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28. Dezember 2023 – Ausgabe 1

 

Leserbriefe zu „Auf gut Glück“ von Petra Pinzler

Die Energiewende ist nicht nur ein Kommunikationsdesaster, sie ist vor allem falsch aufgezäumt.  Anstatt einer prioritären validen Ressourcenabschätzung Blaupausen zum Umbau der Wirtschaft auf spekulativer Basis. An den vorgezogenen Kohleausstieg 2030 glaubt nicht einmal die grün geführte Netzagentur. Ein besonders negatives Beispiel ist die klimapolitisch favorisierte Wärmepumpe, ein Entwurf aus dem Elfenbeinturm. Das Ziel von 5 Mio. Systemen bis 2030 reduziert den Co² Ausstoß um ganze 2 %, kostet aber 150 – 200 Mrd. Das steht in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ergebnis. Auch die forcierte Mobilität ist auf Sand gebaut, wenn zB Wallboxen schon jetzt vor einem Genehmigungsmarathon stehen. Deutschland will Vorreiter sein, ist aber in ideologischer Verbohrtheit abschreckendes Beispiel.
Christoph Schönberger

Vielen Dank für Ihren informativen Artikel „Klimapolitik der Ampelkoalition: Auf gut Glück“, der heute auf zeit.de erschienen ist. Eines fehlt mir bei Ihren Erwägungen und denen vieler Ihrer Medien-Kolleg:innen:  Mal abgesehen von den erwähnten handwerklichen Fehlern, die sich bei dieser komplexen Thematik fatal auswirken, ist doch die Ampel-Koalition von ganz unterschiedlichen, sich z.T. widersprechenden Politik-Ansätzen und -Logiken geprägt (Diese grundsätzliche Spannung konnte bis zum BVG-Urteil mit „Sondertöpfen“ etc. abgemildert werden, was jetzt nicht mehr möglich ist). Und diese Konstellation in der Ampel-Koalition ist – nicht zu vergessen – das Ergebnis der letzten Bundestagswahl und wahrlich keine Wunschkoalition der beteiligten Parteien. In ihr spiegelt sich doch auch wider, wie unterschiedlich die Bevölkerung zu einer wirksamen Klimapolitik, die zwangsläufig etwas kostet, steht. Klar, die Mehrheit ist „irgendwie“ für eine Bekämpfung der Erderwärmung, aber wehe es geht ans Eingemachte, d.h. an den eigenen Geldbeutel! Und wenn Klimapolitik sozial gerecht sein soll, dann müssen eben die Reichen und die Wohlhabenden (national wie international) einen beträchtlichen Anteil stemmen (die im Übrigen den großen Anteil des CO2-Ausstoßes verantworten). Das mag nach altlinker Utopie klingen und schwer durchzusetzen zu sein, aber anders scheint es mir im Letzten trotzdem nicht zu gehen. Und ein Letztes: Ich glaube, dass viele der derzeitigen Streitfragen auch in einer schwarz-grünen Regierung aufgetaucht wären…
Patrick Eisenmann

Sicher, die Politik muss den Bürger mitnehmen, darf ihn nicht vor den Kopf stoßen. Mit dem Hin und Her bei einzelnen klimapolitischen Maßnahmen, wie von Petra Pinzler überzeugend geschildert, hat die Ampel viel Vertrauen verspielt.  Die von konservativen Medien verbreitete gängige Erzählung hingegen, wonach überambitionierte Klimaziele der Grünen und deren stümperhafte (planwirtschaftliche?) Umsetzung die (freudig?) veränderungswillige Bevölkerung so sehr verwirrten, dass die Legitimationsgrundlage für weitere Schritte entfiele und klimapolitischer Stillstand drohe, greift allerdings entschieden zu kurz. Es ist intellektuell unredlich, die fehlende Bereitschaft vieler Bürger, klimapolitische Maßnahmen mitzutragen, allein dem „Ampelchaos“ anzulasten. Schon vor dem erbittert geführten Streit um „Robert Habecks Heizungshammer“ verhinderte die Befürchtung, persönliche Wohlstandseinbußen hinnehmen zu müssen, die Einsicht in klimapolitische Notwendigkeiten. Leider haben der reißerische Kampagnenjournalismus des Boulevards und kulturkämpferische Seitenhiebe der Opposition, von konservativen Medienhäusern beklatscht, die Skepsis gegenüber einer beherzten Klimapolitik wesentlich verstärkt, die Ampel verunsichert, damit den klimapolitischen Schlingerkurs beschleunigt und schließlich eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale des Unmuts und der Verweigerung in Gang gesetzt – sehr zum Schaden künftiger Generationen.
Rüdiger Paul

Wirkungsvoller Klimaschutz erfordert das globale Reduzieren der Emissionen von 7 Treibhausgasen (CO2, N2O, CH4, vier Fluorgase) und gleichzeitig das Wiederherstellen (oder mindestens Unterlassen weiterer Zerstörung) von THG-Senken wie Wälder, Moore oder Seegraswiesen etc. mit langfristiger Wegspeicherung von Treibhausgasen. Das komplexe Bündel von (Klima-)Maßnahmen ist keineswegs „fast trivial“ umzusetzen. Noch so „viel Geld“ schafft nicht gespeicherten Wasserstoff im Umfang von 20 Millionen Tonnen jährlich herbei, noch sichert es die allzeit benötigte Stromerzeugung in Höhe der Nachfrage bei 2 – 3 Tagen „blöder Wetterlage“ mit extrem wenig Wind und Dunkelheit im Winter: Beides geht nur mit großem technischem Aufwand – für den man tatsächliche Expertise, einen genauen Plan und Zeit braucht. Die Grünen platzen fast vor guten Absichten, haben jedoch mickrige Sachkompetenz für ihr Projekt „Energiewende“. Ausbau volatiler Quellen Photovoltaik und Wind soll Stromversorgungssicherheit gewährleisten: Was, wenn bei mehrtägiger Flaute und Dunkelheit der verfügbare EE-Strom lächerlich niedrig ist? Millionen E-Autos und elektrisch betriebene Wärmepumpen sorgen für Klimaneutralität, brauchen aber zusätzliche Stromerzeugung und Stromnetze: DAS wird ohne riesige Backup-Systeme schiefgehen, die wiederum erhebliche Investitionen erfordern – wofür man Zeit braucht. Sichtbar fehlende Sachkompetenz, keine funktionierenden Konzepte und dazu schlechte Kommunikation; stattdessen fromme Wünsche von Weltrettung durch „vorbildliche“ 1 % der Menschheit! „Schlechte Wetterlagen über 2 – 3 Tage und Blackout-Gefahr?“ Die überstehen wir doch auf gut Glück!
Wolfgang Ströbele

Die FDP kommt in ihrem Artikel zu gut weg. Natürlich wollen sie kein billiges FDP-Bashing betreiben. Aber die Bremser-Rolle der FDP bei der Entscheidung über das Verbrenner-Aus und beim Heizungsgesetz – 101 Fragen an Habecks Ministerium ohne einen einzigen, konstruktiven Alternativ-Vorschlag! – ist nicht weg zu diskutieren.  Und dass Sie so tun, als wären die Haushaltsnöte der Regierung vom Himmel gefallen und nicht der unverantwortlichen Profilierungssucht der Opposition, d.h. von Herrn Merz, geschuldet, ist einfach nur befremdlich.
Thomas Schwedersky

Wie bitte, das soll bei uns heuer das wärmste Jahr gewesen sein? In Deutschland war im Jahr 2023 eher das Gegenteil der Fall! Globales Klima ist wie eine Fata Morgana, globales Klima gibt es nicht, Klima findet ständig, überall, aber immer ganz unterschiedlich statt. Ich kann zwar die Temperaturen in den heißesten Orten der Welt messen, um dann daraus einen statistischen Mittelwert zu formen, das kann man machen. Aber ich frage mich, wozu soll das gut sein? So gesehen könnte man davon ausgehen, dass es im Jahr 2023 überall in Deutschland, ständig Temperaturen um die 35 Grad und mehr gegeben hat. Diese deutschen unglaublichen und grünen Horror-Geschichten ums Klima, die stoßen mir mehr als sauer auf! Wir sollten diese Ampel längst in die heißeste Wüste der Welt, mit samt ihren Wärmepumpen, E-Fahrern und Windrädern schicken!
Riggi Schwarz

Schade, es ist so wie immer. Man ist natürlich pro Klimawandel. Leider werden bei all diesen Diskussionen wesentliche Argumente einfach vergessen oder bewusst nicht geschrieben. Warum wird die Dekarbonisierung nicht erwähnt? Warum wird nicht mal gesagt, dass die Hektik, mit der das gesamte Thema behandelt wird, zu schnellen Fehlentscheidungen führt, die dann zu nicht zu stemmenden Ausgaben Führen? Muss Europa als erster Kontinent unbedingt 2045 klimaneutral sein? Ich glaube nicht. Die Panikmache, dass es bereits 5 Minuten nach Zwölf ist, hilft hier überhaupt nicht, zumal viele der Aussagen nicht bewiesen sind. Bewiesen ist nur, dass die Lobbys für Klimawandel grösser sind als alle anderen Lobbys.
Manfred Mengewein

In Ihrem Beitrag bezeichnen Sie die geplanten Kürzungen beim Agrardiesel als Teil einer gerechten Sparpolitik. Leider führen Sie nicht aus, was daran gerecht sein soll. Die Besteuerung von Kerosin (das aktuell gar nicht besteuert ist, also bezüglich Steuer 100% subventioniert wird) beispielsweise wurde nach einer Beschwerde der Lufthansa gleich wieder ad acta gelegt. (Würde aber mehr Geld bringen und zudem die notwendige Reduzierung des Flugverkehrs aufgrund der dann höheren Preise endlich angehen.) Unter gerecht würde ich verstehen, wenn die Lasten gleichmäßig auf die Bevölkerung und Unternehmen verteilt werden (und es einen echten Plan für die Reduzierung fossiler Energieträger für alle Bereiche gäbe). Hier wird aber gezielt eine Minderheit übermäßig zur Kasse gebeten, und das bei einer Kasse die schon leer ist (aufgrund bereits vieler teurer Vorgaben im Bereich Pflanzenschutzmittel, Düngung bis hin zum Tierwohl etc. die weit über die Anforderungen an die Wettbewerber außerhalb Deutschlands hinausgehen). Zudem werden Landmaschinen sogar auf mittel- bis langfristige Sicht mit fossilen Treibstoffen betrieben werden müssen, schlicht weil es hier um Maschinen geht, die 20 teils 30 bis 40 Jahre genutzt werden.
Dazu fehlt offensichtlich der Überblick: die Agrardieselsteuerrückerstattung gleicht lediglich einen Teil des Wettbewerbsnachteils der deutschen Landwirte gegenüber den europäischen Berufskollegen aus (die teils gar keine Steuer auf Diesel für lof Zwecke bezahlen müssen). Alle europäischen Landwirte sind aber Teil desselben Binnenmarkts und konkurrieren zudem mit dem Rest der Welt (wo die Landwirtschaft überall stark subventioniert wird) auf dem Niveau von sogenannten Weltmarktpreisen, zu denen eigentlich nirgends auf der Welt nachhaltig Weizen/Milch/Fleisch etc. hergestellt werden kann.
Selbst mir als Nebenerwerbslandwirt kosten die vom Kabinett beschlossenen Maßnahmen mindestens 1500 € pro Jahr (es ist ja auch noch nicht klar, wie genau die Schlepper und ggf. auch weiteren Fahrzeuge besteuert werden sollen, daher sind diese Kosten eher die untere Belastung). Bei einem seit Jahren schon negativen Betriebsergebnis aufgrund der hohen Einkaufspreise für Betriebsstoffe und stark schwankenden Verkaufspreise für z. B. Weizen (was am Ende einfach nur Spekulation ist) daher nicht einfach (und ich mache bereits Direktvermarktung in vielen Bereichen, somit habe ich mich dort von den Weltmarktpreisen getrennt und schalte v. a. die Handelsstufen aus). Muss ich die Landwirtschaft mit meinem außerlandwirtschaftlichen Einkommen eben noch mehr subventionieren – so könnten Sie es sehen. Da werde ich aber bald nicht mehr mitspielen – ich arbeite neben dem Hauptberuf zusammen mit meinen Eltern auf dem landwirtschaftlichen Betrieb, also in der Zeit, in der die meisten hier in Deutschland Freizeit haben – und das ist nicht mein Hobby. Das alleine sollte Ihnen aber schon zeigen, was hier gerade auf dem Spiel steht: die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland! Und mit ihr die Kulturlandschaft in der wir alle leben samt Artenvielfalt (dafür ist nämlich auch die kleinstrukturierte Landwirtschaft wichtig wenn nicht sogar der Garant), die stets verfügbare schnelle Eingreifgruppe (von Borkenkäferbefall im Wald bis Katastrophenhelfer – zum Verständnis für Sie: wenn wir die Landwirtschaft weiter dezimieren, dann gibt es nicht mehr überall Leute die schnell vom Borkenkäfer befallene Bäume aus dem Wald bringen können und somit die restlichen Bäume bewahrt werden (Lohnunternehmen können das definitiv nicht leisten, davon gibt es schlicht zu wenige) oder bei Sturmschäden die einzelnen umgebrochenen Bäume aufarbeiten bis hin zur Hilfe durch z. B. Güllefässer bei der Brandbekämpfung im Wald usw.), eine große Quelle der Wertschöpfung auf dem Land, der soziale Zusammenhalt auf dem Land usw. Das alles wird es nicht mehr geben, wenn die Regierungspläne umgesetzt werden, und das hat nichts mehr mit notwendiger harter Sparpolitik zu tun, das ist einfach ein Abhängen der ländlichen Bevölkerung! Und hier kommt definitiv auch die Ideologie ins Spiel, die wir bei der amtierenden Bundesregierung nur allzu deutlichen den umgesetzten und geplanten Vorhaben sehen
Ich bin aber zuversichtlich, dass der Protest was bringen wird – der erste Demotag in Berlin war nur der Anfang – auch weil wir mittlerweile breite Unterstützung aus dem Handwerk, dem Mittelstand und der Bevölkerung erhalten. Und wenn die Landwirte protestieren, dann tun sie das nicht etwa wegen „nice to have“ Dingen, sondern hier geht es mittlerweile ums Eingemachte, also die Existenz der Höfe.
Stefan Thurner

Ja, die Ampel hat die Fehler gemacht, sich öffentlich zu bekriegen, nicht verlässlich zu sein und nicht klar zu kommunizieren. Der größte Fehler aber war und ist, dass sie von Anfang an versprochen oder jedenfalls suggeriert hat, Klimaschutz sei ohne – zumindest zeitweiligen – Wohlstandsverlust oder -verzicht zu haben. Das war und ist unehrlich – denn Investitionen in den Klimaschutz kosten selbstverständlich Geld und amortisieren sich erst nach einer Reihe von Jahren.
Ulrich Willmes

Leider übersieht der Artikel die wichtigste Entscheidung der Bundesregierung zur Klimapolitik in 2023. Die Rede ist von dem „Energieeffizienzgesetz“. Dort wird eine Vorgabe für den künftig angestrebten Endenergieverbrauch gemacht. Ziel ist es, den Verbrauch in Deutschland bis 2045 auf ein Niveau von 5.040 PJ zu senken. Dieser Wert entspricht einem Verbrauch, wie man ihn in den alten Bundesländern Anfang der 1960er Jahre beobachtet hat. Wieviel Güter und Dienst-leistungen kann man mit dem durch Gesetz begrenzten Energieangebot in 2045 erzeugen? Das ergibt sich aus der Entwicklung der Endenergieproduktivität. Auch dazu hat die Bundesregierung eine Vorgabe gemacht. Nun ist es so, dass mit der gleichzeitigen Vorgabe von Endenergie und Endenergieproduktivität die in 2045 maximal mögliche Produktion an Gütern und Dienst-leistungen feststeht. Nur wenige haben diesen Zusammenhang im Blick. Aber es ist einfache Mathematik. Politisch gesagt: Wer beide Vorgaben für bare Münze nimmt, muss davon aus-gehen, dass die Bundesregierung von 2022 bis 2045 nur noch mit einem BIP-Zuwachs von 0,115 % p.a. rechnet. Bei diesem Wert fällt es schwer, von Wachstum zu sprechen und man braucht nicht viel Phantasie, um abzuschätzen, was das für die die Zukunft Deutschlands bedeuten würde. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Klimapolitik geht nicht nur durch ständiges „Hin und Her“ verloren. Es geht auch dadurch verloren, dass grundlegende Dinge nicht zusammenpassen. Jeder versteht, wenn die Politik Opportunitätsüberlegungen folgt und Wachstumsraten wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders in Aussicht stellt. Wie aber kann man zur gleichen Zeit ein Gesetz verabschieden, dass in der Konsequenz wirtschaftliches Wachstum so drastisch begrenzt? Oder sollten wir das „Energieeffizienzgesetz“ als Beleg dafür nehmen, dass die Bundesregierung eingesehen hat, dass der Weg in eine klimaneutrale Zukunft nicht ohne Verzicht möglich ist?
Knut Kübler

Es tut einem um den Klimaschutz besorgten wie mir weh, was in 2023 dazu abgelaufen ist.  Aber Sie haben rein sachlich natürlich mit praktisch allem Recht, was Sie an Kritik an der Ampel schreiben.  Die Frage ist nur, was soll daraus folgen, für die Leser, die NGOs, die Wähler, die Medienschaffenden, die Wissenschaftler etc. etc.?  Den Klimaschutz als hoffnungslos verloren abschreiben, weil es eh alles den Bach runtergeht?  Zurück zur Groko oder zu noch schlimmerem?  Sich bequem zurücklehnen, weil das Klima eh nicht mehr zu retten ist und in Deutschland der einzig schuldige „die Ampel“ ist, vielleicht gar alle ihre beteiligten?  Ist sie nur gescheitert, oder vielleicht auch torpediert worden durch unerfüllbare Bedingungen der verschiedenen Seiten und Kritiker, die sich oft mehr mit den „handwerklichen Fehlern“ beschäftigen als mit den Gefahren, die sich verwirklichen bei zu langer Dauer bis zu „fehlerfreiem“ und allseits als gerecht angesehenen Regierungs- und Klima-Ministeriums-Handeln? Fehlte es nur an Rückgrat oder Verlässlichkeit, oder nicht auch an Unterstützern und Akzeptanz für eine inzwischen so spät kommende  ausreichende und noch rechtzeitige Klimaschutzpolitik,  dass es schlichtweg unmöglich ist,  diese ohne  „Schmerzen“ beim Durchschnitt der betroffenen noch durch- und umzusetzen, besonders nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine  und dem Verfassungsgerichtsurteil?
Und mit einer Veto–Partei gegen alle Steuer-Mehreinnahmen und neue Notlagen-Ausrufung im Bündnis, was wäre da die Alternative gewesen zur Geldbeschaffung wenigstens durch  CO-2-Abgaben.  Ist das Stopfen von Haushaltslöchern ohne neue Schulden so verwerflich, dass man besser alle Kosten verursachenden Projekte ad Acta legt?  Ich selbst finde das einseitige Sonderopfer für die Landwirte auch etwas ungerecht mit Bedarf nach irgendeinem Schutz gegen import-Konkurrenz.  Aber: Braucht der Vorwurf der Ideologie, die nicht satt mache — wie der der Belastungs- oder Verbotspolitik und vieles andere — nicht auch eine Entlarvung als Verdrehung oder Absurdität?  Sind die viel schlimmer leidenden Verlierer  nicht die nächsten Generationen als Opfer aller Vernachlässigungen und Verschleppungen, wenn man  den Zukunftsschutz  so lange aufschiebt, bis niemand sich mehr als ungerecht behandelt oder „Verlierer“ fühlt  oder „handwerkliche Fehler“  bemängelt,  die wohl vorhanden sind, aber manchmal eher eine Ausrede sind  für alle Ablehnungen von irgendwie persönlich unerwünschtem und nachteiligem, selbst wenn es bei etlichem nicht ums Sattwerden geht, sondern eher um Urlaubsfernflüge, Fleischberge, dicke Autos mit viel PS  oder fast Fashion, die jeweils von Einschränkungen „bedroht“ sind?   Braucht die zunehmende Zahl der verwirrten außer besserer konsistenterer Politik vielleicht auch mehr mediale Hilfen zum Verständnis, zu Einordnung und zu evtl. Alternativen?
Eine Kritik, die ich selbst üben würde, und die eher selten kommt,  wäre auch bei Herr Habeck und den Grünen,  dass sie vor der Wahl die Erwartungen hochgeschraubt haben durch Inaussichtstellung einer weitgehend für jeden schmerzfreien und im Durchschnitt kostenlosen Transformation,  unabhängig von Koalitionspartnern oder unerwarteten Ereignissen.  Angesichts so einer Erwartungshaltung kann jeder eigentlich nur scheitern, der unter widrigen Umständen und Zeitdruck dennoch das nötige tut. Aber wir müssen aufpassen, dass die Enttäuschung und „Strafe“ nicht letztlich den Klimaschutz und sonstige Zukunftsvorsorge und die kommenden Generationen treffen. Ich mache mir Sorgen, dass bei dem vorherrschenden allgemeinen „Ampel-Bashing“ die Konsequenz nicht eine bessere Politik durch wen auch immer sein wird, sondern ein Zurück zu Groko, zu immer mehr AFD-Stimmen,  zum Rückzug ins Private und schließlich Herrschaft einer reinen  „Jetzt-Vernunft“,  die nur noch  die Besitzstände aller derzeit wählenden  im Blick hat und die Vermeidung  von Protest und Medienschelte.
Peter Selmke

Für Subventionen, Verbote und relativ hohe CO2-Preise mag es nationale Beispiele geben, alleine der Erfolg bleibt aus. Die atmosphärische CO2-Konzentration steigt weiter. Das könnte daran liegen, dass eine wirksame Idee auf supranationaler Ebene fehlt. Das Pariser Abkommen, dessen Ziele – gemessen an den Erfordernissen – ohnehin sehr bescheiden ausfielen, erweist sich als untauglich. Die Bewahrung einer menschenfreundlichen Lebenswelt kann nur gelingen, wenn weit über 90% der ökonomischen Welt an einem Strang ziehen. Auf der Flucht vor dieser vermeintlich unlösbaren Aufgabe stürzen sich viele Regierungen in nationalen Aktionismus. In diesem Rahmen erscheint das hilflose, beinahe verzweifelte Hin – und Her der Bundesregierung wenig überraschend.
Christian Voll

Alle drei Vorgehensweisen, Fördern (Bestechen), Anordnen (Verbieten) und finanzielle Nachteile (Taschengeldentzug) haben sich schon bei den Versuchen, meine Pubertiere zum Aufräumen ihrer Olchihöhle zu bewegen, als nutzlos erwiesen. Auch die Reaktionen in Form der Lobby-Aktionen für E-Fuels, Treckerblockaden und der gesteigerte Einbau von Gas-Heizungen erinnern mich an diese glücklicherweise überstandenen Zeiten.  Wir reagieren mit Verständnis auf Blockaden durch Bauern und Zugführer, die lediglich ihren eigenen Vorteil im Kopf habe und schicken Strafbefehle an Mitbürger, die das gleiche aus gesellschaftlicher Verantwortung ohne persönliche Vorteile machen (Klimakleber). So kann Gesellschaft nicht funktionieren! Außerdem erzeugt dieses Vorgehen Hilflosigkeit bei Leuten, die weder vom Bauernverband noch von der Lokführergewerkschaft vertreten werden und auch nicht die Handynummer unseres Bundesverhinderungsministers haben. In dieser Situation bietet sich dann die AfD als Lobbyist des kleinen Mannes an… Alternativen? https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.einfachdieweltretten.com%2F&data=05%7C02%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C5cdb081688e9498109cd08dc0c4f3a2c%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C0%7C0%7C638398782383617275%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C41000%7C%7C%7C&sdata=GsVDmDtkDy5MUSugQNiB2rtIXPfgNUsumYD8n0CrrY0%3D&reserved=0
Götz Hofhaus

Die Ampel hat die Landwirte kurz vor der Winterpause ohne Vorwarnung darüber informiert, dass die Agrardieselsubventionen und die Befreiung von der Kfz-Steuer abgeschafft werden sollen. Konkret würde das für einen Großteil der Betriebe eine prozentual zweistellige Einkommensminderung bedeuten. Die Bauernverbände haben anschließend in Berlin protestiert. Ist die Wut der Bauern gerechtfertigt? Was genau würde sich für die Landwirte ändern: Bis dato haben die Landwirte 25,6 ct Steuern je Liter Diesel gezahlt (47,04 ct Dieselsteuer – 21,48 ct Rückvergütung). Nun sollen die Betriebe, wie Autofahrer, die vollen 47 ct je Liter Diesel zahlen. Ebenso wurden die Landmaschinen bisher von der Kfz-Steuer befreit, weil diese in erster Linie auf Feldern bewegt werden. Diese Steuerbefreiung soll nun ebenfalls wegfallen.
Alles halb so wild könnte man denken. Wer einem leidtun könnte sind eher die Konsumenten in den Supermärkten, die diesen Preis tragen werden müssen. Dem ist aber nicht so. Die Landwirte müssten diese steuerliche Neubelastung aus den eigenen Reserven bezahlen und haben nicht die Möglichkeit die Mehrkosten weiterzugeben. Dazu muss man folgenden zentralen Punkt verstehen: Landwirte sind Preisnehmer. Das bedeutet konkret, dass die Getreide und Milchpreise von internationalen Börsen vorgegeben werden. Möchte also ein Landwirt die Mehrkosten weitergeben und seine Produkte nun teurer verkaufen, so wird er keinen Abnehmer finden. Er bleibt auf seinem Getreide oder seiner Milch sitzen, denn die Mühlen und Molkereien werden die Ware aus dem Ausland beziehen. Apropos ging es nicht um „klimaschädliche Subventionen“? Dem Weltklima ist bestimmt nicht geholfen, wenn wir unsere Lebensmittelproduktion auslagern. Im Übrigen sind die doch so heiß geliebten Bio-Betriebe unseres Landwirtschaftsministers besonders betroffen. Diese müssen nämlich mechanische Unkrautregulierung betreiben und sind daher stark abhängig vom Dieselpreis.
Der Unmut der Landwirte ist verständlicherweise sehr groß. Ausgerechnet die Bevölkerungsgruppe, die ohnehin schon so hart arbeitet, muss nun das Versagen der Ampel in der Haushaltsplanung ausbügeln. Wie ich finde, eine beispiellose Missbilligung derjenigen gegenüber, die unsere Lebensmittel produzieren. Die Ampel soll sich lieber ihre Inkompetenz eingestehen, als die Zeit damit zu vertreiben sich ihre Bauernopfer unter denen zu suchen, die ohnehin nicht zu ihren Wählergruppen gehören. Ob dieses politische Kalkül nicht zum Bumerang wird, bleibt abzuwarten. Zuletzt möchte ich die Proteste der Gewerkschaft Deutscher Lockführer (GDL) und die Proteste der Bauernverbände einmal in ein Verhältnis setzten: die GDL droht mit unbefristeten Streiks und fordert u.a. eine 35 Stundenwoche für alle Schichtarbeitende, einen 3000 Euro Inflationsausgleich und eine Entgelterhöhung von 555 Euro pro Monat. Für Landwirte dahingegen sind 80 Stundenwochen keine Seltenheit und sie kämpfen aktuell um nichts Geringeres als ihre berufliche Existenz.
Franz Lo


Leserbriefe zu „Mit allen Mitteln“ von Michael Thumann

Danke für dieses klare Bekenntnis. Unverständlich das fast schon skurrile Zaudern Scholz‘. Um die Ukraine widerstandsfähig zu machen, hätte er längst Taurus freigeben und die gesamte Rüstungsproduktion drastisch hochfahren müssen. Wenn Putin das Nachbarland teuflisch terrorisiert, sollte Selenskyj adäquat antworten können zB durch Zerstörung der so wichtigen Krimbrücke, Bedrohung der Schwarzmeerflotte und Nachschublinien. Oder kennt Scholz etwa die roten Linien, die Putin ausrasten ließen? Bei allem Hass auf die westlichen Werte, er weiß, dass das auch sein Ende wäre. Aber vielleicht ist der eigentliche Strippenzieher in Berlin ja der ewige Friedensapostel und Fraktionsvorsitzende Mützenich, der offenbar noch immer an das Gute im Kremlchef glaubt. Seine Mentalreservation zu Pistorius‘ „Kriegstüchtigkeit“ spricht für sich.
Christoph Schönberger

Die internationale Ordnung, die für Sie auf dem Spiel steht, ist ein westlich definiertes Regelsystem, das von mindestens zwei Dritteln der Menschen dieser Welt abgelehnt wird. Angesichts dieser Tatsache empfinde ich es als seltsam, den Ukraine-Krieg zum entscheidenden Maßstab ihrer Erhaltung zu machen. Die Ordnung, die Sie anhand mehrerer Kriterien beschreiben, ist definitiv bereits mit Beginn des Krieges obsolet geworden. Das Aufflammen bzw. die Intensivierung vielfältiger Konflikte jenseits dieses Krieges sind in keiner Weise überraschend, und schon gar nicht nachrangig. Denn sie sind die harten macht- und geopolitischen Beweise für eine Entwicklung, die der Westen, nach dem in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einsetzenden Triumphalismus, gerade erst beginnt zu begreifen.
In den USA, die ganz wesentlich dafür verantwortlich sind, dass der im März 2022 wahrscheinlich noch weiter gangbar gewesene Weg einer Konfliktbefriedung verlassen wurde, haben viele inzwischen erkannt (und akzeptiert), dass es kein militärisch für die Ukraine siegreiches Ergebnis geben und dass das geostrategische Ziel, Russlands Position in der Welt zu schwächen, nicht erreicht werden wird. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die globalen Machtverhältnisse durch aufstrebende und inzwischen geopolitisch potente Mittelmächte massiv verschoben haben. Auch Frau Baerbock musste in einem schmerzhaften Lernprozess der letzten Monate zur Kenntnis nehmen: Das westlich definierte Regelsystem ist nicht mehr der Maßstab der Welt, und es wäre schon viel gewonnen, wenn die Europäer bei den Befriedungsversuchen in bedrohlichen Konflikten wenigstens noch am Katzentisch Platz nehmen dürften. Es gibt aktuell nur ein einziges Ziel, das mit wirklich allen Mittel anzustreben wäre: die schnellstmögliche Beendigung der bewaffneten Auseinandersetzung, die leider auch in den deutschen Medien noch immer – bei inzwischen mehreren hunderttausend Toten – mit vom Hauch der Befreiungskriege des 19. Jahrhunderts umwehten, siegeszuversichtlichen Heldenliedern besungen wird. Und nicht der Erhalt einer internationalen Ordnung, die gar nicht mehr existiert.
Matthias Wagner

Über diesen Leitartikel habe ich mich gefreut, klare Positionen, Konzentration auf das Wesentliche. In diesem Zusammenhang frage ich mich, warum gleiche Ereignisse nicht gleich bezeichnet werden. Der deutsche Überfall 1939 auf Polen und die nachfolgende Vernichtung der polnischen Intelligenz waren Faschismus/Rassismus. Warum sind die Ermordung von 25.000 Polen in Kattyn, der russische Überfall auf die Ukraine und die russische Leugnung der Existenz der ukrainischen Nation, sowie der von Russland in der Ukraine geführte krieg zur Eingliederung des Landes in die „Russische Welt“ kein Faschismus und Rassismus?
R. Reiger

Eine Niederlage der Ukraine wird auch als eine der Nato empfunden werden, weil das westliche Bündnis zwar offiziell nicht am Krieg teilnimmt, aber die Ukraine massiv unterstützt mit Waffen, Informationen und Beratung. Dann werden die Menschen in den Nato-Mitgliedsstaaten sich fragen, wieso sie zusammen 1400 Milliarden Dollar für die Verteidigung ausgeben, wenn Russland mit seinem Etat von lächerlichen 60 Milliarden (meinetwegen etwas mehr wegen der Kaufkraft) nicht in die Schranken gewiesen werden kann. Wenn ein Gegner uns mit dreister Brutalität in Schach halten kann, wozu brauchen wir dann das ganze teure Zeug? Unterlegen sein geht auch billiger!
Klaus Werner

Putin will die Ukraine um jeden Preis, er wird nicht aufgeben. Was er sonst noch will, das kann man nur ahnen, Gutes jedenfalls nicht. Putin ist unbeirrbar und vollkommen skrupellos. Dass er schon lange (politische) Gegner, die seiner Macht entgegenstanden, aus dem Weg geräumt hat (auch außerhalb Russlands), in seinem Land ein autoritäres und nur auf ihn zugeschnittenes System installiert hat, war auch dem Westen bekannt. Er wollte Geschäfte mit ihm machen, hat sich einlullen lassen und geglaubt, dass Putin die NATO – Osterweiterung einfach so schlucken würde. Eine grandiose Fehleinschätzung, ganz besonders von deutscher Seite aus. Vermutlich hat Putin einen schnelleren Sieg über die Ukraine erwartet. Diese unheilvolle Allianz mit dem Iran ist eine Folge daraus, der Iran nutzt die Gelegenheit, um gegen Israel anzugehen, die Unterstützung von Machthabern, die Krieg und Leid in die eigene Bevölkerung bringen, kommen Putin natürlich nicht nur zu pass, all dies scheint tatsächlich ein von ihm gesteuerter Plan B zu sein. Es macht mir Angst, wie ungeheuer gut die Autokraten, Diktatoren, Islamisten und andere Menschenschinder dieser Welt vernetzt sind und eine neue Weltordnung anstreben – mit einem Putin als Strippenzieher dieser bösen Bande. Michael Thumann hat recht, der Westen darf sich bei Unterstützung der Ukraine nicht beirren lassen. Gewinnt Putin die Oberhand, werden es die jetzt zaudernden politischen Verantwortlichen bereuen, der Ukraine die Hilfe versagt zu haben. Dann ist es aber schon zu spät für uns alle.
Regina Stock

Durch den Artikel ist man an die Betrachtung von Ulrich Schiller aus 1989 erinnert, als er in der ZEIT die Zögerlichkeiten der amerikanischen Politik hinsichtlich des damaligen Ost-West-Konfliktes beschrieb. Dieses damalige Zaudern zeigt sich heutzutage wieder, aber auf die gesamte Weltpolitik erweitert, als der ruinöse Gegenspieler eines dringenden Handelns. Und wieder ist es nicht nur eine einfache Negation, sondern wieder ein dramatisches Fragwürdigwerden als politische Ökonomie. Obwohl längst das theoretische Wissen über die politischen Folgen insbesondere für die demokratischen Staaten besteht, werden unmittelbar praktische Handlungsfolgen performativ nicht erwogen, noch nicht einmal die Beschreibung von polyperspektiven Wirklichkeiten. Es verbleibt ein unerträgliches Zaudern der Staatengemeinschaft wegen eigener Zweifel, die Totalität der darzustellenden Wirklichkeit adäquat erfassen zu können, geschweige denn einen Schutzwall für unsere Demokratien gegenüber Kriminellen wie Putin zu errichten, auch ggfs. militärisch.
Jürgen Dressler

Es ist unverständlich und sehr bedauerlich, dass beim Krieg in der Ukraine nur noch der militärische Aspekt zählt. Seit Monaten haben sich die Frontlinien kaum verändert, aber jeden Tag werden Menschen verwundet oder gar getötet. Dazu kommen die immer größer werdenden Sachschäden, die den Wiederaufbau der Ukraine langwieriger und teurer machen werden. Michael Thumann fordert in der ZEIT sogar, dass die EU und Deutschland der Ukraine im Jahr 2024 „mit wirklich allen Mitteln“ helfen müssten. Was genau meint er damit? Soll Bundeskanzler Scholz auch einen atomaren Gegenschlag riskieren, wenn der Stellungskrieg andauert? Schließlich hat der Kanzler bei seinem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk zu wenden. Kein vernünftiger Mensch fordert die Kapitulation der ukrainischen Regierung, und jeder weiß, dass Wladimir Putin ein schwieriger Verhandlungspartner wäre. Aber er wird mittlerweile erkannt haben, dass der Einmarsch in die Ukraine nicht nur ein Bruch des Völkerrechts, sondern auch ein kapitaler Fehler war. Das sollte man nutzen. Aber leider gibt es in Deutschland und in der EU kaum irgendwelche erkennbaren Aktivitäten. Da müsste zum Beispiel unsere Außenministerin schon extrem geheim verhandeln.
Brigitte Schellnhuber

„Versuchs mal mit Diplomatie“. Indirekt oder direkt mischt Putin in all den im Artikel beschriebenen Unruhen mit. Er ist – ob wir das wahrhaben wollen oder nicht – der Dreh- und Angelpunkt zur Lösung oder wenigstens zur Eindämmung vieler dieser Konflikte. Ja, er ist ein schlimmer Kriegsverbrecher, der Menschenrechte mit Füßen tritt. Aber er hat Macht und Einfluss in der Welt. Und deshalb müssen wir ihn ernst nehmen. Putin ist überempfindlich gegen Zurückweisungen und Kränkungen, nachtragend und misstrauisch. Der Zusammenbruch der Sowjetunion war für ihn das größte Desaster. Die Amerikaner aber haben den Sieg im Kalten Krieg für sich reklamierten. Obamas leicht dahin geredeter Satz, Russland sei ja nur noch eine Mittelmacht, hat Putin bis aufs Blut gereizt. In Syrien, Afrika und anderen Weltgegenden musste er sich und der Welt beweisen, dass Russland noch immer eine den Amerikanern ebenbürtige Macht ist. Der Ukraine- Krieg, nur ein Unfall der Geschichte? Wir erinnern uns an den Forderungskatalog, den Putin den Amerikanern im Winter 21/22 überreichte. Zum Nachdruck hat er seine Armee an der ukrainischen Grenze aufmarschieren lassen. Die Amis aber haben die Liste in die Tonne getreten und die Soldaten an der ukrainischen Grenze nicht ernst genommen. Scholz und Macron sind nach Moskau gefahren, um das schlimmste zu verhindern. Putin aber hat sie an seinem langen, ovalen Tisch physisch und psychologisch auf Distanz gehalten. Denn gleichwertige Gesprächspartner waren für Putin nur die Amerikaner.
Biden aber kam nicht. Hat Putin das Spiel überreizt? Was tun? Das Manöver an der ukrainischen Grenze abbrechen und die Soldaten wie begossene Pudel nachhause holen? Oder sie zu einem schnellen Sieg nach Kiew marschieren zu lassen? Putin wäre nicht Putin, wenn er sich nicht für letzteres entschieden hätte. Der Westen war schockiert und brach alle politischen, wirtschaftlichen und kulturelle Beziehungen ab. In der Hoffnung, die Ukrainer werden die Russen wieder aus ihrem Land vertreiben, unterstützte er diese mit Waffen und Geld. Diplomatie hatte keine Chance. Nach fast 2 Jahren Krieg und Tausenden von Toten haben sich die Kämpfer in einem Stellungskrieg verhakt. Mit seiner Forderung, Amerikaner, EU und Deutschland möge die Ukraine wirklich mit allen Mitteln unterstützen, verlässt Michael Thumann die Position eines neutralen Berichterstatters und ergreift Partei. Werden diese Mittel reichen? Wir werden sehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Noch immer sterben auf beiden Seiten Männer. Eltern weinen um ihre Söhne, Frauen um ihre Männer, Söhne und Töchter werden ohne Vater aufwachsen. Zeit, das sinnlose Töten um ein paar Quadratmeter minenverseuchten, von Granaten zerfurchten Boden, den beide Heimat nennen, zu beenden. Irgendwann wird die Zeit für die schmählich vernachlässigte Diplomatie kommen. Sie wird es nicht leicht haben, nachdem alle Brücken bis an die Grundfesten eingerissen sind. Wenn es auch noch so schwerfällt, früher oder später wird man mit Putin reden müssen.
Horst Meder

Herr Michael Thumann titelt vom alles entscheidenden Krieg, er meint den in der Ukraine und endet mit, wir (USA, EU und die Bundesregierung) müssen im neuen Jahr der Ukraine mit wirklich allen Mitteln helfen. Selbst das Feuilleton-Quiz, einige Seiten weiter, schaffte keine Kurzweil mehr. Das bedeutet doch, was auch immer Herr Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj fordert und was Herr Joe Biden geostrategisch für erforderlich hält, sollte die Bundesregierung liefern. Der Ukraine gehen die Soldaten aus. Sieht ihre Hilfe mit allen Mitteln, die   Entsendung von Bundeswehreinheiten gar als Kampftruppen vor? Raketensysteme mit einer Reichweite bis nach Moskau und St. Petersburg, wenn gewünscht? Soll gar der Einsatz von taktischen Atomwaffen des Westens eine Option sein? Es gibt immer wieder Zeitgenossen mit absonderlichen Ansichten. Wenn diese allerdings den Leitartikel der Zeit füllen, wird mir angst und bange. Welche Aussichten für 2024?
Sven Lewin

Michael Thumann verlangt in seinem Leitartikel, die wichtigste Aufgabe der Bundesregierung im Jahr 2024 sei es, der Ukraine in ihrem Überlebenskampf zu helfen, „mit wirklich allen Mitteln“. Abgesehen davon, dass die Bundesregierung tatsächlich bedeutendere Aufgaben als die Kriegsunterstützung der Ukraine zu bewältigen hat mit dem ökologischen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft, mit der Schulterung der sozialen Lasten sowie mit dem Aufbau einer schlagkräftigeren eigenen Armee, so ist die Forderung des Leitartiklers schon aus einem anderen Grunde strikt abzulehnen: Kein Zweck- nicht einmal der Beste-heiligt die Mittel!  Und im Übrigen, was bitteschön bedeutet „Hilfe mit wirklich allen Mitteln“? Hilfe mit Atomwaffen? Hilfe mit eigenen Soldaten? 3.Weltkrieg?  Der anerkannte Ost-Experte Michael Thumann verfängt sich hier in seiner eigenen Kriegslogik, ohne sinnvolle Alternativen zu erkennen. Bei dieser Herangehensweise ist das Fiasko für die Ukraine abzusehen. Und dann wird es auch desaströs für die unterstützenden Regierungen.
Hartmut Wegener

Chapeau Michael Thumann! Perfekte Analyse der weltpolitischen Gegenwart.
Stefan Neises

Jetzt ist es raus: Die „wichtigste Aufgabe“ der USA, der EU und der Bundesregierung 2024 ist, der Ukraine „mit wirklich allen Mitteln“ zu helfen, also auch mit Atomwaffen und den entsprechenden Konsequenzen. Das ist in der Tat das Fürchterlichste, was ich in über 60 Jahren als Abonnent in der ZEIT gelesen habe. Unfassbar, dass Sie so einen Artikel veröffentlichen!
Horst F. Koops

Gleich beide Leitartikel befassen sich mit dem größten, rein menschlich verursachten Leid auf Erden, dem Krieg. „Zwischen den Jahren“, im Taumel zwischen heiliger Hoffnung, diffuser Friedenssehnsucht und dunkler Realität, ermahnen die Autoren eindringlich zu einem ungetrübten Blick. Kriege sind keine Zufälle. Sie sind nicht das Ergebnis einer immanenten Logik einer Anhäufung von Waffen. Nein, sie sind gewollt, verursacht und befeuert, so Michael Thumann, von „politischen Führern, die sich für Überfall und Besetzung, Massenmorde und Vertreibung entscheiden.“  Die Entschiedenen sind (meist) Männer, denen nichts mehr heilig ist, außer ihrer eigenen Macht. Diese „Entscheider“ dürfen uns gerade nicht zu Rache und Vergeltung verleiten, wohl aber zu Gegenwehr, „mit allen Mitteln“ und vereinten Kräften. Aber nicht nur geliefertes Kriegsgerät, auch „das Wort“ kann eine Gegenwehr leisten, wenn es denn „klar“ ist, wie Frau Finger am Beispiel des Papstes zeigt. Seine demütige Bitte mag die Verunsicherten und Verschreckten in den eigenen Reihen, nicht jedoch die Kriegsherren an den Brandherden der Welt beeindrucken. So wird aus dem mächtigsten Kirchenführer der größten Glaubensgemeinschaft der Welt ein ohnmächtiges Opfer falsch verstandener Neutralität. Frieden ist wohl weniger eine emergente Eigenschaft von Neutralität, sondern vielmehr auf Bedingungen angewiesen, um die auch klar und entschlossen gekämpft werden muss. Danke an die Autoren. Mögen diese beiden Artikel über den Jahreswechsel hinaus, für das ganze Jahr eine Entscheidungshilfe sein.
Jürgen Pilz

Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine so dumme wie gefährliche Aussage in der ZEIT gelesen zu haben, und dann auch noch auf der Titelseite. Wenn Michael Thumann tatsächlich meint, was er sagt, nämlich dass man der Ukraine „mit allen Mitteln“ helfen müsse, dann ist er angesichts all der „Mittel“, die allein im zwanzigsten Jahrhundert angewendet wurden, um politische Ziele durchzusetzen, einfach nur ein Ignorant. Wenn er jedoch nicht weiß, was er eigentlich sagt, wenn er „alle Mittel“ fordert, dann sollte er nicht in der ZEIT schreiben, schon gar nicht auf der Titelseite.
Peter May


Leserbriefe zum Titelthema „Das große Kultur-Quiz zum Jahreswechsel“ von Ijoma Mangold et al.

Das Feuilleton Rätsel hat Spaß gemacht, Glückwunsch für diese Idee. Bitte nächstes Jahr wiederholen.
Wolf Bethke

Ein paar Fragen weckten Erinnerungen an unseren Altgriechischunterricht, in dem uns nicht nur Deklination, Konjugation und Kriege eingebläut wurden, sondern wo wir auch, zumindest oberflächlich, kratzten an Epen, Tragödien und philosophischen Weisheiten. In die Issos-Keilerei waren Alexander und Dareios verwickelt, Sokrates wollte unbedingt noch im Angesicht des Todes Asklepios einen Hahn opfern und Xenophon ließ die griechischen Soldaten thálatta, thálatta ausrufen, als sie endlich das Meer erblickten! Mehr solcher Fragen, und ich hätte überdurchschnittlich viele Punkte gesammelt! So erreichte ich nur, mit viel Glück, ein mittelmäßiges Ergebnis, da ich mit Stars, Sternchen und Rappern nicht besonders vertraut bin, war aber trotzdem ein bisschen stolz! Bevor mich jedoch die Hybris packte, hörte ich plötzlich Sokrates‘ weise Worte: óida medén eidón – ich weiß, dass ich nichts weiß! Wäre das nicht auch ein schöner (Vor)Satz fürs neue Jahr, für etwas mehr Bescheidenheit und Demut – besonders für alle, die glauben, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben!
Ulrich Pietsch

„Wer weiß denn sowas?“ Na, da habe ich mich doch mal über dieses Neujahrs-Quiz hergemacht – mit einigem „Mut zur Lücke“! Und es war irgendwie erfrischend, mal über was anderes zu sinnieren als über die vielfältigen Probleme unserer Erde, die hier ausgiebig und kontrovers diskutiert werden. „Der Junge soll eine humanistische Bildung bekommen“, meinte mein Vater – und bescherte mir mit Griechisch und Latein eine ziemlich mühsame Schulzeit – mit nicht gerade tollen Noten. Und nun taucht hier der gute alte Xenophon auf mit seinen beiden Berichten über Heerzüge in Kleinasien, mit deren Übersetzung man sich gequält hat. Irgendetwas ist dann zum eigenen Erstaunen doch hängengeblieben vom Altgriechisch: Es handelte sich damals, wenn ich mich recht erinnere, um die „Anábasis“ und dann um die „Katábasis“, also „aná…“ – hinauf: den Heerzug hinauf ins anatolische Hochland, und dann „katá…“ – hinunter, den Abstieg wieder zum Meer zur Rettung der Restsoldaten nach Niederlage – oder etwa nicht? In der Erläuterung ist nur von der „Anábasis“ die Rede; der Rückzug unter Xenophons Leitung war aber doch eigentlich gemeint. Wenn man sich auf ein so hohes „Rätsel-Ross“ schwingt, dann sollte die Lösung schon wirklich stimmen – meinen Sie nicht auch? Die altgriechischen Vorsilben „aná“ und „katá“ tauchen ja auch in der Elektrizität als „Anode“ und „Kathode“ auf – und die sollte man besser nicht verwechseln – will man nicht einen „Black-out“ riskieren; dann wäre auch mit der „KI“ erst mal Pause, und man müsste sich doch auf die Reste der eigenen „I“=Intelligenz besinnen…
Und sonst? Ein wenig doch gewusst, aber vieles einfach geraten, z.B. in der halbseidenen Welt der parfümierten Pseudo-Prominenz erschien mir ein Markenname mit „midnight…“ dann doch wahrscheinlicher als vorgegaukelte „Morgenfrische…“. So bin ich doch in der ziemlich komfortablen Zone „Absolut parkettsicher!“ gelandet. Da habe ich aber doch einige Zweifel: Allenfalls einiges „Halb- oder Viertelswissen“ – mit dem man zwar mit den Geistesblitzen und Steckenpferden der ZEIT-Redakteure nicht mithalten kann, aber sonst ganz gut zurechtkommt! “ Ende des Textes.
Rainer Niemann

Zu Frage 21: Wir verdonnern die gesamte Feuilletonredaktion zur Lektüre von Madame Bovary.
Albrecht Lass-Adelmann

So lange ich Zeit-Leserin bin – ca. 45 Jahre – freue ich mich stets über das Feuilleton, immer aufgespart für den Sonntag-Vormittag. Heute sehe ich mich einem Quiz gegenüber, das auch sehr nett ist, die Fragen sind anregend, die Antwortmöglichkeiten helfen sehr, nicht allzu frustriert über Tiefen des Unwissens zu sein. Aber wo sind die anregenden Artikel des Feuilletons? Ist auf diesem Feld in der letzten Woche nichts gespielt worden? Kein Theater, keine Ausstellung, nichts Literarisches? Oder konnten Sie keinen Autor für einen Artikel zu grundsätzlichen Fragen des Lebens auftreiben? Oder wäre das vielleicht zu viel Aufwand in Zeiten des strikten Haushaltens?  Es fügt sich für mich in eine Reihe von Missständen, die nicht nur im vergangenen Jahr häufiger werden: Mehr Bild als Text (zweifeln Sie an der Lesefähigkeit?) Ein Drittel von Interview-Einleitungen dient nur dem Atmosphärischen (er trug einen dunklen Anzug, die Blumen in der Vase duften diskret…), die Fragen zielen auf private Befindlichkeiten, die ich lieber der Boulevard-Presse entnehme. Wenn diese Richtung auch im kommenden Jahr beibehalten oder sogar verstärkt werden sollte, muss ich mich leider nach einer anderen anregenden Quelle umsehen. Das wäre insofern bedauerlich, da ich Ihre Autoren außerordentlich schätze und mich gern von ihren Gedanken anregen bzw. mit ihren Argumenten auseinandersetze. Vielleicht finden Sie eine Möglichkeit, den Inhalt der Form gegenüber mehr wertzuschätzen.  Das wünsche ich mir und Ihnen für das Neue Jahr, denn Qualität ist in diesen unsicheren Zeiten ein ganz wichtiger Anker und nebenbei: sie setzt sich in den Zeiten der schnellen Neuerungen am besten durch.
Rita Kramp

Von den 12 Seiten des Feuilletons der ZEIT No. 1 sind gerade einmal 2 Seiten (54, 56) brauchbar. Der Rest ist ein seltsames „Quiz“ und vollkommen uninteressant. Viele Fragen sind kein Teil von „Bildung“, sondern spiegeln spezielle Interessen wider. Da haben Sie diesmal ganz ordentlich danebengegriffen. Seit 40 Jahren lese ich DIE ZEIT, das war leider das bisher unerfreulichste Feuilleton.
Günther Lettau

Mit großem Vergnügen lese ich das oben genannte Quiz, staune über das, was ich weiß und was ich nicht weiß. Eines weiß ich aber ganz sicher: in der Frage 18 hacken sich keine jungen Frauen eine Zeh ab, um in einen eleganten Schuh zu passen – sondern einer Stiefschwester von Aschenputtel wird von ihrer Mutter die Ferse abgehackt, damit sie in den kleineren Schuh von Aschenputtel passt. So wird ein Schuh draus!
Annerose Wald

Emmas Liebhaber in der Kutsche ist LEON.
Gerda Schüler

Sie würden so gerne den 0-Punkte Menschen kennen lernen, aber m.E. gibt es den, so wie Sie ihn sich vorstellen, gar nicht, denn, wenn ich zu 100 % sicher sein will, dass die Antwort nicht stimmt, dann muss ich die richtige Antwort kennen. Das schafft nur der 79-Punkte Mensch, der Ihnen aber unheimlich ist. Meine dreijährige Enkelin hingegen, die von den Themen des Feuilletons noch völlig unberührt ist – sie kennt noch nicht einmal Aschenputtel – würde durch das Ankreuzen beliebiger Antworten spielend um die 25 Punkte bekommen, das sagt die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Das Quiz hat Spaß gemacht, aber durch das Multiple-Choice-Verfahren gibt es immer noch ein paar Bonuspunkte obendrauf. Mehr Schein als Sein.
Anke Henz

Die ZEIT ist gelesen, das Quiz hat Spaß gemacht. Leider hat die Auswertung länger gedauert als die Beantwortung der Fragen, das hat also keinen Spaß gemacht. Als 69Jähiger finde ich die die Schriftgröße nicht seniorengerecht, vulgo: eine Zumutung. Schlimmer noch fand ich in diesem Fall das Format der ZEIT, die ich ansonsten in einem bequemen Sessel genieße. Aber ab Frage 52 und erst recht ab Nr. 65 ständig umblättern zu müssen, bedeutet schon eine Behinderung. Ich fasse mich hier kurz, fand aber die Liste der 100 Bücher in Spuren wieder, insbesondere scheint Ovid beeindruckt zu haben, wie an der letzten Frage und der augenzwinkernden Bewertung for 20-39 Punkten festzustellen war. Ich habe übrigens 46 Punkte erzielt und fand mich adäquat positioniert.
Ralf Sandmann

Wissen Sie, was Sie nicht wissen? Kaum eine/r kann das Wort Hämorrhoiden richtig schreiben, obwohl doch so viele Menschen im deutschen Volk rektal davon geplagt werden… Hat das mit dem wenigen belastbaren Kopfwissen zu tun, wenn doch der Verstand im Arsch sei… Das aber nur nebenbei und mich ebenso persönlich betreffend! Vor allem aber erst einmal an DIE ZEIT meinen Dank für das Wissen-umfassende Jahr 2023 durch ihre Wochenzeitung in allen Rubriken, durch alle Beteiligten von Kopf bis Fuß in der gesamten Allianz der ZEIT-Mitbewirkenden – und wahrlich ich sage Euch: bei all dem ZEITlichen Lebenszeitverbrauch durch das Lesen, Bedenken, Verstehen-wollen und Leserbriefschreiben – war und ist es doch eine verdammt wesentliche Mitbeteiligung für das einfordernde Hirnvolumen zur ZEIT-Aufwendbarkeit… Eigenartig: dass scheinbar bei den meisten Menschen nur zu etwa 15% (oder zumeist darunter noch) der Kopfinhalt wesentlich-wissentlich un/aufgefüllt wird… Damit aber nun auf das diesmalige anstrengende Unwissen zu kommen, dass sich herauskristallisiert durch DAS FEUILLETON-QUIZ in DIE ZEIT, und ganz offen (vielleicht sogar volkstümlich empört) hierbei Ihnen zugerufen bzw. hinzugeschrieben als RvM-Leserbrief: Wie kann DIE ZEIT so arrogant am Volk vorbei seine Quiz-Fragen einfordern, wenn doch die meisten Fragen durch die Unbildung der Volksmassen niemals beantwortet werden können… Ich scheibe dies nicht so leichtfertig hier hinzu, sondern habe in einem Kreis von „einfachen Menschen“ diese ZEIT-Feuilleton-Quiz-Fragen in die Runde gestellt (wir waren 24 Personen) – und kaum jemand konnte auch nur wenige Fragen beantworten: hierbei kam es jeweils zumeist zum (wahrhaft) peinlichen Schweigen und tatsächlich auch zu einer addierenden Selbsterkenntnis: wie wenig doch gewusst wird zu dem Titelthema als Oberaufsicht der Weisheitsskala der Großkopferten in den ZEIT-Redaktionen: „Wissen Sie, was Sie nicht wissen?“ Weiß man das denn?
Anders erklärbar: Wenn ich weiß, dass ich viel weiß – und damit anderen Menschen ihre wissentliche Unzulänglichkeit so sehr verdeutliche, dass es dadurch zu Schädigungen des ganz normalen Selbstbewusstseins (im Volk) kommt: steht dann dahinter eine ganz bewusste Absicht in den ZEIT-Redaktionen in deren Elfenbeintürmen… Oder denkt man (dort am Speersort 1) sich nichts dabei: andere einfache Menschen so sehr zu entblößen, dass sie schamhaft ihren unausgefüllten Kopf senken und nunmehr bedenken: wie hohl doch das eigene Kopfdasein sich aufzeigt… Jedoch müssen diese Menschen Arbeiten verrichten, die mit Kopfinhalten wenig zu tun hätten – nurmehr oft nur zu funktionieren haben, immer die gleichen oder selben Vorgänge im Arbeitsalltag am Fließband z-B. oder in der ansonstigen Monotonie dieser verbrauchenden Menschenmaschinerie… Frage 8: „Wie signierte Marcel Duchamp sein berühmtestes Werk, das „Fountain“ genannte Urinal?“ – Frage 9: „Wie nannte der Philosoph Odo Marquard einst seine vielreisenden Kollegen der Frankfurter Schule?“ – Frage 6: „Was war für den Komponisten Karlheinz Stockhausen das „größte Kunstwerk, das es je gegeben hat?“ – Frage 10: „Ein bisschen Goethe darf an dieser Stelle natürlich nicht fehlen, aber welches bisschen ist es, an dem es bei Goethe fehlt?“ – Und sicherlich fehlte es NICHT an der Wertschätzung des „Werther“ durch Napoleon I., die kränkenderweise ausfällt, weil der Franzose leider nicht liest… Woher aber sollen die Leute wissen, dass Napoleon mehrfach den Werther gelesen hatte und er Goethe am 2. Oktober 1808 in Erfurt Komplimente machte, ihn gar noch zu kritisieren vermochte ob einiger Passagen in dessen Brief-Roman… Zudem ihn besonders hervorhob als Persönlichkeit: „Vous etes un homme!“ Oder muss man gar wissen, dass Napoleon einige Zeit später dann auf dem Hofball im Schloss zu Weimar ganz persönlich den Schriftsteller und Dichter Wieland herbeirufen ließ – um sich mit ihm weit über eine Stunde sehr privat zu unterhalten…“ Und ganz nebenbei: dieser Österreicher Adolf Hitler war nicht nur ein Karl May-Leser – man sollte vorsichtig sein in/zu den kolportierten Klischee-Vorstellungen, dass dieser Diktator ein ungebildeter Nichts und Niemand aus dem Volke war… Das hätten die sogenannten intellektuellen Eingebildeten (in ihrer Kotau-Angewöhnung) wohl gerne, wenn dieser „Ver-Führer“ nur ein bildungsloser Schwadroneur gewesen wäre… Doch genau das spräche ja gegen diese Leute selbst, die sich ihm unterworfen hatten bzw. sich sogar im vorauseilenden Gehorsam persönlich einbrachten…
Weiter zum Quiz: Frage 32: „Wer hat die Behauptung aufgestellt, dass ein Drama, in dem im ersten Akt ein Gewehr vorkommt, zuverlässig mit einem Schuss endet?“ Das war wohl der Brecht-Imitator Heiner Müller – dennoch: woher sollen die allgemeinen Menschen diesen hochstapelnden Dramatiker und Philosophen (der viel soff) herkennen: in ihrem Alltag der Kopfgeräusche am manipulierenden, monotonen Arbeitsplatz.“ Frage 35: „ottos mops kotzt“ – jawoll wohl wahr: Die dichterische Lautmalerei eines Ernst Jandl. Oder zur Frage 46: „Es gibt über sie ein wunderschönes Gedicht von Theodor Storm und Thomas Manns Tonio Kröger liebt sie. Um welche Blume mag es gehen?“ Der RvM-Leserbriefschreiber hat speziell mehrere Blumenverkäuferinnen und Floristinnen gefragt, ob sie darauf eine Antwort fänden…? Pusteblume – es gab keine „richtige“ Antwort! Ach ja, die Frage 60: „Ihre bedeutungsschweren Gedichte, ihre klugen Erzählungen und ihr rätselhafter Roman „Malina“ haben Ingeborg Bachmann berühmt gemacht. Nicht aber glücklich. Anfang der 1960er stürzt sie in eine seelische Krise, die sie nicht überwinden wird. Eine Fernsehaufnahme aus dieser Zeit zeigt sie bei einer Lesung ihres Gedichts „An die Sonne“. Unentwegt blinzelt sie, die Wort finden nur mühsam ihren Weg. Man hat das Gefühl, ihrem Zerfall zuzusehen. Wie endet ihr Leben?“ „Richtige“ Antwort: In einer September-Nacht in Rom schläft die Schriftstellerin mit einer Zigarette in der Hand ein, die Glut entfacht einen Brand. Von Beruhigungsmitteln zur Unempfindlichkeit gedämpft, merkt sie nichts. Rund drei Wochen später stirbt sie im Krankenhaus.“ Wer aus dem Volk kennt denn die Werke der Ingeborg Bachmann, ihr selbstzerstörerisches Leben, ihre Aversionen gegen die Langeweile im Dasein und vor allem: ihre trauernde Verachtung gegenüber der Ungebildetheit des Volkes…
Jawoll: wir sind hierbei in einem Quiz – ausgestattet mit einem hohen Leistungsniveau an Wissen auf scheinbar sofortigem Abruf getrimmt… Aber, was soll das alles vorbedeuten – sollen sich nun die punkthohen BeantworterInnen darüber prächtig freuen dürfen, dass sie das ZEIT-Quiz-Wissen so schön doch beantwortet haben… Die Frage 52: Hölderlin. Und die Frage 54: zu Frida Kahlo – väterlicherseits aus Pforzheim. Und klar doch weiß fast jeder in Deutschland zur Frage 75: „Wie geht der berühmte Tristan-Akkord?“ F-H-Dis-A/F-H-Dis-Ges/F-H-Des-Gis.? Komponiert vom geilen, geldgierigen Richard, der durch die raffinierte Cosima: besonders den schwulen König von Bayern belogen und betrogen und ausgebeutet hatte… Und zu guter Letzt aus der Mitte des Quiz herausgegriffen (weil wir ja – wie wir hoffentlich alle wissen: sterblich sind) die Frag 41: „Was sagte Sokrates, bevor er starb?“ Fast wolle der RvM-Leserbriefschreiber den klugen ZEIT-Redakteuren in ihrem Elfenbeinturm am Speersort 1, hinaufrufen: „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ Genauer von Plato (Apologie des Sokrates 22d) formuliert: „Denn von mir selbst wusste ich, dass ich gar nichts weiß…“ Und da kann man als Philosoph kürzest vor seinem Tod durch das Austrinken des Inhalts des Schierlingsbechers noch so freigeistig tun: um dann doch dem Kriton aufzutragen: „Vergiß nicht dem Asklepios einen Hahn zu opfern.“ Philosophen, die an Götter glauben, haben in ihrer Birne leider einen dauerhaften Schaden an realen Wahrnehmungen – und sollten eher schweigen als glauben zu müssen!
Um aber noch genauer zu sein, sagte wohl der Sokrates vor dem athenischen Volksgericht im Jahr 399 vor unserer Zeitrechnung: „…allein dieser doch meint zu wissen, da er nicht weiß, ich aber, wie ich eben nicht weiß, so meine ich es auch nicht.“ Und dann kommt der antik-griechische Verdrängungshammer als Ausflucht des eigenen Nichtwissens zu diesem verlogenen Tempel in Delphi: „Nur der delphische Gott Apollon sei wahrhaft weise, die menschliche Weisheit sei sehr wenig wert oder gar nichts…!“ Meine sehr geschätzten Damen und Herren Redakteure und Redakteurinnen dieser Quiz-Veranstaltung – noch dieser kleine Hinweis an Sie des wahren Selbstbewusstseins: „Omnia mea mecum porto!“ Und letztlich würde das die Auffüllung des eigenen Gehirns an Wissen, mehr als bestätigen in der Möglichkeit allen materiellen Besitz vielleicht doch zu verlieren… Andererseits ist es eigentlich unvorstellbar, dass ein Mann (dessen Leben wurde verfilmt mit Tom Hanks – ich weiß den Titel des Films leider nicht!) über 2500 Bücher: Wort für Wort in seinem Hirn gespeichert hatte und mit Anfrage nach dem Titel und der entsprechenden Seite aus all diesen Büchern, z.B. die Seite 301 von Tolstois „Krieg und Frieden“: innerhalb von Sekunden sich dies abrufen konnte und wörtlich zitierte… Jedoch keinen einzigen selbstständigen Satz (aus seinem gespeicherten Worteschatz heraus) persönlich umformulieren konnte! Ergo: Was sagt uns das? Halt, Moment noch: Zu Frage 37: fallen mir doch einige Zusatzworte zum Walter Ulbricht ein: „Niemand hat die Absicht eine Mauer („in den blöden Köpfen der Menschen“) zu errichten…“ Doch im kapitalistischen Deutschland haben der Staat und die Geld-Mächtigen sicherlich keine Interessen: ein kluges, wissendes Volk auszubilden. Das wäre ja geradezu kontraproduktiv für deren vordergründigen Absichten: das gemeine Volk auszubeuten! Aber DIE ZEIT hätte eine enorme Auflagensteigerung in einem Volk: das zudem locker das ZEIT-Feuilleton-Quiz auflösen könnte… Hätten Sie – wertes Feuilleton – einen allgemeinen Lösungsvorschlag dieses volksnahen Problems, parat!?! Um öffentliche Antwort wird dringlich gebeten. Schlussendlich – ich vergaß, zur Frage 42 erwähnen: dass jede/r doch unterscheiden können müsse: was ein Caravaggio oder eine Artemisia Gentileschi sei… Fehlt denn jedwede Bildung zur Bebilderung? Huch, wie es evtl. barockt und rokokot!
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Ich möchte Sie gerne darauf aufmerksam machen, dass in Ihrem Kulturquiz im Feuilleton Ihrer Ausgabe 01/2024 ein Fehler enthalten ist, der mir aufgefallen ist, als ich das Quiz zusammen mit meinem Mann gemacht habe. Es hat uns ansonsten sehr viel Spaß gemacht! Unter Nr. 21 geht es um die berühmte Kutschfahrt in Madame Bovary, und die Frage ist, mit welchem Mann sie in dieser Kutsche saß. Als Antwortmöglichkeiten werden Charles, Homais und Rodolphe genannt. Es war aber keiner von den dreien, sondern ihr zweiter Liebhaber (nach Rodolphe), Léon Dupuis, mit dem es in der Kutsche in Rouen zur ersten sexuellen Begegnung zwischen den beiden kommt. Das musste mir sofort auffallen, da ich diese Szene in meiner Dissertation interpretiert habe.
Gesa Kresse


Leserbriefe zu „Die Sehnsucht nach einfachen Antworten ist gewachsen“. Gespräch mit Malu Dreyer geführt von Peter Dausend und Anna Sauerbrey

Ein sehr gutes Interview, wie ich finde, zu einem sehr wichtigen Thema! Frau Dreyer hat zwar erkannt, dass die Coronazeit eine Krise in der deutschen Gesellschaft hervorgerufen hat, sie spielt dabei jedoch die Rolle der Politik herunter. Sie ist der Meinung, „die Eingriffe in die Grundrechte waren…gut begründet.“ Sie beklagt eine Kompromisslosigkeit im Umgang mit anderen Meinungen seit der Coronakrise. Es bleibt festzuhalten, dass viele namhafte Politiker diese Art des Umgangs mit Andersdenkenden sehr intensiv gepflegt haben! „Tyrannei der Ungeimpften“ und „Covidioten“ waren noch die harmloseren Äußerungen der politischen Elite. Millionen Menschen wurden arbeitslos, im Gesundheitswesen wurde Menschen mit Berufsverbot gedroht, wenn sie sich auf ihr Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit berufen wollten. Kindern wurde ihr Grundrecht auf vernünftige Bildung verwehrt. Für diese Verfehlungen gibt es eigentlich keine Entschuldigung. Das weiß Frau Dreyer. Wenn die Verantwortlichen dafür allerdings zur Rechenschaft gezogen werden würden, dann würden sich die Reihen in der Politik sehr stark lichten!
Martin Krivacek

In dem Gespräch mit Malu Dreyer wird deutlich, wie sehr wir ein Politikverständnis brauchen, das die Menschen in unserem Land als aktive politische Wesen anspricht. Gerade in der Pandemie benötigte die Politik die Bereitschaft der Menschen, verantwortungsbewusst mitzuwirken. Diese waren darauf aber kaum vorbereitet. Denn bisher gewann die Politik die Loyalität der Menschen, indem sie ihnen ein gutes und immer besseres Leben in Aussicht stellte. Wo angesichts der zunehmenden Krisenerfahrungen die so genährten Erwartungen nicht mehr erfüllt werden können, ziehen viele Menschen enttäuscht ihre Loyalität zurück. Und wo Bewusstsein und Überzeugung fehlen, sind sie nicht bereit, z.B. die notwendige sozial-ökologische Transformation mitzugehen. Einfache Antworten sollen retten, was als loyalitätsstiftende Gewissheit gestern noch galt und nun unrettbar verloren zu gehen droht. Wenn Olaf Scholz das alte Politikverständnis so selbstverliebt zelebriert, ohne seine Versprechen auch nur im Ansatz einlösen zu können, treibt er die Menschen in die Arme der Volksverführer. Es wäre schon ein großer Fortschritt in der Fortschrittskoalition, wenn sich der eine oder der andere auch mal zurücknehmen und auf Augenhöhe begeben könnte.
Reinhard Koine

Nach der Chaos-Theorie gilt: Der Staat ist mehr als die Summe des Volkes. In diesem Sinn erlässt die Legislative den Willensbildungsprozess im Volk als Mehrwert! … Seit der Wende89 glaubt der „politische Westen“ an einen Endsieg von Demokratie & Marktwirtschaft – trotz Klimarisiko! Im Kapitalismus werden gemäß der Währungsdefinition alle monetären Transfers akkumuliert. Die Volkswirtschaftslehre ist eine axiomatische Geisteswissenschaft, wo die Politik eine Währungsdefinition festlegt. Die bestehende Währungsdefinition widerspricht naturwissenschaftlichen Einsichten. Dadurch spaltet die Definition Ökonomie von Ökologie. Natürlich könnte die Politik die Währungsdefinition naturwissenschaftlichen Einsichten anpassen, um dem Volk einen Mehrwert durch Transfer-Entscheidungen zu ermöglichen. Demokratiebewusst gefragt: Warum soll der Mensch mit Transfer-Entscheidungen nur über die Vermögensverteilung abstimmen; und nicht zusätzlich über den Zustand vom Lebensraum? Die Sehnsucht nach einfachen Antworten weckt primär die Politik, da sie einfache Antworten, bspw. Endsieg von Demokratie & Marktwirtschaft, glauben. Das Dasein ist komplexer: Für Evolution im Universum gilt die Quantentheorie, die Allgemeine Relativitätstheorie, der Erste und Zweite Thermodynamische Hauptsatz; und dass sollte der Mensch im 21 Jahrhundert begreifen.

Um es mit Michelangelos Bild von Gottvater & Gottsohn zu illustrieren; die Politik versteht den Götterfunken nicht. Daher kann die Politik Ökonomie mit Ökologie nicht versöhnen.
Matthias Losert

Danke, Malu Dreyer für dieses Interview! Trotz der komplexen gesellschaftlichen Situation vermittelt es Hoffnung und Zuversicht.
Ulla Feldhaus

Die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer hält die AfD-Wähler für uninformiert oder dumm. Kann es also nicht sein, dass Wähler mit dieser Arroganz nichts mehr anfangen können?
Rolf Schikorr

Dieses Interview mit dieser SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer treibt mir wahrhaftig die Zornesröte ins Gesicht! Diese gewählten Politiker auf Zeit, agieren tatsächlich so, als würden sie irgendwo nur in ihrer ureigenen Blase leben. Nicht Corona hat die Gesellschaft kompromissloser gemacht, wie Frau Dreyer sagt, das waren einzig die Corona-Maßnahmen, die uns die Politiker aufgehalst haben und die allesamt nicht auf dem Boden Grundgesetz waren. Für mich war das eine Art Stresstest, wie weit man das „gemeine“ Volk drangsalieren kann. Hier waren alle Parteien, außer der AfD auf Linie; die Politiker der Alt-Parteien haben diese Corona-Pandemie im März 2020 ausgerufen und diese dann einfach so im April 2023 als beendet erklärt. Das „gemeine“ Volk hat jetzt diese Politik der Ampel, mit all ihren Sanktionen gegen Russland, mit ihrer hanebüchenen Verbotspolitik und mit ihrer laienhaften Besserwisserei einfach nur satt. Good Old Germany befindet sich in einem jämmerlichen Zustand und dieser Zustand geht zu einhundert Prozent auf das Konto dieser ideologischen Ampelpolitik. Hätte sich diese Ampel nach der „Machtübernahme im Jahr 2021“ im Reichstag zu Berlin einfach eingeschlossen und danach nur „Mensch ärgere Dich nicht“ gespielt und sonst nichts anderes getan, so würde es Deutschland sicherlich viel besser gehen.
Klaus P. Jaworek

Das Interview mit Malu Dreyer offenbart die Ignoranz und Unfähigkeit der etablierten Parteien, die tiefgreifenden Probleme, die das Land hat , anzuerkennen. Die vermeintliche Einigkeit in der Corona-Krise ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zur jahrelangen politischen Inkompetenz.  Die marode Infrastruktur und die chronische Unterfinanzierung wichtiger Bereiche sind nicht nur handwerkliche Fehler, sondern klare Beweise für das Versagen der politisch Verantwortlichen. Wie sonst sind Reformstau (Rente, Bundesländer!, Krankenkassen, überbordende Bürokratie, etc.), Bildungs- und Gesundheitsmisere und eine unklare Integrations- und Asylpolitik zu verstehen? Die steigende Anziehungskraft von simplen Antworten bei AfD und anderen Parteien ist eine direkte Folge davon, dass die etablierten Parteien die Fragen und den realen Unmut der Bürger ignorieren. Es ist beschämend, dass die demokratischen Parteien weiterhin die Gefahr durch die AfD ignorieren und sogar teilweise deren Sprache übernehmen. Die mangelnde Bereitschaft zur Selbstreflexion und zur tatsächlichen gemeinsamen Veränderung zeigt die Entfremdung zu den Menschen. Es ist höchste Zeit, dass die Politik aufwacht, Verantwortung übernimmt und konkrete Maßnahmen für einen wirklichen Wandel ergreift. Die Wut und Frustration der Bürger verdienen mehr als leere Versprechungen und politisches Kalkül.
Helmut Thiede

Kann Frau MP Malu Dreyer in jeder Hinsicht nur voll zustimmen! Die durch die AFD angemerkten Ziele und Veränderungen zu Lasten der Bevölkerung sollten schonungslos und plakativ auch kommuniziert werden, was bis heute zu wenig veröffentlicht wird.
Hans Peter Schüz

Ich halte mich nicht für so naiv, dass ich einfache Antworten auf komplexe Fragen erwarte. Schon gar nicht von unseren aktuellen Politikern. Aber ich stelle fest, dass ich noch nie so wütend war auf „die Politik“. Und ich höre mich immer öfter darüber nachdenken, ob wir nicht doch eine Revolution anzetteln müssen. Aber wie soll das ohne Gewalt gehen. Also auch keine Lösung! Eine Erhöhung des CO2-Preises macht mich nicht nervös. Gereiztheit kommt aber bei mir auf, wenn ich sehe, wie wenig „die Politik“ an ihrer eigentlichen Aufgabe, der Daseinsvorsorge für die Bürger, interessiert ist. Wie wenig man in die Erhaltung unserer Infrastruktur investiert, wie man unsere Gemeinschaftsgüter – wie beispielsweise das Wasser – an Wenige nahezu verschenkt, Bildungseinrichtungen im Föderalismus verkommen lässt und Gesundheitseinrichtungen dem Zugriff internationaler Investoren überlässt, das macht mich wütend. Ich finde es richtig, die Ukraine zu unterstützen. Wütend macht es mich, wenn ich dicke ukrainische SUVs auf der Münchner Maximilianstrasse sehe, mir ein befreundeter Winzer erzählt, wie ihm vermögende Ukrainer seinen teuersten Wein LKW-weise abkaufen und mir Unternehmer aus der Ukraine erzählen, dass 2022 ihr bestes Geschäftsjahr jemals war. Muss man sich da fragen, ob unsere Unterstützung nicht zu großzügig ausfällt? Da eine Protestwahl nur in Richtung AfD gehen kann und das für mich in keinem Fall vorstellbar ist, findet meine Wut kein Ventil. Und die freundliche Frau Dreyer, die meint, man muss sich als Bundesregierung nur überlegen, wie man die Bürger emotional besser erreicht, ist auf dem Holzweg. Nicht ein neues Narrativ ist notwendig, sondern eine am Wohlergehen des Gemeinwesens gute und zielgerichtete Arbeit ist der Schlüssel.
Bernhard Seilz

Das Format des Zwiegesprächs, ein Produkt der PR-Abteilung der Landesregierung?  Man könnte es Hofberichterstattung nennen. Kein Wort zum größten Gau des Landes, der Ahrtalkatastrophe, bei der die verantwortliche Ministerin vorrangig um ihr eigenes Image bemüht war und die Ministerpräsidentin zunächst töricht abwiegelte. Oder das Millionendesaster Nürburgring mit kapitalen Fehlentscheidungen. Zuletzt noch die törichte Beschwerde der Staatssekretärin Raab gegenüber dem SWR. Persönliche Verantwortung muss Frau Dreyer nicht tragen, verantwortlich ist sie aber für politisches Totalversagen ihrer Regierung. Es gab schon Rücktritte aus nichtigerem Anlass. Das Interview artiger Journalismus, eine vertane Chance.
Christoph Schönberger

Danke für Ihre Fragen an Malu Dreyer und die veröffentlichten Antworten. Ich bin nicht parteipolitisch, aber seit Jahrzehnten friedenspolitisch engagiert. Fr Dreyer spricht mir aus dem Herzen und es freut mich, dass so eine Politik noch möglich ist, wenn auch nicht in meinem Bundesland. Dieses Interview sollte Pflichtlektüre besonders für die Ministerpräsidenten im Bund sein. Ich wünsche der ganzen Zeitredaktion auch im neuen Jahr wieder so viel Engagement, gute Beispiele hervorzuheben und damit Zusammenhalt in Deutschland zu fördern. Auf ein gutes neues Jahr!
Annette Müller-Leisgang


Leserbriefe zu „Vatikandiplomatie“ von Evelyn Finger

Ich muss mir mal wieder Luft machen. Die Verfasserin des Artikels „Vatikandiplomatie“ auf der Titelseite hat wohl gar nichts verstanden: Die herablassende Art, die man in den Zeilen und noch mehr zwischen den Zeilen lesen kann, ist empörend. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber ein Journalist hat die Aufgabe objektiv zu urteilen. Ansonsten soll er (in diesem Fall wohl sie) doch bitte in der Bildzeitung offerieren. Ein Diplomat will es sich nicht mit jemandem verderben, sondern versucht zu vermitteln. In diesem Fall natürlich sehr schwierig, weil die Fronten auf beiden Seiten anscheinend unüberbrückbar verhärtet sind. Ich kann und will nicht jeden Satz kommentieren, aber der Schluss ist die Krönung. Den Papst zu ermahnen, sich 2024 den Juden anzunähern, weil er als erster Papst enge Beziehungen zu religiösen Führern des Islam pflegt.  Die Artikelschreiberin hat wohl in den letzten Jahren einiges nicht mitbekommen. Jeder vernünftig Denkende muss zu dem Schluss kommen, dass Israel an der jetzigen humanitären Situation im Gazastreifen eine fatale Schuld trägt, vor allem, weil sie anders handeln könnte und müsste. Was in den letzten Jahrzehnten zu der misslichen Lage der Palästinenser beitrug, daran hat auch die die Weltgemeinschaft Mitschuld. Das Elend der Palästinenser wurde über Jahrzehnte übersehen. Israel wurde zwar z. Bsp. oft ermahnt, die Besiedlung des West-Jordanlandes zu unterlassen. Aber es wurde nie konsequent gefordert. Die Hamas ist eine Terrororganisation, die bekämpft werden muss.  Das Massaker der Hamas am 7. Oktober war barbarisch und erfordert ein unbedingtes Handeln der israelischen Regierung.
ABER: Der Streitpunkt ist doch, wie reagiere ich auf ein solches Ereignis. Hat die effizient ausgebildete Armee Israels keine andere Möglichkeit, als durch ununterbrochene Bombardements in Kauf zu nehmen, dass tausende Unschuldige – in der überwiegenden Mehrzahl Frauen und Kinder – nicht zu vergessen, dass es auch unschuldige Männer gibt – brutal getötet und verletzt werden? Mal davon abgesehen, dass der komplette Gazastreifen dem Erdboden gleich gemacht wird. Sämtliche Gebäude sind zerstört, alle Felder unbrauchbar gemacht. Hier wird auf Jahre niemand mehr auch nur einen Halm säen können. Es wird höchste Zeit, dass die israelische Regierung mal nachdenkt, wie viel Schuld sie damit auf sich selbst geladen hat. Auch wird es Zeit, dass eine Kritik an Israel nicht automatisch als antisemitisch bezeichnet wird. Die jetzige humanitäre Katastrophe im Gazastreifen hat nur Israel zu verantworten, weil sie nicht so handeln muss. Egal wie viele Tote Israel zu beklagen hat, kann es keine Berechtigung für eine solche Reaktion geben. Niemand hat das Recht, einem anderen das Leben zu nehmen. Über die Todesstrafe bei Verbrechern kann man geteilter Meinung sein. Aber Unschuldigen bewusst das Leben zu nehmen, ist und bleibt UNRECHT! Ich hoffe, dass sie zumindest einen Teil meiner Gedanken in einem Artikel aufnehmen. Es wäre wirklich wichtig, Israel zu einem Umdenken zu bewegen. Auch Israel muss eine angebrachte Kritik akzeptieren.
Doris Steuer

Die Debatte um eine angemessene Reaktion auf den islamistischen Terror der Hamas gegenüber Israel scheint endgültig zu entgleisen. Wie anders ist es zu verstehen, dass Evelyn Finger dem Papst antijudaistische Ressentiments unterstellt. Was bezweckt sie im Übrigen mit dem Hinweis auf Franziskus´ Gebrechlichkeit? Sollen wir Leser etwa von seiner körperlichen Verfassung auf schwindende geistige Urteilskraft schließen, wie der altersdiskriminierende Subtext durchaus gelesen werden könnte? Der Papst ist sehr wohl ein Mann der klaren Ansage, der es nicht jedem recht machen will – den Umgang der EU mit Geflüchteten und auch die Auswüchse der kapitalistischen Wirtschaftsweise kritisiert er aufs Schärfste. Doch derlei Ermahnungen bleiben folgenlos und werden von den verantwortlichen Politikern und Medien lediglich als der weltfremden Natur des höchsten Kirchenfürsten geschuldet abgetan.
Rüdiger Paul

Auf der Titelseite ein bemerkenswert kritischer Artikel von der nicht-katholischen Redakteurin und Vatikan-Insiderin Evelyn Finger mit der Schlusspassage: „Franziskus, der als erster Papst enge Beziehungen zu religiösen Führern des Islams pflegt, hat 2024 die Aufgabe, sich auch den Juden anzunähern. Sonst dürfte er als Versöhner wirkungslos bleiben.“ Sein Vorgänger im Petrus-Amt, der deutsche Papst Benedikt XVI. (1927 – 2022) formulierte im März 2008 sein Karfreitagsgebet zur „Bekehrung und Erleuchtung der Juden“.  Ein Aufschrei gegen diese Diskriminierung hatte in den Medien kaum stattgefunden. Was ist von einer unchristlichen römischen Glaubensdiktatur zu erwarten? Letztlich nichts! Die Römer hatten den „König der Juden“ Jesus von Nazareth zum Tode verurteilt. Von Juden wurde er gefoltert und ans Kreuz genagelt. Es ist dringend notwendig, die historischen Fakten ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Von dem alten, schwer kranken Jesuiten Papst Franziskus ist nichts mehr zu erwarten. Die ständige Verwechslung von Konfession und Religion bedarf dringender Klärung.
Roland R. Ropers

Ob nach wenigen Tagen persönlicher Recherche in Gaza der Kommentar etwas nachdenklicher und differenzierter ausgefallen wäre? – In der gleichen Ausgabe der ZEIT wird Frau Dreyer zitiert: „Die Sehnsucht nach einfachen Antworten ist gewachsen“. Im Nahen Osten gibt es leider keine so einfachen Antworten, wie es der Kommentar suggeriert.
Stefan Sethe

Was ist los mit der ZEIT? Seit Wochen werden wir mit weichen Themen beschäftigt. Ablenkung? Uneinigkeit in der Redaktion über kontroverse Themen? Wegducken? Frau Finger bekommt zum dritten Mal in kurzer Zeit auf der ersten Seite Gelegenheit, ihrer Israelfreundlichkeit Ausdruck zu verleihen. Dieses Mal zitiert sie den Papst – unvollständig und daher irreführend – und wirft ihm zu wenig Mitleid mit den israelischen Opfern vor, wiederholt die Kritik des Oberrabbiners Lau, der sich gegen den Vorwurf des katholischen Kirchenoberhauptes wehrt, in Gaza werde Terror ausgeübt, und führt u.a. Pius XII. an, der auch schon zur Vermeidung des Falschen das Richtige nicht gesagt habe. Finger spricht von „wegrelativieren“ und tut so, als ob der Krieg zwischen Israelis und Palästinensern erst am 7. Oktober begonnen habe. Wer es nicht wagt, in der Geschichte weit zurückzugehen, kann auch nicht weit in die Zukunft schauen (Churchill). Wann diskutiert die ZEIT Lösungsmöglichkeiten des Konfliktes? Einseitigkeit ist wenig hilfreich.
Johannes Kettlack

Mein Gesamteindruck: Jetzt verpassen wir dem Papst, dem Vatikan und der katholischen Kirche wieder mal eine schallende Ohrfeige. Leider – wie immer wieder mal bei Ihnen, werte Frau Finger, – haarscharf an der Realität und der Historie vorbei, aber durchaus so im Konjunktiv, dass er durch Pressefreiheit und juristisch gedeckt ist.
1.Franciskus wird in unparteiischen Medien u. a. zitiert „Ich trauere im Herzen über die Opfer des 7. Oktober…“
2. Sie wissen, dass der Papst in den letzten Wochen schwer krank war und Termine absagen mussten. Deshalb konnten nicht unverzüglich Audienzen für Angehörige der Geiseln stattfinden, später schon!
3. Es ist aus der Mottenkiste hervorgeholt, wenn Sie suggerieren, der Papst stünde den arabischen Staaten näher als den Juden. Er leidet mit vielen Gläubigen, die in muslemischen Ländern maßlos unterdrückt und verfolgt werden. Sie betonen mehrfach, dass Jesus ein Jude war. Ja, das ist seit zweitausend Jahren bekannt! Und sollten Sie gelegentlich mal eine katholische Messe besuchen, würden Sie hören, dass man in den Gottesdienten regelmäßig aus der „jüdischen“ Bibel Texte liest!
4. Dass Sie immer noch den Hochhutschen Unsinn vom Antisemitismus Pius XII. ins Spiel bringen, obwohl durch viele Studien widerlegt und wissenschaftlich aufgearbeitet, kann man einfach nicht verstehen. Es passt eben einfach gut ins Bild! Sie kennen doch genau die Zusammenhänge zwischen Nationalsozialismus, Kirchenverfolgung im Dritten Reich und Schutz vieler Juden – auch im Vatikan – vor der Deportation. Was hätte eine diplomatische Offensive des Papstes bei den verbrecherischen Nazis zur Folge gehabt? Noch mehr Priester und Christen des Widerstands im KZ? Noch mehr Todesurteile? Wie viele Menschenleben hätte man gerettet und wie viele verwirkt? Übrigens haben sich die Alliierten am Ende des Zweiten Weltkrieges auch nicht gerade sehr judenfreundlich verhalten. Das kann man alles nachlesen! Der Antisemitismus ist schon lange aus den katholischen Genen extrahiert worden. Leider ist er global gesehen stärker denn je!
5. Der Krieg gegen die Hamas ist absolut gerechtfertigt. Die Methoden darf man wohl aber diskutieren und auch in Frage stelle: Ob Geiselbefreiung oder zivile Opfer, warum – so frage ich mich – ist ein arabischer Mensch immer nur einen Bruchteil eines jüdischen Lebens wert?
Die Hamas begeht Kriegsverbrechen (ausdrücklich ja!). Hat aber die israelische Regierung hat das Recht, hunderttausende Menschen in Elend und Tod zu stürzen? Ausdrücklich: Nein! Das hat nichts mit Antisemitismus zu tun! Es ist eine Frage der Humanität. Mit Entsetzen denke ich noch an das Ende des Zweiten Weltkrieges zurück, wo zig deutsche Städte voller Flüchtlinge dem Erdboden gleich gemacht wurden. War das human und deshalb verdient, weil das deutsche Volk lange dem Faschismus gefrönt hat? Ich glaube nein! Ein weiterer Vergleich mit dem Zweiten Weltkrieg drängt sich mir auf: Churchill hat Verhandlungen mit dem Deutschen Reich zur Beendigung des Krieges abgelehnt. Er hatte wohl historisch recht, wenn es um die Vernichtung des Nationalsozialismus ging. Aber musste man die Bombardements so intensiv fortsetzen oder spielten dabei auch andere Interessen eine Rolle? Diese Zusammenhänge verwischen und Paradoxien verschweigen, sind genau das, was heute die „Rechten“ stärkt. Sie meinen vielleicht, mit Ihrem Artikel etwas Positives zu bewirken. Ich glaube das nicht. Sie sollten mit Ihren Fingern auf die wahren Antisemiten und Demokratiefeinde zeigen, statt einen vatikanischen Diplomatenpopanz zu erschaffen. Nichts für ungut, einen angemessenen Jahreswechsel und im neuen Jahr etwas mehr Feingefühl!
Arnold Grolmus

Ich frage mich, wie innerlich abgestumpft man sein muss angesichts des tausendfachen Leids Unschuldiger, um den Papst wegen seines leidenschaftlichen Appells zum Ende des Blutvergießens zu kritisieren! Ja, es ist eine der wenigen Stimmen, die sich die Humanität bewahrt und auf die Fahnen geschrieben haben, und die NICHT unterscheiden beim Entsetzen über Tod und Zerstörung, auf welcher Seite man steht! Ein Menschenleben wiegt immer gleich wertvoll und seine Vernichtung gleich schwer- nicht zuletzt vor Gott! Diese Auffassung aber teilt die Autorin offensichtlich nicht, anders wäre ihr verstörender Kommentar nicht zu begreifen. Allein ihre Wortwahl für das seit Wochen andauernde Massenmorden (denn nichts anderes ist es, was über 15000 Zivilisten, Frauen, Kinder, bereits in den Tod gebombt hat!) als „Krieg der Armee Israels im Gazastreifen gegen die Terrororganisation Hamas“ verrät ihre Haltung, die zwar ganz im Einklang mit der offiziellen Berichtserstattung steht, die aber dennoch jegliches Mitgefühl angesichts des zehntausendfachen Grauens vermissen lässt. (Den stark ansteigenden Antisemitismus bei uns führe ich übrigens zu einem beträchtlichen Teil auf diese „verlogene“ Berichterstattung zurück, die immer mehr Menschen als solche erkennen und darauf reagieren) Als jahrzehntelanger ZEIT-Abonnent, und noch länger Mitglied der Katholischen Kirche, schäme ich mich für diesen Artikel.
Karl-Heinz Grau

Der Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche (rd. 1,4 Milliarden Katholiken und insgesamt 2,5 Milliarden Christen weltweit) hat eine große Wirkkraft oder eben auch nicht. Dem gegenüber hat der Islam rund 1,9 Milliarden Anhänger auf der Welt und macht seinen Einfluss immer radikaler geltend. Am Anfang seines Pontifikats hatte Pabst Franziskus einen Plan und klare Worte im Sinne des Namensgebers des Heiligen Franziskus von Assisis. Ein Leben in Armut nach dem Evangelium und dem Wissen, dass alle Geschöpfe gleich sind. Die Gepflogenheiten des Vatikans: Ein Leben in Prunk und Reichtum mit mittelalterlichen Riten hat letztendlich auch Pabst Franziskus eingeholt. Er wehrt sich zwar immer noch tapfer: Kein Umzug in den Apostolischen Palast. Er bewohnt weiterhin eine Zweizimmerwohnung in vatikanischen Gästehaus Sankt Marta und trägt auch keine roten Schuhe von Prada. Aber von diesen Äußerlichkeiten abgesehen ist der angedachte Umbau, die Modernisierung der katholischen Kirche und die Annäherung an die Gläubigen, auch und vor allem für die Frauen, durch die meisten Kardinäle der „alten Schule“ verhindert worden. In seinem Alter und bei dem erkennbaren Gesundheitszustand ist Papst Franziskus wohl nicht mehr in der Lage das Ruder fest in die Hand zu nehmen und einen echten Reformkurs anzusteuern.
Der Synodale Weg ist sehr weit entfernt. Hier liegt dann auch das Problem von Pabst Franziskus. Die Hamas klar zu verurteilen und den Juden in Israel den Rücken zu stärken. Aber auch die Regierung Israels zur Mäßigung im Krieg aufzurufen und humanitäre Hilfe für die Palästinenser im Gaza-Streifen und um einen Waffenstillstand zu bitten. Die neuesten Erkenntnisse über das Zurückhaltende Verhalten von Pabst Pius XII zu den Massenmorden an den Juden in der Zeit des sogenannten Dritten Reiches, trotz vieler Briefe und Hinweise seiner Diplomaten in Deutschland, seine Reaktion letztendlich unangemessen und falsch war. Deshalb sollte Pabst Franziskus dies zum Anlass nehmen seine Wortwahl zur Einmischung kritisch zu überdenken. In unserer heutigen Zeit ist die Unkenntnis über den Auslöser des Konfliktes durch einen barbarischen Terrorakt der Hamas und die Selbstverteidigung der Israelischen Armee nicht mehr möglich. Alles ist weltweit eins zu eins für jeden über die sogenannten sozialen Netzwerke und die tägliche Berichterstattung in allen Medien verfügbar. Gerade jetzt aber muss Pabst Franziskus fest, und jenseits der üblichen Diplomatie, an der Seite der Juden in Israel und überall in der Welt   stehen. In Schrift und Sprache. Trotz seiner Lungenkrankheit „Wortmächtig“. Alles andere wäre in jeder Weise unchristlich und gegen die Maximen der Bergpredigt. Von den Wertvorstellungen des Heiligen Franz von Assis und seinem Franziskanerorden ganz abgesehen.
Felix Bicker

Würde der Papst klare Wort wählen, müsste er sich auf die Seite der seit 100 Jahren Unterdrückten stellen. Der Staat Israel ist in seiner Existenz nicht (mehr) bedroht. Dazu ist sein Militär zu stark. Aber solange eine demokratische Gesellschaft in Israel durch Terror, Vertreibung und Enteignung expandiert und keinen souveränen, lebensfähigen palästinensischen Staat neben sich duldet, wird es für Juden in Israel keine Sicherheit geben. Daran ändert auch die Häme ihres Kollegen Martenstein nicht das geringste.
Wilfried Schollenberger

Die Anmerkung der Journalistin Evelyn Finger: „Palästinensische Zivilisten leiden, sie fühlen sich terrorisiert und verdienen das Mitleid des Papstes“ beschreibt leider nicht vollständig, was im Gaza-Streifen seit über 2 Monaten militärisch von Israels Streitkräften angerichtet wurde. Die Begründung ist von Seitens Israels immer dieselbe: Die logistische Basis der Hamas wie Tunnel und Waffendepots zu zerstören, um dadurch die dauernde terroristische Bedrohung für Israel zu beenden. Die immer als Kollateralschäden kleingeredete Nebenwirkung hat sich inzwischen zu einer vernichtenden Gefahr für die palästinensische Zivilbevölkerung ausgeweitet. Es sind seit Beginn der militärischen Angriffe Israels schon über 20000 Palästinenser durch die Bombardierung von Gaza-Stadt und dem südlichen Gaza-Streifen mit Chan Yunis getötet worden. Der Ratschlag der israelischen Militärs an die Palästinenser, sie sollten sich über vorgegebene Fluchtrouten vor Beschuss, Bombardierung oder gar der drohenden Vernichtung schützen kann man fast zynisch nennen. Denn sie können nur noch in Richtung Süden flüchten, wenn das eigene Stadtviertel und Wohnung schon in Schutt und Asche liegen und sie höchstens noch in überfüllten Auffanglagern Platz finden. Und selbst im Süden haben Israelis Angriffe zugenommen.
Man kann hier schon nicht mehr als Ursache das Hamas Massaker vom 7.Oktober und als Wirkung das militärische Vorgehen Israels im Gaza-Streifen gegenüberstellen. Das Israel die Hamas vernichten will ist nach den furchtbaren Ereignissen vom 7.Oktober auf Israels Boden legitim. Nicht zu akzeptieren ist Netanjahus Gleichgültigkeit gegenüber der stetig ansteigenden Zahl ziviler Opfer im Gaza-Streifen. Oder ist es gar politisches Kalkül? Ist es das dauernde, inzwischen durchsichtige Spiel des israelischen Premiers, eine Kultur des nie endenden Hasses zwischen Israelis und Palästinensern am Leben zu erhalten? Die entsprechende Reaktion der Hamas ist genauso pervers: Israel hat auf dem Land nichts zu suchen wo eigentlich beide Völker das gleiche Recht haben in einem eigenen Staat zu leben.  Die Autorin des Artikels vergleicht das zögerliche Verhalten des Papstes gegenüber den Israelis heute mit dem von Pius XII gegenüber der Judenvernichtung unter Hitler. Wenn das zuträfe, hätte die katholische Kirche seitdem nichts dazugelernt. Andererseits kann eine Weltkirche nicht die Opfer unter den Palästinensern ignorieren. Festzuhalten ist nur, dass die Vatikandiplomatie fast wirkungslos bleibt, wenn ihr Hauptzweck wieder nur der vermeintliche Schutz der Gläubigen in politisch-religiösen Spannungsgebieten ist und nicht die Versöhnung der großen Weltreligionen. Warum zeigt der Papst nicht einmal den Mut, die beiden anderen abrahamitischen Religionen Judentum und Islam zu bitten, ihren Regierungen einen religiös fundierten Kompromiss politisch in die Wege zu leiten. Juden, Christen wie Muslime müssen eigentlich in der Lage sein ihre religiösen Differenzen jetzt zu überwinden, um für die Menschen im Nahen Osten die ewige Fortsetzung der Kriege endlich zu stoppen.
Klaus Reisdorf


Leserbriefe zu „Über kapitalistische Kinderträume und den Neid der Erfolglosen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Dass gerade Herr Maschmeyer sein Geld nicht mit „Fleiß und guten Ideen“ verdient hat, hätte man vielleicht erwähnen können. Dann zeugt der „Exkurs“ von ungeheurer Ignoranz auf verschiedenen Gebieten und obendrein von Zynismus was noch schlimmer ist. Ich möchte außerdem anmerken, dass die so klug beobachtete Parallele zwischen Kapitalismuskritik und Antisemitismus sich darauf beschränkt, dass der Jude im antisemitischen Klischee „reicher Jude“ eben auch Kapitalist ist. Beides hängt nur für Antisemiten kausal zusammen, das ist der Unterschied. Ansonsten wäre die logische Konsequenz, dass man x nicht kritisieren kann, wenn auch Juden x sind oder tun ohne sich dem Vorwurf des Antisemitismus auszusetzen. Merkste selbst, ne? Im nächsten Absatz reproduziert Herr Martenstein sowohl das Klischee vom reichen Juden als auch das vom „faulen Araber“. Glückwunsch. Wie die Zeit so etwas drucken kann, ist mir schleierhaft.
Clemens Dieler

Es ist schon schwer nachzuvollziehen, wie man den Themenwechsel von einem Kinder- und Jugendbuch von Carsten Maschmeyer zu dem Konflikt im Gaza-Streifen hinbekommt. Offensichtlich muss Herr Martenstein seine pro-israelische Haltung nun zwingend in jedem Kommentar irgendwie unterbekommen, selbst wenn es nicht ansatzweise zum Thema passt. Pro-israelisch bedeutet dann nun für ihn auch die Diskriminierung der Araber, die offensichtlich zu blöd sind, einen funktionierenden Staat aufzubauen und zu betreiben und deshalb allesamt in „missratenen“ Staaten leben, was allein schon deshalb ihre Auslöschung rechtfertigt. Für die Darstellung der pro-israelischen Haltung ist also sogar die Diskriminierung einer ganzen Volksgruppe als „missraten“ gerechtfertigt. Ich habe bei meinen Besuchen Jordanien nicht als „missratenen“ Staat erleben dürfen und der Libanon – Beirut galt einmal als Paris des Ostens – ist erst von Israel zum „missratenen“ Staat zerbombt worden. Israel selber wird auch von eigenen Staatsangehörigen nach der jüngsten geplanten Justizreform nicht mehr als demokratischer Rechtsstaat empfunden und genügt jedenfalls nicht mehr unabhängigen Ansprüchen an einen Rechtsstaat.  Insgesamt fällt auch bei Herrn Martenstein auf, dass er nicht zwischen Israel und Antisemitismus differenzieren kann. In Deutschland wird Kritik an Israel nach wie vor als Antisemitismus empfunden, was bereits Helmut Schmidt in einem seiner Interviews vor gut 20 Jahren kritisiert hatte. Antisemitismus bezieht sich auf die Religion Judentum. Israel ist ein Staat und keine Religion. Das ist eigentlich leicht zu verstehen, wer Israel kritisiert, wie z.B. Frau Prof. Steinberger in Ihrem Artikel „Der Knoten“ in der Ausgabe vom 28. Dezember 2023 ist kein Antisemit. Diese verquere Logik Juden als Antisemiten zu bezeichnen, weil sie Israel kritisieren, gibt es meines Wissens auch nur in Deutschland. Tatsächlich leben die meisten Juden nicht einmal in Israel, sondern in den USA bzw. sind keine israelischen Staatsbürger, sondern Amerikaner, Franzosen etc. Nur wer grundsätzlich Juden für schlechtere Menschen hält, ist ein Antisemit, das hat aber keinen Bezug zu Israel. Wer grundsätzlich Araber für schlechtere Menschen hält, wie Herr Martenstein, ist jedenfalls ein Rassist – nicht mehr und nicht weniger. Das ist auch nicht mit sachlicher Kritik an arabischen Staaten zu verwechseln, die in vielen Fällen durchaus gerechtfertigt wäre; die Bezeichnung einer Vielzahl von arabischen Staaten als „missraten“ ist grenzüberschreitend und anmaßend. Das war daher auch das letzte Mal, dass ich seine Kolumne gelesen habe und wenn die im Zeit-Magazin bleibt, werde ich auch mein Abonnement der Zeit zügig kündigen. Eine Zeitung, die Schriften von Rassisten weiter verbreitet, werde ich jedenfalls nicht mehr lesen. Ich erwarte, dass sich Ihr Haus von dieser Äußerung distanziert.
Volker v. Moers

Vorab zu dem Lesen des Textes im ZEIT-MAGAZIN von Harald Martenstein „Über kapitalistische Kinderträume und den Neid der Erfolglosen“, erkenne ich scheinbar in der Illustration von Martin Fengel einen reichen Kapitalisten: der mit Mensch(en) spielt – vielleicht aus der vorersten RvM-Besichtigung ein zu vorschneller Augen-BLICK zum noch nicht gelesenen Artikel des Autors… Gleichwohl wird mir dann beim Lesen des Textes mehr als verdeutlicht: wie durch solch ein Büchlein von Carsten Maschmeyer (und dem ebenfalls erfahrenen Kapitalisten Axel Täubert) die Kinder manipuliert werden können, dieses so genannte „Jugend“-Büchlein „DIE START-UP GANG“ von dem kapitalistischen (Hai im Haifischbecken) Maschmeyer – den Sohn von Martenstein zum mitfahrenden Freund sagen läßt (und der Papa hört während des Autofahrens diese folgende Aussage seines Filius von den Rücksitzen): „Ich werde Unternehmer. Ich gründe eine Firma. Damit verdiene ich viel Geld. Nach ein paar Jahren verkaufe ich dann meine Firma für 1000 Milliarden. Was ich mit dem Geld mache, weiß ich noch nicht. Aber als Erstes kaufe ich einen Maserati.“
Und eigenartig: Harald Martenstein erkennt in seinem kleinen Exkurs quasi nota bene: „Mir fällt auf, dass Antikapitalismus und Antisemitismus recht oft im Doppelpack angeboten werden. Zwischen der Klischeefigur „reicher Jude“ und dem bösen Klischee-Kapitalisten gibt es Gemeinsamkeiten. Beide haben ihren Reichtum angeblich nicht durch Fleiß und gute Ideen verdient, was nach meiner Erfahrung häufig der Fall ist, sondern immer nur durch Ausbeutung und finstere Machenschaften. Beiden dürfen die weniger Erfolgreichen deshalb ihr Geld guten Gewissens wegnehmen…“ Eigentlich sollte doch Harald Martenstein endlich seine Camouflage längstens enttarnt haben, und letztgültig nun doch den Kapitalismus bzw. diesen Turbokapitalismus glaubhaftig zu vergöttern: das Neue Jahr 2024 wäre hierzu in diesem freudig aufgeführten kapitalistischen Epistel im ZEIT-MAGAZIN auch zudem ein Hurra und Bravo auf diesen doch windigen Carsten Maschmeyer (rückblickend: sein Verkauf der AWD im Jahre 2007) – wahrlich er ein einstiger Hai in dieser Branche (von der sich dann der Maschmeyer getrennt hatte…). Eher kleinlaut gibt Martenstein bekannt, dass Maschmeyer für seinen Sohn dann dieses Buch zur „Jugendverführung“ mit der Start-up-Gang: vom Autor sich habe signieren lassen – aber jetzt erst dies „veröffentliche“, damit vor dem Weihnachtsgeschäft es nicht so aussehen sollte, als ob er vom Maschmeyer (werbewirksam) dafür bezahlt worden wäre… Das ist schon sehr einfallslos – quasi „postchrismas“ nun doch zu dieser Werbemaßnahme zu greifen: und den Sohn hierbei vorzuschieben als jungen Konsumenten des Maschmeyer-Büchleins. Warum gerade diesen Spekulations-Hai als Vorbild für den Sohn darzustellen, sich zudem diese Start-up-„Fibel“ für Jugendliche, signieren zu lassen… Sollte solch ein Carsten Maschmeyer (namensübertragbar mit den Initialen CM zu: „Capitalistischen Machenschaften“) denn ein Vorbild für Jugendliche sein mit all den „Geschäftspraktiken“ eines geldgierigen Unternehmers – wobei die anderen Menschen dann in der Masse des Volkes doch immer nurmehr die „Unterlasser“ wären…
Mir kommt dieser Artikel von Martenstein doch sehr suspekt und wohl eher unbedachter (?) diskriminierend vor – zumal wie in Stein gemeißelt es dann textlich lautet: „Auf Erfolge aller Art reagieren die Erfolglosen manchmal mit Bewunderung, aber auch oft mit Neid oder sogar Hass.“ Im Klartext: Sind denn all die Revolutionen, die Versuche: sich der Unterdrückungen und Ausbeutungen zu entledigen, letztlich sinnlos gewesen: um dann durch Reiche, Superreiche, Oligarchen, Nomenklaturen uns als Volk ausbeuten und demütigen zu lassen… Wohin haben all die Revolutionen und Revolutiönchen geführt: dass wir nun als die „Sklaven der Moderne“, als jeweils ausgebeutetes Volk: uns ewig devot verhalten sollen und müssen – gegenüber diesen Machtinhabern des Kapitals und darin einverfangen die PolitikerInnen an den Nasenringen dieser Cliquen… Nein, Harald Martenstein: Ich will Ihnen keinen Ernesto Che Guevara an die Wand malen und auch keinen Mahatma Ghandi (um nur zwei Menschenbrüder im unterschiedlichen Bemessungswert) unterjubeln sowie jenen Jesus aus Nazareth in seiner Ursprünglichkeit als Mitempfindender für die Verlorenen, Armen und Gedemütigten (oder vielleicht sogar als Revoltierender im Untergrund gegen das Römische Imperium als Besatzungsmacht in Palästina – das der Provinz Syria zugeordnet war) – und sicherlich nicht diesen Martin Luther, den Hassprediger gegen die aufrührerische Bauernschaft jener Zeit, dieser propagandistische und schriftkundtuende mitbeteiligte Massenmörder (vielleicht auch in der Propaganda an den teuflischen Goebbels erinnernd) im Fürsten-und-Adelsverbund. Aber bleiben wir bei den heutigen Konsequenzen durch den Turbo-Kapitalismus: dessen Zerstörung der bewohnbaren Erde durch den hemmungslosen Verbrauch aller natürlichen Ressourcen, das sinnentleerte Auffordern und Einfordern von Produzieren und Verkaufen auf diesem Markt des ununterbrochen angefachten Habenwollens… Die kapitalistischen Industrieländer werden zu immer neuen Techniken vor-programmiert – die Länder (Nationen) der „Dritten Welt“ sind absolut abgehängt von dem rasanten sogenannten technischen Fortschritt, haben keine Aufholchancen zu diesem kapitalistischen System der enthemmten (und damit entmenschlichten) Zukunftslosigkeit… Welche späteren Generationen sollen denn aus dieser fortwährenden zerstörerischen Gegenwart noch ihre „Zukunft“ auffinden können… Die erkennbare Devise lautet doch eindeutig und dramatisch verächtlich: „Après nous le déluge“ („Nach uns die Sintflut“).
Vielleicht überschaut Harald Martenstein noch jene relative „Zukunft“ als Lebenszeit seines Sohnes in diesen kaputten kapitalistischen Verhältnissen – und glaubt daran, dass dieser Zeitraum noch irgendwie doch so weiterlaufen könnte – und selbst wenn dann der letzte Absatz zu Martensteins Eloquenz in seinem Artikel vielleicht doch eher seismographisch sinnierend gemeint sein könnte, wenn er väterlich-wunschbeglückt da von sich gibt: „Ich hoffe, dass mein kleiner Sohn seinen Traum eines Tages wahr macht, 600 Milliarden nach Steuern, ein paar kleine Tricks bei der Steuererklärung sind schon okay. Umso mehr kann er spenden. Er soll auf eigenen Füßen stehen und nicht sein Leben lang davon träumen, vom Geld der anderen zu leben. Ein Hoch auf die Starken, denn ohne die geht wenig auf der Welt.“ Ach, eloquenter Harald Martenstein: wie sehen Sie denn die Masse des Volkes, die absolute Mehrheit der vielen Millionen Lohnempfänger, die mit Stundenlohn bezahlten Menschen: die monatlich von diesem Geld und ihrer Maloche irgendwie über die Runden kommen müssen… Sind es diejenigen vielen Millionen „Sklaven der Moderne“: die ein Leben lang davon träumen, nicht mehr vom Geld anderer leben zu müssen…? Und dann noch Ihr „Ein Hoch auf die Starken“ – weil die anderen Millionen abhängigen Menschen ja doch nur Schwächeln in ihrem Schwachsein zu Ihren arroganten Unübersichtlichkeiten zu diesem Artikel… Es ist wahrlich kein literarisches Kunststückchen vom persönlichen Elfenbeinturm herab: sich zu echauffieren über die Unterlasser, und die Unternehmer hochzujubeln – ohne die (wie Sie es ZEIT-MAGAZIN-beamtet benennen:) „wenig geht in der Welt“. Hat dann vielleicht doch der Illustrator Martin Fengel in seiner Abbildung eher kontraproduktiv sich gegen Ihre Meinung quergestellt – oder ist das wiederum nur eine Vermutung des vielleicht insgesamt „irregeführten“ RvM-Leserbriefschreibers; und SIE meinen das textlich auch ganz anders als es vom RvM in die persönlichen Hirnzellen aufgenommen wurde… In diesem Fall gälte wiederum austauschbar: „Errare humanum est.“
Um zum Abschluss des Bedenkens Albert Einstein (1879-1955) zu zitieren: „Unbegrenzte Konkurrenz führt zu einer riesigen Verschwendung von Arbeit und zur Lähmung des sozialen Bewusstseins von Individuen. Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, diese Übel (des Kapitalismus) loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert.“ Und der Philosoph Ernst Bloch erkannte knapp und einprägsam: „Der Kapitalismus ist ungesund – sogar für Kapitalisten!“
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

Ihr Kommentar, was für eine Provokation! Mit solchen Wahrheiten, seien die auch noch so offensichtlich, springen Sie ja mitten in das rot-grüne Haifischbecken der ZEIT-Ideologen. Da passen Sie mal auf, dass Ihnen der hochbezahlte Chefideologe Bernd Ulrich nicht über den Weg läuft. Da wären Handgreiflichkeiten wohl nicht ausgeschlossen. Ich bin mal auf die Leserbriefe, bzw. deren selektive Auswahl, gespannt. Seit über 50jähriger Zeitleserschaft werde ich das Blatt wohl schweren Herzens verlassen. Zentralanzeiger jeglicher Couleur, erst recht aber subtil antisemitische, sind mir zuwider. Machen Sie bitte weiter, solange Sie noch dürfen.
Bernhard Jung

Man kann dem armen Kleinen nur wünschen, dass er nicht wird wie sein greiser Vater.
Sven Herfurth

Wie gut, dass der Sohn des Kolumnisten höchstwahrscheinlich schon bald dem infantilen Traum von den 1000 Milliarden Euro Vermögen entwachsen sein wird, dem sein offenbar rettungslos rückwärtsgewandter, selbstverliebter und absolut rücksichtsloser Vater anhängt (und sich dabei noch über die gemutmaßten steuerlichen Abzüge beschwert). Hoffentlich wird der Filius Umweltaktivist und klebt sich vor Maseratis auf die Straße. Ich frage mich allerdings, wie lange das ZEIT-Magazin diese immer gleichen reaktionären Ergüsse noch abdrucken will. „Ein Hoch auf die Starken, denn ohne sie geht wenig auf der Welt“? Und damit sind im Ernst die Maschmeyers und Multimilliardäre gemeint?! Selten habe ich in Ihrer Publikation so etwas Widerliches lesen müssen.
Thomas Movtchaniouk

Jetzt lässt Harald Martenstein die Katze endgültig aus dem Sack – sein (rechts-)libertärer Drall ist nicht länger zu übersehen. Heute lobt er gewitzte Unternehmerpersönlichkeiten wie Carsten Maschmeyer, morgen wird er uns – seine weitere Radikalisierung vorausgesetzt – womöglich den argentinischen Präsidenten Javier Milei, einen bekennenden Anarchokapitalisten und nihilistischen Staatsverächter, als nachahmenswertes politisches Vorbild präsentieren.
Rüdiger Paul

Ich bin ein eifriger Leser Ihrer Kolumne im Zeit Magazin. Oft schon war ich beeindruckt von Ihren Texten, die feinsinnig und humorvoll einfangen, was im Kleinen und Großen Dasein so vor sich geht. Leider las ich Ihre in den letzten Wochen erschienenen Kolumnen aber auch mit großem Befremden und Irritationen. In Ihrer aktuellen Kolumne schreiben Sie ausgehend von Lebensträumen Ihres Sohnes über Kapitalismus. Der Text ist für mich sehr problematisch. Einerseits läuft Ihre Kapitalismussicht in dem Text darauf hinaus, dass es gut ist, schwerreich zu sein, vom Geld anderer zu leben, bei der Steuer zu tricksen und finanziell mächtig zu sein. „Ein Hoch auf die Starken“, wer ist das Ihrer Meinung nach? Gates, Musk, Vorstandsvorsitzende, Fußballstars? Es tut mir leid, aber wenn Sie deren Erfolg für mustergültig und pädagogisch wertvoll halten, dann bin ich raus. Kann man wirklich den liberalen unkontrollierten Finanzkapitalismus, der eines der Grundübel unserer Zeit ist, kritiklos loben? Ich kann da auch keine Ironie bei Ihnen erkennen. Sie bringen auch die absolut berechtigte Kritik an diesem Kapitalismus in Verbindung mit Antisemitismus. Die „Klischeefigur » reicher Jude «“ dabei mit „bösen Klischee-Kapitalisten“ zu vergleichen, hinkt einfach. Denn Musk, Gates, Neymar und Co. sind durchaus fleißig und sie haben bahnbrechende Ideen, das steht nicht öffentlich zur Diskussion. Deren „Reich Sein“ ist doch etwas ganz anderes als das „Reich Sein“ von Juden zur NS-Zeit, das von den Nazis bösartig und verleumderisch verdreht wurde. Was öffentlich an den Superreichen kritisiert wird, ist der Fakt, dass in unserem System Massen an Kapital an nur wenige Menschen gebunden ist, diese dadurch zu großer Macht gelangen und sie letztere nicht im Sinne der Umwelt, sondern ausbeuterisch und renditenorientiert einsetzen.
Ihr Vergleich führt dann sogar so weit, dass Sie behaupten, dass Israels westlich orientierter Kapitalismus aus dem Land ein starkes Land macht. Vielleicht ja, aber Sie diskreditieren dann mit einem Wisch die muslimischen Nachbarländer Israels als „missratene“ Staaten. Das ist eine sehr arrogant anmutende Sicht auf deren Systeme. Mag sein, dass aus unserer Perspektive heraus in diesen Ländern einiges schiefläuft. Aber vor dem Krieg noch haben wir auch Netanjahus Politik als nicht glücklich in westlichen Medien dargestellt gesehen. Außerdem ist die Bezeichnung „missraten“ sehr herabwürdigend. Als friedfertiger Muslim eines solchen Landes würde es mich verletzen, wenn man von meinem Land als einem „missratenen“ spricht. Eine sehr pauschalisierende Sicht befremdete mich kürzlich auch in Ihrer Kolumne über die Aktionen der ‚Letzten Generation‘. Auch da bewerten Sie sehr pauschal und würdigen die Aktionen dieser Gruppe als wertlos und einfach nur nervig herab. Angesichts der Hilflosigkeit der Politik und der Brisanz der Weltlage mangelt es meiner Meinung nach hier an Differenzierung. Vielleicht finden Sie die Zeit mir kurz zu antworten, worüber ich mich sehr freuen würde. Ansonsten alles Gute weiterhin und auf weitere (streitbare :) ) Kolumnen, vielen Dank.
Frank Genkinger


Leserbriefe zu „Der große Knoten“ von Maximilian Probst

Vielen Dank für den Beitrag von Maximilian Probst, der zur Entwirrung des Knotens Entscheidendes beiträgt. Auf der einen Seite müssen wir uns mit komplizierten Hintergründen (zum Beispiel des Nahostkonflikts) möglichst genau vertraut machen. Auf der anderen Seite gibt es eine einfache Erkenntnis: Gegen den Klimawandel hilft nur das Zusammenstehen aller Nationen, damit wir nicht alle miteinander untergehen. „Einfach“, und doch die größte Herausforderung. Nicht wieder Nigeria ausbeuten für ein bisschen grünen Wasserstoff in Deutschland! Wir brauchen echte Win-win-Verträge!
Claudia Stursberg

Der Kolonialismus wurde ermöglicht durch die technisch-wissenschaftliche Überlegenheit der Europäer etwa ab der Erfindung des Buchdrucks um 1450 n.Chr. Dadurch konnten sie „die Welt erobern“ und sich mit ihren Waffen überall durchsetzen. Sie trafen auf im Vergleich unterentwickelte Gesellschaften, denen sie ihren Willen aufzwingen konnten. Die einzige Möglichkeit selbst Macht auszuüben ist technisch-wissenschaftlich gleich zu ziehen oder besser zu sein. Japan und Südkorea waren die ersten Nicht-Europäer, die nachfolgten und gleichzogen. Derzeit wird „der Westen“ stark von China herausgefordert und muss aufpassen seine Macht und Wohlstand nicht zu verlieren. Der Postkolonialismus will die Realitäten nicht sehen und verliert sich in moralischen Debatten, die den Menschen nur wenig helfen. Im Übrigen verkauft der globale Süden seine Schätze nicht billig, siehe Öl aus Arabien, Eisenerz aus Brasilien usw. Die Bevölkerungsexplosion im globalen Süden ist ohne die „westlichen“ Fortschritte auf dem Gebiet der Medizin ebenfalls nicht zu erklären.
Ernst Lothar Helwig

Ein überragender Artikel, der tatsächlich hilft, den Knoten zu entwirren. Er rehabilitiert Greta Thunberg, gibt ihr ihre Würde zurück, ohne ihrer einseitigen Interpretation des Nahostkonflikts zu folgen. Er verteidigt den Postkolonialismus, dessen Ruf als Folge der Vereinnahmung durch radikale propalästinensische Aktivisten arg lädiert ist. Er führt zusammen, was zusammengehört – Klimakrise und koloniale Ausbeutung. Schließlich lässt er mit Adenike Oladosu eine Stimme des Globalen Südens zu Wort kommen, die mit der Metapher vom Bumerang eine gern ignorierte Wahrheit ausspricht.
Rüdiger Paul

Es ist notwendig, Postkolonialismus und Klimawandel zusammenzudenken, um als Menschheit überhaupt überleben zu können und die noch weitgehend unentdeckten Pfade zum Ziel einer dekarbonisierten Zukunft zu finden. Es geht um Wege, die dann alle mitgehen können und wollen. Es darf nicht sein, dass die Menschheit aufgeteilt bleibt in den einen Teil, der komfortabel in abgesicherten Erbhöfen mit hochwertigen Lebenschancen lebt und jenen Teil, der auf der Suche nach elementaren Lebenschancen flüchten muss und in der Erfahrung lebt, immer vor verschlossenen Türen zu stehen. Es darf nicht sein, dass der Kolonialismus in einer scheinbar harmlosen grünen Variante fortgesetzt wird. Die feudalistischen Gewinnmaximierungs-Erbhöfe haben ihre Kreditwürdigkeit gegenüber der Natur und dem in prekären Verhältnissen lebenden Teilen der Menschheit verloren. Der Klimawandel muss wohl als die letzte Chance verstanden werden, obszöne Ungerechtigkeiten weltweit abzubauen und endlich das Teilen zu erlernen.
Reinhard Koine

Infame Ausführungen, nachdem infolge des 7.10.2023 überdeutlich geworden ist, dass Postkolonialismus und Antirassismus nichts anderes als die Installation des Hasses auf Israel und den Westen i. A. im Herzen des Westens selbst sind, wie der Wokeismus Todeskulte (Alain Finkielkraut) und ohne weiteres anschlussfähig für den Islamismus. Ich rufe in Erinnerung, was Josef Joffe erst im Juni in der „Zeit“ zum Thema „Postkolonialismus“ zu sagen hatte, als er darauf hinwies, dass der postkoloniale Diskurs die Universalität des Bösen systematisch ausblendet und das Kind der westlichen Zivilisation mit dem postkolonialen Badewasser ausschüttet. Gut, dass Harald Martenstein in derselben Ausgabe den moralischen Kompass nicht verloren hat, wenn er darauf hinweist, dass sich die Klischees vom reichen Juden und vom Kapitalisten erschreckend ähneln und dass Antikapitalismus und Antisemitismus oft im Doppelpakt angeboten werden. Das gilt erst recht für den Postkolonialismus.
Marcel Haldenwang

Auch die Verklärung indigener Volksgruppen als „geborene Natur- und Klimaschützer“, wie Frau Steinberger sie betreibt, ist letztlich wenig hilfreich. Die Vorfahren der Aborigines waren maßgeblich an der Ausrottung der australischen Megafauna beteiligt – jeder tut halt, was er kann, und „Umweltschutz“ kann auch ein reines Folgeprodukt der Machtlosigkeit sein. Wir brauchen allgemeinverbindliche, supranationale Regeln. Was sich verändert hat, ist nicht so sehr das Innere des Menschen, sondern das Ausmaß der Krisen. Neuerdings ist der Versuch, ein Machtgefälle aufrechtzuerhalten, mit erheblichen negativen Folgen auch für die vermeintlich Mächtigen verknüpft. Doch diese Zusammenhänge liegen weit jenseits herkömmlicher Denkmuster, alle „Bündnisse mit Afrika“ sind letztlich alte Weine in neuen Schläuchen.
Christian Voll

Ganz emotionslos: Es ist das Niveau einer Phantasie. Mag der Klimawandel auch zu einem großen Teil menschengemacht sein, eines ist sicher! Es gibt noch nicht den geringsten Beleg dafür, dass die Menschheit damit aufhört, nicht in Deutschland und schon gar nicht global. Reine Phantasie! Und welche Rolle soll hier welcher Kolonialismus spielen. Und wo gehören in diesem Zusammenhang China, Indien und Russland hin? Und selbst wenn man den Begriff „Postkolonialismus“ nicht für einen Hirnriss hält, es wird das Phantastische nur noch mehr Gaga. Und zu glauben, die Weltwanderbewegungen hätten in Umweltfragen ihren Grund und nicht in Überbevölkerung, Arbeitslosigkeit, fehlendem Rechtsstaat usw., ist Gaga. Und ein neuer Universalismus auf der Basis von „Erkenntnis“, die sich global durchsetzt?  Der alte Universalismus westlicher Werte wird gerade beerdigt und er hatte seine Basis in Erfahrungen und absoluter Dominanz des Westens und gewiss nicht in gemeinsamer Erkenntnis der Menschheit. Manche behaupten, wir würden uns schon im 3. Weltkrieg befinden. Dafür gibt es jedenfalls Hinweise. „Der große Knoten“ ist dagegen reine Phantasie und eher ein Bericht von menschlichen Seelenzuständen. Vielleicht lässt sich daraus ein Roman machen? Dann aber mit viel Sex und Emotionen, wenn er sich verkaufen soll.
Fred Klemm


Leserbriefe zu „Sollen wir alle zurück ins Büro?“ Streit von Wolfgang Grupp und Carsten Maschmeyer, moderiert von Mark Schieritz und Stefan Schirmer

Was bitte ist der Erkenntnisgewinn, wenn ein ewig gestriger Firmenpatriarch und ein Wirtschaftsjunkie über dieses Thema schwadronieren? Da könnten Sie auch gleich noch Uli Hoeneß und Clemens Tönnies über Veganismus debattieren lassen. Ernsthaft: Wer denkt sich sowas aus?! Das maximal BILD-Niveau.
Doris Fiebig

In der Diskussion „Sollen wir alle zurück ins Büro“ vermisse ich die Auseinandersetzung mit den gesellschaftspolitischen Auswirkungen davon, Homeoffice zu propagieren: Einerseits können das Handwerk, das produzierendes Gewerbe, Pflegeberufe, Erzieher:innen und viele andere vor Ort benötigte Berufe schwerlich im Homeoffice ausgeübt werden. Die Darstellung von Heimarbeit als einem neuen erstrebenswerten Normal macht diese Berufe für die junge Generation zunehmend unattraktiv, obwohl sie für unsere zukünftige Gesellschaft äußerst wichtig sind und in vielen Bereichen jetzt schon unter Nachwuchsmangel leiden. Das ist ganz sicher nicht erstrebenswert. Andererseits verstärkt mehr Homeoffice wahrscheinlich zusätzlich, dass sich das Phänomen der digitalen Blasenbildung auf das reale Leben abbildet, und begünstigt damit unter Umständen sogar politische Radikalisierung. Viele Mitbürger:innen setzen sich im Wesentlichen am Arbeitsplatz (unvermeidbar) mit anderen Ansichten, Perspektiven und Kulturen auseinander. Zufällige Gespräche beim Mittagessen oder in der Kaffeeküche tragen sicherlich nicht nur zur Kreativität in einem Unternehmen bei, sondern fördern auch einen gesunden demokratischen Diskurs. In der Tat: Beachtet die Anfänge!
Guido Dietz

Im Grunde haben Grupp und Maschmeyer die gesellschaftlich dringliche Frage nach der CO2 Thematik erst am Ende nur marginal thematisiert: Maschmeyer meinte, heute müsse man aufgrund Videocalls, kein „…CO2 für Anreise verplempern“. Aus dieser Perspektive wird die Seychellenreise nicht besprochen. Im Hause Grupp kam das Seychellen Thema nicht zum Tragen. Insofern hält Trigema die Emissionen durch Flugverkehr gering. Fazit: Maschmeyer sollte dieses gewichtigere Seychellen Thema nicht als rein privat ansehen und Grupp wünsche ich ein langes Leben.
Klaus Wolfbeisz

Vorbemerkung: These Homeoffice gefährdet die Arbeitnehmerrechte und ist ein Rückschritt in der Arbeitswelt. Nehmen Sie den Komplex wie in einem Unternehmen die Arbeit organisiert ist. Es ist klar geregelt, wann die Arbeit zu erfolgen hat und wann die gesetzlichen Arbeitspausen bei einem 8 Stunden Arbeitstag zu erfolgen hat. Sie sind also arbeitsrechtlich total abgesichert bei wem Arbeitsunfall in der Arbeitszeit bzw. Pausenzeit. Wenn Sie im Homeoffice arbeiten, sind die Übergänge fließend zwischen Arbeitszeit und Pausenzeit. Nun haben Sie einen Arbeitsunfall im Homeoffice. Für diesen Fall gibt es keine Regelungen im Gegensatz zu Arbeitsunfällen in Unternehmen. Wie wird ein Arbeitsunfall im Homeoffice dokumentiert. Dieser Sachverhalt ist nicht im Homeofficegesetz geregelt.
Kai Nebe Kiel

Hat „DIE ZEIT“ jetzt auch eine Satire-Seite im Angebot? Nur so kann ich den Streit zwischen den geschätzten Unternehmern Grupp und Maschmeyer einordnen. Das Thema Home-Office ist doch längst durch. Fragen Sie einfach mal die jüngeren Unternehmens-Chefinnen und -Chefs. Es geht schon längst nicht mehr ums Ja oder Nein, sondern darum, wie man die Remote-Arbeit organisiert und koordiniert. Ich freue mich auf ein echtes Streit-Thema in der nächsten ZEIT und wünsche Ihnen ein gutes und erfolgreiches Neues Jahr. Vielen Dank für die vielen guten Seiten in diesem Jahr.
Thomas Meichle

Boah, ey, reicht es nicht, dass Herr Martenstein bzw. eher sein Sohn im ZEITmagazin den Drückerkolonnenchef Maschmeyer glorifiziert? Muss man ihm im Hauptteil auch noch ein Forum bieten? Diesem Typen möchte ich weder analog noch digital begegnen. Wenn er dann auch noch von „Wertschätzung“ und „Vertrauen“ blubbert, wird mir übel. Aber Sie wissen ja mittlerweile, dass Maschmeyer mich total triggert.
Thomas Manthey


Leserbriefe zu „Ich habe einen Traum –“ diverse Autoren

Welche Koinzidenz, dass der Ehrenbürger Europas, Jacques Delors, am gleichen (zweiten Weihnachts-) Tag vollendet wurde wie der große Europäer Wolfgang Schäuble; die Ehrenbürgerwürde hätte Schäuble gewiss auch verdient gehabt. In meinen Augen sind es diese fünf Pole im Sinne einer dialektischen Einheit, die Wolfgang Schäuble als Vorbild für jeden Mächtigen unserer Weltenfamilie herausheben und die bereits einzeln rar gesät sind: Treue als Familienvater bis zum Tod, messerscharf geschulter Verstand bar jeder Ideologie – Ertragen von Leid inklusive -, ein gerüttelt Maß an Leidenschaft für Musik und Kunst und Kultur, ein brennendes Herz für die parlamentarische Demokratie und für ein geeintes Europa und für eine solidarische „Eine Welt“, uneingeschränkte Loyalität und aufopferndes Pflichtbewusstsein in der privaten und politischen Berufung. Sein Rollstuhlplatz in der letzten Reihe unseres Parlaments als Mandatsträger nach mehr als einem halben Jahrhundert ist ein ikonographisches Vor-Bild für jedes Schul- und Lehrbuch über Parlamentarismus und Demokratie und Verantwortungsgefühl, ein Gegen-Bild wider Ideologie, Machtmissbrauch und horizontale Schismen. Der angeordnete Staatsakt ist eine Selbstverständlichkeit.
Peter Pypelinx

Soso, Michael Peterson, der Vorstand der DB Fernverkehr AG, träumt von der Zukunft der Bahn und von „bequemen Schlafkabinen“? Bei allen Träumereien hat man scheinbar schon vergessen, dass es eben jener Fernverkehr war, der erst 2016 seine gesamten CityNight-Line Schlaf- und Liegewagen über Nacht eingestellt hat und damit riesige Löcher in das Nachtzugnetz Mitteleuropas gerissen hat. Die damals erst 2003 gebauten DB-Schlafwagen lässt nun die ÖBB durchs Land rollen. Und die von der DB vor 2016 entwickelte „Mini-Cabin“ findet sich jetzt in den neuen Liegewagen des ÖBB-NightJet. Es ist das übliche Spiel: Man nimmt der zahlenden Kundschaft erst Sachen weg, die man dann Jahre später vollmundig (vielleicht) wieder einführt, erforderlichenfalls garniert mit einer Bonuszahlung für innovative Ideen.
Martin Pavlík

Das haben Sie nun davon mit Ihren vorfabrizierten Ausgaben zum Jahreswechsel: Schäuble ist zwar rechtzeitig, für die nächste Ausgabe passend, gestorben, aber wegen Ihrer wohl vorfabrizierten Ausgaben konnte sein erfolgreiches Ableben wohl nicht mehr ins Blatt gehievt werden. Ich habe Ihnen bereits vor Jahren vorgeschlagen, auf die beiden um den Jahreswechsel erscheinenden Ausgaben zu verzichten, die Mannschaft in den Urlaub zu schicken, und dann im Neuen Jahr lieber mit frischer journalistischer Ware aufzuwarten. Dann hätte es Schäuble zwar auch nicht aktuell ins Blatt geschafft, aber Ihnen wäre diese Peinlichkeit erspart geblieben. Aber, und das ist das Positive daran: ich kann bereits vorab meinen Senf dazugeben, sozusagen als antizipierenden Leserbrief, nämlich zu dem Thema, was macht einen lumpenreinen (sic!) sprich: lupenreinen Demokraten wie Schäuble aus: Ein Parlamentsmandat über eine politische Partei erringen und es niemals mehr abgeben, nicht aufhören bis zum letzten Atemzug. Stets eine Aktentasche mit ausreichend Volumen mit sich führen zur Aufnahme der am Wegesrand gereichten illegalen Parteispenden und Schmiergelder, gerne auch von Waffenhändlern. Seinen Nachwuchs samt angeheiratetem Anhang gut unterbringen, nämlich z. B. im Funktionärsrang im – demokratischen – öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Minderbegabte erhalten eine Chance in der eigenen Partei. So kann ich nur hoffen, dass er als Grabbeigabe – seit jeher üblich bei Potentaten und anderen Hochgestellten – seinen Aktenkoffer erhält, auf dass er auch im Jenseits nichts entbehren möge.
Wolfgang Hub

Zwei Seiten kleiner Glanzlichter journalistischer Laien und (Halb)Profis! Am bewegendsten die Zuversicht und der Ruf zur Versöhnung einer israelischen Mutter, deren Sohn in Geiselhaft von Terroristen ist. Sie versinkt nicht in Hass und Trauer, sondern kämpft für ein Miteinander verfeindeter Menschen! Aufrüttelnd und doch optimistisch die Träume der indigenen brasilianischen Abgeordneten und Eckhart von Hirschhausens („Sumsi mit Po“)! Dass Schäuble posthum zu Wort kommt: welch Glücksfall für die Redaktion! Sein Vermächtnis, klug zu handeln – vielleicht lesen es ja unsere obersten Ampelmänner? Sie könnten damit die Lethargie und die weitere Spaltung unseres Volkes beenden! Ob sie dazu überhaupt in der Lage sind? Eher traue ich beherztes Handeln Malu Dreyer zu (s. a. Seite 2), deren chronische Krankheit ihren Blick geschärft hat für das Wichtige und weniger Wichtige in Politik und Leben! Sie könnte Kanzler!
Ulrich Pietsch

Eine Vertreterin der „Letzten Generation“ träumt davon, im Alter ein Gespräch mit ihrer Enkelin zu führen. Und wieder einmal heißt es: Finde den Fehler! Und damit meine ich nicht (nur) die Bezeichnung „Letzte Generation“.
Thomas Manthey

Leute, ich habe keinen Traum! Ich bin Inder, Migrant, alt und führe ein gesättigtes Wohlstandsleben. Wie kann ich da Träume haben? Mein Land hat mir bis vor einigen Jahren Hoffnung gegeben, Träume zu haben. Aber heute? Das Land schwimmt im Sumpf der Korruption. Bürokratie und Vetternwirtschaft durchlöchern den Fortschritt. Die größten Stücke des Wachstumskuchens werden gnadenlos von den winzig kleinen oberen Schichten gefressen. Mit fast 8 % Wirtschaftswachstum über Jahre hat mein Land immer noch 300 Millionen Hungernde. Indien hat die höchste Pro-Kopf-Rate der Milliardäre. Fanatismus, Frauendiskriminierung und religiöse Intoleranz drohen die „größte Demokratie der Welt“ zu erwürgen. Die neueste Gruppenvergewaltigung in einem Bus in Neu-Delhi zeigt, zu welchen Niederungen Menschen im Kulturland Indien gesunken sind. Kann ich als Inder noch Träume haben? Nein, Leute, nein! Ich gehöre zu den fast 100 Millionen Menschen dieser Welt, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Heimat verlassen haben und anderswo als Migranten leben. Ich bin weder hier noch dort zu Hause. Ich habe keine Heimat. Ich bin immer gespalten, immer unterwegs, immer auf der Suche nach irgendetwas. Meine Andersartigkeit erzeugt Misstrauen und Distanz. Man betrachtet mich als Eindringling: Ich bin da, um den Einheimischen ihren Lebensraum zu rauben, ihnen ihren Besitz wegzunehmen. Ich gehöre nicht zu ihnen, obwohl ich hier länger als manche von ihnen lebe. Ich habe nur noch das Gefühl von Nostalgie, in meinem Herzen hat sich Heimweh eingenistet. Es gibt keinen Platz mehr dort für Träume!
Wenn ich ein junger Migrant mit Talent und Begabung und dazu noch ein bisschen Abenteuerlust wäre, könnte ich vielleicht große Träume haben. Aber ich bin jetzt alt, entleert und habe ausgedient. Ein altes Kleidungsstück! Meine Kinder sind alle im Stress. Sie stehen unter ständig steigendem Leistungsdruck. Sie haben keine Zeit, mit mir zu plaudern, alte Geschichten von mir zu hören. Und meine Frau? Sie ist immer unterwegs – im Supermarkt, in der Kirche, bei Freunden oder auf Reisen. Sie will auch was vom Leben haben. Und ich sitze hier am Fenster und schaue auf die Stelle, auf der früher Bäume standen und Kinder unbekümmert spielten und wo heute Betonhäuser emporsteigen und Autos rasen. Nein, nein, nein … Ich will nicht mehr träumen, ich will nur hier ungestört sitzen und in die Leere schauen! Seit 50 Jahren lebe ich hier in dieser Überflussgesellschaft. Ich besitze doppelt so viel wie das, was ich tatsächlich zum Leben brauche. Mein Kühlschrank und meine Gefriertruhe sind zum Platzen gefüllt. Ich esse im Jahr, wie die anderen, fast 60 Kilo Fleisch, davon Schweinefleisch alleine 50 Kilo. Meine Weine kommen aus Frankreich, mein Whisky aus Schottland, meine Bananen aus Ecuador und meine Kleidung aus Indien oder China. Ich habe Autos, Versicherungen, Fernseher, Computer, Handys, iPad, iPhone – alles, was ein Wohlstandsmensch heute braucht. Trotzdem denke ich an die Millionen Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika, die unter starkem Klimawandel leiden, an die 800 Millionen Menschen, die immer noch weltweit in Armut leben, an die Vielzahl von Opfern zunehmender Gewalt in der heutigen Welt! Wo ist die Gerechtigkeit, über die man pausenlos redet? Die Politiker und Wirtschaftsexperten plädieren für Wachstum, Wachstum und noch mehr Wachstum. Wofür? Um Müll und Abfall zu produzieren, um den Bedürftigen die knappen Ressourcen wegzunehmen, um das Öko-System kaputt zu machen, um neue Waffen zu entwickeln? Nein, Leute, nein! Ich habe keinen Traum … mehr.
Jose Punnamparambil


Leserbriefe zu „Was ist Morgen?“ von Wolfgang Uchatius

„Wie können Wissenschaftler das Klima der nächsten dreißig, vierzig oder gar achtzig Jahre vorausberechnen, wenn sie nicht einmal in der Lage sind, das Wetter der nächsten drei, vier oder gar acht Tage vorherzusagen?“ Diese Frage analysiert Wolfgang Uchatius meisterhaft.  Die Lesezeit von 27 Minuten (Angabe aus der Online-Ausgabe) schreckt dann aber viele davon ab, diesen kenntnisreichen Artikel zur Geschichte der faktenbasierten Wissenschaft zu lesen. Gerade die oben zitierte Frage wird gern von populistische Politiker:innen als Beleg für die Richtigkeit eines Bauchgefühls genommen. Man müsste ihnen offen entgegentreten und sagen: „Schaltet euer Gehirn an. Informiert euch über die Fakten, bevor ihr den Mund aufmacht!“ Doch ihnen Dummheit vorzuwerfen, verstehen sie nicht, gerade weil sie dumm sind. Und das ist beim Wahlvolk nicht anders – die Sympathie für rechte Ideologien steigt überall erschreckend an. Und ein Trump lässt grüßen.
Martin Ketels

Vielen Dank für dieses interessante Dossier. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung hat in vielen Bereichen die Wahrsager abgelöst. Es ist aber nicht zufällig, dass das Glücksspiel der Auslöser dafür war. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung wird immer dann sinnvoll benutzt, wenn die Faktoren, die ein Ereignis beeinflussen unbekannt oder nur unzulänglich bekannt sind. Das betrifft vor allem Vorhersagen für eintretende Unglücke und Katastrophen, bei denen die Anzahl der beeinflussenden Faktoren zu zahlreich und damit die Kalkulation von Ereignissen zu komplex wird. Je mehr man aber über Faktoren und Kausalzusammenhänge weiß, desto sicherer lässt sich ein eintreffendes Ereignis vorhersagen. Auch dann lässt sich natürlich die Wahrscheinlichkeit berechnen, würde sich aber von einem kleinen Wert zu einem hohen Wert verschieben und damit die Relevanz des Ereignisses und den Umgang damit wesentlich verändern. Wenn zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit für den Absturz eines Flugzeuges bei 0,01 Promille liegt, haben wir beim Buchen eines Fluges ein sicheres Gefühl und machen uns kaum Sorgen. Sollten aber Faktoren bekannt werden, die den Flug unsicherer machen, wie zum Beispiel die schlechte Ausbildung von Piloten oder ein miserabler technischer Zustand des Flugzeuges, so mag die Absturzwahrscheinlichkeit bei 0,1 Promille liegen. Sollte der Pilot bekannte suizidale Absichten haben, so erhöht sie sich vielleicht auf 90 Prozent. Niemand würde dann mitfliegen.
Beim Weltklima ist es ähnlich. Lange war die Rolle des CO2 nicht bekannt oder wurde negiert. Je mehr die Wissenschaftler über den kausalen Einfluss von CO2 und anderen Gasen in der Atmosphäre auf die Temperatur derselben herausgefunden haben, desto sicherer sind die Vorhersagen für den globalen Temperaturanstieg. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für einen weiteren Anstieg bei ungebremstem Verbrennen der unterirdischen und irdischen Urwälder sich von einem kleinen zu einem hohen Wert verschiebt. Wenn also die Wahrscheinlichkeit für einen Temperaturanstieg von 3 Grad in 100 Jahren bei 90% liegt, sollte man denken, dass niemand so weitermachen würde. Leider ist die Menschheit ohne kollektive Intelligenz ausgestattet, wenn es um die Berücksichtigung der globalen unerwünschten Ereignisse geht, wenn also aus dem pessimistischen Szenario ein mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwartendes realistisches Szenario wird. Da benehmen wir uns eher wie Russels Hühner, nach dem Motto „ist schon immer gut gegangen“.
Heinrich Hülsheger

Herzlichen Dank für Ihren unterhaltsamen Artikel. Ich darf hinzufügen, dass sich die Grenze der Vorhersagbarkeit physikalischer Gesetze anschaulich an einem ein- und einem zweiarmigen Pendel erkennen lässt. Während sich Ort und Zeit bei einem einarmigen Pendel durch seine gleichförmige Bewegung sehr einfach vorhersagen lässt, zeigt ein zweiarmiges Pendel sehr schnell ein chaotisches Verhalten, das sich jeder Vorhersagbarkeit entzieht. Kleinste Veränderungen in den Ausgangsbedingungen führen sehr schnell zu einem vollständig nicht kalkulierbaren anderen Verlauf. Ich wünsche ein gutes Neues Jahr und hoffe auf weitere interessante Artikel.
Till Borchert

Garniert mit einem treffenden Cartoon warnte Hubert Markl, der damalige Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in der ZEIT 50/1987, also schon Jahrzehnte vor Anthony Fauci: „… sei daran erinnert, wie schnell gewisse Viren sich verändern und ausbreiten. Alles spricht dafür, dass wir künftig unser Wissen und Können werden aufbringen müssen, um mit der Gegenevolution zurechtzukommen“.
Lothar Braun

Wer die Qualität eines Klimamodells mit den „Daten vor 50 Jahren“ prüfen will, braucht zuerst diese Daten in guter Qualität! Bis zum Jahr 1975 war mindestens die Hälfte aller Energiebilanzen weltweit entweder gefälscht (Ostblock) oder statistisch dürftig bis miserabel. Da es auch nicht nur auf CO2-Emissionen (neben CH4, N2O, Fluorgasen) ankommt, sondern auch auf weltweit gut erhaltene „Senken“ wie Wälder, Moore, Seegraswiesen etc. könnte auch deren damals fehlende Erfassung durch heute funktionierende Satelliten bedacht werden; ebenso die damals nur halb so große Erdbevölkerung mit geringerem „Umpflügen der Erde“ – auf der CoP 7 im Jahre 2001 in Marrakesch höflich als „changed land use“ bezeichnet. Was Herrn Uhlig und seinen Freunden passierte, wird nicht mit „Statistik und Normalverteilungen“ erfasst, sondern mit der Theorie „stochastischer Prozesse“ (mit dem Spezialfall „Poisson“ einer exponentiell verteilten Wartezeit für das Eintreffen eines Ereignisses): Damit lassen sich Eintreffen „blöder Wetterlagen“ (Prozess A) und dann Verweildauer (jetzt neuer Prozess BA) für erneuerbare Energieträger wie Windkraft modellieren: Mal viel, mal fast gar nichts! Dies ist spannend, da es real so passiert und auch riskant werden kann!
Wolfgang Ströbele

Ihr Dossier ist sehr aufschlussreich, zeigt es doch, wie sehr sich die Physik von ihren Ursprüngen entfernt hat. Anstatt Gesetze der Natur zu entdecken, ist sie bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung gelandet und muss Unschärfe in ihren Ergebnissen akzeptieren. Das ist aber nicht die einzige Einschränkung, die wissenschaftlich bewiesen ist. Eine viel grundsätzlichere Problematik aller Vorhersagen liegt in der Tatsache, dass die Natur Chaos ist, dem der Mensch Ordnung entgegensetzen möchte. Auf die Chaostheorie gehen Sie jedoch leider nicht ein.
Die Natur ist eine perfekte göttliche Schöpfung, so meinten nicht nur Philosophen, sondern auch die Völker des „Buches“ (Juden, Christen und Moslems). So suchten sie nach ihren Gesetzen und erfanden die Mathematik. Sie begannen zu zählen und zu zeichnen und erstellten immer kompliziertere und komplexe Gedankengebäude von der Zahl Null bis zu Unendlich und geometrische Darstellungsmöglichkeiten von der Fläche über den multidimensionalen Raum bis zu Kreis-Geometrien. Dabei stellten sie fest, dass Axiomen-Systeme die Grundlage waren, also Voraus-Setzungen oder Annahmen. Diese Systeme ermöglichten, großartige Bauwerke (Kathedralen, Pyramiden, Brücken…) herzustellen, aber keinen Baum und keine Blume. Vor allem scheiterte der Versuch, einen göttlichen Plan des Schöpfers in der Natur herauszufinden. Die Physiker mussten erkennen, dass ihre sogenannten Gesetze nur unter bestimmten Voraussetzungen in begrenztem Rahmen gelten. An die Stelle von allgemeingültigen Gesetzen traten Wahrscheinlichkeiten. Selbst Konstanten verloren ihre Natürlichkeit, weil sie sich als abhängig von Veränderungen der Umwelt herausstellten. Ein Beispiel ist das Maß für einen Meter. Jeder Versuch, die Länge festzulegen, also zu eichen, war abhängig vom Instrument und von den äußeren Bedingungen. Zum Beispiel ist das Material des Ur-Meters temperaturabhängig. Aber die Länge muss auch anhand einer Bezugs-Größe definiert werden: 1795 wurde sie als der zehnmillionste Teil der Entfernung vom Nordpol über Paris zum Äquator festgelegt. Später hatte man genauere Instrumente, die einen etwas größeren Wert maßen. Mit immer feineren Methoden wurde die Ungenauigkeit verringert, aber selbst die neueste Definition von 1975 bleibt eine Schätzung mit (minimaler) Ungenauigkeit: „Der Meter wurde dadurch definiert als diejenige Strecke, die das Licht im Vakuum innerhalb des Zeitintervalls von 1/299 792 458 Sekunden durchläuft.“
Der Abschied von „Natur“-Gesetzen führte zur Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie, die allerdings gezwungen ist, die natürlichen Gegebenheiten auf wenige Faktoren zu beschränken, um Prognosen für die zukünftige Entwicklung zu berechnen. Lange Zeit bestand die Annahme, kleine Ursachen hätten kleine Wirkungen und große Ursachen große Wirkungen. Die Chaos-Theorie lieferte den mathematischen Beweis, dass diese Annahme falsch ist. Sie wurde anhand von Wetter-Berechnungen entwickelt. Es liegt nicht an der Messgenauigkeit, dass die Vorhersagen selbst für die nächste Stunde falsch sein können. Es liegt daran, dass für ein chaotisches System wie das Wetter nur Wahrscheinlichkeiten errechnet werden können. Deshalb sind Wetterprognosen mehr oder weniger zutreffend. Die Natur hält sich an keine menschlichen Gesetze. Das gilt auch für die menschliche Natur. Selbst der autoritärste Staat kann kollabieren, wie wir am Beispiel der UDSSR erlebt haben. Gesetze sind menschengemachte Setzungen, Gebote und Verbote, zur Kontrolle der Natur, die jedoch chaotisch bleibt. Es braucht nur einer der vielen Faktoren, die das Biosystem der Erde beeinflussen, aus dem Ruder zu geraten, und schon können die Folgen unermesslich sein, also nicht zu messen mit einem unserer Geräte. Das muss nicht der CO²-Gehalt in der Luft sein. Ein winziges Virus stellte unlängst plötzlich alle moderne Wissenschaft auf den Kopf und machte die Gesetzgeber zu Scharlatanen, die keine Ahnung hatten. So viel wusste übrigens schon Hosea in der Bibel: „Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“
Gerd Stange


Leserbriefe zu „Komplett überbucht“ von Thomas Melzer

Wieder einmal eine Täter-Opfer-Umkehr? Es sind doch Fluggesellschaften, die in der Hoffnung auf überforderte Kunden ihren Pflichten, die sich aus parlamentarisch verabschiedeten Gesetzen ergeben, nicht oder nur zögerlich nachkommen. Diejenigen die den Mut und die Zeit haben und die den Weg kennen, nehmen die Justiz zu Recht in Anspruch. Die damit Überforderten verzichten resigniert. Das kalkulieren diese Fluggesellschaften genau – und belasten parasitär unser Rechtssystem und damit auch den Steuerzahler. Ein solches Verhalten, was sich auch in anderen Branchen durchzusetzen droht, sollte nicht nur durch die Prozesskostenübernahme, sondern auch mit Strafen sanktioniert werden. Ob die beschlossenen Gesetze angemessen sind, kann man dann natürlich auch überprüfen und sie anpassen. Aber dann vom Parlament.
Uwe-Carsten Edeler

Fluggäste stehen vergeblich am Gate und kommen nicht mit. Die Koffer sind vielleicht schon im Flugzeug. Na eben, über den Wolken ist alles möglich. Schluss damit, reist mit der Deutschen Bahn und nicht mit den Kerosinstinkern.
Hans-Emil Schuster

Nicht komplett überbucht, sondern komplett daneben. Plattformen wie Flightright existieren doch wohl nur deswegen, weil es in der Vergangenheit so gut wie unmöglich war, Schadensersatz in direkter Kommunikation mit einer Airline durchzusetzen. Diese Plattformen sind Kinder der Zahlungsmoral der Fluglinien, und wenn diese Kinder jetzt volljährig werden, kann ich nur wuenschen: Happy Birthday und weiter so!
Roland Gredel

Die Flugpassagiere lassen laut Artikel also die Richter:innen verzweifeln. Ein spannendes Framing. Das Wahrnehmen der eigenen Rechte ist das Problem? Dabei wird auch angedeutet, warum die Portale, derer sich die Passagiere bedienen, so beliebt sind: Weil die Fluggesellschaften derart unzuverlässig zahlen, dass es Zahlungs(un)willigkeitsplatzierungen gibt. Auch Jahre, nachdem Passagiere die Entschädigungsrechte gesetzlich bekommen haben, ist die anstandslose Zahlung bei begründeter Forderung nicht der Normalfall. Dort liegt viel eher das Problem, als darin, dass es Portale den Betroffenen erleichtern, zu ihrem Recht zu kommen. Ich hatte selbst mal das Vergnügen, einen Anspruch – über 11 Stunden Ankunftsverspätung – geltend machen zu dürfen. Das hat mich neun Monate Korrespondenz mit der Airline zzgl. natürlich der entsprechenden Recherche von Urteilen usw. gekostet. Es wurde erst nach einem frischen Urteil gegen dieselbe Airline-Gruppe in einem exakt vergleichbaren Fall gezählt. Und auch erst, nachdem ich selbst dieses Urteil recherchiert und darauf verwiesen hatte. Bei der Bahn gibt es ein Standardformular und innerhalb von maximal einem Monat hat man normalerweise seine Entschädigung erhalten. Passagiere, die ihr Recht einfordern, sind nicht das Problem.
André Fromme


Leserbriefe zu „Kriegsmüde Freunde“ von Ulrich Ladurner et al.

Was ist mit https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2F%2Fwww.u24.gov.de%2F&data=05%7C02%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C02735c41f05a43ebbedb08dc0b031a2d%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C0%7C0%7C638397355493115507%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C41000%7C%7C%7C&sdata=xisjT97AYnF7DgPKuko9RwwJXSR4jKakDf61N3c81hg%3D&reserved=0? Handelt es sich um eine unseriöse Spendenplattform? Immer wieder weisen zahlreiche Prominente aus Wissenschaft und Politik darauf hin, dass wir mehr für die Ukraine tun müssen, um unsere Freiheit zu sichern. Siehe ZEIT ONLINE am 14. Dezember 2023, 8:23 Uhr. Gleichzeitig mehren sich Zeichen, dass die westliche Unterstützung bröckelt. Wäre es in diesem Zusammenhang nicht eine gute Idee, deutlich und möglichst wiederholt auf die Spendenplattform UNITED24 (https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=http%3A%2F%2Fwww.u24.gov.ua%2F&data=05%7C02%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C02735c41f05a43ebbedb08dc0b031a2d%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C0%7C0%7C638397355493115507%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C41000%7C%7C%7C&sdata=z69sMnjtrxB7GV1XgtAdP9RPwdbgRB3yj80pkeB4WzQ%3D&reserved=0) hinzuweisen? Damit könnte man der einzelnen Bürgerin und dem einzelnen Bürger der Bundesrepublik Deutschland (oder noch besser der Europäischen Union) einen Weg aufzeigen, wie jede/jeder, die/der ausreichenden Verstand besitzt, um die Reichweite der Problematik zu erkennen, ihren/seinen persönlichen Beitrag zur Abwendung der Katastrophe leisten kann.
Warum findet das keine Erwähnung? Ist der Versuch, an einzelmenschliche Hilfe im großen Maßstab zu appellieren, aussichtslos? Was sind Ihre Bedenken? Ich verstehe es nicht. General a.D. Erhard Bühler spricht im Podcast von verpassten Chancen. Wird hier nicht eine weitere Gelegenheit verschenkt? Es gibt viele dumme, träge, selbstsüchtige Menschen in unseren Gesellschaften. Aber es gibt auch viele verständige und hilfsbereite. Dazu gibt es viele, für die eine regelmäßige Spende keinen besonderen Verzicht bedeuten würden. Und dann sind da noch die, die aus Einsicht sogar verzichtsbereit sind. Man muss sie aufmerksam machen und ihnen eine einfache Möglichkeit eröffnen. Wäre das nicht eine lohnende Aufgabe für Ihre Zeitung und andere mit Ihnen verbundene Medien?
Wenn man Zahlenspiele beginnt, wenn die willigen regelmäßig monatlich zwischen 10 und 100 Euro gäben, dann kämen bemerkenswerte Beträge zur Unterstützung der Ukraine zusammen. Nebenbei würde Präsident Putin signalisiert, dass nicht alle in unseren Gesellschaften so dekadent sind, wie er annimmt, dass er mit Widerstand zu rechnen hat. Alles nur unrealistische Träumerei? Versuchen. Wer es nicht versucht, hat von Anfang an verloren.
Peter Franke

Trump ist bei allen strategischen Gedankenspielen der eigentliche Elefant im Raum. Sollte er ins Weiße Haus einziehen, ist mit allem zu rechnen bis hin zu einem Diktatfrieden des gepeinigten Volkes. Vielleicht auch Putins Kalkül. Und ob dann sein Appetit befriedigt ist, müssten die Europäer ausbaden. Prophylaxe wäre folglich schon heute geboten, doch die politische Energie konzentriert sich lieber auf Nebenkriegsschauplätze wie das Heizungsgesetz und Bürgergeld.  Balten und Polen kennen ihren östlichen Nachbarn besser und sehen keinen nostalgisch anmutenden „Wandel durch Annäherung“ wie noch immer manche in der SPD. Solange Putin an der Macht ist, ist der Friede brüchig. Das muss die Maxime politischen Handelns sein.
Christoph Schönberger

Mit Bestürzen lese ich heute, dass die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Putins Russland im neuen Jahr nachzulassen droht. Die Europäische Union will mit einer Million Schuss Artilleriemunition helfen aber die Rüstungsindustrie Europas kann nur 300.000 Schuss liefern. Gleichzeitig kann die US-Regierung den Republikanern die vorgesehenen 61 Milliarden nicht abtrotzen. Von Lieferengpässen ist aber dort nicht die Rede. Da sollte es doch möglich sein, die fehlenden 700.000 Schuss Munition in den USA zu beschaffen.
Alfred Zimmermann

Wenn wir so zögerlich weitermachen, kann sich Überfallskriegsverbrecher Putin über einen Sieg freuen, der dazu führen wird, sich auch noch Westeuropa untertan zu machen. Wie soll die Ukraine sich halten oder gar siegen, wenn Bundeskanzler Scholz der Ukraine immer noch weitreichende Waffen verweigert, um den Nachschub der Russen zu unterbinden? Nichthandeln ist auch Handeln und kostet täglich unschuldige Opfer. Lernen wir immer noch nicht aus der Geschichte der Diktatoren? Es wiederholt sich die Geschichte alle 50 bis 100 Jahre, weil einer denkt, er müsse in die Geschichte eingehen: Solange sie mit Landraub, Auslöschung und Umsiedlung „erfolgreich“ sind, müssen sie weitermachen. Schließlich haben sie das Volk durch den Aufbau von Feindbildern hinter sich gebracht, statt Probleme zu lösen. Stoppte denn Hitler nach der Eroberung des Sudetenlandes? Nein, weitermachen nach einem ersten Erfolg ist Kriegslogik. Die große Frage ist nun, ob sich Demokratien auf Dauer gegen Diktatoren wehren, sofern sie nicht unmittelbar selbst betroffen sind. Demokratische Führer verteilen lieber Wohltaten; um wieder gewählt zu werden. Eine Zeitenwende anzukündigen ist billiges Wortgetöse, aber zukunftsgerichtetes Handeln fordert uns alle, das muss endlich klar sein! Soll denn Putin „ein bisschen“ siegen? Gnade uns Gott! Und der Kanzler sitzt auf effektiven Abwehrwaffen und schweigt.
Rolf Schiller


Leserbriefe zu „Ich finde Rauchen blöd“. Gespräch mit Torsten Albig geführt von Max Hägler und Charlotte Parnack

Als niedergelassener Facharzt für Pneumologie und als Suchtmediziner bin ich jeden Tag mit den gesundheitlichen Folgen des Rauchens (und auch des Dampfens) im Allgemeinen, insbesondere aber an der Lunge (insbesondere COPD und Lungenkrebs) konfrontiert und möchte mich zu Ihrem Interview „Ich finde Rauchen blöd“ mit Herrn Torsten Albig, der eine wundersame Wandlung vom Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein zum Cheflobbyisten der Tabakindustrie durchlaufen hat und die von ihm in dem Interview geäußerten aber deswegen weiterhin nicht aufrichtigen oder korrekten Argumente der Tabakindustrie kritisch äußern. Ich möchte aus meiner ärztlichen Sicht und aufgrund meiner persönlichen Aktivität im Bereich der Tabakentwöhnung untenstehenden Punkten aus dem Interview entgegentreten. Zuvor jedoch ein paar Fakten zum Hauptprodukt der Tabakindustrie, der konventionellen Tabakzigarette:
• Rauchen ist ursächlich für zahlreiche Erkrankungen, insbesondere Herz-Kreislauf-, Lungen- und Krebserkrankungen.
• Bereits der Rauch einer Zigarette pro Tag bedingt ca. 40 – 60 % des Ekzessrisikos für koronare Herzerkrankung und Schlaganfall eines Rauchers von 20 Zig/d.
• 1/3 aller Krebserkrankungen wäre ohne das Rauchen vermeidbar.
• In Deutschland sterben, nach Schätzung der Bundesregierung, jährlich ca. 127.000 Menschen an den Folgen rauchbedingter Erkrankungen, das sind knapp 350 rauchbedingte Todesfälle pro Tag.
• 50 % der Raucher sterben an rauchbedingten Erkrankungen.
• 50 % der Raucher sterben vor dem 70. Lebensjahr.
• 20 % aller Todesfälle sind rauchbedingt.
• Jährlich entstehen direkte Kosten von 30 Mrd. € und indirekte Kosten von 67 Mrd. € durch das Rauchen.
• Demgegenüber stehen Steuereinnahmen durch die Tabaksteuer von nur 14,7 Mrd €.
• Die Gewinne der fünf größten globalen Tabakkonzerne belaufen sich auf 21,5 Mrd € pro Jahr.
• Ca. 4,5 Billionen Zigarettenstummel (von 6 Bill. weltweit gerauchten) landen nicht im Müll, sondern in der Umwelt. Diese enthalten u. a. noch ca. 1,1 t Arsen, welches rechnerisch ca. 5,5 Mio. töten könnte.
• 80 % des Anbaus von Rohtabak findet in Entwicklungs- und Schwellenländern statt und führt dort zu Umweltproblemen, Pestizidbelastung, Bodenerosion, Verlust von Biodiversität und Erkrankungen bei Tabakbauern und ihren Familien einschließlich deren Kindern, die häufig bei der Pflege und Ernte der Pflanzen helfen müssen.
• Die Raucherquote in Deutschland bei > 14jährigen beträgt ca. 34 % (ca. 24 Mio Raucher:innen), die Raucherquote ist über die letzten drei Jahre wieder leicht gestiegen, auch unter Jugendlichen.
• Ein spontanes Aufhören ohne Unterstützung gelingt nur in 3 – 7 % der Fälle.
• Deutschland ist auf dem viertletzten Platz in einem europäischen Vergleich zur Tabakkontrollpolitik.
• In Deutschland werden, im Vergleich zu anderen Ländern, die Kosten für die Therapie von abhängigen Rauchern nicht erstattet (§ 20 SGB V und § 34 SGB V). Auch eine psychotherapeutische Unterstützung ist, im Vergleich zu anderen Abhängigkeiten, gesetzlich nicht vorgesehen.
• Weniger als 0,05 % der Raucher nahmen in den vergangenen Jahren an sogenannten Präventionskursen zur Tabakentwöhnung teil.
• Fazit: Die Tabakindustrie produziert, bewirbt und verkauft ein Produkt, das bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Erkrankungen und vorzeitiges Sterben auslöst, umweltbelastend ist und hohen wirtschaftlichen Schaden bedingt.
Nun zu den Punkten von Herrn Albig:
1. Lobbyisten laufen mit Geldkoffern herum und schmieren Menschen. Die Einflussnahme der Tabakindustrie auf politische Entscheidungsträger findet überwiegend durch regelmäßige Treffen und Gespräche statt. Jeder Kontakt zu Beamten oder Mandatsträgern im Regierungsapparat bietet die Möglichkeit, die Botschaften der Tabakindustrie (ob wahr, halb-wahr oder unwahr sei offengelassen) zu platzieren und somit politische Entscheidungen auf allen Ebenen (Länder, Bund, EU) im Sinne der Unternehmen zu beeinflussen. Deutschland hat sich in der Vergangenheit auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene als Verhinderer und Blockierer oder zumindest Verzögerer von effektiven Maßnahmen zur Tabakkontrolle und zum Nichtraucherschutz gezeigt – eine Strategie, die voll zu Lasten der Gesundheit und von Lebensjahren von aktiven Rauchern und passivrauch ausgesetzten Menschen geht. Geldkoffer sind dafür gar nicht notwendig. Darüber hinaus fließen dennoch direkt Gelder seitens der Tabakindustrie an die Politik z. B. in Form von Spenden an Parteien oder in Form von Sponsoring von Parteitagen, Parteiveranstaltungen oder Veranstaltungen von parteinahen Organisationen, welche häufig jedoch nicht in den Rechenschaftsberichten der Parteien auftauchen. Herr Albig stellt dar, dass sein Unternehmen für mehr als 1/3 der gesamten Tabaksteuereinnahmen von knapp 15 Mrd. Euro zuständig sei, aus medizinischer und aus sozioökönomischer Sicht wäre Philip Morris dann aber auch im Umkehrschluss mit dem Verkauf seiner Produkte, für die dann Tabaksteuer anfällt, für mehr 1/3 der Erkrankungen, der Sterbefälle und der direkten und indirekten sozioökonomischen Kosten (s. Fakten zu Beginn) zuständig.
2. Weniger Schadstoffe in den neuen Produkten. Unter den sogenannten „neuen Produkten“ werden hier sowohl Produkte, bei denen Tabak erhitzt wird (Tabakerhitzer), als auch elektronische Geräte, bei denen eine nikotinhaltige Flüssigkeit verdampft wird (E-Zigaretten) subsumiert, deren Konsum insbesondere unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen über die letzten Jahre in Deutschland beträchtlich zugenommen hat. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kommt in seinen Untersuchungen zu Tabakerhitzern zu dem Schluss, dass krebserzeugende Substanzen zwar reduziert seien, betont aber, dass die Ableitung tatsächlicher Risiken schwierig ist, „da bereits niedrige Dosen Krebs auslösen könnten und synergistische Effekte denkbar sind“. Das genaue Maß einer Risikominderung kann auch das BfR nicht benennen. Eine Risikominderung auf das Niveau eines Nichtrauchers wird nur durch eine vollständige Tabakkarenz erzielt. In den Untersuchungen zu E-Zigaretten veröffentlicht das BfR, dass E-Zigaretten „alles andere als harmlos“ sind. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass sich im Dampf von E- Zigaretten neben dem enthaltenen Nikotin, welches ein Nervengift und eine abhängigkeitsauslösende Substanz ist, auch zelltötende (zytotoxische), entzündungsfördernde (proinflammatorische), die DNA verändernde (mutagene) und krebsauslösende (karzinogene) Substanzen finden lassen – bedingt durch die zugegebenen Stoffe (Verdampfungsmittel Propylenglykol oder Glycerin und Geschmacksstoffe), sowie die bei der Erhitzung entstehenden Stoffe (u. a. Metalle Nickel und Cobalt (bedingt durch die Heizspirale), Arsen, Nitrosamine, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Aldehyde (u. a. Formaldehyd) oder reaktive Cabonylverbindungen). Untersuchungen zu Organveränderungen oder Gesundheitsschäden bei langfristigem Inhalieren des Dampfes von E-Zigaretten existieren aktuell nicht. Zudem muss bedacht werden, dass die meisten Dampfer einen „dual use“ betreiben, also den synchronen Gebrauch von konventionellen Tabakzigaretten mit den sogenannten „neuen Produkten“. Eine reduzierte Anzahl gefundener schädlicher Substanzen darf nicht unreflektiert mit einem weniger schädlichen Produkt gleichgesetzt werden und „weniger schädlich“ schon gar nicht mit unschädlich.
Was ein (vollständiger) Umstieg aller Raucher auf die sogenannten „neuen Produkte“ im Sinne der zitierten „Volksgesundheit“ bedeuten würde, kann aktuell nicht adäquat abgeschätzt werden. Weniger Gefahrstoffe zu konsumieren bedeutet, immer noch Gefahrstoffe zu konsumieren. Dagegen sind die gesundheitlich positiven Effekte des Verzichts auf das Rauchen wissenschaftlich klar beschrieben. Daher kann es nur das Ziel von Medizin und Politik sein, Menschen dazu zu bewegen ganz auf das Rauchen zu verzichten und nicht „etwa weniger von Schädlich“ zu konsumieren. Eine klare Warnung, eine Deklaration der Inhalts- und Verdampfungsstoffe und deren potenzielle gesundheitliche Schädigung ist auf den sogenannten „neuen Produkten“ genauso wenig zu finden wie bisher auf den Verpackungen konventioneller Tabakzigaretten. Das Marketing für die sogenannten „neuen Produkte“ wird durch die Tabakindustrie mit Slogans wie „Weniger schädlich“ oder „Gesünderes Rauchen“ in die Öffentlichkeit getragen. Es reiht sich ein in Marketingstrategien „light“, „mit Filter“, „unbehandelter Tabak“ für konventionelle Tabakprodukte. Mit diesen Strategien wurde bereits in der Vergangenheit das Ziel verfolgt, ein Produkt, welches bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zahlreiche Erkrankungen auslöst und im Durchschnitt mindestens 10 Jahre an Leben kostet, gesund zu „waschen“ (health washing).
3. Menschen konsumieren seit Jahrtausenden Nikotin. Dies möchte suggerieren, dass das Nikotin zum menschlichen Leben dazu gehöre und es immer ein bestimmtes Quantum an Menschen gebe (bzw. laut der Konnotation schon seit Jahrtausenden gegeben habe), die Nikotin konsumieren „möchten“. Menschliches Leben existiert seit ca. 200.000 Jahren, die Wissenschaft datiert die Entwicklung der Tabakpflanze auf vor ca. 10.000 Jahren und erst vor 500 Jahren erreichte die Tabakpflanze dann Europa und erfuhr mit dem Beginn der industriellen Produktion von Zigaretten vor ca. 140 Jahren erst eine massenhafte Verbreitung. Sollte ein Probierkonsum noch mit einer Art freien Entscheidung einhergehen, zeigen mindestens 50 – 60 % der Raucher die Merkmale einer Tabakabhängigkeit, also einer Suchterkrankung nach internationalen Klassifizierungssystemen. Bei Suchterkrankungen halte ich generell es für zynisch, von einer „freien Entscheidung“ zu sprechen. Eine „stabile“ Raucherquote in Deutschland ist kein naturgegebenes Phänomen, wie es suggeriert wird, sondern Ausdruck des Politikversagens im Bereich der Tabakkontrolle und der Tabakentwöhnung. Weil Deutschland keinen bundesweit einheitlichen und umfassenden Nichtraucherschutz besitzt, weil die Nichtraucherschutzgesetze der Länder flickenhaft sind, weil die Tabaksteuern nur gering erhöht werden, es immer noch Verkaufsautomaten, Verkaufsflächen an Supermarktkassen, 24/7-Verkauf an Tankstellen und Werbung für Tabakprodukte gibt und im Bereich der Entwöhnung die Kosten für Verhaltens- oder medikamentöse Therapie weiterhin auch für abhängige oder bereits an rauchbedingten Erkrankungen Erkrankte nicht erstattet werden, ist die Raucherquote relativ konstant und steigt über die letzten 3 Jahre wieder an. Länder, in denen effektive Maßnahmen zur Tabakkontrolle umgesetzt werden, zeigen einen dadurch bedingten deutlichen Rückgang der Raucherzahlen und deutlich niedrigere Raucherquoten. Dass Deutschland hier weiterhin eines der Schlusslichter in Europa ist, ist bereits als großer Erfolg der Arbeit von Lobbyisten der Tabakindustrie einzustufen, ein trauriger Erfolg aus Sicht meiner Patienten.
Ein Umstieg von konventionellen Tabakzigaretten auf Tabakerhitzer oder E-Zigaretten ist aus Sicht der Pneumologie kein sinnvoller Schritt, da die Produkte weiterhin in die Atemwege und die Lungen inhaliert werden und die Lunge auf die Substanzen im Dampf mit einer Abwehr- sprich Entzündungsreaktion reagiert. So wenig wie wir Menschen Nikotin seit Jahrtausenden konsumieren möchten, so sehr sind die Lungen von Mutter Natur aus nur dazu vorgesehen, (saubere) Luft in unseren Körper und verbrauchte Luft aus unserem Körper heraus zu bringen. Was würde Herr Albig auf die Frage antworten, ob er es gerne sehen würde, wenn seine Kinder die neuen Produkte, mit all ihren zytotoxischen, proinflammatorischen, mutagenen und kanzerogenen Substanzen, konsumieren würden? Er selbst hat sich ja auch, aus vermutlich guten Gründen, zeitlebens gegen das Rauchen entschieden.
4. Jugendliche und Rauchprodukte. Der Jugendschutz beim Rauchen und Dampfen versagt vollständig. Das mittlere Raucheinstiegsalter liegt weiterhin zwischen 14 und 16 Jahren. In dieser Altersgruppe entstehen die stabilen Raucherzahlen des jungen und späteren Erwachsenenalters durch Ausbildung starker verhaltensbezogener Gewohnheiten und durch Ausbildung einer Tabakabhängigkeit. Raucher werden im wahrsten Sinne des Wortes durch das Produkt selbst „bei der Stange“ gehalten. Auf den bei der überwiegenden Zahl der Konsumenten stattfindenden „dual use“ bin ich bereits weiter oben eingegangen. Von einem „Verdrängen“ der konventionellen Tabakzigarette bei Jugendlichen kann also schlichtweg keine Rede sein, vielmehr droht auch z. B. mit den Einmal-E-Zigaretten – neben ihrer ökologischen Brisanz durch das Wegwerfen von Akkus – eher der Beginn einer Dampf-Epidemie unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen, wie sie z. B. in den USA bereits eingetreten ist. Das Rauchen von E-Zigaretten im Jugendalter geht mit einer fast dreifach erhöhten Wahrscheinlichkeit einher, später konventionelle Tabakzigaretten zu rauchen. Als sind die sogenannten „neuen Produkte“ mit ihrer poppigen Aufmachung, den leckeren Geschmacksstoffen, dem Marketingslogan „gesünder“ und der unlimitierten Verfügbarkeit im Netz ideale Vehikel für die Tabakindustrie, zukünftige Nutzer für alle Produktreihen heranzuziehen. Dass dafür die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auch noch „werben“ sollte, ist aus meiner Sicht eine unverfrorene und zynische Forderung Herrn Albigs.
5. Rauchen ist eine „freie Entscheidung“ des Einzelnen. Das Credo der „freien Entscheidung“ ist schon lange ein gern genutztes Pseudoargument der Tabakindustrie, selbst wenn mit dem „frei“ entschiedenen Verhalten „bestimmte Risiken verbunden sind“. Ein Argument was im Übrigen auch auf Seite der Politik von Einzelnen immer wieder gerne aufgegriffen wird. Grundsätzlich kann natürlich jeder Mensch sein Verhalten frei entscheiden. Kaum ein Mensch würde jedoch, zumindest nicht weit über einen Probierkonsum hinaus, den Verbrennungsrauch eines nikotinfreien, aus Pflanzenfasern bestehenden und abzubrennenden Produktes mehrmals täglich inhalieren. Menschen rauchen, weil das im Rauch enthaltene Nikotin eine relativ starke Tabakabhängigkeit auslöst, gleichsam für sie positive Effekte im Gehirn erzeugt und Entzugssymptome, die durch den relativ raschen Abbau des Nikotins im Gehirn entstehen, lindert und „weil ihnen das Aufhören so unangenehm erscheint“ (ein Zitat übrigens von Philip Morris). Dauerhaftes Rauchen hat nichts einer freien Willensentscheidung zu tun, sondern ist ein Abhängigkeitsproblem. Dies zu bagatellisieren ist wohl ein wichtiges Teilgebiet des Lobbyismus. Aber auf Seiten der Raucher möchte nur eine Minderheit von rund 10 % das Rauchen fortsetzen, 90 % sind mit dem eigenen Verhalten unzufrieden und möchten aufhören oder reduzieren.
6. Wechsel eines führenden Politikers zur Tabakindustrie. Für mich als Facharzt für Pneumologie gibt es einen klaren ethischen Codex, der eine Zusammenarbeit oder finanzielle Verbindungen mit der Tabakindustrie und der E- Zigarettenindustrie ausschließt. Leider gibt es diesen ethischen Codex offensichtlich nicht für allzu viele andere Berufsgruppen. Herr Albig schreibt, er würde nicht für ein Unternehmen arbeiten, das „nur“ darauf ausgerichtet ist, Schaden zu erzeugen. Hier sei mir die Rückfrage an Herrn Albig gestattet, welches der Produkte seines Unternehmens denn aus seiner Sicht wirklich (nachgewiesen) unschädlich ist, also keinen Schaden anrichtet? Steht er zu seinem Wort, wenn er diese Frage nicht wirklich beantworten kann? Natürlich wurde Herr Albig von Philip Morris nicht wegen seiner Performance als Zigarettenverkäufer am Kieler Bahnhof verpflichtet, sondern wegen seiner tiefen Kenntnis des Politikbetriebes, seiner persönlichen Connections, seiner Fähigkeit der Industrie die Türen zu Beamten und Mandatsträgern und damit in das Herz der politischen Entscheidungsfindung zu öffnen und seinem Potenzial als „Influencer“. Der Lobbyismus der Tabakindustrie hat sich die Verhinderung wirksamer Maßnahmen zur Tabakkontrolle, die Vermeidung von Steuererhöhungen und von Produkt- oder Verkaufsregulierungen auf die Fahnen geschrieben. Herr Albig arbeitet also für ein Unternehmen und versucht, dessen – unter Betrachtung des Geschäftsmodells „Verkauf von abhängig machenden, Krankheiten auslösenden und Todesfälle verursachenden Produkte“ durchaus kritisch zu sehende – Ziele durch die Beeinflussung von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträgern zu ermöglichen. Dies ist sicherlich eine freiwillig getroffene Entscheidung seinerseits.
Alexander Rupp

Torsten Albig findet Rauchen angeblich blöd. Und ich finde Albig blöd. Ich glaube eher, dass er die Öffentlichkeit für blöde hält, aber was erzählt man nicht alles, wenn man sich an die Tabakmafia verkauft hat. Zum Beispiel den Blödsinn, dass man sich für ein „gesünderes“ Rauchen einsetze. Albig ist für mich der Charlton Heston der Bundesrepublik. Heston stand früher ja mal links. Aber seine früheren Ideale hat er an die NRA-Terroristen für ein paar Silberlinge verscherbelt.
Thomas Manthey

Schon die Überschrift „Ich finde Rauchen blöd“ zu dem Interview mit Torsten Albig (dem Cheflobbyisten für Deutschland des Tabakkonzerns Philip Morris) und den DIE ZEIT-Gesprächsfragenden Max Häger und Charlotte Parnack, lässt überdeutlich erkennen: mit welchem methodischen Zynismus dieser Torsten Albig für den Konzern Philipp Morris: das süchtig machende Rauchen seltsam schädigend „umverharmlost“, um damit propagandistisch (als sein Job) die Rauchenden allmählich auf die E-Zigarette (Iqos) umzufunktionieren mit der Betonung: dass durch ein Verdampfen des Tabaks dann nur noch angebliche 5% der Schadstoffe zum früheren Verbrennungsrauchen, vorhanden seien…“ DIE ZEIT hält entgegen: „Langfristig hätten Sie wegen zunehmender regulatorischer Hürden eh nicht mehr weitermachen können wie bisher, oder?“ Und Torsten Albig antwortet forsch: „Das Geschäft funktioniert seit 170 Jahren, und es würde auch noch weitere 150 Jahre funktionieren. Die Zahl der Raucher in Deutschland liegt seit Jahren stabil bei über 20 Millionen. Also braucht es ein Umdenken, wie in England. Dort sagt man: Wenn ihr unbedingt rauchen wollt, nutzt doch bitte schadstoffärmere Alternativen. Sehr schlau. Schweden lässt Snus (unter der Innenlippe kleine Nikotinbeutelchen) zu. Sehr schlau.“  Hat dieser einstige Politiker im letztlich hohen Amt als Ministerpräsident und Landtagsabgeordneter von Schleswig-Holstein etwa nicht begriffen, dass er Schaden vom (deutschen) Volk, abzuwenden hat(te) – und nun hemmungslos sich an einen Tabakweltkonzern „verkauft“, dessen konzertierte Strategie süffisant rauchvernebelt lautet: Raucht weiter, aber steigt um auf unsere E-Zigaretten (Iqos) und ihr seid dadurch ungesundheitlich besser dran, als mit der „normalen“ doch sehr schädlichen Zigarette… (Nikotin ist die süchtigmachendste Droge für die Menschheit!)
DIE ZEIT kontert: „Ihr Unternehmen macht den größten Teil seines Umsatzes mit Marken wie Marlboro und L&M. Daran krepieren, wie Sie sagen, in Deutschland 127.000 Menschen im Jahr.“ Und Torsten Albig relativiert relativ moderat mit werbenden Worten: „Was Leid verursacht und die Gesellschaft unendlich viel Geld kostet. Das Leben wäre besser ohne Zigaretten. Aber wenn man Nikotin konsumieren will, was Menschen seit Jahrtausenden tun, dann geht das heute deutlich schadstoffärmer. Deshalb wollen wir bis 2030 zwei Drittel unseres Umsatzes mit rauchfreien Produkten machen. Heute schon sind wir bei 34 Prozent.“ DIE ZEIT konkretisiert diese prozentuale Auflistung: „Das ist die weltweite Zahl. Bezogen auf Deutschland liegen sie bei fünf Prozent!“ Und so geht dieses getarnte Geplänkel seitens des Cheflobbyisten weiter – und wenn man sich vor Augen hält, was durch den Philip Morris Tabakkonzern international durch die Lungen gezogen wird und dabei ein weltweiter Nettoumsatz von über 31 Milliarden Dollar sich daraus ergibt, kann einem schon das kalte Lungenauskotzen kommen vor Unfassbarkeit, dass ein solches Unternehmen: die Menschen suchtabhängig macht und dadurch Millionen Süchtige an dieser Suchtkrankheit weltweit sterben bzw. körperlich schwer beschädigt werden… Im Bekanntenkreis des RvM-Leserbriefschreibers sind Menschen, denen 2/3 der Raucherlunge entfernt wurden, keuchen und kreuchen zu diesen Raucherauswirkungen die Körperkranken durch ihre kausalen Leidensanwesenheiten, sind manche nichtmehr in der Fähigkeit auch nur wenige Schritte ohne Lungenprobleme sich zu bewegen… – in welch einem Staat und deren PolitikerInnen leben wir als Bevölkerung, dass diese PolitikerInnen nicht diesen schlimmen Schaden vom deutschen Volk abwenden, die suchtorientierten Tabakkonzerne zur Verantwortung ziehen: wenn nicht schon diesen Dreck verbieten, dann doch zumindest diesen Konzernen jedweden Gesundheitsschaden finanziell anlasten: so dass jedes diesbezügliche Krankheitsbild durch die süchtigen RaucherInnen-Folgeschäden von diesen Tabakkonzernen bezahlt werden muss. Ebenso müssten alle öffentlich-deklarierten Raucherentwöhnungen von diesen Firmen zur Finanzierung kommen und individuellen Entschädigungen pro Person durch die entsprechenden Gerichtsurteile festgestellt sein…
Der Staat ist letztlich immer noch der Hehler dieser Tabakkonzerne und kassiert hemmungslos die Tabaksteuern zu diesem Elend und Leid und den Todesfolgen. Torsten Albig weiß in seinem Cheflobbyisten-Job in DIE ZEIT zu berichten: „Entscheidend ist: Ich arbeite für eine Firma, die für mehr als ein Drittel des deutschen Tabaksteueraufkommens von mehr als 14 Milliarden Euro zuständig ist.“  Man muss sich solch eine Aussage nur bildlich vorstellen – „…seine Firma sei zuständig für mehr als ein Drittel des deutschen Tabaksteueraufkommens von mehr als 14 Milliarden Euro…“ Welch ein höhnisches Verklausulieren zu solchen dreckigen auch tödlichen Vereinnahmungen aus Steuereinnahmen: die aus dem süchtigen Volksanteil heraus: diese erschreckenden Folgeschäden an der Gesundheit der Menschen verursachen… Nein, Herr Albig: Sie sind ein ganz erschreckender Meinungsmacher und propagandistischer Cheflobbyist ihres auch mörderischen Tabakkonzerns – lassen sich ihr hohes Jahresgehalt auf Kosten der süchtigen RaucherInnen mitfinanzieren und erdreisten sich zudem: so zu tun, als ob Sie nun dafür hauptsächlich mit zuständig wären: die süchtig-kranken RaucherInnen der Marken ihres Philip Morris-Konzerns von den konventionellen Zigaretten abzubringen um dann „nur noch“ die E-Zigaretten (Iqos) dieses Tabakriesen zu konsumieren… Zwar erkennen Sie ohne Behemmnisse, dass dann das dampferhitzte Nikotin durch die E-Zigarette weiterhin süchtig macht und die Sucht steigert – gleichwohl sehen Sie dies als ein doch eher gesundheitsfördernderes Geschenk für ihre süchtige Kundschaft, an und proklamieren: dass eine E-Zigarette weniger als fünf Prozent der Schadstoffe einer konventionellen Zigarette freisetzt. DIE ZEIT ihnen aber belegt: „Wobei fünf Prozent der Schadstoffe nicht gleich bedeuten, dass Tabakerhitzer auch nur fünf Prozent des Gesundheitsrisikos einer normalen Zigarette bergen. Der Gesellschaft für Pneumologie zufolge zeigen zellbiologische und tierexperimentelle Studien, dass E-Zigaretten dann-Schäden, Entzündung und Zelltod verursachen können…“
Und geradezu zynisch gefiltert antwortet Torsten Albig: „Die FDA kam anhand der Auswertung zahlreicher wissenschaftlicher Studien zu dem Ergebnis: Würden die Amerikaner dieses Produkt anstelle von Zigaretten nutzen, würde es die Volksgesundheit verbessern.“ Der Herr Cheflobbyist des Philip Morris-Tabakkonzerns will Deutschland aufmischen und die E-Zigarette an vorderste Front bringen durch sein Talent der propagandistischen Überzeugungskraft – die er als Politiker (in hohen Ämtern) ja zu jonglieren wusste… Und wichtig ist bei seinem Job im Tabakkonzern, zu wissen: dass er selbst keine Zigarette anrührt… – die Interview-RedakteurInnen Max Hägler und Charlotte Parnack zu Beginn dieses Gespräch ihm anboten: „Vielleicht eine Marlboro-Zigarette zur Entspannung?“ – und er brüsk antwortet „Bleiben Sie mir weg damit“ dies somit ablehnte… Zum Abschluss des Interviews weiß Torsten Albig zu repräsentieren: „Ich finde es wichtig, mich alle paar Jahre zu überprüfen und den Horizont zu erweitern. Unser Problem sind doch eher die, die das nie tun.“ Dem Cheflobbyisten Torsten Albig wurde vorsichtshalber vom Philip Morris-Tabakkonzern ein Pressesprecher zu den öffentlichen Auftritten stetig zur Seite gestellt, damit seine sprachlichen Ausrutscher (zum erweiterbaren Nachteil des Konzerns) vielleicht noch aufgefangen werden könnten. Und dennoch rutscht ihm ungehindert (durch den anwesenden Pressesprecher nicht verhindert?) diese Satzfolge heraus: „Ich finde Rauchen blöd. Es stinkt. Ist ungesund. Meine Oma, mein Opa und meine Mutter waren alle ihr Leben lang starke Raucher.“ DIE ZEIT erfragt: „Sie selber haben nie geraucht?“ Torsten Albig antwortet aus seinem suchtfreien (?) Zentrum heraus sehr selbstbewusst: „Keine einzige Zigarette.“ Tja, da staunt man dann doch heftig zu diesem Interview und kann nur noch ohne Rauchzeichen feststellen: Was ist dieser Torsten Albig doch für ein unverqualmtes Chamäleon, ohne mit den Augen rollen zu müssen bei diesem zusätzlichen Spagat seiner Unselbstdarstellungen…
Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

und ich finde hr albig ( pardon) blöd. Dieser sehr von sich überzeugte lobbyist war als politiker schon peinlich, jetzt decouvriert er sich selbst. Statt rauchen ( tod) ist die sog E-zigarette also nur einfache körperverletzung… Klar dass das „ besser“ ist… was ein blödsinn! Verbieten sollte man den humbuk!! Eine ungesunde abhängigkeit durch eine andere ersetzen! Gehts noch?? Ich bin mir nicht sicher, ob man dieser „ polit- rauchschwade“ so viel – oder überhaupt!- platz hätte einräumen sollen… Ps: meine tochter sieht es iü genauso!
P. Roetzel


Leserbriefe zu „Beschmiert“ von Giovanni di Lorenzo

Warum dieses Foto? Es ist im Journalismus gute Tradition, zu entscheiden, welches Foto zu welchem Text veröffentlicht wird. So haben wir in Deutschland längst nicht alle Fotos in den Print Medien gesehen, die die Gräueltaten der Hamas beim Überfall auf Israel zeigen. Gut für unsere Seelen. Es gibt eine Übereinkunft nicht Suizide und schon gar nicht Bilder von Suiziden zu veröffentlichen. Da sind die Medien klug und verantwortungsvoll. Gab es doch nach der Veröffentlichung des Todes eines bekannten Fußballers diverse „Nachahmungstaten“ und ein Ansteigen der Quote in diesem Bereich. Und nun dieses, ausgerechnet in der ZEIT: Ein Foto des geschändeten Grabes der Schmidts auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg. Hätte nicht der Bericht gereicht? Oder ein Foto des Grabmahles im nicht geschändeten Zustand? Vielleicht fühlte sich die Redaktion dem ehemaligen Herausgeber und seiner Gattin besonders verpflichtet. Sie hat ihnen, den Lesern und der Gesellschaft einen Bärendienst erwiesen. Solche Fotos gehören nicht in die Medien, schon gar nicht in die ZEIT. Sie dienen im schlimmen Fall nur als Vorlage für andere kriminelle Handlungen und Nachahmungen.! Da hat es meine Provinzzeitung besser getroffen, indem sie ein Foto des Grabes im nicht-geschändeten Modus zeigt. Als Leser erwarte ich eine Entschuldigung, zu mindestens eine Erklärung, falls es eine gibt.
Ralf Diez

Na, vielen Dank auch, dass DIE ZEIT diesem Schmieranten (muss allerdings nicht unbedingt ein Mann sein und die Anzahl steht ja auch noch nicht fest, aber dass da Mehrere am „Werk“ waren, halte ich für eher unwahrscheinlich) bundesweiten „Fame“ gibt. Das Foto hätte man sich wirklich sparen können. Wie ein Grab mit orangefarbenen Hakenkreuzen aussieht, kann man sich auch ohne Ablichtung denken.

Thomas Manthey

Sie kannten Loki und Helmut Schmidt persönlich. Darum beneide ich Sie und verstehe, warum Sie diese Grabschändung so betroffen macht. Für mich war Helmut Schmidt der beste Politiker und Bundeskanzler, den Deutschland je hatte. Ein Mensch mit Haltung! Sein Grabmal und das seiner Frau mit Hakenkreuzen zu beschmieren zeigt, dass die Täter keine Ahnung davon haben, was dieser Mann für Deutschland geleistet hat. Er war ein großer Demokrat und zuletzt ein weiser Mann, was ihn von vielen anderen Politikern unterschied, er konnte Lehren aus der Vergangenheit ziehen. Eine Grabschändung ist grundsätzlich einfach nur widerlich. Diejenigen, die sich so blödsinnig und primitiv am Grab von Loki und Helmut Schmidt vergriffen haben, wissen gar nichts über geschichtliche Zusammenhänge, sie sind verblendet. Warum auch immer. Mir sind die Deutschen übrigens nicht unheimlich. Ich persönlich habe weder großes Misstrauen noch großes Vertrauen in meine deutschen Mitmenschen, viele davon gehen mir einfach nur noch auf die Nerven. Das Volk, das unter Hitler fabrikmäßig Menschen ermordet hat, gibt es ja eigentlich gar nicht mehr. Jetzt gibt es dumme Zeitgenossen, die die Zeit des Nationalsozialismus für eigene Zwecke instrumentalisieren wollen. Das ist abscheulich und wird dem Gedenken an die durch die Nazis ermordeten Menschen nicht gerecht.
Regina Stock


Leserbriefe zu „Das Geheimnis von Silvester“ von Andreas Englisch

Fragen zu dieser Legende (?) oder Historie (?) hätten noch als No. 80 in das Feuilleton-Rätsel gepasst.
Hartmut Wagener

Bisher fand ich die Beiträge in der Rubrik „Glaube und Zweifel“ eher enttäuschend.  Zu viel Glaube, zu wenig Zweifel, um meinen Eindruck zusammen zu fassen.  Weitgehend gilt das auch für den Artikel „Das Geheimnis von Silvester“ in der ZEIT Nr. 1 /2024.  Erst gegen Ende wird der Autor dankenswert deutlich und nennt Fakten, die die meisten Gläubigen überraschen dürften und wohl eher nicht in Sonntagspredigten thematisiert werden: Die katholische Kirche verdankt ihre Macht einer Legende („Heiliger Silvester“) und einer Fälschung („Konstantinische Schenkung“).  Ich habe den Artikel zum Anlass genommen, selbst zu Kaiser Konstantin zu recherchieren, der von der Ostkirche als „Heiliger“ verehrt wird und von der römisch-katholischen Kirche immerhin in ihren Heiligenkalender aufgenommen wurde.  Ein seltsamer „Heiliger“, der nicht davor zurückschreckte, seinen Sohn, seine Frau, den Schwiegervater und Schwager töten zu lassen. Für die katholische Kirche wichtiger war wohl, dass sie durch Konstantin an weltlicher Macht gewann und als „Staatskirche“ innerhalb kurzer Zeit zum größten Grundbesitzer und Sklavenhalter jener Zeit aufsteigen konnte.  Als Leser der ZEIT wünsche ich mir mehr an Fakten und Faktencheck, auch wenn es um Kirche, Glaubensfragen und -inhalte geht! Die religiösen Feiertage bieten sich an, Weihnachten hätte sich gelohnt: ein Gottessohn wurden geboren – oder nicht doch eher ein Mensch, normal gezeugt wie seine Geschwister? In einem Stall – oder nicht doch eher in einem Haus? Wirklich in Bethlehem – oder nicht doch eher in Nazareth? Stimmen gefeierter Geburtstag und -jahr? Ochs, Esel, Hirten, Stern, 3 Könige (Weise, Magier, Sterndeuter)? Herodes Kindermord, Flucht nach Ägypten???  Fakt oder Fake oder völlig wurscht – Hauptsache, es wird geglaubt?
Ulrich Müschen


Leserbrief zu „Lehrer an der mächtigsten Schule der Welt“ von Roman Pletter

Als Maschinenbau-Ingenieur hat mich der MIT-Ansatz die Wirtschaft zu betrachten hoch erfreut. Ich bin schon eine Weile auf der Suche nach Literatur, die mir die diversen volkswirtschaftlichen Theorien erklärt, ohne in mathematische Modelle abzugleiten. Natürlich beschäftigt mich auch das Thema Wachstum. Generell wünsche ich mir Artikel, die sich mit der Reparatur der Macken des Systems beschäftigen, oder auch mal allgemein anerkannte Weisheiten in Frage stellen. Beispielsweise ist mir die These, man müsse dort kaufen, wo es am billigsten hergestellt werden kann, suspekt. Energieintensive und arbeitsintensive Industrien würden dann vollständig aus den „entwickelten“ Ländern abwandern. Zu welchem Preis? Dass das neue Abhängigkeiten bringt, geht manchen wohl erst jetzt auf. Aber mir geht es auch um die Erhaltung von Wissen, die mit Techniken verbunden ist. Mit dem Abwandern geht Wissen verloren – unwiederbringlich. Auch wird bei diesem kühlen Blick auf den wirtschaftlichen Vorteil der Teil der Bevölkerung ignoriert, der nicht in der Lage ist im Dienstleistungssektor unterzukommen. Die Intelligenz in der Bevölkerung ist nicht gleich verteilt. Es muss auch bei uns Arbeit geben, die diesem Teil der Bevölkerung ein Einkommen ohne staatliche Subvention ermöglicht. Wir sind stolz auf die sozialen Errungenschaften, die uns unsere Vorfahren erstritten haben. Was sagt die Theorie über Wettbewerbsverzerrungen durch ungleiche Arbeitsbedingungen oder staatliche Finanzierung und Exportsubventionierung? Wie soll hier ein level playing field hergestellt werden? Ich habe mal gelesen, 20% der Weltbevölkerung seien in der Lage 100% der nötigen Güter herzustellen. Wenn das so ist, muss man das Konzept Exportnation überdenken. Langfristig werden wir auch mit „Premiumprodukten“ nicht wettbewerbsfähig sein. Wie ernst ist die Unterscheidung in Realwirtschaft und Finanzwirtschaft zu verstehen. Ursprünglich war die Finanzwirtschaft mal zur Unterstützung der Realwirtschaft gedacht. Inzwischen empfinde ich sie als deren Bedrohung. Kann man ernsthaft glauben ein Dienstleistungssektor (inklusive Finanzwirtschaft) könne den industriellen Sektor einer Volkswirtschaft ersetzen?
Bernd Roos


Leserbrief zu „Anschluss gesucht“ von Ulrich Schnabel

Vor gut etwa 10 Jahren gab es eine Art „Hype“ über Headsets als Gehirn-Computer-Schnittstellen (sog. BCI -Brain-Computer-Interfaces) und Videos darüber, wie die Entwickler „drahtlos“ mit dem Headset nur durch ihren Gedanken (Gehirnwellen) über ein spezielles Programm am Computer einen Text geschrieben haben (Sprachausgabe wäre damals auch wohl schon denkbar gewesen). Ein Riesending z.B. für in ihrer Kommunikation stark beeinträchtigte Menschen, z.B. Locked-In-Syndrom. Also eine verfeinerte Version der bekannten EEG-Technik beim Arzt oder des EEG-gesteuerten Neurofeedbacks z.B. zur Meditation (MUSE-System der kanadischen Firma Interaxon). Es gab damals auch viele relativ preiswerte Headset-Angebote für Leute, die damit eigentlich nur spielen (na klar!) wollten: z.B. zur Gedanken-Fernsteuerung eines kleinen Balls, der genau dahin rollte, wohin man wollte, dto. kleine Rennautos oder, ich glaube damals schon, sogar die ersten Drohnen. Die Firmen von damals scheint es, außer den Firmen Emotiv und Interaxon, nicht mehr zu geben.
Damals hat man schon daran gedacht, meiner Erinnerung nach aber noch nicht gewarnt, dass sich der Prozess natürlich auch umkehren lässt: Nicht der das Headset trägt, „sitzt im Fahrersitz“ und die Objekte führen aus, sondern die Objekte werden genutzt um die Gedanken dessen, der das Headset trägt, zu lesen. Damals schien das wohl noch zu umständlich und eher unrealistisch. Mittlerweile haben Neurobiologie, -psychologie und -technologie Riesenschritte gemacht und mit der Implantierung derartiger Technik über den rein medizinischen Nutzen hinaus (nicht nur von Elon Musk dürfen wir wohl als sicher annehmen, dass alles, was möglich ist, auch in die Tat umgesetzt wird) wird die Vorstellung davon, dass das „Denken frei ist“ wohl bald Geschichte sein. Man kann gar nicht genug davor warnen. Von da an bis zur Strafbarkeit „krimineller Gedanken“ (was immer das dann auch ist) und zur Verurteilung von lediglich phantasierten „Handlungen“, die so womöglich als geplant und in der Folge dann auch quasi als ausgeführt gelten könnten, schützt uns in Ermangelung einer wirksamen universellen Gesetzgebung nur noch der gesunde Menschenverstand. Was allerdings von dem zu halten bzw. in der heutigen Zeit noch übrig ist, da machen wir uns besser keine Illusionen. Also wäre der Weg grundsätzlich offen. „Minority Report“ lässt grüßen.
Ergänzung: Während ich das fast fertig geschrieben habe, hat mich die Realität bereits eingeholt. Einer Pressemitteilung von Mitte Dezember zufolge hat die University of Technology Sydney eine KI (die „KI“ hatte ich ja glatt „vergessen“ mitzuerwähnen…) namens „DeWave“ zur Anwendungsreife gebracht, derzeit noch mit einer EEG-artigen Haube, die Gehirnwellen in lesbaren Text übersetzt. In einen Chip gebracht und in den Schädel implantiert haben wir dann bald die schöne, neue Welt, in der jeder von jedem alles weiß. Es gibt nach Einstein ja zwei Dinge die unendlich sind: Das Universum und die menschliche Dummheit. Gesellt man der Dummheit die Neugier (mit ihrem Wortstamm „Gier“) dazu, dann kommt sowas dabei heraus: Anschluss nicht nur gesucht – sondern sogar schon gefunden!
Frank Hiller


Leserbrief zu „Yasmine M’Barek entdeckt: Die Hausfrau“

Auf Tik Tok kenne ich mich nicht aus. Aber das Hausfrauendasein habe ich als Mutter auch ohne viel Geld genossen: Außer dem Verdiener- Familienvater trugen wir öfters geerbte Klamotten (soviel zum „Ankleiden“), verzichteten auf Fernsehen (mit seinen Konsum-Verführungen) und gingen höchst selten auswärts essen. Unser Haus steht nicht im teuren Nord-, sondern im billigeren Südosten seiner Arbeitsstelle. Als Hausfrau hochgradig unperfekt, habe ich das Zusammensein mit den Kindern (und deren Freunden) ohne Ende genossen: Wir konnten das Essen verschieben, bis die Räuber gefangen, die Fregatte Segel-klar oder der Teddy eingeschläfert war. Oder wir blieben mit Picknick Wald. Ohne Zeitdruck konnten wir basteln, backen, gärtnern, vorlesen, Flöte üben, Puppentheater spielen. Ich konnte die Kinder zu einer Schule unserer Wahl chauffieren und war beim Heimweg „dran“ an den Spontan-Erzählungen. Ich konnte mir vormittags nicht-monetären Luxus leisten (Tagebuch schreiben, Geige üben, Hund durchs Feld, naja, und immer mal wieder einen Aufsatz verfassen und einer Konferenz-Einladung folgen). Zeit für Ehrenämter. Sicherlich zügelt die finanzielle Abhängigkeit vom lieben Ehemann den fraulichen Eigensinn. Und natürlich hatte ich (unverdientes) Glück (mit letzterem). Ich schreibe nicht aus Angeberei, sondern um an das tertium zwischen teurer Tik Tok Espressotasse und ICE scrolling zu erinnern. Und weil Jesus an Stelle moralischer Karrieretüchtigkeit lieber wollte, dass wir die Kinder zu Ihm bringen. Und das ist heute eine Aufgabe, die Zeit und Hingabe an unser aller Herzensbildung fordert.
Corinna Delkeskamp-Hayes


Leserbrief zu „Faulheit“ von Petra Pinzler

Muss ‚Faulheit‘ wirklich (so) analysiert werden? Alleine der Versuch auf diese Art und Weise der Faulheit auf die Spur zu kommen ist hier genauso gescheitert wie den Anschein zu vermitteln eine Erkenntnis aus dem fauligen Tag gezogen zu haben. Wirkliche ergiebige Faulheit braucht sehr lange, um zu entstehen und sollte, bei Gefallen, gepflegt werden. Es ist wie mit dem Erlernen eines Instrumentes. Daher ist ihr Layout nicht nur ‚ unvernünftig ‚ sondern hätte auch eine passendere Überschrift verdient. Oder …. ihr Artikel ist einfach nur Klasse! Dem Faulen wird er eh nicht tangieren.
Bodo Klimmek


Leserbrief zu „Paris, der Tod und das Leben“ von Tanja Stelzer

Von Patrick Pelloux habe ich vor ein paar Jahren mal „Toujours là, toujours prêt“ gelesen. Bevor ich mir das Buch kaufte, dachte ich, es ginge hauptsächlich um Charlie Hebdo, das war dann aber mehr eine Sammlung von kurzen Kolumnen, die sich mit seinen Notarzteinsätzen beschäftigten. Nicht ganz das, was ich erwartet hatte, aber dennoch recht interessant zu lesen.
Thomas Manthey


Leserbrief zu „Die Coachin: Lasse ich meine Kollegen im Stich, wenn ich gehe?“ aufgezeichnet von Linda Tutmann

Die Frage stellt Herr Dr. Tino L.35 Jahre Oberarzt in einer Klinik in NRW. Er ist unzufrieden mit seinem Job und den Arbeitsbedingungen, die gehen an seine Substanz. Könnte es sein Herr Dr. L., dass Sie Chefarzt werden möchten aber man Ihnen diesen Job nicht gibt. Darum wollen Sie kündigen, in Klartext in den Sack hauen und den Bettel hinschmeißen. Sehr verständlich, nur machen Sie sich sorgen, ob Sie dann Ihre Kollegen in Stich lassen. Man kann nicht alles haben, lassen Sie die Kollegen sausen und suchen sich eine Chefarztstelle. DIE ZEIT hat Stellenangebote für sowas. Also los Herr Chefarzt in spe. Wenn dann da einer ist der auch Chefarzt werden möchte, gleich rausschmeißen.
Hans-Emil Schuster


Leserbrief zu „Das letzte Mal“ von Charlotte Parnack

Hat den Text auf Seite 58 eine KI geschrieben? Ich habe den Namen der (vermutlich) Autorin nicht gefunden. Schade. Es ist ein sehr schöner Text, ich hätte gern gewusst, wer ihn geschrieben hat. Alles Gute fürs neue Jahr!
Martina Holtgräwe


Leserbrief zu „Heute kaufen wir uns eine Liga“ von Christian Spiller

In jener Reportage in der ZEIT-Ausgabe vom 28.12.2023, der das Fußball-Imperium in Saudi-Arabien beleuchtet, ist Ihnen ein inhaltlicher Fehler passiert. Am Beginn des Berichts heißt es, Cristiano Ronaldo habe als Fußballer siebenmal die Champions League gewonnen. Tatsächlich waren es fünf Mal. Zudem möchte ich anmerken, dass es einfacher sein sollte, sich mit Feedback bei Ihnen zu melden. Eine Box mit einem vorgefertigten Kontaktformular, die auf der Website leicht zu finden ist, sollte für eine Redaktion, die sich mit Publikums-Rückmeldungen aktiv auseinandersetzen möchte, Standard sein. Ihre Kollegen beim Spiegel oder der New York Times (dort geht es sogar über die App, wie revolutionär…) machen es vor. Danke für Ihre Kenntnisnahme
Stefan Lenglinger


Leserbrief zu „Kakadus tunken ihren Zwieback“ von Urs Willmann

Den Bericht über die den Zwieback eintunkenden Kakadus habe ich mit Vergnügen gelesen, war das doch ein alter Hut für mich! Im Januar 2020 hatte ich Ihnen ein Erlebnis für die Spalte „Was mein Leben reicher macht“ (erschienen am 09.01.2020, Nr. 3) geschildert, bei dem eine Krähe mit einem Keks im Schnabel angeflogen kam, den Keks in eine Pfütze eintunkte, herausholte, umdrehte (!!!), wieder eintunkte und danach mit den Keks davonflog! Das lässt doch die Kakadus ziemlich alt aussehen, nicht wahr?! Es würde mich interessieren, ob der Bericht über die Kakadus sagen will, dass dies das erst Mal in der Geschichte der Vögel gesehen wurde – was ja nicht stimmen würde – oder lediglich für Kakadus gilt. Mich würde auch interessieren, was die Forscher in Wien zu „meiner“ Krähe sagen würden, die ja noch einen Schritt weiter gegangen ist, indem sie den Keks umdrehte und wieder eintauchte. Vielen Dank, dass ich das loswerden konnte.
Gudrun Spies