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Frostschutz im Zoo

 

Im Innengehege frieren die Elefanten im Kölner Zoo auch nicht, wenn draußen Schnee liegt/ © Kölner Zoo

Tiere, die eigentlich in wärmeren Regionen der Erde leben, gibt es bei uns in Tierparks. Wenn es eisig kalt ist, bekommen sie eine Spezialbehandlung

Von Christina Rietz

Zoodirektor Theo Pagel steht in brauner Lederhose und grünem Parka am Eingang des Zoos in Köln. In den letzten Wochen ist er oft ziemlich allein in seinem Tierpark. Denn wenn es draußen kalt ist, kommen nicht sehr viele Besucher. »Für die Tiere ist das ein bisschen ungewohnt, wenn so wenig Leute da sind«, sagt Pagel. Denn egal, wie kalt es ist, die Tiere bleiben natürlich trotzdem hier. Und einige von ihnen sind an eisige Winter nicht gewöhnt. Sie stammen aus Gegenden der Welt, wo es wärmer ist. »Viele unserer Tiere können sich erkälten. Wir versuchen natürlich zu verhindern, dass das passiert«, sagt der Zoodirektor. »Elefanten zum Beispiel verkühlen sich schnell, ihre Ohren können sogar erfrieren.« Deshalb müssen sie momentan oft im Elefantenhaus bleiben.

Draußen mit Extra-Wärme: Die Erdmännchen/ © Kölner Zoo

Die Erdmännchen dürfen hinaus, aber sie bekommen eine Spezialbehandlung. Im Gehege hinter Theo Pagel haben sich die Wüstentiere in ein Weidenkörbchen gedrängt. Sie stehen auf ihren Hinterbeinen und recken ihre Schnauzen einer roten Wärmelampe entgegen. Immerhin 20 Grad sind es unter der Lampe, fast so warm wie im Sommer. »Erdmännchen leben eigentlich in der afrikanischen Savanne«, erklärt der Zoodirektor. »Da kann es nachts zwar auch schon mal kalt werden, aber nicht tagsüber. Deshalb haben wir den Erdmännchen die Lampe aufgestellt.«

10000 Tiere le- ben im Kölner Zoo, »Ameisen nicht mitgezählt«, sagt Pagel und grinst. Viele können sich im Winter in Wärmehäuser zurückziehen. Das sind Ställe oder Hütten in den Gehegen, die im Winter beheizt werden. Manche Tiere möchten sich aber auch gar nicht aufwärmen, so wie die Enten. Sie sitzen lieber in Scharen auf den halb gefrorenen Teichen – die Füße ins Gefieder gezogen.

Einige Tiere lieben das Wasser im Winter zu sehr. Sie können nicht davon lassen, obwohl es nicht gut für sie ist. »Die Flamingos dürfen nachts nicht draußen bleiben«, sagt der Zoodirektor. Um sich vor Feinden zu schützen, schlafen Flamingos gern im Wasser, wo sie schwer erreichbar sind und auf einem Bein herumstehen. Wenn sie das in einem deutschen Zoo im Winter versuchten, »dann würden sie nachts festfrieren, wenn das Wasser zu Eis wird«, sagt Theo Pagel. Damit das nicht passiert, lässt er die Vögel nur alle paar Stunden hinaus. Jetzt am frühen Morgen haben die Flamingos Ausgang: Zwei Dutzend der rosafarbenen, langbeinigen Vögel stehen sich im Teich die Beine in den Bauch. Die Kälte des Wassers macht ihnen nichts aus, weil das Gefieder ihre Körper wärmt.

Wenn Tiere wegen der Kälte nicht so lange wie sonst ins Freie dürfen, fühlen sie sich dann nicht eingeengt? Theo Pagel hat Biologie studiert und wohnt, seit er Direktor hier ist, sogar im Kölner Zoo. Er glaubt zu wissen, dass seine Mitbewohner nicht unter Bewegungsnot leiden. »Tiere haben in der Natur immer einen Grund, sich zu bewegen, zum Beispiel wenn sie jagen müssen«, erklärt er. »Nehmen wir ihnen den Grund zu jagen, dann müssen sie auch nicht mehr so viel herumlaufen.« Das heißt: Weil die Tiere im Zoo gefüttert werden, statt selbst auf die Jagd zu gehen, haben sie auch nicht mehr das Bedürfnis, sich so viel zu bewegen.

Betrachtet man die Bisons in ihrem Gehege, dann will man Theo Pagel sofort zustimmen. Die großen Tiere scheinen es sehr zu genießen, sich kaum rühren zu müssen. Faul liegen sie herum, alle Hufe von sich gestreckt. Und das, obwohl der Boden gefroren ist. Den Bisons macht das nichts aus. Ihr zottelig-schwarzes Winterfell ist so warm, dass ihnen Eiseskälte nichts anhaben kann. Sie leben eigentlich in den USA und in Kanada, wo sie auch mit Temperaturen um minus 40 Grad Celsius klarkommen.

Eine Vogelschar flattert über die dösenden Bisons hinweg, »grüne Halsbandsittiche«, sagt Zoodirektor Pagel. »Die leben gar nicht in unserem Zoo. Die fressen hier nur.« Im Winter füttert jeder Tierpark viele fremde Tiere mit durch. Die haben gemerkt, dass es in Zoos auch bei Eis und Schnee immer Nahrung gibt.

Taco bekommt von den fremden Besuchern nichts mit. Er geht nämlich bei eisigen Temperaturen fast gar nicht ins Freie. Taco ist ein ausgewachsenes Spitzmaulnashorn. Er lebt im ältesten Gebäude des Zoos. Gerade bekommt er Frühstück. Braun und stämmig steht er in seinem Käfig und bewegt nur die Kieferknochen. 15 Kilogramm Heu frisst er an einem Tag. Taco hat zwar eindeutig eine dicke Haut, aber kein Fell oder Gefieder, das ihn schützen könnte. Deshalb braucht er besonderen Schutz gegen die Kälte. Über dem Nashorn hängt eine Art Sonnenmaschine: viele kleine Wärmelampen, wie man sie manchmal im Schwimmbad sieht, wo sie über Liegestühlen angebracht sind. Zweimal täglich schaltet ein Tierpfleger die Sonnenmaschine an, damit Taco sich komplett aufwärmen kann.

Noch bequemer hat es der Gepard des Kölner Zoos. Obwohl er ein Fell hat, braucht er warme Temperaturen. Wenn ihm kalt wird, muss er sich nur hinlegen. »Wir haben in sein Gehege etwas ganz Besonderes eingebaut: Hügel mit Heizung!«, sagt Zoodirektor Pagel. So kann nicht nur die Raubkatze Wärme tanken, wann immer sie will, auch die Tierpfleger haben keine zusätzliche Arbeit.

Im Zoo muss also kein Tier frieren, und einige Bewohner freuen sich auch richtig, wenn es endlich mal so frostig ist wie in den vergangenen Wochen. Pinguine zum Beispiel. »Die halten es draußen sehr gut aus«, sagt der Zoodirektor, »aber sobald es minus 20 Grad werden, würden wir sie doch einfangen und ins Warme bringen.« Denn die Pinguine im Kölner Zoo stammen aus Südamerika. Sie heißen Humboldt-Pinguine und sind bei eisigen Temperaturen empfindlicher als ihre Artgenossen vom Südpol.

Sie stört die Kälte nicht: Die Tigerjungen waren bei Schnee das erste Mal im Freien/ © Kölner Zoo

Die einen Tiere brauchen also eine Sonderbehandlung, die anderen lassen sich von Eiseskälte nicht stören. Und dann gibt es solche, denen ist der Winter schlicht schnurzegal: die Bären. Sie haben sich im Herbst kugelrund gefressen und ein dickes Fettpolster zugelegt. Damit schlafen sie jetzt einfach durch, bis es Frühling wird.