Aufspüren kommt nie aus der Mode: Auf dem Kinderkrimi-Fest können junge Detektive lernen, wie man richtig ermittelt
Vom Moritz Baumstieger
Professor Dagobert Dünkelstein hat einen Brand gelegt, seine Gattin Varaminta Lisalotta hat fünf Kilogramm Nagellack gestohlen. Die beiden sind flüchtig, genau wie der Verbrecher Paul, ein skrupelloser Spielzeugdieb. Weit werden sie aber nicht kommen, denn Anselm, Sofia und Moritz sind ihnen bereits auf der Fährte. Die drei sind zwar noch Detektive in Ausbildung, den Meldebogen für die Spurensicherung füllen sie aber schon aus wie Profis. Sitzen da in weißen Laborkitteln, malen ein Fahndungsbild, listen ihre Beobachtungen auf, stecken Haare und Pfirsichkerne in Gefrierbeutel, weil es wichtige Beweisstücke sein könnten.
Dann lernen sie noch, wie man Fingerabdrücke sichtbar macht: mit schwarzem Pulver nämlich, das mit einem Pinsel auf die verdächtige Tasse gestrichen wird, die vor ihnen auf dem Tisch steht. Moritz fällt das zwar etwas schwer. Die Gummihandschuhe, die er trägt, um nicht selbst Abdrücke zu hinterlassen, sind ihm zu groß. Aber schließlich klappt es, und mit einem echten Spurensicherungsband werden die Fingerabdrücke gesichert.
Eine Viertelstunde vor diesen aufregenden Ereignissen waren Anselm, Sofia und Moritz noch ganz normale Kinder, die gerade zum Anfang des Wochenendes ihre Schulsachen in die Ecke geworfen hatten. Jetzt sind sie beim Kinderkrimi-Fest, oben unter dem Dach der Seidlvilla in München. Dieses Fest dauert noch bis zum Ende des Monats – und findet zum elften Mal statt (Programm unter www.kinderkrimifest.de). Es gibt Theaterstücke und Lesungen von Krimi-Autoren. Vor allem aber gibt es eine »Werkstatt für junge Detektive«, in der man das Handwerk lernen kann, mit dem TKKG oder die Drei Fragezeichen Verbrecher überführen. Kinderkrimis gibt es zwar schon lange, aber sie gefallen ihren Lesern selbst noch in Zeiten, in denen Harry Potter und Vampirgeschichten die Bestsellerlisten beherrschen. »Ich finde es toll, wenn Kinderdetektive Erwachsene überlisten«, sagt Sofia. Und Moritz meint: »Manches können wir Kinder ja auch viel besser. Wir fallen zum Beispiel oft gar nicht auf, weil die Erwachsenen nicht auf uns achten.«
In der Seidlvilla ist zurzeit ein echtes Büro eingerichtet. Über dem Schreibtisch hängt ein Schild, auf dem »Detektei Erwin Wulf« steht. Am Empfang bekommen die Detektive zunächst ihre Ausweise – in die neben Codenamen und Detektivgruppe auch ein Geheimzeichen eingetragen werden muss. Anselm, elf Jahre alt, malt eine Art A mit einigen Schnörkeln auf das Papier. Steht das für Anselm? »Nein. Das ist das Zeichen des Malers Albrecht Dürer!«, ruft er empört. Im wirklichen Leben will Anselm Schauspieler werden – und lieber Bösewichte als Detektive spielen. Aber jetzt ermittelt er. Sein Verdächtiger heißt Dagobert Dünkelstein. Diesen Namen hat sich Anselm nur geliehen, normalerweise gehört er zu einem tollpatschigen Detektiv, der in Hörspielen mit kugelsicherer Pudelmütze ermittelt.
Die Schirmmütze von Moritz ist kein bisschen kugelsicher, trotzdem findet er den Beruf eines Detektivs nicht allzu gefährlich. Sondern eigentlich recht lustig. Der Achtjährige sitzt vor einem Computer und freut sich: Er hat gerade das Programm zum Erstellen von Phantombildern geöffnet und festgestellt, was sich damit alles machen lässt. Sein Verbrecher Paul, ein mutmaßlicher Spielwarendieb, ist eine ziemlich schräge Gestalt geworden: Er hat sehr kleine Augen, dafür aber ein riesiges Kinn und eine ziemlich wilde Frisur. Ein so auffälliger Dieb müsste leicht zu fassen sein. Doch nicht nur das praktische Phantombild-Programm würde Moritz am Schnüffler-Beruf reizen: »Man kann da so viele unterschiedliche Sachen machen. Ich glaube, das ist nicht so ein langweiliger Beruf.«
Am Tisch gegenüber sitzt derweil Sofia, Codename »007(2)« Sie hat ein Blatt vor sich liegen, das sie mit seltsamen Kästchen bemalt. Ein abstraktes Gemälde? Nein, eine Geheimschrift. Spurensicherung und die Entschlüsselung von Schriften, sagt die Zwölfjährige, das wäre ihr Part in einer Detektivbande, wenn sie wählen könnte. Als sie fertig ist, gibt sie Anselm den Zettel. Der plagt sich recht lange, bis er die Lösung hat, aber es lohnt sich, denn es handelt sich um ein wichtiges Beweisstück: »Treffen um 15.00 Uhr, bring die Beute mit«, hat da die verdächtige Varaminta Lisalotta an ihren Gatten Dagobert Dünkelstein geschrieben. Aber nicht nur das: »Pass auf – die Detektive sind uns auf der Spur.« Es scheint eng zu werden für das Verbrecherpärchen.