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Unsere Schatztruhe

 

KinderZEIT
In Russland mussten die Männer vor 300 Jahren Steuern zahlen, wenn sie einen Bart tragen wollten. Im alten Rom gab es eine Klo-Steuer. Bei uns sind die Steuern nicht so außergewöhnlich

© Judith Drews

Schulen, Straßen, Theater, Zoos, Museen – wer bezahlt das eigentlich? Wir alle! Weil wir nämlich Steuern zahlen – also dem Staat etwas von unserem Geld abgeben. Über die Frage, was mit diesem Geld gemacht werden soll, wird jetzt, vor den Bundestagswahlen, besonders viel diskutiert

Von Rüdiger Jungbluth

Man glaubt es kaum, aber es ist wahr: Auch Kinder müssen in Deutschland Steuern zahlen. Die meisten merken das aber gar nicht. Sie machen es ganz nebenbei: Immer wenn sie sich etwas kaufen. Wenn sich zum Beispiel Marie von ihrem Taschengeld im Laden ein neues Buch kauft, das 15,90 Euro kostet, dann muss sie genau einen Euro und vier Cent an den Staat zahlen. Sie gibt das Geld aber nicht direkt dem Finanzamt, sondern der Buchhändlerin. Die muss einen kleinen Teil davon an den Staat weitergeben, so steht es im Gesetz. Man kann sagen: Die Steuer, die Marie zahlen muss, ist im Preis des Buches versteckt worden.Wer sich einmal wie ein Detektiv auf die Suche macht, kann die Steuer auch finden. Man muss dazu den kleinen Zettel, den die Buchhändlerin mit in die Tüte gepackt hat, genau studieren. Dort findet sich eine geheimnisvolle Abkürzung: MwSt. Das bedeutet: Mehrwertsteuer. Dahinter stehen dann immer eine Zahl und ein Geldbetrag. Man kann auf jeder Quittung lesen, wie viel Geld man gerade in die Staatskasse eingezahlt hat.

© Judith Drews
© Judith Drews

Den ganz Schlauen wird beim Sammeln der Kassenzettel auffallen, dass es zwei verschiedene Arten von Mehrwertsteuern gibt: eine hohe und eine niedrige. Die hohe ist die normale Steuer, sie beträgt 19 Prozent. Das bedeutet, dass etwas, das eigentlich einen Euro kostet, im Laden für 1,19 verkauft werden muss. (Später wird das Geld aufgeteilt: Einen Euro behält der Händler, 19 Cent fließen in die Staatskasse.) Die niedrige Steuer beträgt sieben Prozent. Sie gilt für Bücher und für Essen und auch für Süßigkeiten. Solche wichtigen Sachen sollen nicht allzu teuer werden.

Mit den Steuern ist es ähnlich wie mit dem Zimmeraufräumen – um beides gibt es oft Streit. Die eine Regierung würde die Steuern gern erhöhen, die andere würde sie gern senken. Die Bürger würden natürlich am liebsten gar nichts von ihrem Geld abgeben. Leider geht das nicht. Denn ohne Steuern hätte der Staat kein Geld mehr. Wovon sollte er dann Schulen bauen und Lehrer bezahlen? Auch Straßen und Spielplätze kosten ja Geld, wenn man sie neu macht und sauber hält. Der Staat muss außerdem den Polizisten Geld geben, damit sie aufpassen. Selbst die Bundeskanzlerin braucht ein Gehalt, um sich etwas zum Essen und Anziehen zu kaufen. Sie kann sich ja nicht immer einladen lassen, wie sähe das denn aus? Für all diese Ausgaben wird Geld aus der Staatskasse gebraucht. Diese Schatztruhe muss daher immer wieder neu aufgefüllt werden. Und dazu sind die Steuern da.
Wer bestimmt, was mit dem Geld gemacht wird? Das tun die Abgeordneten, die eure Eltern gewählt haben, und das tut die Regierung. Zum Beruf der Abgeordneten gehört es also, das Geld anderer Leute auszugeben. Sie entscheiden stellvertretend für alle Bürger, was von den Steuern bezahlt werden soll: wie viele Krankenhäuser, wie viele Universitäten, wie viele Feuerwehrautos. Auch Theater und Zoos bekommen Zuschüsse aus Steuergeldern. Und Schlösser, in denen niemand mehr wohnt, werden vor dem Verfall bewahrt.
Steuergelder sind besonders dazu gut, armen Menschen zu helfen. Wer kein Geld hat und auch keine Arbeit, muss bei uns trotzdem nicht hungern oder frieren. Solche Menschen haben ein Recht auf Unterstützung durch den Staat. Er schenkt ihnen etwas Geld. Wer Arbeit hat und viel verdient, muss hingegen sein Geld mit dem Staat teilen. Fast überall will das Finanzamt etwas abhaben. Nur Taschengeld ist steuerfrei.
Steuern gibt es übrigens schon seit Tausenden von Jahren. Im Laufe der Zeit haben die Könige und auch die gewählten Regierungen immer neue Arten erfunden, um an Geld für die Staatskasse zu kommen: Sie erhoben Steuern auf Zucker und Steuern auf Salz, Steuern für Perücken und Sprengpulver, Steuern für den Acker und jedes Haus – und sogar Steuern für jedes Fenster eines Hauses.
Im alten Rom gab es sogar mal Klo-Steuern. Der Staat verdiente Geld daran, wenn die Bürger dringend auf die Toilette mussten. Daher kommt übrigens der Ausdruck: Geld stinkt nicht.

In Russland führte Zar Peter einmal eine Bartsteuer ein: Alle Männer, die einen Vollbart trugen, mussten dem Staat dafür Geld bezahlen. Der Zar mochte nämlich keine Bärte, er fand sie unmodern. Aber er traute sich auch nicht, sie seinen Untertanen einfach zu verbieten. So kam er auf die Idee mit der Steuer. Wer seinen Bart behalten wollte, der musste zahlen. Manche Russen zahlten, manche rasierten sich lieber.
So ähnlich ist es heute mit den Zigaretten. Wer raucht, muss dafür Steuern zahlen. Viele Abgeordnete fänden es eigentlich gut, wenn niemand mehr rauchte. Denn Zigaretten machen die Menschen krank. Es gibt aber aber trotzdem kein Gesetz gegen das Rauchen: Die Einhaltung ließe sich nämlich schwer kontrollieren. Viele Raucher würden heimlich weiterrauchen. Da ist es einfacher, in den Preis jeder Zigarettenpackung eine saftige Steuer zu packen. Das hält manche Raucher vom Rauchen ab – und die, die es nicht lassen wollen, unterstützen mit ihrem Geld den Staat. An der Tabaksteuer kann man sehen, dass der Staat die erwachsenen Bürger manchmal genauso zu erziehen versucht wie Eltern ihre Kinder. Er will ihnen beibringen, was gut für sie ist und was schlecht.