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Die Welt, durch Facebooks Augen

Verbindungen von Facebook-Mitgliedern weltweit

Ein Praktikant bei Facebook hat eine Karte gebaut, auf der die Verbindungen der Millionen Mitglieder des Netzwerks untereinander visualisiert sind. Das ist schön. Aber es ist auch interessant.

Der Osten der USA beispielsweise ist viel stärker vernetzt als der Westen – obwohl dort doch der Technologiegürtel liegt; Europa ist ein einziges Lichtermeer, Russland dagegen noch überhaupt nicht erschlossen. Und selbstverständlich zeigt sich auf der digitale Graben zwischen arm und reich: in Afrika existieren nur einige wenige Netzwerkinseln.

 

Streumunition als „abstrakte Rechtsfrage“

Im August wurde bekannt, dass der Mutterkonzern des Herstellers L-3 Communications geächtete Streubomben produziert. Pikant war das vor allem deshalb, weil L-3 Communications auch die Körperscanner herstellt, die im sechsmonatigen Probelauf am Hamburger Flughafen im Auftrag des Bundesinnenministeriums eingesetzt werden.

Das Innenministerium versprach zu prüfen, ob die Verträge gekündigt werden. Während der norwegische Staatsfonds bewusst nicht in L-3 Communications investiert, weil die Firma Waffen produziere, die „durch ihren üblichen Einsatz fundamentale humanitäre Prinzipien verletzen könnten“, gibt es in Deutschland kein behördliches Verfahren, das Investitionen nach bestimmten Kriterien prüfen und bewerten würde.

Dies sei auch nicht notwendig, erklärte jetzt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der LINKEN, da das Übereinkommen über Streumunition Investitionen in Unternehmen, die Streumunition herstellen und entwickeln, nicht ausdrücklich verbietet. Sie habe sich jedoch für die Zeit nach dem 1. August 2010 vergewissert, dass das Unternehmen keine Streumunition im Sinne der am 1. August 2010 in Kraft getretenen Osloer Konvention herstellt:

Der Lieferant der Körperscanner, EAS Envimet GmbH, und auch der Hersteller L-3 Communications, haben schriftliche Erklärungen abgegeben, keine Streumunition im Sinne des Übereinkommens zu entwickeln, herzustellen oder damit zu handeln.

Der Zeitraum vor dem 1. August, in dem der Vertrag verhandelt wurde, interessiert demnach nicht mehr. Und ohne den öffentlichen Druck hätte man vermutlich erst gar nicht geprüft. Denn entsprechende Kriterien gibt es noch immer nicht in öffentlichen Ausschreibungen. Alles weitere sind daher für die Bundesregierung „abstrakte Rechtsfragen“

 

Das Geheimnis der Allmende

Im Netz werden Gemeingüter (Commons) vor allem in Bezug auf freie Software, auf eine Wissensallmende oder Urheberrechtslizenzen wie der Creative Commons diskutiert. Offene technische Standards wie die Seitenbeschreibungssprache HTML haben als Gemeingüter im digitalen Raum das Internet zu dem gemacht, was es ist: Ein weltumspannendes, frei verfügbares Informationsnetzwerk.

Es gibt allerdings eine verbreitete volkswirtschaftliche Annahme, die unter dem Begriff „Tragik der Allmende“ bekannt ist: Wenn ein Allgemeingut von vielen geteilt wird, ist es bald nichts mehr wert. Klassisches Beispiel ist die „Wiese der Allmende“: Auf der Dorfwiese darf jeder seine Schafe weiden lassen. Theoretisch ist für jeden der Anreiz, möglichst viele Schafe auf der Wiese weiden zu lassen, groß. Denn dann steigt sein Erlös. Wenn jedoch alle Dorfbewohner so handeln, ist die Wiese bald überweidet.

Diese Annahme kritisierte die Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom, die den Nobelpreis für Wirtschaft für ihre Beschäftigung mit der Gemeingut-Theorie erhielt. Ihr zufolge handeln die Dorfbewohner auf eigene Initiative gemeinsam eine Lösung aus, so dass die Ressource „Dorfwiese“ erhalten bleibt. Der Mensch ist demnach für den Erhalt der Gemeingüter wichtig, nicht allein „der Markt“ oder die staatliche Fürsorge.

Die Frage der Gemeingüter ist spannend – denn es ist unklar, was passieren würde, wenn die Nutzung von Wissen und Kulturgütern generell frei wäre, oder wenn Grund und Boden als Gemeingüter begriffen würden. Man könnte daher weniger von der „Tragik“, eher von dem „Geheimnis der Allmende“ sprechen.

Eine schöne Einführung in das Thema gibt das folgende Video, an dem die Commons-Expertin Silke Helfrich mitwirkte:

 

Symantec: Stuxnet-Code zielte auf Iran

Virenanalysten des IT-Sicherheitsunternehmens Symantec ist bei ihrer Untersuchung des Schadprogramms Stuxnet vermutlich ein Durchbruch gelungen: Sie können nun den Zweck von Stuxnet beschreiben: Demnach soll ein Angriffsziel des Programms die Steuerung von Frequenzumrichtern sein. Das sind Generatoren, die Strom mit veränderbarer Frequenz liefern und so die Drehzahl von daran angeschlossenen Motoren bestimmen können.

Das Programm zielt dabei auf einen Rechner vom Typ S7-300 CPU, der bis zu sechs Profibus-Module vom Typ CP-342-5 steuert. An diesen wiederum können bis zu 31 Frequenzumrichter hängen:

Dabei greift Stuxnet nur die Umrichter eines finnischen und eines iranischen Herstellers an: Wenn die Umrichter mit einer sehr hohen Frequenz zwischen 807 und 1210 Hertz arbeiten, wird die Arbeitsdrehzahl für kurze Zeit auf 1410 Hertz gesteigert, dann auf 2 Hertz gesenkt und schließlich wieder auf 1064 Hertz hochgefahren geändert. Die Änderung der Arbeitsgeschwindigkeit des Motors kann damit verbundene industrielle Prozesse sabotieren.

Es scheint so, als habe Frank Rieger mit seiner Vermutung, Stuxnet ziele auf das iranische Atomprogramm, richtig gelegen.

Symantec weist darauf hin, dass in den USA Umrichter mit mehr als 600 Hertz einer Exportbeschränkung durch die Atombehörde unterliegen und nicht einfach ausgeführt werden dürfen. Sie können nämlich für die Urananreicherung genutzt werden.

Man habe nun zwar, schreibt Symantec, den Code des Programms entschlüsselt und verstanden. Doch könne es gut sein, dass er noch auf andere industrielle Prozesse wirken könne als auf die bisher bekannten. Die Firma hofft dazu auf entsprechende Hinweise der Leserschaft.

 

Traue keiner Statistik…

die du nicht selbst gefälscht hast. So geht der vielzitierte Satz. Man könnte diesen Ansatz konsequent weiterdenken: Lebe so, dass die Statistik stets in deinem Sinne gefälscht wird.

Das bedarf wohl einer Erläuterung. Zunächst der Hintergrund: Der britische Autor David McCandless hat für die kommenden Wochen eine Hoch-Zeit der Beziehungsabbrüche voraussagt. Diese Prognose leitet er aus Statusmeldungen ab, in denen Facebook-Mitglieder angeben, mit wem sie liiert sind und in welcher Weise. 10.000 solcher Bekundungen hat er sich angeschaut und auf den Verlauf eines Jahres heruntergebrochen. Dabei trat zu Tage, dass vor allem im Frühling und zwei Wochen vor Weihnachten die meisten Beziehungen in die Brüche gehen. (Der dazugehörige Facebook-Graph diente McCandless als Beispiel in seinem jüngsten Ted talk über „The beauty of data visualizations – die Schönheit der Datenvisualisierung“.)

Dass diese Kurve aber am 1. April ebenfalls einen kleinen Peak für Trennungen hat, zeigt auch schon, auf welch schwachen Füßen diese Daten stehen.

Zum einen geben viele überhaupt keinen „Beziehungsstatus“ in ihrem Facebook-Account an. Die meisten finden das nämlich eher peinlich. Zum anderen machen die, die das doch tun, hier gerne auch mal Späßchen. So hat man auf einmal im Bekanntenkreis auffällig viele verheiratete und auch gleichgeschlechtlich verheiratete Menschen, die im wahren Leben der Ehe eher abgeschworen haben. Oder eben nicht mit ihrer besten Freundin verheiratet sind, sondern mit ihrem Mann.

Wenn soziale Netzwerke als Quelle von gesellschaftlichen Studien nun tatsächlich wichtiger werden, wie etwa hier behauptet, sollte man sich der Botschaft seiner Angaben umso bewusster sein. Wer zum Spaß auf Facebook heiratet, könnte dieser Logik zufolge langfristig zu dem Eindruck beitragen, Heiraten erfreue sich wieder wachsender Beliebtheit. Single-Überschuss, Vereinzelung, bindungsunwillige Egomanen? Alles Unsinn, Facebook zeigt doch, dass Heiraten wieder angesagt ist!, wäre hier die selbst gefälschte Botschaft. Wer sich dazu auch noch kulturen- und religionenübergreifend vermählt, könnte damit wirksam der Behauptung entgegen treten, die Gesellschaft zerfiele in immer mehr Parallelgesellschaften. Und wer als Frau jüngeren Männern das Ja-Wort gibt, bekämpft damit Vorurteile über das unterschiedliche Paarungsverhalten von Männern und Frauen.

Und so weiter.

Das Gute an dieser Art von gesellschaftlichem Engagement: Man sendet die richtige Botschaft, spart aber die Kosten für eine echte Hochzeit. Und den Trennungsärger sowieso.

 

Street-View-blurmany

Zwei Links zum Start von Google Street View in Deutschland:

Thomas Knüwer über den Ort Oberstaufen, den bis eben noch kaum einer kannte: „Denn während in diesem Sommer Kommunalpolitiker in der ganzen Republik über Google Streetview tobten, benahmen sich die Entscheider in Oberstaufen weniger alarmistisch. Sie erkannten eine Chance: Wenn Menschen sich ein Bild vom Ort machen können, reisen sie vielleicht her.“

Und Jeff Jarvis über den gleichen kleinen Ort und das deutsche“Verpixelungsrecht“: „Now you can drive to Oberstaufen and stand across the street — between the Edele bookstore and Dr. Fassnacht’s building — and look at the building all you want because you would be exercising your right to be in public. But not online, not in the land of Deutschnet, you can’t. Germany has now diminished the public. It has stolen from the public.“

Na, wenigstens hat das hysterische Bilderlöschen Deutschland bei Twitter einen eigenen Hashtag eingebracht: blurmany

 

Hans Rosling über die lebenswichtige Statistiken

Der schwedische Mediziner und Statistiker Hans Rosling hat erneut einen fulminanten TED-Vortrag über Kindersterblichkeit gehalten. Er zeigt, dass die afrikanischen Länder a) nicht über einen Kamm zu scheren sind, b) sie durchaus brauchbare statistische Zahlen vorweisen können, c) anders als allgemein kolportiert auf dem besten Weg sind, die Milleniumziele der UN zu erfüllen und d) damit Kindern ein „anständiges Leben“ ermöglichen können. Die immer noch geltende, wohl aus den sechziger Jahren übernommene Unterscheidung der UN zwischen Industrie- und Entwicklungsländern hält Rosling dabei für „Müll“.

Wichtig ist die Senkung der Kindersterblichkeitsrate deshalb, weil nur so auch die Familiengröße kleiner und der Wohlstand größer wird – die wichtigste Voraussetzung dafür, mit den Herausforderungen der Zukunft wie den Klimawandel überhaupt umgehen zu können.

Rosling ist übrigens die maßgebliche Persönlichkeit hinter der Open-Data-Bewegung. Mit einem ähnlich inspirierenden TED-Vortrag über WHO-Statistiken vor fast drei Jahren zündete er einige gute Ideen. Unter anderem brachte er Google dazu, sich für das Thema offene Daten zu interessieren.

via

 

Wertvolle Infos für Lobbyisten – und Bürger

Die New York Times berichtet über einen bemerkenswerten Anlauf des Web-Politmagazins Politico, sich auf solide finanzielle Beine zu stellen: Politico Pro soll der kostenpflichtige Ableger heißen, für den 40 Journalisten rund um die Uhr über das Gesundheitswesen, Energie und Technologie berichten sollen.

Jedes Ressort wird separat vermarktet. So kostet das Jahresabo für ein Ressort zwischen 1495 und 2500 Dollar sowie weitere 1000 Dollar für zusätzliche Themenbereiche. Möglicherweise soll es auch Ressorts zur Militärindustrie, Finanzdienstleistungen und Verkehr geben.

Politico ist offenbar der Ansicht, dass trotz der hohen Journalistendichte in Washington D.C. noch erhebliche Informationslücken bestehen, die gerade für Lobbyisten wertvoll sind. Diese beziehen zu hohen Abopreisen Publikationen wie Congressional Quarterly oder das National Journal, die das gesetzgeberische Geschehen genau verfolgen.

Auch Bloomberg plant Ähnliches: Für seinen neuen Dienst Bloomberg Government sollen bis Ende des Jahres sogar 60 Journalisten und Analysten eingestellt werden. Für die Berichterstattung sowie eine Datenbank zum Regierungsgeschehen sollen Abonnenten gar 5600 Dollar jährlich zahlen.

Derartige Dienste wären wohl auch für Brüssel interessant. Die Europa-Berichterstattung ist seit Jahren defizitär, eine aktuelle Beobachtung erfordert große Detailkenntnis und auch hier gibt es teure Branchendienste für Lobbyisten, die bislang von Analysten, nicht aber von Journalisten erstellt werden. Umfassende Angebote ähnlich Bloomberg Government sind mir allerdings nicht bekannt.

Einerseits wäre es wünschenswert, dass sich die Abopreise für solche Dienste in einem Rahmen halten, die auch für den interessierten Bürger bezahlbar ist. Andererseits ist die Aufbereitung solcher Informationen nicht nur arbeitsaufwändig, sondern erfordert auch Expertise. Die für Journalisten üblichen Honorare dürften für Experten jedoch uninteressant sein. Eine Mischung von Journalisten und Analysten ist daher auf jeden Fall der richtige Ansatz, um hochwertige Berichterstattung aufzubauen. Bei dem Blick auf die Zielgruppe ist außerdem nicht zu vernachlässigen, dass Berichte solcher Art erfahrungsgemäß wenig allgemeines Interesse erfahren. An eine Refinanzierung über Werbung wäre daher im Bereich des Illusorischen anzusiedeln.

Es ist unwahrscheinlich, dass sich die klassische Berichterstattung verschlechtert, wenn Verlage in „Pro“-Versionen investieren. Spannend wird sein, zu sehen, inwieweit die kostenlosen oder günstigen Angebote wie Politico von der Arbeit ihrer Spezialdienste profitieren werden – vielleicht mit Überblicksartikeln, die nicht zu sehr ins Detail gehen. Oder mit gut aufbereiteten Infografiken dank der sorgfältig gepflegten und aktualisierten Datenbanken. Für deutsche Verlage wäre das jedenfalls ein interessanter Ansatz, um lukrative Beiboote aufzubauen – ohne die bisherige Berichterstattung schmälern zu müssen.

Gleichwohl bleibt ein gewisses Unbehagen: Warum sollten solche Informationen nur für Lobbyisten interessant sein? Warum sollte nicht auch der aufgeklärte Bürger sich informieren dürfen? In Deutschland wären wohl allein die Öffentlich-Rechtlichen in der Lage, ein derartiges Angebot zu stemmen, das allgemein verfügbar wäre. Sie könnten damit die richtigen Impulse setzen.

 

Es muss nicht immer Street View sein …

Die Nokia-Tochter Navteq will noch in diesem Jahr in Frankreich und Großbritannien mit der Erfassung von Straßenzügen für eine eigene Streetview-Variante beginnen. /via

Microsoft bietet mit Bing Streetside Häuserfronten in Panorama-Ansicht in diversen US-Städten. Der neue Prototyp Street Slide soll die Häuseransicht aus verschiedenen Perspektiven über eine schnelle mobile Anwendung ermöglichen. /via

Panogate zeigt mit dem Dienst Sightwalk Panorama-Bilder von ausgewählten Stellen in Bonn, Berlin, Düsseldorf, Hamburg, Köln, München und Stuttgart.

NORC liefert Straßenansichten in ausgewählten Städten für Österreich, Polen, Tschechien, Rumänien, Russland, die Slowakei und Ungarn.

Übrigens: Google StreetView könnte künftig auf Kamerafahrten verzichten: Google Maps verwendet jetzt schon für ausgewählte Sehenswürdigkeiten Bilder der Fotodienste Flickr, Panoramio und Picasa für die Konstruktion dreidimensionaler Ansichten aus verschiedenen Perspektiven. Google muss also nur auf den Fleiß vieler Hobbyfotografen setzen.
Hier ein Beispiel aus Seattle:

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