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Mehr lächeln, Opa!

 

Lächeln! Wer Präsident der USA werden will, muss (falsche) Zähne zeigen/ © Getty Images

Die Amerikaner stimmen in diesem Jahr darüber ab, wer ihr nächster Präsident werden soll. Ohne Kinder geht im Wahlkampf nichts

Catriona McLaughlin

Was für ein Trubel! Hier jemandem die Hand schütteln, dort in eine Kamera lächeln, schnell auf die Bühne flitzen und dann laut Beifall klatschen: Robert hat an diesem Tag im Januar ein volles Programm. Der Junge ist zehn Jahre alt und voll im Wahlkampfeinsatz. Es geht um das wichtigste Amt der Vereinigten Staaten von Amerika – darum, wer Präsident des großen Landes wird. Im November sind die Wahlen, bei denen sich entscheidet, ob Barack Obama im Amt bleibt oder ob die Menschen in den USA einen anderen Präsidenten haben wollen.

Natürlich kann Robert nicht selbst antreten. Er ist schließlich ein Kind. Der Zehnjährige unterstützt seinen Großvater. Der heißt Newt Gingrich und würde gern der nächste Präsident werden. Um die Menschen in den USA davon zu überzeugen, wirbt er auf vielen Veranstaltungen für sich. Robert ist oft dabei und gibt ihm Tipps. Als sein Großvater ihn zum Beispiel gefragt hat, wie er seine Reden findet, hat er gesagt: »Deine Antworten sollten kürzer und klarer sein.« Auch Roberts 13-jährige Schwester Maggie kommt häufig mit, wenn der Großvater Reden hält. Maggie erinnert ihn daran, dass er mehr lächeln sollte, weil die Menschen ihn dann netter fänden.

Derzeit ist es für Newt Gingrich besonders wichtig, dass er viele Menschen von sich überzeugt. Es steht nämlich noch gar nicht fest, ob er überhaupt gegen Barack Obama antreten darf. Der Wahlkampf, den er jetzt gemeinsam mit Robert und Maggie macht, ist nur für die sogenannten Vorwahlen. In den USA gibt es zwei große Parteien, die Republikaner und die Demokraten. Und jede Partei schickt einen Kandidaten ins Rennen, auf den sich ihre Mitglieder vorher einigen müssen – bei ebendiesen Vorwahlen. Die dauern noch bis Juni.

Die Demokraten haben es in diesem Jahr leicht. Denn der jetzige Präsident Obama ist Demokrat und will im Amt bleiben. Es steht so gut wie fest, dass seine Partei ihn wieder antreten lässt. Die Republikaner hingegen müssen sich entscheiden. Vier Männer sind noch im Rennen: Neben Roberts Opa Newt Gingrich wollen auch Mitt Romney, Ron Paul und Rick Santorum Präsident werden.

Alle vier Kandidaten reisen mit ihren Familien quer durchs Land und versuchen, möglichst viele Menschen zu treffen und sie für sich zu begeistern. Dabei ist die Familie ganz wichtig. Denn die Kandidaten müssen nicht nur politische Fragen beantworten – etwa was sie gegen die hohen Schulden des Landes tun werden. Gingrich, Romney, Paul und Santorum wollen auch, dass die Wähler sie für gute, freundliche Menschen halten. Und da hilft es, wenn die Familie sagt: »Unser Papa/Opa ist super!« Alle Kandidaten produzieren sogar Werbefilme fürs Fernsehen, die sie mit ihren Kindern zeigen, zum Beispiel im Urlaub, beim Ballspielen, beim Lesen und auf der Schaukel. Gern ist auch ein Hund dabei.

Es sind übrigens nicht nur die Republikaner, die mit ihren Familien Reklame machen. Das tun auch die Demokraten. Die Töchter von Barack Obama, Malia und Sasha, mussten vor vier Jahren, als ihr Vater gewählt wurde, auch mit ran. Die Mädchen waren auf vielen Fotos zu sehen und gaben gemeinsam mit ihren Eltern Interviews. Malia riet ihrem Vater damals, dass er Kindern nicht so viel die Hand schütteln sollte. »Das wirkt zu erwachsen«, sagte sie, »winken ist besser.« Da Obama in diesem Jahr aber kaum Vorwahlkampf machen muss, haben Sasha und Malia bisher noch Ruhe. Anders geht es zum Beispiel den Kindern und Enkeln von Mitt Romney. Zu Beginn einer wichtigen Fernsehsendung sagte er: »Ich bin Mitt Romney. Ich bin heute mit meiner Frau Ann und meinem ältesten Sohn Tagg hier, und wir haben insgesamt fünf Söhne und fünf Schwiegertöchter sowie 16 Enkelkinder.« Viele Anhänger der Republikaner finden eine große Familie toll. Deshalb müssen die Verwandten helfen. Mitt Romneys Söhne geben ihrem Vater keine Tipps für Auftritte, so wie Robert es bei seinem Opa tut. Die Romneys versuchen stattdessen, ihren Vater vor wichtigen Auftritten abzulenken, und zeigen ihm lustige YouTube-Videos, bevor er zum Reden auf die Bühne muss. Viele glauben, dass Romney die Vorwahlen gewinnen wird.

Mitt Romney mit einigen seiner Enkel vor einer Wahlkampfrede/ © Getty Images

Nicht zur Arbeit oder zur Schule zu gehen, um die Eltern oder Großeltern beim Wahlkampf zu unterstützen, das ist für viele Kandidatenkinder normal. Sie nutzen die Zeit, um Wähler anzurufen, werben in Sozialen Netzwerken wie Facebook und drehen Filme fürs Internet. Das haben zum Beispiel die Töchter von Jon Huntsman getan, der bereits ausgeschieden ist. Drei seiner sieben Töchter, Abby, 25 Jahre, Liddy, 23 Jahre, und Mary Anne, 26 Jahre, wurden bekannt, weil sie ein Lied von Justin Timberlake auf ihren Vater umdichteten. In einem anderen Video machten sie sich über einen seiner Gegner lustig. Die Schwestern bekamen viel Aufmerksamkeit, Hunderttausende von Menschen klickten die Filmchen im Netz an. Aber leider half das ihrem Vater nicht.

Für Abby, Liddy und Mary Anne ist das Wahlkampftheater also vorbei. Robert und die anderen Kinder und Enkel müssen noch eine Weile durchhalten.