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Achse Karzai-Taliban?

Die Wahlen in Afghanistan sind massiv gefälscht worden. Darüber besteht kein Zweifel mehr. Die Verantwortlichen dafür befinden sich im Lager des amtierenden Präsidenten Hamid Karzai.

Viele Wahlstationen, die von der Beschwerdekommission der UN beanstandet werden, befinden sich in Gebieten, die unter der Kontrolle der Taliban sind. Mit anderen Worten: Haben Karzais Leute nur „fälschen“ können, weil die Taliban eine Auge zudrückten? Und wenn das stimmt, ergibt sich die Frage:

Was erwarten sich die Taliban im Gegenzug dafür? Was wird Karzai ihnen geben können?

Hier eine kleines Gedankenexperiment:

Seit die USA sich von Karzai distanzieren, schlägt dieser immer stärker antiamerikanische Töne an.  Karzai behauptet, dass die USA ihn loshaben möchten, weil er immer wieder die zivilen Opfer des Krieges beklagte und gegen das Vorgehen der Nato protestierte.

Karzai übt sich ein in einen scharfen rethorischen Antiamerikanismus. Damit kann er unter Umständen in der eigenen  Bevölkerung punkten.  Die Taliban finden gewiss Gefallen an dieser Sprache – denn sie passt der Sprache an, die sie selber sprechen.

Was würde geschehen, wenn Karzai morgen plötzlich mit Blick auf die Nato nicht mehr von Befreiern sondern von Besatzer reden würde, weil er glaubt, er könne damit sein politisches Überleben sichern? Kann er sein, dass er irgendwann die xenophobe Sprache der Taliban übernimmt? Ist ihm das zuzutrauen? Die Frage muss man sich zumindest stellen.

 

Nochmal: Befreier oder Besatzer?

Der afghanische Präsident, Hamid Karzai, hat immer wieder die Nato für ihre Luftangriffe scharf krititisiert.Er fürchtet, dass die USA ihn loshaben wollen, und behauptet, dass er den Amerikaner zu unbequem sei.

Was machen wir eigentlich, wenn Karzai eines Tages sagt: Die Nato ist eine Besatzungsmacht? Und ist es nicht wahrscheinlicher, dass er das sagen könnte, je mehr Soldaten der Nato im Land sind?

Panzer
Sowjetischer Panzer im zentralen Hochland @Ulrich Ladurner, Afghanistan, 2008

Hier ein Bild von den Resten einer Besatzungsmacht

 

Befreier? Besatzer?

Was ist die Nato eigentlich: Ein Besatzer oder ein Befreier?  

Außenminister Steinmeier sagte: „Wir sind in Afghanistan nicht zum Selbstzweck und wir sind keine Besatzungsmacht“

Aber wer bestimmt darüber, wer Befreier ist oder Besatzer? Wer hat die Definitionsmacht? Die Nato oder die Afghanen? 

 

Bomber
F !6 Kampfbomber der Nato in der Militärbasis Kandahar @Ulrich Ladurner, Kandahar, 2008

 

 

Eine Lanze für die Bundeswehr

Sechs Jahre lange herrschte in der Region Kundus Ruhe. Dass der Norden Afghanistans nun unsicher wurde, ist auch die Schuld der Nato, die den Süden nicht befrieden konnte … mehr bei ZEIT online

Was ausländischen Truppen drohen kann, davon bekommt man im Bazar von Kabul eine Ahnung.

Haken
Fleischerhaken im Bazar von Kabul@Ulrich Ladurner, Kabul, 2008

 

Der Schwachpunkt

Der von der Bundeswehr befohlene Luftangriff in Kundus, offenbart einen Schwachpunkt der Kriegführung in Afghanistan: Die Nato ist äußerst abhängig von ihren Informanten. Und diese haben mitunter ganz eigene, ihren Auftraggebern zu wider handelnden Interessen.

In Kundus war es offenbar nicht der Fall, doch grundsätzlich können die Bomber der Nato manipuliert werden. Allein das macht ihren Einsatz schon sehr problematisch.

 

Raus oder rein?

Soll sich die Nato aus Afghanistan zurückziehen? Ich meine: Ja. Der Herausgeber der ZEIT, Josef Joffe, meint: Nein!

Die Argumente können Sie hier hören

Und hier ein Bild über vergangene Ausländseinsätze

Panzer,Grab
Sowjetischer Panzer und Grab eines Mujaheddin in Afghanistans Zentralhochland@Ulrich Ladurner, Afghanistan, 2008

 

Schwere Zeiten

Die Ereignisse in Afghanistan überschlagen sich. Da ist es gut, einen Augenblick inne zu halten, und sich zu vergegenwärtigen, was allein in den vergangenen Tagen passiert ist. Am Donnerstag, den 3. September, wurden Bilder von einer „Sex-Party“ in der US-Botschaft in Kabul öffentlich und brachten die Regierung in Washington in Verlegenheit.  Am selben Tag schickte der Oberfehlshaber der  Natotruppen, General Stanley McChrystal, einen Bericht nach Washington. Darin wird offenbar eine neue Afghanistanstrategie entworfen, die noch mehr Truppen benötigt. Im Zentrum dieser Strategie steht der Schutz der afghanischen Bevölkerung, vor den Taliban aber auch vor Nato-Soldaten, insbesondere vor Luftangriffen. In der Nacht zum Freitag, den 5. September, forderte die deutsche Bundeswehr Luftunterstützung an. Zwischen 50 und 125 Menschen sollen gestorben sein, davon viele Zivilisten. Gleichzeitig werden immer noch die Wählerstimmen der Präsidentschaftswahlen vom 20. August ausgezählt – wobei immer massiver Wahlfälschungen zu erkennen sind.

 

Folter

Die Folter ist eine Thema, das uns noch lange begleiten wird. Einer der Journalisten, der sich damit ebenso umfassend wie brillant beschäftigt hat, ist Mark Danner. Ich empfehle seinen Essay , den er auf der Grundlage des IKRK Berichts über die Behandlung von 14 Häftlingen, die in dei Hände der CIA geraten waren, geschrieben hat. Darin steht zu lesen: „Unter der Führung des Präsidenten (George W. Bush Anm. d. A.) und seiner engsten Berater vollzogen die Vereinigten Staaten von Amerika die Wandlung von einem Land, das zumindest offiziell die Folter verurteilte zu einem Land, dass sie praktizierte. Und diese verhängnisvolle Entscheidung wird nicht verschwinden, so sehr wir uns das auch wünschen, genauso wie auch die vierzehn „besonders wertvollen Gefangenen,“ gefoltert und daher nicht gerichtlich verfolgbar, nicht verschwinden werden. Wie die grotesken Schilderungen im IKRK-Bericht liegt diese Entscheidung vor uns, als eine giftige Tatsache, die unser politisches und moralisches Leben verseucht.“

Danner hat recht: Das Problem wird nicht verschwinden, aber nicht nur wegen der Entscheidungen von George W. Bush.

Auch Barack Obama wird sich die Fragen stellen, wie man am besten gegen den Terror kämpft. Ein australischer Offizier David Kilcullen gilt derzeit als einer zentralen Strategen für den Kampf gegen den Terror. Sein Buch „Accidental Guerrilla“ ist die neue Bibel der Anti-Aufstands-Krieger. 2006 schrieb George Packer ein Portrait über Kilcullen. Darin sagt Kilcullen über den harten Kern Al Kaidas: “They’re so committed you’ve got to destroy them. But you’ve got to do it in such a way that you don’t create new terrorists“

Ich würde mich nicht wundern, wenn diese Männer „befragt“ werden, bevor sie – wie Kilcullen sagt – „zerstört“ werden. Und die Befragung dürfte nicht zimperlich sein.

 

Mehr Soldaten

Soldat, Afghanistan
Truppenübungsplatz in Bamiyan @ulrich Ladurner, Bamiyan, Afghanistan, 2007

Us-Präsident Barack Obama hat den Afghanistankrieg zu seinem Krieg gemacht. Er nennt ihn einen „war of necessity“, im Gegensatz zu Irakkrieg, der für ihn ein „war of choice“ ist. Eine seiner ersten außenpolitischen Amtshandlungen bestand folgerichtig darin, 17.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Das ist gerade mal drei Monate her. Jetzt fordert Admiral Mullen, der höchste Militär der USA, eine weitere Aufstockung der Truppen. Der Befehlshaber der Nato-Truppen in Afghanistan, Stanley McChristal, wird in wenigen Tagen einen neuen Bericht vorlegen. Es wird erwartet, dass er noch mal 17.000 Truppen für Afghanistan anfordert wird. Obama wird sie ihm nicht verwehren, zu sehr hat diesen Krieg zu seinem eigenen gemacht . Der US–Präsident wird sich also weiter in einen Sumpf hineinbegeben, in dem er zu versinken droht. Auch Zeitschriften, die den Krieg befürworten, sehen inzwischen Parallelen zum Vietnamkrieg.

Das betrifft auch die Deutschen. Die Forderung nach mehr Truppen soll Berlin schon erreicht haben – noch ist Wahlkampf, und wollen die Parteien nicht über Afghanistan reden. Doch nach geschlagener Wahl wird es ernst. Deutschland wird endlich darüber diskutieren müssen, was es in Afghanistan eigentlich erreichen will und kann.

Einen zentralen Baustein in der Afghanistanstrategie des Westens nimmt der Aufbau einer schlagkräftigen Armee (Afghan National Army; ANA) ein. Das gezeigte Bild stammt von einem Truppenübungsplatz der ANA im zentralen Hochland.

 

Zeit zum Rückzug

Der Westen stößt in Afghanistan an seine Grenzen: Militärisch, politisch und kulturell. Er sollte seine Truppen abziehen….weiterlesen bei Zeit online