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Leistungsschutzrecht mit welchem Recht?

Der Bayerische Journalistenverband hat ein Gutachten in Auftrag geben, um zu ermitteln, wozu ein Leistungssschutzrecht eigentlich gut wäre. Die Autoren Timo Ehmann und Emese Szilagyi kommen dabei unter anderem zu dem Ergebnis, dass Verlage deutlich mehr davon profitieren könnten als die eigentlichen Urheber, die Autoren.

Zeitschriftenverleger wie Hubert Burda und Matthias Döpfner hatten die Verlagswelt auf ein Schutzrecht für Presseinhalte eingeschworen. „Im Internet darf es keine rechtsfreien Zonen geben“, Gesetzgeber und Regierungen auf nationaler und internationaler Ebene müssten „die geistige Wertschöpfung von Urhebern und Werkmittlern besser schützen“, heißt es in der gemeinsamen Resolution. Unterschrieben haben die Erklärung der Axel Springer Verlag, der Bauer-Verlag, die Verlagsgruppe Ganske, Gruner + Jahr, Spiegel und Zeit-Verlag. Auf Betreiben der CDU gelangte die Forderung in den Koalitionsvertag, Bundeskanzlerin Angela Merkel wird auf den Zeitschriftentagen in Berlin dazu sprechen.

Das Gutachten von Timo Ehmann und Emese Szilagyi fragt nach dem Nutzen eines solchen Schutzrechts für das Allgemeinwohl. „Allein die Tatsache, dass das Verlegen von Printprodukten eine wirtschaftliche Investition bedeute, rechtfertige noch kein weitreichendes Schutzrecht.“

Es gäbe zudem schon jetzt weitreichende Schutzmechanismen für Presseinhalte, so könnten sich Verleger zum Beispiel die Nutzungsrechte von den Autoren übertragen lassen, die Übernahme ihrer Texte durch Suchmaschinen unterbinden und dank des Wettbewerbsrechts gegen unlautere Übernahmen vorgehen. Pressespiegel und die Übernahme von Ausschnitten regele das Zitatrecht. Für den Schutz vor Raubkopien und unlautere Aneignung seien die bestehenden urheber- und wettbewerbsrechtlichen Regelungen ausreichend.

Das Gutachten beschreibt die unterschiedichen, teilweise gegensätzlichen Interessen von Verlegern und Autoren. Generell problematisieren sie die gängige Buyout-Praxis, die dazu führt, dass Autoren alle Rechte an ihren Texten an den Verlag verlören. Um den finanziellen Ausgleich kümmere sich derzeit die Verwertungsgesellschaft Wort. Die Autoren warnen davor, „den bestehenden Interessensausgleich einseitig zugunsten der Verleger zu verschieben.“ Im Gegenzug müsste man dann den Buyouts einen Riegel vorschieben.

Das Gutachten lässt sich ab dem 3. Dezember in der Zeitschrift Kommunikation und Recht nachlesen.

 

Indiefilm-Modell der Zukunft

Der Film heißt Ink, er handelt von den Alpträumen eines achtjährigen Mädchens, und er ist ein großer Erfolg – jedenfalls in den Tauschbörsen des Netzes. Innerhalb weniger Tage wurde er allein über BitTorrent 400.000 Mal heruntergeladen und landete neben Hollywood-Filmen und anderen Kassenschlagern auf der Liste der „Top 10 Most Pirated Movies on BitTorrent„. Grund genug also für die Filmemacher, sich die Haare zu raufen angesichts der Umsätze, die ihnen dadurch an der Kinokasse schon verloren gegangen sein müssen.

Anders Jamin und Kiowa Winans. In ihrem aktuellen Newsletter an Fans und Freunde drücken die Filmemacher ihre Freude aus über die unvorhergesehene Aufmerksamkeit, die der Film dadurch erhalten habe. Dank der Raubkopien hätte Ink den Sprung auf den 16. Platz der Internet Movie Database (IMDb) geschafft, und die wachsende Popularität hätte auch den Verkauf von DVDs und Blu-rays angekurbelt.

250.000 Dollar hat der Film gekostet. Auf ihrer Homepage haben die Jamin und Kiowa inzwischen auf Anraten anderer einen Button eingerichtet, mit dem zufriedene Tauschbörsianer den beiden etwas spenden können. „Es ist das Indiefilm-Modell der Zukunft“, sagt Kiowa Winans. Die beiden hoffen, zumindest die Kosten der Produktion wieder hereinzuspielen. Reich werden wollen die beiden aber nicht. Nur weiter „absolut unabhängige Filme“ machen.

 

Facebook für den Weltfrieden

Für kulturkritisch gestimmte Menschen ist Facebook bestenfalls ein Weg, frühere Liebschaften zu stalken. Oder eine Seite voller Profilneurotiker, die meinen, sie müssten die Welt an ihrem Leben teilhaben lassen. Deutlich positiver scheint die Stanford Universität die Möglichkeiten Facebooks zu sehen. Dort nimmt man soziale Netzwerke ernst und begreift sie als Chance.

Unter dem Titel „Machines Designed to Change Humans“ – Maschinen, die Menschen ändern können, befasst sich das Stanford Persuasive Technology Lab damit, wie Technik uns in den nächsten 30 Jahren zum Weltfrieden führen kann. Denn daran glaubt man dort ganz fest.

Eines der vielen Forschungsprojekte ist die Facebook-Seite „peace.facebook.com„. Sie versucht, unterschiedliche Gruppen zusammenzubringen, die sonst tief verfeindet sind: Juden und Muslime, Liberale und Konservative, Albaner und Serben oder Griechen und Türken. So gibt die Seite aktuell Auskunft darüber, dass in den vergangenen Stunden 5.788 jüdisch-palästinäsische Online-Freundschaften geschmiedet wurden. Und Griechen und Türken haben im gleichen Zeitraum gleich über 16.000 Mal zusammengefunden. Außerdem fragt die Seite jeden Tag seine Besucher, ob sie daran glauben, dass es möglich sein wird, in den nächsten 50 Jahren Weltfrieden herzustellen. Gut sieben Prozent der Befragten in den USA glauben daran, elf Prozent sind es in Deutschland und immerhin fast jeder Vierte (24,66 %) in Israel.

„Menschen sind sehr überzeugend“, sagt BJ Fogg, Leiter des Technik-Labors der Stanford Universität. Manche Individuen wie Barack Obama seien besonders charismatisch. Aber auch die effizientesten Friedensstifter wie der Dalai Lama hätten ihre Grnezen und könnten leider auch nicht geklont werden. „Menschen können Maschinen benutzen, um ihren Einfluss zu erhöhen.“ Und dieser Ansatz könne tatsächlich zu mehr Frieden führen: „Die effizientesten Friedenstifter werden ihren Einfluss dank der Weiterentwicklung von Technologien über die eigene Kommunity hinaus erhöhen.“

Allerdings, wenn charismatische Friedenssstifter soziale Netzwerke nutzen können, um ihre Ideen zu verbreiten, wie sieht es denn aus mit der Verbreitung von Hassreden und rechtsradikalen Gedanken? Rechte Parteien sind nicht so schlecht darin, moderne Techniken für ihre Zwecke einzusetzen. Die Projekte der Uni Stanford immerhin zeigen, dass man ihnen das Feld nicht kampflos überlassen muss.

 

Abstimmen, was läuft

Paranormal Activity ist ein Low Budget Film. Die Macher um Oren Peli haben angeblich nur 10 000 Dollar  für den Dreh des Horror-Films ausgegeben. Im Spätprogramm und auf Festivals hat der Film trotzdem in kürzester Zeit eine Menge Menschen begeistert. Einige bezeichnen ihn gar schon als einen würdigen Nachfolger des Gruselschockers Blair Witch Project. Auch Blair Witch war ein Lowbudget-Film, spielte weltweit aber mehr als 248 Millionen US-Dollar ein.

Paranormal Activity hat es indes bislang kaum in die großen Kinos geschafft. Und das soll sich nun ändern. Die Veranstaltungsseite Eventful.com gibt den Film jetzt zur Abstimmung frei. Die Seite verspricht, Paranormal Activity käme in die Kinos, wenn nur genügend Kinofans ihr Interesse bekundeten. Der Film solle in all jenen Städten gezeigt werden, in denen genügend User für den Film gestimmt hätten.

Das könnte sogar hinhauen: In L.A. wollen ihn derzeit 28 000 Menschen sehen. New York liegt mit knapp 20 000 Stimmen an zweiter Stelle. In Berlin wünschen sich den Film immerhin noch 86 Menschen in die Lichtspielhäuser.

Um abstimmen zu dürfen, muss man allerdings sein Alter und eine Email-Adresse angeben. Wozu braucht die Seite das? Eventful würde an die Mailadresse dann auch die weiteren Hinweise zum Kinostart versenden, heißt es. Wer sich nicht einloggt, darf jedenfalls nicht mitstimmen.

Fragt man nach, welche Firmen den Film später in die Kinos bringen soll, tauchen plötzlich die Namen „Dreamworks“ und „Paramount Pictures“ auf. Nicht unbedingt kleine Verleiher bzw. Filmvertreiber. Das war’s dann wohl mit dem netten Indie-Image.

Am Ende kommen Zweifel auf an der vermeitnlichen Kino-Demokratie. Vielleicht ist das Ganze nur eine geschickte Werbemaßnahme? Vermutlich hat der Verleih so oder so geplant, den Film in den gesamten USA in die Kinos zu bringen. Aber immerhin werden einige Nutzer kurz geglaubt haben, mit ihrer Stimme wirklich Gutes für den Independent-Film getan zu haben. Und vielleicht ist der Film selbst ja auch wirklich gar nicht so übel.

 

Geschäftsmodell: Nett sein zu Piraten

In einem Interview mit Fora.TV beschreibt der WIRED-Chefredakteur Chris Anderson ein Geschäftsmodell, demzufolge man von Netzpiraten durchaus profitieren könne. Verhindern kann man illegale Kopien von Musik, Film, Spielen und Software sowieso nicht, dafür ist das Kopieren technisch zu einfach und zudem äußerst billig zu bewerkstelligen.

Anderson hat jüngst mit seinem Buch „Free“ (hier der Link zum kostenlosen Audiobook) eine Bresche geschlagen für Geschäftsmodelle, die auf einer Kultur des Schenkens beruhen: Langfristig könnten sowohl Unternehmer als auch Künstler davon profitiert, wenn sie ihre Inhalte zunächst kostenlos heraus geben. Passend dazu will Anderson  jetzt auch eine Bresche schlagen für Software-Piraterie.

Als Beispiel nennt er den Software-Hersteller Microsoft. In Entwicklungsländern wie China kursieren derzeit vermutlich mehr illegale Microsoft-Kopien als lizensierte, und mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Der erste Reflex von Microsoft war anfangs, Druck auf Peking auszuüben und auf eine Bestrafung der Software-Piraten zu drängen.

Heute sieht die Situation völlig anders aus. Zwar halten die massiven Urheberrechtsverstöße an, aber Microsoft geht kaum noch ernsthaft gegen die Piraten vor. Bill Gates selbst hat dazu gesagt: „Der chinesische Markt entwickelt sich rasant. Wenn die Chinesen Software stehlen, dann ist es uns am liebsten, wenn sie wenigstens unsere Software stehlen.“

Dank kostenloser Software sänken die Kosten fürs Computing, was die wirtschaftliche Entwicklung beschleunige. Langfristig würden die Chinesen so in die Lage versetzt, für Software auch bezahlen zu können. Und dann wären Millionen bereits Kunde von Microsoft, und an die Produkte des Konzerns gewöhnt. Langfristig hat sich Microsoft damit also einen riesigen, neuen Markt erschlossen.

Heute behandelt Microsoft auch junge Firmen so: Start-ups, die weniger als 3 Jahre auf dem Markt sind und weniger als eine Million Dollar Umsatz machen, können Microsoft-Software kostenlos benutzen. Weil das ihre eigenen Infrastruktur-Kosten reduziert, werden die Firmen schneller in die Lage versetzt, zu expandieren. Und dann viele Lizenzen von Microsoft kaufen, so das Kalkül.

Könnte man diese These nicht auch auf jugendliche Netzpiraten anwenden? In der Tat laden vor allem junge Menschen Musik und Filme herunter. Junge Menschen, die in der Regel nur über ein knappes Taschengeld verfügen. Spielte Geld überhaupt keine Rolle – und wären offizielle Online-Shops benutzerfreundlich genug zu bedienen – trügen sicher viele von ihnen liebend gern dazu bei, dass Autoren und Musiker von ihrer künstlerischen Arbeit vernünftig leben könnten.

Die Branche klagt gerne über die durch Tauschbörsen entgangenen Einnahmen. Selten ist in den Gewinn-Verlust-Rechnungen der Unterhaltungsindustrie indes von den immensen Umsatzeinbußen die Rede, die die große Gruppe der Nicht-Musikhörer und Nicht-Kinogänger verursacht. Das schlimmstmögliche Szenario für die Branche wäre doch, wenn junge Menschen gar keine Musik mehr hörten, und keine Filme mehr guckten. An Kulturkonsum gewöhnt man die Jugendlichen am besten in frühen Jahren. Und vielleicht werden viele junge Piraten von heute dann schon morgen in der Lage sein, für ihre Leidenschaften auch zu bezahlen.

 

Piraten aus Bequemlichkeit

Früher dauerte es maximal 30 Sekunden, sein Buch zu verleihen: Aus dem Regal nehmen, überreichen, fertig. Im digitalen Zeitalter ist das nicht mehr ganz so einfach. Und es reicht auch nicht, den USB-Stick in den Rechner des Freundes zu stöpseln, um das Buch auf dessen Festplatte zu spülen.

Denn eBook ist nicht gleich eBook. Jedes läuft nur mit einem bestimmten Programm. Deren Zahl aber erinnert an einen Blick ins Staubsaugerbeutel-Regal. Um ein Buch zu verleihen, muss der Freund das gleiche Programm haben, denn jedes ist selbstverständlich kopiergeschützt.

Sechs mal darf der Besitzer des Buches – und wissenschaftliche Bücher können auch digital schnell an die 50 Euro kosten – mit seinem Hab und Gut so verfahren. Dann ist die Zahl der maximal erlaubten Kopien erreicht. Wer je den Gedanken hatte, das gebrauchte Buch später auf dem Flohmarkt wieder loswerden zu wollen, kann sich das dank massiver Softwareprobleme getrost abschminken.

Eigentum sieht anders aus.

Kein Wunder, dass illegale Kopien gedeihen. Und zwar nicht unbedingt, weil der Kaufpreis gespart werden soll, sondern schlicht im Dienste der Bequemlichkeit – geknackte Kopien lassen sich tauschen.

Das Problem: Wenn die Tauschbörsen-Mechanismen erst mal gelernt sind, wird es den Buchhändlern schwer fallen, dies den Kunden wieder auszutreiben. Selbst wenn es sich die Verlagswelt später doch noch einmal anders überlegt mit dem restriktiven Kopierschutz. Erinnert sei nur an die Smashing Pumpkins-CD, die sich Fans scharenweise illegal im Netz besorgt haben, obwohl sie sogar kostenlos zum legalen Download bereit stand.

Ein bisschen Vertrauen täte gut. Denn im Gegensatz zu den jungen Wilden, die der Musikindustrie in den vergangenen Jahren heftig das Geschäft vermasselt haben, dürfte die Mehrheit der Bücherkäufer getrost einer Kundenkategorie angehören, die kriminelle Praktiken scheut und illegalen Tauschbörsen und technischen Hackereien eher kritisch gegenüber steht.

Kompliziertes Digital Rights Management ist aber nicht nur ein Misstrauensvotum. Es ruiniert auch den Vorteil des digitalen Konsums: den Komfort. Schließlich greift man zu einem eBook, weil man sich den Weg in die Bibliothek oder den Buchladen sparen will, weil man keine Lust hat, schweres Papier herumzuschleppen, weil man nicht tagelang auf seine Bestellung warten mag. Flinkes Click & Buy macht den Erfolg der Technik aus; einfache Programme und eine komfortable Abrechnung sind wichtige Erfolgsfaktoren im eCommerce. Und Ausleihen und Mitnehmen wichtig für den Lesespaß.

Amazons eBooks lassen sich zum Beispiel nur im restriktiven AZW-Format herunterladen und nur auf dem teuren Kindl oder mit entsprechender Software auf dem iPhone lesen. So langsam scheint sich der Gedanke durchzusetzen, dass man mit dem Versuch, Konkurrenten auszusperren, auch die Kunden gängelt: Im Moment gewinnt der “open e-book publishing standard (epub)” an Zuspruch. Sony beispielsweise hat gerade mit dem Sony-Reader auf epub umgestellt und die eigene Lösung aufgegeben.

Selbst für die Verlage wäre es günstiger. Bislang zumindest behaupten sie, durch eBooks lediglich Mehrkosten zu haben. Kein Wunder, bei dieser teuren Veröffentlichungsstrategie. Könnten sie ihre Bücher in einem einzigen Format veröffentlichen, würde endlich das Versprechen wahr, dass digitale Bücher nicht nur Papier sparen, sondern auch Geld.