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17. März 2022 – Ausgabe 12

 

Leserbriefe zum Titelthema „Bis hierher. Und wie weiter?“ von Ulrich Ladurner et al.

 

Ich moechte mich bei den AutorInnen der Beitraege zur Ukraine in der Zeit von heute bedanken, dass sie die Situation in der Ukraine differenzierter darstellen als dies derzeit haeufig der Fall ist. Es fehlt leider oft die Erkenntnis, dass der Opferstatus eines Menschen nichts ueber dessen Charakter aussagt. Das gleiche gilt fuer Nationen. Dass die Ukraine das Opfer eines voelkerrechtswidrigen Angriffskriegs ist, heisst nicht, dass sie ein Paradies auf Erden ist und Ihre BuergerInnen alle Heilige sind. Die Verweise auf ausbaufaehige Transparenz und die Nicht-Aechtung von Streumunition zeigen, dass es auch hier dunkle Aspekte nicht. Das rechtfertigt in keinster Weise den Angriff auf diese Land – aber es zeigt, dass es vielleicht nicht der grosse Verteidiger der Menschenrechte ist, als das es sein Praesident derzeit gerne inszeniert.

Wie sich afghanische und syrische Fluechtlingen in den Ankerzentren fuehlen angesichts der Freiheiten, die ihnen verwehrt sind und den UkrainerInnen jetzt zugestanden werden, wird sich noch zeigen. Dass die EU 2015 nicht die gleichen Masstaebe anlegte wie jetzt, zeigt, dass auch wir unsere dunklen Seiten haben. HOffen wir, dass wir daraus lernen. – Sabine Moehler

 

Gut ist es, DIE ZEIT mit ihren Beiträgen über den schrecklichen Krieg in der Ukraine berichtet. Das Bemühen der Bevölkerung um die Geflüchteten in der Bundesrepublik ist eine erfreuliche Erscheinung. Dieses in seiner Geschichte von so vielen Kriegsereignissen schuldlos gebeutelte Völkchen. hat diese Zuwendung und unseren Schutz in seiner Not, in unserem Land verdient. In der stalinistischen Diktatur wurden in den dreißiger Jahren Millionen von ihnen durch ver-hungern lassen ermordet und anderswie gequält, die Familien auseinander gerissen und in die Sibirischen Steppen deportiert.

Die deutsche Wehrmacht und SS-Einheiten ruinierte Leben von Millionen Ukrainer, in dem Frauen und Männer ins Deutsche Reich deportiert und zur Zwangsarbeit in der Industrie und Landwirtschaft verpflichtet wurden. Ganz jung an Jahren arbeiteten Zigtausende junge Ukraini-sche Frauen, meistens ganz jung an Jahren, bei deutschen Familien im Haushalt. Die Ukrainer waren unter allen Zwangsverpflichteten Ausländern aus Osteuropa solche, denen mehr Privilegien eingeräumt waren als denen aus anderen Volksgruppen. Nach dem Krieg wurden hier nicht selten von beiden Seiten wieder Verbindungen aufgenommen und Freund-schaft gepflegt.

Nach der Zerschlagung der Sowjetunion, wurde die Ukraine im Jahr 1991 ein unabhängiger Staat. Gleichzeitig war seine ökonomische Lage eine Katastrophe. Auch seine gesamte Infra-struktur ist über ein Jahrzehnt lang in einem desolaten Zustand. In dieser Phase werden von Organisation und Privatinitiativen in der gesamten Bundesrepublik, über viele Jahre hinweg humanitär Hilfsgüter in die Ukraine und Belaruß transportiert, und dort an Sammelplätzen zur Verteilung an die Bevölkerung zur Verfügung gestellt.

Ein besonderer Augenmerk war hier u.a. auf die ehemaligen in Deutschland zur Zwangsarbeit verpflichteten UkrainerInnen gerichtet. An einem solchen über drei Wochen dauernden Hilfsgütertransport zu zahlreichen Sammelstel-len, quer durch die Ukraine bis auf die Krim, war auch ich beteiligt. Vor allem bei Besuchen von älteren kranken Witwen, sprang uns das nackte Elend dieser Menschen förmlich ins Gesicht.

Über diese geschilderten Freundschaftskontakte zwischen Deutschen und Ukrainern nach dem Zweiten Weltkrieg, und über die zuletzt geschilderten humanitären Einsätzen, die nur unter gro-ßen persönlichen Aufwendungen der Akteure möglich waren, habe ich in DIE ZEIT, und auch im DER SPIEGEL; bislang so gut wie nichts zu Gesicht bekommen. Aber genau das gehört zur selben Geschichte, die jetzt in der aktuellen Kriegssituation die Freundschaft und Zuwendungsbereitschaft der Deutschen zu den Ukrainern, den LeserInnen im Zusammenhang deutlich werden lässt. – Günter Heuzeroth

 

Von mutigen Russen gegen Putin und den Krieg hören wir, was Mut braucht. In Deutschland gehört kein Mut dazu gegen “Putins Krieg” zu sein. In Deutschland gehört Mut dazu nicht nur gegen “Putins Krieg” zu sein und nach Ursachren zu fragen. Zur Wahrheit gehört, dass Krieg mit Krieg , Krieg mit mehr und mehr Waffen zu bekämpfen, Krieg mit mehr Kriegsgerät und Soldaten in das Kriegsgebiet ganz sicher keinen Frieden schafft. Zu sagen es nicht nur “Putins Krieg”, sondern der Krieg aller, die seit Jahren sich militärisch an Russlands Grenze aufbauen, das Land einkreisen und Russland als Feindbild vor sich her tragen.

Das zu sagen, dazu gehört Mut, wie es viele erfahren durften und von mit dummen blindem Hass aufgeheizter Menge weggeschrien, angepöpelt und angegangen wurden. Friedenbewegung hat sich in Kriegsbewegung gewandelt und die wenigsten bemerken es.Mutige Ukrainer wären es, die auch ihre Regierenden auffordern Bereitschaft zu zeigen endlich Verhandlungen ernsthaft führen zu wollen, die auch Russlands Interessen ernst nehmen. Ist das nicht Grundvoraussetzung um überhaupt das Wort Völkerrecht in den Mund zu nehmen? Bestimmt gibt es mutige Russen, die wissen dass Krieg nicht mit Krieg zu bekämpfen ist, die zudem wissen, dass ein Ende des Krieges auch vom ehrlichen Willen anderer abhängt.

Russen wie Ukrainer haben gleichermaßen Interesse am Ende des Krieges, weil sie sich nicht von Natur Feind sind. Die Feindschaft ist in den gesellschaftlichen Verhältnissen verborgen, in den Macht- und Herrschaftsbestebungen aller Beteiligten, ob Oligarchen in Russland oder Ukraine, Regierende in Russland oder Ukraine und darüber hinaus in den Machtzentralen der NATO, USA und der EU, die Kapitalhaie der westlichen Welt, da ist zu suchen.. Mutig und klug sind jene, die das endlich mal begriffen haben, bevor ein drittes Mal die Ernüchterung bringt oder nichts mehr.

Allein, da Kapital, Macht, Herrschaft und Weltmachtstreben, Konkurrenz und Aufteilung der Welt keinen Verstand , Vernunft oder gar menschliches Denken verfügbar hat, deshalb ist Hoffnung fast bei Null angelangt. Oder glaubt jemand ersthaft ein Sturz Putins, ein Ende des Krieges ohne Sicherheiten für alle einschließlich Russland würde das Geringste daran ändern, dass das Feindbild Russland weiter leben würde und Russland nisht mehr das Ziel aller Sehnsüchte wäre wie schon über Jahrhunderte? Einzige und letzte Hoffnung wären “mutige Menschen” nur nicht nur gegen Putin sondern gegen alle kriegsgeilen Regierenden und Profiteure des Krieges. – Roland Winkler

 

Ich frage mich, wie Bevölkerung und Medien in einer konzertierten Aktion unseren als Bedenkenträger groß gewordenen Politikern deutlich machen können, dass wir nicht nur von einer Zeitenwende reden dürfen, sondern entschlossen handeln müssen. Und da reicht es nicht, Flugabwehr- und Panzerabwehrwaffen in die Ukraine zu liefern und großzügig Flüchtlinge zu beherbergen. Wir stehen diesmal nicht vor einem „cultural clash“, sondern vor einem clash der Systeme. In der Ukraine entscheidet sich, ob die westliche Welt mit ihren demokratischen und freiheitlichen Idealen in Zukunft noch Bestand haben wird. Kapiert das eigentlich niemand?

Warum wird denn kategorisch ein Eingreifen der NATO ausgeschlossen? Das ist doch eine Einladung an Putin, so weiterzumachen wie bisher. Wo bleibt der Haftbefehl gegen Putin und seine Entourage? Wer macht Putin und seiner Entourage klar, dass eine Nachkriegsordnung mit Putin nicht denkbar ist. Ein Kriegsverbrecher, den man nach dem Ukrainekrieg wieder in der internationalen Staatengemeinschaft begrüßt? Müsste ein westlicher Politiker nicht kotzen, wenn er jemals wieder Putin die Hand schütteln muss?

Es ist ja eine Binse, dass China mit Argusaugen den Krieg und dessen Ausgang beobachtet. Das kann eine Blaupause für die Annektion Hongkongs und Taiwans sein. Aber wem sage ich das? Das ist doch eigentlich allen vernunftbegabten Politikern klar. Aber solange man den eigenen Arsch im Warmen hat, kann man sein Gewissen damit beruhigen, man habe ja genügend für die Ukraine und die Flüchtlinge getan. Und im Übrigen müsse man ja auch an die Auswirkungen von Sanktionen auf die eigene Wirtschaft und Bevölkerung denken. Da lobe ich mir den Alt-Bundespräsidenten Gauck, der sinngemäß sagte, für die Freiheit könne man auch ein paar Jahre frieren. Das ist noch ein Mann von Format, alle anderen sind nur Anzugträger. Sorry, ich musste mich mal auskotzen. – Bernd Riegsinger

 

Selenskyj hätte die sofortige Beendigung des Krieges in der Hand. Er bräuchte nur die Neutralität der Ukraine zu verkünden. Stattdessen fordert er Waffenlieferungen, womit er lediglich die Verlängerung des Krieges und die damit einhergehende völlige Zerstörung seines Landes bewirkt. Und der Westen applaudiert diesem Repräsentanten der vor kurzem noch als völlig korrupt eingestuften ukrainischen Politikerkaste und ist sich offenbar der Eskalationsgefahren nicht bewusst. – Gerd Wienke

 

In der Ukraine wird nicht die Freiheit Europas verteidigt. Es ist beschämend zu sehen, wie die deutschen Abgeordneten im Bundestag dem Kriegshetzer Selenskij applaudieren. Bereits im Mai 2021 hat Selenskij die Lage so beschrieben: „Dieser Krieg wird nicht in der Ukraine enden. Er wird sich möglicherweise zu einem dritten Weltkrieg entwickeln. Europa, die Länder der Europäischen Union, sie alle werden leiden.“

Dann aber wäre es die Pflicht eines verantwortungsvollen Politikers, alles daran zu setzen, diese Entwicklung zu verhindern. Doch stattdessen zündelt Selenskij und fordert das militärische Eingreifen der NATO, ersatzweise die Errichtung einer Flugverbotszone. Obwohl schon mehrfach wegen der erwartbaren Folge eines großen Krieges abgelehnt, hält S. an seiner Forderung fest. Und obwohl die Europäische Union erst gerade klargestellt hat, dass die Ukraine ihre Mitgliedskriterien noch lange nicht erfüllt, forderte er weiter deren schnelle Aufnahme.

Im Bundestag spielt Selenskij sich zum Ankläger Deutschlands auf. Seine Unverschämtheiten können verfangen, weil er Deutschland, Europa und die USA moralisch erpresst, indem er auf deren Fehler hinweist. Es war die Europäische Union die die Ukraine 2013 in die Konfrontation zu Russland gezwungen hat, als Baroso die Ukraine aufforderte, sich zwischen Russland und der EU zu entscheiden. Und die NATO und ihr offensichtlich überforderter Generalsekretär haben bis zuletzt stupide wiederholt, es sei das Recht der Ukraine, ihr beizutreten. Was natürlich die Erwartung hervorruft, Beistand durch die NATO zu erhalten.

Doch man muss festhalten: die Ukraine ist korrupteste Staat in Europa. Einen Rechtsstaat gibt es nicht. Pressefreiheit heißt in der Ukraine: Printmedien müssen in der offiziellen Staatssprache erscheinen. Meinungsfreiheit heißt, dass Beleidigung der ukrainischen Sprache mit bis zu drei Jahren Haft geahndet wird. Wer auch nur fordert, neben dem Ukrainischen auch andere Sprachen, z.B. das Russische, als gleichberechtigt zuzulassen, ist mit bis zu 10 Jahren Gefängnis bedroht. Drei Fernsehsender der politischen Opposition (die etwa ein Viertel der Wähler vertritt) sind geschlossen worden.

Unsere regierungsnahe Stiftung für Wissenschaft und Politik hat der ukrainischen Regierung bescheinigt, am Schicksal der Menschen in den besetzten Gebieten nicht interessiert zu sein. Die Bertelsmann-Stiftung fasst Selenskijs bisherige Regierungszeit zusammen: Es waren für Reformen verlorene Jahre. Auch das Europäische Parlament hat am 11. Februar 2021 in einer Entschließung zur Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine eine ernüchternde Bilanz gezogen.

Zwar hören wir heute von der Bereitschaft zur Neutralität des Landes. Doch schon beim Thema Krim und den sogenannten Volksrepubliken wird verlautbart, die Forderungen Russlands seien nicht akzeptabel. Dann müsse eben weitergekämpft werden. Selenskij nimmt nicht die Aufgabe eines Staatschefs, durch seine Politik das Leben der Bürger seines Landes zu schützen, wahr, sondern nimmt die männliche (wehrfähige) Zivilbevölkerung als Geißel für seine Politik: Sie dürfen das Land nicht mehr verlassen. Nun ist die Parole wieder: „Süß und ehrenvoll ist, fürs Vaterland zu sterben“ (Horaz). So auch Klitschko dieser Tage.

Wir müssen erkennen: In der Ukraine wird nicht die Freiheit und nicht Europa verteidigt, sondern ein aggressiver Nationalismus, wie er die Völker Europas 1914 in den Krieg getrieben hat. (Eine ähnliche Begeisterung lassen heute die Verteidiger der „Werte“ erkennen.) Doch die Europäische Union steht für die Überwindung dieses Nationalismus. Das alles rechtfertigt den Angriff Russlands nicht. Doch Deutschland und die Europäische Union dürfen sich nicht in eine falsche Solidarität zwingen lassen. – Klaus Menne

 

Mit Erschrecken müssen wir feststellen, das wir heute wieder beiwohnen als Akteure – als „Zuschauer einer fehlenden Debatte“ – wir werden wieder die Personifizierung der „Banaliät des Bösen“ – und das nicht nur im Kreml, sondern auch bei uns im Bundestag. Wir müssen feststellen, nichts aus unserer schrecklichen Geschichte gelelernt zu haben, die unsere Großväter durchlebten und mitgestaltet haben – genau so wie wir es heute wieder praktizieren.

Es gehört keine Kassandra dazu , unser Schicksal vorhersagen – es endet mit einer großen moralischen Anklage wegen unterlassener Hilfeleistung und Finanzierung des Völkermordes an der ukrainischen Zivilbevölkerung , angeklagt durch die Seelen der von uns fahrlässig Geopferten – nicht geschützenden – wir haben Ihre Schreie um Hilfe nicht gehört und Ihre Angst unserem Wohlstang geopfert. – Unser Bruttoszialprodukt war uns wichtiger .

Und da wird uns eingeredet, uns drohe der imaginärer Verlust des „Inneren Friedens“ – so wie die hartherzigen amoralischen Vertreter unsers Staates uns weißmachen wollen. Was für kleingeistige Menschen sind wir geworden, in die „Halle der Gerechten“ werden wir als schweigende Masse genau so wenig aufgenommen, wie die kleinmütigen Politiker, die wir in Verkennung ihrer menschlichen Defizite gewählt haben. – Dr. Rüdiger Hoffmann

 

Sehr geehrter Herr Thumann, ich denke, dass wir alle darüber übereinstimmen, dass jeder Angriffs-krieg, in dem auch nur ein einziger Zivilist stirbt, ein furchtbares Verbrechen ist, das uns alle jedesmal neu entsetzt und das wir – ohne Ansehen des jeweiligen Täters – immer hart verurteilen; weil wir das unserem Selbstbild und unserer Ehre schuldig sind.

Wir denken stets an die Opfer in all diesen ver-brecherischen Kriegen, die wir leider medial zu oft erleben mussten. Das gilt > für Vietnam (Zuerst die Tonking-Lüge und dann grausamster Napalm und Chemiewaffeneinsatz um Menschen lebend zu verbrennen und zu vergiften) > für den Irakkrieg (Zuerst die Massenvernichtungslüge vor der UNO und dann hunderttausende ermordeter Menschen, Zivilisten und Militär) > usw. usw. usw > und es gilt auch für den Angriff Putins auf die Ukraine (Niemand hat die Absicht…. und dann: hunderte zivile Tote)

Man sollte jeden, der durch seine Lügen und seine furchtbar grausamen Entscheidungen den Massen-mord oder leichtfertig und mitleidlos brutal die Massentötung an unschuldigen Menschen verursacht hat, vor ein Gericht zerren – aber wirklich jeden! Ich hoffe, dass wir uns wenigstens darin einig sind. Wer aber seine „Freunde“, die auch solche furchtbaren Verbrechen verüben, vor einem ehrlichen Urteil und vor der Strafe verschont wissen möchte und dumm und jämmerlich feige deren Verbrechen verschweigt und heuchelt, der kann von uns nur verachtet werden und ist dann keiner Silbe mehr wert.

Und haben wir erlebt, dass jedes Land, das sich schon vor Putin eines solchen Verbrechens schuldig gemacht hat, genau die harten Sanktionen erdulden musste, wie sie jetzt über Russland verhängt sind und dass sogar einzelne unschuldige Menschen den blinden Hass erleiden mussten, wie er jetzt sogar völlig unschuldige Russen in unserem Land trifft? Oder gab es das etwa in den erwähnten Verbrechen gar nicht? Darf man also hunderttausende Menschen töten, ohne sanktioniert zu werden, wie es die Amerikaner taten aber wird man zu Recht sanktioniert, wenn man mehrere hundert unschuldige Menschen auf dem Gewissen hat?

Man sollte dazu keine Pharisäer befragen. Es lohnt sich nicht. Diese werden stets heucheln. Was sagen Sie denn persönlich dazu, wenn Sie wahrhaftig und aufrichtig wollen? Nur als Hinweis: Ich lege großen Wert auf die Gemeinschaft mit edlen Menschen und ich möchte auch von edlen Politikern regiert werden, die stets die Wahrheit verteidigen und nicht ihre „Freunde“ auch dann unterstützen, wenn diese lügen und Verbrechen begehen. Solchen sollte der Zutritt zu unserem Hohen Hause in Berlin eisern verwehrt werden – aus Gründen der Rein-lichkeit, würde Nietzsche sagen.

Außerdem muss man dabei unbedingt auch die entsetzliche Zerstö-rung unserer wichtigsten Werte mit betrachten, die durch solche Verbrechen bei unbeteiligten aber charakterlich schwachen Menschen gleichzeitig geschieht, die aber sicher auf ihrer Wohnzimmer-couch sitzen und dann hemmungslos den Stammtischler geben. In solchen Fällen kommt es bei schwachen Charakteren zu folgenden und ähnlichen Verschiebungen der Moral: BEISPIEL: Wir wissen alle, dass Frau Wagenknecht eine lobenswerte Ausnahmeerscheinung im Bundestag darstellt.

Sie be-urteilt und analysiert die Situationen stets differenziert und sehr gerecht und ohne den Schaum vor dem Mund, der viele ihrer Kollegen charakterisiert, wenn diese glauben, einen Feind erkennen zu können und in der Mehrheit zu sein. Sie verurteilt natürlich auch das Vorgehen Putins; allerdings erst, nachdem es geschehen ist und nicht schon in Form einer vorauseilenden Hetze, die von so manchem (Spieß)bürgerlichen eifrigst gefordert wird, weil dieser sich des allgemeinen Beifalls sicher zu sein glaubt.

Sie, Herr Thumann, lassen die Verurteilung des Krieges durch Frau Wagenknecht ganz einfach weg (Vorsicht Lückenpresse!). Der analytischen Aussage von Frau Wagenknecht bezüglich der Handlun-gen der Nato stimmen Sie weder zu noch widerlegen Sie diese durch ein sachliches Argument. Das wäre ja die anständige Antwort auf eine Sachaussage, die man teilen kann oder ablehnen will. Da soll-ten wir uns doch wieder einig sein. Sie haben sich aber leider für den bequemen Weg entschieden, der den Beifall so manches Schuldigen erheischen wird: ZITAT Herr Thumann: Jetzt behauptet die Linken-Politikerin, „ohne die schleichende Nato-Integration der Ukraine hätte es diesen Krieg nicht gegeben“. ZITATENDE Ist das nun falsch oder ist das zutreffend, lieber Herr Thumann?

Und, wenn ja oder nein, warum eigentlich oder warum eigentlich nicht? Und dann fordern Sie in der berühmt be-rüchtigten, unschuldsbehauptenden, heuchlerischen Frageform, die eigentlich ein Befehl sein soll: ZITAT Herr Thumann: „Gehört Wagenknecht als unerschütterliche Putin-Apologetin wirklich noch in deutsche Talkshows? “ Sehr geehrter Herr Thumann, ich gratuliere Ihnen mit großer Trauer im Her-zen: Sie haben von Putin und anderen Unterdrückern hervorragend gelernt, wie man mit unliebsa-men Meinungen umgeht ohne sein Hirn anstrengen zu müssen: Einfach unterdrücken, ausgrenzen, Cancel-Culture anwenden!

Ihr Lehrer wäre stolz auf Sie und auf seinen Erfolg bezüglich der gelunge-nen Enttarnung eines Wertewestler, der relativ bekannt sein dürfte und der für viele Gleichgesinnte steht. Ich schäme mich zutiefst, dies in der ZEIT lesen zu müssen. Ich liebe die Freiheit, so wie das auch die Ukrainer tun. Und Sie haben anscheinend vergessen, dass zu wahrer Freiheit auch die Mei-nungsfreiheit für klug und anders denkende Menschen gehört und natürlich auch ein anständiger und edler Umgang mit Menschen und Meinungen, die einem nicht unbedingt gefallen und auch, dass man besonders auf so feinfühligen Menschen wie z. B. Frau Wagenknecht nicht primitiv und ohne jede geistige Anstrengung mit dem großen Holzhammer der persönlichen Ausgrenzung draufhaut.

Ich schäme mich wirklich und ich bin zutiefst deprimiert über die Entwicklung, oder sollte man besser sagen, über die gruselige Demaskierung unserer selbsternannten Wertegemeinschaft, die schon seit einiger Zeit in einer trüben Woge der Heuchelei, der Unwahrhaftigkeit und der feigen Meinungsun-terdrückung badet. – klaus Lachetta

 

Wolodymir Selenskyjs Rede vor dem Bundestag zum Kriegsdrama in der Ukraine. Diese tief bewegende, aufrüttelnde und – aller Dramatik zum Trotz – konzentriert-besonnen-authentische Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj wird wohl nicht nur in die Geschichte der Ukraine, sondern auch in die Geschichte des Bundestags eingehen!

Diese Rede war nicht nur eine eindringliche Bitte um Beistand und Hilfe, sondern auch ein aus dieser düsteren Tragödie aufsteigendes Fanal zur Besinnung, zur geistigen Rekultivierung und Menschlichkeit auch im Raum unserer modernen, technisch-kühlen Intelligenz. Mehr noch: sie war auch ein Impuls zur Besinnung nicht nur für die aktuelle Dramatik, sondern auch als ein bewegendes Zeichen hinsichtlich der wachsenden Raffinesse höchst fragwürdiger Zivil- und Kriegstechnologien.

Es ist diese moderne, rein technisch-sachliche und seelenvergessene Intelligenz, die nicht nur Kriegsmaschinerien, sondern auch einen Geist hervorbringt, der solch menschenverachtende Technik erst zeitigt. Das aber bedeutet, dass diese inflationären Technologien (im engen Verbund mit einer ebenso fragwürdigen Wirtschafts-Logik) – nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen Raum überdimensionale Risikofaktoren sind. Und nicht zuletzt: auch unsere Umwelt, unser Klima und unsere innere, seelisch-soziale und geistige Kultur drohen zum Opfer dieses heiligen „Fortschritts“ zu werden! Es fehlt heute nicht nur ein sachlich-praktisches, sondern auch geistig-inneres Erwachen.

PS: Auch der große kulturelle Ladungs-Unterschied zwischen den extrem unterschiedlichen monetären Energiefeldern ist mit diesen militärisch riskanten Feldern eng verwandt! Solange die wirtschaftlich-finanzielle Logik mit der militärischen Logik noch eng verbunden bleibt, wird es keinen stabilen Frieden geben. Die wirtschaftlichen und finanziellen Märkte allein verfügen nicht über die notwendige Weitsicht.

Die in die Krise geratenen Geisteswissenschaften Philosophie und Theologie pflegten jahrtausendelang einen Horizont, der weit über die moderne Technik-, Wirtschafts- und Unterhaltungs-Logik hinausreichte. Unsere späte Moderne hat sich von dieser inneren Ordnung meilenweit entfernt. Die fehlende vertikale Dimension lässt sich weder mit Geld noch mit Maschinen oder gar Waffen rekultivieren. – K.Gernbacher

 

Was ist gegen Putin zu tun? Nach der Beendigung des kalten Krieges und der Rede Putins im Deutschen Bundestag hoffte ich auf eine Annäherung zu Russland, gar auf deren EU/NATO-Beitritt, wenngleich mit klar war, dass das mit den USA nicht machbar ist. Die EU hatte die Entscheidung zu einer Stärkung Europas mit Ein-schluss Russlands oder dem Verbleib in der Abhängigkeit zu den USA.

Seitdem hat die USA alles getan, um eine Intensivierung der Beziehungen zu Russland zu verhindern und eine immer näher an Russland rückende militärische Linie (geografisch wie waffentechnisch) gezogen. Auch dies ist sicher ein Grund dafür, dass sich Putin wieder zur alten sowjetischen Stärke erheben will. Er hat es geschafft im eigenen Staat alle Macht auf sich zu konzentrieren und geht den Weg zur erneuerten Sowjetmacht kompromisslos.

Seine Handlungen in Georgien, Syrien und Kasachstan, der Ostukraine und der Grimm waren wichtige Merkmale seiner Strategie, die jedoch EU-seitig allenthalben zu Protestnoten führten. Sein Krieg gegen die Ukraine ist nunmehr ein konsequenter Schritt, aber es wäre naiv anzunehmen, dass es der Letzte sei. Deshalb wäre es richtig, der Ukraine Kampfflieger zu liefern. Darauf könnte Putin der NATO den Krieg erklären, ja, aber das kann er doch ohnehin jeder-zeit. Und sollte er es tun, es wäre besser jetzt, da seine neuen Grenzen und Strukturen noch nicht gefestigt sind und sich China wahrscheinlich außen vor hält, als später neu gestärkt. Es gibt keinen diplomatischen Weg einem Tyrannen den Weg zu weisen, das zeigt uns die Geschich-te. – Wolfgang Clausmeyer

 

An die 100 Millionen Euro sollen Deutsche bisher für die Ukraine gespendet haben. Pro Bürger über einen Euro – das ist sicherlich ehrenwert. Allerdings überweisen die Europäer jeden Tag ein Mehrfaches davon für Gas, Kohle und Öl an die Kriegskasse des zynischen Aggressors Putin und seiner abgebrühten Spießgesellen. In der Ukraine werden Zivilisten umgebracht, sitzen Menschen jede Nacht in den Kellern, werden Krankenhäuser und andere zivile Einrichtungen zerstört, Millionen fliehen – und was treibt die Regierung um?

Durch Subventionen den Energie-verbrauch zu fördern und damit die Finanzierung der Aggression fortzusetzen. Man möge sich an Roman Herzogs „Ruck-Rede“ erinnern. Ich frage: wann, wenn nicht jetzt, ist der Zeitpunkt für eine solche Rede des Bundeskanzlers, am Ende sogar des Bundespräsidenten, gekommen die Gesellschaft darauf einzuschwören den eigenen (Energie)konsum kritisch zu überprüfen: muss ich diese Fahrt mit dem Auto wirklich machen?

Ist es nicht eine Verhöhnung gegenüber dem ukrainischen Volk, für 39 Euro ans Mittelmeer zu fliegen? Und zum Schluss noch der Gottseibei-uns: Tempolimit! Durch die Verbrechen des zweiten Weltkriegs haben die Deutschen eine unermeßliche Schuld gegenüber der Ukraine auf sich geladen, aus Achtung vor Demokratie und Völkerrecht erwächst eine aktuelle moralische Aufforderung zu entsprechendem Handeln. – M. Kamps

 

Weil mich in diesen Tagen – wie viel andere auch – das Denken über die Situation der Ukraine um-treibt – und weil es möglich sein muss, auch öffentlich die „unmöglichsten“ Gedanken und Fragen zu denken, bringe ich sie hier in eine punktemäßige Reihenfolge und sende sie einfach blind an Die Zeit, ohne damit rechnen zu können, sie würden hier öffentlich; aber irgendwie meine ich, sie seien wich-tig. Und so bin ich immerhin angetrieben, sie zumindest für mich selbst zu ordnen: 1. Politisch und moralisch unmöglich – und doch die Frage:

Wäre der Krieg morgen vorbei, wenn die Ukraine kapituliert bzw. in Verhandlungen den Forderungen Putins nachgibt? 2. Welche konkreten Folgewirkungen hätte dieses Einlenken auch jetzt noch für die Ukraine? D.h. für die bisher Geflüchteten, für die Städte, für Europa? Für den Westen? – Und für Putin? 2. Welchen Preis ist Selenskyj (die Ukraine?) bereit zu bezahlen für die Fortsetzung des Kriegs mit europäischer und amerikanischer Militärhilfe? 3 Kann man eine Rangordnung sehen im Verhältnis von Staat und Bürger?

Wie weit ist das Lebensopfer des einzelnen Bürgers gerechtfertigt für die Verteidigung seines Landes? Bzw. wie weit ist es gerecht-fertigt, es zu verlangen? Hat die Nation den Vorrang vor dem Bürger? Oder ist der Bürger gar identisch mit der Nation? 4. Ist die Identität eines Volkes abhängig von den äußeren Machtverhältnissen? Würde Kapitulation bzw. „Einlenken“ die Würde und Identität der Ukraine löschen? 5. Können Sätze der Bergpredigt und der damit gegebene Paradigmenwechsel ernsthaft in Erwägung gezogen werden für Völker, die sich im Krieg befinden? „Leiste dem Bösen keinen Widerstand..

Wenn einer von dir den Mantel will, gib ihm auch das Hemd..“ Kann ein Land, ein Volk seine Identität und Würde bewahren oder gar neu gewinnen, wenn es auf gewalthafte Selbstbehauptung verzichtet ? Und in Sprache der Macht als Verlierer gilt? 6. Wären die bisherigen Opfer und Zerstörungen sinnlos, wenn sie in diesem Sinn nichts genützt hätten? 7. Wäre es vorrangig, den Bürgern und Menschen ihr persönliches Leben zu sichern und ihre Städte, und zwar gleich unter welchen Politisch Umständen – oder kann man nur mit Würde leben in einem „freien“ Staat? 8. Wie viel Opfer und Zerstörung ist gerechtfertigt, um letzteres (vielleicht) zu bewahren ..?

9. Wie viel Opfer und Hilfe (bzw. welche Arte von Hilfe) ist gerechtfertigt zu erwarten von anderen Staaten für das Ziel, nicht Verlierer zu sein? 10. Sind die „Werte“ der Westlichen Welt: Demokratie und Politische Freiheit und Rechtsstaat auch Garanten und gar Quellen des Gut-seins der Bürger – oder doch nur Regelungen und Beschränkungen der egoistischen Natur ? 11. Ist es wahr, dass „die Russen“ mehr denn je christlich denken und fromm seien, wie man hört..? 12. Ist die “Weltanschauung“ des Liberalen Westens wirklich eine wesentlich andere als die der autoritären Diktaturen? Sind nicht beide einem neuen, radikal materialistischen und machtpolitischen Heidentum zugehörig ? – Peter Mathei

 

Wo ist die russische Bevölkerung mit ihrer klaren Stellungnahme in diesem Krieg? Natürlich kann man sagen – die Bevölkerung wäre „eingeschüchtert“ und „nicht aufgeklärt“. Das ist aber different zu betrachten. Wenn selbst Nawalny – im russischen Gefängnis – vom Kriegsgeschehen Kenntnis hat, wird das mit der mangelnden Information wohl relativ sein. Vielleicht möchten die Bürger auch nicht sehen was geschieht (wie damals bei Hitler) – oder – sie sind wirklich „stolz“ auf ihren „Führer“ und auf territoriale Gewinne?

Das ist nicht allein Putins Krieg – NEIN – das ist der Krieg von jedem russischen Soldaten – das ist der Krieg von jedem „Berater“, Richter, Polizisten – das ist der Krieg von jedem der diesen Despoten unterstützt. Putin könnte noch so sehr nach Krieg rufen wenn es niemanden gäbe der seine Rufe hört. Es gibt keinen König ohne Volk! Und aus diesem Grunde frage ich mich: Wo ist die russische Bevölkerung?

Auch hier in Deutschland! Ich mag Vielfalt in der Bevölkerung – aber – wenn es hier in Deutschland Menschen gibt die das gut finden was Putin tut, dann muss ich sagen: die Grenzen sind offen – tschüß! – geht einfach – zu Putin – zurück nach Russland. Das schafft Platz für Menschen die Interesse an Demokratie, Meinungsfreiheit und Frieden haben. Ansonsten liebe Russen: positioniert euch! – klar und öffentlich! – informiert Angehörige und Freunde in Russland! – steht auf! – es ist an der Zeit diesen sinnlosen Krieg zu beenden! Ein Herrscher sollte durch das eigene Volk gestürzt werden. – Silvia Baur

 

Es mag vielleicht zynisch klingen, aber es muss einmal gesagt werden: Man muss die jetzige Situation mit Corona – Pandemie und militärisch ausgetragenem Russland – Ukraine-Konflikt als ein Testszenario für die nachfolgenden Generationen ansehen. Die Klimakatastrophe wird unweigerlich zu weiteren Konflikten um Ressourcen wie Wasser und Bodenschätze und entsprechende Macht- und Territorialan-sprüche führen. Dabei werden sich Autokraten und Demokraten gegenseitig die Ansprüche streitig machen.

Die schlechteste Lösung für das Volk sind immer die kriegerischen Auseinandersetzungen. Aber es gibt natürlich auch Profiteure: z.B. Waffenproduzenten. Die lachen sich natürlich ins Fäust-chen wenn ein Land wie Deutschland mal eben 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung in den nächs-ten Jahren einplant. Leider hat die Diplomatie mal wieder auf breiter Front versagt. Da wird die eine Seite in den Medien zu Verbrechern gemacht und die Gegenseite zu Helden. Jeder rückt keinen Zoll von seinen Forderungen ab und nimmt damit zahlreiche Opfer in seiner Bevölkerung in Kauf. Haben wir denn seit dem Mittelalter nichts dazu gelernt?

Die eine Seite besteht auf ihren Sicherheitsansprü-chen und die andere Seite auf ihren Freiheitsansprüchen und man kann sich nirgendwo in der Mitte treffen? Das ist ja wie im Kindergarten! Ich kann da nur hoffen, dass die Erzieher unserer Kinder und Enkel in dieser Beziehung weitsichtiger sind als unsere derzeitigen Politiker und Medienvertreter. Leider sieht es im Moment nicht so aus. – Thomas Heller

 

Pick Up – Ein morgendlicher Brief in die alte Heimat. Es ist früh am Morgen, gefühlt sogar noch früher, wirklich früh sozusagen und ich brettere mit zwei Kindern auf dem Rücksitz über und zwischen Schlaglöchern zur Schule. Man braucht, ohne Glatteis, dreiundzwanzig Minuten, der Rekord liegt bei sechzehn. Es gab vor Jahren auf der Straße mal eine Rally, die sollen es angeblich in elf Minuten geschaft haben, keine Ahnung, ob das stimmt. Was aber stimmt – zwei von den Idioten sind im Graben gelandet, man sollte die Serpentinen nicht unterschätzen.

Ihr ahnt schon, das wenige an Aufmerksamkeit, dass bei mir schon wach ist, blickt auf die Straße, die Kinder dämmern auf der Rückbank – warum zum Teufel, fragt die Frau, muss Schule so früh anfangen – Manchester, sage ich, Webstühle, die müssen laufen und wenn die kleinen Hände ans frühe Aufstehen gewöhnt sind, fällt die Umstellung mit zwölf auch leichter, nenn es Geschichte oder Tradition, aber meine Antwort lautet: Webstühle. Die Kinder sind nicht ansprechbar, so eine Art Wachkoma, am ehesten noch mit der deutschen Außenpolitik vergleichbar. Oder mit Quanten, da und nicht da.

Um diese Zeit kommt ganz brauchbare Musik im Radio. Und dann kommt jeden Morgen die Stimme meiner Nachbarin im Radio. Warum nun ausgerechnet meine Nachbarin aus diesem Dorf am Ende der Welt im Radio ist, also ihre Stimme, eine andere Geschichte, bizarr auch. Doch jeden Morgen sagt sie mir mit ihrer unglaublichen Stimme diese vier Worte: Wake up! Pick up! Und ich denke an die alte Heimat, an Euch.

Weil, ihr liegt noch in den Federn oder allergiearmen Poliuretanfocken, was weiß ich. Aber ihr liegt und schlaft, während wir hier schon immer, jeden Tag, ein ganzes Stück weiter sind. Das mag auch daran liegen, dass unsere Häuser über Nacht gerne mal auskühlen, da muss man auch mal lange vor Tagesanbruch ein paar Scheite nachlegen, schwer vorstellbar, ich weiß. Aber natürlich hat es einen wirklichen, größeren Grund. Geometrie, Planeten, Umlaufbahnen, Keppler, Gallileo undsoweiter. Zeitzone.

Das ist für uns Deutsche, und irgendwie gehöre ich ja noch zu euch – auch schwer vorstellbar – ne komplizierte Sache. Kennt man ja so nicht, wenn Berlin (alle) oder Weimar (Goethe) oder Mainz (Das Serum) oder Wannsee so ein bißchen der Nabel der Welt sind. Kannte ich auch nicht und habe vier Stunden auf einen Zug in Kasachstan gewartet, der pünktlich war nach fast dreitausend Kilometern, aber in seiner eigenen Zeitzone durch die Steppe fährt.

Und Nein, auch wenn der Gedanke verlockend sein mag, Deutsche Bahn und Zeitzone, das wäre zu weit her geholt. Zeitzone also. Ihr im Bett, ich unterwegs. Es ist immer schon später hier, wir sind schon da. Wie Hase und Igel irgendwie oder war es Hase und Wolf oder wie die Flüchtlinge aus der Ukraine. Unser Nachbarland übrigens, so wie in: nebenan, ich frag mal, ob die noch Salz im Haus haben.

Natürlich gönne ich Euch den Schlaf, ihr bleibt ja auch länger wach, nimmt man an. Sicher nicht zum Holz nachlegen, aber irgendwas anderes. Kommentare unter Nachrichtenmeldungen posten, weiß ich, habe zu viele davon gelesen. Gedanken, die bleiben. Ob im Netz oder in meinem oder Euren Köpfen, sie bleiben. Die Ukrainischen Flüchtlinge eher nicht. Kann ich auch verstehen, ohne jede Hashtag- Ironie. Städtische Mittelklasse kommt zu uns aufs Land und so viel anders als in der Ukraine jetzt sieht es hier auch nicht aus.

Die Straßen sind fertig nach dem Winter, Stoßdämpfer halten drei Monate. Was Straße sein soll, ist Schlamm mit Löchern. Nicht wegen irgendwelcher Panzer, das schafen die Holztransporter auch so. Wandel durch Handel, bei uns funktioniert das ganz gut. Ihr kriegt das fesche Eichenparkett, das ist der Handel, und wir kriegen jede Menge Wandel in der Landschaft. Jetzt kann man auch endlich die Berge sehen, ohne die ganzen Bäume drauf. Und der Gedanke ist zu tief in mir drin, vielleicht blühen sie, diese Landschaften, ja sogar irgendwann auf. Die Bäume nicht mehr, die liegen unter Euren Betten.

Und da kommt man als Flüchtling hierher und kann einfach nicht glauben, dass man schon in der EU sein soll und nicht im Kriegsgebiet. Ich verstehe das, unser Land, nicht Eures, war nicht bereit für die EU. Korrupt – ist besser geworden – schwache Wirtschaft, durchgerockte Infrastruktur, kurz, ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Für Strabag, Schweighofer, Continental, Kärcher und, man solls nicht glauben, die Deutsche Telekom, die mit dem Magenta von Meta. Märkte und billige Arbeitskräfte, ein wegen Wahlbetrug verurteilter Premierminister und jede Menge Eichen.

Bären auch, aber das ist eher so ein Oligarchen-Ding. Also, eher was für den traditionsbewußten, oft auch adligen, fnanziell erfolgreichen Waidmann. Und ja, die EU hat schon rumgedruckst wegen der Korruption damals – auch wahrscheinlich wegen der Zigeuner, diesen Rassisten. Die nennen sich tatsächlich selber so, geht so gar nicht in Berl*n. Aber dennoch hats keinen genug gestört damals, die Möglichkeiten eben.

Naja, ich bin unterwegs, die nächsten fünfhundert Meter besser im gedrosseltem Schritttempo. Also etwa dreißig km/h, Schule halt. Ihr schlaft noch und träumt von ungedrosseltem Datenvolumen. Neben der Straße ist schon wieder ein Telegraphenmast umgekippt, die Teile sind so alt, dass sie sich noch an das Fräulein von Amt erinnern.

Die Deutsche Telekom hat sie vor ein paar Jahren gekauft mit allem drum und dran und seitdem hat jeder Mast einen QR-Code. Für die gerissenen Leitungen hat’s dann nicht mehr gereicht, wir sind hier wirklich auf dem Land. Grade ist alles wieder verkauft worden und wahrscheinlich soll einfach Gras drüber wachsen. Da kann man dann in 50 Jahren zwischen den Mohnblumen im Sommergrün die deutschen QR-Schildchen fnden wie in Tschernowitz, bald russisch, noch ukrainisch, woher rumänisch und russisch und noch früher österreichisch, die gusseisernen Deckel der k.u.k. Kanalisation.

Als ich dort war, hat die halbe Stadt noch durch Leitungen der Wiener Telegraphenverwaltung telefoniert, auf Russisch, auf Ukrainisch, auf Ungarisch, auf Jiddisch und wer weiß was noch. Schwer vorstellbar, so ein Landstrich, wunderschön übrigens, der irgendwie schon überall war. Manchmal führt das zu übersteigertem Patriotismus, machmal einfach nur dazu, das selbst Rassismus einfach nicht mehr funktioniert. Zigeuner und, ihr würdet sagen, Leute von Farbe, ausgenommen. Die Menschen hier sind großherzig und gastfreundlich und gern mal auf ihren Vorteil bedacht, Engel sind sie nicht.

Aber früher wach als ihr, mittendrin statt nur dabei, ihr wisst schon. Die russischen Truppen stehen seit Jahren 100 km hinter unserer Grenze, in Transnistrien, noch irgendwie Moldau. Da wurde eine russische Minderheit unterdrückt, bis 1991. Und ja, das ist sehr vereinfacht, aber meine Güte, Ihr schlaft doch noch. Moldau, also wie soll man es beschreiben, bei uns auf dem Land sieht es so kurz vor dem Frühjahr aus wie auf den Postkarten aus Verdun.

Die Moldau ist noch viel ärmer, böse Zungen sagen, kleine grüne Männchen sorgen seit Jahren dafür, das da sich da kaum was entwickelt hat. In der Moldau sind fast doppelt so viele Flüchtlinge aus der Ukraine untergekommen wie in Deutschland, das ist in etwa so, als würde Deutschland 30 Millionen Menschen aufnehmen, und wenn Ihr das schaft, wäre der Krieg wahrscheinlich auch vorbei, für eine Weile. Und wenn ich sehe, was grade im Grenzgebiet und in der Moldau geschieht, denke ich manchmal, dass die Menschen hier vielleicht doch auch Engel sein könnten.

Russische Truppen stehen in Georgien, seit 2008. Das heißt: seit vierzehn Jahren. Länger als ein bayerisches Abitur. Es ist ok, dass ihr das nicht so mitbekommen habt damals, es war Fussball-WM. Und ihr habt gekämpft – für den Titel, hat aber nicht gereicht. Und es war parlamentarische Sommerpause in Berlin damals, ja was hätte man denn tun können? Manchmal glaube ich, dass ihr das vielleicht gar nicht bemerkt habt, wo ist denn Georgien? USA, irgendwo. Auch richtig, noch gibt es Georgien zweimal. Noch.

Ich habe es bemerkt, denn ein paar Jahre zuvor habe ich mit Georgi und Tamaz im Wäldchen hinter Poti auf ihrem Klassentrefen Unmengen an georgischen Wein in mich gefüllt. Stellt euch das vor, zehn Männer trefen sich nach zwanzig Jahren zum ersten Mal und haben zu reden, über das Leben, die Frauen, den Wein und sagen den drei Fremden, die ein paar Brocken russisch und georgisch noch nicht mal lesen können: Hier ist noch Platz am Tisch, setzt Euch zu uns, es reicht für alle. Stellt Euch das vor. Könnt ihr nicht. In Deutschland kann ich mir das übrigens auch nicht vorstellen.

Die Fischer im Hafen haben uns Fische geschenkt, wir haben sie gesalzen und mit Wodka und georgischen Kaviar irgendwo in Bulgarien im Zug gegessen, wenn ich an Poti denke, lächle ich. Danach werde ich traurig und wütend, der Hafen von Poti wurde von russischen Truppen fünf Jahre später zerbombt, wer es von den Menschen, die ich dort traf, überlebt habt, die Wirtin, die Teenager die sich mit uns prügeln wollten, die Fischer – ich weiss es nicht. Wer dafür verantwortlich ist, weiß jeder, außer Euch.

Scheiße. Man sollte keine Briefe schreiben beim Fahren. Das hätte ein Reifen sein können. Ihr habt so gar keine Ahnung, der Betonweg über den Staudamm hat zwar konzeptionell Ähnlichkeiten mit der seinerzeitigen Autobahn bei Bitterfeld, damals, ist aber auch ganz anders. Und weil der Staudamm den Wasserwerken gehört und die Straßen der Kreisverwaltung ist keiner zuständig und ich kann auch keinen verklagen, wie ihr das vielleicht machen würdet.

Ich kann natürlich schon klagen. Und aufs schärfste Verurteilen. Und sofortige, also diesmal wirklich sofort, Reparaturen fordern. Es passiert aber nix und wenn ich mir einen Reifen oder eine Achse zerlege, ist das mein Problem. Eigenverantwortung und private Initiative, sozusagen. Klingt fast nach FDP, fährt sich aber beschissen. Ich gehöre zu den Besserverdienern, ich bin nach zwei Minuten drüber weg. Wer kein Geld für Reparaturen hat, fährt halt sieben Minuten. Man muss sich entscheiden.

Auf der Krim war ich nie. Soll sehr schön sein. Den Sekt von dort hab ich getrunken, auch schön. Aber wenn ich ehrlich bin, Wodka und Kaviar und frisches Weißbrot, was will man mehr? Aber der Umstand, dass da ein Land vor knapp dreißig Jahren alle seine nuklearen Sowjet-Überbleibsel aufgibt gegen eine Sicherheitsgarantie von all den richtig dicken Jungs, und dann, zwanzig Jahre später – nix. Man kennt das von Staubsaugern, die gehen auch genau nach Ablauf der Garantie kaputt.

Das ganze ist zum Kotzen – da hilft nur noch Dialektik (aka Yin-Yang) oder Wodka. Und russischen Wodka trinke ich jetzt nicht mehr, und ich hofe, daß er mir in ein paar Jahren wieder zu den Pelmeni schmecken kann, denn der polnische ist so … naja, wie so einiges in Polen bis vor kurzem und vielleicht auch irgendwann wieder. Die Menschen und vor allem ihre Politiker und Patriarchen hier, wahrlich keine Engel. Aber, wir sind immer früher wach, jedenfalls früher als ihr, da in der alten Heimat. (Die gibt es übrigens auch nicht mehr, das Land ist weg.)

Nochmal kurz zum Mitschreiben, ihr reibt Euch ja grade erst die Augen: 1991 Moldau, 1994 Tschetschenien, wozu ich nichts sagen kann, ich war da nie und verstehe es nicht und war seinerzeit mit anderem beschäftigt 2004 Georgien, 2014 Ukraine, Krim. Zwischendurch taucht ein russisches U-Boot vor Schweden auf, naja, trübes Wasser halt, verfransen sich immer wieder russische MiGs in den Luftraum von Schweden, Finnland, England usw. – kann ja mal passieren, wer hat sich noch nicht verfahren mit dem blödem Navi.

Da werden Exil-Russen in England vergiftet, so ein paar “Bystander” gleich mit, Exil-Russen im Berl*ner Tierpark erschossen, Nawalnys Unterhosen verseucht, der Bundestag gehackt – Neuland, das alles, No-Petya soll die IT der Ukraine 2014 zerstören und hält die deutsche Bahn einfach an und ein Berg von KA-Sat Modems brennt 2022 durch, leider auch in deutschen Windkraftwerken. Als Sascha und Wanja beinahe Tschernobyl neu aufgelegt haben, haben sie den Marschbefehl bestimmt nur falschrum gehalten. Und ihr glaubt ernsthaft, dass ihr nur Zuschauer seit?

Ihr Lieben in der alten Heimat, ihr seid mittendrin. Bundestag-Hack, na meine Güte, was soll dort schon spannendes zu fnden sein? Die Bahn ist sowieso immer unpünktlich und die kaputten Modems sind abgeschrieben. Dass da in Zaporizhzhia ein Kraftwerk steht, kann man ja nicht wissen, so als Panzerfahrer. Ich wusste es bis vor kurzem auch nicht. Und dass irgendjemand nach Grozny und Aleppo immer noch Kasernen mit Krankenhäusern verwechselt, nach so viel Übung – das ist, das ist … gegen alle Regeln! Und ihr macht euch die Welt, wie sie euch gefällt.

Und ja, ein Stück weit verstehe ich Euch. So Deutschland und Krieg, schwierig. Die meisten (auch schwierig, es passiert ja so viel) haben wir angefangen und verloren. Und ich glaube nach wie vor, dass Gewalt keine Lösung ist. Keine Gewalt übrigens auch nicht. Wenn ich zwei sehe, von denen einer am Boden liegt und Tritte mit der Stahlkappe kriegt, muss ich dazwischen gehen. Und wahrscheinlich muss ich um des Friedens willens zuschlagen und verliere vielleicht ein, zwei Zähne. Brecht hätte seine Freude an so viel Dialektik.

Weil – tue ich es nicht, bin ich nicht besser als der Tretende. In diesem Falle sogar in korrekter neuzeitlicher Grammatik. Man nennt das Zivilcourage oder “Cojones” und ich weiß, dass es schwerfällt. Das ist einer der vielen Gründe, weshalb ich hier bin und nicht bei Euch. So, Kinder abgeliefert, nicht wirklich pünktlich aber auch nicht wirklich viel später als all die anderen, durchatmen, rauchen, nachdenken.

Ah, ja, die Bombe. Ja, er hat die Bombe. Ihr übrigens auch in der Eifel per “Teilhabe”. Und jeder noch so kleine Despot wird demnächst Himmel und Hölle, vielleicht auch nur letzteres, in Bewegung setzen, um auch eine zu kriegen. So als Atomeigner hat man eben einen ganz anderen Gestaltungsspielraum, und wenn der einem dann irgendwann zu klein wird, naja, lösbar. Drei Dinge zur Angst, die ich überall lese und bedenkt, ich lebe auf dem Land, hier gibts nicht mal Straßen und alle reden immer über das Wetter. Das ist auf dem Land nun mal so. Anders gesagt, wenn es im Hirn schmerzt, bin ich nur ein Dorftrottel.

1. Um den berüchtigten roten Knopf zu drücken, bedarf es etlicher Leute. Zum einen die drückenden, in der SU, ooops, RF wohl drei. Man kann davon ausgehen, das ein oder zwei der älteren Herren in dieser Position ihr Leben auf der Datschia mit wahlweise Enkelkindern oder jungen Frauen (oder beidem) ganz nett fnden und ungern aufgeben würden. Menschen. Dazu kommen noch haufenweise Unterlinge, die sozusagen die Handbremse lösen müssen. Die haben schon z.B. 1983 mehr Verstand bewiesen als ihre Dienstanweisungen.

2. Also man kann jetzt nicht, weil das unverantwortliche Risiko des dritten Weltkrieges…. Jedoch ist gar nicht gesagt, das jede, sagen wir, Meinungsverschiedenheit, zwangsläufg nuklear endet. Nehmen wir aber an, dass doch, immerhin wacht ihr grade erst auf: Also man kann nicht wegen des Endes der Welt … nur für die Ukraine. Mourir pour Dantzig? Könnte man denn für die Moldau? Eher nicht.

Könnte man denn für Georgien? Schade um den Wein, wirklich. Für Polen, für das Baltikum, für Berlin? Wo in Gottes Namen zieht ihr eure Grenze? Um nicht mit Obama und etlichen anderen Volksvertretern zu sagen: Die rote Linie? Und glaubt ihr wirklich, dass, wenn ihr alle in der Mitte Europas, Deutschland liegt tatsächlich geografsch ziemlich im Westen, aufgegeben habt, glaubt ihr wirklich, dass sich irgendwann der große Beschützer ausgerechnet um Euch kümmert?

3. Alternativen. Die Ukrainer zeigen es uns, und mich verunsichert ihr Patriotismus dabei, das kenne ich so nicht und ich weiss nicht, wie ich damit umgehen kann – und meine Katzen zeigen es mir jeden Tag – Freiheit und Sicherheit sind keine Schwestern. Freiheit und Versorgungssicherheit auch nicht… Wehrt ihr euch nicht, wird es für viele, richtig viele von uns – und das seid auch Ihr, früher oder später in einem System enden, das eine zunehmend widerliche Mischung aus Zentralkomitee, Kapitalismus und Korruption darstellt. Wollt Ihr so leben? Ohne Spotify? Es soll Menschen geben, die lieber verglühen würden, warum nur?

Ah, noch was, Ihr Lieben: Ich stelle mir vor, wie die Steinzeitmachos in Afghanistan und in Saudi Arabien mit Ihren Töchtern CNN gucken und ihnen sagen: Seht ihr, so steht dieser Westen für seine “Werte” ein. Und ich muss es Ihnen widerstrebendst lassen – sie sind einfach ehrlicher in ihrer Faustkeilkonsequenz. Ihr wollt mehr Öl, kann man drüber reden. Aber ihr haltet Euch raus hier und hoppla. Und hoppla. Und noch neunundsiebzig Mal. Und ihr redet über den Benzinpreis.

Was also tun? Ich muss mal wieder neue Federn und Stoßdämpfer kaufen und hofe auf Ferien, der Autoschrauber hat nicht viel Zeit. Und Ihr? Ihr sorgt Euch um Energiepreise und Gendersternchen und schaut weg. Und ja, ich weiss auch nicht, ob wir es schafen werden. Wir werden, gerne, so sie hier bleiben wollen, Flüchtlinge mit durchbringen, wir werden den Gürtel enger schnallen müssen, gut möglich, das es weh tun wird.

Wir werden diesen Weg gehen, eher als fahren, wohin auch immer er führt, sonst könnte ich weder mir noch den Kindern im Rückspiegel in die Augen schauen. Aber wir sind nicht allein, im Dorf am Ende der Welt. Wir halten zusammen, auch wenn wir uns nicht immer mögen, die Winter sind lang und jeder braucht irgendwann Hilfe. Und wenn es die Prise Salz ist. Vielleicht gibt es irgendwann nur noch Kohl und Rote Beete, sei es drum, ich habe ukrainischen Bortsch immer geliebt.

Und Ihr? Zentralheizung und gedrosseltes Datenvolumen? Im wahrscheinlich reichsten Land Europas? Ich war überrascht und, ja wohl auch stolz auf dieses Deutsch, als Ihr euch aufgeraft habt, über einen LKW voller Helme an Selbstabholer hinauszuwachsen. Ehrlich, das Konzept von Wandel durch Handel klingt gut, ist wahrscheinlich auch gut, versorgt Euch auch mit kuschliger Wärme. Kein normal denkender Mensch, ob in London oder Moskau, kann glauben, dieses Gewirr an Verpfichtungen und Abhängigkeiten und Gefälligkeiten einfach auftrennen zu können.

Ein strategisch denkender Mensch könnte natürlich versuchen, dieses Gefecht etwas auszudehnen, behutsam natürlich – auch wenn dieses Wort irgendwie unpassend ist für die Bomben auf Poti. Und Ihr – oder wir, irgendwie gehöre ich noch euch – habt es vergeigt. 1991, 1994, 2004, 2014 und grade wieder. Manchmal muss man dazwischengehen. Einfach, weil die Alternative bedeuten würde, alle Spiegel im Haus zerschlagen zu müssen.

Ich wünschte, ihr könntet die Nachbarin im Radio hören: Wake up! Pick up! Es ist an der Zeit, auch bei Euch ist es nur noch früh, nicht mehr mitten in der Nacht. In Wirklichkeit ist es sogar schon ziemlich spät. Und wenn Ihr nicht die “Cojones” habt, der Ukraine und euch selbst mit einer Flugverbotszone zu helfen (jaja, die Bundeswehr – aber ihr habt das Geld, stellt das Land doch voll mit Patriot und S300 und wenn es dazu noch andersgrüne Männchen braucht, so sei es – am größten Tisch aller Zeiten wird seit Jahren nur falsch gespielt) dann bitte, Pick Up!, zieht Euch eine Strickjacke an und dreht dem irren alten Mann in Moskau den Gashahn zu! Es wird weh tun, ja, Arbeitsplätze und Wirtschaft und was weiß ich. Aber wenn Euch Eure Scheiß-Freiheit nicht mal das wert ist, was dann? – Albrecht Köllner

 

Wir waren Kinder, die nach 1945 aus Breslau vertrieben wurden. Nicht zu fassen für uns, was in der Ukraine geschieht mit Millionen flüchtenden Müttern und Kindern. Ich konnte die letzten Nächte nicht ruhig schlafen. Daher der Text unten, der mir nicht leicht viel. Ihr Foto von der Titelseite Ihrer letzten Ausgabe habe ich beigefügt. Gerne würde ich es mit meinem Text an das Russische Konsulat in Berlin schicken und an unsere Rhein Neckar Zeitung. Vielleicht ist dieses mail auch eine Anregung für Sie! – Fritz Butzke

 

Zeitenwende. Herr Selenskji will die Ukraine, dessen Präsident er seit knapp 3 Jahren ist, in die Nato und in die EU führen. Seit ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1991 sahen andere Präsidenten, so auch ihr erster Präsident Leonid Krawtschulk, die Zukunft ihres souveränen Landes eher in einer Brückenfunktion zwischen Ost und West. Seit dieser Zeit gibt es aber auch schon die Bemühung der USA die Ukraine in die Nato zu integrieren.

Als 2004 nach gefälschten Wahlen es zur orangenen Revolution kam, schrieb damals die ZEIT, die ja nun bestimmt kein prorussisches Blatt ist, dass Juschtschenko, der Narbenkopf dieser Revolution, und seine Kreise allein aus den USA mindestens 65 Millionen US-Dollar über verschiedene Kanäle erhalten hatten. Ziel der USA sei es, auf diese Weise die Nato auszudehnen und die EU zu schwächen. Nun also ein neuer Versuch. Wie viele Dollar werden es wohl diesmal sein?

Die Ostpolitik von Brandt und Bahr hat zu der Wiedervereinigung Deutschlands geführt. Eine der Zusagen, die der Westen damals Moskau gemacht hat, war, dass die Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts nicht Mitglied der Nato werden. Ja, es waren nur die Außenminister, die das gesagt haben. Ich weiß. Wer gibt schon was auf ihre Worte. Bis auf die Ukraine ( und Georgien und Moldau ) sind sie nun alle Mitglieder der Nato geworden. Wundern wir uns, dass Putin mündlichen Zusagen nicht traut? –

Putin fühlt sein Land durch die Osterweiterung der Nato bedroht. Besonders das Verhalten der USA geben dazu Anlaß. Aber auch das Verhalten der Nato im Kosovo-Konflikt. Warum also die Ukraine nicht als ein entmilitarisiertes Land zwischen Ost und West mit Sicherheitsgarantieren von Rußland, der EU und der USA vertraglich absichern? Weil es ein souveräner Staat ist, der unbedingt in die Nato will? Und deshalb sterben täglich Menschen, deshalb ruft Herr Selenskij sein Land zum totalen Krieg auf, läßt die Städte der Ukraine zerbomben? Keine Kapitulation! Kampf bis zum letzten Mann. Weshalb? Um Freiheit und Frieden und die Demokratie zu verteidigen? Ich kann es nicht glauben..

Was treibt Herrn Selenskij in diese Rolle? Wer treibt ihn? Sind es die Leichenberge russischer Soldaten von denen er nicht ohne Stolz redet? Weshalb glaubt Herr Selenszkij, er kann den deutschen Bundeskanzler abkanzeln, wieso glaubt er dem russischen Präsidenten ein Gesprächsangebot zu machen, das wie ein Ultimatum klingt? Mut gehört nicht dazu. Eher Hybris. Oder wer steht hinter ihm, dass er sich so benimmt? Und warum applaudieren ihn unsere Abgeordneten und unsere Regierung? Weil Herr Selenskij Deutschland vorwirft, viel zu lange wirtschaftliche Interessen priorisiert zu haben.

Was er Priorisierung nennt, hat uns die Möglichkeit gegeben, sein Land mit Millionen zu unterstützten. Er hat seine Wirtschaft nicht priorisieren müssen, sie lag schon lange vor dem Krieg durch Korruption am Boden Unsere finanzielle Hilfe, unser Geld interessiert ihn aber nicht. Davon hat er genug. Er will Waffen. Wie will er die je bezahlen? Oder bekommt er sie geschenkt – wenn ja, um welchen Preis? Von wem? Von uns? Von der EU? Oder vom Land, das über dem Ozean liegt, wie Herr Selenskij es so blumig ausdrückt, dass ihm so viel näher ist als wir?

Franz Stefan Gady vom Institut for Strategie Studies formuliert das gängige westliche Narrativ dieses Krieges so: „Ein heroischer Präsident führt ihm Krieg seine tapferen Soldaten und sein mutiges Volk, das bereit ist, auch die größten Opfer zu bringen, um die Heimat zu verteidigen“ ( zitiert nach SZ vom 18. März ). Natürlich klingt der Heldentod um seine Heimat zu verteidigen viel besser als der Tod. um in die Nato aufgenommen zu werden.

Eine täglich wiederholte Forderung des Herrn Selenskij ist eine Flugverbotszone über die Ukraine zu errichten. Er weiß, was er da fordert – aber die Gefahr eines atomaren Kriegs scheint ihn wenig zu beeindrucken. Schließlich geht es um den Beitritt der Ukraine in die Nato Die Ukraine verfügt, wie die SZ berichtet, über 200 000 aktive Soldaten und über 250 000 Reservisten. Die SZ berichtet weiter, dass einige Tausend seit Beginn dieses Krieges in die Ukraine eingereist sind. Woher kommen sie? Sind sie eingereist, um Berlin zu verteidigen?

Was ist das Ziel unserer Waffenlieferungen, die den Krieg verlängern und unzählige Menschenleben kosten, und die Leichenberg von russischen und ukrainischen Soldaten vergrößern? Was ist das Ziel immer neuer und schärferer Sanktionen, die Herr Selenskij fordert? Sollen sie Rußland in die Knie zwingen? Da will ich unseren Bundespräsidenten zitieren, der als unser Außenminister 2014 sagte: „Es ist nicht das Ziel unserer Sanktionen, Rußland ökonomisch niederzuringen, das wäre brandgefährlich. Ein destabilisiertes, gar kollabierendes Rußland ist für sich selbst und andere die viel größere Gefahr.“ Das ist auch nach dieser Zeitenwende wahr, in der es immer schwerer wird Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. – Diethard Klante

 

Wenn die gestellte Frage „Und wie weiter?“ auch als grundsätzliche Aufforderung dazu, was wir aus der entstandenen Situation lernen können, gemeint ist, dann möchte ich exemplarisch zwei Punkte dazu nennen. Erstens sollten wir niemandem unkritisch trauen, der uns eine heile Welt nach selbst bestätigendem Muster schmackhaft machen will – weder im ideologischen, religiösen, wirtschaftlichen oder ethnischen Sinn. Und zweitens kann dieser Krieg neben anderen Krisen und globalen Herausforderungen auch Anlass dazu sein, unseren Planeten Erde nicht ungehemmt und nur auf eigene Befindlichkeiten bedacht mit weiterer Überbevölkerung zu überziehen. Auch hier gilt es, auf jeweilige regionale Lagen bezogen das richtige Maß zu finden. – Christoph Müller-Luckwald

 

Die Zeit läuft uns davon! Im Einklang mit den Nato-Partnern muß Putin ein Ultimatum gestellt wer-den! Die Ukraine ist für Europa geopolitisch und wirtschaftlich von ungeheurer Wichtigkeit! Ganz ab-gesehen davon, das Die Ukrainer auch friedliche und freundliche Europäer sind. Wenn wir warten bis die Ukraine fällt, werden wir in Westeuropa eine dunkle Zeit der ständigen Bedrohung durch den Kriegsverbrecher Putin erleben ! Wir werden sehr schnell mit weitere Kriegsverbrechen Putins kon-frontiert werden. Punkt 1) Punkt 2) Punkt 3) Punkt 4) Putin ist nicht an einem Dialog interessiert ! Er will die Ukraine! Alle Verhandlungsversprechen sind taktisch um Zeit zu gewinnen seine Angriffe bes-ser vorzubereiten.

Wir müssen Putin sofort den Geldhahn zudrehen! Aus zweifachem Grund: Die wirt-schaftlichen Möglichkeiten Putins einschränken! Aber auch, um nicht als Janusköpfe in die Geschichte einzugehen! Ich würde mich für mein Land schämen müssen! Die Nato muß Putin ein Ultimatum stel-len: Abzug aller Truppen von Ukrainischem Boden innerhalb von zwölf Stunden. Den Luftraum über der Ukraine sofort schützen! Der Luftraum ist Hoheitsgebiet der Ukraine ! Wenn die Ukraine befreun-dete Länder um Hilfe bittet, diesen Luftraum zu schützen, ist das absolut gerechtfertigt. Putin hat nichts in dem Luftraum über der Ukraine verloren!

bei allem Verständnis für die Zusammenhänge der wirtschaftlichen Verflechtungen mit Russland und den Sachzwängen, die daraus entstanden sind, habe ich, als Staatsbürger der Bundesrepublik, kein Verständnis dafür, daß wir im vereinten, reichen West-europa bei der Vernichtung eines Landes zuschauen,was von einem Kriegsverbrechers Namens Putin zerstört wird ! Putin bedroht die westliche Welt unverhohlen mit seinen Atomraketen ! ! ! In Wahr-heit hat Putin Angst vor der Nato ! Deshalb droht er ! Er hat mit seiner Propoganda erreicht, das wir in der Stockstarre der Angst seinem Vernichtungskrieg tatenlos zu schauen. Wir versichern sehr beflis-sentlich, das wir keine Flugzeuge liefern und auch nicht den Luftraum schützen werden.

Wie weit denken den manche Politiker? Putin und seine Speichellecker, die auf ihren großen Geldsäcken sitzen, sind nicht an einem Atomkrieg interessiert ! Das sollte die westliche Welt endlich begreifen. Sie wollen ihren Reichtum geniessen und werden im Notfall ihren Putin sogar aus dem Verkehr ziehen. Aber darauf können wir nicht warten! Verkehr ziehen. Aber darauf können wir nicht warten! Putin ist nicht am Dialog interessiert!

Er will die Ukraine besetzen und alle Menschen vertreiben die sich nicht unterordnen wollen! Dann wird er russische Bevölkerung aus anderen Teilen Russlands in die Ukraine umsiedeln! Die Ukraine ist nicht nur das am weitesten entwickelte Land im Osten, sondern auch die Kornkammer! Putin wird weiterhin mit, als „Separatisten“ getarnten Soldaten, die anderen freien Länder überfallen. Putin ist für den Westen verbrannt. – Adelbert Vente

 

Es darf doch nicht wahr sein, dass wir in Europa uns mit A-Bomben aufrüsten. Für Diktatoren wie Putin wäre das doch nur eine Steilvorlage, dem Westen zuvor kommen zu müssen, nach dem Schema Ukraine. Das war hoffentlich nur eine Ueberlegung im Schockzustand. – Udo Quarz

 

Putin eifert Stalin nach. Wir alle sind in Gefahr. Putins kurze Rede am 18.03.2022 Der Diktator Putin bezieht sich in seiner Rede auf Stalin, nach seiner Sicht hat Stalin einen großen Fehler begannen in Bezug auf Hitler. Er glaubte, man könne Hitler mit Zugeständnissen beschwichtigen. Moskau, Russland. Am 23. Februar 2020 halten die Menschen Banner hoch mit dem Porträt des sowjetischen Staatschefs Josef Stalin während einer Kundgebung und eines Marsches im Zentrum Moskaus, der den 102. Jah-restag der Gründung der sowjetischen Roten Armee und der sowjetischen Marine markiert.

Das hat er auch vor dem Befehl zum Einmarsch getan. Er wird etwas Großes veranstalten. Aus diesem Grunde macht er Krieg. Unter Berücksichtigung dieser neuen Erkenntnis ist es Wahrscheinlich auch andere Staaten anzugreifen. Selensky hat recht, wenn er sagt: Die Ukraine ist stellvertretend, im Moment für Europa. Was ist zu tun. Warten ist falsch. Angreifen ist auch falsch. Da bleiben 2 andere Möglichkei-ten. Aber wie realisieren? – Helmut Krüger

 

Woche für Woche demonstrieren auf den Straßen weltweit tausende Menschen für den Frieden. Die Solidarität zu Flüchtenden aus der Ukraine ist sehr groß. Die Menschen verstehen einfach nicht, was Putin zu seiner Aggression treibt. Sie wollen nicht hinnehmen, dass für dumme Ideen sinnlos Menschen geopfert werden. Was ich bei der ganzen Sache vermisse, ist eine gemeinsame Aktion von wirklich prominenten Musikschaffenden. Denn ihre Musik geht um die Welt. Sie wird auch in Russland und der Ukraine gehört.

Und es gibt in Europa – auch in Deutschland – KünstlerInnen, die in beiden, Kriegführenden Ländern gleichermaßen bekannt sind und sehr verehrt werden. Mein Appell an diese KünstlerInnen lautet: Tut Euch zusammen, spielt ein Benefizkonzert in Warschau, in Berlin, in Prag oder in Budapest. Verurteilt den Angriffskrieg des alten, weißen Mannes im Kreml. Die Musik und die damit verbundene Botschaft werden Millionen Menschen hören, auch die Soldaten der Kriegsparteien. Vielleicht hat das Ganze keinen Erfolg. In meinen Augen wäre es jedoch fahrlässig, diese kleine Chance nicht zu nutzen. – Achim Bothmann

 

Bis hierher. Und wie weiter? Put-in Put-out: totbeten, öffentlich, sofort! – Dr. Hans-Joachim Schumann

 

Die Rede von Herrn Selenski vor dem Bundestag war ein Hilferuf. Hier ist mein Hilferuf an Sie: Sollten DIE ZEIT im Angesicht der Gräueltaten in der Ukraine nicht die Bevölkerung darauf vorbereiten, dass zur Abwehr der größten Gefahren die Menschen zu Verzichten bereit sein müssen. Schon sehr bald wird die Stimmung umkippen, wenn Millionen an Flüchtlingen kommen. Das höchste Ziel muss doch sein, diese Flüchtlingsströme überflüssig zu machen, alles zu tun, damit der Krieg beendet wird. Dafür darf es kein Tabu geben, auch kein Tabu für den Stopp der Rohstoffimporte, die einzigen Sanktionen, die Putin wirklich treffen können.

Und die Stopps müssen sofort erfolgen, um noch viel Schlimmeres zu verhindern. Wie können wir noch ruhig schlafen, wenn wir die Bilder aus der Ukraine sehen! Wa-rum wird nicht thematisiert, dass die ukrainischen Soldaten auch für Deutschland und die EU sterben! Und wir tun so, als ob wir weiterleben könnten wie bisher! Wirkliche Solidarität mit der Ukraine ist die Akzeptanz der schärfsten Sanktionen, und dazu müssen die Medien die Bevölkerung motivieren.

Die Politik versagt hier. Hier bräuchten wir auch einen Selenski! Ohne den Stopp der Rohstoffimporte wird es ein Krieg ohne Ende, der Putin zu weiteren Invasionen ermuntert. Ich fasse es nicht, dass un-sere Regierung angesichts dieses Elends und dieser Gefahren, auch für uns, nicht handeln will. Nach-stehend eine Kopie meiner Mail an verschiedene Abgeordnete:

Sehr geehrte …, die Rede des ukrai-nischen Präsidenten Wolodimir Selenski vor dem Bundestag war ein Hilferuf. Wie beschämend war doch die Reaktion des Parlaments auf diesen Hilferuf! Dem Präsidenten wurde weder eine Gelegen-heit zu einer anschließenden gemeinsamen Debatte gegeben noch wurden weitere Hilfen in Aussicht gestellt.

Die Haltung der Bundesrepublik muss ihm wie Hohn vorgekommen sein, war es unseren Par-lamentariern doch wichtiger, anschließend über die Impfpflicht zu debattieren als über seine Sorgen. Das ist eine würdelose Haltung einem Präsidenten gegenüber, der sein gemartertes Volk retten will und dringend weitere Unterstützung braucht. Hat das Parlament verinnerlicht, dass die Soldaten in der Ukraine nicht nur für die Freiheit ihres eigenen Landes kämpfen und sterben, sondern dieser Kampf auch ein Kampf für die Freiheit Deutschlands und der gesamten EU ist und die Ukraine jede nur mögliche Unterstützung zwingend erhalten muss?

Parlament und Regierung sind aber ganz offensicht-lich mehrheitlich der Ansicht, dass weitere Hilfen, die über die bisherigen hinausgehen, nicht erfor-derlich sind. Dabei sehen wir jeden Tag, dass diese Hilfen nicht ausreichen, wir sehen jeden Tag mit Fassungslosigkeit die Gräuel in der Ukraine, wir sehen jeden Tag die immer weiter fortschreitende schreckliche Zerstörung der Ukraine, wir sehen jeden Tag das unermessliche Leid der Menschen. Die-ser Krieg kann nicht mit Appellen beendet werden, wie ich sie immer wieder auch von Politikern höre. Dieser Krieg kann in meinen Augen nur beendet werden, wenn die Ukraine ausreichend Waffen erhält und die EU, die gesamte Welt und vor allem Deutschland endlich die härtest möglichen Sankti-onen verhängt, wie der ukrainische Präsident sie fordert.

Und das muss SOFORT passieren, bevor es zu den schlimmsten Folgen durch Unterlassung kommt. Von Herrn Selenski dringend erbetene Sanktio-nen, die sofort umgesetzt werden können: – Sämtliche Rohstoffimporte aus Russland müssen sofort gestoppt werden – die Welthäfen müssen für russische Schiffe geschlossen werden – Frachtunterneh-men müssen den Versand und Empfang von Waren und Russland und nach Russland einstellen – alle russischen Banken müssen aus dem Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden, ohne Ausnahmen wie bisher Folgen, die ich befürchte, wenn nicht sofortige schärfste Sanktionen verhängt werden:

– Putin kann mit den Geldern aus dem Verkauf von Rohstoffen seine Kriegsmaschinerie am Laufen hal-ten und die Ukraine in Schutt und Asche legen. – Putin erreicht sein Ziel, Deutschland und die EU durch nicht mehr zu bewältigende Flüchtlingsströme zu destabilisieren. – Mit jedem Tag, den dieser Krieg andauert, steigt der Hunger in der Welt. Es droht eine weltweite Hungerkatastrophe. – Sollte Putin diesen Krieg gewinnen, droht eine Ausweitung auf andere Staaten, es droht ein Weltkrieg. Wa-rum wird nie thematisiert, dass die Soldaten in der Ukraine nicht nur die Freiheit der Ukraine vertei-digen, sondern auch unsere Freiheit?

Können wir wirklich mit ruhigem Gewissen schlafen, wenn ukra-inische Soldaten auch für uns sterben, Deutschland aber zu große Bedenken hat, jede nur denkbare Hilfe zu gewähren? Wären die Folgen eines Sieges von Putin nicht tausendmal schlimmer als die Fol-gen, die sich aus einem Stopp der Rohstoffimporte ergeben? Leider weiß ich nicht, wie Sie zur Ver-hängung schärfster Sanktionen stehen. Ich kann Sie nur inständig bitten und flehe Sie an: Bitte setzen Sie sich intensiv dafür ein, dass die Forderungen von Herrn Selenski umgesetzt werden, und bitte ver-lieren Sie keine Zeit. Vertrauen Sie uns Bürgern, dass wir auch zu Opfern bereit sind. – Elisabeth Buchholz

 

Putin und seine Handlanger – Kriegsverbrecher neuer Zeit – da ist die Heldin Marina Owsjannikowa, Mitarbeiterin des staatlichen Ersten Kanals Rußlands, hält während einer Lifesendung ein Protestschild für die Welt in die Kamera „Habt keine Angst“, da ist sie mit der Feststellung bzgl. Putin und sein Krieg gegen die Ukraine und spricht per Video vom „Brudermordkrieg“ (DIE ZEIT Nr. 12/22, S.45) – da sind dramatische Berichte von UkrainerInnen wegen ihrer Kriegserfahrungen (selbe Ausgabe S. 46 „Al-les stürzt in sich zusammen“) und die Lösung für „das“ russische Problem, nämlich die der „Palastrevo-lution“ (Putin schaltet alle aus), weil das schon immer russisch gewesen ist und die vergebene Hoff-nung, dass man „an das großartige Rußland der Zukunft“ (nach 1986) geglaubt hat …

Nun – „wir wissen es jetzt besser“: Putin und seine Gesinnungs-Gesellen wollen ihre „russischstämmigen Gebiete“ und die Ukraine als „urstämmiges russisches Gebiet“ einkassieren, koste es , was es wolle – an Toten , an Verletzten, an Zerstörungen … Dabei hätte er in Anlehnung ans Moderne Rußland zu einem wirklich prosperierenden Staat entwickeln können mit Wohlstand für alle, bei dem Reichtum an Rohstoffen, die Rußland hat. Da fällt mir immer wieder ein Wort meines alten bekannten Agrarberaterkollegen aus Sachsen-Anhalt ein (übrigens ein „Anhänger“ stalinscher Prägung), der sich immer wieder wunder-te, „warum es Rußland resp. die alte Sowjetunion es nicht geschafft habe, eben ein wohlsituiertes Land zu werden?“

Nun denn – sie wissen schon: Das „System“ hat dies verhindert und das betonierte Denken (wie beim Zar, wie bei Lehnin und vor allem Stalin und deren Nachfolger), Macht um jeden Preis, wobei die Gesellschaft und Menschenleben im Allgemeinen völlig egal ist. Bester Beweis für „Die Macht um jeden Preis“ dafür ist eben der Putinsche Feldzug gegen die Ukraine, das „Nach-vorn-werfen“ seiner anscheinend desolaten Armee, egal wieviel Tote ! „Der tiefe Schock des Westens“ (selbe Ausgabe, S.47) ist einerseits real, andererseits hat es „seine“ Wirkung“:

Wer nicht wehrfähig ist, wird zermalmt. Das hat sich keiner vorstellen können, selbst nicht der „Putin-Freund“ Schröder … !? Nun Putins Einsatz von Hyperschallraketen, die versteckte Drohung mit Atomwaffen. Da gibt es nur eine Lösung: Optimale Ausrüstung der ukrainischen Armee und ansonsten „Den Ball möglichst flach halten“. Die umfangreichen Sanktionen werden Rußland – schade um die Menschen dort- das Genick brechen; über die „Zeit Putins hinaus“. Kein Handel mehr mit Rußland, auch mit Energie werden sie nicht mehr punkten können. Zukunft: Offen ! – Rainer Rehfeldt

 

Es sollte etwas passieren… Selensky ist zwei Jahre im Amt, vielleicht auch drei Jahre. Wladimir Putin ist über zwanzig Jahre im Amt, als Präsident der russischen Föderation. Ein Nachfolger von Boris Jelzin, der wiederum Michail Gorbatschow folgte. Nur war da noch der versuchte Augustputsch 1991 in Moskau gewesen. Man nahm dabei Michail Gorbatschow fest, mithilfe von Boris Jelzin wurde der Augustputsch 1991 zurückgeschlagen, dafür wurde Boris Jelzin als Präsident gewählt. Nachfolger wur-de Wladimir Putin 1999, – damit ist Putin seit über zwanzig Jahren im Amt als Präsident. Wolodimir Selensky ist dagegen demokratisch gewählt worden, vor drei Jahren, 2019…

Es ist noch keine einzige Amtszeit von Selensky, vielleicht ein paar Wortwechsel untereinander vor dem 24. Februar 2022, aber eine tatsächliche erste Amtszeit war für Wolodimir Selensky als Präsident der Ukraine nicht mög-lich. Nun ist auch noch ein Kräfte Verhältniss, das geographisch schon einmal schief ist. Aber auch politisch ist es eine Schieflage, wenn ein international erfahrener Präsident, wie Wladimir Putin (seit 1999 ), gegen einen neu gewählten Präsidenten der Ukraine – wie Wolodimir Selensky – vorgeht.

Das kann nicht imponieren, Erfahrung auszuspielen, mit all den Amtszeiten gegen einen unerfahrenen Präsidenten. Das ist eine Schieflage, eine offensichtliche Schieflage, Zwanzig Jahre Berufserfahrung gegen einen Anfänger im politischen Betrieb. Wladimir Putin will und lässt sich auch tatsächlich dafür feiern.. gegen einen unerfahrenen Präsidenten, national, womöglich auch international, dafür feiern zu lassen. Es gibt noch eine Flanke in der Nato, die bisher ruhig ist, aber aktiviert werden könnte. Das Baltikum würde vorrücken auf russisches Gebiet. Das wäre der Start für die Nato. Damit hätte die Uk-raine eine Entlastung, einen Entsatz… mit dem Baltikum, – Start der Nato. – Stefan Vollmershausen

 

Gerade Russland und die Ukraine mussten die Barbarei eines Krieges, der von Deutschland ausging, erdulden, mit seiner Brutalität, Rücksichtslosigkeit und Menschenverachtung. Die Ausbrüche von Gewalt fanden ihre Fortsetzung: Auch meine Familie blieb nicht verschont. Sie verlor ihre Existenzgrundlagen. Meine Mutter wurde von russischen Soldaten unter der Androhung vergewaltigt, mich zu erschießen. Sie hat diese Erniedrigung nicht verkraftet und starb psychisch und physisch gebrochen Monate später.

Empfinde ich dadurch Hass auf das russische Volk? Nein, geblieben ist eine große Traurigkeit über das Geschehen, das in der Entmenschlichung und dem Zerstörungswahnsinn eines Krieges liegen. Die Täter sind tot. Ein für uns verborgenes Weltenethos hat sich ihrer angenommen. Als ich vor etwa 50 Jahren Russland bereiste, erwartete ich Vorhaltungen und Vorurteile, wie ich sie noch im westlichen Ausland vorfand. Keine Spur davon, ich wurde stets unvoreingenommen behandelt als Teil einer Generation, die nach dem Erlebten ein für alle Mal die Geisel des Krieges verbannen wollte und sich als Teil des so schicksalhaft verzweigten Europas verstand. Bis heute sind bei vielen Gelegenheiten des Zusammentreffens Offenheit und der Wunsch nach einer gemeinsamen friedvollen Zukunft erhalten geblieben.

Nun ist er wieder Realität, der Albtraum aus meiner frühesten Kindheit: Gewalt, sinnloses Töten. Die Ströme von Blut und Tränen durchbrechen erneut die Dämme von Menschenwürde und Nächstenliebe. Wieder sind es lebendige Wesen, Kinder, Frauen, Mütter, Väter, die geschunden erniedrigt, gemordet werden. Soldaten aus Russland, die töten müssen und getötet werden, Soldaten der Ukraine, weil sie einem Freiheitsideal folgen, verzweifelte Menschen auf der Flucht vor einem bösartigen Ritual, einem Zerstörungsorkan, der die Lebensgrundlagen einer ganzen Nation vernichtet.

Warum? Warum? Warum? Ein nicht beherrschbarer Hass und die Wut eines Einzelnen aus Erlebtem, Macht-, Besitz- und Herrschaftsansprüche einer ihn umgebenden Hydra, ein Narzissmus, der Geschichte beeinflussen will, ein Nationalismusideal vergangener Jahrhunderte, eine gottanmaßende Erhöhung von Verantwortungslosigkeit und Missachtung der Würde des Menschen? Eine Genugtuung, die niemals Rechtfertigung sein kann für millionenfaches Leid eines Volkes und eines Ausbreitens über die ganze Welt. Diesen Niedergang haben Russland und sein sich gleichfalls nach Glück und Frieden sehnendes Volk nicht verdient.

Mein Appell an die Kriegführenden, die Menschen in unserem Land und auf der ganzen Welt: Setzen sie nicht auf das, was uns trennt, sondern auf das, was uns vereint, hören sie damit auf, Menschenleben auszulöschen, zu berauben und ihre Besitztümer zu zerstören, immer grauenvollere Tötungsinstrumente zu entwickeln, Hass und Zwietracht zu säen. Bekämpfen wir Hunger und Armut überall, jeder Mensch sollte dem anderen helfen, jeder soll sein kleines Glück finden, lasst uns das Leben leben in Würde und Toleranz. Die Getöteten in der Ukraine und in allen Kriegen sollen nicht umsonst gestorben sein, lasst uns als Nachgeborene diejenigen sein, die deren vergebliche Hoffnungen auf Frieden und Glück erfüllen werden.

Wir können aber auch den Weg des Ausrottens, des Zerstörens gehen. In Tausenden von Jahren wird unser Planet neue Lebewesen hervorbringen, welche die Erde als wunderbares Geschenk des Seins begreifen und ehren. Das Band unerschöpflicher Kraft aus Nächstenliebe, Menschlichkeit und Brüderlichkeit soll alle Menschen umschließen und unsere Lebensgrundlagen erhalten. Wir haben nur unser Leben und diese Erde. – Eduard J. Freudl

 

Fünfzehn mögliche bis unmögliche Fragen: 1. Welchen Preis ist Selenskyj (die Ukraine?) bereit zu zahlen für die Fortsetzung des Kriegs mit europäischer und amerikanischer Militärhilfe? 4. Ist die Iden-tität eines Volkes abhängig von den äußeren Machtverhältnissen? Würde Kapitulation bzw. „Einlen-ken“ die Würde und Identität der Ukraine löschen? 2. Wäre der Krieg morgen vorbei, wenn die Uk-raine kapituliert bzw. in Verhandlungen den Forderungen Putins nachgibt? 4. Welche konkreten Fol-gewirkungen hätte dieses Einlenken für die Geflüchteten, für die ukrainischen Städte, für Europa? Für den Westen? Für Putin?

5. Wie weit ist das Lebensopfer des einzelnen Bürgers gerechtfertigt für die Verteidigung seines Landes? Wie weit ist es gerechtfertigt, es zu verlangen? 6. Hat die Nation al-lemal Vorrang vor dem Bürger? Oder ist der Bürger gar identisch mit der Nation? 7. Können Sätze der Bergpredigt und der damit gegebene Paradigmenwechsel ernsthaft in Erwägung gezogen werden für Völker, die sich im Krieg befinden? „Leistet dem Bösen keinen Widerstand..Wenn einer von dir den Mantel will, gib ihm auch das Hemd..“ 8. Kann ein Land, ein Volk seine Identität und Würde be-wahren oder gar neu gewinnen, wenn es auf gewalthafte Selbstbehauptung verzichtet ? Und in Spra-che der Macht als „Verlierer“ gilt?

9. Wären die bisherigen Opfer und Zerstörungen sinnlos, wenn sie im Sinn der Machtpolitik nichts genützt hätten? 10. Wäre es nicht vorrangig, den Bürgern und Men-schen ihr persönliches Leben zu sichern und ihre Städte, und zwar gleich unter welchen Politisch Umständen – oder kann man nur mit Würde leben in einem „freien“ Staat? 11. Wie viel Opfer und Zerstörung ist gerechtfertigt, um letzteres (vielleicht) zu bewahren ..? 12. Wie viel Opfer und Hilfe (bzw. welche Arte von Hilfe) ist gerechtfertigt zu erwarten von anderen Staaten für das Ziel, nicht Ver-lierer zu sein?

13. Sind die „Werte“ der Westlichen Welt: Demokratie und Politische Freiheit und Rechtsstaat auch Garanten und gar Quellen des Gut-seins der Bürger – oder doch nur Regelungen und Beschränkungen der egoistischen Natur ? 14. Ist es wahr, dass „die Russen“ christlich denken und so-gar fromm seien, wie man hört..? 15. Ist die Weltanschauung des „Liberalen Westens“ wirklich eine wesentlich andere als die autoritär geführter Staaten? Oder sind die zwei Blöcke nicht beide von ei-nem radikal materialistischen und machtpolitischen „neuen“ Heidentum beherrscht ? – Peter Mathei

 

Die Rote Linie – unsere concrete speech. Während Putins Barbarei in der Ukraine von Tag zu Tag eskaliert, sprechen wir im Westen unsere „konkrete Sprache“ und stellen dabei unaufhörlich unsere rote Linie in den Mittelpunkt bzw. an die Außengrenzen der NATO. Jenseits dieser hat Putin schon seit Beginn aller diplomatischen Bemühungen seinen absoluten Freibrief, ich würde aber doch gern etwas konkreter wissen, wie genau diese unsere rote Linie denn aussieht? Wo sie geografisch verläuft scheint klar, aber wie dick ist die Linie denn eigentlich? Ist sie ein dünner Trennstrich, verläuft sie auf eventuellen Niemandsgebieten mit einigen hundert Metern Breite oder ist sie gar als mehrere Kilometer breiter Streifen definiert?

Muss die Linie komplett überschritten werden, bis wir uns als -geeinter- Westen genötigt sehen, irgendwie (militärisch?) zu reagieren oder genügt das bloße Betreten der Linie? Und was, wenn irgendwas auf diese Linie vom Himmel herunterfällt?? Wie beurteilen unsere Landesverteidiger an unseren Grenzen wie z.B. im Osten Polens denn, ob ein Flugobjekt, das von einem Kriegsschiff im Schwarzen Meer Richtung Polen abgefeuert wird, wirklich ein paar Kilometer vor der Linie runterfällt? Fragt man da unter Militärs nach, wohin die Reise der Rakete gehen soll? Oder (ab) wann wäre denn ein Eingreifen zur Selbstverteidigung des Gebiets hinter der Linie „gerechtfertigt“?

Im allgmeinen ist concrete speech sicher ein guter Rat aus der Psychologie, aber ich glaube unseren konkreten Aussagen leider nur bei dem, was wir nicht tun! „Konkrete“ Sprache hat ihre Stärke, wenn durch sie das eigene Selbstbewußtsein ausgedrückt wird. Ich spüre in den zahllosen „konkreten“ Beteuerungen unserer westlichen verantwortlichen Politiker aber nur Hilflosigkeit gepaart mit lähmender Angst. Wünschen würde ich mir aber eine Sprache, die Probleme klar benennt, aber auch mögliche umgehende Lösungen – eine Sprache, die mit konstruktiven (aufbauenden) Aussagen Hoffnung macht und zu gemeinsamen Handeln aufruft.

Als einfacher ziviler Bürger kann ich weder militärische Strategien noch gesamtwirtschaftliche Szenarien objektiv beurteilen (und ich fürchte, niemand kann das), aber wenn wir schon nicht sofort auf ́s Ganze gehen können bzw. wollen (was z.B. beim Thema Energie-Embargo verständlich ist), warum bemühen wir uns dann nicht wenigstens, die Lösung in Teilschritten ab sofort anzugehen? Zur Frage russisches Gasembargo höre ich nur Ja oder Nein!?

Wir werden leider wohl noch einige Zeit russisches Gas brauchen, aber warum kappen wir nicht jetzt eine der drei vorhandenen Leitungen? Und zwar Nord Stream 1 – bevor Putin seinerseits eine Leitung kappt – und das wäre sicher nicht diese für ihn unkomplizierte Direktverbindung, sondern eine der problematischen Röhren durch die Ukraine oder durch Polen! Was ist eigentlich mit Öl und Kohle? Ein Verzicht darauf soll(te) doch relativ einfach möglich sein!? Laufen hier die Importe genauso wie vor Kriegsbeginn weiter? Hab ich da irgendwelche konkrete diesbezüglichen Aussagen verpasst??

Und zum Schluss noch mal zu den militärischen Handlungsoptionen. Werden wir weiterhin „ganz genau beobachten“ wie russische Marschflugkörper auf ihrem 2000 Kilometer langen Anflug aus dem Osten die polnische Grenze erreichen oder können wir es uns „erlauben“, wenigsten den westlichen Grenzbereich (Flucht- aber natürlich auch Nachschubzone) gegen die russischen Invasoren zu sichern, indem unsere Flugabwehr auch mal trainiert, derartige Raketen zu eliminieren (ein Nadelstich für Putin) und den Himmel wenigstens über dem westlichen Zipfel der Ukraine etwas sicherer zu machen?! – Robert Stein

 

Zum wiederholten Mal stelle ich fest, dass Sie neuerdings nur noch über den Krieg in der Ukraine berichten können und das über ALLE Rubriken. Das ist wirklich zu viel!! Ich habe kein Abo für die Kriegsberichterstattung bezahlt noch interessiert mich Ihre politisch einseitige Berichterstattung und dann immer das Gleiche! Es gibt noch andere Themen, das Leben geht weiter. Ich hoffe, die Redaktion findet wieder zu Inhalten zurück- sonst wüsste ich wirklich nicht, wozu ich das Abo weiter beziehen sollte. – Bianca Maier

 

Es ist immer wieder erstaunlich und unglaublich, wie Demagogen und Diktatoren ihre Macht- und Dominanzansprüche mit Geschichtsverfälischungen zu begründen versuchen. Putins Kriegserklärungen an die Ukraine z. B. beziehen sich u. a. auf den Machtbereich der „Kiewer Rus“, einem mittelalterlichen Großreich, das 988 vom Kiewer Fürsten Rus Wolodymyr als orthodox-slawischer Staaten- und Kirchenverbund gegründet wurde. Kiew und Nowgorod waren die politischen und religiösen Zentren des Reichs. Sowohl die Ukraine, als auch Russland berufen sich – natürlich mit unterschiedlichen Geschichts- und ideologischen Auslegungen – auf Rus.

2016 wurde im Zentrum Moskaus ein martialisches Denkmal von Wladimir den Großen errichtet, als Demonstration der historischen Zusammengehörigkeit der Russen und Ukrainer, wobei sich die Russen als „ältere Brüder“ gegenüber den „jüngeren ukrainischen Brüdern“ verstehen sollten. In der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine am 24. August 1991 allerdings wird auf die eigenständige „tausendjährige Staatlichkeit“ des Landes verwiesen. Putins Beweisführung für den kriegerischen Überfall in die Ukraine, die er als „Befreiungsaktion“ ausweist, bezieht sich ausdrücklich auf Wladimir als Begründer des russischen Staates.

Diese Geschichtsverfälschung ist so ungeheuerlich, hirnrissig und schizophren, als wenn z. B. heute Hasardeure, faschistische und nationalistische Ideologen Gebiets- und Machtansprüche aus der Geschichtsepoche des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“ (962 – 1806) stellen würden; absurd und verbrecherisch! Putin ist ein Kriegsverbrecher, der nach dem Völkerrecht beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag angeklagt werden soll! – Dr. Jos Schnurer

 

In den letzten achtzehn Jahren ist in Russland eine Trickfilmserie äußerst populär geworden, die sich den Abenteuern der sagenhaften „Drei Recken“ („Tri bogatyrja“) widmet und von bekannten sowjetisch-russischen Schauspielern vertont wird. In jedem Film beschützen drei kräftig gebaute Ritter ihr Vaterland, die mittelalterliche Kiewer Rus (Kievskaja Rus ́), gegen folkloristische wie ausländische Feinde. Die Filme geben, bei aller Unterhaltung, einen Einblick in die gegenwärtige russische Kultur und zeigen eine paradoxale, familiäre Haltung gegenüber der eigenen Regierung:

Der amtierende Kiewer Fürst (Knjaz ́ Kievskij) ist zwar ein feiger, hinterhältiger, gieriger Kerl, der seinen Untertanen immer wieder Probleme bereitet, wird aber selbstverständlich und zweifellos als das Oberhaupt des Staates akzeptiert. Die drei Recken, ihre Frauen und Freunde riskieren immer wieder ihr Leben, um den nutzlosen, aber irgendwie auch sympathischen Fürsten an der Macht zu halten, wie einen Verwandten, der trotz seiner Schwächen immer noch zur eigenen Familie gehört und besser als jeder fremde Kandidat von außerhalb ist.

Diese geduldige, fatalistische Einstellung gegenüber dem eigenen, wenn auch nicht unbedingt qualifiziertesten Herrscher gehört sicherlich zu den Gründen dafür, dass Vladimir Putin immer wieder als Präsident gewählt wurde und selbst der Krieg in der Ukraine auf keinen mehrheitlichen Protest stößt. Der Fürst ist mehr als ein pragmatisch eingesetztes Staatsoberhaupt, ihm gebührt Respekt, er muss es gut meinen, auch wenn er Fehler machen kann. Die Vorstellung, als auserwähltes Land einen eigenen, vom Westen unverstandenen Weg zu gehen, ist selbst an Animationsfilmen für Kinder abzulesen und hat wenig mit böswilliger Absicht oder propagandistischer Verblödung zu tun.

Ich habe mir mit meinem Sohn alle Trickfilme angeschaut, damit er weiter Russisch lernt, und wusste nicht recht, ob sie mir gefielen. Eine zentrale Bedeutung bei der „Spezialoperation“ in der Ukraine (das Wort „Krieg“ ist nun offiziell verboten) nimmt auch das Narrativ vom „Großen Vaterländischen Krieg“ ein (Velikaja Otečestvennaja Vojna), der nicht einfach den Zweiten Weltkrieg, sondern den sowjetisch-russischen Sieg über den Faschismus überhaupt impliziert.

Das Ende der Massenverbrechen des letzten Jahrhunderts ist laut der offiziellen und auch tatsächlich verbreiteten Auslegung ein Verdienst der russischen Armee. „Nazis“ sind ein gewaltiger Trigger, der wahrscheinlich bei jedem Russen Emotionen auslöst, der wenigstens oberflächlich die Lebensgeschichten seiner Groß- und Urgroßeltern kennt, während die Bedrohung eines jüdischen Präsidenten für die deutsche Seite per se faschistisch ist. Somit bekommt auch die rhetorische Gleichstellung von Hitler und Stalin je eine völlig andere Dimension. Meiner Großmutter, die als Kind die Blockade von Leningrad erlebte, hätte sie wahrscheinlich nicht gefallen.

Die Flut an Nachrichten, Berichten, Posts, Fotos, Videos, die uns tagtäglich erreicht, bewirkt zuweilen die Illusion, ausreichend informiert zu sein. Die Besonderheiten der „Anderen“ sind schnell mit der Einwirkung von Propaganda erklärt, die irrationale Kriegsführung zur Entscheidung eines einzelnen, durchgedrehten Psychopathen. Dabei sagen unsere Handlungen in erster Linie so viel über uns selbst, über unser Weltbild („Krieg in Europa“, in unserem Europa) und unsere Werte; Geflüchtete, die auf Spendenaufrufen, in Zeitungsartikeln als blauäugig, blond und vertraut dargestellt werden, lösen Solidaritätsbekundungen aus, die bei dunkelhäutigen, muslimischen Menschen etwas anders ausfällt.

Es ist wieder vom „russischen Bär“, von der KGB, von „den Russen“ mit imperialen Ansprüchen, vom „Diktator“ die Rede. Obwohl die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland abgeschafft ist und binäre Geschlechterrollen überholt zu sein scheinen, wird es plötzlich selbstverständlich, dass Männer, wie die besagten Helden, für ihre „Heimat“ kämpfen und nicht zusammen mit ihren Familien die Ukraine verlassen dürfen.

Dabei ist es offensichtlich, dass Friedensdemonstrationen in deutschen Großstädten und Flaggen in sozialen Medien nichts an dem realen Krieg ändern, zu groß ist die Distanz ‒ und selbst Twitter, Facebook, Instagram und Co. können für russische Nutzer bald nicht mehr zugänglich sein. „Ihr Europäer glaubt an ja alles“, schreibt mir eine Verwandte aus Sankt Petersburg, „an alle Fakes“, und zeitgleich erkundigt sich ein Münchner Literaturverein vor einer Lesung, „Gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass Du und oder X als Freunde Putins und seines Angriffskrieges gelten?“

In ihrem Buch („Ein Spiegel für mein Gegenüber“) beschreibt Nadire Yilmaz Biskin den anstrengenden Versuch, in zwei einander anfeindenden Kulturen gleichzeitig zu leben: „Ich bin die, die nicht von hier und nicht von dort ist. Ich spreize meine Beine zu einem Spagat zwischen zwei Stühlen und versuche, die Stühle auf diese Weise näher zu rücken, bis ich gerade auf ihnen stehen kann.“ Genau das spüre ich seit dem 24. Februar (der 23. Februar ist ironischerweise ein Feiertag zu Ehren des Mannes, des „Verteidigers des Vaterlandes“); die Stühle gleiten auseinander, und alle Bemühungen, Halt zu bewahren, scheinen in dem rasanten Austausch von Zuschreibungen umsonst zu sein. Ich schäme mich, für beide Seiten, werde abwechselnd wütend und traurig.

Um den Krieg zu beenden, ist ein Dialog notwendig, kein Weg führt daran vorbei, sich mit den Gründen und Motiven des „Fremden“ (J. Kristeva) auseinanderzusetzen. Wo verläuft die symbolische Grenze, die Europa vom Rest der Welt trennt? Was hat sich in den letzten Jahrzehnten in Russland getan, welche Bücher, Filme kennen wir (außer Tarkowskij)? Wie leben die Menschen, was ist ihnen wichtig? Die einzigen Experten in Deutschland sind zurzeit Kulturwissenschaftler, Slawisten, Schriftsteller, die sich mit der Sprache, Geschichte, Mentalität auskennen, Nachrichten übersetzen, unheimliche Besonderheiten des jeweils „Anderen“ erklären, in einem langsamen Prozess endlich zwischen den Welten vermitteln können. – Slata Roschal

 

Ukraine – Der Weckruf für den Westen und die Notwendigkeit eines sofortigen Importstopps für russische Energie. Beim Importstopp für russische Energie scheiden sich die Geister. Die Mehrheit der Deutschen sieht in der derzeitigen Situation eine moralische Pflicht zum Importstopp. Die Bundesregierung und viele Unternehmen glauben, dass Deutschland zu abhängig ist und ein Embargo auf Dauer nicht durchhalten würde. Einige Experten-Studien sehen das anders und diesen schließe ich mich an. Laut BDEW lassen sich 50% des von Deutschland importierten russischen Erdgases kurzfristig durch Einsparung und den Wechsel auf andere Energieträger ersetzen.

Die zweite Hälfte müsste durch Bezug aus anderen Quellen ersetzt werden. Dabei ist zu bedenken, dass die Abhängigkeit der EU von russischem Erdgas wesentlich geringer ist. Wenn die EU-Mitglieder gemeinsam handeln, ist ein kurzfristiger Importstopp für russisches Erdgas möglich. Leider haben viele Entscheider in Politik und Wirtschaft noch nicht begriffen, dass es ums Ganze geht. Es wird hier versucht zu begründen, warum es zu einem möglichst sofortigen Importstopp keine Alternative gibt, wenn die westliche Weltordnung nicht aufgegeben werden soll.

Russland, und das ist zurzeit #Putin, setzt sich gerade in übelster Weise über das Völkerrecht und die Menschenrechte hinweg, die die Grundlage der UN sind und in der Charta der UN 1945 beschlossen wurden, auch von Russland. Nicht nur das: Putin missbraucht sogar mit seinem Vetorecht den UN-Sicherheitsrat, um seine menschenverachtenden Aktivitäten der Verurteilung durch die Weltgemeinschaft zu entziehen.

China, ebenso Veto-Macht im Sicherheitsrat und Gründungsmitglied der UN, tut so, als sei nichts geschehen und beschwört seine „einzigartige strategische Partnerschaft“ mit Russland. Die überwältigende Mehrheit der UN-Mitglieder ver-urteilen dagegen den Krieg in der Ukraine, was Russland und China jedoch nicht beeindruckt, da sie ihre Interessen im Sicherheitsrat ohne Rechtfertigung vertreten können.

Der Westen reagiert empört und verhängt nach einer Phase der Schockstarre Wirtschaftssank-tionen gegen Putin und Russland. Diese sind hart und führen zu einer Wirtschafts- und Finanz-krise in Russland. Der russische Aktienmarkt bricht ein, der Rubel verliert dramatisch an Wert gegenüber dem Dollar, russische Staatsanleihen erreichen Ramsch-Niveau und viele Prestige-Unternehmen stellen ihr Russland-Geschäft ein. Aber reicht das?

Putin und Xi Jinping wollen erklärtermaßen die Weltordnung verändern. Jeder von ihnen hat seine eigenen Gründe. Putin lebt in einer nationalistischen Gedankenwelt, die Russland einen Anspruch auf ein groß russisches Reich zuspricht, wie es zur Zeit der Zaren existierte. Es ist be-kannt, dass Putin, der früher gerne klassische Weltliteratur las, inzwischen nur noch nationalis-tische Autoren wie Eltchaninof oder Iwan Iljin liest, die den „dekadenten Westen“ als Bedro-hung und Angriffsziel betrachten. Putins Großrussland schließt insbesondere Weißrussland und die Ukraine ein und darüber hinaus weitere osteuropäische Gebiete. Putin lebt in dem Wahn, dieses Zarenreich wieder erstehen zu lassen, koste es was es wolle.

Er tut so als hätte es die letzten hundert Jahre nicht gegeben und agiert als Imperialist. Das Sterben tausender Men-schen schreckt ihn nicht ab, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind Mittel zum geheiligten Zweck. Putin bricht Völkerrechtsverträge und setzt schlaue Lügen als taktisches Element im Kampf mit dem verhassten und verachteten Westen ein. Nur ein kleines Beispiel: Die Ukraine gab ihre Nuklearwaffen im Rahmen des Budapester Memorandums von 1994 an Russland ab, gegen die Zusicherung, die Souveränität und die Grenzen der Ukraine zu achten. Jetzt droht Putin dem Westen mit dem unmittelbaren Einsatz Nuklearwaffen, sollten westliche Aktivitäten ihm in der Ukraine in die Quere kommen.

China ist ebenfalls auf Expansionskurs. China ist von der Überlegenheit seiner Staatsform über-zeugt und glaubt vor allem, nur mit diesem System die Kontrolle über das Land und seine Volksgruppen behalten zu können. Durch die chinesische Art von Entwicklungshilfe bringt China mehr und mehr Länder in Afrika, Asien bis hin nach Europa unter seinen Einfluss oder sogar in seine Abhängigkeit. Das Paradebeispiel hierfür ist das Projekt „Neue Seidenstraße“. Auch China hält sich nicht an Völkerrechtsverträge, wie das Beispiel Hongkong zeigt.

Auch China gibt nichts auf Völkerrecht und Menschenrechte, wenn diese seiner Expansion oder dem Schutz des Sys-tems im Wege stehen. 1959 hat China Tibet in menschenverachtender Weise unterjocht. Heute wird China von vielen Seiten, z. B. vom französischen Parlament ein Völkermord an den Uiguren vorgeworfen. Und China liebäugelt gerade offen mit einem Angriff auf Taiwan, das für Xi eine ähnliche Bedeutung hat wie die Ukraine für Putin.

Der Westen sieht sich also zwei Systemen gegenüber, die keinerlei Skrupel beim Einsatz von Erpressung, Krieg, Mord sowie Völkermord haben, um ihre globale Expansion zu ermöglichen. Warum lässt der Westen das zu, welche Narrative halten uns davon ab, dieser Expansion und diesem Rückschritt nach unseren Wertmaßstäben keine unüberwindbaren Hindernisse entge-genzusetzen?

1. Europa und insbesondere Deutschland haben lange daran geglaubt, dass die demokrati-sche Entwicklung Europas und die Integration der Europäischen Staaten in der EU eine Friedensgarantie darstellen. Dies ist richtig, sofern es um demokratische Staaten geht. Solange Menschen frei entscheiden können, werden sie nie für Krieg eintreten. Ein pazi-fistisches Weltbild ist in demokratischen Strukturen folgerichtig. Wir haben aber über-sehen, dass diese Logik für Autokratien und Diktaturen nicht gilt. Das nötige Umdenken ist nicht einfach und erfolgt nicht über Nacht. Auch jetzt versuchen viele verantwortliche Politiker, Regierungsmitglieder und Berater dem Problem mit den hergebrachten Me-thoden Herr zu werden, wie Gesprächen, Garantien, Kompromissen, Verträgen. Und je-des Mal ist man wieder enttäuscht.

2. Die USA haben ihre Rolle als Weltpolizist aufgeben müssen. Zuviel ist schief gegangen, um nur Irak oder Afghanistan zu nennen. Auch hier wurde Völkerrecht gebrochen und es wurden Menschenrechtsverletzungen begangen. Die strategischen Ziele wurden meis-tens nicht erreicht. Zudem haben die USA selbst gerade ein veritables Demokratieprob-lem und autokratische Tendenzen haben vehemente Unterstützung in der amerikani-schen Bevölkerung.

3. Wichtige europäische Länder, zum Beispiel auch Deutschland, leben in vergleichswei-sem Wohlstand. Der Erhalt dieses Zustands und das zugrunde liegende Wohlergehen der Wirtschaft haben verständlicherweise einen hohen Stellenwert in der Öffentlichkeit und bestimmen deshalb maßgeblich das Handeln der Regierungen. Die Bereitschaft, Verantwortung für ideelle Ziele zu übernehmen, die schlimmstenfalls massive Wohl-standseinbußen nach sich ziehen könnten, ist in der EU nicht automatisch vorhanden, auch weil das mehr als 75 Jahre lang nicht notwendig erschien. Es war ein zähes Ringen um die Ukraine Sanktionen und die Bundesregierung musste teilweise zum Jagen getra-gen werden.

Wenn es richtig ist, dass die westlichen Demokratien die Charta der Vereinten Nationen als nicht verhandelbare Grundlage der Weltordnung betrachten und Völkermord sowie Menschen-rechtsverletzungen überall auf der Welt bekämpfen wollen, dann muss der Westen trotz obiger Handicaps den Angriffskrieg auf die Ukraine als Weckruf sehen und sich Russland und China kompromisslos entgegenstellen. Es wurden, das muss man im Nachhinein leider feststellen, bereits zu viele falsche Kompromisse gemacht. Zum Beispiel hat Putin die Nichtaufnahme der Ukraine in die Nato als Einladung zum Einmarsch verstanden, während die verantwortlichen europäischen Regierungen, in vorderster Front die deutsche Bundesregierung, glaubten, Putin auf diese Weise besänftigen zu können.

Der Westen ist unter bestimmten Voraussetzungen in der Lage, Russland und China Einhalt zu gebieten. Die USA sind zusammen mit Europa China und Russland immer noch wirtschaftlich und militärisch überlegen. Und die westlichen Demokratien haben die attraktivere Staatsform. Aber es funktioniert nur dann, wenn unser Wertesystem Vorrang vor wirtschaftlichen Interes-sen bekommt. Das war bisher nicht der Fall. Die Strategien Wandel durch Annäherung und De-mokratisierung durch Globalisierung der Wirtschaft sind, das muss man leider feststellen, komplett gescheitert. Will der Westen seinem Führungsanspruch in der Welt gerecht werden, brauchen wir die Resilienz, Rezessionen und Wohlstandseinbußen auszuhalten, die die Folge von Wirtschaftskriegen sein können.

Die derzeitige deutsche Regierung hat Angst vor dem Wahlvolk, wenn der Energienachschub zeitweise stockt, Teile der Wirtschaft Einbußen erleiden und die Heizungen im Winter mal reduziert werden müssen. Wenn die Prioritäten weiter so gesetzt werden, dann können wir den autokratischen Systemen nicht Paroli bieten und es be-steht die Gefahr, dass wir auch das verlieren, was uns so wichtig ist, nämlich Wohlstand und Freiheit. Natürlich entscheiden am Ende die Menschen und Staatsbürger. Aber hier ist politi-sche Führung gefragt, nicht ängstliches Handeln nach Meinungsumfragen.

Was ist also jetzt konkret zu tun? Die Energieimporte aus Russland müssen möglichst umge-hend gestoppt werden, da die Einnahmen daraus das Töten in der Ukraine finanzieren. Energie wird dann noch teurer und muss vielleicht zeitweise rationiert werden. Dabei sollten Industrie, Gewerbe und Haushalte in sinnvoller Weise berücksichtigt werden. Derzeit haben Privathaus-halte Vorrang. Den Unternehmen, deren Geschäftsmodell zum großen Teil auf dem Import von russischem Erdgas aufbaut, sollte bei der Transformation auf andere Energiequellen geholfen werden, denn sie haben die Expertise und die Mitarbeiter, die für diesen Part der Energiewende gebraucht werden. Der Einfuhrstopp russischer Energie ist nur ein Beispiel, von der ganzen Liste notwendiger wirtschaftlichen Grausamkeiten, aber die am nächsten liegende. Die gesamte Weltwirtschaft erfordert eine Neuordnung.

Ein Problem wird sein, dass die Sanktionen auf unserer Seite diejenigen am stärksten treffen, die wenig Mittel zur Verfügung haben. Das muss selbstverständlich abgemildert werden, was aber möglich erscheint. Die Kosten eines Vorrangs zentraler westlicher Werte gegenüber reinen Wirtschaftsinteressen, könnten zum Beispiel durch eine spezielle Steuer finanziert werden, die in Abhängigkeit der Belastbarkeit der Bürger erhoben würde.

Ein Argument gegen harte Sanktionen ist auch immer, dass die russischen Menschen die Leid-tragenden seien. Und dass dies dazu führen würde, dass sich das russische Volk hinter Putin versammeln würde. Das ist eine These, die nicht bewiesen ist. Derzeit kann Putin die russische Opposition nur mittels totalitärer Methoden und Repressalien stillhalten. Auch im Iran, der mit vergleichbaren Sanktionen belegt ist, steht die Mehrheit nicht mehr hinter der religiösen Füh-rung des Landes.

Der Westen muss sich im Wettstreit um die Weltordnung in einem neuen Format organisieren und eine stringente Strategie entwickeln. Die Performance des UN-Sicherheitsrates ist ungenü-gend. Trotzdem muss man ihn vielleicht nicht boykottieren, denn man redet ja dort wenigstens miteinander. Im Sicherheitsrat werden zwar dreiste Lügen verbreitet und die Vielzahl von Ge-sprächen mit Putin haben rein gar nichts bewirkt. Trotzdem kann der Westen in diesen Gesprä-chen zumindest seine Strategien erläutern. Allerdings müssen diese Strategien dann klar defi-niert und wirksam sein sowie konsistent vorgetragen und umgesetzt werden.

Die westlichen Demokratien können aufgrund ihrer Werte und ihrer wirtschaftlichen Potenz Autokraten das Fürchten lehren. Es darf nicht sein, dass uns am Ende ein warmes Wohnzimmer wichtiger war als ein Ende des Sterbens in der Ukraine. Die Ukraine ist ein Wendepunkt, an dem sich das Schicksal der Weltgemeinschaft entscheiden kann. Hier zeigt sich, ob der Westen wirklich so verweichlicht ist, wie Putin und Xi glauben.

Wenn wir eine bessere Welt wollen, müssen wir diesen Kampf annehmen. Sonst sind alle Er-rungenschaften im Völkerrecht und bei den Menschenrechten verloren. Hier sollte Deutschland seiner historischen Verantwortung gerecht werden. Wenn der Westen jetzt gemeinsam erfolg-reich agiert, dann kann das vielleicht sogar dazu beitragen, dass die demokratischen Kräfte in den USA gestärkt werden und die Gefahr einer Wiederwahl Trumps gemindert wird. – Dr.-Ing. Friedrich Curtius

 

Our own Western failure to grasp the Russian history, culture, traditions, Orthodox Church has contributed significantly to the current state of affairs. The Western industrial-financial complexes leveraged post-1989 in order to generate astronomical profits in tandem with Russian state corruption and so-called oligarchs. Astutely, Russia constructed a dynamics which meant Western (German) dependeny upon gas/oil. Hence, we now contribute financially to the Russian war in Ucraine. Our own capitalism beguiled us into oblivion, misjudgement and gullibility. Russia now controls Germany,s energy supply, the revenues which finance the war in Ucraine.

The only path forward is for the West (read the US) to resume talks with the Kremlin – Dr Henry Kissinger,s legacy includes substantial learnings on how to negotiate with a (paper) tiger. Instead of defence efforts to ,rescue; Ucraine (a 24 year old country who scarcely knows how to run a democracy), the West (US) must tell Ucraine irrevocably to retract on NATO membership incl realising its own past history – with Ucraine,s hands tied behind its backs, the latter explained by objective historical reasons– analogous to Finland, and indirectly Sweden and Austria (as stated by Dr Kissinger in his 2014 Washington Post review).

The West is compelled to operate with an immature Ucrainian leadershop towards this goal, rather than fall into verbal dogmas or direct military involvement. Having said this, the US must send over half a million GI,s to safeguard our European Western Christian civilization against all of its adversaries. – Lars Jönsson

 

Tempelritter Waldimir Putin. Der soldatische Mann ist durch verschiedene Purgatorien gegangen: Dresden (KGB-Mann) 1989, Leningrad/Petersburg 1991 (Stadtverwaltung), Auflösung der Sowjetunion unter Jelzin, 1. Teschetschnienkrieg, (der für die russischen Truppen verloren geht), 2. Tschetschenienkrieg (Grosny wird dem Erdboden gleichgemacht und ein Bandenführer aus der Familie Kadyrow übernehmen die Führung), Krieg in Georgien, Maidan-Bewegung 2014, Wahlen in Weißrussland 2019. Er ist nicht verrückt, psychisch krank, er schafft sich in der Position der absoluten Staatsmacht sein eigenes reales Weltordnungssystem.

In Gewalt geboren und wiederum durch Gewalt erschafft er sich als „soldatischer Mann“ (Theweleit). Ganz der Soldat marschiert Putin auf scheinbar endlosen roten Teppichen auf endlosen Fluren: beständig, sicheren Schrittes mit leicht verdrehten Händen und leicht pendelnden Armen, die den militärischen Schritt erkennen lassen, marschiert er im Kreml, inszeniert sich für die Völker der Welt. Er benötigt seine Weltordnung für den inneren körperlichen Spannungsausgleich. Gelingende Gewaltakte sind integraler Bestandteil seines Lebens. Damit tritt er in die Fußstapfen von sogenannten Individualterroristen wie Breivik u.a..

Er lügt auch nicht im Impetus eines Bewusstseins von etwas Falschem, sondern seine „Lügen“ sind real im Status einer unumstößlichen Wahrheit. Das gehört zur Schaffung einer eigenen männlichen Realität die den Terror mit einbezieht. Nicht die NATO ist sein Feind, sondern die liberalen Demokratien! Die Pandemie hat ihn in Panik versetzt, er hatte sich durch ein ausgeklügeltes Schleusensystem mit sehr hermetischen Personenkontaken monatelang in Quarantäne versetzt. Der überlange Tisch an dem er seine Gäste empfängt zeugt von der Angst vor dem möglichen Virenangriff.

Nach den historischen Erfahrungen mit Terroristen endet das durch den individuellen bis kollektiven Suizid des Täters oder der Tätergruppe (NS), durch ein erfolgreiches Attentat (Stauffenberg–Lösung), durch den natürlichen Tod (Stalin) oder durch eine Revolution der Eliten oder des Volkes (DDR/Maidan). – Peter Held

 

Das ist es, was Atomwaffen anrichten. Egal, ob sie eingesetzt werden, oder nicht, bedrohen sie alles Menschliche. Sie verändern die Bedeutung des Lebens an sich. Warum tolerieren wir Atomwaffen? Warum tolerieren wir Männer, die Atomwaffen einsetzen, um die gesamte menschliche Rasse zu erpressen. Arundhati Roy. Es ist in unserem Zeitalter nicht die Aufgabe der Rechtswissenschaft und der politischen Wissenschaft,den Mächtigen nach dem Mund zu reden und ihre Handlungen zu rechtfertigen. Ganz im Gegenteil.

Die Macht hat ohnehin die Macht zu tun, was sie wünscht. Die schwierige Aufgabe liegt vielmehr darin,die Macht zu be-grenzen und an die Grundsätze des Rechts und der Humanität zu binden. Wolfgang Neskovic. Abschreckung: Ich werde zeigen, dass das Konzept der (nuklearen) Abschreckung der NATO mas-siv gegen die westlichen Werte verstößt. Zu diesen westlichen Werten gehören z.B. –       das Prinzip der individuellen Schuld, welches Sippenhaft ablehnt –            der Respekt vor dem Kriegsrecht (Genfer Konvention) mit der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nicht Kombattanten Zunächst eine kurze Vorbemerkung:

Die atomaren Waffen haben seit Erfindung der Wasserstoffbomben so viel mit den über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombom-ben zu tun, wie eine große (konventionelle) Fliegerbombe im zweiten Weltkrieg mit der der auf Hiroshima abgeworfenen Atombombe. Die Hiroshima-Bombe hatte eine Sprengkraft von 12.500 t TNT, also etwa das 1.000 fache der Bombenlast eines 2.Weltkrieg Bombers. Die erste Wasserstoffbombe der USA, die Anfang der 50ger Jahre gezündet wurde, hatte eine Sprengkraft von mehr als 10.000.000 t TNT, also etwa das 1.000 fache der Hiroshima Bombe… Wasser-stoffbomben sind die Standardnuklearwaffen der Atommächte.

Wenn es angesichts der Zerstö-rungskraft einer Hiroshima-Bombe nicht gelingen kann, zwischen Kombattanten und Nicht-Kombattanten zu unterscheiden, ist dieses bei den um mehr als 3 Größenordnungen tödliche-ren Wasserstoffbomben unmöglich und per se ein schwerstes Kriegsverbrechen. Nun mag man einwenden, dass die NATO ja das Recht haben müsse, auf atomare Bedrohungen Dritter oder aber auf deutlich konventionell militärisch überlegene Mächte im Falle einer rechtmäßigen Verteidigung auf Massenvernichtungsmittel zurückgreifen zu dürfen. Dieses auf den ersten Blick einleuchtende Argument ist aber bei genauerem Hinsehen keines. Denn was genau soll der Einsatz von Atomwaffen bewirken? Größeres Unrecht verhindern?

Indem was passiert? Alle Menschen in dem angreifenden Land als todeswürdig einzuordnen, mit anderen Worten Sip-penhaft zu verhängen? Wie groß muss also das mit dem Einsatz von Atomwaffen zu verhindern-de Unglück sein? Hinzu kommt, dass der Einsatz von Wasserstoffbomben – was leider in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist – noch erheblich höhere Risiken für die Menschheit als Ganzes birgt. Berechnungen, die schon in den 1960ger Jahren im Auftrag des US Verteidi-gungsministeriums durchgeführt wurden zeigen, dass schon 30 bis 50 Wasserstoffbomben aus-reichen, um einen nuklearen Winter auszulösen.

Ein nuklearer Winter, der das Potenzial hat, die gesamte Menschheit zu vernichten. Aber selbst falls wenige überleben bedeutet dies milli-ardenfachen Mord. Und dies mit nur max. 50 Bomben, einem Bruchteil der bei den Atommäch-ten vorhandenen Sprengköpfen. Für das Auslösen eines nuklearen Winters ist es dabei voll-kommen unerheblich, ob sich nur eine „Seite“ beteiligt, oder ob die andere zurückschießt. – Welchen Sinn haben dann aber Atomwaffen? Welchen Sinn hat es, zurückzuschießen? Atom-waffen sind daher –           zutiefst unmoralisch –   vollkommen sinnfrei –   alleine durch ihre Existenz hochgefährlich. Dieses Urteil über nukleare Waffen trifft auch auf jede Doktrin zu, die auf den Einsatz von Atomwaffen beruht und sei es „nur“ als ultima ratio und „nur“ im „Verteidigungs-fall“. – Jens Niestroj

 

ich weiß grade nicht, wo ich meine Wut und meine Trauer unterbringen soll darüber, dass Flüchtlingen aus der Ukraine ihre Haustiere weggenommen werden, weil vielleicht ein Ukrainischer Hundefloh auf einem frisch gewaschenen deutschen Arsch landen könnte! Diese Menschen, Kinder vor allem, haben das Liebste aus dieser Hölle gerettet, nur damit die deutsche Bürokratie es ihnen wegnimmt, ich bin vollständig fassungslos und kann nur heulen, schäme mich zutiefst für diesen Staat, dem ich angehöre. Bitte bringen Sie etwas darüber, ich verlasse mich auf Sie! – Sabine Brandenburg-Frank

 

Es ist schon erstaunlich welche Gelassenheit im bundesdeutschen Alltag trotz des Ukraine-Krieges und der Corona-Höchststände herrscht. Die Menschen schlendern vergnügt durch die Parks und Fußgängerzonen. Die Ukraine scheint für die meisten weit genug entfernt zu sein um sich persönlich nicht tangiert zu fühlen. Die Diskussionen in den diversen Talkshows sowie der tägliche Brennpunkt in der ARD zum aktuellen Kriegsgeschehen gehen vielen hierzulande be-reits schon wieder auf die Nerven. Die Deutschen sind nach zwei Jahren Corona, mit Genehmi-gung der Bundesregierung, in Feierlaune.

Das waren die Menschen vor dem Untergang der Titanic auch. Es ist bemerkenswert, welch hohes Maß an Naivität sich in weite Teile der deut-schen Gesellschaft nach 16 Jahren Merkel eingeschlichen hat. Die frühere Bundeskanzlerin hat schließlich versprochen, dass im Merkel-Bullerbü-Deutschland alle gut und gerne leben können. Auf schwere Krisen ist man hierzulande völlig unvorbereitet. Wladimir Putin wird keinen Mil-limeter von seiner Strategie, das ursprüngliche Sowjetreich wieder herzustellen, zurückwei-chen. Verhandlungen mit ihm sind daher aussichtslos. Ich bin überzeugt, dass er im Prinzip mit seinem Leben bereits abgeschlossen hat. Putin ist der Typ, der ohne Skrupel notfalls Zigmillio-nen Menschen mit in den Tod reissen wird.

P.S.: Russland zählt zu den LändUkraine ern mit den reichsten und wichtigsten Rohstoffvorkommen. Die Wirtschaft im Land könnte blühen, der für alle Seiten gedeihliche Handel und Austausch florie-ren. Die Bürger könnten verbreitet in Wohlstand leben. Die Realität ist niederschmetternd. In dem Land profitiert finanziell nur eine kleine Clique von Eliten. Die breite Masse der russischen Bevölkerung, insbesondere auf dem Land, lebt in ärmlichen Verhältnissen. Trotzdem kann Putin insbesondere bei der Landbevölkerung auf die größte Zustimmung bauen. Wenn es den Menschen wirtschaftlich schlecht geht, möchten sie wenigstens auf einen „starken Führer“ vertrauen kön-nen, der ihnen trotz der eigenen Armut das Gefühl vermittelt, einem starken Land zugehörig zu sein.

Das war in Deutschland Anfang der 1930er Jahre nicht viel anders. Selbst wenn Putin einen Rückzug aus der Ukraine in Erwägung ziehen würde, was ich nicht glaube, er muss seiner Bevöl-kerung die Ukraine als „Trophäe“ liefern. Ansonsten verliert er die Reputation bei einem großen Teil seiner Landsleute. Putin hat es bisher verstanden, das grosse und vielschichtige Russland, wenn auch teilweise gewaltsam, einigermaßen zusammen zu halten. Dies konnte ihm nur gelin-gen, weil er als „grosser Führer der russischen Nation“ in seiner Bevölkerung verbreitet akzep-tiert ist.

Ein Rückzug aus der Ukraine, ohne das Land vereinnahmt zu haben, würde für Putin ei-nen erheblichen Gesichtsverlust bedeuten und seine Autorität unterminieren. Nationalisten, noch schlimmer als Putin, könnten sich ermutigt fühlen, in dem Riesenreich einen spalterischen Bürgerkrieg mit unabsehbaren Folgen anzuzetteln. Die Weltgemeinschaft steht vor einem furcht-baren Dilemma. Opfert sie die Ukraine, wird sich Putin-Russland ermutigt fühlen, sich der nächs-ten Kriegsbeute zuzuwenden.

Greift die NATO ein riskiert sie den Dritten Weltkrieg. Der über-steigerte Nationalismus ist das Grundübel der Menschheit. Hunderte Millionen Menschen sind ihm bereits zum Opfer gefallen. Viele sprechen derzeit von einer Zeitenwende. Es könnte aber auch zu einem Zeitenende kommen. Schwere Verwerfungen sind in den kommenden Jahren in ganz Europa unausweichlich. Alleine das Thema weitgehend sichere Energieversorgung stellt die Politik vor eine schier unlösbare Aufgabe.

Wir leben in einer äußerst beklemmenden Zeit. Ange-sichts von täglich Tausenden unschuldigen Todesopfern in der Ikraine habe ich kein Verständnis, wenn ein öffentlich-rechtlicher Hörfunksender tagtäglich mehrmals einen Trailer einspielt“ Mehr glückliche Menschen erleben“. Besitzen die Verantwortlichen dieses Senders kein Taktgefühl? Auch wenn das Energie-Kind bereits in den Brunnen gefallen ist kann ich nicht nachvollziehen, warum die Hauptverantwortlichen, die Putin in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten nahezu blind vertraut und dieses Desaster aus meiner Sicht fahrlässig verursacht haben, nicht strafrecht-lich zur Verantwortung gezogen werden. – Alfred Kastner

 

Exodus der Globalität. Auf einmal ist Krieg, Krieg zwischen Russland und der Ukraine und eine Bedrohung für die Erde baut sich auf. Haben die Machthaber der Weltmächte noch immer nichts aus der Geschichte gelernt. Doch dieses Mal lauert etwas Neues im Hintergrund. Der Kapitalismus, ein menschenverachtendes Unge-heuer (Ausbeutung des Menschen durch den Men-schen), dass sich die Menschheit im letzten Jahrhun-dert herangezüchtet hat, beißt sich selbst in den Schwanz.

Darauf bauend, dass das Industriewachs-tum der Motor für die Kräftigung dieses Systems ist, wurden weltweite Abhängigkeiten von Arbeitskräften und Ressourcenbereitstellungen entwickelt, dieses System zu stärken und immer weiter zu vervollkomm-nen, ohne jegliche Sicherheiten ihrer Lieferketten zu berücksichtigen. So wurden scheinbar unüberlegt Ab-hängigkeiten geschaffen, dass diese Logistik würde auf immerdar bestehen. Nun ist etwas passiert, dass diese Lieferketten unterbrechen wird und Unternehmen plötzlich von heute auf Morgen ohne Material oder Rohstoff dastehen, was den Stopp ihrer Produktionen bedeuten kann.

Das große Maul bekommt plötzlich nichts mehr zu fressen, Gas- und Öllieferungen wer-den über kurz oder lang ausbleiben, die Kornkammer Europas brennt, die unter anderem auch zahlreiche Länder Afrikas mit Getreide versorgt und viele Unter-nehmen finden keine Abnehmer ihrer Produkte mehr oder können sie erst gar nicht herstellen. Lieferketten sind durch Raketenbeschuss unterbrochen, Arbeits-kräfte wurden uniformiert und Betriebe in der Ukraine unfreiwillig stillgelegt. Dem Ungeheuer droht damit der Verlust seines Schwanzes, der einem Organismus und seiner Vergesellschaftung, das Gleichgewicht und die Steuerung seiner Bewegung verleiht.

Man erinnert sich der Abbildung in der Zeitung, als unser Bundeskanzler Olaf Scholz während einer Be-sprechung im Kreml gegenüber Putin an einem langen Tisch platziert worden war. Diese Tischordnung wider-spiegelte die Symbolik des langen Hebels, den der rus-sische Machthaber gegen seinen Gast zu besitzen glaubt. Die Zerstörung der Globalität, die den Kapita-lismus reich gemacht hat. Das Ziel ist möglicher Weise, die Kappung der globalen Abhängigkeiten in den In-dustrieländern, die sich im Verlaufe der letzten Jahr-zehnte weltweit entwickelt haben. Es wäre denkbar, dass Putin mit seinem Krieg gegen die Ukraine etwas im Sinn hat, dass mit der weiteren Machtausbreitung des Kapitalismus und mit einem gesellschaftlichen Umbruch zu tun hat.

Russland ist selbst reich an Res-sourcen und vermutlich weniger abhängig von globa-len Verstrickungen. Indes liegt im geheimen Schwer-punkt von Putins Handlungen die Erneuerung des Bolschewismus, wie ihn schon Stalin mit brutalen Mittel verfolgt hatte. Bolschewismus ist eine vergewal-tigte Form des Sozialismus, bei der mit allen Mitteln die Idee einer gerechten Welt verwirklicht werden soll. Dass Putin darüber hinaus auch die Wiederherstel-lung des Großreiches Russland, wie es mit der UdSSR nach dem 2. Weltkrieg einstmals bestand, verfolgt, läge in der Natur seiner Sache, ein einheitliches Reich rus-sischer Nation wieder zu reorganisieren. Putin ist der Welt leider im Augenblick um einen Schachzug voraus. – H. Kugler

 

Ihre aktuelle Berichterstattung zur Lage in der Ukraine empfinde ich als total einseitig, tendenziös und irreführend. Von einer Zeitung ihres Formats wünsche ich mir eine differenzierte und neutrale Berichterstattung, genau deshalb hatte ich sie abonniert. Dieses Abo werde ich nun zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen. Ihre verschieden Verflechtungen in transatlantischen Think-Tanks (Josef Joffe, etc.) lassen ganz offensichtlich nur die eine (BILD)Sichtweise zu: Putin böse, Westen gut. Ich fühle mich in meinem Geschichtswissen und meiner Intelligenz beleidigt. – Tatjana Vukolic

 


 

 

Leserbriefe zu „Den Himmel schließen?“ von Adam Soboczynski

 

Sehr grossen dank für ihren artikel «den himmel schliessen?» in der heutigen zeit. ich kann aussage für aussage unterschreiben. der umgang mit dem thema treibt mich ebenfalls um, auch als autorin. ich habe in den letzten tagen dazu einen kleinen text verfasst; er ist im rahmen eines etwas umfangreicheren text- und fotoprojektes entstanden, an dem ich gerade arbeite. zugegebenermaßen eher poetischer natur (geht also auch …). ich erlaube mir, mich mit selbigem zu revanchieren.

Der Himmel ist blau. Er ist teilnahmslos und ohne Schuld wie eine Schale aus feinem Porzellan. Unter ihm leuchtet eine gelbe Fläche, ein weiter Strand, menschenleer. Das unirdische Universum eines Nachmittags am Meer. In diesem Bild gibt es keine ausgebrannten Wohnblocks und verkohlten Häuser, keine Panzerkolonnen, die mühsam, aber unerbittlich vorwärtsrollen, keine Raketen, die hunderte, vielleicht tausende von Kilometern entfernt abgefeuert werden. Keine Toten. Kein Blut. Keine Tränen.

Aus ihren Verstecken berichten die völlig übermüdeten Überlebenden. Wort für Wort, während eine Fernsehmoderatorin durchs Studio tänzelt. Wieder einmal müssen wir Das Leiden anderer betrachten, diesmal aus noch größerer Nähe, wieder und wieder, denn jetzt sind es diese anderen selbst, die Fotos und Videos machen und durch die Adern der Netzwerke schicken. Die haben längst ihre Unschuld verloren, wie auch der Himmel, der jetzt nur noch Luftraum ist und immer bedrohlicher wird; und immer bedrohlicher wird, was es heißt, den Himmel zu schließen.. – Dr. Andrea Gleiniger

 

Sie haben mich am 19.10.2006 mit Ihrer Lesung „Polski Tango – Eine Reise durch Deutschland und Polen“ im Rahmen des Forum Paul-Gerhardt-Kirche im Gemeindesaal der Ev. Kirchengemeinde Köln-Lindenthal sehr beeindruckt. Ihr Artikel in der heutigen Zeit „Den Himmel schließen?“ war mehr als überfällig. Mit welcher Leichtfertigkeit in den Unsozialen Medien, in Talkshows und leider auch unter etlichen Journalisten über einen NATOKriegseintritt schwadroniert wird, ist mit der altertümlichen Vokabel KRIEGSTREIBEREI nur unzureichend beschrieben.

Mit welcher emotionalen Leichtfüssigkeit, die bar jeglicher Vernunft ist, die Möglichkeit eines atomaren Krieges herbeiemotionalisiert wird, ist nicht nur verantwortungslos, sondern schon menschenverachtend. Man kann nur hoffen (und auch beten), daß die verantwortlichen Politiker in USA, NATO und EU die Nerven behalten und sie durch solche Artikel, wie den Ihren, in ihrem verantwortlichen Verhalten bestärken. – Walter Ludwigs

 

Russland ist in der Ukraine der alleinige Aggressor. Die Ukrainer sind die von Tod und Zerstörung bedrohten unschuldigen Opfer. Sie erleiden einen Angriffskrieg, der im Grunde uns allen gilt. Dieser Krieg ist ein Angriff auf die Menschheit, auf das Völkerrecht und ja, auch auf das kulturelle Erbe der Menschheit. Noch vor der Wahrheit ist allerdings die Unschuld das erste Opfer dieses Krieges. Um die Unschuld zu retten, wird als nächstes die Wahrheit geopfert und von Absolutheit und moralischem Rigorismus verdrängt.

Adam Soboczynski zeigt, dass der Slogan „Close the sky“ in Wahrheit für den Krieg mobilisiert und vorgeblich im Namen der Menschlichkeit dazu beiträgt, den Krieg zu entgrenzen. Paradoxerweise wird das Opfer im verzweifelten und berechtigten Ruf um Hilfe zum Kriegstreiber und liefert dem Aggressor ungewollt Gründe, die Gewalt weiter zu eskalieren. Ein furchtbares Dilemma: Wenn menschlich nur ist, wer bereit ist, sich selbst zu opfern, folgen wir einer unmenschlichen Logik. Schuldig macht sich, wer den hilflosen Opfern Hilfe verweigert, um die Menscheit zu retten. Wirklich, wir leben in finsteren Zeiten. – Reinhard Koine

 

„schließt den Himmel heißt nämlich übersetzt: führt endlich richtig Krieg, liebe Europäer und Amerikaner, knallt die Russen ab“ behauptet der Verfasser. Nein, und nochmals nein! Shakespeare: …Macbeth (sc.Putin) „erweist sich in seinen Untaten und Verbrechen als die überragende Gestalt, indem er den einmal eingeschlagenen Weg des Bösen mit seinem Handeln konsequent weiter beschreitet, wobei er durchaus unterschiedliche Stadien wie Furcht, Gefühl der Bedrohung, erneute Entschlossenheit, Panik, trügerische Sicherheit oder Abstumpfung und Nihilismus durchläuft“. (vgl. Ulrich Suerbaum Shakespeares Dramen UTB 2002).

Wie soll dem Verbrecher, dem narzisstischen Psychopathen und Paranoiker Putin in seinem Vernichtungswahn Einhalt geboten werden? Sicher nicht durch permanentes Nachgeben und Zurückweichen! Das ständige Betonen des freien Westens, er werde nicht der Ukraine militärisch beistehen, bestärkt Putin in seiner unendlichen Zerstörungswut. Zur Souveränität eines Staates gehört seine Hoheit zu Land, Wasser und in der Luft! Es geht um die Lufthoheit der Ukraine, nicht darum,…“knallt die Russen ab“!

Nein, es geht im Kern darum: das Ukrainische Volk will in Frieden und Freiheit leben. Das russische Volk wird von einem Verbrecher missbraucht, belogen, unterdrückt mit der Lüge seine Sicherheit sei in Gefahr. In Gefahr ist allein die Diktatur, die vollständige Rechtlosigkeit einer Wahnsinnigen: Putin. Um das Abschlachten der Ukrainer und auch seines eigenen Volkes zu beenden, muss er beseitigt werden! Präsident Selenskyj hat recht: wieviel Tote muss es geben, bis der Westen eingreift: 100 000 oder 6 Millionen, die Anzahl der unter Hitler ermordeten Juden? Dem Ukrainischen Präsidenten nach seiner Rede Beifall zu geben, reicht nicht. Es ist ernst, kein Theater! Solange permanent öffentlich betont wird, keinesfalls werde „der Westen“ militärisch eingreifen und solange die EU zu feige ist, noch nicht einmal die Ukraine als Mitglied aufzunehmen, wird Putin in seiner Verachtung des Westens und seinem Eroberungswahn bestärkt:

Tschetschenien, Georgien, Giftgas in Syrien, Weißrussland, Donbass, Luhansk, Krim; nicht zu vergessen die Auftragsmorde und Inhaftierungen (u.A. Nemzow, Nawalny Chodorkowsky etc.): eine nicht enden wollende Vernichtungsspur! Der Himmel darf „nicht geschlossen“ werden: es gibt ständig Nachschub von Leichen, von Toten, abgeschossen vom Himmel herab mit russischen Putin-Jagdbombern… : die „Krönung“ dieser Verbrechen: der Patriarch Kirill als oberster Geistlicher in Moskau gibt Putin seinen Segen! Fazit: wir sind NICHT Zuschauer, wir sind Betroffene. Untätigkeit ist unterlassene Hilfsleistung (vgl. § 323c StGB). – Dr. Thomas Budde

 

Vielen Dank für diesen Artikel, dem ich voll zustimmen kann. Schade, dass man so etwas nur selten liest. – Hartwig Block

 

Adam Soboczinski hat Recht, wenn er das blauäugige, sich an der eigenen moralischen Überlegenheit berauschende Gerede von einer Flugverbotszone über der Ukraine kritisiert. Es ist einfach, eine Flugverbotszone zu fordern, eine ganz andere Sache ist es aber, diese auch durchzusetzen. Dies erfordert die Bereitschaft zu militärischem Handel, sprich zu Anwendung von Waffengewalt. Damit wäre das Risiko für einen kriegerischen Flächenbrand unkalkulierbar. Andererseits hinterlässt Soboczinskis Artikel auch eine gewisse Rat- und Hilflosigkeit. Ist die Weltgemeinschaft hilflos einem Diktator ausgliefert, der glaubhaft mit dem Einsatz von Atomwaffen droht? Kann ein atomar hochgerüsteter Gewaltherrscher letztlich alles erreichen, wenn er nur skrupellos genug handelt?

Die Atomwaffen gibt es nun mal, sie werden wohl nicht mehr verschwinden, sämtliche Abrüstungs- und Sperrverträge werden daran nichts ändern. Die jetzt skizzierten Friedensmöglichkeiten in der Ukraine verspotten jegliches Recht und Moral, der Aggressor wird sich Teile der Ukraine einverleiben und die die Politik dieses Landes ganz wesentlich bestimmen. Keine guten Aussichten für die Demokratie und das friedliche Zusammenleben der Nationen! – Dr. Martin Klupp

 

Dichter und Denker sehen eher die Unsinnigkeit eines Krieges durch die Macht des stärkeren, alles Leben zu zerstören, lassen wir es zu- wollen damit einen 3. Weltkrieg vermeiden und das bisherige Leid der Ukraine nicht zu vergrößern auf ganz Europa. Dazu ein kleines Beispiel – wenn ein Spaziergänger den um Hilfe rufenden im Fluss sieht und retten möchte – so setzt er sein eigenes Leben aufs Spiel. Politik erkennt diese Art von Moral nicht als übertragbar im Kriegsfall der Ukraine an, denn hier handelt es sich nicht um ein Land das der Nato angehört.Das ist ein schlimmes Schicksal. Wie weit wird Putin noch gehen wollen ? – Thomas Bartsch Hauschild

 

Ich bin nicht für die Schließung des Himmels, deren Folgen unabsehbar und fatal wären. Die Kritik, die Soboczynski hier an Intellektuellen und Dichtern übt, halte ich jedoch für komplett verfehlt. All die Beispiele die hier genannt werden, sind keine Personen, die „vom westlichen Schreibtisch aus propagieren“. Wenn er Karl Schlögel dies unterstellt, hat er von seinem Lebenswerk und seiner derzeitigen Verfassung absolut nichts verstanden. Schlögel steht sozusagen mitten in den ukrainischen Städten und mitten unter den Ukrainern. Ebenso wie die ukrainischen Schriftsteller, die Soboczynski erwähnt. Wenn ein Land, das man so gut kennt und dessen Einwohner einem so vertraut und nahe sind, im Bombenhagel steht – dann argumentiert man nicht mit „kalter Vernunft“, dann geht es einem auch nicht um „Poesie“, sondern man hat den Krieg unter der Haut.

Der Wunsch nach Schließung des Himmels ist hier mehr als nachvollziehbar und wir sollten doch – auch wenn wir selbst es nicht für richtig halten und trotz unserer traditionell an den Tag gelegten Empathieunfähigkeit – wenigstens in der Lage sein, das diesen Menschen zuzugestehen. Wenn es schon um Kritik an „Intellektuellen“ geht, dann möchte ich hier eher die Frage stellen, warum so viele unserer sogenannten Intellektuellen, wie Sloterdijk, Safranski und Co., bisher kein einziges Wort über den Krieg in der Ukraine und die Rolle Russlands verloren haben – sie üben sich fatalerweise im Schweigen. – Gabriele Fischer

 

Ich kann Ihre Sichtweise nur voll und ganz unterstützen. So sehr die Sichtweise der Schriftsteller im Anblick des Schreckens und des Leids verständlich ist, darf man den Kontext, das große Ganze auf keinen Fall außer Acht lassen. Eine Ausweitung des Kriegs durch Einschaltung der Nato hätte ein Vielfaches des bisherigen Elends zur Folge. Der Aufruf des Historikers Schlögel zur „Schließung des Himmels“ macht mich fassungslos. Herrn Schlögel ist dringend anzuraten, seine Reputation zu überprüfen. – Hagen Treutmann

 

Endlich, endlich lese ich in der ZEIT eine deutliche Stellungnahme über die kriegstreibende Argumentation der ‚Dichter‘, die dadurch die Gefahr eines atomaren 3. Weltkrieges verharmlosen. Vielen Dank! Leider sind es nicht nur die sogenannten Intellektuellen. Leserbriefe in der ZEIT, der Schrei nach einer Wehrpflicht, massive Aufrüstung anstatt Abrüstung – die infame Schwarz-Weiß-Zeichnung findet überall statt, auch bei den Politikern. Allen voran die Grünen: Ihr Bundesparteivorsitzender Nouripour plädiert in einer brutalen Aggressivität für den Eintritt der NATO in diesen Krieg. In der Tat hat in den letzten Wochen eine beängstigende Zeitenwende stattgefunden. – Elisabeth Keller

 

Zur Ablehnung einer Flugverbotszone über der Ukraine meint der Autor: „Wir zögern nicht nur aus Angst, sondern aufgrund kalter Vernunft“, weil sonst das Risiko eines dritten Weltkriegs drohe. 1962 in der Kubakrise ist Kennedy genau dieses Risiko eingegangen, hat eine rote Linie gezogen und Chruschtschow damit letztlich zum Rückzug bewogen. Im Unterschied hierzu hat Obama im Syrienkrieg von roten Linien gesprochen und nach deren Überschreiten nichts getan – das hat Putin genau registriert. Und nun wurde ihm von der Nato ohne Zwang frühzeitig signalisiert, dass man in der Ukraine keinesfalls eingreifen werde – damit hat Putin schon vor dem Einmarsch erreicht, was Hitler vor der Annektierung des Sudentenlands auch erreichte, nämlich einen internationalen Freifahrschein.

Nur dass die Russen in der Ukraine auf heftigsten Widerstand treffen, dem wir weitgehend tatenlos zuschauen. Und weil wir offenbar so sicher sind, dass ein Eingreifen der Nato zum Krieg führen werde, lassen wir Putin alle Freiheiten uns genau damit zu drohen und eigenständig zu definieren, welche Nato-Aktivitäten er als Kriegsanlass erachtet. Der englische Politikprofessor Richard Ned Lebow hat in der NZZ darauf hingewiesen, dass Kriege heutzutage vor allem aufgrund von Kränkungen und des Wunsches von Personen und Nationen nach Anerkennung geführt werden.

Die Tatsache, dass die ehemaligen Warschauer Pakt-Staaten nicht im russischen Umfeld und Einzugsbereich bleiben, sondern zu Nato und EU wollten, hat Putin und seiner Meinung nach Russland sicher gekränkt – dass er sich offenbar in seinen 20 Jahren an der Macht nie überlegt hat, warum das anders als von ihm gehofft gekommen ist, erstaunt dann aber doch. Dass zudem Obamas Bemerkung, Russland sei allenfalls eine Regionalmacht, von Putin als persönliche Kränkung empfunden wurde, darf als gesichert angenommen werden.

Und dass er als derjenige anerkannt werden will, der den vermuteten nazifizierten und drogensüchtigen Saustall in der Ukraine aufräumen will und kann, auch. Dass es sein Krieg und der durch nicht zu rechtfertigen ist, ist unbestritten. Was ihn stoppen könnte, ist weniger klar. Aber vermutlich wird man an seinem Ego, seiner (und damit Russlands) Stellung und Achtung in der Welt ansetzen müssen, um ihn wieder einzuhegen. Nur auf wirtschaftliche Sanktionen zu setzen, um im Kreml einen Politik- oder gar Regimewechsel herbeizuführen, hat sich in den letzten 40 Jahren schon im Iran und andernorts als Fehlkalkulation erwiesen. Nicht vergessen sollte man auch, dass die von Reagan vorangetriebene (und auch von mir damals abgelehnte) Nato-Nachrüstung den Osten zu Tode gerüstet und die Sowjetunion wirtschaftlich mit in den Ruin getrieben hat – also letztlich erfolgreicher war als Wirtschaftssanktionen. – Dieter Bullinger

 

Abgesehen von Wladimir Putin und seinen Spießgesellen lässt wohl niemanden das Leid und das Schicksal der Menschen in der Ukraine kalt. Mich auch nicht und es muss alles getan werden, um ihnen zu helfen und Putin aus der Ukraine zu vertreiben. Der Ruf nach einer Flugverbotszone über der Ukraine ist aus Sicht der Ukraine natürlich völlig verständlich. Herr Soboczynski hat aber recht, anders sieht es aus, wenn diese Forderung aus einem noch sicheren Westen kommt. Ganz besonders, wenn sich der Slogan „Close the sky“ zu einer „schicken“ Phrase entwickelt und von Menschen hörbar wird, die in der warmen Stube sitzen und keine Ahnung davon haben, welche Folgen die Durchsetzung des Flugverbots hätte.

Menschenleben gegen Menschenleben darf man nicht aufrechnen. Das tut der Dichter Juri Durkot indirekt mit seinen Fragen: „Warum hat man Angst, Menschenleben zu retten?“ Und: „Glaubt man wirklich, dass man einen großen Krieg verhindern kann, wenn man Menschenleben opfert?“ Dafür wird er beklatscht, haben die Applaudierenden nicht richtig zugehört? Zudem schiebt er schiebt mit seinen Fragen dem Westen nicht nur eine Mit – Verantwortung an dem Tod von Menschen in der Ukraine zu, er unterstellt dem Westen gleichzeitig, die Menschen in der Ukraine im Stich zu lassen. Haben die Applaudierenden verdrängt, dass Putin der Aggressor und Kriegsverbrecher ist, der unschuldige Menschen töten lässt und die Ukraine in Schutt und Asche legt?

Der Westen und die Nato haben auch die Pflicht, die eigene Bevölkerung zu schützen. Jetzt schon werden in Deutschland Sonnenblumenöl, Mehl, Nudeln und sonst etwas gehamstert. Ohne vernünftigen Grund. Ich möchte mir nicht vorstellen, welche Panik hier ausbricht, wenn das erste russische Flugzeug von der Nato abgeschossen wird und Putin den Krieg auf ganz Europa ausdehnen will. Dann säße auch denen, die jetzt nach einer Flugverbotszone rufen, das Hemd näher als die Jacke.

Den Amoklauf Wladimir Putins kann man sicher nicht stoppen, wenn man ihm weiteres „Futter“ für Kriegshandlungen liefert und Vorwände gibt, ganz Europa in den Krieg zu ziehen. Die einzige Möglichkeit dieses in der jetzigen Situation zu verhindern ist, dass Westen und Nato einen kühlen Kopf bewahren. Krieg mit noch mehr Krieg zu beantworten wäre unverantwortlich und kann nicht die Lösung sein. – Regina Stock

 

Vermutlich war es noch nie eine gute Idee von einem Feuilletonisten, in die Rolle eines Miltärberaters zu schlüpfen und dabei seine dichtenden Mitbürger für solche Beratungen zu schelten. – Gudrun Hammer

 

Im Nebel des irrationalen „Solidaritätsgeschwätzes“ für die vom Kriegsverbrecher Putin überfallene Ukraine ist der o. g. Artikel ein erfreulicher Lichtblick für rationale „Verantwortungsethik“ in einem „Klartext“! In der Flut von „Solidaritätsbekenntnissen“ gibt es nur moralische Empörung der „Guten“, aber keine keinen Vorschlag, was die „Guten“ für die Ukrainer tun können, um sie vor dem „Bösen“ zu retten. Aber der Autor spricht rational aus, welche Folgen es hätte, wenn die beschimpften „Realpolitiker“ die in „poetischer Wendung“ erteilten Ratschläge der „Schriftsteller und Intellektuellen“ befolgten:

Diese Ratschläge könnten tatsächlich verhindern, dass Putin auch nur einen einzigen Ukrainer unterdrücken kann: Denn wenn die NATO-Politiker bereit wären, mit einem direkten militärischen Eingreifen die ganze Menschheit auszurotten, dann könnte Putin keine Ukrainer unterdrücken, weil es auch keinen einzigen lebenden Ukrainer mehr gäbe. Aber den irrationalen „Schriftstellern und Intellektuellen“ ist noch eine besonders einflussreiche Gruppe hinzuzufüge:

Die Journalisten in den Massenmedien, die jene noblen Gruppen zu mutigen Helden hochzujubeln versuchen: Neben Talk-shows vor allem jeden Sonntag abend „Berlin diekt“: Die „Redaktionslinie“ ist offensichtlich: Wir sind „Kampfplatz“ gegen die feigen Politiker, die den bedrohten Ukrainern nicht helfen, sondern gemeinsame Sache mit den „Bösen“ machen und nicht, wie Gauckh bereit sind, für den Frieden und die Freiheit auch einmal zu frieren. Soboczynski glaubt, aus unserem DIlemma – frei interpretiert – „rettet uns kein höhres Wesen, kein Schlögel, und erst recht kein Reckwitz!“ Aber ein Intellektueller Max Weber kann das Dilemma rational erklären:

Das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit. Und das erste Opfer eines Kalten Krieges ist die Vernunft, d. h. die rationale Fähigkkeit, die Folgen von politischen oder militärischen Entscheidungen abzuschätzen. Aber die Wahrheit wird zum Opfer, weil die Kontrahenten bewusst lügen. Aber die Vernunft wird zum Opfer, weil beim Freund-Feind-Denken, z. B. im Kalten Krieg, die Beteiligten von Verantwortungsethik zur Gesinnungsethik wechseln. Moralisch ist es, Entscheidungen zu wünschen, die einer guten Gesinnung entsprechen. Unmoralisch wäre es dagegen, die mit guter Gesinnung zu befürwortenden Entscheidungen abzulehnen wegen der praktischen Folgen.

Diese Gesinnungsethik ist vorherrschend in fast allen Medien, die Opfer und Täter der Mentalität des neuen Kalten Krieges geworden sind. Und die dafür sorgen, dass die „Zeitenwende“ nicht nur unter Putin, sondern auch in der „Freien Welt“, zur politischen Regression und zum intellektuellen Niedergang führt. Deshalb ist o. g. Beitrag ein ermutigender Lichtblick, weil er dokumentiert, dass es als Minderheitenposition auch in den Medien noch die von der Mehrheit geschmähte Verantwortungsethik gibt, von der sich auch die Politiker noch faktisch leiten lassen. Das ist nicht zu kritisieren, sondern sogar zu loben. Zu kritisieren ist aber bei vielen, dass sie dennoch gern das Geschwätz der hegemonialen Gesinnungsethiker nachplappern, statt es zu kritisieren. – Dr. Horst Heimann

 

Wenn man die Forderungen von Geistesgrößen wie Karl Schlögel, ja nun wirklich ein absoluter Experte, liest, dann muss einen ein ganz ungutes Gefühl beschleichen. Die rhetorisch bemäntelten Ausdrücke „den Himmel schließen“ und „Luftbrücke“ üben einen Druck auf die Politik aus, der im Sturm einer grenzenlosen Solidarität der Zivilbevölkerung mit der Ukraine zu Fehlentscheidungen, nämlich zum Nachgeben führen kann. Umso größer ist der Dank an Adam Soboczynski für diesen klugen Artikel, der trotz allem Mitleiden mit den Opfern des Krieges die Verantwortung nicht tilgt. – Simon Freiberger

 

Gott sei Dank hat wenigstens noch einer einen klaren Kopf! Dem Autor ist meines Erachtens hundertprozentig recht zu geben, wenn er das verantwortungslose Gerede von Flugverbot und Close the sky geiselt. Es ist doch nur zu offenkundig, was passieren würde, würde eine Flugverbotszone proklamiert: der erste westliche Angriff auf russische Flugabwehrstellungen oder Flugzeuge würde Putin zu einem massiven Gegenschlag reizen, auf den der Westen antwortet, dann wieder die Russen, dann wieder der Westen, und so schaukelt sich das Ganze, sehr wahrscheinlich schon mit Atomwaffen, zum verheerenden Weltbrand hoch, den keine Seiten überlebt.

Kennt man wirklich die Bilder von Hiroshima nicht mehr, von den verkohlten, zusammengeschrumpften Leibern, von Menschen, denen die Lungen platzten, denen sich die Haut bei lebendigem Leibe vom Körper schälte.., man kann die Schrecknisse gar nicht alle ausführen. Jetzt kann man nur hoffen, dass wenigstens die Politiker und Soldaten (!) kühlen Kopf bewahren und dem Kriegsgeschrei tausender gutmeindender Demonstranten widerstehen. Dass ein scheinbar kluger Kopf wie Herr Schlögel dabei mitmacht, ist für mich eine der bittersten Enttäuschungen. – Dirk Klose

 

Man kann dem Autor mit seiner Ablehnung gegenüber der Forderung „Den Himmel schließen“ nur zustimmen. Diejenigen, die das fordern sind zumeist die Gleichen, die Putin als irrational und unberechenbar hinstellen. Das ein immer mehr in die Ecke gedrängter Befehlshaber auch zum Äußersten bereit ist nehmen sie offensichtlich in Kauf. Ist den Talkrunden in Berlin bewusst, dass seit 2018, als Reaktion auf die Verlegung von NATO-Batallionen nach Polen und Baltikum, in Kaliningrad Iskander-Raketen stationiert sind, die in weniger als 10 Minuten Berlin erreichen können und es bei dieser kurzen Vorwarnzeit praktisch keine effektive Schutzmöglichkeit gibt? – Axel Voß

 

Vielen Dank für diesen Artkel, Herr Soboczynski. Speziell über Herrn Schlögels Einlassung bei Anne Will bin ich ebenfalls gestolpert. Warum es wie im spanischen Bürgerkrieg noch keine internationalen Brigaden für den Kampf in der Ukraine gebe und wie zurückhaltend Deutschland und die NATO auf den Angriffskrieg reagierten. Es war Tag drei nach Kriegsbeginn, als das deutsche Parlament Waffenlieferungen freigab. Das ist nicht zögerlich. Nun legt der Historiker offenbar nach. Er hat sich in seiner Jugend für den Zividienst entschieden.

In seinem Leben gab es die Chance eines bewaffneten Kampfes für die gute Sache wie die der internationalen Brigaden nicht. Nun werde ich den Eindruck von Projektion und Kompensation nicht ganz los, die aus den Versagens-Anklagen gegen die internationale Gemeinschaft spricht. Ihr Beitrag ordnet da einiges wohltuend ein. Sie heben auf Einlassungen von Literaten und Herrn Schlögel ab, daher ist der Beitrag wohl im Feuilleton am Platze. Die Gründe und Folgen, (nicht) Kriegspartei zu werden, gehören aber mehr öffentlich ausgeführt und medial präsenter diskutiert. – Christine Förster

 

Ihre Kritik an leichtfertigen und poetisch verharmlosenden Forderungen nach einer Flugverbotszone wird berechtigt sein, aber ich frage mich, was geschehen wird, wenn Putin die Eroberung der Ukraine gelingen und er zwei oder drei Jahre später, wenn die Geschäfte mit dem Westen wieder wie vorher laufen und er wieder genug Geld in der Kriegskasse hat, z. B. Litauen – ein NATO-Mitglied – angreifen lassen sollte. Sollen dann die übrigen Staaten der NATO nicht eingreifen, weil sonst ein Atomkrieg droht? Meines Erachtens sollte jedenfalls alles Mögliche und Verantwortbare getan werden, um eine Eroberung der Ukraine durch Putins Truppen zu verhindern und die bisherigen Geländegewinne rückgängig zu machen, und zwar schon allein deshalb, weil ein Erfolg Putin seinen eigenen Andeutungen nach ziemlich sicher zu weiteren Angriffskriegen motivieren wird. – Dr. Ulrich Willmes

 

Angesichts der vielen Helden, die in der Ukraine und in Russland ihr Leben für die Freiheit einsetzen, stehen kühle Vernunft und Realitätssinn zurzeit nicht sehr hoch im Kurs und werden gar als Feigheit und Verrat bezeichnet. Umso dankbarer bin ich Adam Soboczynski für seinen mutigen Beitrag, in dem er die wahrscheinlichen dramatischen Folgen des Versuchs, eine Flugsverbotszone zu erzwingen, klar beim Namen nennt. – Sven Herfurth

 

Ich kann Adam Soboczynsky nur zustimmen in seinem Unbehagen, angesichts der immer wieder geäußerten Forderungen nach einer Flugverbotszone. Sind sich diejenigen, die das fordern, wirk-lich nicht im Klaren, welche katastrophalen Folgen dieser Schritt für Europa, vielleicht für die ganze Welt, und nicht zuletzt auch für die Ukraine hätte? Was wäre mit einer Eskalation gewonnen? Das Ziel muss doch die Wiederherstellung von Frieden sein, nicht der Dritte Weltkrieg.

Es ist beruhigend, dass Carlo Masala, Professor an der Hochschule der Bundeswehr, ebenso zu Vorsicht und Zurückhaltung mahnt. In dieser Krise muss das Gebot der Stunde sein im Interesse aller den Stimmen der Vernunft und Besonnenheit Gehör zu verschaffen. – Cornelia Peters

 

Warum in aller Welt steht dieser Artikel nicht auf Seite 1? Haben denn alle den Verstand verloren? Ich bin 1946 geboren und habe die Kriegsgräuel mit der Muttermilch eingesogen. Mein Vater wurde verwundet und hat bis zu seinem Tod 1980 unter Angstträumen gelitten. Wann fangen die Menschen hier an, mal selbständig zu denken? Diese Kriege sind kein Spielfilm, den man mit einem Knopfdruck abschalten kann! – Wulf Rothhämel

 

Der Himmel bleibt offen //An die lauten Sänger //Aber die Vögel /sind frei, seht, /der Himmel /bleibt offen, er/wird nicht geschlossen. /Die Trommel /tönt laut, doch /der Gesang der Vögel /ist lauter, sie //kommen in Scharen, /alle Vögel /sind schon da. /Und lauert der Jäger, /er wartet, /gut getarnt, /im dunklen Gebüsch, doch /er kann sich nicht /wenden, zu schwer //die Rüstung, zu schwer /das Gewehr, er kann /den Flug der Vögel /nicht lesen. /Manche der Sänger /sind laut, sie vertreiben /die Vögel mit Lärm, aber /die Wissenden /schweigen ganz still. – Alma Laura Wallraff

 


 

 

Leserbriefe zu „Frieren für den Frieden?“ Streit von Jana Hensel und Petra Pinzler

 

Es ist keine Frage der Abwägung, sondern der Erkenntnis, dass wir uns im Krieg befinden – auch wenn er noch mit unterschiedlichen Waffensystemen geführt wird. Wenn wir vermeiden wollen, dass ein dritter Weltkrieg ausbricht, der dann mit gleichen Waffen geführt werden muss, müssen wir unsere Wirtschaftswaffen bis zur letzten Konsequenz nutzen: Sämtlicher Rohstoffimporte nach Europa aus Russland müssen sofort eingestellt werden.

Das bedeutet für Europa eine Verknappung der Ressourcen mit all ihren misslichen Folgen (aber allemal noch besser als täglicher Fliegeralarm), ist aber die einzige Möglichkeit, den Krieg Russlands gegen die Ukraine und dessen Ausweitung zu beenden. Zögern wir oder verzichten wir auf diese Massnahme wird es zu einem dritten Weltkrieg kommen, der dieses Problem dann ohnehin lösen wird – nur deutlich schmerzlicher. – Lutz von Laer, Prof. em. Dr. med.

 

Eine so schwache Argumentation wie die Jana Hensels für ihr NEIN habe ich in der ZEIT noch nie gelesen. Der ganze Ansatz ist hanebüchen. Angesichts des Ausmaßes der Bedrohung kann eine gemeinsame entschlossene Kraftanstrengung der Bevölkerung die Regierung stärken. Alle Hebel müssen in Bewegung gesetzt werden und da ist auch die Verantwortung jedes/jeder Einzelnen gefragt. Allerdings ist auch zu fordern, das die Bundesregierung umgehend Rahmenbedingungen schafft, die dabei helfen. Das von Petra Pinzler erwähnte Tempo 100 auf Autobahnen in der Ölkrise 1973 ist das beste Beispiel. – Ulrich Aupperle

 

Die Synthese fehlt. Dank für den Artikel „Frieren für den Frieden?“ „Ja. Viele Einzelne können zu-sammen Großes leisten“ und „Nein. Es ist falsch, Verantwortung zu personalisieren“. Beide Positio-nen des Streitgesprächs haben sehr wohl gute Argumente, sind aber einseitig. Die dritte Position wäre die Synthese für individuelles und politisches Denken und Handeln. Beide Positionen müssen also als vernünftiges Ganzes gedacht werden, wenn hier notwendige Veränderungen realisiert wer-den sollen. – Dr. Boje Maaßen

 

Die künstlich aufgestellten Gegensätze- erreichen ein Ausmaß von Satire, besonders wenn die Redak-teurin Jana Hensel von moralischen Druck spricht – wenn alle mitmachen beim Sparen von Benzin, Öl , oder Wärme. Das nennt man gemeinschaftliche Solidarität von dem alle etwas haben. Das ist fast wie bei der Corona Impflicht. Wenn Minderheiten darüber bestimmen wollen, die Mehrheit der geimpf-ten, die Freiheit nehmen zu wollen. Verantwortung übernehmen, ist zumutbar auch für jeden einzel-nen. Das hat nichts mehr mit Journalistischer Meinungsfreiheit zu tun, das fundamentaler Egoismus -:Ich – Ich – Ich. Das ist ein Grund für mich als Abo-Leser die Zeit zu kündigen.Das ist der Stil im Format – der Bild – Zeitung. – Thomas Bartsch-Hauschild

 

Wenn es sich bei Symbolpolitik oder -handlungen um politische Entscheidungen ohne echte Wirkung handeln soll (Jana Hensel), so darf man doch die Bedeutsamkeit von Symbolen und ihren Signalcharakter keinesfalls unterschätzen. Sie vermitteln, was anders nur schwer artikuliert werden kann. Als Zeichensetzung, als eine Geste, die eine Startposition darstellt – endlich kann’s losgehen! – können sie etwas Befreiendes haben: von nun an anders! Somit kann man einer Politik der Gesten oder Symbole eine ausschließlich negative Konnotation eigentlich absprechen.

Mit Blick aufs Klima ist der zweifellos positive Effekt des Energiesparens schon lange und mit Blick auf Putin nun auch aktuell kein Nebenkriegsschauplatz mehr. Man wird der Dringlichkeit des Ganzen nicht gerecht, indem man hier wie Hensel mit Diminutionen arbeitet und Verantwortung von sich weist, da man der Meinung ist, diese dürfe nicht personalisiert werden. Kann man überhaupt von Personalisierung reden, wenn es das Gros der Bevölkerung ist, das für eine Änderung votiert? Oder ist es nachgerade nicht schon eine Sozialisierung von Verantwortung qua Menge der Beteiligten, allein aufgrund reiner Arithmetik?

Die Zahl der Befürworter z.B. eines spritsparenden Tempolimits liegt derzeit bei 63 %, nur 35 % lehnen es ab. Hier könnte die Politik also offene Türen einrennen, widersetzt sich aber (genauer: das FDP-Verkehrsministerium) gegen besseres Wissen leider dem Mehrheitswillen. Hensel vertraut auf mit Macht ausgestattete Repräsentanten: was aber nutzen gewählte Minister, wenn sie sich auf Partikularinteressen kaprizieren und die Durchsetzung des Mehrheitswillens den Anwälten bspw. der Deutschen Umwelthilfe überlassen?

Ein mutige Geste des Voranschreitens, ein offizielles Signal der Verantwortlichen zum Start einer ernstzunehmenden Klimapolitik wird sehnlichst erwartet! Auch wenn man noch den Konjunktiv bemühen muss, kann man Petra Pinzler nur zustimmen: Die Summe macht’s, viele Einzelne können zusammen sinnvoll Großes leisten. Wenn man sie denn lässt, ihr Engagement nicht konterkariert und damit langfristig möglicherweise sogar unterminiert! – Gunter Affholderbach

 

Da sehe ich zwei Mitarbeiterinnen der ZEIT, sie streiten nicht miteinander, sie tauschen auch keine Argumente aus, sondern sie reden nur aneinander vorbei. Das ist im Ergebnis enttäuschend. Eine will, dass möglichst viele Bürger durch freiwillige Einschränkungen ihrer übertriebenen Lebensgewohnheiten etwas beitragen zur Eindämmung des Krieges, was nebenbei auch in der Klimakrise von Nutzen ist; die andere will sich durch Geldspenden freikaufen, alle Maßnahmen zur Eindämmung des Krieges dem Staat überlassen und nennt das Energiesparen „Missionieren“ und „Symbolhandlungen“. Zwei so gegensätzliche Grundeinstellungen können auch durch gute Argumente sich kaum näherkommen oder gar den Streit um den besseren Weg schlichten. – Ingo Rentzsch-Holm

 

Solidarität mit den Menschen der Ukraine ist das Gebot der Stunde. Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt bekunden ihre Solidarität mit den Menschen und der Regierung der Ukraine gegen den verbrecherischen Angriffskrieg Putins durch Demonstrationen, vielfältige Aktionen, Spenden, Aufnahmen Geflüchteter…. Was können wir alle zusätzlich beitragen ? Zwei Möglichkeiten für jeden Haushalt wären, die Heizung oder die Thermostate der Heizkörper um 2 Grad C zu reduzieren . Das Auto, wann immer möglich, stehen zu lassen . Dadurch würde der Bedarf an Öl und Gas geringer werden .

Russlands Anteile sind 36 % Rohöl und 55 % Erdgas. Die Abhängigkeit von Putins Rohstoffen würden sich verringern und seine Kriegsmittel wären bei Gas um 7 Milli-arden € weniger. Das wäre ein Beitrag der Solidarität für die tapferen Ukrainer*innen. Auch die CO2 Klimabe-lastung könnte verringert werden. Alle, die mitmachen, würden Geld für enorm steigende Heizkosten sparen. Machen wir daraus eine solidarische Massenkampagne und unterstützen die 141 Regierungen der Welt zur Beendigung des Krieges durch eine aktive Zivilgesellschaft. (Welche Portale, Presse und Organisationen sorgen für die virale Verbreitung einer Kampagne „Keine Kohle für Putins Krieg !“ ?) – Manfred John Wilner-Höfer

 

Putin hat Europa angegriffen. Putin hat uns und alles, wofür wir stehen, angegriffen. Seine Bomben und Raketen massakrieren Tausende und traumatisieren Millionen. Infra- und Wohnstruktur, kulturelle Güter und Gesundheitswesen werden auf Jahrzehnte zerstört. An jedem Tropfen Öl, an jedem Liter Gas, das wir ihm abkaufen klebt das Blut der ukrainischen Zivilbevölkerung. Der Import von allen Rohstoffen aus Russland muss sofort beendet werden.

Die deutsche Wirtschaft ist resilient und hinreichend für neue Beschaffungswege vernetzt. Unsere Gasversorgung bräche bei einem Importstop keineswegs sofort zusammen, da die deutschen Gasvorräte bei einem normalen Verbrauch, also ohne Einschränkungen bis zum Herbst diesen Jahres reichen. Die Wissenschaftler der Leopoldina halten einen Importstop für handhabbar und zeichnen kein Katastrophenszenario. Es wird keine Massenarbeitslosigkeit geben, der soziale Frieden ist nicht bedroht. Bedroht ist vielmehr unsere eigene existentielle Sicherheit, wenn wir nicht mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln an der Seite der Ukrainer kämpfen. – Bernhard Eichelbrönner

 

Bis auf den Beitrag von Petra Pinzler ist die STREIT-Seite tüchtig daneben gegangen. Die Überschrift „Frieren für den Frieden?“ ist eine journalistische Fehlleistung – reißerisch, aber am Thema vorbei. Weder frieren noch schwitzen bringen Frieden. Auch die Frage, ob Appelle an die Bürger zum Energiesparen „ein sinnvoller Beitrag gegen Putins Angriffskrieg“ sein können, geht fehl. Keins von beiden bringt Putin jetzt zum Einlenken. Jana Hensel verliert sich in Erinnerungen ans Altpapiersammeln zu DDR-Zeiten und in entgleisenden Moraldebatten. Weniger Öl, Gas und Kohle zu verbrennen ist in mehrfacher Hinsicht geboten.

Das zu tun und darüber zu sprechen, hat mit Moral nichts zu tun und ist keine Scheindebatte. Fassungslos macht mich der Satz „Es ist falsch, Verantwortung zu personalisieren“. Wer, außer Personen, kann denn Verantwortung tragen? Wenn ich heize oder mit dem Auto fahre – bin ich dann nicht für den Gas- und Spritverbrauch verantwortlich? Ist es die Regierung? Die Industrie? Die Umstände? Mein Zimmerthermometer zeigt gerade 17°, im Wohnzimmer sind es 22°, dank Holzofen. Die Ausflüge am Wochenende haben wir (über 80) mit Fahrrad und Zug gemacht. – Giselher Propach

 

Der Ansatz ist falsch! Es kann nicht darum gehen, wie unser aller derzeitiges Verhalten möglichst lange durch Subventionen erhalten werden kann, wie wir ohne massive Einschränkungen aber immer noch massiv auf Kosten anderer unser Leben einfach so weiter mit Überfluss und Vergeudung genießen können. Es muss jetzt endlich – seit fast 50 Jahren – viel mehr für den Umweltschutz, nein, gegen die aufkommende Klimakrise getan werden. Da kam erst die Corona-Misere vor allem der „Fridays For Future“-Bewegung in die Quere, dann dieser entsetzliche Ukraine-Krieg. Unmengen von Geldern werden verschlungen. Windräder- oder Solarzellen-Verfahren ziehen sich hingegen unmäßig hin.

Aber wo wird etwas dafür getan, dass die Menschen endlich einsehen, dass wir alle dazu beitragen müssen den Klimawandel zu stoppen? Das Bewusstsein aller muss geschärft werden, wie es sich bei Corona allmählich und nach Kriegsbeginn sehr rasch (und wohl nur mit der Aussicht auf baldige Beruhigung der Lage) durchsetzte. Wir können und dürfen immer schneller nicht mehr konsumieren was schadet: Flüge, Kreuzfahrten, beliebiges Autofahren in beliebig großen Spritfressern, Kryptowährungen, etc., etc. Stattdessen sollten Anstrengungen bevorzugt gefördert werden, wie wir wegkommen von Öl, Gas und natürlich weltweit auch Kernenergie. Es ist an der Zeit umzudenken und den Zug sofort von Vollgas zum Abgrund zu stoppen! – R. Jacob

 

Der Ernst der Stunde gebietet uns alle verfügbaren Kohle- und Atomkraftwerke sofort wieder ans Netz zu koppeln und dann mit allen vorhandenen – und mit voller Kraft – Strom zu produzieren. Nur dann kann etwas Erdgas gespart werden um die Lager – so lange es noch geht – wieder aufzufüllen. Wer diese vorausschauende Energiepolitik nicht unterstützt ist ein grüner Saboteur unserer Stromversorgung – und Saboteure werden noch immer auf irgendeine Weise drakonisch bestraft. Ich bin kein Prophet aber kann – im Gegensatz zu den GRÜNEN – logisch denken ! ! – Klaus Mertz

 

Der Untertitel „Es ist falsch, Verantwortung zu personalisieren“ macht mich fassungslos. Wer, wenn nicht Menschen, sollte denn zur Verantwortung gezogen werden (können)? Politiker, die entsprechende Entscheidungen zu treffen hätten, wie es etwas weiter unten im Text anklingt? Wie gut sind die Chancen, dass sich dann noch Gesellschaftsmitglieder für politisches Engagement gewinnen lassen? Sie müssten ja dazu den verantwortungsfreien Lebensstil fahren lassen und sich eines verantwortlichen Handelns besinnen.

Wie gering die Chancen sind, dass von Politikern ausformulierte verantwortbare Entscheidungen mehrheitsfähig sind, zeigt der lange zurückliegende Vorschlag der Grünen, dass ein fairer Benzinpreis bei 5 DM liegen müsste. Dafür, dass sinnvolle Vorschläge nicht angenommen werden, sollte man auch Politiker nicht pauschal verantwortlich machen. – Uwe Apel

 

In meiner Kindheit, die ich in der DDR der Nachkriegsjahre verbrachte, habe ich nicht wie Sie, liebe Frau Hensel, Zeitungen gesammelt, sondern Kartoffelkäfer, 2 Pf. das Stück! Der „Aufbau des Sozialismus“ konnte dabei kaum meine Motivation sein; gemeinsam mit anderen durf-te ich, freiwillig gezwungen, den damals noch selbständigen Bauern helfen! Leider hatte ich für derlei Getier einen blinden Fleck in meinen Augen, doch mitleidige Mitsammler steckten mir immer wieder einen Käfer ins Sammelglas. Mit Glück erhielt ich am Ende 50 PF., damals noch ein blauer Schein! Eine Kugel Eis kostete zu der Zeit 5-10 PF.!

Zeitungen wurden auch gesammelt, zuhause die abonnierte „Volkswacht“, nachdem die sozialistischen Schlagzeilen überflogen waren! Danach wurde sie sofort in handliche Vierecke zerschnitten und landeten so auf dem stillen Örtchen für ein paar stille Minuten! Trotz der damaligen dauerhaft klammen Versorgungslage wäre keiner auf die Idee gekommen, Klopapier zu hamstern: erstens war es Dauermangelware und zweitens grau und rauh wie ein Reibeisen! Dagegen fühlte sich die „Volkswacht“ geradezu geschmeidig an! Obwohl ich bei den „Streit“-Argumenten eher dem „Ja“ zuneige, muß ich eingestehen, daß sowohl Frau Pinzler als auch Sie recht haben! Je-der einzelne hat heute die Pflicht, wo immer möglich, auf fossile Energie zu verzichten!

Das gebietet gerade die Solidarität mit der Ukraine, aber ebenso der Schutz des weltweiten Kli-mas, für den wir jetzt einen bescheidenen freiwilligen Beitrag leisten können! Da all dies aber nicht genügt, brauchen wir dringend ein Totalembargo für russisches Erdöl und Gas, verhängt von unserer Regierung, besser noch von allen europäischen Staaten; man erinnere sich an die autofreien Sonntage in den 70ern als Reaktion lediglich auf einen „unfreundlichen Akt“! Wieviel zwingender ist da bei einem Krieg auf europäischem Boden ein harter Boykott!

Wir können die Ukrainer nicht wirksam militärisch unterstützen, wir können aber Putins Krieg-finanzierung empfindlich treffen! Was zählen jetzt „freie Fahrt für freie Bürger“ und ein mol-lig warmer Ofen, wenn unsere Nachbarn gerade Opfer eines unsinnigen Krieges werden? Putin läßt sich nur durch klare, harte Entscheidungen beeindrucken! Er wird sich zweimal überlegen ob er künftig dauerhaft auf Öl- und Gaslieferungen nach Resteuropa verzichten kann! Wirt-schaft kann manchmal mehr bewegen als hehre Werte, auch wnn sie von Frau Bärbock ver-treten werden! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Ich finde, Sie haben durchaus recht, dass man beim Thema Rohstoffverbrauch im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine nicht moralisieren darf. Sie verstricken sich jedoch in Widersprüche, wenn Sie im letzten Absatz zugestehen, dass „wir wahrscheinlich noch immer viel zu wenig tun“. Sie sprechen von „wir“, aber Sie verweisen vorher auf die „von Politikern zu treffenden Entscheidungen“. Das „wir“ bedeutet aber, dass deren Entscheidungen von der breiten Masse mitgetragen werden müssen, ansonsten funktionieren sanktionierende Maßnahmen nicht! – Dr. med. Martin Krivacek

 

Die Frage im Titel lässt eigentlich nur zwei Antworten zu: Ja, denn ich möchte nicht mit mei-nem Konsum finanzieren, was da geschieht. Oder: Nein, ich möchte schon lieber gerne warm wie gehabt. Ich kann die Position von Frau Pinsler nachvollziehen und ich teile sie. Ich erinnere mich an die Wirkung dieser Autofreien Sonntage, das Begreifen der Zusammen-hänge als Kind. Wir kaufen unsere gemütliche Zimmertemperatur ein bei Kriminellen, was nichts anderes heisst, als deren kriminellen Machenschaften zu unterstützen. Ich bereue, dass ich viel zu lange gut damit gelebt habe.

Aber jetzt muss Schluss damit sein und ich lebe lieber mit dem Schlagschatten eines Windrads vor meinem Fenster als mit den den Bildern von Glassplittern in zerfetzten Körpern. Das geschaut werden muss, wie dieser Einschnitt gesellschaftlich verteilt wird, versteht sich von selbst. DAS wird Aufgabe der Politik sein. Nicht aber, dass die Politik unsere Persönliche Verantwortung übernehmen soll. Herr Scholz wird frieren wie ich, wie die Buschauffeurin und der Pflegehelfer…

Ich verstehe die Argumente von Frau Hensel nicht. Frau Hensel ist gegen die Personalisierung von Ver-antwortung. Aber Verantwortung muss nicht personalisiert werden aus dem einfachen Grund, dass sie es schon ist. Verantwortung ist persönlich. Aber neben verständlichen und weniger nachvollziehbaren Argumenten gibt es da noch etwas anderes: Es ekelt mich einfach. Ich möchte, ich ertrage das warme Wasser nicht mit dem der Tod in der Städten der Ukraine finanziert wird. Das ist emotional. Egal. Es ist als solches ein Fakt.

Frau Hen-sel hat gespendet. Abgesehen davon dass mich das Bekenntnis etwas peinlich berührt, spenden wir nicht, wenn wir jetzt Geld einzahlen. Wir zahlen Schulden ab. Zu spät. Viel zu spät. Wir hätten verhindern müssen, dass es diese Spenden braucht. Das nicht wahrha-ben zu wollen, kann ich mir nicht verzeihen. Und wenn etwas geändert werden soll, dann jetzt. Hau – Ruck und Ruck Zuck! Gashahn zu. (Punkt) – Florian Reichert

 

Angesichts der Lage, die man als dramatisch bezeichnen kann, müssen Politik und die Bürge-rinnen und Bürger zusammen Lösungen finden. Aber die Politik tut sich schwer mit unkonven-tionellen Lösungen. Stattdessen wird ein mutloses weiter so propagiert. Kein Tempolimit, kein autofreier Sonntag, die Benzinpreise sollen trotz Krieg und Klimakrise wieder an den Stadtpanzer angepasst werden. Dabei wäre es schön, autofreie Sonntage zu haben.

Es würden viele Menschen davon profitieren. Ein Tempolimit wäre für viele Menschen und die Natur ein Segen. Auch wenn nicht die gesamte Bevölkerung hinter solchen Ideen steht, wäre das eine gute Lösung. Aber offensichtlich ist auch eine Regierung, an der die Grünen beteiligt sind, ent-täuschend unkreativ und handlungsunfähig. Es wird wider besseren Wissens weiter Gas, Kohle und Öl in gewaltiger Menge verheizt. – Sabine Kiermaier

 


 

 

Leserbriefe zu „Gefangen hinter Stäbchen“ von Hendrik Streeck

 

Danke, Hendrik Streeck! Dieser Beitrag war wichtig. Im Abitur-Jahrgang meiner Tochter können 20 bis 30 Schülerinnen und Schüler acht bis zehn Tage nicht zum Unterricht kommen, weil der Schnelltest ein positives Ergebnis zeigt. Dabei geht es den allermeisten gut. Warum isolieren wir gesunde junge Menschen, von denen gar kein Ansteckungsrisiko ausgeht?

Warum starren wir auf Infektionszahlen, die in der Realität nichts bedeuten? Und warum nehmen wir uns die Niederlande mit dem Abwassermonitoring nicht zum Vorbild? Oder wollen wir unseren Nachbarn nur nacheifern, wenn es ums Fahrradfahren geht? Danke für die aktuelle ZEIT. – Thomas Meichle

 

Wie wohltuend ist es in diesen trostlosen Zeiten, endlich wieder eine Stimme der Vernunft zu ver-nehmen. Hendrik Streeck ist in diesem Land, das vorwiegend aus „Bekloppten“ zu bestehen scheint, einer der ganz wenigen, die mit Ruhe, Gelassenheit und fachlicher Kompetenz ans Werk gehen und an unsere Vernunft appellieren.

Der Wahnsinn des ständigen massenhaften Testens symptomfreier Personen führt an die Wand – lediglich die täglich geschürte Angst vor den RKI-Zahlen ist sein unrühmliches Ergebnis. Seit Anbeginn der Pandemie war ich immer der Meinung, dass man mit diesen teilweise zufälligen Zahlen nur Unheil anrichtet, vor allem, weil sie auch so offiziell und mit dem finsteren Blick des RKI-Präsidenten apodiktisch verkündet werden: Hohe Inzi-denz, morgen Tod – das war die Botschaft, mit der die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt wurde.

Hendrik Streeck macht eine Reihe von sehr klaren, einfachen und praktikablen Vorschlägen zur Verbesserung der Analyse des Infektionsgeschehens – aber mir will leider scheinen, dass er „der Rufer in der Wüste“ ist, dem in dieser irre gewordenen Republik niemand mehr Gehör zu schenken vermag! In meinem schwäbischen Idiom haben wir eine Redensart, die derzeit mehr als dringend angebracht erscheint: O Herr, schmeiß Hirn ra (= herab)! Möge endlich Vernunft einkehren!! – Franz Schneider

 

Der Beitrag von Hendrik Streeck über die Unsinnigkeit dieser Endlostesterei, der war mehr als überfällig. Null Symptome, aber jeden Tag geht´s zum Test-Container, man braucht ja unbedingt ein Testergebnis für „da und dort“, obwohl man geimpft ist, oder vielleicht auch nicht. Hendrik Streeck macht sehr interessante Vorschläge, die teilweise auch schon in anderen Ländern üblich sind. Die Bundesregierung hat nun vieles beendet und die Länderfürsten und -innen, die fühlen sich vom Bund übergangen. Weitermachen wie bisher wäre auch eine Option, aber eine gewaltig grottenschlechte! – Klaus P. Jaworek

 

Man wird mich überheblich vielleicht sogar als irre bezeichnen, aber genau diese Argumentation von Hendrik Streeck hab ich schon vor einem Jahr genutzt. Leider wird sich außer meiner Frau wohl keiner meiner Bekannten daran erinnern, wenn ich sage: „Habe ich es Dir nicht schon vor einem Jahr gesagt?“ Für mich war im Zusammenhang mit einer Infektion immer schon bewußt, daß da ein deutlicher Unterschied zur Erkrankung besteht. Fast so deutlich wie der Unterschied zwischen Leben und Tod.

Dazu habe ich mir auch damals schon Gedanken zu den ökologischen Folgen dieser erheblich übertriebenen Testerei und Masken to drop anywhere Chose gemacht. Ich kriege einen Hals, wenn ich die in der Stadt zu Hauf am Boden liegen sehe. Ich sammle sie dann oft schon fast zwanghaft auf um sie im nächsten Abfalleimer zu entsorgen. Wenn schon Masken, dann doch bitte solche, die man waschen und mehrfach wieder verwenden kann. Die gibt es wie das Abwassermonitoring tatsächlich. Die innovativen wiederverwendbaren FFP2 RD Maske mit Baumwollschicht sind sehr angenehm zu tragen, haben einen bis zu 60 % geringeren Atemwiderstand, halten 20 faches Waschen aus und kosten im Schnitt zwischen 7 und 10 €.

Ein typischer Fall für Frayday for Future. Also testest du noch oder lebt du schon wieder. Für mich ist die Impfung wie das Anschnallen im Auto, Gurt und Airbag verhindern keine Unfälle tagen aber maßgeblich dazu bei, daß in den meißten Fällen die Folgen mehr als überschaubar bleiben. Meiner Ansicht resultieren die hohen tatsächlich gemessenen und vermuteten Infektionszahlen aus dem Perkolationseffekt, das Virus ist in der Bevölkerung inzwischen weit verbreitet und weil die Impfungen nur unzureichend Schutz vor Infektionen bieten infizieren sich auch immer mehr Leute und je mehr man testet um so höher fallen die Zahlen der heute kaum mehr aussagekräftige Inzidenz aus. – Siegfried Wache

 

Ich möchte Ihnen zu Ihrem klugen und klaren Artikel gratulieren. Auch ohne virologische, epidemiologische, statistische oder medizinische Vorbildung sagt es einem schon der „gesunde Menschenverstand“, dass es wenig Sinn macht, ohne Symptome einer Erkrankung blindlings nach deren Erreger zu suchen. Den Meisten ist nicht klar, dass wir ständig von Viren besiedelt sind, auch von Coronaviren, die schwere Krankheiten verursachen können – niemand dächte daran, ständig nach diesen Viren zu suchen. Die Argumente, die ursprünglich für dieses Screening gesprochen haben, konnten Sie aus der heutigen epidemiologischen Lage heraus entkräften.

Leider werden wir immer noch mit Infektionszahlen bombardiert, die so keinen Sinn machen. Die einzig relevante Zahl wäre die Anzahl der Menschen, die wegen einer Covid-19-Erkrankung hospitalisiert werden müssen. Wohlgemerkt: Dazu gehören nicht die, die wegen einer anderen Erkrankung eingeliefert werden und dann als Virusträger identifiziert werden.

Sie haben erfreulicherweise auch den ökologischen Aspekt der massenweisen Testerei angesprochen, was sonst nie geschieht. In einem Land, in dem Wattestäbchen und Trinkhalme aus Plastik vom Gesetzgeber verboten wurden, weiß offenbar ohnehin niemand um die Massen an Einweg-Plastikmaterial, das in Kliniken, klinischen Labors und überhaupt überall dort, wo medizinisch-biochemisch-biologischgearbeitet und geforscht wird, anfallen, weiß. Dieser Müll ist Sondermüll, wie Sie richtig anmerken. Was aber aus ökonomischen und hygienischen Gründen unumgänglich ist, muß nicht durch sinnlose Testerei vermehrt werden.

Die Fragwürdigkeit der massenhaften Testerei wird durch die Unsicherheit der Ergebnisse vergrößert. Die gegenüber dem PCR-Test systembedingte geringere Empfindlichkeit und die Qualitätsschwankungen je nach Hersteller sind ein weiterer Faktor. Entscheidend ist aber die Probenahme – und gerade bei den selbst durchgeführten Tests muß man da größte Zweifel haben. – Dr. Brigitte Pfeiffer-Guglielmi

 

Der Artikel zeigt beeindruckend den Unterscheid zwischen Prof. Dr. Streeck auf der einen Seite und Frau Priesemann und Herrn Drosten auf der anderen Seite, die in einem anderen Teil Ihrer Ausgabe zu Wort kommen. Hier haben wir einen Wissenschaftler, der schon jetzt an morgen und übermorgen denkt und nicht nur Wege aus der Pandemie aufzeigt sondern auch bereits zum heutigen Zeitpunkt Möglichkeiten der späteren Überwachung der pandemischen Lage ins Spiel bringt, die mit möglichst wenigen Einschränkungen für den Einzelnen auskommen.

Dort haben wir zwei Wissenschaftler, die gerade mal an heute denken, mit morgen bereits überfordert sind, da man die Zahlen aufgrund der vielen Variablen nicht modellieren kann, im Hinblick auf die Bekämpfung der Pandemie an althergebrachten und überkommenen Maßnahmen festhalten sowie sich weiter in Schreckensszenarien mit der angeblichen Sommerwelle überbieten.

Schade ist nur, daß Politik und Bevölkerung nicht auf den ruhigen, besonnenen und sachlichen Mann hören werden sondern sich ebenfalls lieber an den Schreckensszenarien festklammern wollen. Aus dem Hause des Gesundheitsministeriums hören wir ja bereits entsprechende Verlautbarungen. Mich erinnert dies stark an die Geschichte von den Schweinen, die den Stall nicht verlassen, obwohl die Tür offensteht. Das paßt auch zu der Überschrift. – Volker v. Moers

 

herzlichen Dank dafür, dass Sie im Betreff genannten Artikel Herrn Professor Streeck zu Wort kommen lassen! In der Vergangenheit bekam der Alarmismus mancher Politiker und Ärzte, auf deren mögliche Lobbyinteressen ich hier jetzt nicht eingehen will, zu viel Raum in der deutschen Medienlandschaft. Herrn Streeck‘s Umgang mit der Pandemie sehe ich sehr viel pragmatischer und die Bevölkerung weniger spaltend, als den des Bundesgesundheitsministers und Teilen der Regierung. – Roberto Padrevecchi

 

Ich bin 3x geimpft, ich nutze den ÖPNV und arbeite in der Krankenversorgung, muss mich 2x/ Woche testen und habe die Möglichkeit auf einen wöchentlichen PCR Test. Ich trage mindestens 9 Stunden/ Tag eine FFP 2 Maske – bin also kein Corona Leugner oder Verschwörungstheoretiker. Wo bleibt der klare Menschenverstand in diesem Land? Denkt noch jemand an die Menschen, die aufgrund von Corona nicht – oder nur unzureichend behandelt und betreut werden?

Wann hat das endlich ein Ende? Konsequenterweise müsste dann mit Beginn der kälteren Jahreszeit eine Mützen – und Handschuhpflicht eingeführt werden, um Erkältungskrankheiten einzudämmen. Sollen die Maskenliebhaber weiterhin Masken tragen! Es wird sie sicherlich niemand davon abhalten. – M. Trampe

 

Die Coronapolitik ist von Beginn an eine Aneinanderreihung von tragischen Fehlentscheidungen von völlig überforderten Politikern, die sich maßlos überschätzt haben. Eine davon ist die Art und Weise wie ein Labortest zur Anwendung kam, der für diese Indikation überhaupt nicht geeignet war. Die Folge waren aus dem Zusammenhang gerissene sog. Infektionszahlen, die mit einer realistischen Zustandsbeschreibung der Infektionsausbreitung nur wenig zu tun hatten.

Die daraus resultierenden Maßnahmen hatten von Anfang an verheerende Auswirkungen auf unser gesellschaftliches Leben und die wirtschaftliche Situation von Millionen von Menschen. Eine wissenschaftliche und rationale Herangehensweise, wie Herr Prof. Streeck sie vertritt, habe ich die ganze Zeit vermisst. Ihm gelingt es in seinem Artikel sehr schön die Absurdität der Coronapolitik darzustellen, die vor allem jetzt durch die Omikronvariante offenkundig wird. Wir sitzen in einem Gefängnis, das wir uns selbst mit Hilfe der Stäbchen gebaut haben! – Dr. med. Martin Krivacek

 

Vielen Dank für den wundervollen Gastbeitrag von Hendrik Streeck. Streeck versteht es , mit fachkundigen und gewichtigen Argumenten gegen das wahnhafte Testen in Deutschland anzuschreiben. Im Gegensatz zum Schillerpreisträger 2020 Christian Drosten besitzt Hendrik Streeck die Fähigkeit, immer wieder auch andere Disziplinen mit in all seine Überlegungen einzubeziehen (soziologische, psychologische, kulturelle, wirtschaftliche,ökologische Aspekte). Sein Abwägen von sinnvollen und sinnlosen Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie hat ihn oft in Misskredit fallen lassen.

Ich hoffe mit Professor Streeck , daß wir ein Auslaufen der Massnahmen dringend brauchen. Eine angstmachende Politik , die symptomloses Testen weiterhin in vielen Bereichen vorschreibt, an der Maskenpflicht festhält , täglich tausende Menschen unnötigerweise in Quarantäne steckt und an teils unwirksamen Impfstoffen festhält und so viele Millionen Menschen vom sozialen Leben ausgrenzt, darf in Deutschland keine Mehrheit mehr haben. Nur so und auch mit Hilfe der Medien kann es wie in den Niederlanden einen Weg zurück zur alten Normalität geben. Für diesen menschlichen und gesellschaftlichen Einsatz danke ich Hendrik Streeck. Also weniger Brinkmann und Lauterbach und dafür mehr Streeck wagen. – Thomas J. Birgel

 


 

 

Leserbriefe zu „»Hier hat die Kirche versagt, auf allen Ebenen«“. Gespräch mit Georg Gänswein geführt von Evelyn Finger

 

Ein Krieg ist ausgebrochen in Europa, Bisherige Überzeugungen gerade der friedensbewegten Christen werden in Frage gestellt, eine tiefgreifende Erschütterung bewegt uns alle.Nun lese ich in der Zeit von einem Spaziergang in den Vatikanischen Gärten und bin fassungslos.Schon lange verärgert mich die Fokusierung von Kirche auf die katholische Kirche und das Übermaß von Vatikan in ihren Beiträgen. So brennen mir die Fragen der christlichen Welt zu Gewalt und Widerstand, die Rollen der Ostkirchen in dem Konflikt und vieles andere mehr unter den Nägeln. Mehr Weite im Blick wünsche ich mir von Ihrer Redaktion! – Margarete Müller-Lorch

 

Wieder ein tolles Interwie, Frau Finger, bewundere Ihren Mut, Herrn Gänswein auch für uns Katholiken unangenehme Fragen zu stellen. Bei manchen Antworten tut er einem direkt leid und man hofft, dass er das, was er da sagt, wirklich selber glaubt. Aber bei bei seiner Replik auf Ihren Hinweis, manche Opfer und sogar Bischöfe seien mit Ihrer Hilfesuche am Vatikan gescheitert, er höre das zum ersten Mal, kann man nur fragen, in welcher Welt der arme Gänswein denn lebt. Bitte weiter so. – Prof. Dr. Klaus Lang

 

Zum Interview mit Herrn Gänswein möchte ich Folgendes anmerken: Georg Gänswein sagt über den Expapst: „In seinem offenen Brief vom 8. Februar spricht er klar und deutlich davon, dass er für begangene Fehler in den verschiedenen Ämtern, die er innehatte, Verantwortung übernimmt – ohne Wenn und Aber.“ In der ZEIT vom 10.2. und anderswo lässt sich freilich nachlesen, wie dieses angebliche Übernehmen von Verantwortung bei Ratzinger aussieht: „Ich habe in der katholischen Kirche große Verantwortung getragen.

Umso größer ist mein Schmerz über die Vergehen und Fehler, die in meinen Amtszeiten und an den betreffenden Orten ge-schehen sind.“ Von _eigenen_ Fehlern ist in dem Brief nirgends die Rede. Lieber vergleicht Ratzinger sich mit einem höheren Wesen, das frei von Schuld ist, aber das ganze Leid und die Sündhaftigkeit der Welt auf sich lasten fühlt: „Immer mehr verstehe ich die Abscheu und die Angst, die Christus auf dem Ölberg überfielen“. Dieses bestürzte Getue ohne Wahrhaftigkeit empfinde ich bei Ratzinger ebenso wie bei Gänswein als zutiefst abstoßend. – Christoph Trunk

 

Viel erwartet habe ich mir von diesem Interview mit dem Erzbischof und Privatsekretär Georg Gänswein von Joseph Ratzinger (vormals Papst Benedekt XVI) eigentlich nicht. Leider haben sich meine Vermutungen dahingehend auch bewahrheitet. Mir sind da zwei Begriffe von Georg Gänswein aufgefallen, die ich sehr interessent gefunden habe, und die er auf Seite zwei des Interview verwendet hat. Das wären die beiden Worte „Zuversicht“ und „Gottver-trauen“.

Der große Dichter, Philosoph, Historiker und Arzt Friedrich von Schiller (1759-1805) sagte über die Zuversicht: „Es kommt der Tag, der alles lösen wird“. Karl Frenzel (1827-1914), ein deutscher Schriftsteller & Philosoph sagte über das Gottvertrauen: „Über uns allen ist die Hand des Ewigen“. Vielleicht können oder dürfen wir in diesem endlosen Miss-brauchskandal, doch noch auf „etwas Besserung“ hoffen! – Klaus P. Jaworek

 

Als es um die Rolle von Papst Benedikt bei der Missbrauchsaufklärung geht, sagt Erzbischof Gänswein im ZEIT-Interview: „Es braucht mehr als einen Menschen, und sei er der Papst, um diesen Sumpf trocken zu legen.“ Demzufolge hat das Oberhaupt nicht einmal die Macht, um in einer für die Glaubwürdigkeit der Kirche entscheidenden Frage wirksam durchzugreifen. Das heißt aber auch, dass das Modell einer absolutistischen Monarchie, der die katholische Kirche nach wie vor anhängt, schon jetzt zumindest teilweise Fiktion ist.

Umso mehr ist es geboten, sich endlich von diesem mittelalterlichen Konstrukt und den damit zusammenhängenden Machtver-hältnissen zu verabschieden. Die Kirche muss eine synodale Struktur erhalten, die dem gemein-samen Priestertum aller Glaubenden (II. Vaticanum) gerecht wird. Ohne diese grundstürzende Veränderung würde die gleichfalls überfällige Öffnung aller Weiheämter für Frauen keinen richti-gen Sinn ergeben. – Martin Baumgartner

 

Vielen Dank für dies erhellende Interview! Zeigt es doch: Das obige Schuldeingeständnis ist keins, schon gar kein persönliches. Das „Versagen auf allen Ebenen“ wird nur für die Kirche „bekannt“, erst auf Nachfrage konkretisiert (z. B. „Täterschutz vor Opferschutz“), aber nicht „erklärt“. Es bleibt dem Gottesmann ein „Rätsel“. Offenbar blind für den traditionellen Mißbrauch von „geistlicher“ Macht für irdische Zwecke. Auf dieser Ebene indes ist er (mit Christian Morgenstern) erstaunlich klarsichtig: „Wir Menschen haben eine Tendenz zu verdrängen, was wir nicht wahrhaben wollen…“, was zu der Erkenntnis führt:

„Der einzig wirksame Schutz besteht darin, das wir alle sensibel werden für frühe Anzeichen von Mißbrauch.“ Kennen wir nicht diese doppelte „Vergemeinschaftung“ von institutioneller und individueller Schuld und deren „Aufarbeitung“, die jetzt bei uns allen liegt? Ist solch Verhalten nicht typisch für alle „absolutistischen“ Machtverhältnissen, egal ob religiös oder weltlich – erst recht, wenn sich beide zusammentun? Und dient es nicht einzig dem rationalen Zweck des Machterhalts im behaupteten Interesse der jeweils beherrschten Gemeinschaft? So gesehen ist auch Putin keineswegs „wahnsinnig“:

Er verhält sich nach einem uralten bewährten Muster, indem er über das Militärische hinaus auf die Unterstützung „höchster“ Mächte setzt; in diesem Fall die Hilfe der russisch-orthodoxen Kirche. Großartig, wenn die ZEIT auch diesen doppelten Machtmißbrauch (von Putin und der Kirche) aufdecken würde, der bislang öffentlich kaum wahrgenommen und diskutiert wird, obwohl er für Putins Machterhalt in großen Teilen der Bevölkerung entscheidend sein dürfte! – Eckhard Heumann

 

ich habe mich ernsthaft mit dem Interview beschäftigt. Dabei habe ich von den vielen „Missverständnissen“, „Fehlinterpretationen“ „falsch gestellten Fragen“ der Untersuchungskommission erfahren, und war geneigt, im Zweifel den Beschuldigungen ein minder schweres Gewicht zu geben. Der Schluss des Gesprächs hat mich dann aber geradezu umgehauen. Darin zitiert Erzbischof Gänswein das liturgische Gebet „Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“ – und bezieht es auf die Missbrauchten (!), die solch ein „heilendes Wort erfahren“ sollten.

Man muss dies Bibelzitat im Kontext mit dem in der Liturgie zugehörigen Satz lesen: „Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach …“ , um die Monstrosität dieser Aussage zu erfassen: Das Missbrauchsopfer selbst hat sich zuvörderst demütig zu zeigen. Täter / Opfer – Umkehr in Reinkultur. Und Erzbischof Gänswein hat sich selbst entlarvt – jenseits allen Missverständnisses. – Peter Brinkmann

 

Vielen Dank für das ausführliche und aufschlussreiche Interview mit Georg Gänswein. Die ganze Diskussion darüber wer, wann, was en detail wusste, getan oder unterlassen hat, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es innerhalb der katholischen Kirche offensichtlich fest etablierte verbrecherische Strukturen gibt. Diese Strukturen ermöglichen es skrupellosen Menschen zu Wirken wie es ihnen beliebt. Ob das immer rein pädophile Neigungen waren, die Priester und Bischöfe zu solchen Taten veranlassten , wage ich sogar zu bezweifeln. Viel-mehr wurden hier Sadismen und Machtphantasien in großem Stil ausgelebt.

Psychopathische Selbstverwirklichung auf dem Rücken von Kindern, Jugendlichen und Frauen. Dass auch heu-te noch Geistliche jeglichen Ranges in der katholischen Kirche verbleiben, obwohl klar ist , was sich seit Jahrhunderten dort im großen Stil abspielt, spricht in jedem Fall gegen diese Leute als geistliche Vorbilder und spirituelle Lehrer. Wo sind die Prozesse gegen die Vielzahl der Täter? Nichts dergleichen findet wirklich umfassend statt. Es geht in dieser Kirche schlicht um Macht, Geld und Eliten, die hinter dicken Mauern schalten und walten möch-ten wie es Ihnen beliebt.

PS: das Zölibat hat und hatte immer nur den einen Zweck: Priester sollen keine offiziellen Kinder zeugen, da diese sonst erberechtigt wären. Das zu erbende Vermögen soll jedoch stets innerhalb der Kirche verbleiben. Und die Beichte ist nichts ande-res als ein Ausspionieren der Schäflein um sie zu Ablass zu bewegen und sie ggf. unter Druck setzen zu können. Es hilft nur eins: aus der Kirche austreten, den Geldhahn zudrehen. Diese Sprache wird im Vatikan sehr gut verstanden. – Tanja Bischof

 

Als langjährige Leserin Ihrer Beiträge zum Thema Glauben und Zweifeln möchte ich mich hiermit für die vielen Inspirationen bedanken, die ich beim Lesen erfahren durfte. Mir fallen zum Kriegsgeschehen in der Ukraine einige Bibelstellen ein, die ich hier anführen möchte. Internationaler Gerichtshof: Gott – wie ich ihn verstehe- möge den Richtern, die über Kriegsverbrechen verhandeln, die Weisheit des biblischen Richters Salomon verleihen. Bibelstelle über die Versuchung Jesu in der Wüste: Satan kommt zuerst als guter Freund, er verspricht Macht und Reichtum, wenn Jesus ihn anbetet. Die Machthaber, Kriegsverbrecher, Diktatoren kommen auch zuerst als gute Freunde, weil sie den Menschen Versprechungen machen. Putin verspricht….

Bibelstelle: fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten können, fürchtet euch vielmehr von denen, die die Seele töten. Putin versucht seit langem, die Seelen zu töten, und weil es ihm nicht gelungen ist, tötet er jetzt die Leiber. Bibelstelle Untergang von Sodom und Ghomorra: Lot gibt Anweisung, sich auf der Flucht nicht umzudrehen, sonst erstarrt derjenige zur Salzsäure. Wenn ich mich in den unsozialen Medien immer nach den Kommentaren umdrehe, erstarre ich in meiner Persönlichkeitsenticklung. Bibelstelle: ein guter Vater gibt seinen Kindern Brot und nicht Steine, wenn sie hungern. Putin gibt seinen jungen Soldaten Waffen statt Brot, und das bedeutet verhungern und Tod.

Ich bete Tag und Nacht für eine spirituelle Lösung, um diesen schrecklichen Krieg zu beenden. Die Montagsgebete in der DDR haben die Mauer von Berlin zum Einstürzen gebracht. Wichtig an diesen Zusammenkünften in den Kirchen ist die Beteiligung der Kirchenbesucher an den Gebeten. Jeder sollte die Möglichkeit haben, aufzustehen ans Mikrophon zu gehen und seine ganz persönlichen Gebete zu sprechen. Dann wirkt es. Wenn der Priester alleine dort vorne seine Worte spricht, ist es zu wenig. Wenn ich dies vom burgenländischen Diözesanbischof einfordere, erklärt er mich für verrückt. Gott gebe , dass ich mich in diesem Punkt täusche, aber meine Erfahrungen sind so. – Ida Diemberger

 

Wie man mehr und mehr lesen und hören kann, ist das sog. „Christliche Abendland“ gespalte-ner denn je! Der Patriarch von Moskau bejaht und unterstützt Putins Krieg, indem er ihn als Kampf gegen den gottlosen Westen sieht, der die heilige orthodoxe Religion und Kirche der „Rus“ bedroht durch den liberalen und antiautoritären Geist der Freiheit, der alle moralischen Prinzipien gefährdet und zerstört. Dieser Geist ist gut erkennbar an der Toleranz gegenüber Homosexualität, Abtreibung, Ehescheidung Genderbewegung und ähnlichem.

All diese „westli-chen“ Sünden und Verderbnisse abzuwehren, auch mit militärischer Gewalt, gesteht der Mos-kauer Patriarch der Staatsgewalt, also Putin, zu. Damit erhält Putin von der russischen orthodo-xen Kirche den Segen für seinen brutalen wahnsinnigen Krieg, denn er ist ein Kampf gegen das Böse, gegen den Teufel. Wieder einmal sitzen Religion und Staatsmacht in einem Boot und ver-stärken wechelseitig ihre Autorität. Und die braven, blinden,! autoritätsliebenden sog. „kleinen Leute“ fallen millionenfach darauf herein!

Ganz anders sieht die polnische Bischofskonferenz diesen Ukrainekrieg! Sie schreibt schon am 2.3.22 an den Patriarch von Moskau u.a.: „dem Ge-bet für den Frieden müssen Taten folgen“. Sie teilt zwar mit Kyrill die Auffassung, „Feindselig-keiten gegenüber jedweder Nation ist immer unverzeihlich“, doch sie zieht daraus die Konse-quenz, dass sie ihn bittet, „dass Du die russischen Soldaten aufrufst, nicht an diesem ungerech-ten Krieg teilzunehmen“ und „die Ausführung der Befehle zu verweigern“. „Die Befehlsverwei-gerung in einer solchen Situation ist eine moralische Pflicht.“ Deutlicher kann man kaum den Gegensatz zwischen diesen beiden „christlichen“ Positionen beschreiben! Und wo die polni-schen Bischöfe den bösen Geist und damit den Teufel am Werke sehen, bedarf keiner Frage. Da bleibt zumindest nur Putin, am Ende auch der Patriarch Kyrill!

Wir, der Westen, lassen die überfallene und schon wahnsinnig zerstörte Ukraine mit zahllosen Todesopfern ziemlich allein. Auch wenn wir ihr sehr zögerlich Waffen liefern, erleben wir – hilflos danebenstehend – die lebenszerstörende Übermacht der Atommacht Russland. Man könnte wahnsinnig werden ob dieser „unterlassenen Hilfeleistung“ in höchster Not. Die polnischen Bischöfe schreiben: „Damit unser Gebet jedoch nicht als Ausdruck von Scheinheiligkeit angesehen wird, müssen ihm Taten folgen“.

Und nach meiner Überzeugung fehlt neben den vielen Waffenlieferungen nur eine einzige Tat, zu der die Klitschkobrüder schon – bisher vergeblich – eingeladen haben: dass Papst oder Dalai Lama sich aufmachen in die Ukraine oder nach Moskau, und von dort – am besten in Moskau! – von Putin den Stop dieses Wahnsinnskrieges verlangen! Und dass sie nicht eher ab-reisen, bis sie Erfolg haben! Kaum ein Mensch dürfte in diesem Krieg ungefährdeter sein wie diese beiden! (Weil mir dies seit langem ein brennendes Anliegen ist, habe ich vorgestern er-neut in diesem Sinne an den Papst geschrieben.)

Eilbotschaft – „Flagranti cura“ / „Mit brennender Sorge“ Lieber Papst Franziskus, Sie haben am 13.3.2022 nach Ihrem Angelusgebet 3 Minuten aufgewendet, um zum Ende des „Massakers“ in der Ukraine aufzurufen. Sie sagten, Mariupol sei zu einer „Märtyrerstadt“ geworden und Sie schlossen mit dem Appell an Putin: „Im Namen Gottes fordere ich Sie auf, stoppen Sie dieses Massaker!“ – Noch mutiger fand ich den Brief der polnischen Bischöfe vom 2.3.2022 an Patri-arch Kyrill, in dem sie Kyrill aufforderten, die russischen Soldaten in der Ukraine zur Befehls-verweigerung aufzurufen. Ihr Appell und ebenso der der polnischen Bischöfe verhallten an-scheinend erfolglos.

Der Krieg geht ununterbrochen weiter mit vielen Toten und wahnsinnigen Zerstörungen. Dieser Tage las ich: „Das Einzige, was für den Triumph des Bösen notwendig ist, sind gute Menschen, die nicht handeln“. Das heißt für mich: Worte sind zu wenig! Es muss et-was weiteres „getan werden“, das vielleicht das Böse stoppt. Dass dies im Ukrainefall nicht eine militärisches Eingreifen der Nachbarn oder der NATO sein kann, leuchtet zunächst ein wegen der Gefahr eines „Weltenbrandes“ oder eines 3. Weltkrieges. Und unbedeutende Einzelne wie ich haben keinen Einfluss auf solche Kriegsherren.

Denkbar ist nur, dass so bedeutende Men-schen wie Sie oder der Dalai Lama o.a. sich aufmachen und sich einem Kriegsherren wie Putin „in den Weg stellen“ und zwar von Angesicht zu Angesicht. Deswegen haben schon vor einigen Tagen die bekannten Klitschkobrüder in Kiew den Dalai Lama und Sie in die Ukraine eingela-den. Sie sind beide meines Wissens offensichtlich der Einladung nicht gefolgt. Warum, ist (mir) nicht bekannt. Deshalb mache ich heute erneut, nach meinem Brief an Sie vom 5.3.2022, den Versuch, Sie zu bewegen, nach Moskau zu reisen und Putin aufzufordern oder auch nur zu bit-ten, umgehend seinen Krieg und seine damit verbundenen Machterweiterungspläne – um Got-tes Willen – zu stoppen. Gott gebe Ihnen dazu den Willen und vor allem die Kraft des Hl. Geis-tes. Bleiben Sie tatenlos, werden noch viele Menschen in der Ukraine deswegen sterben müs-sen. – Karlheinz Fritz

 


 

 

Leserbriefe zu „Eine Frau von Wert“ von Samiha Shafy

 

Zunächst vorweg: Ein Verdienst von Samiha Shafys Artkel ist, an einer besseren Reputation von Frau Baebock zu arbeiten, die das verdient hat. Aber warum durchwebt die Autorin den Artikel mit Genderthemen, die dann leider auch nicht tiefer durchdacht sind, so sie denn überhaupt zutreffen? Sie scheint da einer Mode blind zu folgen, die nichts bringt und auf Dauer schadet.

Frau Shafy sagt, die Mehrheit der Deutschen habe Frau B. ungnädig geblickt. Diese Umfragen kenne ich. Dann sagt sie, viele ältere Männer hätten sie für zu naiv etc. gehalten und verstünden sie vielleicht erst jetzt. Da würde mich nun doch tatsächlich die fundierte Quelle interessiere, dass es wieder mal der dumme alte weiße Mann gewesen sein soll, im Gegensatz zu jüngeren, Frauen etc. Meinem Gefühl nach besteht die Mehrheit der Deutschen aus mehr, als nur alten weißen Männern!

Nebenbei: Bin ich mit 55 bereits ein alter weißer Mann? Und ab wann wurde ich daher schuldig? Oder steht mit das erst in ca. 5 Jahren bevor? Es ist eine lächerliche Argumentation. Dann sagt sie, Frau B. habe den Feminismus ins Zentrum der Außenpolitik stellen wollen, zur Belustigung der Kritiker (wieder alte weiße Männer? Quelle?). Tatsächlich sollte Feminismus nicht das Zentrum der Außenpolitik sein, da geht es doch um mehr und ganz andere Fragen. Aber darin spielen Fragen der gesellschaftlichen Gerechtigkeit dann natürlich eine relevante Rolle.

Die Autorin will dann aber wohl am Ukraine-Krieg veranschaulichen, wie sie einen feministischen Fokus versteht und sagt, Frauen würden vielfach Opfer von Gewalt. Dem ist sicherlich so, dennoch ist diese Fokussierung verachtend! Denn es sind vor allem weiße Männer, die Opfer von Gewalt sind, oder wie will man es nennen, wenn diese reihenweise erschossen werden? Daran sieht man, wie falsch es ist, Feminismus in Zentrum zu stellen. Es geht um gesellschaftliche Gerechtigkeit! Frauen dürfen sogar fliehen!

Ich hoffe nicht, dass Frau Shafy eine rethorische Pirouette versucht, die nur peinlich wäre, indem sie ihre Fokussierung auf die Frau als Opfer damit begründet, dass sie selten an politischen Entscheidungen beteiligt seien. Ist das bei den Soldaten, die sterben, denn anders? Dazu bitte ich dann auch um Quellenangaben.

Sollte es der Autorin und Frau B. nicht um Klientelpolitik gehen (die Klientel Ware in diesem Fall die Frau), sondern um gesellschaftliche Gerechtigkeit, dann würden sie gerade angesichts des Krieges vehement dafür eintreten, dass entweder auch Männer fliehen dürfen, oder dass ebenfalls die Frauen zum Kriegsdienst verpflichtet werden. Aber vielleicht liege ich einem Missverständnis auf, und es geht bei Gleichberechtigung tatsächlich nur um Rechte, nicht um Pflichten.

Zum Schluß muß ich noch ergänzen: Ich bin Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und kann nur betonen, dass Spaltung einer der unreifsten Abwehrmechanismen ist, sowohl bzgl. des Individuums wie der Gesellschaft. Es ist Spaltung, die zu Krieg führt. Auf jeden Fall haben wir noch viel vor uns bzgl. gesellschaftlicher Gerechtigkeit. Aber so platt, spaltend und nicht fundiert, wie Frau Shafy das bei der verdienten Lobpreisung von Frau B. unnötig und nebenbei einweben will, bringt es nichts vorwärts. Im Gegenteil, es schadet und ist der Zeit unwürdig. – Dr. J. U. Meyer

 

Keine Skepsis, eher Neugierde auf das mir bis dahin unbekannte Rollenverständnis Baerbocks für diese international bedeutende Aufgabe als deutsche Außenministerin. Aber neben ihrem überzeugenden Part auf dem internationalen Parkett scheint ihre öffentliche Präsenz Einfluss auf das schwindenden Demokratie-Verständnis im eigenen Land zu nehmen. Ihre eindeutigen und sprachlich nachvollziehbaren Beschreibungen vom Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie erreichen die Skepsis so mancher Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, auch weil sie erkennbar ein Taktieren vermeidet. – Jürgen Dressler

 

Titelseite ZEIT 12/2022, „Eine Frau von Wert“. Zitat: „Viele ältere Männer (….) merken es vielleicht erst jetzt“ (…). Geschrieben dem Namen nach von einer Frau. Hätte ein Mann geschrieben „Viele ältere Frauen merken es erst jetzt“ wäre das grob pauschalierend, abwertend und sexistisch gewesen. Ist dieses „ältere Männer-bashing“ jetzt auf einmal korrekt? Sinkt die „Zeit“ so tief? Ist es auf einmal ok. wenn Frauen das tun, was sie Männer (zu Recht oder Unrecht) vorwerfen?

Oder sehen wir es mal von der faktischen Seite: Wie hat die Autorin ihre Aussage belegt? Mittels einer repräsentativen Stichprobe? Oder ist das einfach ein Gefühl? Sind wir so weit, dass man negative, abwertende, pauschalierende Aussagen nicht belegen muss, wenn sie gegen Männer gehen? Ich bitte um eine angemessene Reaktion der Autorin. – Dr. Thomas Hauff

 

Die Werte die von Frau Ministerin Baerbock hochgehalten werden, sind Menschenrechte und Freiheit. Das macht sie sehr eindeutig und es gibt auch den passenden Gegenpart für sie: das Böse schlechthin – Putin. Dieser Krieg hat ein ungeheures Potenzial Menschen zu vernichten: sehr viele sehr potente Waffen – dadurch Kräftegleichheit, also Zermürbungskrieg und dabei immer am Rande eine Weltkriegs. Der Reihe der Lieferenten des Krieges sollen sich nach USA, UK und Türkei jetzt auch die Deutschen anschließen.

Einen schlimmeren Rückschritt in der Mensch-heit kann es nicht geben. Wer hätte gedacht, dass grüne Spitzenpolitiker einmal zu 100% im Dienst der Rüstungslieferanten stehen. Scholz und Lindner müssen sich mit den Forderungen ukrainischer Politiker rumschlagen, die sie nicht erfüllen können und dürfen. Dieser Krieg begann kurz nach der Entmachtung von Gorbatschow; nur haben wir es nicht bemerkt. Putin ist ein Getriebener. – Uwe Mannke

 

Sie meinen schon dieselbe Frau Baerbock, die ihren Kollegen Habeck abkanzelte, als der lange vor dem tatsächlichen Kriegsbeginn laut über die Lieferung von Defensivwaffen in die Ukraine nachdachte? Mir ist auch nicht ganz klar, ob Feministinnen damit einverstanden sein können, dass nur Frauen aus der Ukraine ausreisen können, nicht aber Männer unter 60. Gibt’s nun doch wieder einen Unterschied? Vielleicht erklären Sie‘s mir. – Christian Voll

 

Ich bin wie Frau Shafy auch der Meinung, dass Frau Baerbock sich im Amt der Außenministerin ziemlich gut schlägt. Frau Shafy schreibt, dass Frau Baerbock zu Beginn viel Hohn und Kritik aushalten musste, ohne allerdings den Grund dafür zu nennen. Zur Erinnerung: Frau Baerbock hat während ihrer Kanzlerkandidatur aus meiner Sicht ohne Not ihren Lebenslauf frisiert und darin den Stellenwert einzelner Positionen aufgebläht, dafür ist sie kritisiert worden und sie hat sich nach der für sie und Die Grünen nicht ganz so gut gelaufenen Wahl entschuldigt, ohne allerdings jemals zu erläutern, warum sie das gemacht hat.

Ich finde es übrigens auch gut, dass sie eine wertegeleitete Außenpolitik vertritt, ein klarer Wertekompass schafft notwendige Orientierung, doch ob es wirklich so ist, dass es nur die Werte sind, die uns bei der Befreiung von Schurkenstaaten weiter helfen wie Frau Shafy behauptet, wage ich zu bezweifeln. Kriegszeiten sind schlechte Zeiten für die Aufrechterhaltung von Wertvorstellungen. Wir erleben doch gerade, dass sich die Bundesregierung und gerade die Partei der Grünen von einer ganzen Reihe von Wertvorstellungen zumindest zeitweilig verabschieden mussten und stattdessen nach pragmatischen weniger idealistischen Schritten suchen und wohl auch suchen müssen, um den Anforderungen der Realitat gerecht werden zu können. – Ulrich Schwitzner

 

Der kurze Artikel erweckte bei mir den Eindruck, als seien die Werte, für die Annalena Baerbock da stehen soll, ein exportwürdiges Gut. Doch bei aller Sympathie für diese soltte nicht nicht aus dem Blick geraten, dass Werteexport – und darin gar noch eine Weltmeisterschaft – selbst nicht unbedingt zu jenen guten Werten zu rechnen ist. Ein Putin und dessen Anverwandte sind nicht ohne Werte, nur unterscheiden sich die grundgelegenden Axiome in der Logik der Werte wohl deutlich.

Die Attraktivität des ‚westlichen‘ Wertesystems gründet vor allem in der Verheißung von Glück und Reichtum, nicht in der Last der Verantwortungen, die mit den hier gelebten Freiheiten einhergehen. Freilich ist der Export von Werten mittels kriegerischer Handlungen wie alle Handlungen mit Werteexport-Anliegen und dem Ziel einer Marktsättigung schlicht abzulehnen. – Volker Homann

 

«Was hilft also, wenn es ernst wird? Werte!» so schliesst der Beitrag von Samiha Shafy zum Thema «Warum Annalena Baerbock jetzt beliebt ist». Shafy hat Recht. Der Mut der ukrainischen Kämpfer ist bewundernswert und die Politik der Aussenministerin und ihre Bezugnahme auf Werte verdient die im Artikel ausgeführte Annerkennung.

Es ist also vielleicht nicht der rechte Zeitpunkt um über den Wert von Werten zu reden. Nötig ist es aber trotzdem, die aktuelle Situation einzuordnen. Denn eigentlich sind die Hauptprobleme der Menschheit langfristig gesehen die Gräben in den Bereichen Ökonomie, Ökologie und Demographie. Und diese Tatsache müsste auch eine Rolle spielen beim Bewältigen der aktuellen Katastrophe

Die Natur kennt keine Werte aber auch keine entsprechenden Gräben, die das Fortbestehen von Species bedrohen. Werte sollten also auch danach erstellt werden, dass aus ihnen Lösungen für die genannten Probleme ableitbar sind. Eventuell ist es sogar sinnvoll bestimmte Werte wie Feminismus, Demokratie und Freiheit einzuordnen und zu relativieren.

Zu meiner Entschuldigung, was den Feminismus betrifft: Als Kind überlegte ich mir schon mal, ob ich nicht lieber ein Mädchen wäre. Grund war: Der einzige Onkel mütterlicherseits gefallen. Mein Vater kam als Schwerkriegsgeschädigter heim. Jede Woche holte ich mit dem schweren Militärrad, das Vater auch aus dem Krieg heimgebracht hatte, vom anderen Ende der Stadt zuerst das Rezept bei einem befreundeten Arzt und dann die Packung des Schmerzmittels Gewadal, das Vater dringend brauchte. In der Schule lasen wir während des Ungarn-Aufstands im UNESCO-Kurier «Little Sandor died a hero». Ich wollte kein hero sein, dann lieber dekadent.

Die Frage ob ich lieber als Mann kämpfen würde oder als Frau fliehen, stellt sich mir nicht. Aber was ist mit der Freiheit des Ukrainers, etwa auch in einer Familie, in der der Mann die Kinder betreut? Was ist, wenn jemand so denkt wie ein Afghane aus Kabul, der mit dem Zusammenbruch des Regimes rechnete und floh? Auch in Afghanistan gab es Grenzen (zumindest um Kabul herum), die verteidigt werden konnte und es gibt noch heute den entsprechenden Graben zwischen denen, die den Regime-Wechsel begrüssen (bringt zumindest Ruhe und Sicherheit) und denjenigen, die zu Recht den Verlust von Freiheit, Gleichberechtigung und Demokratie verfluchen (das Wort bedauern ist zu schwach, mir fällt kein anderes Wort ein).

Unpassend wäre vielleicht die Feststellung, dass in Afghanistan auch für Männer die Freiheit bestand, zu fliehen. Auch in Afghanistan galt es Werte zu verteidigen. Ein Wert wäre, die langfristige Versorgung zu sichern in einem Land, dessen halbe Bevölkerung heute von Hunger bedroht ist und dessen Staatshaushalt zu 70 Prozent vom Ausland gestützt wurde. Zu sichern durch Akzeptieren von ähnlichen Werten, wie sie heute in der Ukraine verteidigt werden.

Fragestellungen und Zielkonflikte, wie die erwähnten, sind typisch für aktuelle Situationen der Menschheit. Was den Ukrainekrieg betrifft: Einerseits ist alles zu tun, damit der tapfere Widerstand der Ukrainer nicht vergeblich ist. Andererseits ist es eventuell auch nötig, Putin eine Gesichtswahrung zu ermöglichen, um den Krieg so schnell als möglich zu beenden.

Die Folgerung ist typisch für Zielkonflikte: Es gilt ein höheres gemeinsames Ziel in den Vordergrund zu stellen. Was die Politik betrifft, wäre dies zu fördern durchs Konstruieren von Weltbildern und Wertvorstellungen, die der Menschheit ein langes gutes Fortbestehen ermöglichen. Versucht habe ich das im Buch «Die Technik reicht nicht. Was ist nötig, damit die Menschheit noch lange gut fortbestehen kann?» – Dr. Gernot Gwehenberger

 

Es ist ja schön, wenn Sie die Aussenministerin als eine Frau von Wert bezeichnen. Doch was sind das für Werte? Lässt sich die Demokratie und die Freiheit tatsächlich nur mit einem Rüstungsetat von 100 Milliarden Euro verteidigen? Sind Waffenlieferungen an eine Kriegspartei ein Weg aus dem Krieg? Darf Deutschland jetzt auch wie die USA Kriege mit der Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen rechtfertigen? Das kann und darf doch nicht Ihr Ernst sein? Spätestens seit 1998 haben Die Grünen ein neues Verhältnis zum Krieg gewonnen. Oder sind sie damals wie heute nur ein dankbarer Untertan amerikanischer Außenpolitik? Mir scheint es so.

Die heute verstorbene ehemalige Aussenministerin der USA Madeleine Albright war im Kosovokrieg den Grünen ein Vorbild und ist es vielleicht heute noch. Auch damals wurde sofort Partei bezogen. (Thaci und Selensky als ehrenvolle Mitglieder der „regelbasierten Weltordnung“) So einfach kann die Welt im Krieg sein. Von pazifistischen Grundwerten keine Spur mehr. Und was soll eine „entschlossene Klima-Außenpolitik“ sein, um sich aus der Abhängigkeit von Schurkenstaaten zu befreien?

Ist damit Robert Habecks Suche nach fossillen Brennstoffen in Katar und Saudi Arabien gemeint? Staaten also die Islamisten unterstützen, Kriege führen, Frauen unterdrücken ( und nicht nur die Quote und das Gendern vergessen, von feministischer Außenpolitik kann also keine Rede sein) und Homesexulität unter Strafe stellen. Das sind die Werte, die nun vertreten werden , wenn es ernst wird. Machtgelüste, Lügen, Widersprüche und Verrat. Das ist der Zustand unserer aktuellen politischen Führung. – Thomas J. Birgel

 


 

 

Leserbriefe zu „Ziemlich frei“ von Martin Machowecz

 

Die schwersten Nazi Verbrecher wurden besser behandelt im Gefängnis als die Senioren in Deutschland in Pflegeheimen die Wochen lang isoliert werden nur weil sie positiv auf Corona getestet wurden. Isolation ist in Gefängnissen nicht mehr erlaubt , da es international als Tortur gesehen wird. Einen alten Menschen zu isolieren ist ein Verbrechen. – Marianne Werner

 

Bis zu 15 Prozent: So hoch ist nach kompetenter Schätzung die Quote der Menschen, die nach einer SarsCoV2-Infektion eine Long-Covid-Erkrankung entwickeln. Allein gestern haben sich bundesweit knapp 295.000 Menschen mit dem Virus infiziert, sodass – statistisch betrachtet – mehr als 40.000 Menschen gesundheitliche Langzeitschäden zu erwarten haben. Die Inzidenzen steigen nahezu überall. Wie wir vom Homeschooling meiner Tochter wissen, sind viele Schulen angesichts des hohen Krankenstands unter Schülern und Lehrern am Ende.

Vierlerorts erreicht die Hospitalisierungsinzendenz nahezu Rekordquoten, wie etwa in Berlin, wo derzeit pro Woche fast 700 Personen neu mit einer Coronainfektion in die Krankenhäuser aufgenommen werden. In dieser Situation ist es unverständlich und unverantwortlich, dass die Bundesregierung eine generelle Lockerung der Schutzmaßnamen plant. Es handelt sich um einen politische Entscheidung, die zweifellos zu einem Anstieg der Infektionen führen und daher der eigenen Bevölkerung massiv schaden wird.

Vor diesem Hintergrund darf man von einem Leitartikel in der ZEIT erwarten, dass er die Versäumnisse der Bundespolitik gründlich analysiert. Stattdessen übernehmen Sie die Perspektive der profilierungssüchtigen FDP und mit ihr der Verquerdenker, die von Zwang versus Freiheit schwadronieren. Mit Verlaub: Wie kommen Sie auf die Idee, dass etwa die Maskenpflicht in der Schule eine Einschränkung darstelle, deren Beendigung einen „Schritt in die Freiheit“ bedeute, und dass die bisherigen Maßnahmen generell einen Ausdruck von „Panik“ bildeten?

Was veranlasst Sie dazu, eine von allen komptetenten Akteuren als unzureichend analysierte Impfquote als Erfolg zu verkaufen? Aus welchem Grund freuen Sie sich über 60% Bundesbürger, die in vollen Räumen noch eine Maske tragen wollen, wo diese Zahl doch im Umkehrschluss bedeutet, dass 40 % eine sinnvolle Schutzmaßnahme ablehnen – und mit dieser Ablehnung andere gefährden? Auf welcher Informations- oder Erfahrungsbasis behaupten Sie, dass Hospitalisierungsraten „einbrechen“ würden und die Lage in den Kliniken „unter Kontrolle“ sei? Haben Sie da einmal, sagen wir, mit einer Assistenzärztin in Berlin gesprochen?

Vor diesem Hintergrund muss ich offen sagen: Das Vorgehen der Bundespolitik führt bei mir nicht zum „Aufatmen“, wie Sie im Leitartikel behaupten, sondern im Gegenteil zu großer Besorgnis. Und zwar auf der Grundlage von Fakten, nicht von Panik. Es wäre wirklich erfreulich, wenn die ZEIT diese Fakten angemessen darstellen und eine kurzsichtige Politik mit Sachkenntnis reflektieren würde, statt ihr unkritisch das Wort zu reden. – David Wachter

 

Was für ein völlig verfehlter Leitartikel nach 3 Wochen Ukraine-Krieg und zunehmender globaler Kli-makrise. ‚Ziemlich frei‘ hat Ihr Autor Martin Machowecz den Artikel überschrieben. Zusammengefasst stellt der Autor fest, dass wir Deutschen uns ein Ende der Corona-Beschränkungen ‚hart erarbeitet, ach was: verdient‘ bzw. ‚ehrlich verdient‘ haben. Was will er uns damit sagen ? Dass wir toll sind, und die 2 Jahre Corona- Pandemie nun gemeistert haben ? Was für eine Leistung … Es ist doch selbstverständ-lich für ein Land bzw. eine Bevölkerung, dass alles getan wird, um die Folgen einer neuen, schweren Virusinfektion zu minimieren. Das hat weder mit Arbeit noch mit Verdienst zu tun. Das nennt sich schlicht Mitmenschlichkeit.

Warum steht dann dieser so völlig sinnfreie Artikel auf Ihrer 1. Seite ? Um uns vom Krieg in der Ukraine und der globalen Klimakrise abzulenken ? Um auch mal wieder etwas Positives zu berichten ? Doch wo ist das Positive bei aktuellen Rekord-Inzidenzen in Deutschland ? Die Zahlen zeigen doch, dass wir als Bevölkerung insgesamt nicht viel gelernt haben, dass viele, die sich in den letzten Tagen und Wochen angesteckt haben, offenbar bereits zu sorglos waren. Das ist mein 1. Leserbrief nach über 10-jähriger Zeit-Abo-Mitgliedschaft. Aber einen derart geschmacklosen Leitartikel nach 3 Wochen Ukraine-Krieg abzudrucken hat mich doch arg schockiert. – Eberhard Grötzner

 

Der Autor macht Mut in schweren Zeiten, dafür gebührt ihm unser Dank. Dennoch verwundert sein Umgang mit den aktuellen Zahlen, die ZEIT Online seinen LeserInnen ja dankenswerterweise täglich minutiös zur Verfügung stellt. Ein kurzer Blick genügt, um zu sehen, dass Stand heute (17. März) die Hospitalisierung zur Vorwoche um 13% gestiegen ist. Die täglichen Todesfälle sind, wie fast jeden Tag in den letzten Wochen, im dreistelligen Bereich und so hoch wie schon im vergangenen November.

Wie man hier davon sprechen kann, dass Hospitalisierung und Sterberate „eingebrochen“ seien, er-schließt sich mir absolut nicht. Der Autor schließt mit den Worten, dass man solchen Menschen (ge-meint ist die deutsche Gesamtbevölkerung) ruhig vertrauen darf. Vielleicht sollte er es den Lese-rInnen zusätzlich zutrauen, dass sie die Statistiken eingeständig lesen können und möglicherweise zu einem anderen Urteil gelangen. – Dr. Denis Drumm

 

Das „Aufatmen“ anlässlich einer hoch ansteckenden, infektiösen Lungenkrankheit herbeizuschreiben und/oder es trotz der hohen Zahl der Ansteckungen und der vielen Toten -immer noch- als Gerechtfertigt anzusehen ist zumindest äußerst Optimistisch. Eine richtige Vorgehensweise ist mehr als schwierig zu begründen und noch schwerer mit dem notwendigen Maß und Ziel umzusetzen. Der Karneval in Köln ohne Masken hat anschließend zu extrem hohen Inzidenzwerten geführt. Ähnliche Entwicklungen ergaben die Lockerungen in den Niederlanden. Aber was tun und was nicht? Bislang wurde den Fachleuten, allen voran den Virologen, Glauben geschenkt.

Und jetzt? Professor Karl Lauterbach war und ist der Bundesgesundheitsminister der Herzen. Warum hören wir dann immer weniger auf ihn und seine Warnungen? Die Corona-Pandemie ist definitiv nicht weg. Die Neuinfektionen steigen. Die letzten 2 Jahre haben uns alle eine Menge abverlangt. Die Politik hat uns allen einige Grundrechte eingeschränkt. Klar ist, dass Beschränkungen fallen müssen. Soll überall die Maskenpflicht fallen? Die Sieben Tage Inzidenz am 16.03.2022 beträgt 1.767, die Hospitalisierungsrate 7,6, es gibt 2.284 Intensivpatienten, 297 Todesfälle und Insgesamt 126.973 Tote. 76,5 % der Bevölkerung sind Erstgeimpft, 75,8 % Zweitgeimpft und 58,1 haben eine Dritte Impfung.

Eigentlich keine Zahlen um spätestens ab dem 03. April 2022 fast jede angeordnete Sicherung vor dem Corona-Virus fallen zu lassen. Sind wir alle soweit? So dass wir Bürgerinnen und Bürger eigenverantwortlich für unser eigene Gesundheit und die der anderen Sorge tragen? Richtig ist das wir uns das endlich verdient haben.

Können wir jede und jeder mit der neu gewonnen Freiheit umgehen? Wahrscheinlich eher nicht. Also weiter Impfen, Impfen und wieder Impfen. Dazu noch Masken tragen immer da wo sehr viele Menschen zusammenkommen. Beim Einkaufen, bei Tanzveranstaltungen, bei Konzerten, in den Stadien und so weiter und so fort. Damit im kommenden Herbst und Winter ein relativ normales Leben mit Corona möglich ist. Eigentlich können wir „Wellenbrecher“ sein, wenn wir alle Vernünftig sind. Es gilt ab sofort das „Prinzip Hoffnung“. – Felix Bicker

 

Spätestens mit dem Wegfall der ständig wechselden Auflagen ( Impfpflicht, Luka-app, Impfpass, Masken, beschr. Menschenansammlungen usw.) auf dem Höhepunkt der Infektionszahlen, hat die Bundesregierung ihre Glaubwürdigkeit zur Eindämmung der Pandemie verloren. Wie groß muß die Verbitterung derjenigen sein, die durch die jahrelange Auflagenflut ihre Existenz verloren haben. – Reinhard Schmitz

 

„Können wir jetzt endlich aufmachen?“ Ich finde es erschreckend, wie oft ich derlei höre. In einem Rechtsstaat, der etwas auf sich hält, darf nie, nie, NIE nach der Rechtfertigung zur Aufhebung von Grundrechtseinschränkungen gefragt werden, sondern es ist IMMER nach der Rechtfertigung der Ein-schränkung (bzw. deren Aufrechterhaltung) zu fragen. Grundrechte haben nichts mit „erarbeiten“ bzw. „verdienen“ zu tun („Ziemlich frei“) ‒ oder gar mit „belohnen“, wie unlängst in den ARD-tagesthemen zu hören war. Ich halte es für äußerst problematisch, wie stark sich die Aufmerksamkeit immer wieder auf medizinische Experten und Aspekte der Pandemiebekämpfung verengt, denn in diesem Fokus scheinen viele Menschen manche Grundrechte als weniger bedeutsam zu empfinden.

Herr Drosten sagt gerne (z.B. in einem früheren ZEIT-Interview, im November 2021), man brauche für spezielle Probleme entsprechende Spezialisten, aber er ist definitiv keiner hinsichtlich der Tragweite von Grundrechtseinschränkungen, dito Frau Priesemann und die Herren Karagiannidis und Marx. Rechts-philosophen und Staats- bzw. Verfassungsrechtler kommen angesichts eben dieser Tragweite leider viel zu wenig zu Wort in der öffentlichen Debatte. Leider auch in der ZEIT, von der ich in dieser Be-ziehung anderes erwartet hätte. An der Bedeutung der Prinzipien, die Rechtsstaatlichkeit als solche ausmachen, ändert auch eine Pandemie nichts. Und die ‒ wenn auch nicht in Ihren genannten Texten ‒ allzuoft gehörte Frage, von wem man eventuell Applaus bekommen könnte, erst recht nicht. – Natalie Mol

 

Es ist schon erstaunlich wie schnell das Thema Corona trotz historisch hoher Infektionszahlen politisch quasi ad acta gelegt wird. Der Schliessungsorgie folgt die Öffnungsorgie. Das Volk muss angesichts großer Krisen und Verwerfungen zur Ablenkung in Feierlaune gebracht werden. Viele Betriebe leiden angesichts hoher Krankenstände wegen Corona, unter ihnen nicht nur Ungeimpfte oder lediglich zweifach Geimpfte, sondern auch Geboosterte mit schwereren Krankheitssymptomen. Die Frage ist berechtigt, welchen Zweck die Impfkampagnen der ver-gangenen Monate erfüllt haben? Es wird immer offensichtlicher, dass der aktuelle Impfstoff vor Corona nicht ausreichend schützt.

Die regelmäßig proklamierten milderen Krankheitsverläufe sind wohl eher auf die derzeitige weniger aggressive Corona-Variante zurückzuführen. Dies kann sich spätestens ab Herbst allerdings wieder ändern. Corona ist gekommen um lange Zeit zu bleiben. Man sollte nie vergessen, dass die Spanische Grippe zunächst auch für überwunden galt, bevor der Virus mutierte und Millionen Menschen den Tod fanden. Der Pharmaindustrie bleibt nicht mehr viel Zeit, der Menschheit endlich einen wirksamen Corona Impfstoff zu prä-sentieren. Diesmal aber bitte ohne Menschenversuche. – Alfred Kastner

 


 

 

Leserbriefe zu „Ist der Mann ein Opfer?“ von Francesco Giammarco

 

Ich danke für diesen vorzüglich geschrieben Artikel. Vorzüglich deshalb, weil er reflektiert das neue maennlich-westliche Erscheinungsbild in Frage stellt und gleichzeitig darüber nachsinnt, mit welcher naiven Weltsicht wir 70 Jahre lang leben wollten. Auch seinen Grossvater lässt der Autor zu Wort kommen. Gerade dem man sein ganzes Leben nicht zugehört und nach dem Krieg nichts mehr zugetraut hat. Und sagt ueber ihn, dass gerade rohe maennliche Gewalt in Wiederaufbau und sanfte familiäre Fuersorge zu verwandeln, die größte maennliche Leistung ist. Meine Zustimmung und Respekt! – Marion Rissart

 

In dem Artikel (Untertitel „Ist der kämpfende Mann mehr wert?“) fehlt eine entscheidende Frage: Ist nicht das Verweigern von Gewaltausübung das wirkliche Heldentum? Seit Jahrhun-derten gibt es kleine Gruppen (historisch bedingt zunächst vorwiegend durch Männer ange-führt), die das für ein entscheidendes Prinzip der Lebensführung halten — so die Mennoniten und die Quäker. In der Literatur hat mich als Kind immer sehr die Figur des „Onkel Tom“ be-eindruckt, der sich lieber zu Tode prügeln lässt, als eine Mitsklavin auszupeitschen.

In der Wirk-lichkeit haben Männer wie Gandhi und Marin Luther King versucht, nach diesem Prinzip zu leben und Konflikte auszutragen. In den Achtzigerjahren, in der Nachrüstungsdebatte, wur-de das Thema in Westdeutschland ausnahmsweise einmal ein wenig breiter diskutiert — die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen, das Konzept der „Sozialen Verteidigung“. Leider hört man davon kaum noch etwas.

All diese Dinge erfordern definitiv das, was in dem Artikel (bei der Präsentation der Positionen von Tobias Haberl) als „vermeintlich männliche Eigenschaften“ aufgezählt wird: „Mut, Entschlossenheit, Risikobereitschaft“. Männer wie auch Frauen brauchen diese Eigenschaften, wenn sie den Weg der Gewaltfreiheit gehen wollen — und Männer wie Frauen können sich für diesen Weg entscheiden. Ihnen gilt meine Hochach-tung. – Corinna Friesen

 

Das derzeitige politische Weltgeschehen, das ohne jegliche Übertreibung als Zeitenwende betrachtet werden muss, zu nutzen, um daran die Frage zu diskutieren, was das aggressive und revisionistische Verhalten von Wladimir Putin für das westliche Männerbild zu bedeuten habe, ist bestenfalls weltfremd, um nicht zu sagen völlig am Thema vorbei. Als jahrelanger Zeitleser fragt man sich mittlerweile schon, was so in den Köpfen einiger Ihrer RedaktionskollegInnen vorgeht, wenn nahezu jedes politische und auch weniger politische Geschehen zur Erörterung von Gender- und Identitätsfragen herhalten muss.

Bitte wundern Sie sich nicht, aber solche Artikel und Fragestellungen hängen weite Teile der Bevölkerung / Leserschaft ab. Und zwar nicht nur weniger priviligierte Menschen, die per se keine Zeit noch Energie haben, sich darüber ernsthaft einen Kopf zu machen. Von den tapferen Männern und Frauen, die derzeit in der Ukraine ihr Land verteidigen (müssen) und damit jederzeit Leib und Leben riskieren, ganz zu schweigen. Ich kann Sie nur eindringlich bitten, die seit Jahren zunehmende Erörterung von Gender- und Identitätsfragen in Ihrer Zeitung wieder auf ein nachvollziehbares Maß zu reduzieren, da sie außerhalb einer „links-libertären Blase“ wirklich niemanden interessieren. – Christoph Kurz

 

Aus dem alsternahen Redaktionsbüro läßt sich natürlich leicht über Putin`s Männlichkeit lachen. Aber ich frage mich, ob Sie auch dann noch lachen würden, wenn die ersten bis an die Zähne bewaffneten russischen Soldaten in Hamburg einmarschieren würden oder ob Sie sich dann einen Klitschko oder Selenskij wünschen, der die Verteidigung der Stadt organisiert. Aber eigentlich frage ich mich das auch nicht, denn die Antwort ist mir klar. Wenn Deutschland bedroht wird, ist der Typ Mann, den Sie verkörpern, der erste, der lauthals den Einsatz amerikanischer Marines fordern wird. – Volker v. Moers

 

Ist eigentlich schon einmal jemandem aufgefallen, dass die alten (und die jungen auch ein-mal alt werdenden) weissen Männer nicht überwiegend mit nacktem Oberkörper in der Taiga herumreiten, sondern diese mürbe, immer kompliziertere, technische Zivilisation nicht nur einschließlich Lippenstift und Telefon erfunden und aufgebaut haben, sondern auch mühsam in Gang halten? Wenn die und ihre Werke verschwinden würden, säße Luisa barfus und schwanger in einer Höhle und die Schlauberger, die diese tollen Bücher schreiben, würden von ihren Barhockern fallen und müssten sich zum Mittagessen ein Wildschwein fan-gen.

Zivilisationen werden von aussen durch Aggressoren, die sich nehmen, was sie selbst nicht geschaffen haben, und von innen durch parasitäre Strukturen, die sich nehmen, was sie selbst nicht geschaffen haben, zerstört. Sie verfolgen dieses Ziel gemeinsam und gewin-nen immer dann, wenn die Produktiven und Wehrhaften nicht mehr können oder wollen. Es ist möglich, dass es kein Comeback des alten, weissen Mannes gibt. Die Luisas und Jessicas mit ihren abgebrochenen oder unnützen Studien, die wie Kinder glauben, alles was sie wollen, sei auch möglich, und die Freaks die sich von Twitter, Fertigpizzas und Hartz IV ernähren, werden uns aber nicht retten. – Rolf Maschlanka

 

Ich kann nicht erkennen, dass die westlichen Gesellschaften Mut, Entschlossenheit, Risikobereitschaft, Konfliktfähigkeit und Wehrhaftigkeit generell negativ bewerten. Fragen Sie doch einmal ein*e Unternehmer*in oder Politiker*in. Auch sind das meines Erachtens zum einen keine exklusiv männlichen Eigenschaften und besitzen zum anderen viele körperlich dem herkömmlichen Männlichkeitsideal ziemlich gut entsprechende Männer diese Eigenschaften durchaus nicht.

Körperkraft dagegen ist auch im Krieg kein Grund mehr, Männer höher zu bewerten als Frauen, denn Kämpfe werden schon seit geraumer Zeit in der Regel mit Fern-, nicht mit Nahwaffen ausgetragen, also mit Schusswaffen statt mit dem Schwert, und das können Frauen genauso gut wie Männer. Deshalb dienen Frauen inzwischen in einigen Ländern auch in Kampftruppen (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Frauen_im_Milit%C3%A4r). – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Optimismus verbrennt“ von Andreas Reckwitz

 

Westliche Hybris: Endlich mal ein differenzierender Artikel über die Hybris des Westens, das eigene brüchig gewor-dene Modernisierungsmodell der ganzen Welt überstülpen zu wollen. Der Ukraine-Krieg ist leider auch und nicht zuletzt eine Folge dieser Hybris, die völlig verkennt, dass wir im „goldenen Westen“ allen Grund dazu haben, mehr Selbstzweifel und Selbstkritik walten zu lassen. Die Legitimations-probleme im Inneren haben es in sich!

Das gilt nicht nur für die zutiefst gespaltene USA mit ihren zahllosen Modernisierungsverlierern, sondern auch für viele EU-Länder, in denen die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Wenn China dem westlichen Liberalismus die Tendenz zur Dekadenz und zum Raubtier-Kapitalismus vorwirft, dann sollte das nicht gleich beleidigt vom Tisch gewischt werden. Nachdenken ist besser!

Das gilt auch für den aktuellen Ukraine-Krieg. Was dort geschieht ist schlimm und zeigt, dass Putin ein brutaler militärischer Kriegstreiber ist. Allerdings gilt auch, dass maßgebliche psychologische Kriegstreiber seit Jahrzehnten amerikanische Spitzen-Politiker und deren Geheimdienste sind (sie-he die Bush-Ära), die sich im Wahn der eigenen Überlegenheit als moderne Missionare gerieren, denen alle Mittel recht sind, um andere Länder und Kulturen auf das westliche Lebens- und Wirt-schaftsmodell zu verpflichten.

So lässt sich weder der Weltfrieden sichern, noch das ganze erbärmliche Kriegselend in der Ukraine vermindern. Wenn die Weltmacht Amerika u.a. im Irak und Iran, in Syrien und Afghanistan, in Libyen und Vietnam immer wieder gezündelt und ohne größere Skrupel Leid über die dort leben-den Menschen gebracht hat, dann ist das gewiss kein humanitärer Akt. Auch die wiederholte For-derung Russlands nach einer europäischen Friedensordnung wurde seit den 1990er Jahren sträflich ignoriert. Das rächt sich nun. Schwarz-Weiß-Denken ist der Tod der Zivilisation! – Dr. Heinz Klippert

 

„Wie kann der erschütterte Liberalismus diese globale Zeitenwende meistern?“ Davon ist nichts zu lesen. Die klare Diagnose überzeugt. Nun müsse man das Projekt Moderne „neu begreifen und verfolgen“ – aber wie? Denn ein weiter so, kann ja nicht infragekommen. Der eindruckvolle, überraschende Einstellungswandel unserer Außenministerin ist ein Fingerzeig in eine neue Richtung. „Wir engagieren uns“ für ein „normatives und strategisches Projekt“. Schön! Aber wie? Wann kommt der Nachfolgeartikel?? P.S.: In seinem Buch über das Ende der Illusionen scheut Reckwitz erfreulicherweise nicht davor zurück, Hinweise zu formulieren, in welche Richtung das Engagement gehen könnte. – Heinz-Dieter Busch

 

Können Sie bitte aufhören mit ihrer Reihe von Ganzseitern zu Systemwettbewerb und Multipolarer Welt. Insbesondere in der jetzigen Situation befördern sie damit nämlich indirekt die, die den UN-Rahmen zu kulturalisieren trachten. Der Artikel von Andreas Reckwitz hier ist das letzte Beispiel dazu, die Schlussfolgerung international nicht anschlussfähig, die Analyse im Schema des Systemdenkens zudem nicht ganz zeitgemäß, da sie Mobilitäts- und Kommunikationsverhalten der globalisierten Welt außer Acht lässt.

Wenn viele Intellektuelle und Politiker aus Osteuropa jetzt davon sprechen, dass dieser Krieg gewonnen werden müsse, wenn russische Politikwissenschaftler mit zusammengeschlagenem Gesicht in Interviews davon sprechen, dass so viel auf dem Spiel stehe wie Ende der 30ger Jahre des letzten Jahrhunderts, dann tun sie dies nicht, damit „der Westen“ als geschichtsphilosophischer Sieger unvermeidlich gewönne. Sie tun dies, weil sie nicht unter einem Besatzerregime leben wollen, sie tun dies, weil sie das Menschenrecht der Meinungsfreiheit ausüben möchten, sie tun dies, weil Angriffskriege und Morde nicht legitimierbar sind, sie tun dies wie der ukrainische Präsident es formulierte, weil sie unter Gleichen Zukunft gestalten möchten.

Es ist nicht zeitgemäß und nicht hilfreich, den UN-Rahmen schlicht zu ignorieren im Erörtern von Systemwettbewerben. Schlimmer noch, diese Argumentationsweise trug und trägt zu einer Kulturalisierung des UN-Rahmens bei – zu der Behauptung dieser sei hegemonial von einer bestimmten Kultur aus besonders geprägt und deswegen relativierbar. Nicht zuletzt dies hat unter anderem zum Wegschauen und Zögern sieben Jahre lang vor dem 24.02.22 beigetragen. Ja, es wurden und werden im Rahmen der Menschenrechte Double Standards gesetzt, toleriert, teils gefördert. Ja, der Westen hat sich oft im Ton vergriffen, ja, RegimeChange Interventionen sind fürchterlich in ihrer Hybris und Instrumentalisierung gescheitert.

Aber: Woher kommt die Resilienz der Ukrainschen Bevölkerung jetzt? Aus dem Erfahrung und der Fähigkeit bürgerliche und politische Rrechte in Gebrauch nehmen zu können. Wir brauchen weniger von metaphysischen Systemdebatten und weniger Trauerarbeit um verlorene Selbstgewissheiten: stattdessen schlicht mehr uneitle pragmatische Vernunft. 141 Ja-Stimmen. Darüber sollten wir mehr nachdenken. – O. Triebel

 

Welcher Fortschritt ist eigentlich gemeint.? Wir kennen und nehmen den technischen Fort-schritt im Alltag – beim Smartphone – als bequem unterwegs erreichbar und universell verbun-den mit der ganzen Welt wahr. Wenn der Atomreaktor in Fukushima oder Tschernobyl zerstört wird, ist es vorbei mit dem Fortschritt – die Radioaktivität tötet alles . Wir leben in einer Welt in dem täglich das Risiko ein Leben und mehr ausloescht.

Die Geschichte und seine Philosophie versuchen die Welt zu erklären – aber sie verändern nicht die Wirklichkeit der Ereignisse Alle sind Überrascht über den militärischen Überfall von Putin auf die Ukraine. Doch wer die polti-sche Biographie von Putin seit dem Jahr 2000 im Detail liest- der hat bereits nachlesen können- das ein Krieg unausweichlich ist, nur der genaue Zeitpunkt noch nicht – nun kennen wir ihn, es ist der 24. Februar 2022. Auch ein Krieg fällt nicht plötzlich vom Himmel – hat einen Vorlauf – man muss nur auf Spurensuche gehen. – Thomas Bartsch-Hauschild

 

Danke für die umfassende Analyse und Aufbereitung der jüngeren Geschichte. Dass eine liberale und rechtssichere Gesellschaftsordnung für viele ihre Anreize zu verlieren scheint, und die Anhänger von nationalistischem Populismus sowie Autoritarismus in Ost und West zahlreicher werden, ist erschreckend, auch wenn man auf der Nachbarseite zu ihrem Artikel die Schilderungen der russischen Künstlerinnen liest.

Ein Mitläufertum bei autoritären Systemen bietet keine Gewähr, nicht zu Opfern von Säuberungsaktionen zu werden. Das lässt sich in der Geschichte immer wieder beobachten, nicht zuerst im Archipel Gulag und vermutlich auch nicht zuletzt bei Trumps Gefolgschaft. Vielleicht sollten die demokratisch verfassten Nationen das Moment des aktuellen Konflikts nutzen, um den Vorteil der Rechtsstattlichkeit klar hervortreten zu lassen. Und dazu gehört auch, dass Betrügereien wie Cum-Ex – als nur ein Beispiel einer langen Liste – konsequent unterbunden bzw. aufgedeckt werden. – Uwe Apel

 

Allerdings gab es Zweifel an der Fortschrittserzählung nicht erst seit dem Ende des Kalten Krieges. Das andere, zum Teil konservative aber auch reaktionäre Denken (Cioran) hatte sich spätestens seit der französischen Revolution in Europa als politische Strömung neben dem aufklärerischen Denken verfestigt. Durch den Zusammenbruch des Ostblocks schien das erledigt. Für die vielen Spielarten konservativen und liberalen Denkens schien in der Welt kein Platz mehr zu sein. Krastev/Holmes zeigen, dass dieses Denken in hegelianischen Fortschrittskategorien zumindest in den Ländern des Ostblocks nie dominant war, sondern eher als negatives Beispiel galt.

Nicht zuletzt unsere wissenschaftliche Elite hat das nicht wahrhaben wollen, daher jetzt die Verwunderung über das Ende der Fortschrittsoptimismus. Dabei gab es auch in der deutschen Sozialwissenschaft neben dem Mainstream der Frankfurter Schule immer auch die andere, die „bürgerliche“ Soziologie eines Gehlen, Schelsky, Dahrendorf, René König, Hans Albert ua, die alles andere als rechts war. Aber sie waren eben nie die Lieblinge linksliberaler Feuilletons.

Ihnen fehlte die Verbindung zu aktivistischen Gruppen und es ist spannender, den Thesen eines Foucault oder Lyotards zu folgen, als der nüchternen Einordnung dieses Denkens etwa bei Hans Lenk („Postmodernismen“ stw 708, 1987). Dabei wäre Lenk mit seinen Vorstellungen zum bedingungslosen Einkommen und zum Whistleblowing an grüne Diskurse anschlussfähig.

Überrascht über das Ende des Fortschrittsoptimismus kann eigentlich nur sein, wer Sozialwissenschaft und Philosophie nur durch die Brille der hegelianischen Dialektik sieht. Schon in der 1960er Jahren wurde im „Positivismusstreit“ in der Soziologie auch darüber gestritten – ohne Ergebnis. Die Dialektiker übernahmen in der Folgezeit Schulen, Lehrstühle, Medien und die Institutionen des politischen Systems. Herausgefordert werden sie allenfalls von Systemtheoretikern auf der Suche nach steuerungsresistenten Subsystemen sowie von Identitätspolitikern auf der Suche nach postkolonialen, rassistischen oder sexistischen Strukturen in der Gesellschaft.

Wie es scheint, wird das Denken eines Krastev und Reckwitz gegenüber dem mit Aktivismus gekoppelten Denken den kürzeren ziehen. Womit will man denn die kommende Generation mobilisieren? Die Dekonstruktion bestehender Institutionen war auch für die 68er allemal spannender als die nüchterne Analyse ihrer Verbesserung. In Diskussionen über die Geschlechterordnung zB kann man sich auch viel besser mit seinen persönlichen Befindlichkeiten einbringen als etwa in Reformdebatten über den Föderalismus.

Beruhigend ist, dass auch frühere Generationen nie homogen waren. Allerdings schien die Dominanz des „fortschrittsgläubigen Denkens“ in den Medien noch nie so hoch wir heute. Heute muss kein 68er mehr gegen die „vermachteten Medien“ (Habermas) kämpfen: Ihre Kinder und Enkel haben es sich in ihnen eingerichtet und verweisen alle anderen an die Schmuddelecken der Internet. – Prof. Dr. Manfred Mai

 


 

 

Leserbriefe zu „Kein Weg zurück“ von Christiane Grefe

 

Wir Landwirte haben langjährige Erfahrungen, haben uns immer weitergebildet und sich wandelnden Anforderungen angepasst. Pflanzenschutz sichert das Gewachsene ab und schützt uns vor zu starken Ertragsschwankungen und somit zu stark schwankenden Preisen. Wenn wir die Düngung unter den Bedarf senken leben wir von den Humusreserven der Böden. Dies kann man ein paar Jahre machen, laugt aber die Böden aus. In der Landwirtschaft gibt es dazu den Spruch:

Reiche Väter arme Söhne. Ideologien lassen keine Pflanzen wachsen. Wir brauchen Tierhaltung um die Koppelprodukte der Lebensmittelproduktion (ca 20%Kleie bei der Mehlherstellung, Raps hat ca 44%Ölgehalt und 56% Rapskuchen eiweißreiches Futter…)zu nutzen und Nährstoffkreisläufe aufrecht zu erhalten. Die Biobetriebe sind noch sehr vielstärker auf Tierhaltung angewiesen.

In meiner 36-jährigen Wirtschaftszeit habe ich die Anfang 2000der Jahre mit 120 € pro Tonne Weizen und 260€ pro Tonne Raps wirtschaftlich gelöst. Mit 400€ to Weizen und 800€ to Raps könnten wir gelassen die Auflagen auf uns zukommen lassen. Bei den dann eintretenden sinkenden Erträgen werden die Preise mit Sicherheit nicht fallen.

Egal ob in Deutschland ein paar Schweine mehr oder weniger gegessen werden. Schon vor dem Krieg waren die Preise für Weizen von ca 200 to im Juni August 2021 auf ca 300€ to im Dezember gestiegen. Da war der Weltmarkt schon knapp versorgt!!! Ich sehe keinen Grund warum Weizen nicht auch 500€ pro to kosten soll. Wir Bauern haben die Politik oft genug darauf hingewiesen, das diese arrogante Politik Hungertod in den ärmeren Ländern bedeutet. – Martin Bosse

 

Ihr o.g. Artikel sorgte für einen großen Verschlucker meines Morgenkaffees. Ich kann kaum glauben, dass Sie einen Vorschlag à la „billig essen hat oberste Priorität“ so unreflektiert stehen lassen, nur weil uns mit einem Mal auffällt dass nachhaltige und ökologisch Produktion teuer wird, und zudem für gierige deutsche Wohlstandsmägen ohne russisch-ukrainische Importe nicht ausreichen wird. Biolandanbau wäre ja gut und schön für die moralisch-angehauchten Gewissen deutscher Wohlstandsbürger, aber satt werden wir davon alle nicht.

Was für ein Zynismus! 30% der weltweiten Anbauflächen der Industriestaaten wandern in den Müll, das sind allein für Deutschland 18 Millionen Tonnen an purer Verschwendung. Regelmäßig werden hier Verbraucher mit der moralischen Keule geschlagen, weil sie verdorbene Joghurts oder verschimmelte Clementinen wegschmeißen oder die Augen beim Einkauf größer waren als der Magen.

Realitistischer sind jedoch eher ungeerntete Mais- oder Erdbeerfelder, komplette Containerladungen an vernichteten Salatköpfen oder Bananen, tonnenweise aussortiere Waren von Aldi&Co. wegen Unkonformität, Überangebot, Lager- und Transportschäden sowie rechtlich fragwürdigen Regelungen zu Mindesthaltbarkeitsdaten und strafbarem Containern.

Ein Drittel aller produzierten Lebensmittel werden in Deutschland weggeworfen, das sind 82 kg pro Person. Die Rechnung kann man gern weiterspinnen: Das sind über 300.000 unnötige Tonnen an Pestiziden, 800.000 Tonnen Dünger, über 2 Millionen Hektar sinnloser landwirtschaftlicher Produktionsfläche und über 48 Mio. Tonnen an Treibhausgasen.

Und die Politik tut… Nichts. Keine Verpflichtung für den Handel zur Lebensmittelspende, keine Aufhebung der Strafbarkeit von Containern, keine Überarbeitung von Regelungen zu Mindesthaltbarkeitsdaten und Obst- und Gemüsekonformitäten. Private Initiativen wie die der „letzten Generation“ oder „zu gut für die Tonne“ werden als Spinner belächelt statt ihre Vorschläge als Muster für eine ganze Industrie zu nutzen.

Wir brauchen nicht mehr Ackerflächen um wegbrechende Importe zu kompensieren, wir brauchen keine Abkehr von einer verantwortungsvollen Bio-Landwirtschaft. Wir brauchen wirkungsvolle nationale und europäische Hebel gegen Lebensmittelverschwendung. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass nicht jeder Supermarkt auch um 18 Uhr noch pralle Tomaten und frisches Brot anbieten muss, dass es auch im Januar Kirschen und Erdbeeren geben muss und dass Deutsche generell ein Anrecht auf die Familienpackung Würstchen für 3,99 Eur haben. Nein, dieses Risiko wird in Kauf zu nehmen sein. – Susanne Dumas

 

Obwohl man in der Sektion „Wissen“ einer Zeitung wie der Zeit die neuesten Erkenntnisse zu den jeweiligen Sachverhalten erwarten sollte, spiegelt dieser Artikel alte Vorurteile und Mißverständnisse, um nicht zu sagen Halbwissen und Unwahrheiten, wider, welches seit vielen Jahren bereits widerlegt ist. Richtig ist, daß der Krieg in der Ukraine wieder die Landwirtschaft in ihrer Produktionsfunktion hervorhebt, insbesondere, wenn es um Nahrungsmittel geht.

Dieser Aspekt wurde in Deutschland über viele Jahre verdrängt, war aber z.B. in der Welt Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stets eines der wichtigsten Ziele ihrer Arbeit. Gleichzeitig war aber auch der FAO schon lange bewußt, daß die Landwirtschaft bei aller Notwendigkeit, mehr zu produzieren, dieses nicht mehr auf Kosten der Artenvielfalt, Umwelt, Klima, Wasserressourcen und Bodengesundheit tun darf. Bereits 2009 wurde daher ein zentrales Ziel der Organisation, die „Nachhaltige Intensivierung“, die nicht nur als Ziel formuliert, sondern mit praktischen Konzepten wie der Konservierenden Landwirtschaft, auch umgesetzt wurde.

Diese Art der Landwirtschaft ist mittlerweile auf 15% der Weltackerflächen Realität mit exponentiellen Wachstumsraten. Wo sie ordnungsgemäß umgesetzt wurde, hat sie nicht nur die landwirtschaftliche Produktion erhöht, sondern auch die Wirkungen von Umweltkatastrophen, wie Deutschland sie im letzten Jahr im Ahrtal erleben durfte, gemindert, die Artenvielfalt wiederbelebt, die Bodengesundheit verbessert, die Wasserressourcen in Qualität und Quantität wieder hergestellt und darüber hinaus einen Beitrage zur Minderung oder sogar Umkehrung der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft erreicht.

In Deutschland wird diese Entwicklung, die mittlerweile international seit über 50 Jahren stattfindet und seit über 20 Jahren intensiv wissenschaftlich betreut wird, weiterhin ignoriert, was ihr Artikel nicht nur beweist, sondern auch noch fördert. Nach wie vor glaubt man in Deutschland, organische Landwirtschaft sei „ökologisch“ und als solche die Rettung der Umwelt und die einzige Alternative zur „intensiven“ Landwirtschaft, wenn sie auch weniger produziert.

Leider produziert die organische Landwirtschaft in der Tat weniger, vor allem kann es auch öfter zu totalen Mißernten kommen, aber sie hat nichts mit Ökologie zu tun, da sie nach wie vor die Grundlage der Artenvielfalt und der Funktion eines Ökosystems mit mechanischer Bodenbearbeitung vernichtet. Ich weiß nicht, welches die Motivation für eine Zeitung wie die Zeit ist, solchen Unsinn, wie in dem benannten Artikel, weiterhin zu publizieren – wider besseres Wissen. Ich biete Ihnen aber nach wie vor an, sich was die Thematik der nachhaltigen Landwirtschaft angeht, weiterzubilden. – Dr. Theodor Friedrich

 

Viele, schon viele gut recherchierte Artikel zum Thema Landwirtschaft habe ich der ZEIT gelesen, doch mal ehrlich, dieser ist oberflächlich recherchiert. 1. Was hat das Bild der Trockenheit im Man-delanbau mit dem Artikel zu tun? 2. Die Welternte an Weizen beträgt rund 800 Mio. Tonnen, die der Ukraine 27 und etwa 21 Mio. Tonnen werden exportiert, das sind 2,5% der Welternte. Richtig ist, dass Russland auch erntet und exportiert, aber auf deren Äckern spielt sich meinen Wissens derzeit kein Krieg ab. 3. Die Ukraine produziert kein Rapsöl, sondern Rapssaaten, die großen Ölmühlen in Neuss machen daraus das Öl.

4. Im Bioanbau wird nur die Hälfte der Erntemenge von irgendwas eingefahren, weil dort immerzu Zwischenfrüchte angebaut werden müssen die dem Boden Stickstoff zuführen und man so auch Jahre hat in welchen gar keine Marktfrüchte erzielt werden, dafür hat der Boden wieder mehr Humus. 5. Reden wir jetzt von Weizen oder wovon. Bienen und Insekten be-stäuben kein Getreide, das sind Windbestäuber. 6. Ja, man kann in weiten Fruchtfolgen auch ande-re Kulturen anbauen als immer nur Getreide – Mais- Kartoffeln im Wechsel. Doch mal ehrlich wer will so viele Linsen und Erbsen denn essen?

Die Beliebtheitsskala wird von Pasta, Pommes, Weizenbröt-chen und Croissants angeführt., nicht von Linsen- und Erbsensuppe. Landwirte produzieren nun mal das, was wir auch essen wollen. 7. Hochgezüchtete Sorten brauchen synthetischen Dünger! Super, alle Pflanzen brauchen Stickstoff, Phosphor, Kali. Weil im Bioanbau meistens Stickstoff im Mangel ist wird hier weniger geerntet, die Sorten sind fast alle die gleichen. Es gibt nur sehr wenige Sorten, die ausschließlich unter Biobedingungen gezüchtet wurden ( Nachzulesen im Europäischen Sortenverzeichnis).

8. Richtig, Deutschland kann es ich leisten weniger zu produzieren und mehr Naturschutz-flächen zu haben, wir brauche nur weniger zu verfüttern und weniger Fleisch essen. Da bin ich ganz bei ihnen. Außerdem schütten wir das Öl als Biodiesel von 1 Mio ha Raps in den Tank, da ist noch viel Luft nach oben für die Ernährung. 9. Wir gehen auf die 8 Mrd. Menschen auf der Erde zu und da ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, nicht alle werden sich Bioanbau leisten können.

Doch am Ende des Tages hat überhaupt schon mal jemand darüber nachgedacht, dass die Pflanzen für die kom-mende Ernte im überwiegenden Maße als Winterweizen, Wintergerste und Winterraps seit Monaten im Boden sind, auch in der Ukraine. Ich hoffe inständig, dass bis zur Ernte der Krieg vorbei ist. Was sich an den Börsen jetzt abspielt ist Spekulantentum, denn jetzt wir nirgendwo in Europa, Amerika, Russ-land oder Ukraine geerntet. Das wäre mal ein gutes Thema. – Dr. agr. Antje Hambitzer

 

Die Autorin verfügt offenbar nicht über die einfachsten Kenntnisse im Pflanzenbau, die Justus von Liebig schon vor 180 Jahren erkannt und wissenschaftlich begründet hat. Ohne ausreichende Bodennährstoffe wie Stickstoff, Kali, Phosphor sowie Kalk und Spurennährstoffe sind keine wirtschaftlichen Erträge möglich, das gilt selbstverständlich auch für den Ökoanbau und gehört zum einmal Eins jedes Bauern.

Die im Beitrag angeführten Mischkulturen im ökologischen Anbau – z.B. Sommergerste und Erbsen – haben nur Bedeutung in der Tierhaltung oder als Nischenprodukte wie der Leindotter und sind weit davon entfernt, einen messbaren Beitrag zur Ernährungssicherheit zu leisten, da helfen auch keine Forschungsergebnisse. – Hubertus Fehring

 


 

 

Leserbriefe zu „Flecktarn in der Talkshow“ von Peter Dausend

 

Sie haben nicht gedient!!? Flecktarn ist nicht so was von 80er! Haben Sie das so recher-chiert? Ich war von April 1979 bis März 1991 Zeitsoldat. Flecktarnanzüge sahen wir nur bei ver-bündeten Armeen, wie zum Bleispiel den Amerikanern in Grafenwöhr oder den Britten in Muns-ter. Und jetzt mal ganz ehrlich gesagt: wieso soll ein 80- bzw. 73jähriger General a.D. mit Uniforn in einer Talkshow auftreten? Dann doch eher ein aktiver General in Flecktarn, natürlich mit Ge-nehmigung der Politik. Denn Beamte und Politiker, die in den meisten Fällen keine Ahnung von der Materie „Soldat“ haben entscheiden in Deutschland was Soldaten tun dürfen. Das ist der Unter-schied zu dem USA!! Ihr Aktikel gefällt mir überhaupt nicht. – Gottfried Morgenstern

 

In den Talkshows schlägt derzeit offenbar das Prinzip der Seniorität durch. Man befragt diese Ex-Generale als Orakel, um Einschätzungen zu erhalten, die unbeeinflusst von tagespolitischen Verwicklungen, zugleich getränkt von großer Erfahrung und getragen von der Weisheit des Alters sind. Zu der neuen Wirklichkeit eines höheren Stellenwertes der Bundeswehr gehört allerdings auch die Steigerung der öffentlichen Präsenz der aktiven Soldaten durch geeignete Vertreter. So könnte im Resonanzraum der Öffentlichkeit die neue Identität der Bundeswehr und eine weiterentwickelte Identifikation mit ihr verhandelt werden. Ein notwendiger Prozess, auch um falschen Vereinnahmungen vorzubeugen. – Reinhard Koine

 

Der Beitrag von Peter Dausend, dem ich voll und ganz zustimme, beschreibt das gestörte Verhältnis einer Ministerin zu ihren Soldaten. Sie und ihr Apparat, das Ministerium / BMVg haben absolut kein Vertrauen zu den von ihnen geführten Soldaten. Im 21. Jahrhundert ist es dieser Organisation noch immer nicht gelungen, ihren Soldaten und Soldatinnen die freie Meinungsäußerung im Sinne der öffentlichen Artikulation konstruktiver Kritik zuzugestehen. Offenheit und Kritikfähigkeit, wie im Konzept der Inneren Führung stets propagiert und gefordert, sind in Wirklichkeit überhaupt nicht gewollt.

Jüngstes Beispiel war die Äußerung des Inspekteurs des Heeres Generalleutnant Alfons Mais zur mangelnden Einsatzbereitschaft der Truppe, was der Frau Ministerin mal wieder so gar nicht in den Kram passte. Wir Soldaten befinden uns, so wir Kritik an der Bundeswehr üben – ganz gleich ob öffentlich oder intern – häufig im „Edeka“-Bereich (Bundeswehrjargon für „Ende der Karriere“). Hier hat sich seit Gründung der Bundeswehr praktisch nichts verändert, noch immer ist eine kleinkrämerische Geisteshaltung gegenüber kritischer Auseinandersetzung festzustellen.

Dabei sind doch Bundeswehrgeneräle mit akademischem Bildungsniveau ausgestattetes, handverlesenes Spitzenpersonal, welches sich zudem durch viele Auswahlverfahren bewähren musste und meist über Einsatzerfahrung verfügt (im Gegensatz zu vielen Politikern, deren Hauptqualifikation im Abbruch eines Studiums besteht). Diese hochqualifizierten Fachleute in Uniform (gerne Flecktarn!) würden Zuschauer in Talkshows sicher lieber sehen als immer wieder den gleichen Politiker/innen. – Michael Brendel

 

In der jüngsten Ausgabe ihrer Wochenzeitung (siehe Betreff) haben Sie auf die teilweise seit vielen Jahren pensionierten Generale der Bundeswehr hingewiesen, die derzeit in diversen Talkshows ihre Erkenntnisse zum Krieg Russlands gegen die Ukraine zum besten geben. Angesichts der Berichterstattung zu diesem Krieg in der FAZ habe ich mir jenseits der operativ-strategischen Weisheiten meiner mit höherer Pension versehenen Kameraden erlaubt, in einen Leserbrief einige, wie ich meine, gut nachvollziehbare Fakten aufzuzeigen.

Der nachstehende Brief erhebt keinen allgemeingültigen Anspruch, sondern stellt lediglich eine faktenbasierte Meinungsäußerung dar. Bzgl. meiner Einschätzung zum zehnfachen Kräfteansatz für eine rasche Niederwerfung der Ukraine habe ich mich von den alliierten Vorbereitungen zur Invasion in der Normandie 1944 leiten lassen. Diese allerdings hatte einen jahrelangen Vorlauf.

In ihrem Artikel weisen sie angesichts der politisch gewollten Zurückhaltung der Soldaten in der Öffentlichkeit auf die Rolle des Militärs im Dritten Reich hin. Dies bedarf der Ergänzung: Der langjährige Adjutant Hitlers, Oberst i.G. Hoßbach (letzter Dienstgrad General der Infanterie), hat in seinen nach wie vor lesenswerken Erinnerungen („Zwischen Wehrmacht und Hitler“) darauf hingewiesen, dass Hitler Politiker und kein Soldat gewesen sei.

Wenn diese Bewertung stimmt, dann haben nie in der deutschen Geschichte Streitkräfte, zumindest seit 1938, unter einer derart strikten politischen Kontrolle gestanden wie die Wehrmacht. Zur Vermeidung von Missverständnissen: Die Wehrmacht war Teil des zutiefst verbrecherischen Regimes und hat ihren Beitrag zu dessen Stützung sowie ihrer menschenverachtenden Taten geleistet. Dieses Versagen inkl. der Mitverantwortung hierfür ist und bleibt unstrittig. – Dr. Thomas Sarholz

 

Wenn die Herren Generäle a.D. die Meinung, die sie in Talkshows vertreten, vorher noch im Dienst, in Flecktarn von sich gegeben hätten, wären sie wahrscheinlich nie General geworden. Man denke an den hohen Marineoffizier, der ohne jemand zu fragen, eine Meinung vertrat, die dem Verteidigungsministerium nicht passte. – Renke Siefken

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Prinzip Verantwortungsflucht“ von Robert Pausch

 

Die Überschrift lässt den redlichen Anspruch eines Journalisten für das allgemeine politische Verhalten vermuten. Irrtum!!! Dieser Journalist stellt seine wahre Auffassung wenige Zeilen später mit seiner Banalisierung der professionellen Politik richtig: „…besteht nun mal zu einem Teil aus“Wording“, „Spins“ und kommunikativstrategischem „Tischfeuerwerk. So weit, so normal, so wenig skandalös.“ Genau dieses beschreibt den verbreiteten Verdacht der besonderen Nähe von deutscher Politik und Presse. Das Wissen darum lässt solche Artikel völlig überflüssig erscheinen. – Jürgen Dressler

 

Als alter Mann (75) erinnere ich mich an die Zeit nach dem Studium und stellte damals fest, dass Kommilitoninnen und Kommilitonen der Fächer Soziologie, Politologie und Psychologie gesicherte Beschäftigung in Taxi-Unternehmen fanden. Sie erkannten jedoch sehr schnell, dass es für sie und ihre Nachzöglinge Perspektiven in den politischen Handlungsfeldern und Handlungsräumen geben kann. Dafür wurden die Grünen erfunden. Seitdem sind insbesondere die Landesparlamente und der Bundestag von eben diesen Berufsbildern – um Juristen ergänzt – kontaminiert.

Schaut man sich kritisch den erforderlichen Bildungsgrad und die Schwierigkeiten von Studium und Examen einschließlich Dissertation und Habilitation an, erkennt man den Grund für die gesellschaftlich unverhältnismäßige Anzahl von Absolventen. Sie sind zwischen Vor- und Hauptspeise zu verwirklichen. Da tut der politische Erfindungsreichtum, auch weiterhin unnütze gesellschaftliche und politische Handlungsfelder zu initiieren und institutionalisieren Not. Für diese Überflüssigkeit ist jedoch eine Verantwortungsflucht existenziell, weil ein realer gesellschaftlicher Bedarf nur sehr wenig besteht. Natürlich ist dieser Leserbrief wenig geeignet, eine breiteren Öffentlichkeit zu erreichen. Aber mir wird es immer unerträglicher, diese Wesen zu ertragen. – Jürgen Dressler

 

Die Pfälzer sind ja berühmt dafür, gerne gut zu leben, man kann es aber auch übertreiben. Der zuständige Landrat führt während der Katastrophe seinen Hund spazieren, die Ministerin geht mit einem Parteigenossen essen. Manu Dreyer sollte mal ein wenig Disziplin in ihre Truppe bringen. – Peter Pielmeier

 

Ich musste erst einmal nachschlagen, was „Wording“, „blame game“ und „Spins“ in der Politik bedeutet. Es ist tatsächlich nicht neu, dass Politikerinnen und Politiker bei eigenem Versagen immer wieder versuchen, sich herauszureden und abzulenken, Fakten zu ihrem eigenen Vorteil zu interpretieren und andere „Schuldige“ auszumachen. Sprich, sich der Verantwortung zu entziehen. Politik kann wirklich ein schmutziges Geschäft sein.

Im „Fall“ Anne Spiegel tun sich bemerkenswerte Abgründe auf. Statt als Ministerin bei der Bewältigung der sich anbahnenden Katastrophe im Ahrtal präsent und ansprechbar zu sein, Entscheidungen zu treffen und zu leiten, war ihre einzige Sorge wohl nur, wie bei und nach der Katastrophe das „Wording“ usw. auszusehen hat. Ich frage mich, welche Vorstellung Frau Spiegel von einem Ministeramt hat.

Ministerin oder Minister ist nicht nur ein schöner Titel, das Amt richtig zu bekleiden bedeutet hohe Verantwortung, Arbeit und die Fähigkeit, sachgerechte Entscheidungen zu treffen. Von fachlicher Qualifikation will ich gar nicht schreiben, dafür gibt es in den Ministerien hoffentlich genug „fleißige Arbeitsbienen“, die etwas von Ihrer Arbeit verstehen und entsprechend beraten können.

Jetzt ist Frau Spiegel Familienministerin und hat vielleicht noch die Chance, die notwendige Einstellung zu ihrer Arbeit zu entwickeln. „Marketing“ in eigener Sache reicht einfach nicht aus. Die Rücktrittsresistenz politisch Verantwortlicher ist leider auch in Deutschland etabliert und beschädigt immer wieder das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und bestätigt häufig genug den Eindruck von Günstlingswirtschaft, wenn es um tolle Posten geht. – Regina Stock

 

In einem hohen Staatsamt hat man die Macht, im Amtsbereich etwas zu tun oder zu unterlassen. In beiden Fällen trägt man die Verantwortung für die Konsequenzen aus Tun und Unterlassen. Der Verantwortung kann man sich im Prinzip nicht entledigen. Bei geteilter Verantwortung trägt am Ende keiner Verantwortung. Eine Aufarbeitung der Katastrophe im Ahrtal unter diesen Prämissen gelingt mühelos, wenn folgende W-Fragen beantwortet werden: Welche vorher installierten Einrichtungen zur Gefahrenabwehr hätten den unnötigen Tod von 134 Menschen sicher vermeiden können? Wer hätte diese Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr wissen müssen und diese vor der Katastrophe nicht umgesetzt?

Professionelle Schutzmaßnahmen waren an verantwortlicher Stelle wohl nicht bekannt, und Anweisungen, den wegen der Gefahrenlage unabdingbaren Schutz im Ahrtal zu installieren, gab es offensichtlich nicht. Diese Schutzmaßnahmen sind kein Hexenwerk, sondern Fachleuten, natürlich auch in den Ämtern, geläufig, z. B.: Ständig besetzte Leitwarte mit Entscheidungskompetenz, automatische Einrichtungen wie Durchflussmelder, Videoüberwachung und Observierung an den bekannten Gefahrenstellen durch Personen.

Die Aufarbeitung liegt also ausschließlich in der Beantwortung der W-Fragen und in den zu beschliessenden technischen Maßnahmen, um zukünftige Katastrophen zu vermeiden. Wer in ein hohes Staatsamt strebt, gewinnt mit der Macht auch die Verantwortung für alles, was im Geschäftsbereich passiert. Wer Letzteres nicht realisiert, muss das Staatsamt wieder abgeben. Die Regierung ist es den Hinterbliebenen und der Bevölkerung schuldig, hier lückenlos Ross und Reiter zu benennen und Konsequenzen wegen ihres unverantwortlichen staatlichen Handelns zu ziehen. – Manfred Eckelt

 


 

 

Leserbriefe zu „Dausend Prozent“ von Peter Dausend

 

Dausend kann nicht nachvollziehen warum die Mehrheit der Deutschen auch freiwillig in Supermärkten Maske tragen wollen. Hier kann es sich laut Autor nur um „japanisch ängstliche“ Zeitgenossen handeln, oder die „Vermummungsfreunde“ haben unlautere Absichten. Mir fehlt der Witz in dieser Glosse, also leider Thema verfehlt. Hätte ich zu hundert Prozent Dausend nicht zugetraut. – Martin Dobesch

 

Peter Dausend fragt, warum 61 % der Deutschen auch nach Ende der Maskenpflicht weiterhin in Supermärkten Masken tragen wollen und zieht diese Absicht ins Lächerliche. Ich will ihm gern die passende Antwort geben: Weil offensichtlich 61 % der Deutschen selbstständig denkende vernünftige Menschen sind. Während die Infektionszahlen die höchsten sind, die wir jemals hatten, wo jeder Deutsche in seinem Bekanntenkreis mehrere akut erkrankte hat, ist es einfach nur Dummheit, auf sämtliche Vorsichtsmaßnahmen zu verzichten. – Dr. Norbert Krzikalla

 

„61% der Deutschen wollen auch nach dem Ende der Maskenpflicht weiterhin in Supermärkten einen Mund-Nasen-Schutz tragen.“ – dies das Ergebnis einer Umfrage, auf welcher der meines Erachtens fragwürdige „Beitrag“ des Kolumnisten Peter Dausend basiert. Er stellt – allen Ernstes?! – die Frage in den Raum, ob dieser für ihn überraschend hohe Anteil in der Bevölkerung darauf beruht, „weil Karl Lauterbach das so will“. Seine Alternativthesen – Identifizierung mit „The Mask“, „Zorro“, „Catwoman“ bis hin zum „komplettverwirrten Querdenker“ oder „Maulkorbträger“ – ordne ich unter geistloses verbales Rumalbern ein, welches einer Kolumne nicht würdig ist.

Auch wenn man hinsichtlich der zukünftigen Realität sicherlich seine Zweifel anbringen darf, wäre es zweifelsohne hoch anzuerkennen, wenn eine Mehrheit der Bevölkerung auch ohne entsprechendes Gebot respektive „Regelwerk“ aus Rücksicht und/oder aufgrund des entwickelten Gesundheitsbewusstseins in aerosolbelasteten Räumen einen Mund – Nasen – Schutz tragen will. Dies würde von einem Grad an Vernunft sprechen, welcher dem Autor ganz offensichtlich zu fehlen scheint.

Vielleicht will Herr Dausend jedoch auch entgegen dem urspünglichen Sinn der Gattung Kolumne und damit sinnverfehlt keine eigene Meinung zum Ausdruck bringen sondern auf Kosten des älteren und/oder vulnerablen Anteils der deutschen Bevölkerung (ca. 21,5 Millionen, also ca. 25% gehören zur „Hochrisikogruppe“!) einen ironischen Beitrag leisten. Geschmacklos. – Lando Huber-Denzel

 

Herr Dausend versucht quälerisch zu ergründen, warum 61 % der Deutschen nach dem Ende der Maskenpflicht in Supermärkten noch einen Mund-Nasen-Schutz tragen möchten und kommt leider nicht auf die Idee, dass sich dahinter weder der Drang nach Faschingskostümen noch die blinde Gefolgschaft eines Ministers, sondern die Angst vor einer Infektion verbergen könnte. – Alexander Mortzfeldt

 


 

 

Leserbriefe zu „Habt keine Angst“ von Elisabeth von Thadden

 

Wenn jemand den nächsten Friedensnobelpreis verdient hat, dann Frau Owssjannikowa. Tiefen Respekt und Anerkennung für den Mut dieser Frau. – Dieter Lanz

 

Absolute Zustimmung!! Was und wo wären wir wohl ohne all die mutigen Frauen, die uns allen den Weg für weiteres Fortkommen geebnet hätten … Geschichte war nicht mein Lieblingsfach in der Schule. Aber ist es nicht so, dass nur wenige Frauen einen Krieg angezettelt haben? Ich wünsche uns allen Frieden und die Befreiung der Welt vom solchen Despoten wie Putin. – Annette Haagen

 

Marina Owssjannikowa, diese unglaublich mutige Frau hat Geschichte geschrieben und nicht weniger als den Friedensnobelpreis verdient. Und es stimmt freilich, was sie sagt: „Nur wir, nachdenkliche und intelligente Russen, haben die Macht, diesen Wahnsinn zu stoppen.“ Denn wann immer es in dieser Welt – mitnichten nur in Russland – an Menschen wie Owssjannikowa fehlt, fehlt es an Stärke, (medialer) Aufklärung und Gerechtigkeit.

Wir alle, in West und Ost, Nord und Süd, müssen mehr Mut aufbringen, uns unseres Verstandes zu bedienen und diesen im Sinne gleichen Rechts anwenden. Erst dann haben wir wirklich alles getan, um Gewalt, Terror und Krieg bestmöglich zu verhindern. Im Übrigen zeigen sich derweil sehr eindrücklich die nicht und niemals zu unterschätzenden Unterschiede zwischen den relativen Staatsformen der von diesem perfiden Krieg direkt wie indirekt betroffenen Länder.

Im sogenannten Westen werden allenfalls Meinungen ignoriert oder gekürzt; Meinungsüberbringern droht jedoch regelmäßig keine Gefahr für Leib und Leben. Marina Owssjannikowa ist all das überaus bewusst gewesen und sie hat dennoch nicht geschwiegen. Darum verdient sie völlig zu Recht unsere allerhöchste Achtung und Bewunderung. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Diplomatie unter Feuer“ von Jörg Lau und Michael Thumann

 

Der Erklärungen von Michail Podoljak bzgl. der vier Prioritäten bei den Gesprächen mit Russland sind absolut einleuchtend. Stopp der Kämpfe, Rückzug der Invasoren, Friedensvertrag und ins besondere die Reparationen. Das ganze angerichtete Leid und die toten Männer, Frauen und Kindern lassen sich sicher nicht mit Geld wett machen, aber wir alle sollten darauf bestehen, das Russland den angerichteten materiellen Schaden bezahlt – auch hier gilt m.E. das Verursacherprinzip.

Solange nicht das letzte bombardierte Krankenhaus, das letzte von russischen Raketen getroffene Wohnhaus, die letzte durch russische Granaten zerstörte KiTa volständig durch russische Mittel wiederhergestellt ist, sollten wir die Sanktionen gegen den Agressor aufrecht erhalten (und ggf. noch verschärfen – ein Importstop von Gas, Kohle und Öl sind schon lange überfällig). Putin und seine ausführenden Organe dürfen damit nicht durchkommen! – Kai Krebber

 

Bekenntnis eines Kreml-Verstehers: Als aufmerksamer Beobachter der Zeitgeschichte nach dem 2. Weltkrieg bin ich immer mehr zum Versteher des Kreml und seiner Herrscher geworden. Bewirkt wurde dies durch folgende Tatsachen: Blockade Berlins 1948/49, um Westberlin in die sowjetische Besatzungszone einzugliedern; sowjetische/russische Panzer walzen Volksaufstände nieder: 1953 Ostberlin, 1956 Ungarn, 1968 Tschechoslowakei;

Bau der Mauer in Berlin um Menschen daran zu hindern, dem real existierenden Sozialismus den Rücken zu kehren (1961); russische Truppen zerstören im Tschetschenienkrieg durch Bombenangriffe Grosny (1994/95), führen Krieg gegen Georgien und spalten Südossetzien und Abchasien ab (2008), annektieren die Krim (2014), setzen separatistische Kräfte in die Lage, in der Ostukraine zwei „Volksrepubliken“ zu gründen, legen in Syrien Aleppo in Schutt und Asche (2016) und wenden nun die erlernten Strategien und Taktiken gegen das „Brudervolk“ in der Ukraine ohne Rücksicht auf zivile Opfer an.

Selbst vor kriminellen Handlungen im europäischen Ausland schrecken die Geheimdienstschergen des KGB – jetzt FSB – nicht zurück. Hier nur Beispiele, die aus dem Dunkel der Geheimdienste an die Öffentlichkeit gekommen sind: Mord in Großbritannien an einem ehemaligen KGB-Offizier durch Polonium (Litwinenko 2008), Mordversuch an Sergej Skripal (KGB-Überläufer) und seiner Tochter in Salesbury (2018), Tötung eines Georgiers im Berliner Tiergarten, der im Tschetschenien Krieg gegen Russland kämpfte (Changoshwili 2019) durch den inzwischen rechtskräftig verurteilten russischen Staatsbürger Krassikow. In Russland selbst ist die brutale Unterdrückung jeder oppositionellen Bewegung nicht zu übersehen:

Der Mord an Anna Politowskaja (2006) und Boris Nemzow in Moskau (2015), der Versuch, Nawalny zu vergiften und seine anschließende Haft (2021) sind Beispiele, die nur die Spitze eines Eisbergs darstellen können. Die jüngste Perfidie im Kampf gegen oppositionelle Kräfte und vom Staat unabhängige Berichterstattung ist der mit Strafen von bis zu 15 Jahren Gefängnis belegte Maulkorb für jeden, der es wagt, den Krieg Krieg und die Invasion Invasion zu nennen. Wie groß ist die Angst vor der Wahrheit, wie feige und erbärmlich! Ich verstehe also, dass die Kreml-Herrscher gewaltbereit nach außen und innen waren und sind, wenn es um ihre imperialen Interessen geht und ihnen das Risiko vertretbar erscheint.

Selbst die Drohung mit Atomschlägen ist ihnen nicht zu schade, die demokratischen Gesellschaften ihren Wünschen gefügig zu machen. Nun wird von verschiedenen das Argument eingewendet, auf die Sicherheitsinteressen Russlands sei nicht genügend Rücksicht genommen wurde und daher die NATO-Staaten für den gegenwärtigen Krieg in Euro mit- wenn allein verantwortlich seien. Was sind diese Sicherheitsinteressen? Militärischer Art könnten sie doch nur sein, wenn man das gewaltige Militär- und Atomwaffenpotential sowie die riesige Landmasse Russlands nicht berücksichtigen würde. Die historischen Erfahrungen gewonnen aus den gescheiterten Feldzügen Napoleons und Hitlers sollten ebenfalls einen Angriff westlicher Staaten auf Russland als Selbstmord erscheinen lassen.

Aus dieser Perspektive und angesichts der beschriebenen Handlungen Russlands stellt sich die Frage, wer ein größeres Bedürfnis nach Sicherheitsgarantien hat: die zentral geführte überlegene Militärmacht Russlands oder die vergleichsweise kleinen Armeen der Staaten in Westeuropa mit nur zum Teil koordinierten Kommandostrukturen. Anders sieht es allerdings aus, betrachtet man die im Spiel befindlichen politischen und ideologischen Interessen.

Im Wettbewerb zwischen liberal demokratischen und autoritär bis diktatorisch geführten Staaten hat Russland das dringende Bedürfnis, die Einflüsse demokratischen Gedankenguts, des freien Meinungsaustausches und nach Einfluss strebender interner Opposition möglichst zu unterbinden. Daher laufen die Forderungen der herrschenden Klasse in Moskau darauf hinaus, dass westliche Mächte eine Einflusszone Russlands anerkennen sollen, die mindestens den Raum der ganzen ehemaligen Sowjetunion umfasst, dass demokratisch gewählten Regierungen nicht Mitglied der NATO werden dürfen, und dass alle Atomwaffen samt der amerikanischen Truppen aus Westeuropa abzuziehen sind etc..

Rücksichtnahme auf die so definierten Sicherheitsinteressen käme aber einer Selbstentleibung der liberal demokratischen Staaten gleich und würde Europa zu einem Kontinent von Russlands Gnaden degradieren. Daher muss alles getan werden, um dem mit militärischer Brachialgewalt durchgeführten Überfall auf die Ukraine zu begegnen, ohne dass NATO-Staaten Kriegspartei werden. Was käme also in Frage? Humanitäre Hilfe für die Opfer der willentlich herbeigeführten Vertreibung von Millionen Ukrainern. Resilienz der in der Ukraine kämpfenden Menschen stärken, auch durch Waffenlieferungen. Stärkung auch der eigenen Streitkräfte, um Europa wehrhafter gegenüber ungerechtfertigten Ansprüchen Moskaus und unabhängiger von Amerikas unzuverlässiger werdenden Schutzfunktion zu machen (kommt Trump wieder?).

Alle diplomatischen Kanäle nutzen, um die Geschlossenheit des Westens hinsichtlich der Sanktionen zu festigen und soziale Folgen ihrer Rückwirkungen auf das Inland zu mindern. Jede noch so kleine Möglichkeit wahrnehmen, durch Verhandlungen das grauenvolle Kriegsgeschehen zu beenden. Abhängigkeit von Energieimporten mindern und soziale Folgen der Rückwirkungen von Sanktionen abfedern – auch wenn die Verschuldung des Staates zunimmt. – Dr. Dieter Gerlach

 

Vergleicht man die jeweiligen Forderungen der ukrainischen und russischen Seite miteinander, so liegen sie gar nicht so weit auseinander, insbesondere wenn seitens der Ukraine ein „diplomatisch codiertes Angebot“ eingebracht wird, das einen Verzicht zum NATO- Beitritt beinhaltet. Das kann ja wohl nicht wahr sein! Die Krim als russisch anzuerkennen ist ja wohl schon Realität. Die Donbass- Volksrepubliken anzuerkennen wäre eine echte Chance, die nun seit 8 Jahren andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen mit bereits 14.000 Toten nachhaltig zu beenden.

Wenn das alles im Bereich des Möglichen liegt, warum konnte man sich nicht an einen Tisch setzen und vernünftig miteinander verhandeln? Zeit genug war ja vorhanden. Für den ukrainischen Staatspräsidenten Selenskyj wäre es sicher kein Gesichtsverlust, bei einer derartigen Perspektive einen sofortigen Waffenstillstand anzubieten statt mit vorwurfsvollen Reden an die EU- Staaten noch mehr Waffen einzufordern und so das Leiden seines Volkes nur zu verlängern, von der Gefahr einer Ausweitung des Krieges nach Westeuropa ganz zu schweigen. – Michael Deil

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir haben Angst um unsere Existenz«“ von Charlotte Parnack

 

Die Ölförderung kostet wahrscheinlich nur wenig mehr als vor zwei Jahren. Heißt die Differenz bleibt in der Kasse von Ölkonzernen, Spekulanten und Putin. Ausser der „Generalsanierung“ des gesamten Systems (unwahrscheinlich) fällt mir nur ein, gnadenlos die Nachfrage zu reduzieren und das Auto stehen zu lassen, wo immer es möglich ist. Und auch dort, wo wir zunächst noch glauben, dass es nicht möglich ist. Auch wenn es schmerzt. Wer glaubt, dass wir in Deutschland den Ukrainekrieg ohne Schmerzen überstehen werden, mag gerne weiterträumen. – Willi Krebser

 

Er kann einem schon leid tun, der Herr Wallmann, offenbar ein engagierter und erfolgreicher Vertreter des Mittelstandes. Nur fahren leider viel zu viele LKWs in der Gegend herum. Da wird Milch quer durch Europa gekarrt, wegen ein paar Cent – halbtote Schweine ebenso. Jedes Schräubchen wird just in time dahin gebracht, wo ein Hersteller es gerade braucht, damit er sich die Lagerhaltung ersparen kann. Die ist nämlich teurer. Von Leerfahrten und Amazon Prime ganz zu schweigen.

Alles in allem ein hoch subventioniertes System, in dem Transport einfach zu billig ist. Schön, wenn das Transportunwesen mal nicht weiter wächst, sondern womöglich sogar schrumpfen würde. Mal ganz davon abgesehen, finde ich es schwierig, über steigende Energiepreise zu jammern, während in Mariupol Tausende ohne Versorgungsmöglichkeiten in den Kellern ihrer Häuser festsitzen und nicht wissen, wohin mit ihrer Angst. – Sibylle Kennepohl

 

Aber genau darum geht es doch, oder? Um überhaupt eine Chance im Klimawandel zu haben muss der Westen sein Konsumverhalten und seine lieb gewonnenen Gewohnheiten radikal ändern, oder? Wir haben die letzten 40 Jahre hervorragend davon gelebt, die Kosten unseres Wirtschaftens und Verhaltens auf die Allgemeinheit umzulegen (CO2 Emissionen im Verkehr, Ressourcen Verschwendung, etc.) und die Gewinne privat einzufahren. Wenn jetzt der Benzin-preis (endlich?) nach oben geht, können die wirklichen Gesetze des Marktes greifen, und be-stimmte Vorgänge unrentabel machen:

Schweine über 100 km durch die Gegend fahren um sie schlachten zu lassen, oder zu Parmaschinken in anderen Ländern verarbeiten zu lassen ist da nur ein kleines Beispiel von extrem vielen völlig pervertierten Auswüchsen unseres Wirtschaf-tens; möglich weil CO2 Eintrag in die Umwelt und Rohstoffentnahme nichts kostet. Sinnvollerweise steigt der Benzinpreis sogar auf 4 oder 8 Euro pro Liter damit sich endlich nachhaltigere Wirtschaftsmodelle durchsetzen können. Natürlich ist der Aufschrei jetzt wieder groß, die BeharrKräfte in unserer Gesellschaft sind immens, aber es führt kein Weg daran vorbei; beson-ders unter dem Aspekt, dass der Verkehr in den letzten zwei Jahren seine Klimaziele komplett verfehlt hat. – Alexander Fassbender

 


 

 

Leserbriefe zu „Diesmal besser?“ von Ulrich Ladurner et al.

 

Krisen in der ganzen Welt, Krieg, Flucht und die Suche in einem Land in Frieden Leben zu können, da ist die kulturelle Nähe in Europa zur Ukraine eine emotionale Stärke – Frauen und Kinder – deren Väter – Ehemänner kämpfen müssen. Der tägliche Ukraine Bericht in allen Medien und Schicksale im Jahr 2022 machen nichts besser als 2015 – es ist alles anders- Europa könnte Auslöser eines 3.Weltkrieges sein. Darauf kann man sich nicht besser vorbereiten. Frieden schaffen ohne Waffen – sind ein Menschheitstraum der Geschichte- die unerfuellbar scheint. – Thomas Bartsch-Hauschild

 

Flüchtlingskrise. Dafür müssen wir uns wohl auch bei unserer Außenministerin bedanken, die mit ihrem Wüten gegen Nordstream 2 womöglich den letzten Anstoß gegeben hat für den Einmarsch in die Ukraine. Der Zar in Moskau war doch lange Zeit ein ganz umgänglicher Machthaber, der aber vom Westen immer wieder von oben herab brüskiert wurde. Angefangen mit Joe Biden, der ihn gleich zu Amtsantritt einen Killer genannt hat. Ein diplomatischer Faux Pas ersten Ranges! Mit Nordstream 2 haben wir nun wohl das letzte freundschaftliche Band zu Russland zerrissen.

Alles was Willi Brand, Schröder und Gorbatschow aufgebaut haben, liegt jetzt wie Mariupol in Trümmern. Nun haben wir nicht nur wieder eine Flüchtlingskriese, sondern auch eine Energie- und Weizenkrise! Da kann die ideologiebasierte grüne Außenpolitik stolz drauf sein. Toll Annalena! – Ob man Herrn Putin mag oder nicht, er ist der Chef der zweitgrößten Militärmacht der Welt, den kann man nicht wie einen Potentaten einer Bananenrepublik behandeln. – R. Wittig

 

Vielen Dank für die Einsichten dieser Artikel, besonders die eindrucksvolle Aufstellung aller parallel nötigen Bearbeitung der mehrfachen bedrohlichen Krisen und Aufgaben. Allerdings ist der Begriff „Kraftanstrengung“ eher eine euphemistische Verharmlosung, solange man nicht aufzählt, was das alles erfordert angesichts der Größe dieser mehrfachen riesigen Aufgaben und der schon bisherigen Auslastung aller finanziellen und personellen Ressourcen inclusive der gegenüber den kommenden Generationen und/oder Inflations- und Negativ-Zins-Opfern noch zumutbaren Schulden.

Deshalb ist auch der Begriff „Herausforderung“ eher eine Verharmlosung, wenn er suggeriert, das lasse sich ohne Probleme – das Wort darf es ja fast nicht mehr geben — „lösen“, genauer gesagt mit den bisherigen Fachkräfte-Mengen, Arbeitszeiten und Steuern, ohne irgendwelche „Zumutungen“. Wie Sie zu Recht feststellen, „es mangelt an Personal“, und das nicht nur im Bereich der Flüchtlings-Integration, sondern genauso in Handwerk und Verwaltungen beim massiv zu beschleunigenden Aufbau von erneuerbaren Energien, Dämmungen und Speichern samt Wasserstoff-Technologie, in der Bauwirtschaft zum Neubau und/oder Sanierung von Wohnraum, bei der Bundeswehr samt Beschaffungsämtern, bei der Bidung, im Gesundheitswesen, bei der Hilfe für problemgeladene Familien und Kinder etc. etc.

Da reicht pure „Anstrengung“, besonders wenn man damit nur die Regierungen meint, überhaupt nicht mehr aus. die Regierungen können ja in einer Demokratie nur begrenzt Dinge machen gegen Widerstand der Menschen, insbesondere der eigenen Wähler. Dankenswerter Weise haben Sie darauf hingewiesen, dass bei Überlastung durch zu viele, große oder zu schnell eintretende Probleme (in gewissem Maß) Fehler unweigerlich passsieren.

Dazu kommen noch die zahlreichen Dilemmata, dass unmöglich alle Erwartungen und Wünsche gleichzeitig erfüllbar oder in der neuen Lage alle Versprechungen zusammen noch verantwortbar einzuhalten sind. Insbesondere bei der FDP als Regierungspartei dürfte das gleichzeitige Versprechen von Einhaltung der Schuldenbremse und Vermeidung jeglicher Steuererhöhungen kaum einhaltbar sein ohne Vernachlässigung wichtiger Aufgaben oder Tricks, zu deutsch Mogeleien und Verschleierungen im Haushalt.

Die ungeheure Zahl an zusätzlich benötigten Arbeits-Stunden dürfte bei gleichzeitiger demographischer Problematik kaum vereinbar sein mit immer mehr Wünschen nach kürzeren Wochen- und Lebensarbeitszeiten oder Sabbatjahren oder immer mehr Akademikern unter Vernachlässigung des Handwerksberreichs, auch nicht vereinbar mit Fortsetzung aller Fach-Arbeitskraft-Ensätze in allen bisherigen Branchen, soweit die eher entbehrliche oder sogar eher schädliche Leistungen erbringen wie Flugreise-Branche, Sylvester-Knaller-Produktion oder Transport von Blumen oder exotischen oder nicht saisonalen Früchten aus Übersee.

Auch dürfte die nötige ausreichende Verminderung des fossilen Kraftstoff-Verbrauchs kaum vereinbar sein mit den gewohnten Freiheiten und Preisen von langen Flugreisen und dicken Autos bzw. Nutzung letzterer zum Rasen oder mehr zu Spaßzwecken als zu lebensnotwendigem. Wenn der Staat das alles regeln soll, braucht er vom Bürger zumindest die Akzeptanz und die nötigen Ressourcen, an Geld wie auch an Arbeitskräfte-Einsatz. letzterer wird ja vielfach durch die Demogrraphie schon ohne Klima, Flüchtlinge und Krieg problematisch, welche alle nun zusätziche Personaleinsätze fordern. Da ist z.B. das in der Flüchtlings-Integration 2015 gelernte zwar hilfreich, aber keinesfalls eine ausreichende Lösungs-Garantie.

Was wir also brauchen, ist nicht nur „Anstrengung“ der Regierungen, die das Geld vielleicht „einfach“ über Kredite beschaffen sollen, sondern Bereitschaft zu mehr Arbeit und mehr Steuern oder Abgaben und oder Verzicht auf (fossile) Subventionen von vielen, insgesamt zu „Verzichten“ oder „Zumutungen“ bei nicht allen, aber bei sehr vielen Bürgern. Wir können oder besser dürfen nicht mehr erwarten, dass Regierungen wesentlich mehr bewirken können ohne dass wir irgendetwas davon merken, sei es bei unseren „Freiheiten“, beim Steuerbescheid, bei den Preisen, bei den Arbeitszeiten, beim Rentenalter etc. etc.

Die viel geforderte vermehrte Zuwanderung von Fachkräften dürfte begrenzt sein, wenn diese nicht in ihren Heimatländern fehlen sollen oder erstmal überhaupt hier ausgebildet werden müssen, zumindest in unserer Sprache und den hiesigen Regeln und Vorschriften, wofür sie erstmal zusätzlich mehr Arbeitszeiten absorbieren, ehe sie selber nennenswertes leisten können. Die ukrainischen Flüchtlinge wollen ja möglichst gar nicht auf Dauer bleiben, sondern bald in ihre Heimat zurück, jedenfalls wenn diese noch in einem bewohnbaren und zumutbaren Zustand erhalten oder wieder aufgebaut werden sollte. Der Artikel „Diplomatie unter Feuer“ zeigt sehr schön, wie problematisch eine ausschließliche Freidens-Forderung „egal wie“ wäre, und wie zynisch oder ignorant manche dahingehende Parolen sind. Für manche wäre es schon akzeptabel genug, wenn nur die Ukrainer sich sofort ergeben würden, damit wir am schnellsten wieder Frieden hätten.

Das wäre allerdings ein Friedhofsfrieden, nur dadurch erreicht und „gesichert“, dass alle „friedensstörenden“ Gegner von Putins Zielen vertrieben, gefangen oder getötet sind. Und selbst das wäre für die unterworfenen keine Garantie auf Leben. Die Tyrannen der Geschichte, allen voran Hitler und Stalin, haben deutlich gezeigt, dass man sowohl unterworfen und wehrlos als auch umgebracht werden kann, sei es wegen der Paranoia des Tyrannen, als zu Tode ausgebeutete oder im Stich gelassene oder als zwangsrekrutierte in einem weiteren Eroberungskrieg ihres Herrschers.

Alle Unterstützungen und Sanktionen zugunsten der Ukraine müssen weitergehen, nicht nur bis zu einem Waffenstillstand, sondern bis zu einem für die gewählten Ukraine-Vertreter akzeptablen Frieden incl. einem möglichst großen Anteil von deren berechtigten Forderungen: Rückzug aller Angreifertruppen, objektive, nicht nur papierene Sicherheiten für die Zukunft und Entschädigungen für die erlittenen Zerstörungen von Menschen und Infrastruktur. eigentlich würde zu völliger Gerechtigkeit auch ein Prozess wegen aller Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Gerichtshof gehören, aber das dürfte wohl frühestens nach einem Umsturz in Russland selbst denkbar sein.

Dankenswert ist auch Ihr Artikel „Wolkige Aussichten“ über die Ernüchterung nach der früheren Euphorie um das Fliegen mit Strom. Nicht ganz so illusorisch, aber auch unrealistisch sind ja die Träume den vollen Umfang allen Flugverkehrs mit „grünen“ flüssigen Kraftstoffen aufrecht zu erhalten, da diese Kraftstoffe für die gleiche Energiemenge im Vergleich zu direkter Strom-Nutzung ein mehrfaches an PV- o der Windkraft-Anlagen benötigen würden, wegen der Energieverluste bei jedem Umwandlungsschritt. Am ehesten, mit den geringsten Verlusten, ginge das noch mit Wasserstoff. Bis alle dafür nötigen Produktionsanlagen aufgebaut wären, falls überhaupt möglich, wäre die letzte Gnadenfrist bis zum Überschreiten der Klima-Kippunkte längst abgelaufen. Und die angestrebten „Effizienz-Steigerungen“ ergeben nur einen lächerlichen Bruchteil der nötigen Einsparungen.

Deshalb ist die allen bisherigen Zielen zugrunde liegende stillschweigende Voraussetzung völlig unhaltbar geworden: Dass es unvermeidlich naturgegeben sei, dass der Umfang des heutigen Flugverkehrs voll aufrecht erhalten oder gar noch gesteigert werden müsse, weil die Menschen es eben „wollen“, dass eine Beschränkung oder massiver Verteuerung dieser „Freiheiten“ quasi unzumutbar sei. Es wird höchste Zeit den Menschen hier noch weit mehr reinen Wein einzuschenken als bisher, dahingehend, dass eine — noch rechtzeitige — Ideal-Lösung des Klimaproblems unter Erhaltung aller lieben Gewohnheiten und Ansprüche nicht mehr möglich bzw. nicht mehr verantwortbar ist. – Dr. Peter Selmke

 


 

 

Leserbriefe zu „Aufschub und Ausflüchte“ von Carolin Rückl

 

Die seit dem 15. März gültige Impfpflicht für Beschäftigte in Pflege- und Krankeneinrichtungen wurde eingeführt, um Gefahren von den Insassen abzuwenden. Weil nicht alle dort Tätigen dieser Impfpflicht nachzukommen bereit sind, führt das nun dort zu Verlusten an Kapazität. Jetzt gerät die Pflicht zur Impfung zunehmend unter Druck, Personalengpässe sollen so vermieden werden.

Auch die Logistik ist für uns als Exportnation mit international verflochtenen Geschäftsprozessen „systemrelevant“. Nicht zuletzt der teure Sprit kommt stets mit einem LKW zur Tankstelle! Die Spediteure klagen aktuell zunehmend darüber, nicht mehr genügend Kraftfahrer zu finden. Würden wir hier, um dem Mangel abzuhelfen, trotz des wohl größeren Unfallrisikos vom Besitz eines LKW-Führerscheins als Voraussetzung für die Beschäftigung absehen wollen?

Ich weiß, der Vergleich hinkt. Aber es erscheint augenscheinlich erfolgversprechender, gegen das Gesetz bzw. seine Durchsetzung zu kämpfen, anstatt mit besserer Bezahlung und besseren Arbeitsbedingungen den Beruf für mehr Menschen attraktiv zu machen. – Heinz Lewandowski

 

Man kann es drehen und wenden wie man will, irgendwann kommt die Frage aller Fragen; die Frage nach dem Impfstatus! Vor der Pandemie war das kein Thema! Wieso kann eine ungeimpfte Fachkraft eigentlich nicht in ihrem Beruf weiterarbeiten, obwohl sie selbst bisher nie an Corona erkrankt ist? – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zur Infografik „Goethe war da“ von Line Hoven (Illustration) und Hella Kemper (Recherche)

 

Ihre Infografik: Poesie „Goethe war da“ hat mich an eine kongeniale Paraphrase dieses wunderbaren Gedichts erinnert. Von einem Freund aus Schauspielschulzeiten. „Nichts los im Wald und du stirbst bald.“ – Joachim Król

 

In der Ausgabe vom 17. März 2022 brachten Sie auf Seite 44 unter der „Infografik: Poesie“ eine paar schöne Informationen zu Goethes berühmtem Nachtgedicht. Dem kann ich noch etwas hinzufügen. Als Anhang finden Sie eine Kopie der Titel- und Rückseite eines Taschenbuches, in dem ich immer wieder mal gern blättere: Hanswilhelm Haefs, das dritte Handbuch des nutzlosen Wissen, DTV 1994.Ob die dort wiedergegebene Weltreise von Goethes Gedicht einen realen Vorgang wiedergibt oder erfunden ist, weiß ich natürlich nicht, aber denkbar ist das schon und amüsant erst auf jeden Fall. – Bernd Finkeldey

 


 

 

Leserbriefe zu „Georgiy, 46, drei Kinder. Soll er kämpfen?“ von Marvin Ku

 

Die „Zeit“ beschreibt auch in der aktuellen Ausgabe den unvorstellbar brutalen russischen Überfall auf die Ukraine unter vielen Aspekten. Aber die im Dossier von Marvin Ku vorgestellte Geschichte von Georgy , 46 Jahre, 3 Kinder (und eine Frau) ist von einer besonderen Qualität. Unter welchen Ängsten, aber auch mit welcher Kraft möchte dieser Mann seine Heimat als Freiwilliger verteidigen. Mögen viele aus dem Heer der Freiwilligen diesen Krieg überstehen. Und Gratulation dem Autor dieses Dossiers. Hat mich tief beeindruckt. – Dr. Dieter Alfter

 

Der Storch und der Adler //An die Ukrainer//Aber Ihr wisst es, /der Storch/bringt die Kinder, er/brütet hoch oben, /auf dem Dach /des Kirchenturmes, im/Schutze des HERRN. /Sein Nest ist so groß /wie das Rad //eines Wagens, der/Wagen, er rollt und /er rollt und /niemand /hält ihn auf. /Der Adler aber /muss stürzen, er/muss erblinden, er/windet sich wie //ein Wurm im /dreckigen Staub. /Und von ferne kommen /die Scharen der Vögel, /alle Vögel /sind schon da, /Frühling will nun /einmarschieren, kommt mit/Sang und Schalle. – Alma Laura Wallraff

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Realist“ von Anna-Lena Scholz

 

Es ist entscheidend, dass der Krieg in der Ukraine mit Realismus und mit seiner Vorgeschichte betrachtet wird. Die Überzeugung von Prof. Masala, dass es hier nicht um „Gut gegen Böse“ geht, teile ich. Von hoher Relevanz ist auch sein Zitat: „Ich finde, da wird die Ukraine letztlich für westliche Machtpolitik missbraucht“. So ist es. Die Ukraine wurde, mit Einwilligung von Präsident Selenskyj, zum Köder präpariert. Während die USA für sich überall auf der Welt Einflusszonen definieren (angefangen mit der Monroe-Doktrin), soll Russland eine solche in der Ukraine bei Strafe nicht gestattet werden.

Nicht nur theoretisch ist die Frage wichtig: Hätte der Krieg verhindert werden können? Ich denke schon, dafür ein paar Stichworte. 1) Durchführung des Minsk II-Abkommens seit 2015. 2) Seit 2021 bis zum 23. Februar 2022: Verzicht auf NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und Neutralität. 3) Seit Dezember 2021 bis zum 23.02.2022: Ernsthafte Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die jeweiligen „Roten Linien“. Nichts davon ist geschehen. Noch ein Wort zu Präsident Selenskyj: Es ist hochgefährlich, ihn zum „Helden der Freiheit“ emporzustilisieren. Als solcher fühlt er sich ermächtigt zu behaupten: „Die Drohung mit dem Atomkrieg ist ein Bluff“. (Titelblatt von DIE ZEIT Nr. 11 vom 10.03.2022) – Michael Schnatmeyer

 

Wissenschaftler in diesem Land haben es seit jeher schwer. Sie sind vergleichbar mit „Regenschirmen“. Wenn es stürmt und gießt, dann sollen sie uns schützen mit ihrem Wissen. Wenn es trocken ist, dann wer-den sie wieder in die Ecke gestellt. Dann braucht man sie ja nicht wieder. Denn es ist schon erstaunlich, dass Masalas Buch aus dem Jahr 2016, wo er sehr eindrucksvoll dargelegt hat: „das 21. Jahrhundert wird dadurch gekennzeichnet sein dass man das Unerwartete erwarten muss und das keine großen Strategien für eine stabile Ordnung in der internationalen Politik entwickelt werden können…

Wir werden nicht absehen können was kommt. Und wenn es kommt, wird unser altes Wissen über Krieg und Frieden nicht mehr an- wendbar sein“. Jetzt-wo das „Kind in den Brunnen gefallen ist“ und der Friede in Europa perdu ist, da wird der „Regenschirm „Masala zwar überall gebucht, doch Politik und Medien meinen, dass sie mit einem Schnellkurs vom Professor über Kriegserklärung nun genug wissen, um in Ihrem Bewältigen und Lösen der Krise (hier die Guten und da die Bösen), die die bräsige Ruhe des Lebens gestört haben, bes-tens aufgestellt zu sein.Einmal Regenschirm, immer Regenschirm. – Dr. Detlef Rilling

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wir können unser Land nicht verraten«“ von Henning Sußebach

 

In ihrem Artikel in der aktuellen „ Zeit“ schreiben Sie über die Mutter, die mit ihrer Tochter in Köln angekommen ist und man sie am Kölner Hauptbahnhof darauf hingewiesen hat, dass sie sich auf der „Zentralen Ausländerbehörde“ registrieren lassen muss, diese allerdings nur werktags von 8 bis 12 Uhr geöffnet und mittwochs ganz geschlossen ist. Mir verschlägt es die Sprache: Da kommen hunderte geflüchtete Menschen in größter Not hier an und wissen nicht wohin und dann gibt es die für sie zuständige Behörde, die nur vormittags und mittwochs gar nicht arbeitet.

Gibt es denn dort niemand, der erkennt, dass man in dieser Ausnahmesituation vielleicht mal die Öffnungszeiten erweitern, wenn nicht gar 7 Tage die Woche und vielleicht sogar noch von morgens bis abends geöffnet haben sollte ??? Haben wir in Deutschland wirklich noch diese groteske Bürokratie??? – Ilona Pourié

 

Ihr Bericht von der Mutter und ihrer Tochter aus Kramatorsk spricht indirekt für eine Registrierung der Flüchtlinge an der Grenze. Ich glaube auch, dass viele unter ihnen hin und hergerissen sind: Zwischen ihrem Heimatland und Deutschland. Sie haben bei Ihren Leuten eine gewisse Schockstarre beobachtet. Dass vorwiegend Frauen und Kinder flüchten konnten, finde ich gut. Bemerkenswert auch, dass mit jeder Bombardierung auf ukrainische Wohngebiete, die Liebe zu ihrer Ukraine wächst, auch wenn das Leben dort nicht paradiesisch und von Korruption begleitet war.

Das aggressive Vorgehen Russlands gegen das Brudervolk der Ukraine zeitigt viele Flüchtlinge. Das bekommen wir täglich durch die Nachrichten mit. Ich habe mich gewundert, dass die Bundesregierung sich nicht für eine Registrierung der Flüchtlinge an der Grenze durch die Bundespolizei ausgesprochen hat. Das erschwert m.E. Maßnahmen der Regierungen, die der Integration dienlich sein könnten. Die zivilgesellschaftlichen Gruppen und Institutionen fühlen sich zu wenig unterstützt. Ich kenne aus unserer Region Bürger, die zur Zeit ab und zu an die polnisch-ukrainische Grenze fahren, um dort Flüchtlinge abzuholen und die versuchen, sie hier zunächst unterzubringen. Aber was kommt dann?

Die Bundesregierung hat zu Beginn große Versprechungen gemacht, dass die Flüchtlinge im sozialen Netz aufgefangen und die Kinder in die Schulen integriert werden. Mit einer Registrierung der Flüchtlinge, verbunden mit einigen Daten, z.B. der Berufsausbildung, könnte man bestimmte Dinge gleich zu Beginn koordinieren.

Unter den geflüchteten Frauen gibt es sicher eine gute Zahl an Erzieher- und Lehrerinnen. Warum könnte man sie nicht in den Unterricht für Flüchtlingskinder einbeziehen? Sie einfach in bestehende Klassen zu integrieren, funktioniert so etwas überhaupt? Bekannt ist, dass in den Ballungszentren bezahlbarer Wohnraum fehlt, während in manchen Ländern im Osten Deutschlands Wohnraum leer steht. Eine umsichtige Politik könnte da auch steuern. Aber das scheint wohl nicht auf dem Bildschirm von manchen Politikern zu stehen.

Flüchtlingspolitik rechnet immer mit nicht vorhersehbaren Ereignissen. Wir wissen im Augenblick nicht wie der Krieg mit seinen Folgen sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter entwickeln wird. All das beeinflusst auch das Verhalten der Flüchtlinge, die jetzt bei uns willkommen geheißen wurden. In zerstörte Städte will kaum jemand freiwillig zurückkehren und von vorne anfangen. All das sollte Flüchtlingspolitik mit bedenken. Ich wünsche den Regierenden in Bund, Ländern und Kommunen viel Weisheit, die Herausforderungen durch die jetzige große Anzahl an Flüchtlingen zu meistern. – Dieter Loest

 


 

 

Leserbrief zu „Schaffen Sie das, Herr Stamp?“ Gespräch mit Joachim Stamp geführt von Paul Middelhoff und Merlind Theile

 

Natürlich, wird Herr Stamp die ungeheure Herausforderung schaffen. Er ist doch nicht allein und es wird auch nicht alles reibungslos vonstatten gehen. Braucht es auch nicht, nur, dass den Flüchtlingen erstmal geholfen wird ist wichtig. Dass sie in Sicherheit sind, dass sie in ihrer Not eine Zuflucht für ihre Kinder haben und selbst erstmal ihre Erschöpfung loswerden. Ja, ich weiß wovon ich schreibe. Ich war selbst ein 10 jähriges Flüchtlingskind.

1946 war es, mit nichts kamen meine Mutter und ich teils zu Fuß, teils im Viewagon aus Schlesien. Und zwar in ein Deutschland, was total am Boden lag. Unsere entbehrungsreichen Jahre brauch ich hier nicht schildern, aber, dass wir in der nächsten Zeit alle Not leiden müssen? Das glaub ich nicht, aber auf dieses und jehnes mal zu verzichten – das darf einer übersättigten Gesellschaft durchaus mal zugemutet werden. – Ruth Monicke

 


 

 

Leserbrief zu „ZEIT für Geld“ von Rüdiger Jungbluth

 

Ein Kunststudent hat 1.800 Euro auf seinem Sparbuch und möchte sie gerne investieren;und fragt nach dem richtigen Weg.Mann o Mann.Selbst wenn man Ihnen 5 prozent bietet sind das 90 Euro. So ein Drittel über den Daumen will wohl die Steuer haben.Bleiben etwas 60 Euro.Mein Rat,die 1.800 sofort total auf den Käse hauen. Dann gibt es kein Kopfzerbrechen mit Investemt und Steuer. – Hans-Emil Schuster

 


 

 

Leserbrief zu „Gegen zwei Autokraten“ von Amrai Coen

 

Den Massenmörder Vladimir Putin, der durch seine völlige Fehleinschätzung zumindest „den Westen“ wieder zusammen gebracht hat. Oder dem Wirrkopf Donald Trump, der ein demokratisches System von innen haushöhlt. So langsam verstehe ich, warum Putin soviel Interesse hatte, dass Trump im Nov. 2016 gewählt wurde. Wäre er 2020 wieder gewählt worden, hätte der Vernichtungskrieg in der Ukraine gar nicht erfolgen müssen bzw. wäre schon zu Ende, da niemand in der NATO militärisch ernsthaft die Ukraine unterstützt hätte. Trump wäre also „wirksamer“ gewesen als alle russischen Raketen !

Die Ironie der Geschicht ist, dass Trump in einem Punkt Recht hat: „wäre ich noch Präsident der USA, wäre Putin nicht in die Ukraine einmarschiert“. Meine grosse Sorge (neben der Vernichtung des ukrainischen Volkers) ist, dass die Republikaner dem politischen Rattenfänger Trump hinter her laufen. Die Gefahr seiner Wiederwahl ist real. WIr Europäer haben noch 32 Monate Zeit (bis Nov. 2024), ein schlagkräftiges europäisches Heer aufzubauen ohne kleinkarierte nationale Interessen ! – Volker Ollesch

 


 

 

Leserbrief zu „Worum geht’s … im Fach Internationale Beziehungen?“ von Friederike Lübke

 

Die Beziehungen zwischen „staatlichen Influencern“ ist spannend. Staatliche Influencer sind doch juristische Personen. In Südamerika kann bspw. ein Fluss eine „Juristische Person“ sein; und gegen zunehmende Verschmutzung klagen. … Gilt in dem Fach Internationale Beziehungen; das irdische Ökosystem als „Juristischer Influencer“? … Benötigt das irdische Ökosystem eine Legitimität durch Menschen oder wirkt es durch chemisch- und biophysikalische Tranfers als „Unsichtbare Hand vom Gütermarkt“ unabhängig von menschlicher Legitimität? – Matthias Losert

 


 

 

Leserbrief zu „»Wer befiehlt so etwas?«“ von Wolfgang Bauer

 

Wer stoppt Selenskij, Klitschko, Melnyk und weitere, die vor Kriegsbeginn jede Verhandlung über Donbass, Krim, Neutralität, EU-und NATO-Beitritt etc abgelehnt haben, aber 3 Wochen nach Kriegsbeginn doch dazu bereit sind und nun durch ihre sinnlosen Durchhalteparolen die unbarmherzige, verbrecherische Kriegsführung der Russen nur noch mehr anheizen und damit ihr eigenes Land und ihre Menschen der brutalen Zerstörung und letztlich dem Tod oder zumindest der totalen Unterwerfung preisgeben.

Ist der Apell an „Stolz“ ein Grund, sterben zu lassen?! „Eine Kapitulation wird es nicht geben!“ Also „lieber tot als rot!“? Putin will jetzt die Endlösung und dann gilt: „the winner takes it all!“. Der Vergleich muss ertragen werden: Putin ist ein rücksichtsloser Angreifer und Selenskij ein rücksichtsloser Verteidiger! – Udo Bauer

 


 

 

Leserbrief zu „»Wir sind nachhaltig«“. Gespräch mit Jens Bodo Koch geführt von Hauke Friederichs und Roman Pletter

 

In Ihrem Artikel stellen Sie Hern Koch keine Frage zu den seit Jahrzehnten schon in alle Krisengebieten der Welt illegal gelieferten Waffen. Stattdessen hat Ihr Artikel den schon fast zynisch klingenden Titel „Wir sind Nachhaltig“. Besser er würde lauten „die Welt ist ein Ort des Bösen, und wir sorgen dafür dass dies auch so bleibt.“ Hier nur mal eine Kurzfassung:

Jemenkrieg 2015 – Quelle:https://www.zeit.de/2018/29/waffenexporte-bundesregierung-jemen-krieg , Afghanistan 2021 – Quelle: https://www.wiwo.de/politik/deutschland/afghanistan-deutschland-brachte-eigenes-kriegsgeraet-vor-taliban-in-sicherheit/27543704.html, Libyen 2011- Quelle: https://app.handelsblatt.com/politik/international/heckler-und-koch-deutsche-gewehre-gelangten-ueber-aegypten-nach-libyen/4680210.html, Mexico 2021 – Quelle: https://www.blickpunkt-lateinamerika.de/artikel/toedliches-geschaeft-mit-mexiko-prozess-gegen-heckler-koch-am-bundesgerichtshof/ Und das sind nur die Illegalen Exporte in den letzten 20 Jahren. In den 80ern und 90ern war das nicht besser. Es gibt nur leider wenig im Netz dazu. – Stefan Burda

 


 

 

Leserbrief zu „Sicher“ von Jens Tönnesmann

 

Um die IT-Sicherheit steht es u. a. deshalb schlecht, weil die IT-Unternehmen in der Regel Produkte verkaufen, die zum einen vielfach nicht hinreichend von den Anwender*innen her gedacht sind und zum anderen vor Sicherheitslücken strotzen. Deshalb müssen ständig Patches eingespielt werden, die aber immer nur die gerade – bzw. manchmal sogar schon vor längerer Zeit – offenkundig gewordenen Sicherheitslücken schließen. Das Erstaunliche ist, dass wir uns an diesen eigentlich unhaltbaren Zustand inzwischen sogar gewöhnt haben und das Bananenprinzip für völlig normal halten. Wenn die IT-Unternehmen für die Folgen ihrer Fehler und mangelhaften Sicherheitsmaßnahmen finanziell haften müssten, würden sie wohl weitaus sicherere Produkte liefern. – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbrief zu „Wolkige Aussichten“ von Dirk Asendorpf

 

Ich bin selbst Pilot und froh um die damit verbundenen Privilegien. Ich schätze auch sehr die Bemühungen zum klimafreundlichen Fliegen und wünschte es würde mehr dafür getan. Leider wird die Luftfahrt noch immer zu wenig stimuliert und entwickelt sich immer rasanter eher in die falsche Richtung, ja die Aussichten sind extrem Wolkig. Zum einen ist da die anhaltende Steuervergünstigung für den Verbrauch von fossilem Kerosin. Der ICAO Vertrag von Chicago aus 1944 hat dieses Privileg eingeführt. Davon will die Luftfahrt um keinen Preis abrücken und die Politik denkt daran nicht rütteln zu können.

Dies führt zur heutzutage absurden Situation, dass jemand der mit Auto, Bus oder Bahn zum Einkaufen oder nächstgelegenen Naherholungsgebiet fährt mehr Mehrwertsteuer, Energiesteuer und CO2 Abgabe bezahlt, beim Tanken oder beim Kauf des Tickets, als Flugpassagiere nach Bali, Dubai oder New York. Dies wird nach den aktuellen Vorschlägen der EU so bleiben. Diese sehen nämlich vor, dass Flüge von oder nach nicht EU Ländern steuerfrei bleiben. Damit lässt sich schon jetzt absehen, dass relativ wenig CO2 ausstoßende innereuropäische Flüge teurer werden und die sehr umweltschädlichen Langstreckenflüge relativ billig bleiben.

Ergo: Europäische Passagiere werden ihren Urlaub immer öfter in immer ferneren Ländern verbringen, da der Flug nach Dubai oder Bali gar nicht mehr so viel mehr kostet wie ein Flug nach Griechenland, Mallorca oder auf die Kanaren. Um die auf die Allgemeinheit fallenden immer höher werdenden Klimaschäden bezahlen zu können werden für Alle MwSt., Energie- und CO2-Steuer erhöht, nur die klimaschädlichsten luxuriösen Reisen in ferne Länder bleiben steuerfrei? Dabei könnte die EU aufgrund seiner Position sehr wohl Emissionsabgaben für ALLE Flüge einführen, bei der Schifffahrt sieht der gegenwärtige Vorschlag der EU Kommission dies sogar ausdrücklich vor.

Des Weiteren möchte dieser Vorschlag CARGO-only, also Flüge von reinen Frachtflugzeugen von UPS, DHL, FEDEX, Lufthansa Cargo, e.t.c. von jeder Steuer befreit lassen. Folge: Regionales Obst und Gemüse zahlt auf dem Weg zum Markt mehr Energie- und CO2-Steuern als Tonnen von eingeflogener Ware auf ihrem Weg aus Übersee. Darum kostet frisches Obst und Gemüse im Winter kaum mehr als im Sommer, darum lohnt es sich immer weniger für regionale Produzenten gegen die internationale Konkurrenz mit billigeren Grundstücks-, Energie- und Arbeitskosten zu konkurrieren.

Solange die auf dem Anfahrtsweg verbrauchte Energie nur für Regionale Produkte voll versteuert wird und interkontinentale Transportwegen völlig von Energie- und CO2-Steuer befreit sind driftet der Anspruch Europas „fit for 55“ mit der von ihr erzeugten Wirklichkeit immer weiter auseinander. Leider ist dies kein streng „Wissenschaftliches“ Thema aber ich hoffe es findet trotzdem Ihr Interesse. Bitte sehen Sie auch die Beilagen, die ich so auch an die betreffenden EU Parlamentarier geschickt habe.

Um diese Vorschläge geht es: Taxation of energy products and electricity https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52021PC0563 Level playing field for a sustainable aviation https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/ALL/?uri=CELEX:52021PC0561

EU Emission Trading System, EU-ETS, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CELEX:52021PC0551&from=DE Bitte sehen Sie auch nachfolgende information der DHL zum weiteren Ausbau ihrer Frachtflotte. Dabei handelt es sich um Flugzeuge von Typ Boeing 767 BCF. Dies sind ausrangierte Passagierflugzeuge die beinahe 20 Jahre auf dem Buckel haben und dann von Boeing zurückgekauft werden und zu Frachtern umgebaut erneut verkauft werden (BCF steht für Boeing Converted Freighter).

https://www.dhl.com/at-de/home/presse/pressearchiv/2020/dhl-express-erhoeht-flottenkapazitaet-mit-umgeruesteten-boeing-767-300-frachtern.html Unter diesem Link können Sie das Baujahr der Flugzeuge abrufen. Sie sehen einige Boeing 767 sind bereits beinahe 40 Jahre alt und werden noch weiter fliegen. Übrigens steht die relativ sauber Airbus A330 Flott der DHL zur zeit am Boden (Parked). https://www.planespotters.net/airline/DHLKlaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „Zeichnen mit zitternden Händen“ von Katrin Hörnlein

 

1000 Dank und mehr für diesen Artikel. Ich habe die beiden Künstler vor einem Jahr mit dem SEHEN- Titel entdeckt und war sofort hingerissen von der Mixtur aus wissenschaftlichem Hintergrund, kreativer Umsetzung und dem Ideenreichtum an Themen. Mich hat das spontan zu kleinen spielerischen Lerngeschichten inspiriert. Ein Beispiel zum Thema Blindenschrift schicke ich in der Anlage. Es ist eine Schatzsuche der anderen Art bei der selbst lesefaule Kinder begeistert mitmachen . – Dodie Volkersen

 


 

 

Leserbrief zu „Anna Mayr entdeckt: Nichts als die Wahrheit“ von Anna Mayr

 

Sie sprechen ein „geistiges Dilemma“ an: in der Mathematik lernen Sie zuerst die Natürlichen Zahlen kennen. Danach wächst der Zahlenraum bis zu den Komplexen Zahlen. Alle Zahlen sind wahr. Daran ändert die Gebräuchlichkeit wenig. Unsere Wirtschaftstheorie konstituiert sich durch Axiome, ähnlich wie die Mathematik. Ein Axiom ist die Währungsdefintion, die nur monetäre Transfers gewährt. Dennoch haben unsere Transfer-Entscheidungen auch eine chemisch- und biophysikalische Dimension; die bzgl. des Klimarisikos die Leistungsfähigkeit vom irdischen Ökosystem beeinflussen…

Mathematiker würden einfach das Axiom Währungsdefinition erweitern; und es der „Umfassenderen Wirklichkeit“ anpassen. … Das ist eine „politische Aufgabe“, die sich aus einer „evolutionären Wirklichkeit“ ableitet. … Unsere „Kognitive Evolution“ ist nur ein Subsystem vorhergehender Evolutionsschritte. – Matthias Losert

 


 

 

Leserbrief zu „SO WEISS DIE FÜSSE TRAGEN“ von Gabriel Proedl

 

Hier geht es um ein Winterwanderdorf in Österreich. Anstatt steiler Pisten sind Wege im Schnee präperiert. Und dazu gibt es Kirschwein,was immer das auch ist. Und dann wird gewandert und mit viel Kirschwein vielleicht eine Lawine losgetreten. Dann kommt der bekannte Hund mit dem Fässchen. Für italienische Gäste hat er Grappa dabei,für deutsche Bier,Den Rum´der eigenlich in seinem Fässchen ist ,trinkt er selbt.Na dann,Salute,Prost und Grüizi. – Hans-Emil Schuster

 


 

 

Leserbrief zu „PROMINENT IGNORIERT. Tor, Tor!“ von GRN.

 

Beim Lesen der o. g. Notiz auf Seite 1 der Ausagbe Der Zeit vom 17.03.2022 bin ich über die Angabe „gestolpert“, dass Christiano Ronaldo mit 807 Treffen einen Rekord erzielt haben soll. Ich gehe immer noch davon aus, dass der „Weltrekord“ von Pele, erzielt mit dem 1000. Tor am 19.11.1969 noch nicht gebrochen worden ist. Bei dem 1000. Tor ist es ja auch nicht geblieben, weil das Karriereende von Pele endgültig erst am 01.10.1977 war. Wie kommen sie also auf den TRekord von Christiano Ronaldo, wenn ja, welcher Rekord? – Christian Teichmann

 


 

 

Leserbrief zu „Sie tanzt mit blutiger Klinge“ von Jens Balzer

 

Bitte sorge doch dafür, dass der gute Jen Balzer sich das Video von Rosalía noch mal schaut, damit er sieht, dass die Gute dem armen Weeknd kein „langes Schwert in den Unterbauch“ rammt, sondern eine Art Dolch, max. 20 cm lang. Zu Rosalía ansonsten kein Wort. Diese fünf waren schon zu viel. – Kurt Eimers

 


 

 

Leserbriefe zu „Über Corona-Regeln beim Skifahren und die tierische Angst vor der Freiheit“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Ich weiß ich bin ein Spaßverderber aber Herr Martenstein vergisst zu erwähnen, dass die Zahl der Todesfälle (im Verhältnis zur Bevölkerungszahl) in Tchechien etwa 50% höher liegt als in Deutschland. Bei der in Klinovec herrschenden „Freiheit“ dürfte die Lethalitätsrate dort kaum niedriger sein, wenn man die sich infiezierenden Deutschen und Niederländer mitzählt die sich dort endlich aus dem „Stinkstall“ befreien können. Ich lass mich lieber von Karl Lauterbach „verwursten“. – Sven Herfurth

 

„Regeln hält man nur ein, wenn man sie aushält.“ (Michael Richter, *1952, deutscher Zeithistoriker & Aphoristiker) Wir hier in Deutschland, wir brauchen einfach immer sehr strenge Vorschriften, bitte kein Wischiwaschi! Der Deutsche als Skifahrer braucht beim Skifahren in Deutschland klare Corona-Regeln, etwas selbstständig zu entscheiden, das ist ein No-Go. Gesetze, Verordnungen, Regeln und mehr, das machen unsere geliebten Volksvertreter im Bundestag/Landtag, denn da gehören sie hin, und da sollen sie uns würdig vertreten!

Wer unbedingt krank werden will, der fährt mit seinen „Brettern“ dorthinein, wo deutsche Corona-Regeln tabu sind; der soll sich dort nur anstecken, der soll sich aber auch dort auskurieren. „Noch ein paar Ausnahmen, und die Leute wollen wieder Regeln haben.“ (Pavel Kosorin, *1964, tschechischer Schriftsteller) – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Ich lese ja Ihre Töchter-Kolumne wirklich gern, aber diese letzte mag ich nicht unwidersprochen lassen. „Ich hätte mir gewünscht, in Frieden aufzuwachsen“ klagt Ihre älteste Tochter und Sie wissen keine Antwort. Aber ist sie denn nicht in Frieden aufgewachsen? Gab es in den letzten 22 Jahren hierzulande auch nur die klitzekleinste Bedrohung durch Krieg?

Müssen wir andererseits jetzt, wo wieder einer der unzähligen Kriege dieser Welt in unsere Nähe gerückt ist, nicht konstatieren, dass es überhaupt nie, zu keiner Zeit in der Geschichte der Menschheit seit der Jungsteinzeit ohne Krieg abgegangen ist. Selbst in dieser für uns Mitteleuropäer ungeheuer langen friedlichen Zeit gab und gibt es ständig Kriege: hat man den Balkan schon vergessen? Irak? Afghanistan? Syrien? Israel? Den Kongo? Nur zum Beispiel …

Sie und alle Eltern Ihrer friedensgewohnten Generation wollen wissen, wie man Kinder auf Katastrophen vorbereiten kann, die ja nun – wie uns die Geschichte lehrt – unweigerlich zum Menschsein gehören. Ich will Ihnen gerne sagen, was für mich als Kind und Jugendliche diejenige Erfahrung war, die mir am meisten geholfen hat, keine Angst vor Krieg und Katastrophen zu haben:

Meine Mutter (geb. 1917) hat mir im Detail erzählt, wie sie den Krieg und dann die letzten Kriegswochen 1944/45 in München als Alleinerziehende erlebt hat, wie sie sich durchschlagen musste in einem zerbombten Land mit zusammengebrochener Infrastruktur, wie sie mit den anschließenden Versorgungsproblemen, dem Hungerwinter zurechtkommen musste. All diese Erzählungen haben in mir die feste Überzeugung geschaffen: Wenn meine Mutter das alles überstanden hat, dann überstehe ich das auch.

Eltern können Zuversicht dadurch vermitteln, dass sie in allem Unheil nicht nur auf das Schreckliche starren, sondern darauf, dass Menschen im Unglück erstaunliche Kräfte mobliisieren können, sich gegenseitig helfen, wieder von vorne anfangen können. – Heike Wiegand-Baumeister

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Die innere Ruhe“ von Ijoma Mangold in der Beilage ZEIT LITERATUR

 

ihre literaturbeilage ist wieder seite für seite, artikel für artikel ein gewinn und hochgenuss zu lesen! herzlichen dank. – dunja saal

 

Jacob Augstein schrieb ein Buch. War denkbar, aber ob hier insgesamt Lite- ratur entsteht kon-gruent zum leiblichen Vater ist m.E. nicht zu erwarten. Übrigens Herzlichen Glückwunsch zum 94ten Martin. – M. Fetting

 


 

 

Leserbrief zu „Von der Kamera zum Revolver“ von Alexander Cammann in der Beilage ZEIT LITERATUR

 

Alexander Cammann hat eine hymnische Besprechung von Karin Harrassers Buch „Surazo. Monika und Hans Ertl. Eine deutsche Geschichte in Bolivien“ geschrieben. Auch ich habe das Buch durchaus mit Gewinn gelesen, kann mich der undifferenzierten Euphorie des Rezensenten allerdings nicht anschließen. Ich beschränke mich auf zwei Punkte.

Auch für die Schreibung einer „deutschen Geschichte in Bolivien“ darf man Kenntnisse der bolivia-nischen Geschichte unterstellen. Bei Harrasser erweist sich diese Unterstellung allerdings nicht immer als gerechtfertigt. Tiwanaku ist selbstverständlich kein „heiliger Ort der Inka“ gewesen, son-dern ein prä-inkaisches religiöses und kulturelles Zentrum. Der zu Beginn der 1970er Jahre an die Macht gekommene linke General Juan José Torres hat keineswegs die Asamblea Popular „einberu-fen“, sie war auch keine „verfassungsgebende Versammlung“. Vielmehr hat die COB (Central Obrera Boliviana), der Dachverband der bolivianischen Gewerkschaften, sie etabliert. Die Asamblea Popu-lar hat sich dabei nicht zuletzt als Gegenmacht links von Torres positioniert und ihm das Regieren schwer gemacht.

Und wohl noch nicht einmal der Regierung von Torres Wohlgesonnene würden sagen, er habe ein „klares Regierungsprogramm“ gehabt. Auch die Behauptung, dass es erst mit Evo Morales zu „einer starken Verbindung von sozialem und indigenem Projekt“ gekommen wäre, ver-kennt die komplexe bolivianische Geschichte. Erinnert sei hier lediglich an die erste Regierung von Gonzalo Sánchez de Lozada in den 1990er Jahren, in der der Aymara Víctor Hugo Cárdenas als Vize-präsident einschlägige politische Projekte verfolgt hat. Und eben dieser Sánchez de Lozada war na-türlich kein „Vorgänger von Evo Morales als Parteiobmann der MAS [Movimiento al Socialismo]“, sondern immer Parteimitglied des MNR (Movimiento Nacionalista Revolucionario). Das Band, das die beiden einigt, besteht in einer seit Jahrzehnten währenden äußersten politischen Gegner-schaft.

Zur ELN (Ejército de Liberación Nacional) im Besonderen, deren Mitglied Monika Ertl in einer Zeit war, in der sich die Guerillaorganisation nach der Ermordung von Ernesto „Che“ Guevara in einer ausgesprochen schwierigen Situation befand, wie zum „bewaffneten Kampf“ in Lateinamerika im Allgemeinen, wird von Harrasser (und von Cammann) nur selten kritisch Distanz gewahrt. Das Tun der „Befreiungsorganisationen“ inklusive Ermordungen wird kaum je einmal politisch und moralisch hinterfragt oder an der für Ertl behaupteten innerlich empfundenen Zwangsläufigkeit eines Gangs in den bewaffneten Untergrund gezweifelt.

Symptomatisch erscheint mir etwa in diesem Zusammen-hang die ungebrochene Reproduktion solcher zur Ikone gewordenen Vorstellungen, wie die der lesenden Guerilleros (und wenigen Guerilleras), mitsamt der berühmten Fotografie von Guevara im Baum lesend. Auch die Darstellung Monika Ertls trägt immer wieder potentiell romantisierende Züge – nicht nur im Zusammenhang mit ihrem vielleicht etwas verharmlosend so genannten „Enga-gement“ im ELN. Deutlich wird dies etwa in einem Kapitel, in dem zwei Treffen Ertls – das eine mit Freundinnen, mit denen sie gemeinsam ein soziales Projekt leitet, das andere mit Mitstreiterinnen aus dem ELN – imaginiert werden.

Männlichen Autoren, wie Régis Debray, diente Monika Ertl in ihren Beschreibungen häufiger als eine Art von Projektionsfläche für eigene Phantasien und Wün-sche. Harrasser kritisiert das vollkommen zu Recht und wird in der Besprechung Cammanns mit den Worten zitiert: „Ich wollte sie als Person endlich sichtbar machen“. Und weiter heißt es bei ihm: „und auch wenn sie selbst daran immer noch zweifelt, ist ihr das gelungen“. Ich bin eher geneigt, die Zweifel der Autorin zu teilen. – Carlos Kölbl