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Beruf: Hübsch aussehen!

 

Topmodel ist heute für viele ein Traumberuf, den sie aus dem Fernsehen kennen. Doch wer wirklich Model werden will, sollte solche Shows meiden, sagt Toni Garrn. Sie muss es wissen. Mit 13 Jahren wurde sie entdeckt. Bis zum vergangenen Jahr arbeitete sie nur an den Wochenenden als Model, montags bis freitags ging sie zur Schule. Inzwischen hat die 18-Jährige Abitur und lebt in New York. Die KinderZEIT hat Toni Garrn zum Interview bei ihrer Agentur Mega Model in Hamburg getroffen, die Fotos machte Vera Tammen.

KinderZEIT: Wolltest Du als Kind schon Model werden?

Toni Garrn: Nee. Ich hatte eine kleine Kasse, aus der ein Bon herauskam. Zuerst habe ich die Sachen bei uns zu Hause mit Preisen beschriftet, dann meinen Bruder gezwungen, bei mir einzukaufen. Ob ich wirklich Kassiererin werden wollte, weiß ich nicht. Aber das Spielen mit der Kasse fand ich toll.

KinderZEIT: Mit 13 Jahren wurdest Du entdeckt, mit 14 hast Du die ersten Fotos gemacht. Hat Dich etwas an der Arbeit überrascht?

Toni Garrn: Für die ersten Testbilder musste ich nach Köln, und ich sollte fliegen. Darüber hab ich mich total gewundert. Ein halbes Jahr später musste ich nach Mailand, und dann kam schon bald New York. Ich hätte nie gedacht, dass man so viel fliegen muss.

KinderZEIT: Kannst Du erklären, was Modeln ist?

Toni Garrn: Es ist eigentlich ein Verkaufstrick: Manche Dinge sehen an mir wohl besser aus als an anderen Menschen. Deshalb wird ein Foto von mir zum Beispiel in einem Kleid gemacht, damit die Leute denken: »Ah, das sieht cool aus, das kauf ich mir!« Man könnte auch sagen, dass es mein Beruf ist, hübsch auszusehen.

KinderZEIT: Was passiert an einem Tag, an dem Du arbeitest?

Toni Garrn: Das kommt darauf an, ob ich auf den Laufsteg muss oder fotografiert werde. Wenn die großen Modewochen sind, zum Beispiel in New York oder Paris, hat man oft mehrere Modenschauen an einem Tag, das ist ein totales Gerenne. Alle sollen pünktlich sein, und man muss sich sehr beeilen. Und dann sitzt man stundenlang herum und wartet, bis man dran ist.

KinderZEIT: Und was passiert, wenn man dann dran ist?

Toni Garrn: Unzählige Leute fummeln an einem herum. Einer an den Füßen, einer an den Fingernägeln, einer schminkt das Gesicht, der Nächste frisiert Dich. Das ist wirklich verrückt und kann bis zu drei Stunden dauern.

KinderZEIT: Sagst Du es, wenn Dir eine Frisur oder ein Kleid nicht gefällt?

Toni Garrn: Nein, das darf man nicht. Es geht ja nicht um mich, sondern um die Sachen, die ich trage.

KinderZEIT: Und was passiert bei einem Fotoshooting?

Toni Garrn: Da hat man mehr Zeit. Dafür kann es bis in die Nacht dauern, bis das Bild fertig ist. Wenn man draußen fotografiert, ist es anstrengend, weil es vielleicht windig oder eisig kalt ist. Auf dem Laufsteg zu sein ist aufregender. Da hat man nur einen Versuch. Das ist ein bisschen wie ein Theaterstück.

KinderZEIT: Was musstest Du lernen?

Toni Garrn: Stillhalten. Wenn eine Haarsträhne verrutscht, kommt ein Assistent, der sie wieder feststeckt. Früher habe ich sie immer selbst weggestrichen. Aber dann war meine Haltung nicht mehr gut, ich hatte mich ja bewegt, das Kleid war verrutscht. Bis das alles wieder so war wie vorher, mussten viele Assistenten helfen. Es wird viel Aufwand gemacht wegen Kleinigkeiten wie einer Haarsträhne.

KinderZEIT: Was muss ein Model sonst noch können?

Toni Garrn: Man muss es gut finden, immer angesehen zu werden. Man muss freundlich bleiben, wenn man auf der Straße angesprochen wird. Und besonders natürlich, wenn man arbeitet. Da darf man nicht denken: »Was für ein Scheißtag!« Man muss vor der Kamera sofort lachen und herumspringen können, auch wenn man eine Lungenentzündung hat. Man muss schon ziemlich tapfer sein.

KinderZEIT: Findest Du sonst noch etwas an Deinem Beruf schwierig?

Toni Garrn: Dass man immer erreichbar und flexibel sein muss. Ich arbeite nicht jeden Tag, aber wenn ich gerade Pläne gemacht habe, kommt oft ein Anruf, und ich muss wieder alles absagen.

KinderZEIT: Sagst Du auch mal, da bin ich schon verabredet?

Toni Garrn: Nur bei ganz besonderen Anlässen. In den letzten Jahren habe ich sehr viele Geburtstage von Freunden verpasst.

KinderZEIT: Waren die sauer?

Toni Garrn: Eher enttäuscht. Aber ich war traurig. Für die anderen hat die Party ja stattgefunden, nur ohne mich. Damit muss man zurechtkommen. Heute unternehme ich viel mit anderen Models.

KinderZEIT: Wird da viel rumgezickt?

Toni Garrn: Nee, überhaupt nicht. Wir sind wie eine Familie, die um die Welt düst. Wir rufen uns an und fragen: »Bist Du auch gerade in Paris? Sehen wir uns?«

KinderZEIT: Hast Du vor etwas Angst?

Toni Garrn: Auf dem Laufsteg hinzufallen. Zum Glück ist mir das noch nie passiert. Aber ich war schon oft bei Shows, wo ein Mädel vor mir hingeknallt ist. Mir ist auch mal ein Schuh aufgegangen. Da muss man weitergehen und sich mit den Zehen ranklemmen.

KinderZEIT: Kann man nicht heimlich seine eigenen Schuhe anziehen?

Toni Garrn: Nee, man darf sich nicht mal selbst die Nägel lackieren oder seine eigene Unterwäsche tragen. Selbst wenn man einen Wintermantel zeigt, fragen sie, ob man deren Unterhose anhat.

KinderZEIT: Modeln ist durch Fernsehshows für viele Mädchen ein Traumberuf. Hast Du einen Tipp für sie?

Toni Garrn: Wer wirklich Model werden will, sollte auf gar keinen Fall ins Fernsehen gehen. Durch solche Sendungen entsteht ein falsches Bild. Die meisten Mädels sind bestimmt ganz hübsch. Aber darum geht es nicht. Wenn man Models auf der Straße sieht, sind die oft gar nicht umwerfend schön. Außerdem ist immer wahnsinnig viel Glück dabei. Es ist anders als bei Berufen, die man lernen oder für die man studieren kann. Es geht meist darum, interessant und neu auszusehen – nicht bildhübsch.

KinderZEIT: Kann man dennoch irgendetwas üben?

Toni Garrn: Laufen. Man soll ganz gerade gehen, ein bisschen nach hinten gelehnt und nicht mit dem Popo wackeln. Zum Üben binden sie neuen Mädels manchmal die Hände hinterm Rücken zusammen. Das sieht echt fies aus. Die tun mir immer total leid!