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Netzpolitik ist mehr als ein einfaches Entweder-Oder

Die Enquête-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ wird sich in wenigen Tagen zum ersten Mal treffen, um sich mit Fragen der Netzpolitik zu befassen. Welchen besseren Zeitpunkt gibt es, sich nun mit ein paar Fragen zur Netzpolitik an die Usergemeinde zu wenden, dachte sich ein illustrer Expertenkreis, den Google Deutschland vor kurzem zusammengerufen hat.

Für den Anfang hat der Expertenkreis namens „Internet & Gesellschaft Collaboratories“ nun eine Umfrage erarbeitet, um „ein Meinungsbild zum Themenfeld Internet, Gesellschaft und Innovationskultur in Deutschland“ zu erstellen. Mit Hilfe dieses Meinungsbilds wollen die Experten „Grundlagen einer Innovationskultur der Informations- und Wissensgesellschaft“ erarbeiten.

Ich hätte diese Umfrage sehr gerne ausgefüllt. Nur: Bei jedem Thema musste man sich im Entweder-Oder-Modus, also 0 ODER 1 entscheiden. Zum Beispiel:

ODER

Diese Frage lässt sich doch gar nicht so oder so entscheiden: Es braucht globale Strukturen wie die ICANN oder die IETF, es haben sich aber bedingt durch kulturelle und rechtliche Unterschiede auch viele nationalen Regelungen entwickelt, mit denen man umgehen muss.

Eine weitere Frage – und das selbe Dilemma:

ODER

Ja natürlich muss der Bürger darauf achten, mit seinen Daten im Netz sparsam umzugehen. Aber es gibt auch Unternehmen wie etwa Facebook oder Google, die in der Vergangenheit immer wieder bewiesen haben, dass sie mit den Nutzerrechten nicht sehr sensibel umgehen. Da ist dann der einzelne Bürger überfordert – und die Politik gefragt.

Ähnlich auch die folgenden Behauptungen:

ODER

Ja natürlich müssen Straftaten auch im Netz verfolgbar sein – und das sind sie heute auch schon und der Polizei stehen hierfür viele Instrumente zur Verfügung. Andererseits muss man die Möglichkeit haben, sich im Netz anonym zu bewegen – und auch diese gibt es heute zum Beispiel mit AN.ON. Man muss sie nur nutzen wollen.

Und auch diese Gegenüberstellung hat es in sich:

ODER

Open Access ist jetzt schon möglich, auch die Verwendung von Creative-Commons-Lizenzen. Was fehlt, sind jedoch mehr Freiräume im Sinne des angelsächsischen „Fair Use“ – und eine Harmonisierung des kontinentaleuropäischen und des angelsächsischen Rechts.

So wichtig die Issues sind, die hier aufgeworfen sind, so schlecht ist die Fragestellung. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, man hätte die Nutzer gebeten, die einzelnen Punkte ihrer Wichtigkeit nach auf einer Skala zu bewerten. So aber habe zumindest ich große Schwierigkeiten damit, die Umfrage richtig auszufüllen. Netzpolitik lässt sich eben nicht mit 1 oder 0 beschreiben.

 

Mutmaßungen über Apples Werbestrategie

Die neue digitale Strategie von Apple zielt auf den lukrativen Werbemarkt im Netz. Mit innovativen Patenten könnte Apple den Nutzer sogar zum Werbekonsum zwingen.

Anfang April kündigte Apple-Chef Steve Jobs an, dass Apple bereits ab diesem Sommer das Werbeprogramm iAd anbietet. Es soll Anzeigen in den meist kostenlosen Programmen für das iPhone, den iPodTouch oder das neue iPad einblenden. 40 Prozent der Einnahmen sollen bei Apple verbleiben, 60 Prozent an die Entwickler der Apps gehen.

Marktbeobachter erwarten, dass Apple auch eine ortsbezogene Werbung anbieten kann. Je nachdem wo der Nutzer sich befindet, sollen entsprechende Anzeigen eingeblendet werden. Doch Google könnte hier Apple einiges an juristischen wie technischen Kopfzerbrechen bereiten. Verfügt es doch seit kurzem über ein Patent für Systeme, die Nutzern entsprechend seinem Einwahlort automatisch die Anzeigen einblendet.

Kontern könnte Apple dann laut einem Bericht der Mediapost mit einem Patent, das es ihm erlaubt, über das Betriebssystem Anwendungen abzuschalten oder Inhalte auszublenden, wenn Nutzer die entsprechende Werbung ignorieren. Das würde ganz der Philosphie entsprechen, nach der Apple seine App-Entwickler behandelt. Wahrscheinlich würden die Nutzer dann eine Art Stockholm-Syndrom entwickeln – und dennoch bei Apple bleiben.


Grafik via Sixtus via o3.tumblr.com

 

Wer hat Angst vor Ilse Aigner?

Wenn das nicht zum Fürchten ist: Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner droht dem 400-Millionen-Nutzer schweren Sozialen-Netzwerk-Anbieter Facebook damit, ihren Account dort zu löschen, falls Facebook nicht seine Datenschutzrichtlinien überarbeitet. Funktioniert Politik jetzt neuerdings nach dem Beleidigtsein-Prinzip?

Damit kein Missverständnis entsteht, die Forderungen Aigners sind berechtigt und Verbraucherschützer stehen dabei voll hinter ihr. Immerhin wolle Facebook beispielsweise jeden Datenschutz am liebsten per „opt-out“ regeln, es also der Fähigkeit der Nutzer allein überlassen, sich zu schützen, wie Falk Lüke vom VZBV-Projekt „Surfer haben Rechte“ sagt. Auch die Weitergabe von Daten Dritter ohne deren Einverständnis „geht gar nicht“.

Allerdings, auf dem Schulhof kann man Streitigkeiten vielleicht nach dem Muster beilegen: „Du hast mich geärgert! Jetzt will ich von dir nichts mehr wissen!“ Ist das aber wirklich ein probates Mittel, um ein datenschutzignorantes US-Unternehmen zur Räson zu bringen?

Eher nicht. Von politisch Verantwortlichen darf mehr erwartet werden. Sie sollten eigentlich wissen, welche Instrumente ihnen zur Verfügung stehen. Natürlich kann Ilse Aigner wie Lieschen Müller agieren und einfach ihr Privatkonto kündigen. Als Politikerin könnte sie aber auch die politische Geschäftsgrundlage in Frage stellen. Etwa das Safe-Harbor-Abkommen, dem Facebook beigetreten ist.

Abgeschlossen wurde das Abkommen nach zähen Verhandlungen vor einem Jahrzehnt zwischen der EU und den USA. Es soll garantieren, dass personenbezogene Daten von Europäern von amerikanischen Unternehmen nur dann verarbeitet werden, wenn diese vergleichbare Datenschutzstandards einhalten wie europäische Firmen. Vermutlich hat die Verbraucherministerin von dem Abkommen aber noch gar nichts gehört.

Das kann daran liegen, dass es in der Praxis so bedeutungslos ist. Ein Gutachten des US-Beratungsunternehmens Galexia mit dem Titel „The US Safe Harbor – Fact or Fiction?“ zeigte vor einiger Zeit die Wirkungslosigkeit des Abkommens: So behaupteten 206 Unternehmen, Mitglied von Safe Harbor zu sein, die es gar nicht waren. Andere zeigten das Logo des Abkommens auf ihrer Seite, erfüllten aber gar nicht die dazu notwendigen Bedingungen. Insgesamt brachten nur 348 Unternehmen die Mindestvoraussetzungen. Trotzdem ist bislang nur ein einziges Unternehmen wegen Falschangaben verurteilt worden – jedoch ohne Sanktionen erdulden zu müssen.

Ein Abkommen also, das nicht viel bringt. Würde Europa es kündigen, könnten amerikanische Firmen nicht mehr ohne weiteres Daten von Europäern verarbeiten. Buchhändler Amazon beispielsweise geriete ziemlich schnell in Schwierigkeiten, Facebook müsste für Europa eine eigene Plattform schneidern, um legal Anzeigen vermarkten zu können, Google ebenso.

Was also läge näher, als dieses letztlich wertlose Abkommen in Frage zu stellen – und in darauf folgenden Verhandlungen die Spielregeln auf transatlantischer Ebene neu zu definieren? Das wäre kein ahnungsloses Schulhofgeplänkel mehr, sondern reale Politik.

 

Mit Spielen die Welt retten?

Jane McGonigal vom kalifornischen Institute of the Future überlegt, wie Gamer die Welt retten können.

Hintergrund ist folgende Statistik:  21-Jährige haben in Ländern mit starken Spielkulturen im Schnitt bereits 10.000 Stunden in das Spielen von Online-Games investiert. Frappierend ist das, wenn man diese Zahl mit einer Zahl aus dem Bildungssystem vergleicht: Kinder in den USA verbringen zwischen der 5. Klasse und dem Highschool-Abschluss 10.800 Stunden in der Schule.

Diese Kinder, so schlussfolgert Jane McGonigal, haben mit ihrer Online-Spieleerfahrung einen parallelen Bildungsweg durchschritten. Doch was haben sie dabei gelernt? Sie haben beispielsweise gelernt, gemeinsam Probleme zu lösen, indem sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten für ein gemeinsames Ziel einsetzen.

Die Frage sei nun, so McGonigal in ihrem TED-Vortrag, wie diese Fähigkeiten in der realen Welt eingesetzt werden können. Etwa im Kampf gegen Probleme wie Armut, Hunger, Umweltverschmutzung oder Energieknappheit.

McGonigal hat mit Superstruct ein Online-Multiplayer-Game entwickelt, in dem Spieler ihre Gesellschaft so organisieren, dass sie Probleme des Jahres 2019 lösen können. Sie hat 2007 das Spiel World Without Oil konzeptioniert, das den Beginn einer weltweiten Ölkrise simuliert: Spieler müssen ihre alltäglichen Gewohnheiten ändern, um die daraus entstehenden Probleme zu lösen. Anfang März startete das von ihr im Auftrag der Weltbank produzierte Evoke, das aktuelle Probleme in Afrika lösen soll.

 

Unterstützt Cryptome und Wikileaks!

Cryptome und Wikileaks müssen von der deutschen Presse unterstützt werden. Nicht nur ideell, sondern auch finanziell. Denn sie sind im Moment die letzten Garanten einer Presse- und Meinungsfreiheit.

Zweierlei hat mir heute die enorme Bedeutung von Cryptome und Wikileaks buchstäblich vor Augen geführt: Zum einen eine Video-Reportage über die beiden Enthüllungsplattformen im Netz, die investigativen Journalisten das Leben erleichtern. Zum anderen die Erläuterungen des Vorschlags für eine „Isländische moderne Medieninitiative“, die seit kurzem online auf dem Server des isländischen Parlaments auf Englisch verfügbar ist. Diese könnte darauf hinauslaufen, dass Wikileaks dauerhaft auf einer sicheren legislativen Grundlage aufbauen kann.

Die Reportage erklärt, warum Wikileaks einzigartig ist. Zwar hat der New Yorker Architekt John Young mit Cryptome seit den neunziger Jahren wertvolle Pionierarbeit geleistet. Doch weil sein Server ausschließlich amerikanischer Jurisdiktion unterworfen ist, ist er auch angreifbar. Außerdem ist es immer nur John Young, der die Dokumente ins Netz stellt. Das allerdings äußerst zuverlässig, wie auch die jüngste, schnell überstandene Attacke vonMicrosoft auf Cryptome gezeigt hat.

Wikileaks hingegen ist nicht nur einfach eine Website, die von einem Engagierten geführt wird, sondern auch eine Technik, die es Whistleblowern beziehungsweise Informanten auf sehr effiziente und sichere Weise erlaubt, massenhaft Dokumente auf einen geschützten Server zu laden. Außerdem ist Wikileaks auf diversen Servern in der Welt verteilt und untersteht damit multipler Gesetzgebung.

Umso mutiger ist es von Julian Assange und Daniel Schmitt sich als Gesicht von Wikileaks zu zeigen – denn sie könnten in belieben Staaten der Welt wegen Geheimnisverrat vor Gericht gebracht werden. Dass sie dabei nicht nur von den üblichen Verdächtigen etwas zu befürchten haben, zeigte der jüngst veröffentlichte Bericht eines US-Militärgeheimdienstes (PDF), der analysiert hatte, wie angreifbar Wikileaks ist. Hier die Reportage, die übrigens auch John Young im Videointerview zeigt:

Der Bericht zeigt, wie wichtig diese beiden bislang einzigen einigermaßen sicheren alternativen Enthüllungsplattformen im Netz sind: Für viele Menschen sind sie die einzige Möglichkeit, ungefährdet auf einen Missstand hinzuweisen. Wie Journalisten mit Wikileaks zusammenarbeiten können, zeigten in jüngster Zeit die Enthüllungen zur Maut. Sie wären ohne die Kooperationsplattform Wikileaks in diesem gewaltigen Umfang nicht möglich gewesen. Aber auch die Enthüllungen von Cryptome über den Umgang von IT-Firmen mit Strafverfolgungsbehörden wären ohne Cryptome ungleich riskanter gewesen.

Gerade in Deutschland sind Whistleblower gesetzlich nicht ausreichend geschützt. Erst im letzten Jahr ist schon im Vorfeld der Beratungen eine Gesetzesvorlage zum Schutz von Whistleblowern in Deutschland gescheitert. Diese gelten hier gerade im Arbeitgeberlager immer noch als „Nestbeschmutzer“, als Menschen, die andere Menschen „verpfeifen“. Nicht jedoch, wie die internationale Whistleblowerforschung zeigt, als verantwortungsbewusste Menschen, die keinen anderen Ausweg aus einem Notstand sehen, als sich an die Öffentlichkeit zu wenden, weil eine anderweitige Klärung aus gewichtigen Gründen nicht funktioniert.

Hinzu kommt in Deutschland ein seit Jahrzehnten fehlender Arbeitnehmerdatenschutz. Das führt dazu, dass Informanten in Unternehmen und Behörden kaum noch in der Lage sind, sich vor Aufdeckung zu schützen. Denn es gibt nur noch wenige Arbeitsplätze, die nicht auf irgendeine Weise mit Kommunikations- und Informationstechnologien verbunden sind, die wiederum Daten generieren, die über ihre Arbeit Auskunft geben können.

Aber auch der Schutz von Journalisten ist in Deutschland unzureichend. Die Rechte von Journalisten und Redaktionen wurden in den letzten Jahren hinsichtlich des Zeugnisverweigerungsrechts sowie Redaktionsgeheimnisses zunehmend ausgehöhlt. Dazu zählt nach wie vor die Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten, da Journalisten vom Bundesverfassungsgericht in seinem jüngsten Urteil zur Vorratsdatenspeicherung nicht als besonders schützenswerte Berufsgruppe dargestellt wurde und künftig weiterhin damit rechnen müssen, dass ihre zu Abrechnungszwecken gespeicherten Verbindungsdaten verwertbar bleiben. Zu den jüngsten Gesetzesinnovationen, die die Pressefreiheit aushöhlen zählt außerdem die Online-Durchsuchung.

Umso erstaunlicher ist es eigentlich, dass deutsche Verleger und Journalistenverbände nicht schon längst Wikileaks offiziell unterstützen – zumal eine gesetzgeberische Initiative wie in Island in den Sternen steht. Wie vergleichsweise kleinklein die politischen Visionen hier sind, ist in den letzten Monaten an der Debatte um ein ominöses Leistungsschutzrecht zu beobachten. Island jedenfalls hat als – relativ kleine Community – von der Wirtschaftskrise rasch gelernt und wagt den Angriff: Mehr Transparenz, mehr Offenheit sollen künftig Schutz bieten gegen allerlei Korruption und Manipulation.

Lernen will man von den Besten: Beispielsweise von den Schweden, deren Pressefreiheitsgesetz zahlreiche Nachrichtenagenturen und Bürgerrechtsorganisationen nach Stockholm lockt. Oder von den USA, deren strikte Auslegung der Meinungsfreiheit legendär ist. Das Besondere ist auch: Island stellt seinen Vorschlag auch auf Englisch vor – und lädt ausländische Nichtregierungsorganisationen ein, ihn zu kommentieren. Das ist ungewöhnlich, aber dem Anliegen, eine zensurresistente Presse auf internationalem Niveau zu ermöglichen, nur angemessen.

Diese Art von Weltläufigkeit wünsche ich auch Deutschland. Die Enquête-Kommission des Bundestags sollte sich auch damit befassen. So lange sich Verlage und Journalisten jedoch nicht für ein massives Lobbying für die Pressefreiheit einsetzen wollen, sollten sie zumindest Wikileaks wie auch Cryptome nicht nur ideell, sondern auch monetär unterstützen. Sie sind für journalistische Arbeit unerlässlich geworden. Weil sie letztlich die konsequentesten Garanten der Presse- und Meinungsfreiheit sind.

 

Google: Verlage müssen experimentieren!

Hal Varian, seines Zeichens Chefökonom von Google, hat gestern der Federal Trade Commission seine Vision von der „Zukunft des Journalismus“ erläutert. Die US-Behörde hält derzeit Anhörungen zur Zukunft des Journalismus ab und führt hierzu auch ein Projekt durch. Spannend ist die Google-Präsentation, weil Verleger dem Suchmaschinenriesen vorwerfen, ihr Geschäftsmodell zu torpedieren. Hier Varians Präsentation:

Eine Lösung für den Medienwandel hat Varian nicht parat – aber eine Losung: „Experimentieren, experimentieren, experimentieren.“ Außerdem sollten die Verlage die Daten und Informationen, die Nutzer auf ihren Websites hinterlassen, konsequenter auswerten. Crossmediale Potenziale sieht er in Lesegeräten wie dem Kindle oder dem iPad. Das Nieman Journalism Lab hat das komplette Transkript des Vortrags veröffentlicht.

 

Push für die Netzpolitik

Eigentlich müsste man sich als Netzbürgerin ja freuen, wenn sich der Deutsche Bundestag eingehender mit den Themen auseinandersetzen will, die alltäglich die Netizens umtreiben.  Die 14 Politiker und 3 Politikerinnen der Enquête-Kommission für „Internet und digitale Gesellschaft“ werden sich von Experten beraten lassen – und haben dafür auch schon eine Art Fahrplan aufgestellt. Die Themen klingen alle ganz vernünftig. Doch wie offen werden sich die Politiker tatsächlich für Beratung zeigen?

Die gesammelten RSS-Feeds derjenigen, die überhaupt im Netz aktiv sind – dazu gehört leider nicht der des Vorsitzenden der Kommission, Herrn Axel E. Fischer, der über eine Website ohne RSS-Feed verfügt – lassen vermuten, dass der Beratungsbedarf doch immens ist.

Die wenigsten scheinen sich bislang wirklich dediziert mit den Befindlichkeiten der Netizens auseinandergesetzt zu haben, geschweige denn ein Gespür dafür zu besitzen, wie etwa Kommunikation per Twitter funktioniert. Twitter wird, wie schon im Wahlkampf zu beobachten war, von den meisten als Push-Medium begriffen (was es natürlich unter anderem auch ist) und weniger als Dialog-Medium.

Dialog könnte ja heikel sein: Man könnte schnell mal auf Positionen festgeklopft werden, die man später vielleicht lieber nicht mehr einnehmen möchte. Weil die Partei inzwischen einen anderen Kurs eingeschlagen hat. Aber für heikle Positionen gibt es in der Enquête ja auch die Experten. Dort kann man diejenigen von ihnen zu Gehör kommen lassen, die der gefühlten Parteilinie am nächsten stehen. Und die anderen getrost marginalisieren oder gleich ganz ignorieren.

Moment! Was passiert aber, wenn man einen 18. virtuellen Experten bzw. die Mitsprache aus dem Netz zulässt? Ändern sich dann nicht die eingeübten Zuweisungsspielchen? Denn man kann ja nicht die „Netizens“ samt und sonders einer Partei zuordnen. Oder etwa doch?

Die Ausarbeitung der Spielregeln für die Kommunikation mit dem 18. Experten dürfte daher wohl zur Nagelprobe nicht nur für das Netzverständnis, sondern auch für das Politikverständnis der Enquête werden. Wenn die Abgeordneten mit dem 18. Experten so kommunizieren wie sie twittern, dann wäre das ein Armutszeugnis netzpolitischer Bildung. Denn Netzpolitik braucht mehr als nur Push-Kommunikation, sie braucht das Gespräch, sie braucht einen echten Dialog, der auch unangenehme Wahrheiten verträgt.