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Wenn die Wolke verschwunden ist

T-Mobile hat gerade – ohne es zu wollen – darauf hingewiesen, welche Risiken das Cloud Computing birgt. „Cloud Computing“ gilt als der große Trend in der Infomationstechnologie. Die Idee ist, Daten in einer virtuellen „Wolke“ zu speichern. Sie liegen nicht mehr auf dem eigenen Rechner, sondern werden in Datenzentren ausgelagert, auf die man immer Zugriff hat – in der Regel zumindest.

Die ersten Cloud-Anwendungen waren Mail-Postfächer bei GMX, Hotmail oder mittlerweile Google. Doch der Trend geht zu mehr: Notizen, Kalender und Kontakte werden längst in der Wolke gespeichert. Das gilt als praktisch, um sich vor Datenverlust zu schützen und alles immer nutzen zu können, schließlich kann von jedem Rechner oder Device auf die Daten zugegriffen werden.

Doch Cloud-Computing birgt Risiken, die noch selten thematisiert werden. Wer sein ganzes digitales Leben in der Cloud und womöglich bei einem Anbieter speichert, kann einfach überwacht werden. Wer kennt sich schon mit den Datenschutzgesetzen den Ländern aus, wo die Rechenzentren stehen?

Auch der Zugang zu den Daten ist nicht wirklich sicher, sind sie meist doch nur mit einem Login-Namen und einem Passwort geschützt. Das aber kann gehackt werden.

Ein anderes Problem zeigt ein Fall in den USA. T-Mobile vertreibt dort den Sidekick, ein kleines Smartphone, Termine, Notizen und Kontakte verwalten kann. In Deutschland war das Gerät als „HipTop“ auf dem Markt. Die Daten des Smartphone werden praktisch in der Wolke abgespeichert. Emails, Kontakte und Notizen liegen normalerweise in einem Rechenzentrum der Microsoft-Tochter „Danger“, die den Sidekick produziert und vertreibt.

Doch die Wolke ist gerade verschwunden. Kunden können auf ihre Daten nicht mehr zugreifen und T-Mobile musste nun verkünden, dass diese womöglich verschwunden sind. Ein Server-Fehler wird als Ursache genannt. In der bisherigen Geschichte des Cloud Computing ist es das größte bekannte Desaster. Und alles, was T-Mobile tun kann, ist eine Warnung an die Kunden: „Sidekick-Kunden, solange dieser Service unterbrochen ist, bitte NICHT die Batterie aus dem Gerät nehmen, einen Reset machen oder zulassen, dass es keinen Strom mehr hat.“

Unfreiwillig startet T-Mobile damit eine notwendige Verbraucherinformations-Kampagne zu den Risiken der Cloud.

 

Wollen wir den digitalen Gesellschaftsausschluss?

Die Digitalisierung stellt das traditionelle Urheberrecht vor eine große Herausforderung. Seit Jahren tobt daher ein politischer Krieg um die richtigen Rahmenbedingungen. Zehn Jahre nach Start der ersten Tauschbörse Napster ist immer noch keine Lösung in Sicht. Vielleicht liegt das auch daran, dass man immer nur gehofft hat, der Geist des Kopierens würde wieder zurück in die Flasche gehen? Was gab es nicht alles für Verschärfungen: Alleine in Deutschland wurde in den letzten Jahren das Urheberrecht gleich zweimal an das „digitale Zeitalter“ angepasst. Dazu kam das Durchsetzungsgesetz, was Rechteinhabern mehr zivilrechtliche Sanktionsmöglichkeiten gebracht hat. Wovon auch gerne Gebrauch gemacht wird, um neue Geschäftsmodelle auf der Grundlage von Massenabmahnungen zu entwickeln.

Einen Schritt weiter geht Frankreich. In einem erneuten Anlauf hat das französische Parlament das umstrittene HADOPI 2 – Gesetz beschlossen. Das Verfassungsgericht hatte den ersten Versuch zurück gewiesen. Mit dem HADOPI 2 Gesetz soll ein „zivilisiertes Internet“ durchgesetzt werden, was Nicolas Sarkozy als Zielrichtung definierte. Die neue zu schaffende HADOPI-Überwachungsbehörde (Haute autorité pour la diffusion des oeuvres et la protection des droits sur Internet) soll zukünftig in Zusammenarbeit mit den Rechteinhabern Tauschbörsennutzer verfolgen. Beim ersten Mal erwischen gibt es eine Warn-E-Mail, bei der Wiederholung einen blauen Brief und beim dritten Mal soll dann das Internet gekappt werden. Das Internetverbot soll bis zu einem Jahr gelten, dazu sind Geldstrafen von bis zu 300.000 Euro und maximal zwei Jahre Gefängnisstrafe geplant.

Das muss man sich mal vorstellen: Für das nicht-kommerzielle Tauschen von Musik oder Filmen soll französischen Bürgern bei einer Wiederholung für bis zu einem Jahr das Internet entzogen werden. Natürlich gilt das für den Anschlussinhaber. Wenn die Kinder Tauschbörsen nutzen und dabei erwischt werden, kommt eben die ganze Familie in den fragwürdigen Genuss, gemeinsam vom digitalen Leben ausgeschlossen zu werden.

Ein Modell für Deutschland?

Die Lobbyisten der Rechteindustrie fordern dies seit zwei Jahren auch für Deutschland. Die CDU hatte die Forderung, die Internet-Zugänge sollen bei Rechtsverstößen notfalls gesperrt werden, für ihr aktuelles Wahlprogramm vorgesehen. Der Satz wurde aber kurz vor Schluss wieder entfernt, weil die öffentliche Kritik zu laut wurde. Nun steht die Forderung nur noch zwischen den Zeilen im Programm. Allerdings steht der französischen Lösung auch deutsches Recht im Weg. Juristen haben aber schon Möglichkeiten vorgestellt, wie Internetsperrungen bei Urheberrechtsverletzungen in Deutschland rechtskonform durchgeführt werden könnten.

Die Forderung, Tauschbörsennutzern das Internet zu sperren, ist irrsinnig, unverhältnismässig und unvernünftig. Und darüber hinaus gibt es zahlreiche ungelöste Problemstellungen:

1. Hier wird eine Privatisierung der Rechtsdurchsetzung gefordert, ohne jegliche Überprüfung auf Rechtsstaatlichkeit und mit Umgehung jeglicher rechtsstaatlicher Instanzen.
2. Die von den privaten Ermittlern übermittelte IP-Adresse muss nicht unbedingt die richtige sein.
3. Die Sanktion trifft den Anschlussinhaber und nicht unbedingt den Rechtsverletzter.
4. Es gibt bereits strafrechtliche und zivilrechtliche Ansprüche für Rechteinhaber. Ohne jegliche Evaluation der neuen Maßnahmen soll jetzt sofort noch mehr durchgesetzt werden.
5. Kunden verlieren das Vertrauen in ihre Provider. Provider werden zur Verantwortung gezogen und sollen als Kontrollinstanz agieren.
6. Was ist mit Triple- und Quadruple-Play-Anschlüssen? Wird dann auch das Telefon gekappt?
7. Was ist bei Irrtümern? Falsche Zuordnungen von IP-Adressen zu Anschlussinhabern kommen vor, Zahlendreher passieren. Wer haftet? Wer ist Ansprechpartner?
8. Die Eskalationsstufe trägt nicht dazu bei, dass die Frage gelöst wird, wie Kreative im digitalen Zeitalter vergütet werden können.

Im Jahre 2009 vom Internet ausgeschlossen zu werden, kommt einer digitalen Todesstrafe gleich. Vernünftiger wäre es, neue Technologien und den medialen Wandel zu umarmen und innovative Geschäftsmodelle dafür zu entwickeln. Und den Künstlern ist sicherlich durch Rahmenbedingungen wie einer Kulturflatrate besser geholfen, als wenn die eigenen Fans vom Internet ausgeschlossen werden. Wo sollen sich die Fans denn sonst über (neue) Musik und Künstler informieren?

 

Bundestag.de: Öffnet unsere Daten

Der Bundestag hat in diesem Sommer seine Webseiten modernisiert. Alles schön und bunt. Leider strich man nur die Fassade an. So verpasste man die Chance, einen wichtigen Schritt nach vorne zu gehen und einen Zugriff auf die Datenschätze unserer parlamentarischen Demokratie zu schaffen. Was gibt es nicht alles auf der Seite zu finden: Plenarprotokolle, Videoaufzeichnungen der Debatten, Tagesordnungen und vieles mehr. Leider teilweise nur schwer durchsuchbar und nur manuell auswertbar.

Was man mit den Daten machen kann, zeigt beispielsweise ein Web-Angebot des ZDF: Im Parlameter finden sich zu verschiedenen Bundestags-Abstimmungen viele Visualisierungen mit aufbereiteten statistischen Daten. Nicht nur stehen dort die Namenslisten der Abgeordneten, die für einen Kriegseinsatz in Afghanistan stimmten. Man kann sich die Abstimmungs-Ergebnisse gleich genauer anschauen: Wie viele weibliche Abgeordnete über 40 stimmten dafür oder wie viele männliche Abgeordnete unter 50, die überdurchschnittliche Nebeneinkünfte haben? Diese Daten liegen auch auf bundestag.de. Theoretisch zumindest – Sie werden die Schätze aber nicht so leicht heben können. Im Falle des Parlameters werden die Daten händisch vom ZDF, bzw. einem Dienstleister des ZDF, „veredelt“. Und dann visualisiert dargestellt.

Theoretisch könnte das jeder machen. Alleine der Aufwand ist zu groß. Durch die Bereitstellung einer offenen Schnittstelle (Technischer Begriff: Open-API) zum Angebot von bundestag.de könnte jeder mit etwas Programmierkenntnissen dieselben Daten bergen. Und ganz neue Projekte und Visualisierungen daraus erschaffen. Und vielleicht Antworten auf viele Fragen finden: Welche Abgeordneten erhalten von welchen Lobbygruppen Nebeneinkünfte und ist ein Einfluss auf ihre Tätigkeit und Abstimmungsverhalten erkennbar? Wer ist der faulste Abgeordnete in einem bestimmten Ausschuss und wer am fleißigsten? Vielleicht ist zuviel Transparenz nicht gewollt – vermutlich steht einer solchen Öffnung aber eher technische Unwissenheit im Wege.

Während andere Staaten die transparente und offene Regierung auf die Tagesordnung setzen, malen wir die Fassaden an. Es ist Zeit für die Zukunft: Öffnet unsere Daten und fangt bei bundestag.de an.

 

Für digitale Bürgerrechte auf die Straße gehen

Am Samstag fand wieder eine Großdemonstration für digitale Bürgerrechte in Berlin statt. Unter dem Motto „Freiheit statt Angst“ hatten erneut mehr als 150 Organisationen und Inititiativen aufgerufen, gegen Überwachung und Internetzensur auf die Straße zu gehen. Die Demonstration setzt ein klares Zeichen gegen die Vorratsdatenspeicherung, die heimliche Online-Durchsuchung oder den Aufbau einer Zensurinfrastruktur.

Die ersten „Freiheit statt Angst“-Demonstrationen wurden 2006 vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in Berlin initiiert. Damals wurde von Seiten der Politik immer darauf hingewiesen, dass Protest im Netz wenig bringen würde und dass man doch auch auf der Straße sichtbar sein sollte. Das probierten wir aus: Während zur ersten Demonstration nur rund 100 Menschen kamen, konnte 2007 mit ca. 15.000 Teilnehmern ein deutliches Zeichen gesetzt werden. Im vergangenen Jahr kamen schon mehrere zehntausend Teilnehmer und diesen Samstag fast 25.000.

Nun kann man sich fragen, ob im Jahre 2009 Demonstrationen auf der Straße, zumal für digitale Bürgerrechte, noch was bringen? Der Aufwand ist enorm: Während man im Netz mit wenig finanziellen Ressourcen zeit- und ortsunabhängig Protest organisieren kann, braucht man für die Straße viel Geld und Zeit. Ein Bündnis will organisiert und gepflegt werden. Dazu benötigt man eine Bühne mit entsprechender Technik, Gespräche mit der Polizei und Behörden und natürlich viele Flyer, Poster und Transparente zur Werbung und Mobilisierung. Diese müssen auch verteilt und aufgehängt werden. Dazu ist alles abhängig vom Wetter: Regnet und stürmt es zum Zeitpunkt der Demonstration, kommen nur wenige. Scheint dagegen wie in den Vorjahren die Sonne, bietet sich für Viele eine schöne Gelegenheit für einen Spaziergang durch Berlin mit zahlreichen Gespräche und Eindrücken. Positiver Nebeneffekt, wenn alles gut geht: Die Bilder von (zehn-)tausenden Menschen auf der Straße, die kreativen und bunten Protest zeigen und eventuell sogar ein kurzer Hinweis in den Abendnachrichten.

Und wir erreichen damit unsere Eltern-Generation. Ansonsten bleibt uns natürlich noch das Netz. Im Vorfeld bekamen wir ein schönes Mobilisierungs-Video in Form eines Kino-Trailers von Alexander Svensson zugeschickt:

Freiheit statt Angst – der Trailer from Alexander Svensson on Vimeo.

 

Viele Grüße von der Internet-Gemeinde

Ein Gespenst geht um in deutschen Medien und der Politik: Die Internet-Community ist da. Irgendwie zumindest. Manchmal heißt sie auch eingedeutscht Internet-Gemeinde. Politiker laden sie zum Dialog ein, manche starten ihre neuen Wahlkampf-Blogs mit „Liebe Internetgemeinde“ und andere beschweren sich, dass die Internet-Community ihre tolle Politik kritisiert.

Das erste Mal begegnete mir der Begriff im Rahmen der EU-weiten Proteste gegen eine EU-Richtlinie zur Patentierung von Software. Das war Anfang dieses Jahrtausends und Politiker im EU-Parlament versuchten zu definieren, was ihnen da an vernetztem Protest aus dem Internet begegnete. Ein weiterer Meilenstein waren die Proteste gegen die Vorratsdatenspeicherung, die zwischen 2007/2008 ihren Höhepunkt in Deutschland fanden. Und dieses Jahr kam der Begriff im medialen und politischen Mainstream an. Innerhalb von vier Tagen unterzeichneten mehr als 50.000 Bürger eine Online-Petition gegen die Pläne der Bundesregierung, im Rahmen des Zugangserschwerungsgesetz im Kampf gegen Kinderpornographie eine Zensurinfrastruktur zu errichten. Nie zuvor war der Protest aus dem Netz so schnell sichtbar geworden. 134015 Mitzeichner waren es sogar nach Ende der Zeichnungsfrist.

Das Netz schafft neue Öffentlichkeiten, wo jeder über Blogs, Twitter und Soziale Netzwerke zum Sender wird. Rund um einzelne Themen und Ereignisse vernetzen sich Menschen Ad-Hoc und formen Koalitionen. Das ist mit dem alten Denken in traditionellen Organisationsstrukturen nicht mehr greifbar. Wenn man in diesen Tagen mit Journalisten und Politikern über Netzpolitik redet, ist die „Internet-Community“ immer dabei. Man denkt dann immer, die halten “die Internet-Community” für eine Art Gewerkschaft und man selbst ist für sie sowas wie ein Sprecher dieser “Gemeinde”. Es ist dann immer schwierig, diesen zu erklären, dass es sich um Menschen handelt, die ähnlich wie unsere Gesellschaft äußert vielfältig und wenig organisiert sind. Bisher tauchen diese Ad-Hoc Koalitionen vor allem rund um Themen der Netzpolitik so massiv auf. Das liegt wahrscheinlich daran, dass viele Knotenpunkte in diesen neuen Öffentlichkeiten ein besonderes Bewusstsein dafür haben, gut vernetzt sind und nur sich nur wenige traditionelle Organisationsstrukturen dieses Themas annehmen. Das wird sich aber ändern. Schon 70 Prozent der Bevölkerung nutzt das Internet und immer mehr Bürger werden sich zu anderen Themen vernetzten und ihre Anliegen artikulieren.

Und man fragt sich, wie das damals war, als zum ersten Mal Politiker im Fernsehen auftraten. Begrüßten diese die Zuschauer mit den Worten „Liebe Fernseh-Gemeinde?“