Interview mit Serbiens Premierminister Aleksandar Vučić
über Deutschlands Migrationspolitik
DIE ZEIT: Herr Premierminister was halten Sie von Angela Merkels Flüchtlingspolitik?
Vučić: Ich unterstütze sie voll und ganz. Ich habe in der letzten Zeit viel Kritik an Merkel gehört. Ja, es gab sogar Beschimpfungen. Das ist ungerecht. Das ist falsch. Merkel hält die europäischen Werte hoch. Sie sucht eine europäische Lösung. Viele Europäer haben die Hand aufgehalten als es darum ging, Geld anzunehmen. Die Kosten wollen sie aber nicht mittragen. Das ist schlimm. Weiter„„Wir werden keine Zäune bauen!““
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nannte Afrika im Jahr 2013 „unseren Nachbarkontinent“. Der Grund für von der Leyens „Entdeckung“ war die Tatsache, dass islamistische Extremisten den Norden Malis unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Frankreich intervenierte mit dem Segen der UN. Es dauerte wenige Wochen und der Norden Malis war befreit – allerdings nicht befriedet. Das ist er bis heute nicht.
Eine Begegnung mit der bosnischen Schriftstellerin Tanja Stupar-Trifunović.
Vor knapp 2o Jahren ging der Krieg in Bosnien-Herzegowina zu Ende, seither versucht dieses kleine Land auf die Beine zu kommen, gelingen will das nicht so recht. 60.000 Menschen sollen allein im letzten Jahr aus Bosnien-Herzegowina emigriert sein, bei einer Bevölkerung von knapp 4 Millionen Menschen ist das ein lebensbedrohlicher Aderlass. Wer trägt Verantwortung für diese Misere? Bosnischer Durchschnittsbürger würden wohl übereinstimmend sagen: „Die Politik ist schuld!“
Die Nato hat Montenegro die Mitgliedschaft angeboten. Russland ist darüber sehr erbost und hat Konsequenzen angedroht. Man kann lange darüber streiten, ob die Nato angesichts des ohnehin gestörten Verhältnisses zu Russland klug gehandelt hat. Das ist allerdings eine müßige Debatte.
Wichtiger ist etwas anderes: Die Einladung der Nato hilft Milo Ðukanović, dem Herrscher Montenegros. Das ist eindeutig eine schlechte Nachricht. Es ist nämlich höchste Zeit, dass Ðukanović von der politischen Bühne abtritt. 25 Jahre ist er schon an der Macht. Montenegro ist heute praktisch im Besitz der Familie Ðukanović. Wer gegen die Familie aufbegehrt, lebt gefährlich. Ganz egal, ob es Journalisten sind, die die korrupten Machenschaften des Herrschers untersuchen, oder Demonstranten, die aus Protest gegen die schlechten Lebensbedingungen und mangelnden politischen Freiheiten auf die Straße gegen – sie werden bestraft und eingeschüchtert. Weiter„Montenegro ist ein korruptes Familienunternehmen“
Seit den Attentaten von Paris spricht Frankreichs Präsident François Hollande von Krieg, der Bündnispartner Deutschland hat damit größte Mühe. Aber Deutschland unterstützt Frankreichs Militärmission in Mali. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass die Bundeswehr den Verbündeten dort „entlasten“ wolle. Es ist die Rede von bis zu 700 Soldaten mit einem robusten Mandat. Kampfeinsätze sind also möglich. De facto befindet sich Deutschland demnach mit Frankreich in einer Kriegskoalition, wenn auch nicht in Syrien, so immerhin in Afrika. Weiter„Sterben in Mali?“
Wenn es auf dem Balkan laut und hektisch wird, dann sollte auch der Rest Europas wachsam sein. Die Region wird oft als Hinterhof Europas bezeichnet. Dabei ist sie immer auch eine Bühne gewesen, auf der gesamteuropäische Tragödien ihren Anfang nahmen. Es war ein Attentat in Sarajevo, das den Ersten Weltkrieg auslöste. In den neunziger Jahren dann brachen auf dem Balkan Kriege aus, die man sich in Europa eigentlich nicht mehr hätte vorstellen können.
Nun wird dort wieder gestritten – so sehr, dass sich der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar vor dem Brüsseler Flüchtlingsgipfel zu einer drastischen Warnung gezwungen sah: „Wenn nicht sofort was geschieht, zerfällt Europa in wenigen Wochen.“ Das sollte man ernst nehmen. Und zwar nicht nur, weil es nicht das erste Mal wäre, dass der Zerfall Europas auf dem Balkan seinen Anfang nimmt.
Manchmal treffen unverbundene gleichzeitig Ereignisse aufeinander und machen für einen Moment den Blick in die Zukunft frei. So geschah es am Anfang dieser Woche.
In Brüssel war der türkische Präsident Tayyip Erdoğan zu Gast. Er wurde aufs Freundlichste hofiert, wobei er gestern noch in Europa aus guten Gründen heftig kritisiert wurde. Allzu machtbesessen ist der Mann, allzu schnell brach er jüngst einen Krieg gegen die Kurden vom Zaun, allzu undurchsichtig ist sein Verhältnis zum „Islamischen Staat“, allzu sehr tritt er die Menschenrechte mit Füßen. Weiter„Hier der Krieg, dort die Zukunft“
Die Taliban haben Kundus erobert, und schon wieder ist die Rede davon, dass der Westen Stärke zeigen müsse, dass insbesondere der Präsident der USA, Barack Obama, gegenüber den Extremisten nicht einknicken dürfe.
Nur nicht nachgeben!
Dann zeigen die USA militärische Stärke. Sie schicken ihre Kampfflieger los und bombardieren Kundus. Die Bomben treffen ein Hospital, das von der Organisation Ärzte ohne Grenzen betrieben wird. Mindestens 22 Menschen sterben, darunter viele Mitarbeiter der Organisation. Nebenbei gesagt, das von Ärzte ohne Grenzen betriebene Hospital ist das einzige vernünftige Traumazentrum in Kundus, das besonders in der jetzigen umkämpften Lage gebraucht wird. Wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr in dieser Stadt ein Jahrzehnt damit verbracht hat, Brücken, Straßen und Krankenstationen und viele weitere segensreiche Dinge für die Afghanen hinzustellen, fragt man sich: Ein einziges, vernünftiges Hospital? Wie kann das sein?! Betrieben von einer NGO! Und jetzt wird es auch noch von den USA in Schutt und Asche gebombt.
Menschen wollen in der Regel ihre Heimat nicht verlassen. Sie tun sehr vieles, um bleiben zu können. Die Burkinabé etwa – die Bewohner des kleinen westafrikanischen Landes Burkina Faso – haben im Herbst 2014 ihren langjährigen autoritären Herrscher Blaise Compaoré gestürzt. Sie taten dies, weil sie eine Perspektive im eigenen Land haben wollten. Die Revolution wurde vor allem von jungen Menschen getragen. Über die Hälfte der 13 Millionen Burkinabé sind unter 24 Jahre alt. Sie wollten eine Zukunft haben, nicht in Europa, sondern in ihre Heimat Burkina Faso. Dafür haben sie während der Revolution auf den Straßen der Hauptstadt Ouagadougou ihr Leben riskiert. 25 Demonstranten starben in jenen Oktobertagen. Weiter„Warum Menschen ihre Heimat verlassen? Schauen sie nach Burkina Faso!“
Auf dem Budapester Bahnhof Keleti finden sich dieser Tage nicht nur Tausende Migranten ein, es sind auch viele junge Europäer hier. Manche sind auf ihren Reisen durch Osteuropa mitten hineingeraten in die Menschenmassen aus fernen Ländern, und haben sich spontan entschlossen, zu helfen. Weiter„Generation Mitgefühl“