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Neues im Fall Chebeya: Ein Obduktionsbericht und ein aufgescheuchter Polizeiapparat

 

Ein Geständnis, ein vorläufiger Obduktionsbericht, eine mittlere Staatskrise und jede Menge Spekulationen. Das ist der Stand der Dinge im Fall Chebeya – elf Tage, nachdem die Leiche des Leiters der Menschenrechtsorganisation Voix des Sans-Voix (VSV) am Stadtrand von Kinshasa gefunden worden war.

Nach einer außergewöhnlichen Welle des internationalen Protestes hatten die kongolesischen Behörden innerhalb weniger Tage einen Tatverdächtigen präsentiert: Keinen geringeren als Daniel Mukalay, Chef des Polizeigeheimdienstes. Mukalay, als Folterer berüchtigt,  soll den Mord an Chebeya gestanden und dabei auch den obersten Polizeichef John Numbi belastet haben, einer der mächtigsten Männer des Landes und ein enger Berater von Präsident Joseph Kabila.  Chebeya war am späten Nachmittag des 2. Juni von Numbi zu einem Gespräch vorgeladen worden und danach verschwunden. Numbi steht seitdem unter Hausarrest. Inzwischen wurde auch der Polizeichef von Kinshasa, Jean de Dieu Oleko, unter Hausarrest gestellt. Oleko war das erste hochrangige Polizist gewesen, der nach dem Fund der Leiche von einem Verbrechen gesprochen hatte.

Mit Erlaubnis der kongolesischen Behörden haben inzwischen forensische Experten des renommierten niederländischen Labors Verilabs Chebeyas Leiche in Kinshasa obduziert. In einem ersten vorläufigen Bericht machten die Ermittler noch keine Aussage über die Todesursache, stellten aber Spuren der Gewalt an Chebeyas Körper fest. Ein endgültiger Obuktionsbericht sei, so ein Sprecher des Labors, erst in einigen Wochen zu erwarten.

In Kinshasa wird unterdessen heftig spekuliert: Ist Numbis vorläufiger Sturz eine politische Finte ? Oder war der Polizeichef dem Präsidenten zu mächtig geworden? War Chebeyas Tod ein eiskalter Auftragsmord? Oder ist irgendwann am Abend des 2. Juni eine Aktion der Einschüchterung „aus dem Ruder gelaufen“?

Chebeyas Mitstreiter wollen seinen Leichnam am 30. Juni beisetzen, dem Tag der großen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit des Kongo. Ob das eine taktisch kluge Idee ist, darf man bezweifeln. Menschenrechtsaktivisten leisten im Kongo eine enorm mutige und wichtige Arbeit – aber sie genießen in der internationalen Öffentlichkeit oft mehr Aufmerksamkeit als unter ihren eigenen Landsleuten. Die sind meist viel mehr mit ihrem alltäglichen Überlebenskampf beschäftigt sind als mit den Berichten von VSV oder anderen Organisationen. Die Beisetzung dürfte also bestenfalls im großen Trubel der Paraden untergehen. Oder sie wird von der Polizei verboten. Oder mit Gewalt gestoppt. Keine der drei Optionen wäre den eigentlichen Zielen dienlich: nämlich den Mord an einem der mutigsten Aktivisten und das Schicksal seines immer noch verschwundenen Fahrers Fidele Bazana aufzuklären. Und den internationalen Druck auf die kongolesische Regierung in Sachen Menschenrechtsschutz aufrecht zu erhalten.

Wie viel Eindruck Chebeya Zeit seines Lebens auf jene gemacht hat, die ihn persönlich kannten und unterstützten, zeigt ein Nachruf, der auf der Website der US-amerikanischen National Endowment for Democracy (NED) veröffentlicht worden ist. Der Autor Dave Peterson ist Leiter des Afrika-Programms der NED:

Floribert was a realist.  He understood politics.  But he never sacrificed principles.  He was as unafraid to denounce American policies he saw as wrong as he was those of his own government.  When most other Congolese, including some human rights advocates, were denouncing the Tutsis and Banyamulenge after the Rwandan invasion, Floribert defended the rights of innocent civilians who were targets of human rights abuse no matter what their ethnicity.   He had enormous energy.    (…) Floribert undoubtedly inspired hundreds of activists throughout the country who still cite VSV for getting them off the ground, showing them how to do human rights work, and counseling them on strategy.  (…)  His impact on the human rights movement and the understanding and appreciation for democracy in Congo was profound.