrschen, in dem manche Menschen Bürger sind und andere entrechtet. Das Zerbröseln der Rechtsstaatlichkeit als Ergebnis der Siedlungspolitik hätte ein Ende.
Benjamin Netanjahu hat sich zwar offiziell zu einer Zwei-Staaten-Lösung bekannt, er macht aber nicht den Eindruck, dieses Ziel auch aktiv zu verfolgen. Stattdessen konzentriert sich nun alle Energie auf den Iran. Man muss nur die Reden, die Premierminister Netanjahu und US-Präsident Barack Obama vor einem Jahr vor dem mächtigen American Israel Public Affairs Committee gehalten haben, damit vergleichen, was sie vor Kurzem vor dieser Pro-Israel-Lobby gesagt haben. 2011 ging es noch um ihre unterschiedlichen Ansichten zur israelisch-palästinensischen Diplomatie. Dieses Jahr haben sie hauptsächlich über den Iran gesprochen. Netanjahu hat den Friedensprozess mit den Palästinensern nicht einmal erwähnt.
Sehr zum Schaden Israels zieht es der Premierminister vor, den gefährlichen Status quo zwischen Israel und den Palästinensern aufrechtzuerhalten. Für Benjamin Netanjahu ist es politisch nützlich, wenn sich die internationale Diskussion über Israel weiterhin fast vollständig um den Konflikt mit dem Iran dreht – in Israels Interesse ist dies nicht.

 

Warum Israel ein Ende der Besatzung braucht

Eine kleine Alternative zum Aipac-Treffen. Stimmen für eine Zweistaatenlösung, gesammelt von JStreet, der alternativen Plattform für Freunde Israels:

 

Ein palästinensischer Gandhi?

Es ist etwas in mehrfacher Hinsicht Merkwürdiges geschehen: Der Hungerstreik eines Häftlings in israelischer „Administrativhaft“ hat mit einer Einigung des Häftlings und der israelischen Militärverwaltung geendet. Khader Adnan war berreits über 60 Tage im Hungerstreik, seine Situation wurde als kritisch beschreiben. Ein Tod dieses Gefangenen hätte zu Ausschreitungen führen können, womöglich gar zu einem Aufstand. Er war aber offenbar entschlossen, bis zum Ende durchzuhalten – und hat nun einen Sieg errungen.

Die israelische Regierung teilt mit:

Adnan wird der Einigung zwischen ihm und der Staatsanwaltschaft zufolge in dem Fall nicht in Berufung gehen bzw. diese zurückziehen. Der Staat Israel teilt mit, dass er auf Ratschlag des Rechtsberaters der Regierung bereit ist, auf einen Antrag auf Verlängerung der Administrativhaft zu verzichten und die Tage, an denen Adnan zum Verhör festgehalten wurde, auf die Administrativhaft anzurechnen.

Der Gefangene wird also demnächst freigelassen werden, auf die Verlängerung seiner haft wird verzichtet.

Warum ist die Sache bemerkenswert? Es handelt sich bei Adnan um ein (nach israelischer Auskunft) aktives Mitglied der fundamentalistischen Terrorgruppe „Islamischer Dschihad“ (PIJ). Diese Gruppe macht immer wieder durch Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf sich aufmerksam. Sie ist, zusammen mit den diversen Salafisten-Gruppen, sozusagen die islamistisch „rechtsextreme“ Alternative zu Hamas.

Wenn nun ein führender Aktivist dieser Gruppe einen Erfolg durch friedlichen Protest erzielt, ist das bedeutsam. Solche Methoden wurden früher rundheraus abgelehnt, weil Israel angeblich nur die Gewalt der Selbstmordattentate verstehe. Jetzt aber hat der Islamische Dschihad es geschafft, eine internationale Kampagne – inklusive Amnesty International und Al Jazeera – auf seine Seite zu ziehen.

Es ist bedenklich, wenn manche Aktivisten ein Mitglied dieser Gruppe, die sich der Vernichtung Israels verschworen hat, als „Palästinensischen Gandhi“ hinstellen. Zwar ist es völlig in Ordnung, wenn sich Amnesty für ihn einsetzt, wie die Organisation es überall tut – ohne Rücksicht auf die politische Affiliation der Betroffenen.

Aber seitens der Unterstützer Adnans so zu tun, als sei PIJ eine palästinensische Menschenrechts-NGO geht dann doch zu weit. Es handelt sich um eine von Syrien und Iran finanzierte Gruppe, die für einige der barbarischsten Attentate der letzten Jahrzehnte Verantwortung trägt (Liste hier). Sie lehnt nicht nur Israels Existenzberechtigung ab, sondern konsequenter Weise auch die Oslo-Verträge, die Fatah mit dem jüdischen Staat geschlossen hatte. Einige der Attentate von PIJ zielten auf die Zerstörung der Friedenshoffnungen post-Oslo. Viele der schlimmsten Attentate auf israelische Büger während der „Zweiten Intifada“ gehen auf PIJ zurück.

Dies wiederum macht Adnans „Sieg“ durch Hungerstreik bemerkenswert: Wenn Israel sich darauf einläßt, trotz der breiten Blutspur dieser Gruppe, dann zeigt dies, dass man die Gefahr hoch einschätzt, dass Adnan zu einem elektrisierenden Casus hätte werden können.

Ein Stück von Mustafa Barguti in der heutigen New York Times erklärt vielleicht den Hintergrund. Barguti ist der wichtigste säkulare, unabhängige Politiker Palästinas. Er führt die Palästinensische Nationalinitiative an, und er wurde zuletzt Zweiter bei den palästinensischen Präsidentschaftswahlen.

Barguti sieht Adnans Erfolg als Anlass zur Hoffnung für einen breiten gewaltfreien Protest gegen die Besatzung:

OVER the past 64 years, Palestinians have tried armed struggle; we have tried negotiations; and we have tried peace conferences. Yet all we have seen is more Israeli settlements, more loss of lives and resources, and the emergence of a horrifying system of segregation.

Khader Adnan, a Palestinian held in an Israeli prison, pursued a different path. Despite his alleged affiliation with the militant group Islamic Jihad, he waged a peaceful hunger strike to shake loose the consciences of people in Israel and around the world. Mr. Adnan chose to go unfed for more than nine weeks and came close to death. He endured for 66 days before ending his hunger strike on Tuesday in exchange for an Israeli agreement to release him as early as April 17.

Mr. Adnan has certainly achieved an individual victory. But it was also a broader triumph — unifying Palestinians and highlighting the power of nonviolent protest. Indeed, all Palestinians who seek an independent state and an end to the Israeli occupation would be wise to avoid violence and embrace the example of peaceful resistance.

What is needed is a Palestinian version of the Arab revolutions that have swept the region: a mass movement demanding freedom, dignity, a just peace, real democracy and the right to self-determination. We must take the initiative, practice self-reliance and pursue a form of nonviolent struggle that we can sustain without depending on others to make decisions for us or in our place.

In the last several years, Palestinians have organized peaceful protests against the concrete and wire “separation barrier” that pens us into what are best described as bantustans. We have sought to mobilize popular resistance to this wall by following in the nonviolent traditions of Martin Luther King Jr. and Mohandas K. Gandhi — and we remain determined to sustain peaceful protest even when violently attacked.

Using these techniques, we have already succeeded in pressuring the Israeli government to reroute the wall in villages like Jayyous and Bilin and helped hundreds of Palestinians get their land back from settlers or the Israeli Army.

Our movement is not intended to delegitimize Israel, as the Israeli government claims. It is, instead, a movement to delegitimize the Israeli occupation of the West Bank, which we believe is the last surviving apartheid system in the world. It is a movement that could free Palestinians from nearly 45 years of occupation and Israelis from being part of the last colonial-settler system of our time.

Die spannende Frage ist allerdings, ob eine solche Bewegung am Ende von Leuten wie Barguti angeführt würde, für die der Kampf gegen die Besatzung an der Grünen Linie endet. Das würde voraussetzen, dass Gruppen wie Islamischer Dschihad von ihrer Lehre herunterkommen können, nach der ganz Israel eine Besatzung heiligen Bodens ist, den kein Muslim aufgeben darf.

 

 

Wiedersehen mit Hebron

Fast fünf Jahre nach meinem letzten Besuch war ich wieder in Hebron, der zentralen Stadt im Westjordanland, südlich von Jerusalem. Die Stadt ist heute ruhig und so sicher wie lange nicht mehr. Der Preis dafür ist, dass Hebron aufgehört hat, als normale Stadt zu existieren. Sie ist zum Ort eines Kampfs um die historische, religiöse, mythische Wahrheit geworden. Hebron ist extrem, aber die Stadt ist auch ein Mikrokosmos der israelischen Besatzung.

Seit 5000 Jahren ist dieser Ort ununterbrochen bewohnt, er hat schon vieles gesehen. Wer sich von der Wahrheit des Satzes von Christopher Hitchens überzeugen will, „dass Religion alles vergiftet“, ist hier am richtigen Ort. Islam und Judentum beanspruchen das Erbe des Patriarchen, der hier nach dem Glauben beider Religionen begraben liegt – Abraham (nebest Sarah und Rachel).

Einige Bilder von meiner Reise: Diese zentrale Straße der Altstadt ist verwaist. Sie ist „steril“ im Jargon des israelischen Militärs, d.h. Palästinenser dürfen sich hier nicht aufhalten. (Mit dem Abkommen über die Palästinensische Autonomie wurde Hebron zweigeteilt in H1 und H2. H1 steht unter Kontrolle der PA, H2 – die historische Altstadt -, ist von jüdischen Siedlern bewohnt, die durch die Armee geschützt werden.)

Hebron, Stadtzentrum: "sterile Zone", also unzugänglich für Palästinenser

An dieser ebenfalls „sterilen“ Ecke hat sich während der „Zweiten Intifada“ ein  Selbstmordattentat ereignet. Man achte auf die Leuchtreklame.

Jehuda Shaul von der israelischen NGO „Breaking the Silence“ war Soldat in Hebron während der Terrorwelle der Zweiten Intifada. Heute engagiert er sich gegen die Besatzung. Er führt Gruppen durch Hebron, um die Realität der Okkupation aus der Sicht eines Ex-Soldaten zu erklären. Hier hält er ein Foto aus dem Jahr 1999, das zeigt, wie die verlassene Straße einmal in besseren Zeiten aussah.

Im Zentrum Hebrons: Armeeposten auf verlassenem Marktgebäude. Auf dem Plakat werden die historischen Ansprüche der Siedler formuliert.

Haus an der Shuhada Strasse in Hebron: Palästinenser dürfen das Haus nicht durch den versiegelten Vordereingang betreten. Die Familie im Obergeschoss hat einen Käfig an ihrem Balkon angebracht, um sich vor Steinwürfen der Siedler zu schützen. Auf den Plakaten unten und oben wird der Kampf um das historische Recht am Ort ausgetragen.

Sperrmauer in Hebron zwischen jüdischem und arabischem Teil mit Graffito des zerstörten Zweiten Jerusalemer Tempels.

Im arabisch kontrollierten Teil Hebrons: Israelis haben in H1 keinen Zutritt. Die IDF errichten je nach Sicherheitslage Checkpoints und Kontrollen und können den Zugang zu diesem Teil der Stadt abschnüren.

Am Ende dieser Straße in H1 ist der israelische Checkpoint, an dem die für die Palästinenser Hebrons erlaubte Zone endet.

Soldat auf Patrouille in H2, dem israelisch kontrollierten Teil Hebrons. Der Lieferwagen gehört Siedlern in der Stadt, die an die Soldaten kostenlose Süßigkeiten und Erfrischungen verteilen.

 

(Alle Fotos: J. Lau. Mehr zum Thema in meiner kommenden Reportage für das ZEIT-Magazin.)