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6. Dezember 2018 – Ausgabe 51

Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Mark Schieritz meint: „Ganz ohne Verzicht wird sich das Klima nicht retten lassen“. Nein, wenn man etwas für den Klimaschutz tun will, wird vieles knapper und teurer werden müssen. Das ist keine „Politik gegen das eigene Volk“. Das Volk gesteht sogar ein, dass es erheblichen Reformbedarf gibt, in Frankreich noch größeren als bei uns, aber wenn er selber von Reformen betroffen ist, protestiert der Bürger. Statt darin wie Sahra Wagenknecht ein Vorbild für Deutschland zu sehen, sollte man sich vor denen hüten, die vorgeben, für „die kleinen Leute“ zu sprechen. – Jürgen Thiede


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Ich bin einigermaßen verwirrt, daß Sie einem Handlanger der Geldwäsche einen so großen, ja überhaupt einen Raum, in der ZEIT zur Verfügung stellen. – Stephan Kuhr


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

In der aktuellen Ausgabe der Zeit wird über die Deutsche Bahn berichtet. Als Vielfahrer kann ich nur empfehlen, das leidige Thema „umgekehrte Wagenreihung“ wie folgt zu lösen: Wegnahme der Wagenstandanzeiger aus Papier und stattdessen Aufstellen digitaler Wagenstandanzeiger in Analogie zu den Fahrgastinformationsanlagen über den Bahnsteigen. Dadurch merkt niemand mehr eine umgekehrte Wagenreihung mit Ausnahme des Vielfahrers und alle Fahrgäste stehen an der richtigen Stelle. Fehlt auf dem Bahnsteig dann nur noch ein Datenkabel und der digitale Anzeiger. Übrigens gibt es auch über verspätete U- Bahnen oder Busse keine Aufregung mehr, seit die Digitalanzeigen die Ankunft verraten und somit niemand mehr auf den Fahrplan sieht. Das ist der gleiche Effekt. Also, anstelle sich mit Züge drehen, Schleifen fahren, Bereitschaftszugführern und weiteren bahninternen Schwierigkeiten zu beschäftigen – diese Ursachen lassen sich kurzfristig nicht ändern, lieber mal die Wirkung kundengerecht und auf einfache Weise und schnell gestalten. – Andreas Mixa


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Sie zitieren Hernn Hofreiter: „Gegen alles, was Sie, Herr Kubicki, vekörpern, habe ich mein Leben lang gekämpft.“ Der Mann spricht mir aus der Seele: Den Spruch „errare humanum est“ übersetzen Sie mit „Irren ist menschlich“ in dem Sinne, dass der Irrtum eine menschliche Eigenschaft ist, die Sie allerdings bei sich nicht entdecken können. Sie reden stets nach dem Motto „kubicki locuta, causa finita“, worauf Sie vermutlich antworten: „Ich kann kein Latein.“ Solchen „Typen … wie mich …“ geht man wirklich besser aus dem Weg, sie sind nicht interessiert der Meinung Anderer. – Wilhelm Meyer


Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Die jüngsten Gewaltausbrüche in Paris bedeuten m. E. nichts weniger als einen veritablen Kultur- und Tabubruch. Die auf den Champs-Elysées in blinder Wut angerichteten Zerstörungen sind schrecklich, aber dass die Gewalttäter nicht einmal den Arc de Triomphe mit dem Grabmal des Unbekannten Soldaten und der Ewigen Flamme verschont haben, hat m. E. eine noch ganz andere Dimension. Mag der materielle Schaden auch überschaubar sein, der Angriff auf dieses Monument der französischen Geschichte ist ein irreversibles Malheur. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Im Schleudergang“ von Lisa Nienhaus

Ich vermisse in Ihrem Artikel den Hinweis, dass die Malaise bei der Deutschen Bank das unselige Erbe des seinerzeit von der Politik und leider auch von den Medien hofierten und gehätschelten Herrn Ackermann ist. Hat er nicht dieses irrwitzige Ziel einer Eigenkapitalrendite von 25 Prozent vorgegeben und zu dessen Erreichung u. a. das Investmentbanking mit astronomischen Boni gepuscht? Offensichtlich wurde seine Vorgabe auch in anderen Geschäftsbereichen als ein Signal, Rendite gehe über alles, miss(?)ver- standen. Und wo steckt bei alledem der ebenfalls hochgelobte Aufsichtsratsvorsitzende Achleitner (seit genau sechseinhalb Jahren schon)? Der hat zwar keine Verantwortung für das operative Geschäft, aber sollte er wirklich gar keinen Einfluss auf den rasanten Niedergang des Instituts nehmen können? – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Glücklich ist, wer vergisst“ von Benedikt Erenz

Glücklich ist, wer vergisst, dass auch das Schächten von NS-Verbrechern Vergangenheit ist. Blanke Unkenntnis erfährt weltweit bedauerlicherweise immer größere Bedeutung. – Michael Reisner


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Kubicki hört das Gras wachsen. Selten ein so seltsames, sinnfreies und selbstverliebtes Interview gelesen. – Constanze Thorand


Leserbrief zu „Die neue Sklavenhaltergesellschaft“ von Thomas Assheuer

Ihre heutige Benennung eines Tabubruchs allein in China ,durch Veränderung des Erbgutes von Zwillingsmädchen,verbunden mit der Gefahr einer Kombination von Biotechnologie und digitaler Kontroll-Technologie zeigt mir eher einen „Angstschrei „als ein Warnsignal .! Denn die heute angewandten wirksamen Praktiken eines Doppelangriffs aus digitaler Überwachung und genetischer/neurologischer Manipulation können doch nicht mehr ernsthaft geleugnet werden.Das ist bereits bittere Wirklichkeit und kein Zukunfts-Horror-Scenario mehr. Die biotechnische /neurologische Erzeugung anderere Menschenklassen (Ziel unseres Gesundheitswesens)im Verbund mit psychologischen Beeinflussungs-Mechanismen(Werbungs-Medien-Unterhaltungs-Strategien)führen zwangsläufig heute bereits zur Spaltung der Einheit der Gattung Mensch.Denn diese sind nur Formen,um eine Menschen-Masse (13 Milliarden )überhaupt beherrschen zu können.Die „Sklavenhaltergesellschaft „braucht somit keine Wiederkehr.Sie wandelt nur ihre Umgangsformen subtiler zur Steuerung von Arbeit und Kontrolle der Massen zeitgemäß um.

Mit Ettiketten wie Sozialismus-Kommunismus/Materialismus -Nationalismus werden und wurden einladenden Werkzeuge zu rein machtpolitischen Zwecken von Populisten und Autokraten in die Hand genommen,den schicksalhaften Selbstlauf der Evolution dennoch beeinflussen zu können. Durch diese Art subtiler „Menschenbastelei“soll ein anderer Mensch geschaffen werden. Wir sind alle nur Teil all dieser Dinge ,die von einer Bezeichnug /Benennung allein repräsentiert werden.Denn die Dinge an sich sind uns wichtig allein geworden .Der Mensch spielt lediglich als Objekt nur noch eine Rolle.Das wird zum Zentrum unseres Denkens gemacht -als Kern gilt allein das Wort. Somit sind Worte heute viel wichtiger geworden als der Mensch selbst.Damit sind Ettiketten viel wichtiger geworden als das wofür sie stehen.Wir leben von Worten(Werte und Urteile).Jeder andere Weg,jede andere Suche nach der Wirklichkeit ist doch damit lediglich eine Projektion des Selbst ,eigene Gefühls-/Gesinnungslage.Nur „hausgemacht“und deshalb nicht objektiv und real.

Wir sollten daher lieber auf jegliches Urteilen/Verurteilen oder Rechtfertigungen verzichten und lediglich deutlich aussprechen ,was wir denken und fühlen.Den Mechanismus des Geistes beobachten,wie abhängig wir allein von Worten bloß sind.Wie die Worte das Gedächtnis stimulieren oder die verdeckten/verschütteten Erfahrungen unserer Vordenker aus dem Müll der Geschichte ans Tageslicht bringen. Es gab und gibt stets andere Phantasmen/Mechanismen der Menschensteuerung(Die Religion/Philosophie ist nur eine von vielen) Alles entspricht jedoch lediglich meiner eigenen inneren Struktur/meiner Daseinsform. Wir bemühen uns dabei ,das Neue,das Fremde so lange zu verhindern ,bis es nicht mehr gefährlich für uns erscheint. Wir lassen unser handeln primär von Gesinnungsethik und unserem anerzogenen Verantwortungsbewußtsein leiten. Das drückt uns jedoch in den Gestus des moralisch Hochstehenden hinein.,der es gern vermeidet zu fragen ,welche Folgen seine Ignoranz und Arroganz zu solchen Dingen in naher Zukunft haben wird.Es reicht nur für Warnungen und Dramatisierungen oder verbalen Provokationen ,ohne dabei uns selbst daran zu messen,was wir als Mensch dabei sind und tun könnten.Wir üben nur die Kunst der Selbstbetrachtung im Spiegelbild der anderen dabei allein aus.:

Gerüchte wie“ neue Sklavenhaltergesellschaft „sind für mich die Rauchfahnen der Wahrheit.Sie bleiben erfundene Informationen ,die leicht zum Mythos werden,wenn sie nur oftmals wiederholt und reifen können.Sie sind nicht nachprüfbar und zirkulieren meist in Echoräumen -Gleichgesinnter bei passiver Leserschaft. Damit vielleicht sogar das einzige klassische Nachrichtenübermittlungsverfahren,das bald in Gefahr läuft ,vom technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt der Kommunikations-Entwicklung verdrängt und ersetzt zu werden. Denn manche Dinge existieren auf eine Weise,die unabhängig davon ist,was wir dazu meinen.Es gibt also Tatsachen ,die objektiv bestehen.Die Wissenschaft überall auf der Welt ist stets auf der Suche nach solchen Tatsachen,um objektive Erkenntnisse zu erlangen.Daher sollte man auch die naheliegende Meinung -alles Subjektive -ausklammern-. Oder etwa nicht ,Herr Assheuer? – Lothar Hantel


Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Ich kann all denen kein Verständnis entgegenbringen, die sich in die Menge der zu Recht Protestierenden einreihen, selbst aber nur ihr politisches Süppchen kochen wollen. Sowohl diese Trittbrettfahrer als auch die Gefühlt-Abgehängten sollten sowohl in Frankreich als auch bei uns ihrem Staat dankbar sein für ihre aktuelle ökonomische Situation. Ich nehme an, hier wie dort ist es die deutliche Mehrheit. Dass sich aber eine Mehrheit der französischen Öffentlichkeit auch hinter Staatsfeinden und Randalierern versammelt, kann ich nicht nachvollziehen. Wäre es nicht Zeit, darüber nachzudenken, ob eine gesicherte Zukunft für unsere Kinder und Enkel mit einer noch einigermaßen intakten Umwelt sich verträgt mit einer „Ich bin auch wer, Arschloch!-Mentalität“. Die Egozentriker-Parade, angefeuert von rechten und linken Populisten, ist weltweit dabei, die Demokratien niederzubrüllen. – Willi Mößel


Leserbrief zu „»Wir sind die Gewinner der Geschichte«“ von Matthias Geis

Wie ihre Leserredaktion weiß, habe ich mich von Deutschland verabschiedet. Meine Besuche in Deutschland beschränken sich auf Verwandtenbesuche und alte Freunde, die teilweise auch in andere Länder ausgewandert sind, wiederzusehen. Nachdem ich ihren Beitrag der Bundeskanzlerin, besonders die Rubrik „Überzeugungstäterin“ gelesen habe, bereue ich keinen Moment meines Weggangs. Was für ein Lebensfremdes Statement. Sie hätte sich lieber als Nachfolgerin von Margot Käßmann bewerben sollen. Es müsste eher heißen: „Wir sind die Verlierer der Geschichte!“ – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Denkraum erweitern“ von Ulrike Gastmann

Ihre Autorin Ulrike Gastmann hat einen intelligenten Freund. Tellkamp ist aber auch ein Freund von mir. Tellkamp lehnt sich gegen den Mainstream auf. Richtig so. Die heutige Politik ist Zeugnis genug, das Tellkamp dagegen aufbegehrt. Unwort des Jahres ändere ich in „Poppolismus“, das schlägt alles. Daran erkenne ich wie unbeholfen der Rest mit dem Gegnern umgeht. Obwohl das Wort in sich keine Beleidigung darstellt. Selbst das wissen die Klugscheißer nicht. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „»Wir sind im letzten Akt einer Tragödie«“ von Britta Stuff

Klasse! Das ist Bildungsauftrag „at it’s best“. Beim Lesen des Interviews mit Norbert Blüm kamen mir unvermittelt Szenen von „House of Cards“, „Borgen“ und „Das Spiel der Macht“ in den Sinn. Ja, auch wenn es sich bei Politikern um die oftmals bescholtene Elite handelt. Auch auf dieser Ebene der Gesellschaft geht es letztlich um nicht mehr als um die ewigen Gegenpole Zugehörigheit und Ausschluß sowie Anerkennung und Ablehnung. Also, die ganz normalen Gefühle, die uns Menschen ausmachen. Angewandt in Familie, Beruf und Freundschaften. Vielleicht normalisiert das den Blick auf „die Politiker“ ein wenig. – Michael Hauck


Leserbrief zu „In Merkels Hand“ von Tina Hildebrandt

„Beliebteste“
In Deutschland sind die Nationalisten nicht so stark wie in einigen anderen Ländern Europas. Sie erkennen als Ihr größtes Hindernis voranzukommen die politisch herausragende Führung von Angela Merkel zum Wohl Deutschlands, Europas und der Welt. „Forbes“ in USA kürt die Bundekanzlerin soeben zum dreizehnten (!) Mal als weltbeste Vermittlerin. Nur das politische Rechtsaußen propagiert unermüdlich „Merkel muss weg“. Nur einige wenige Printmedien verbreiten diesen Wunsch als eigenen. Hingegen wollen die CDU, Forbes, Ministerpräsident Kretschmann und 63 % (!) der Wahlberechtigten die weltweit wichtigste deutsche Politikerin sehr gern als Kanzlerin behalten. Angela Merkel ist mit ihrer beliebten, weder eitlen noch eigensüchtigen Art bereit, noch bis 2021 dem Land zu dienen. Aus meiner Sicht als Mitglied der Europa Union bin ich dafür sehr dankbar. Die Bundeskanzlerin mag für die äußerste Rechte eine „Muss-endlich-weg-Kanzlerin“ bleiben; in einem Leitartikel einer deutschen Tageszeitung hieß es kürzlich sogar: „Angela Merkel ist die am tiefsten gehasste Politikerin in Deutschland“. Für die Mehrheit der Bevölkerung bleibt Angela Merkel die „beliebteste Politikerin Deutschlands“. – Frank Müller-Thoma


Leserbrief zu „Innere Einkehr auf Sächsisch“ von Moritz von Uslar

Herr Uslar beschreibt auf höchst herablassende Weise den Chemnitzer Weihnachtsmarkt und „die (sich dort aufhaltenden) Chemnitzer“. Er beschreibt seinen Gang durch die Stadt ähnlich wie einen Zoobesuch, bei dem es gilt, aus sicherer Distanz exotische Tiere zu bestaunen. In Zitaten wie „Ach, der kauende Chemnitzer ist schon etwas Feines“ wird einerseits der arrogante Blick des Autors auf die Bürger der Stadt deutlich, andererseits tritt eine gefährliche Pauschalisierung zutage. Aus meiner Sicht spielt ein in dieser Tonlage verfasster Artikel über Chemnitz leider Strömungen wie Pegida in die Hände und liefert weitere Argumente für deren Verunglimpfung der Presse sowie der „Besserwessis“. Selbst Ostdeutsche, die sich aktiv gegen die Vertreter dieser Gruppierungen stellen, fühlen sich durch derartige Formulierungen verunglimpft und äußern diesbezüglich Verständnis für die pegidistische Wut auf die Presse. Auch meinen in Chemnitz lebenden Verwandten ergeht es so und ich kann ihre Sichtweise teilweise gut nachvollziehen. Herr Uslar offenbart in seinem Artikel ein Schubladendenken, das ihn meines Erachtens in die Nähe anderer Pauschalisierer in diesem Land rückt. Aus diesem Grund möchte ich ihm gern eine weitere Reise in den Osten empfehlen: nach Dresden, um sich die im dortigen Hygiene-Museum laufende Sonderausstellung „Rassismus“ anzusehen, die deutlich die Wurzeln eines solchen Denkens in Schubladen (bei Uslar „Der Chemnitzer“ oder eben zu Beginn des Jahrhunderts „Der Afrikaner“, „Der Jude“) aufzeigt. Worin ein solches Denken münden kann, ist hinlänglich bekannt. Grundsätzlich finde ich es sehr enttäuschend, dass gerade die Zeit, die sogar die Sonderseiten „Zeit im Osten“ veröffentlicht, einen solch herablassenden Text über die Bürger einer ostdeutschen Stadt und die dortige Stimmungslage abdruckt. – L. Ludwig


Leserbrief zu „Innere Einkehr auf Sächsisch“ von Moritz von Uslar

Der Autor versteht überhaupt nicht wie der Osten tickt. Zum Artikel kann ich nur sagen „Dümmer gehts nimmer“. Eine Ostrentnerin mit gefärbtem Haar und farbenfroher Kleidung im Schrank. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu „Im Auge des Zyklons“ von Iris Radisch

Ich möchte ihnen zu dem Interview ‚Im Auge des Zyklopen‘ mit Annie Ernaux gratulieren: der Artikel ist eine hervorragende Satire, die mit Recht im Feuilleton erscheint. Eine präzise treffende Satire auf die (Pseudo)argumente und Verschwörungsvermutungen, die alle Intellektuellen zu allen Zeiten als Rechtfertigung von Gewalt vorgebracht haben und vorbringen, vorausgesetzt, die Gewalt unterstützt ihre jeweils eigenen Anschauungen. Besonders gelungen ist sie, weil sie die Besonderheit der heutigen Lage erhellt: während früher Grundlage eine einigermaßen rational zusammenhängende Ideologie mit genauen Zukunftsvorstellungen war, ist es heute eine diffuse ‚Wut‘ darüber, dass die Welt einfach nicht das Paradies ist, das sie gefälligst zu sein hat. Oder sollte ich den Text nicht verstanden haben, und es handelt sich um ein reales Interview? Nebenbei bemerkt: dann wäre er einer der vielen Texte, die in den letzten Jahren in der ‚Zeit‘ im Feuilleton erscheinen, obwohl sie in den politischen Teil gehören- vermutlich, weil die ‚Zeit‘ zu den Themen, die im Feuilleton ihren Platz haben, nichts zu sagen weiß. – Barbara Sutor


Leserbrief zu „»Abends mit Eva gevögelt«“ von Michael Naumann

Wenn man dem “überflüssigsten Buch des Jahres” eine ganze Seite im Literaturteil der Zeit widmet, stellt sich schon die Frage des Motivs. Warum muss ich das Überflüssige lesen? Vielleicht ist die Motivlage gar nicht unähnlich zum Tagebuchautor; und das kleine Kribbeln in der Hose, wenn man ordentlich viel und groß Worte schreibt, die man ja eigentlich nicht benutzen darf, will einfach bedient werden. Solcherlei Nabelschau untenrum ist öde und sollte privat bleiben. Das gilt für Feuchtwanger und Ihren Artikel. Ihn ganzseitig in der Zeit serviert zu bekommen ist traurig. – Hubert Zebski


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Der Mann gefiel mir schon immer. Kubicki ist einer der seltenen Spezis. Was wäre es schön, wenn er Bundeskanzler werden würde. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Kampf gegen die Masern“ von Jan Schweitzer

Zum Thema „Impfverweigerer“ gab es bereits mehrfach in den letzten Jahren größere oder kleinere Beiträge in der Zeit. Jedesmal war ich von der einseitigen Berichterstattung, der „Schwarz-Weiß-Malerei“ enttäuscht. Denn trotz dem ohne Frage bestehenden Nutzen von Impfungen, kann es selbstverständlich zu Impfschäden oder Impfdurchbrüchen (je nach Impfstoff) kommen – das gehört zum Basiswissen der Mikrobiologie und Immunologie. Dazu kommen noch Inhaltsstoffe der Impfstoffe, die gesundheitliche Risiken in sich bergen oder Nachteile der Impfung in Bezug auf die Dauer der Immunität und den „Nestschutz“ von Säuglingen (fehlt z.B. bei Masern bei geimpften Müttern im Gegensatz zu früher erkrankten). Dass auch solche Risiken thematisiert werden, habe ich bisher in den Zeit-Beiträgen jedoch vermisst. Ich erwarte von einem gut recherchiertem Journalismus eine differenzierte Darstellung der Fakten. Neben Impfverweigerung und Akzeptanz der offiziellen Impfempfehlung gibt es auch noch Zwischenwege der individuellen Impfentscheidung, z.B. was den Impfzeitpunkt (Alter des Kindes) oder den Verzicht auf bestimmte Impfungen je nach (nicht vorhandenem oder vorhandenem) Risiko, angeht. So steht für mich persönlich ein relativ früher Impfschutz gegen Polio (um nur ein Beispiel zu nennen) nicht zur Diskussion. Ein wenige Monate altes Baby, das nicht in einer Riskikoumgebung aufwächst, bereits mit einem 6-Fachimpfstof inklusive Hepatitis B zu impfen, kann dagegen sehr wohl hinterfragt werden. Ich hoffe daher, dass in Zukunft auch zu bei diesem Thema eine differenzierte Darstellung Platz in der Zeit findet. – Susanne Waiblinger


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Viele Aussagen von Herrn Schumacher halte ich für fragwürdig. Um nur ein Beispiel zu nennen: Seine ablehenede Haltung gegenüber einer staatlich geplanten Durchmischung von sozialen Milieus in Wohnbauprojekten. Dabei ist doch klar, dass die räumliche Trennung der sozialen Milieus es erschwert, die Lebenswelten der Menschen aus dem jeweils anderen sozialen Milieu kennenzulernen und so die daraus resultierenden Weltanschauungen nachvollziehen zu können.

Ein Unverständnis entsteht, welches sich dann bei den nächsten Wahlen in Form einer erhöhten Polarisierung niederschlägt. Was wiederum das Bilden von zukünftigen Regierungen nicht gerade einfacher machen wird. Zudem würde mich seine Haltung zum Klimawandel sehr interessieren. Denn mir einigen seiner Aussagen hat er bei mir den Eindruck erweckt, dass er sich über die Folgen unseres aktuellen Lebensstils, der meine und vor allem kommende Generationen betreffen wird, bisher keine Gedanken gemacht hat. – Arno Schmidt


Leserbrief zu „»Abends mit Eva gevögelt«“ von Michael Naumann

Der Name Feuchtwanger steht für Weltliteratur.Das bedeutet aber doch nicht , dass seine exhibitionischten Tagebücher automatich auch Weltliteratur sind,in diesem Falle nicht mal Literatur,sondern bestenfalls Wichsvorlage. Für den Autor selber, wenn nötig.Und für andere Leser,um sich als Voyeur zu üben. Der Autor schwelgt in Erinnerung an die gehabten Orgasmen, der Voyeur huldigt dem Meister. Für die 26 Euro Buchpreis lieber einen Kalender kaufen mit etnschlägigen Fotos. – Hans-Emil Schuster


Leserbrief zu „Effektiver als die Natur“ von Stefan Schmit

In seinem Artikel greift Stefan Schmitt eine alte Idee auf: Könnte man den Fotosyntheseprozess effizienter machen, so ließe sich die pflanzliche Ertragsbildung steigern. In diesem Fall sollen „speziell für den Klimaschutz gezüchtete Designerbäume“ mehr CO2 aus der Atmosphäre entfernen. Diese Vorstellung übersieht wichtige Forschungsergebnisse der letzten Jahre, die zeigen, dass die Fotosynthese in den allermeisten Fällen nicht limitiert, sondern selbst vom Stoffwechsel gebremst wird. Es wird sogar in der alternativen Atmung oder aufgrund von Entkopplungsproteinen in Pflanzen ineffizient Energie in Form von ATP gebildet, um überschüssige Energie zu verbrauchen. Limitierend wirken dagegen physiologische Prozesse in sogenannten Sinkorganen (Wachstum von Blättern und Wurzeln, Bildung von Früchten), wo die ausreichend angelieferten Assimilate aus der Fotosynthese aufgrund mangelnden Wachstums nicht verbraucht werden. Eine Erhöhung der Fotosynthese muss, wie in verschiedenen Forschungsprojekten gezeigt wurde, an diesen Prozessen und nicht an der Fotosynthese selbst ansetzen. Vergleicht man die jährlich global freigesetzte CO2-Menge (219 Milliarden t C) mit der durch Diffusion in Ozeane (82 Milliarden t C) und durch Fotosynthese verbrauchte CO2-Menge (123 Milliarden t C), so zeigt sich, dass eine globale Steigerung der Fotosynthese um 5% die überschüssige Freisetzung des Klimagases CO2 unterbinden könnte. Aufforstungsprogramme, effizienterer Pflanzenbau und die Nutzung besonders von Nebenprodukten als nachwachsende Rohstoffe könnten, neben der Vermeidung von CO2-Emissionen, erheblich zum Klimaschutz beitragen. – Sven Schubert


Leserbrief zu „Effektiver als die Natur“ von Stefan Schmit

Ich trage dieses Jahr zu Weihnachten meinen Teil zur Photosynthese bei und verschenke Bäume statt Materielles. Das bringt auch noch Spaß, z.B. auf www.treedom.net/de/! – Barbara Schröder


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Kubicki kann das Gras wachsen hören, sagt er. Kubicki ? Gibt es den auch noch? Oder schon wieder? Mit solch einer selbstzerstörerischen Eigendarstellung kann man nur hoffen für ihn: Das Gras flüstert nicht bereits “ F.D.P., fast drei Prozent“ . – Hans-Emil Schuster


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Der Artikel zeigt die Notwendigkeit, an allen höheren Bildungsanstalten, für alle Studierenden sichtbar, Voltaires Ausspruch anzubringen: „Es mögen mir zwar deine Worte misfallen, aber ich werde bis zum Tod dein Recht verteidigen, sie auszusprechen.“ So ist Meinungsfreiheit zu verstehen. – Ulla Ertl


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

Ihr Autor Marcus Rohwetter ist auf der richtigen Spur. Es ist aber noch viel schlimmer. Ich betreue hin und wieder ältere Menschen – die sind völlig aufgelöst und manche haben keine Lust mehr zu leben. Oft wissen wissen sie gar nicht mehr, was die Angerufenen meinen, wenn ein Anruf tatsächlich Mal zustande kommt. Und die Firmen, die nur über Automaten zu erreichen sind ist das Problem noch größer. In der Form: wenn sie das oder jenes wissen wollen drücken sie 0, 1 oder 2 usw. usw. Und wenn der oder die Betreffende sich aufregt, wird aufgelegt. Bei den Handwerksfirmen ist es nicht viel anders. Die Beratungsstellen können sie auch vergessen. Die sind genauso schwer oder gar nicht zu erreichen. Das wird alles von der Politik übersehen. Der Bürger hat sich noch nie so verlassen gefühlt wie heute. Die Politik wird dafür gescholten. Auf Merkel hat man eine Stinkwut. Es ist schon was wahres dran, wenn viele Bürger von der Politik die Schnauze voll haben. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „»Ich suche nach dem Iniesta-Gehirn«“ von Jörg Kramer

Nach dem Lesen dieses Gespräches fällt einem unwillkürlich die alte Bauernregel „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter, oder es bleibt wie es ist“ ein. Beispiel: Wenn ein Spieler 12,5 km im Spiel läuft, kann es dies und jenes bedeuten. Es kann aber auch vielleicht daran liegen … Mir erscheint diese ganze Analyserei, ob mit oder ohne Algorithmen, ob mit oder ohne bewertende Systeme, wie ein großer Hokuspokus, wie ein gewaltiges Brimborium und ein cleveres Arbeitsbeschaffungsprogramm für Leute, die der Intuition einen (schein)wissenschaftlichen Anstrich verpassen. Bestes Beispiel ist das Packing: Damit verschaffen diese Analysten Toni Kroos seit Jahren ein traumhaftes Image, gerade bei Sportjournalisten. Dabei spielt der seit Menschengedenken, um es mit Uli Hoeneß zu sagen, einen Dreck, was einem besonders auffällt, wenn man ihn mit seinem Kollegen Luka Modric vergleicht, wozu man wiederum keinen Algorithmus benötigt. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Mehr JFK, weniger Momper“ von Peter Dausend

Bitte setzen Sie diese Analysen fort und klären Sie insbesondere einige Zweifelsfälle: Warum schaffte es Angela Dorothea Merkel ohne das „D.“? Ist A. K.-K. gleichwertig zu Annegret K. Karrenbauer? Wäre das Doppel-T bei Markus Thomas Theodor Söder hilfreich oder kontraproduktiv? Usw. usf. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Professor Schönecker ist in der heutigen Zeit ein mutiger Professor, obwohl es eigentlich gar keinen Mut bedarf. In einer Demokratie sollten unterschiedliche Meinungen zum Alltag gehören. Tatsache ist der moralische und soziale Verfall und die massenhafte Einwanderung völlig fremder Kulturen, die keiner wegleugnen kann. Ich kenne all die demagogischen Floskeln, der Linksextremisten. Für die besteht die Demokratie nur dann, wenn alle politisch in die gleiche Richtung laufen. Die das nicht tun, müssen in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt werden. So muß man das verstehen. Verrückt aber wahr! – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Oh Tannenbaum, hilf!“ von Christiane Grefe und Fritz Habekuss

In dem Artikel suchen die Autoren auch nach einem „Wald, der alles kann“. Ich habe diesen Wald auf den Hügeln aus Kalkgestein im Oberpfälzer Jura gefunden: Unsere Vorfahren haben in dieser wasserarmen Gegend die natürlich dort vorkommenden Buchenwälder mit Bauholz- und Wertholzbäumen aufgefüllt. So entstanden Mischwälder aus Licht- und Schattbaumarten, die aus mehreren Stockwerken bestehen. Oben wachsen Lärchen, Fichten, Kiefern, Tannen, Eichen und Edellaubbäume, in den unteren Etagen des Waldes Buchen und Hainbuchen. Die Schattbaumart Buche umfüttert die Stämme der Bauholz- und Wertholzbäume und fördert so deren Qualität. Die Buche als Mutter des Waldes wirkt auf der ganzen Fläche als Bodenverbesserin, Nährstoffpumpe, Wertholzmacherin (für die Bäume im oberen Stockwerk) und als Trägerin der heimischen Biodiversität.

Gegenüber dem reinen Buchenwald steigen so die Holzzuwächse um 30 – 40 %. Solche Wälder liefern alles: Brennholz und Industrieholz (vor allem Buche), Bauholz (Weißtanne, Fichte, Kiefer) und Wertholz (Lärche, Eiche, Edellaubbäume). Sie schützen den Boden sehr gut und bewahren das knappe Wasser. Mit einer modernen Zukunfts-Jura-Mischung, z.B. aus 20% Weißtanne, 30% Douglasie, Lärche, Kiefer, Fichte oder/und Schwarzkiefer, 20% Eiche und/oder Edellaubbäume und auf 100% der Waldfläche Buche „unten“ und „dazwischen“ lassen sich die Holzuwächse und damit auch die Klimaschutzleistung nochmals um 20 – 40% erhöhen. Durch die hohe Bauholzquote in solchen Mischwäldern kann eine zusätzliche CO²-Rückhaltung von 5 bis 10 Tonnen pro Hektar und Jahr erreicht werden. Dieses Mischwald-Bauholz-Konzept ist ein Zukunftswald-Leitbild, das sich in Deutschland in standortsangepassten Varianten auf großer Fläche realisieren lässt. – Erwin Engeße


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Thilo denkt – Annegret lenkt? Produktion sucht Konsumation; – oder umgekehrt? „Kauf dir, was du willst, mein Schatz. Ich lasse mich gern überraschen.“ – Salzburger Nachrichten vom 7.12.1968 Thilo Sarrazin und Annegret Kramp-Karrenbauer denken oder handeln vielleicht anders. Was in einer etwa 1000 Jahre alten Studie des persischen Hofes zum Thema Kastration europäischer Jünglinge auf herrschaftliches Interesse stieß und von René Descartes zur allgemeinen Denkweise verklärt wurde, fand bis heute natürlich keinen Ursprung, aber jede Menge gemeiner Denkweisen. „Ich bin sehr besorgt.“ „(Lächle, du kannst sie nicht alle…)“ „Sie hören mir nicht zu.“ – am Rande eines Gipfels vor ein paar Tagen – Michael Reisner


Leserbrief zu „Aus der Heimat entführt, um Europa zu amüsieren“ von Elisabeth Knoblauch

In dem Beitrag wird völlig zu Recht angeprangert, dass sich europäische Mächte des Raubes an Land, Gütern und Menschen schuldig gemacht haben. Und dies betriff nicht nur Afrika, sondern auch Asien. Zu den Opfern gehörten auch die arabischen Völker. Aber diese sind nicht nur Opfer, sondern durch ihre Beteiligung am Sklavenhandel zugleich auch Täter. Und es stellt sich die Frage, aus welchem Grund keine anklagenden Stimmen aus Afrika in Richtung der arabischen Völker zu vernehmen sind, und warum es diesen so gut gelingt, als Täter sich der Wahrnehmung zu entziehen. Auch aus Arabien selbst ist nichts zu vernehmen. Bezeichnend dafür mag sein, dass in dem gesamten Werk von Albert Hourani – Geschichte der arabischen Völker – das Wort „Sklavenhandel“ nicht vorkommt. Wenn sich denn Afrika um Ersatz für erlittenes Unrecht bemüht: Auch bei den reichen arabischen Staaten gäbe es einiges zu holen, mit vollem Recht. – Fritz Haisch


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Der ZEIT ist es zu verdanken, dass der Leser Einblick in die Gedankenwelt des weltberühmten Architekten Patrik Schumacher gewinnen konnten. Über sein eigentliches Metier, die Architektur, erfahren wir nur wenig: Er mag nicht den „Neorationalismus, der sich auf die Architektur der 20er und 30er Jahre bezieht, auf den faschistischen Mix aus Moderne und Tradition“, und hat auf der Basis des „Neoliberalismus, der jetzt radikalisiert werden muss“, einen neuen Stil ausgerufen, den “Parametrismus”, der sich zwar “noch nicht hegemonial durchgesetzt hat, aber der große Schub wird kommen, es gibt dazu keine Alternative“: Seine Geschäfte in den USA seien abgeflaut, „seitdem es neue Gesetze gegen Geldwäsche gibt: Wenn der Geldfluss zu radikal abgeschritten wird, sinken die Preise und die Kalkulationen der Immobilienentwickler stimmen nicht mehr“. Bei ihm ist die Welt gottlob in Ordnung: „Hier wird niemand mehr ausgeblendet. Selbst der Job unserer Putzkräfte ist angenehm, die können bei uns Popcorn oder Joghurt essen und sich unterhalten.” Allerdings, „wenn Menschen keinen Zwang verspüren, kommen sie gar nicht erst raus aus dem Bett; „es darf keine Garantien geben. Der Markt wird die Arbeit richtig verteilen”. Er ist sicher, dass „die linksliberale Politik auch für die ärmeren Schichten Gift ist; die abgehängten Schichten gibt es nur wegen der Wohlfahrtsgarantie“. Er ist “Kosmopolit. Und gegen Arbeitsrechte. Der Markt beschützt die Arbeiter am besten gegen Ausbeutung“. Für Notfälle rät er, -wie er selber – „ein schönes, sattes Polster zu haben. Oder man nutzt profitorientierte Privatversicherungen”. Er ist gegen eine „Mischung von sozialen Milieus in Wohnungsbauprojekten, da sie Konflikte zwischen den Milieus fördert“. Das könne der Markt besser regeln: “Die Sicherheitsleute und das Reinigungspersonal brauchen doch nicht in der Stadt zu wohnen“. „Soziale Mobilität lässt sich nicht staatlich verordnen. Umverteilung ist auch immer die Belohnung von Versagen und macht Versagen damit zur Option. Staatliche Subvention ist Gift.“ Sagt der ehemalige Marxist, nachdem er sich “in den letzten zehn Jahren Gedanken gemacht hat und politisch aktiv geworden ist“! Nach der Lektüre dieses Interviews habe ich den finsteren Verdacht, dass es sich bei diesem Beitrag wohl nur um eine Persiflage handeln kann! Um Aufklärung bittet – Prof. E.C. Klapp


Leserbrief zu „Schwere Entscheidung“ von Max Lebsanft

Es hat mir gut getan, Ihren Artikel zu lesen. Meine Mutter (80) ist Anfang 2018 an Nierenversagen gestorben. Die Ärztin in der Notaufnahme sagte mir, man wolle meiner Mutter keine Dialyse zumuten, da ihr Gesundheitszustand insgesamt sehr schlecht war. Meine Mutter hatte eine Patientenverfügung verfasst, die jede lebensverlängernde Maßnahme untersagte, dazu gehört auch die Dialyse. Da meine Mutter nicht mehr ansprechbar war, musste ich kraft meiner Betreuungsvollmacht die Entscheidung fällen, dass meine Mutter nur noch palliativ behandelt wird. Ein schwerer Schritt, der mein Gewissen bis heute belastet. Durch Ihren Artikel hab ich jetzt verstanden, an welchen Symptomen ich schon monatelang hätte erkennen können, wie es um meine Mutter steht. Dann wäre ein klärendes Gespräch mit ihr möglich gewesen, so wie Sie es mit dem 87-jährigen Patienten schildern.

Ihr Text berührt für mich ein Thema, von dem ich mir wünsche, dass es endlich in der Gesellschaft ankommt: Wir alle sterben eines Tages – wie wollen wir das erleben? Was passiert körperlich/seelisch in den letzten Wochen, Tagen und Stunden? Was kommt auf den Sterbenden und die Angehörigen zu? Der Tod wird totgeschwiegen. Ärzte sind da leider gar keine Hilfe. Ich musste mit drei Ärzten die Entscheidung gegen die Dialyse besprechen, zwei teilten meine Einstellung, eine war dagegen und äußerte sich sehr harsch.

Mediziner führen Behandlungen bis zu den letzten Lebensminuten durch, die auch mit unangenehmen Nebenwirkungen für den Patienten verbunden sein können. Die Patienten sterben im anonymen Krankenhausbetrieb, statt im Kreise von Angehörigen und Freunden mit liebevoller Betreuung von Palliativ-Pflegekräften. Wenn man sich frühzeitig mit der eigenen Endlichkeit beschäftigt, bietet das so viele Chancen: Man kann den Eltern noch die Fragen stellen, die immer unausgesprochen blieben. Schwierige Charaktere kann man besser verstehen, wenn man den Lebenslauf gemeinsam aufarbeitet. Ich finde es wichtig, Würde und Selbstbestimmtheit so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, anstatt nur in Körperfunktionen zu denken. Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag. – Ragna Ebeling


Leserbrief zu „Kampf gegen die Masern“ von Jan Schweitzer

Ihre Einstellung wird zumindest sehr klar durch Ihren Artikel… – Barbara Schröder


Leserbrief zu „Hoffmann geht in die Knie“ von Bettina Malter

Danke für Ihre ausführliche Schilderung dessen, was den Hoffmanns im brandenburgischen Limsdorf widerfahren ist. Erschütternd, wie sich rechtes Gedankengut unter Jugendlichen ausbreitet und ein Klima der Angst erzeugt, in dem sich kaum mehr atmen lässt. Schlimm auch, von der Machtlosigkeit des Rechtsstaats zu lesen. Das Böckenförde-Diktum fällt einem ein: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“

Und nun erwarten wir recht bald weitere Reportagen, etwa über die Menschen mitten in Deutschland, die unter den Gewalt-Erfahrungen leiden, die von orientalisch geprägten Parallelgesellschaften ausgehen. Um nur eine – weniger bekannte – Zahl anzuführen: In Berlin werden jedes Jahr 35 bis 40 homosexuelle junge Männer mit Frauen zwangsverheiratet; und rund 500 oft minderjährige Mädchen werden allein in unserer Hauptstadt jährlich zur Ehe gezwungen. Sind Ihnen diese Menschen ebenso wichtig? Einer seriösen liberalen Zeitung erscheint es geboten, die Gefahren für Freiheit und Selbstbestimmung auch da zu thematisieren, wo es vielleicht von rechts instrumentalisiert werden könnte. Berichten Sie darüber nicht, so sind Sie aus Angst vor den Rechten längst, wie Hoffmann, „in die Knie gegangen“. – Hanno Herzler


Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Wie wahr: auf dem Lande, wo das Auto unvermeidbare Lebensgrundlage ist, um den Alltag zu meistern, sind CO2-bedingte neue Belastungen kein Weg, um Akzeptanz für den Klimaschutz zu erreichen. Es wäre so schön, Parkhäuser an ÖPNV-Endhaltestellen und Parkplätze von Einkaufszentren mit kostenlosen Ladeplätzen für Elektro-Autos zu haben. Der Anreiz, sich ein sauberes, leises, komfortables Elektro-Auto anzuschaffen, wäre gegeben. Kostenloses Tanken gegen Ablösung der Pendler-Pauschale und schrittweiser Rückbau des Diesel-Privilegs könnten die Anfangsinvestitionen finanzieren. Wenn es dann eng wird bei den Ladeplätzen, E-Autos nicht mehr teurer sind als Diesel oder Benziner, kann Strom zu normalen Strompreisen abgegeben werden, denn E-Tanken kostet heute schon die Hälfte/km. Und die Stromerzeugung mit Solarmodulen und kleinen Windrädern an Ort und Stelle wäre ein Anreiz für lokale Investorinnen und Investoren, die Anlagen zu übernehmen, wenn die Netzentgelte wegfallen. Alle beteiligen sich am Klimaschutz, genießen eine neue Mobilität, die die alten Autos zu Treckern degradiert und bilden neue Netzwerke – ganz normal-sozial-lokal fürs Klima. Renault bietet bezahlbare E-Autos an während die verpennten, verhätschelten deutschen Autobauer die Verantwortung für die Zukunft auf die lange Bank schieben und die Welt alljährlich mit 10 Mio. neuer Dreckschleudern ausstatten. – Andrea Karsten


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Zu einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen um Lösungen für eine nachhaltige Zukunft bemühen, immer mehr Menschen erkennen, das technische Innovationen lediglich ein Baustein dieser Lösungen sein können, sich immer mehr Menschen aller Wissensgebiete die Frage nach einer Modifikation des kapitalistischen Wirtschaftssystems stellen, beide Kirchen mit dem Impulspapier (EKD) für nachhaltige Entwicklung und der Enzyklika Laudato Si ein Nachdenken über einen Wohlstand ohne die Dominanz materieller Werte unterstützen und in der jüngst ein Buch mit dem Titel „Die Große Transformation“ erschien, das mit dem Untertitel „Eine Einführung in die Kunst gesellschaftlichen Wandels“ die Richtung zukünftig möglicher bzw. erforderlicher Entwicklungen andeutet, äußert sich der international tätige Architekten Patrik Schumacher (57) in einem ZEIT-Interview zum (heterogen definierten)Thema Neoliberalismus. Er äußert sich in einer Weise, die wenig mit einer o.a. Kunst des gesellschaftlichen Wandels zu tun hat. Die folgenden Kernsätze seines Interviews stehen nicht in direktem Zusammenhang, doch sie vermitteln eine individuelle gesellschaftsbezogene Wertvorstellung, die eindrucksvoll durch seine Pose im Begleitfoto unterstützt wird. Zitate:

Wenn Menschen keinen Zwang spüren, kommen sie gar nicht aus dem Bett….Eigenbrötler, die sich aus dem Chaos der Großstadt zurückziehen, schneiden sich selbst von Möglichkeiten ab. Der Nostalgie des kleinen Gartens sollte man auf keinen Fall frönen….In China werden Kreditsysteme entwickelt, die das Wohlverhalten der Bürger berücksichtigen….wenn private Ranking-Agenturen die Einstufung der Bürger übernehmen würden, wäre das super…. Der Datenschutz ist doch völlig übertrieben…Ich will upgedatet sein, sonst schneide ich mir meine Karrieremöglichkeiten ab….Ich habe selbst einmal eine Wohnung leer stehen lassen—ich bin kein Sozialarbeiter….Es gab einen harten Vater, der sehr streng war…. Die abgehängten Schichten gibt es nur wegen der Wohlfahrtsgarantien….Es darf keine Garantien geben. Der Markt wird die Arbeit richtig verteilen. Diese Frührentner, die mit Mitte 40 für ein wenig Rückenschmerzen oder mentalen Problemen für immer aufhören zu arbeiten…“.

Hier zeigt sich ein Denken, das in einer Sphäre (pseudo-)elitärer Lebenswelten geprägt wurde/wird, die vom gesellschaftlichen Alltagserleben abgekoppelt ist (und Ursache der Gelbwesten-Bewegung in Frankreich zu sein scheint). Schumachers ökonomische Auslassungen dokumentieren ein völliges Missverständnis einer von Adam Smith beschriebenen Funktion des „Marktes“, indem sie einerseits eine Überbewertung des Eigennutzes andeuten, andererseits keine positiven Bezüge der Ökonomie zum Sozialen vermissen lassen. Es ist nicht erkennbar, wie eine Unterstützung der Großen Transformation auf dieser Basis aussehen könnte. – Peter Vollmer


Leserbrief zu „Hoffmann geht in die Knie“ von Bettina Malter

Schreiben Sie doch mal ein solches Dosier aus den grün/linken/autonomen Besatzungszonen in Hamburg oder Kreuzberg. Das täte ihrer Ausgewogenheit gut. – Peter Knappmann


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Komm cum! Cum komm! „Was bist du für ein Eierarsch?“ das fragt Kubicki, er kann’s barsch; doch hat er gern auch einen Smile; die Jugend würde sagen: „geil“! Cum-ex, cum cum, egal wie dumm, wo er vertritt, nimmt er wohl „mit“, das Honorar; wenn je in bar, er gleich versteuert, ist nicht bescheuert! – Frank Müller-Thoma


Leserbrief zu „Farben der Fitness“ von Cornelius de Bill Baboul

Weil ich diese Zeitung sehr schätze, möchte ich fragen, weshalb im „Zeit-Magazin“ wiederholt offensichtliche Banalitäten der Leserschaft als Kunst serviert werden. Aktuell finde ich in großspuriger Aufmachung Fotos von Getränkeflaschen, die von einem „Künstler“ zu Blumenvasen umfunktioniert wurden. Im einleitenden Text ist von „Farbwunder“ die Rede, „wie sie die Natur nicht zu bieten hat“. Ich gestehe, ich bin außerstande, für diesen literarischen Höhenflug einen bildhaft adäquaten Landeplatz auf den Fotos zu entdecken. Mit Verlaub: Plastikflaschen als Blumenvasen – solche Installationen finden sich in jedem Kindergarten. Ein Lob an den Kreator der Fotos, der mit dunklem Hintergrund dieses „Farbwunder“ erst so richtig zur Entfaltung bringt. Welch genialer Kunstgriff aus dem Basiswissen der Farbenlehre: Gelb, Blau, Rot, Grün auf schwarzen Grund gesetzt und alles wird zum grellen Knaller! Ich erspare mir, auf die Begleittexte zu den einzelnen Fotos einzugehen. Was bleibt, ist eine Mischung aus Ratlosigkeit und Verwunderung über diese intellektuelle und sinnliche Anspruchslosigkeit. – Klaudius Hartl


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Wenn Interviews damit eingeleitet werden, dass jemand „früher Marxist“ war, verheißt das oft nichts Gutes. So auch bei Herrn Schumacher. Auf einer ganzen Seite darf er darlegen, dass seine engen Mitarbeiter und er ein urbaneres, anregenderes Leben verdient haben als Sicherheitspersonal und Reinigungskräfte. Zu einem grotesken Satz wie „Umverteilung ist auch immer die Belohnung von Versagen“ fällt mir mehr als der Gedanke „Was für eine asoziale Haltung“ nicht ein, zumal Architekt Schumacher ersichtlich stolz ist auf seine polyglotte, elitäre, snobistische Art. Provokativ? Ja, aber eben ohne großen Erkenntniswert, außer dem, dass Herr Schumacher meint, sein Leben sei wertvoller als das anderer. Fataler Irrtum. – Tim Engel


Leserbrief zu „»Wir sind im letzten Akt einer Tragödie«“ von Britta Stuff

Norbert Blüm könnte sogar der kleinste Mann in der CDU sein, klein aber mit großem Grips! Er könnte mit Sicherheit ganz genau wissen, wo sich das christliche Gewissen der Partei, zur Zeit versteckt hält. Er, ein kabarettistischer Tachelesredner mit gewissem Tiefgang. Ein Mahner, der längst die große (politische) Bühne verlassen hat, und der wahrscheinlich mit Schaudern zur Kenntnis nehmen muss, was so mancher „Klugscheisser“, alles völlig ungefiltert in die Atmosphäre blasen darf! – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „In Merkels Hand“ von Tina Hildebrandt

Die Würfel sind gefallen, die Wahlurnen sind wieder leer! Einen wirklichen Neustart, mit allem Drum und Dran, den wird es wieder einmal nicht gegeben. Dieser Neustart wäre wahrscheinlich nur ein Jens Spahn möglich gewesen; mit einem „jungen Mann“, der völlig anders ist und ganz anders daherkommt, als die ewigen Altgestrigen in dieser („neo)christlichen“ Partei. Der Wähler hat sich für das kleinste Übel entschieden, und ein „weiter-so-wie-bisher“, ist daher bereits jetzt schon vorprogammiert. – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „»Wir sind im letzten Akt einer Tragödie«“ von Britta Stuff

Welch gelungene Idee, den zu jedem Thema auskunftsbereiten, sich allen politischen Lagern verbunden fühlenden und sich mit jedem gemein machenden Talkshow Schausteller Norbert B. auf Ihrer wichtigen Seite drei als Interviewgast zu führen. Schade, dass Sie seine umfassende Kompetenz für allgemein- und immer gültige Positionen nicht um weitere Experten erweitert haben. Laden Sie doch das nächste Mal die Herren Wolfgang B. oder Norbert R. mit dazu ein, Ihre Leser dazu zu bringen, noch einmal auf Seite eins zurückzublättern um sicherzustellen, dass man tatsächlich eine Zeit in den Händen hält. – Lutz Jäger


Leserbrief zu „Der Drachentöter“ von Heike Buchter

Wer Donald Trump ständig, immer und überall so richtig huldigen kann, der liegt bei Donald Trump ständig, immer und überall ganz richtig, auch wenn er weltweit ständig, immer und überall total daneben liegen sollte! – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Gebremster Spaß“ von Dirk Asendorpf

Sie haben bisher noch nicht so richtig gewußt, was sie unbedingt „zu wollen haben“! Sie wollen sich so schnell als möglich „zum Affen machen“, dann liegen sie hier ganz richtig, beim „Elektrorollern & Co“. Nur wer noch nicht weiß, was er will, und es trotzdem macht, der ist „mega-in und giga-blöd“! – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

Es wäre eines der letzten großen Abenteuer, pünktlich auf Gleise(n) abzufahren! – Riggi Schwarz


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Warum gibt die ZEIT in unregelmäßigen Abständen immer wieder Scharlatanen und Spinnern ein Forum sich in vollkommen kruder und unverschämter Art und Weise zu äußern? In dieser Woche also Patrick Schumacher, der privaten Rating-Agenturen zur Einstufung der Bürger das Wort redet. Hallo? David Chipperfield darf er unwidersprochen dem Faschismus nahe rücken. Ich empfehle Herrn Schumacher eine Reise zum Essener Folkwang-Museum, dem nichts Derartiges innewohnt und von einem Gerechten der Völker – Berthold Beitz – gestiftet wurde, der sich gewiss nicht für Architektur in der Tradition von Faschisten stark gemacht hätte. Was soll der ganze Unsinn von Herren Schumacher, was haben diese Provokationen im Feuilleton der ZEIT zu suchen? Toll auch, dass Herr Schumacher die nächtens staubsaugenden und sich dabei sogar unterhaltenden (!) Reinigungskräfte lobend erwähnt. Deren runtergegangener Stresslevel dürfen diese in nächtlichen Heimfahrten kompensieren, denn für Herrn Schumacher ist es vollkommen in Ordnung, dass Reinigungskräfte eine Stunde ausserhalb der Londoner City wohnen, während sein Architekten-Personal selbstverständlich im Zentrum wohnen darf, denn dieses Klientel muss (!) sich schnell weiterbilden können. Was soll so ein unverhohlen asozialer Brei, den Herr Schumacher im Feuilleton der ZEIT verbreiten darf? – Jörg Mirbach


Leserbrief zu „»Wir sind im letzten Akt einer Tragödie«“ von Britta Stuff

Das Interview mit Norbert Blüm in der aktuellen Ausgabe fand ich sehr lesenswert. Vorallem auch weil es einen zeitlichen Verlauf hat und schön zu sehen ist welche Prognosen Herr Blüm abgegeben hat und wie sich die Realität entwickelt. Oder die Einsicht von Blüm nachdem er zuerst vom Hocker gefallen ist nach dem angekündigten Rücktritt von Merkel und es nicht verstand aber dann später doch. Sehr gelungenes Format und gerne mehr davon. – Timo Harms


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

Die Klagen über die Bahn und ihre Probleme sind nicht neu, auch nicht über die – trotz aller Kritiken ¬– steigenden Passagierzahlen. Deshalb frage ich mich zunehmend irritiert, warum die Bahn keine zweistöckigen ICEs, aber auch ‚Doppeldecker‘ anderer Modellreihen bauen lässt und einsetzt. Damit könnte sie 45 % mehr Fahrgäste transportieren, ohne die Züge verlängern oder Reisende wegen Überfüllung der Züge auf den Bahnsteigen zurücklassen zu müssen. Es gibt mancherlei fadenscheinige Argumente, die dagegen sprechen sollen: Ältere Passagiere könnten ihr Gepäck nur mit Mühe in den oberen Stock wuchten, die Kontrolleure schlecht beide Stockwerke überwachen … Die sind jedoch wenig überzeugend, wenn man sieht, dass in anderen Ländern derartige ‚Probleme‘ mühelos bewältigt werden. Das gilt für unsere Nachbarn in Frankreich mit ihrem TGV Duplex, für die Österreicher mit dem Stadler KISS für die Westbahn oder die Schweizer mit dem IC 2000. Allen voran aber steht der japanische ‚Shinkansen‘ (mit den Baureihen E1 und E4). Er ist zudem der weltweit pünktlichste. Vielleicht könnten sich die Konstrukteure von Siemens und die Einkäufer der DB Fernverkehr dort einmal umsehen und Nachhilfe erteilen lassen. Anschauungsbeispiele gibt es also genügende. Vielleicht wäre es auch an der Zeit, dass sich die Bundesbahn nach Lieferanten im Ausland umsieht, die geeignetere Züge liefern können. – Prof. Dr. Jürgen Huss


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Schuster, bleib bei deinen Leisten. Nichts Neues vom großen Innovator Patrik Schumacher. Es scheint, als habe er sich völlig in seinem parametrischen Theoriegebäude verrannt. Im Wege der kurzschlüssigen Verlängerung seiner architekturtheoretischen Ansätze in politische, soziale und ethische Fragen brennen immer mehr Sicherungen durch. Fast möchte man ihn vor sich selbst schützen und zurufen: Das ist ein Interview! Kein Selbstgespräch im Spiegelsaal sozialer Netzwerke! Fast hat man den Eindruck, dass er die Anstößigkeit seiner Antworten auf die Fragen von Tobias Timm genießt.

Oder ist alles nur Ego-Marketing. Wo er Obszönität mit Radikalität verwechselt, möchte man allerdings doch zumindest das Wort „Radikalität“ aus seiner Filterblase retten: Denn Radikalität wird heute an anderer Stelle dringend für das Überleben der Menschheit gebraucht, z.B. für die Kategorisierung dringend notwendiger Maßnahmen gegen den Klimawandel. Hier müssen auch Architektur und Städtebau mit ökologischem Bauen einen nachhaltigen Beitrag leisten. Vom Schumachers Parametrismus ist hier genauso wenig zu erwarten wie vom korrespondierenden Neoliberalismus. Wie gelingt es der Fliege, den Ausweg aus dem Fliegenglas zu finden? Patrik Schumacher ist ganz oben. Da wo er Neues sucht, geht es nicht weiter. Die Fluchtwege führen nach unten. Alles fließt. Raum und Zeit. – Reinhard Koine


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Mit einem Schmunzeln habe ich Ihr Interview mit Patrik Schumacher gelesen. Er lehnt Umverteilung mit der Begründung ab, sie sei auch immer die Belohnung von Versagen und mache das Versagen damit zur Option. Schade, dass er nicht erkennt, wie nützlich die Umverteilung für ihn selbst sein könnte. Sie wäre die ideale Belohnung für sein eigenes soziales Versagen, aus sich selbst heraus keine Demut und Verständnis für die Probleme weniger Privilegierter aufbringen zu können. Durch Umverteilung kann auch er zur Gemeinschaft beitragen, denn Umverteilung beteiligt auch diejenigen an der Gesellschaft, die keine soziale Ader haben. – Jonas Horlemann


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Dieser Artikel hat mir gezeigt, wie lebhaft an der Universität die Auseinandersetzung mit rechts verorteten Geistern umgegangen wird. Schön, wenn die angehenden Lehrer offenkundig bereits eine feste Meinung zu rechten Tendenzen haben. Haben Sie aber auch das Rüstzeug den rechten Populisten wirklich argumentativ entgegen zu treten? Gerade die Universität und besonders die philosophische Fakultät sollte doch wohl der Ort sein, an dem aktuelle Meinungen vorurteilsfrei angehört werden, damit sie dann methodisch anhand von Fakten analysiert werden können. Wenn unsere jungen Lehrer dann da einst im Schuldienst die Kinder der besorgten Patrioten unterrichten sollen, dann sollten sie der vom Elternhaus eventuell mit übernommenen Skepsis etwas konkretes entgegensetzen können. Vermutlich wird es nicht reichen deren sozialisierten Gefühlen und Meinungen mit der Rassismus-, Populismus- oder Nazi-Keule abzutun. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten die heutigen Studenten dann verständlich argumentierend unsere freiheitliche Grundordnung differenziert darlegen können. Einfach stelle ich mir das nicht vor. Und das können die Studierenden schon heute? Der Artikel hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Studenten in den gleichen Echokammern verhaftet sind, wie unsere Dauer besorgten Bürger. – Reimar Schappach


Leserbrief zu „Hoffmann geht in die Knie“ von Bettina Malter

Meine Komplimente für den ausgezeichneten Artikel (‘Hoffmann geht in die Knie’) über die schrecklichen Ereignisse in einem deutschen Durchschnittsdorf. Die Entwicklungen in Limsdorf (Brandenburg) – und dabei denke ich z.B. an dem Aufstieg des Rechtsextremismus und die Ökonomische Probleme der ehemaligen Osteuropäischen Länder – sind meines Erachtens in gewisser Masse repräsentativ für die allgemeinen Probleme womit nicht allein Deutschland sondern auch die meisten anderen Europäischen Länder konfrontiert werden. Was in diesem Artikel auffällig ist und mir auch gefällt ist dass mit dem Mythos des ruhigen und harmonischen Lebens in einer Dorfgemeinde, wovon viele Leute die sich meistens an der politisch rechten Rechte befinden noch immer träumen, abgerechnet wird. – Albert Kort


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Erfrischend wie sich Herr Schumacher im Interview gegen diese maßregelnde (EU-) Bürokratie ausspricht, die damit doch nur links-rot-grün-versiffte Schmarotzer durchfüttert. Und es ist doch wirklich so. Brandschutzbestimmungen zum Beispiel schützen doch nur die Verlierer. Ein Grenfelltower-Ereignis ab und an ist doch ausgesprochen reinigend. Es schafft Wohnraum in neuen Luxusobjekten für das gut situierte Klientel in unseren immer enger werdenden Städten, während die – überlebenden – nicht so solventen undankbaren Vormieter da landen, wo sie hingehören: auf der Straße. Nur warum so zaghaft, Herr Schumacher, warum so inkonsequent? Was ist Entführung und Erpressung denn anderes als wirtschaftliche Eigeninitiative? Ist Mord nicht eigentlich auch nur konsequent gelebte Konkurrenz? So lasst uns denn ALLE Gesetze und Ordnungen abschaffen! Nehmen wir uns doch ein Beispiel am wohl neoliberalsten aller Wirtschaftszweige: am Drogenhandel! Gerade weil es verboten ist, ist dieser frei von allen gesetzlichen Beschränkungen und damit auch von allen ethischen Bevormundungen durch linke Weicheier: Wer sich da ordentlich Mühe gibt und für sich sorgt, kann dann richtig richtig gut leben, und der Loser verreckt eben auf dem Bahnhofsklo. So müssen wir’s machen! Nein, müssen wir gar nicht, wir müssen nur Herrn Schumacher et al. so machen lassen. Dann gibt’s keine Altersarmut mehr, weil nicht mehr alt wird, wer sich’s nicht leisten kann, dann gibt’s keine Arbeitslosigkeit mehr, weil – arbeitsfähige – Sklaven werden immer gebraucht. Die anderen werden dann einfach entsorgt, oder besser: Sie werden dazu gebracht sich selbst zu entsorgen. Sie könnten z.B. ihre Lebern und Lungen verkaufen, um ihren Kindern zumindest einen Grundschulabschluss zu finanzieren. Dann gibt’s auch keine Unterdrückung mehr, weil sich doch jeder sein Los selbst ausgesucht hat. Dann gibt’s keine nennenswerten Umweltkatastrophen mehr, weil wegzieht, wer sich’s leisten kann und der Rest ohnehin nicht zählt. Alle reden von der Parallelgesellschaft – wir schaffen sie! – Hermann Thomsen


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Stufe 1: „Das Gras wachsen hören“ =umgangssprachlich, spöttisch: an den kleinsten oder auch an eingebildeten Anzeichen zu erkennen glauben, wie die Lage ist oder sich entwickelt (vgl. Duden 7. Auflage 2011, Nachdruck 2014).
Stufe 2: „Gras rauchen“ (=Jargon) Haschisch; Marihuana (vgl. Duden 7. Auflage 2011, Nachdruck 2014)
Stufe 3: „ins Gras beißen“ =salopp; sterben; vermutlich nach der antiken Vorstellung, dass der Kämpfer beim Todeskampf in Erde oder Gras beißt. (vgl. Duden 7. Auflage 2011, Nachdruck 2014) – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Mohamed Amjahid hat in seinem Artikel „Denken oder denken lassen?“ (Die Zeit, 6. Dez. 2018) bei aller vorgetäuschter Neutralität auf raffinierte Weise einen denunziatorischen Ton gegen meine Person und gegen mein Seminar „Denken und Denken lassen. Zur Philosophie und Praxis der Meinungsfreiheit“ angeschlagen, der bei Leserinnen und Lesern, die nicht mit dem Siegener Fall und mir vertraut sind (also bei fast allen), zwangsläufig den Eindruck erwecken muss, hier laufe ein fundamentalistischer Katholik mit rechtspopulistisch-nazistischen Tendenzen akademisch Amok. Dem ist nicht so. Der Beitrag von Herrn Amjahid unterbietet bei Weitem das Niveau, das man von der ZEIT erwarten darf, und er verletzt die journalistische Sorgfaltspflicht. Dass er Sympathien für meine Kritiker hat, liegt auf der Hand und ist natürlich bis zu einem gewissen Grade akzeptabel; er hätte dennoch mit mehr Erfolg versuchen können, neutral oder zumindest sachlich zu bleiben. Zunächst zu zwei unwahren Behauptungen in dem Artikel:
1. Herr Amjahid schreibt, ich hätte zusätzliche Mittel beantragt. Das ist, von wem auch immer, frei erfunden.
2. Herr Amjahid schreibt, ich zählte mich selbst zur linksliberalen Seite. Das tue ich nicht (ich bin Liberaler), und das habe ich ihm ausdrücklich gesagt.

Viel wichtiger und schlimmer sind aber die zum Teil unterschwelligen, zum Teil recht offen vorgetragenen Unterstellungen und Verdrehungen. Ich benenne nur die gravierendsten Fälle:

  1. Herr Amjahid schreibt: „Er [also ich, D. Schönecker] selbst sei in ethischen Fragen zwar sehr konservativ. Abtreibung? Moralisch falsch. Ehe? Nur zwischen Frau und Mann. Kopftuch? Nicht gut. Schönecker hält sich dennoch für liberal“. Im Gespräch hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass ich ethisch konservativ, rechtsphilosophisch aber ultraliberal bin, dass meine Kritiker diesen Unterschied nicht begreifen und dass man mir, wie ich vermute, u. a. deshalb rechtes Denken vorwirft. Herr Amjahid hat den Unterschied offenkundig auch nicht begriffen. Zu den beiden konkreten Punkten:

(i) Ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich weder ethisch noch rechtsphilosophisch auch nur die geringsten Bedenken gegen Homosexualität habe und dass ich nur den Begriff der „Homo-Ehe“ für definitorisch unpassend halte (und erst recht den der „Ehe für alle“), aber dessen ungeachtet völlig und ohne jede Einschränkung für die jetzt sogenannte Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts bin. Herr Amjahid erweckt aber den Eindruck, als wäre ich per se gegen die Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen.

(ii) Ich habe auch ausdrücklich betont, dass ich als Liberaler ohne jede Einschränkung dafür bin, dass Frauen in Deutschland Kopftuch und Burka tragen dürfen. Auch hier erweckt Herr Amjahid den Eindruck, als verneinte ich das Recht auf Kopftuch und Burka. Dazu passt natürlich prima ins Bild, mich am Ende des Artikels beiläufig als Katholiken zu identifizieren (das stimmt, aber was tut das zur Sache?). Nicht ins Bild passt und unerwähnt bleibt natürlich, dass ich als Liberaler eindeutig für das Recht auf aktive Sterbehilfe bin, für eine sehr freizügige Drogenpolitik, für das Recht auf Prostitution usw.

  1. Herr Amjahid schreibt: „In einer Sitzung des Seminars mit dem Medientheoretiker Norbert Bolz als Gastreferent wurde diskutiert, dass es im Jahr 1933 auch richtige Entscheidungen gegeben habe“. Diese Darstellung muss fast zwangsläufig dazu führen, dass alle, die nicht dabei waren (also wieder fast alle LeserInnen der Zeit), denken werden, hier hätten sich alte und neue Nazis auf Stammtischniveau getroffen, um die guten alten Zeiten zu beschwören. Herr Amjahid schreibt weiter: „Referenten und Zuhörer diskutierten, ob es möglich sein müsse, Menschen als »Neger « oder »Kanaken« zu bezeichnen“. Das wiederum klingt ohne Kontext so, als hätte irgendjemand befürwortet, Menschen mit solchen furchtbaren Schimpfwörtern zu bezeichnen; aber natürlich hat das niemand gemacht. Der von Herrn Amjahid weggelassene Kontext war die Frage, wie weit die Meinungsfreiheit reichen darf; ob wir, um sie nicht zu stark einzuschränken, uns nicht alle ein dickes Fell auch gegen verallgemeinernde Beleidigungen zulegen müssen; und dass es juristisch nun einmal so ist, dass etwa ein Spruch wie „Alle Soldaten sind Mörder“ von einem Individuum rechtlich nicht als Beleidigung angezeigt werden kann, da er nur gegen eine Gruppe gerichtet ist.
  2. Herr Amjahid erwähnt, dass ich Frank-Walter Steinmeier und Joachim Gauck eingeladen habe und lässt dann eine Studentin zu Wort kommen, die meint, Gauck sei nicht links-liberal. Von mir aus einverstanden. Aber Herr Amjahid schreibt nicht, dass ich (neben vielen anderen, die ich hier nicht nennen kann) auch zweifellos linke Personen wie Rainer Forst und Axel Honneth eingeladen habe; auch darüber war Herr Amjahid informiert.

Ich wurde vor kurzem gefragt, ob es stimme, dass ich mich „seit Jahren in der rechten Szene bewege“. Das ist in allen nur erdenklichen Hinsichten völlig frei erfunden. Ich bin Liberaler, und ich bitte um Verständnis dafür, dass ich es wirklich als rufschädigend empfinde, immer wieder – auch durch Beiträge wie den von Herrn Amjahid – in die rechte Ecke gestellt zu werden. – Prof. Dr. Dieter Schönecker


Leserbrief zu „… unser alter Busfahrer?“ von Marius Buhl

Danke für diesen positiven Bericht über einen Russlanddeutschen, Ihren Busfahrer. Pflichtbewusst und treu wie viele meiner Landsleute. – Marina Fink


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Vielen Dank für den Artikel. Es ist sehr wertvoll, dass sie so viele Aussagen zitieren. Erschreckend ist für mich der Professor, welcher anmahnt, die Rechten nicht zu laut zu kritisieren. Ist das Risiko des Eintretens solcher Verhältnisse schon so hoch? Die Zeilen über die „Burschenschaften“ sehe ich jedoch als nicht ganz korrekt. In Siegen gibt es, meines Wissens, zwei Burschenschaften. Weiters gibt es zwei christliche Studentenverbindungen. Deren Dachverbände CV und Wingolf sind definitiv nicht rechtsradikal oder ausländerfeindlich. Schließen Sie diese in Ihrem Artikel in den Begriff „Burschenschaft“ ein? In den Reihen der tatsächlichen Burschenschaften (in Deutschland und Österreich) finden sich dagegen mehrere deutschnationale und rechtsradikale Mitglieder. Gerade beim Thema Rechtsradikale an Hochschulen gilt es doch klar zu benennen, welche Art von Verbindung gemeint ist. – Christoph Schröder


Leserbrief zu „»Abends mit Eva gevögelt«“ von Michael Naumann

„Alle Vöglein sind schon da“, und sie vögeln weiter durch Zeit und Raum, und sie twittern ihr Lied. Lion Feuchtwanger war kein Vögelein, und er hat nicht getwittert, obwohl er schreiben konnte. Wer nun näheres über seine (schriftstellerische) Potenz wissen möchte, der lese, und wer nicht, das lasse (das)! – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Glücklich ist, wer vergisst“ von Benedikt Erenz

Bisher habe ich als langjähriger ZEIT-Leser nie einen Leserbrief geschrieben, der genannte Artikel lässt mir diesbezüglich allerdings keine andere Wahl. Der „schwelende Skandal“ um das Hamburger Staatsarchiv wurde bereits von anderen Medien Norddeutschlands behandelt, allerdings hatte ich mir von der ZEIT eine fundiertere Berichterstattung gewünscht.

Dass die vernichteten Totenscheine eine „einzigartige Dokumentation zur deutschen Sozialgeschichte“ seien, ist eine Behauptung, die jeglicher Grundlage entbehrt – und für die in jedem Fall eine Absicherung durch eine fachliche Historikermeinung der ZEIT gut angestanden hätte. Von einem Autoren, der den Verantwortlichen im Staatsarchiv „blanke Unkenntnis“ vorwirft, hätte ich eine eingehendere Beschäftigung mit dem Thema erwartet, da er die Bedeutung dieser Quellen – auch im Hinblick auf die im Archiv verwahrten Sterberegister und anderen Quellen – eindeutig überschätzt. Im Übrigen haben andere Archive diese Totenscheine ebenfalls nicht überliefert, was im Artikel nicht zur Sprache kommt, der seine Kritik ja auf Hamburg beschränkt. Außerdem sind die Totenscheine mitnichten die „einzigartige Quelle“, zu der sie im Artikel erklärt werden. Einzigartige Quellen berichten entweder von Ereignissen, über die wir ohne sie keinerlei Kenntnisse hätten (wie die Schlacht am Hartzhorn), oder sie sind aufgrund ihres Inhalts von besonderem Wert (wie die Tagebücher der Anne Frank). Nicht einzigartig hingegen sind Dokumente, die uns Dinge sagen, die wir bereits in anderen Quellen gut belegt haben: Alle in den Totenscheinen erhaltenen Informationen, die über die Sterberegister hinausgehen, sind in ihrem Quellenwert eindeutig zu hinterfragen, da wir es mit reinen Täterquellen zu tun haben: Die Unterschrift des Arztes kann ebenso gut gefälscht sein wie die Todesursache, sie liefern uns keine validen Aussagen über die Ereignisse in der Vergangenheit.

Wenn den Autor des Artikels die Stellungnahme des Staatsarchives nicht zufriedenstellt, was sein gutes Recht ist, so wäre es seine Pflicht als Journalist gewesen, kritisch nachzufragen, vielleicht einen Ortsbesuch vorzunehmen oder sich eine fundierte Drittmeinung einzuholen. Dies ist offensichtlich nicht passiert, sonst wäre der Artikel bestimmt nicht in der vorliegenden Form erschienen und dieser Leserbrief unnötig. Schließlich möchte ich mich noch dagegen verwehren, dass der Autor die Vernichtung dieser Totenscheine mit dem tragischen Einsturz des Kölner Stadtarchivs gleichsetzt. „Glücklich ist, wer vergisst“, dass bei diesem Unglück zwei Menschenleben ausgelöscht wurden, „unrettbar und für immer“. Und diese Menschenleben waren in jedem Fall wertvoller als jedes Stück Papier – und sei es noch so alt. Der Autor dieses Leserbriefes ist Historiker und hat demnach ein Herz für historische Quellen, aber kein Stück Papier, egal welchen Inhalts, ist wertvoller als ein Menschenleben. Eine solche Gedankenlosigkeit hätte ich eher von unserem (in ihrem Dossier dafür zu recht kritisierten) Innenminister erwartet, nicht aber von der ZEIT. In unseren sogenannten „postfaktischen“ Zeiten halte ich es für wichtiger denn je, dass Medien wie die ZEIT ihre Artikel gründlich recherchieren und von allen Seiten beleuchten, anstatt unkritisch zu polemisieren. – Tobias Nowitzki


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Ein großes Vergnügen hatte ich beim Lesen des Interviews mit dem weltberühmten Architekten, dessen Namen keiner kennt. Zielsicher haben Sie ihm das Stöckchen hingehalten, über das er dann bereitwillig immer wieder gesprungen ist, um sich mit seiner Provokation heillos zu vergaloppieren. Schade, dass Sie Ihn nicht über sein Geschlechtsorgan befragt haben. Ich bin mir sicher auch hier hätten wir uns über seine überbordende Schilderung seiner Besonderheit erfreuen können. – Berthold Jungblut


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

Danke für Ihren hervorragenden umfassenden Artikel „Stilles Gleis“. Sie schreiben u.a. über „die Wut der Kunden“. – Die meckernden Kunden verstehe ich nicht ! Die wesentlichen Missstände im Bahnsystem hat m.E. nicht die Bahn zu verantworten. Die privaten Autofahrer haben seit etwa 1955 das Bahnsystem (insbesondere das regionale Bahnsystem) durch zunehmende Nichtbenutzung weitgehend zerstört. Zum Beispiel Fahrplandichte, Netzdichte, Bahnhöfe und Arbeitsplätze. Man lässt keine leeren Züge fahren. Primärursache war und ist die mit dem Auto möglich gewordene Landschafts-Zersiedelung. Private Bahnunternehmen haben Gott sei Dank einen Teil der regionalen DB-Bahnstrecken retten können, die stillgelegt werden sollten. Die DB-Spitze muss außerdem seit der höchst fragwürdigen Umwandlung der Deutschen Bundesbahn in eine AG überwiegend an Profit denken. Darunter leiden die wichtigsten Vorteile eines intakten Bahnsystems : Sicherheit, Ökologie, Attraktivität, Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit. Für die richtigen Eisenbahner, also nicht die DB-Bahnspitze, ist es eine riesige Leistung, die Motivation bei ihrer Arbeit zu behalten. Kein Staat kann sich zwei perfekte Verkehrssysteme (Zug/Schiene und Auto/Straße) leisten. Die deutschen Bürger entschieden sich fast ausnahmslos für das Auto/Straße-System und meckern jetzt über die Folgen im Zug/Schiene-System. – Volker Freiesleben


Leserbrief zu „Kampf gegen die Masern“ von Jan Schweitzer

Ich wundere mich oft, wie sehr auch die Zeit beim Thema Impfungen durchdreht. Sie schreiben tatsächlich, die Encephalitis nach Masern verlaufe immer tödlich, dabei beträgt die Letalität ca.10% bei der primären Masernencephalitis und günstiger bei der später ausbrechenden (z.B. bayerisches Ärzteblatt 2015). Da soll man nicht skeptisch werden?! – Alix Kokula


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Realsatire pur, dieses Interview mit einem Menschen, der vom Marxisten zum meines Erachtens ziemlich arroganten, zynischen und egozentrischen Architekten nicht zuletzt für reiche Verbrecher und Diktaturen mutiert ist! Herr Schumacher ignoriert völlig das fundamentale Bedürfnis der meisten – insbesondere natürlich der weniger wohlhabenden – Menschen nach finanzieller und sozialer Sicherheit und verherrlicht den unregulierten Markt, obwohl dieser „dank“ der Energiekonzerne, der Autoindustrie, der Luftfahrtindustrie, der Agrarindustrie, nicht zuletzt auch der Bauindustrie etc. für das größte derzeitige Problem der Menschheit, nämlich die globale Erderwärmung, sowie für viele weitere Umweltprobleme und gravierende soziale Verwerfungen wesentlich mitverantwortlich ist. Zudem hält Herr Schumacher alle Menschen für faul, weil er selbst seiner Selbsteinschätzung nach ohne äußeren Druck faul wäre. Das ist meines Erachtens eine unzulässige Verallgemeinerung: Es gibt meines Wissens keinen Beleg dafür, dass viele Menschen bei Zahlung eines bedingungslosen Grundeinkommens, das bloß die Grundbedürfnisse abdeckt, nicht mehr arbeiten würden: Herr Schumacher selbst arbeitet schließlich auch noch, obwohl er es finanziell wahrscheinlich nicht mehr nötig hätte. Zugleich möchte ich ein gestaffeltes bedingungsloses Grundeinkommen zur Diskussion stellen, das meiner Meinung nach den Anreiz zum Arbeiten erhöhen würde: http://www.ulrich-willmes.de/grundeinkommen.htmlUlrich Willmes


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Herr Schumacher klärt mich endlich auf! Er ist für offene Grenzen und gegen Arbeitsrechte, gegen Vermischung sozialer Milieus. Da integrieren sich bei uns viele Menschen aus Ostanatolien oder Flüchtlinge besser als dieser Herr. Man sollte ihm, bevor er ein Büro in Deutschland eröffnen kann, einen Interagtionskurs zwingend aufs Auge drücken. Integriert er sich nicht in unsere Werte, soll er bleiben, wo er ist. Seiner Meinung nach ist das Stresslevel bei uns Arbeitern runtergegangen. „Praktikanten, die gerne umsonst für ihn arbeiten würden, sollen das auch tun können, Leute die 60 Stunden pro Woche arbeiten wollen, ebenfalls.“ Diese Ansichten sind für mich eine Gefahr für unser Miteinander. Soll er doch in China mit Sklaven seine Träume erfüllen. Hier sehe ich keinen Platz für seine ja offensichtlich auch mit Schwarzgeld finanzierten Luxusimmobilien. Zudem seine Zunft wohl nicht mehr dazu fähig ist, Grossprojekte wie den Berliner Flughafen mit kostensparenden, also schlecht bezahlten Arbeitskräften von sonstwoher verwirklichen zu können. Soll er sich mit seinen Videos schauenden Sicherheitsmännern einmauern lassen, damit er von unseren Bedürfnissen nach Teilen nicht belästigt wird. Soll er doch selbst ein bischen Staubsaugen und wedeln, sein Klo putzen. Das spart sicher noch Kosten, zudem er ja nicht Zeit verschwendet und nostalgisch einem kleinen Garten fröhnt. Er kauft mit seiner Luxuslimousine sicher kostengünstig beim Aldi, feiert sicher Weihnachten mit einer Krippe und bietet dem Kind dort eine super, nichtbezahlte Praktikumsstelle an. So ein breitbeiniges, schwarzes Gehabe ist für mich assozial und gefährlich! – Peter Sachse


Leserbrief zu „In Merkels Hand“ von Tina Hildebrandt

Alle drei Kandidaten, Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz und Jens Spahn, haben mit ihrem engagierten und doch überaus fairen Umgang untereinander viel für ihre Partei, aber auch für die demokratische Kultur in ganz Deutschland getan (Mitglieder anderer Parteien dürfen sich daran also gerne ein Beispiel nehmen). An dem denkwürdigen Freitag in Hamburg gegen 17 Uhr hat es daher drei Gewinner gegeben, von denen die größte Gewinnerin nun CDU-Bundesvorsitzende geworden ist.

Wenn die CDU diesem Habitus weiterhin folgt und sie sich mit neuer Woman-Power zudem auf eine zukunftsgewandte Nivellierung von Ökonomie und Ökologie verständigen kann, dann wird sie zweifellos eine Volks- und Regierungspartei bleiben können. Die hinlänglich bekannten Vergleiche von AKK mit Merkel sollten indes beendet werden. Mit der Wahl der neuen CDU-Vorsitzenden besteht die Chance, Hand in Hand und mit Fingerspitzengefühl eine neue politische Ära und Profilierung zu eröffnen, die sich spätestens ab 2021 parteiweit und bundesweit voll entfalten kann. – Ira Bartsch


Leserbrief zu „Innere Einkehr auf Sächsisch“ von Moritz von Uslar

Als gelegentlicher ZEIT-Leser bin ich auf den Artikel „Innere Einkehr auf Sächsisch“ gestoßen – und habe mich an ihm gestoßen. Eines möchte ich vorausschicken: Ich bin kein „Ossi“, sondern stamme aus Ostwestfalen. 1998 bin ich aus beruflichen Gründen hierher gezogen, habe mich eingelebt und werde auch meinen Ruhestand hier verbringen. „Ach, der kauende Chemnitzer ist schon etwas Feines“: Warum dieser Spott? Bietet denn der kauende Hamburger auf dem Weihnachtsmarkt einen ästhetischeren Anblick? „Das grau-beige-braun gekleidete Rentnervolk … ist praktisch vollständig angetreten.“ Wenn dieser Satz auch nur annähernd richtig ist, hätten etwa 60000 Rentner antreten müssen. Der militärische Begriff „antreten“ zielt wohl auf militante Ost-Rentner, Pegida-Anhänger usw. Zu Formulierungen wie „Die Bürgermeisterin von Chemnitz, Frau Barbara Ludwig und ihr Bürgermeister für Sicherheit und Ordnung, Herr Miko Runkel, reichen Christstollen in die Menge“: Wieso eigentlich „Frau“ und „Herr“? Man schreibt ja im allgemeinen auch nicht von „Frau Angela Merkel“. Dazu die Ungenauigkeiten: Barbara Ludwig ist Oberbürgermeisterin, Miko Runkel leitet das Dezernat „Recht, Sicherheit und Umweltschutz“. Aber „Recht und Ordnung“ ist wohl das, worüber der linksliberale ZEIT-Leser schmunzeln soll.

Im Eingangssatz ist die Rede von der ganz gewöhnlichen Scheußlichkeit eines deutschen Rathausmarktes. Das mag angehen, im feuchtkalten Dezemberwetter. Warum aber schreibt der Autor im selben Satz über das Neue Rathaus der Stadt: „…von einem Gebäude von ganz eigener brutaler Scheußlichkeit…“? Ich habe ein Foto eingefügt, auf dem sieht man links das Alte Rathaus, immerhin von 1496 und gut erhalten, vom Autor keiner Erwähnung für würdig gehalten, und rechts daneben das sog. Neue Rathaus, ein Jugendstilbau von 1907. Beide Rathäuser gehören zu den wenigen architektonischen Kostbarkeiten der Stadt. (Siehe die beiden Wikipedia-Artikel). Über die postmoderne „Galerie Roter Turm“ aus dem Jahre 2000 kann man natürlich streiten. Auch hierzu habe ich ein Foto eingefügt und den Link zu einem Artikel in einer Fachzeitschrift https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Stadtgalerie_Roter_Turm_in_Chemnitz_eroeffnet_6939.html
Auf dem Foto sind auch die „lächerlichen Zinnen“ zu sehen, ganz oben in weiß. Wenn man auf dem Weihnachtsmarkt steht, sieht man sie normalerweise nicht, außer, man sucht sie, um sich darüber zu mokieren. „Gleich an mehreren Hausfassaden positioniert sich die Chemnitzer Bürgergesellschaft mit Parolen der Weltoffenheit.“ So hätte man vielleicht schreiben können. Der Autor schreibt hingegen: „Gleich an mehreren Hausfassaden versucht sich die Chemnitzer Bürgergesellschaft mit Parolen der Weltoffenheit zu positionieren.“ Der Unterschied ist klein, aber bezeichnend für seine abschätzige Sicht auf Chemnitz und seine Bürger. Weitere sachliche Ungenauigkeiten – die Autobahn zwischen Leipzig und Chemnitz ist fast fertig – fallen bei alledem kaum kaum ins Gewicht. Nach all diesen Ausfällen und journalistischen Nadelstichen hat mich der letzte Satz umso mehr erstaunt: „Es ist – jetzt, in den Wochen vor Weihnachten – wirklich nicht so schlecht in Chemnitz.“ Ende gut, alles gut? Ironie? Oder habe ich den Artikel einfach nur falsch verstanden, in meiner neo-ostdeutschen Humorlosigkeit?. – Thomas-Michael Gribow


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

Auch Sie stellen in Ihrem Artikel „Stilles Gleis“ in der ZEIT vom 06.12.2018 die Frage nach den Ursachen der Misere bei der Deutschen Bahn. Die diesbezügliche Debatte blendet regelmäßig zwei meines Erachtens wichtige Ursachen aus, die zusätzlich auch eng miteinander zusammenhängen:

  1. Zwar wird über den Personalabbau der Vergangenheit berichtet, nicht aber über die Qualität insbesondere des Führungspersonals der letzten Jahre. Man kann auf der einen Seite zu Recht die weitestgehende personelle Undurchlässigkeit zwischen Bahn und restlicher Wirtschaft zu Bundesbahnzeiten beklagen. Heute kann man hingegen sagen, dass auf nahezu allen Führungsebenen fachlich versierte Führungskräfte deutlich in der Minderheit sind. Hier macht sich bemerkbar, dass jahrzehntelang sehr konsequent Quereinsteigern der Vorzug gegeben wurde, je nach Belieben von anderen großen Konzernen oder von McKinsey und Co. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn es ein Gleichgewicht zwischen den fachlichen Know-how-Trägern in der Bahn und diesen Quereinsteigern gegeben hätte. Genau dieses Gleichgewicht scheint aber nachhaltig zerstört worden zu sein. Seit einigen Jahren nun grassiert eine weitere Personalmanagement-Attitüde in der mittleren Führungsebene: eine hohe Zahl an Führungskräften wird systematisch (!) gedrängt, nach spätestens sieben Jahren ihren Job zu wechseln. Und dies meist völlig losgelöst davon, ob die Vorgesetzten oder die Mitarbeiter den Fortgang der Führungskraft gutheißen oder ob eine geeignete Person als Nachfolger bereitsteht. So sehr es in vielen Fällen völlig richtig ist nach angemessener Zeit oder situationsbedingt Positionen neu zu besetzen, so sehr ist es falsch, dies mit dem Rasenmäher zu tun, nur weil eine entsprechende Vorgehensweise beschlossen wurde. Im Ergebnis verliert das Unternehmen dadurch eine Reihe guter Führungskräfte, die entweder die Bahn verlassen oder in die innere Emigration gehen, vom Frust der betroffenen Mitarbeiter in vielen dieser Fälle gar nicht zu reden. Insbesondere an fachlich anspruchsvollen Stellen – nicht zuletzt im technisch-betrieblichen Bereich – ist diese undifferenzierte Vorgehensweise sehr nachteilig für das im Konzern verfügbare Know-how.
  2. Die Deutsche Bahn, von außen häufig noch als monolithischer Block wahrgenommen, ist in Wirklichkeit bis zur Unkenntlichkeit filetiert und in kleinste Funktionsbereiche zerstückelt aufgestellt. Das mag für eine vordergründige kommerzielle „Verantwortungszuscheidung“ hilfreich sein, ignoriert aber die wesentlichen Nebenwirkungen: fundamental wichtige Prozesse werden mehrfach organisatorisch zerschnitten, es werden häufig dadurch redundante Parallelstrukturen geschaffen, die funktionalen Verantwortlichkeiten sind in vielen Fällen völlig unklar (umso klarer aber die kommerziellen), es entsteht ein riesiger interner Klärungsaufwand und Abstimmungsbedarf, häufig verbunden mit skurillen Machtkämpfen. Viel zu oft wird nur das eigene Budget verteidigt und dann die Probleme auf die nächste Kostenstelle geschoben. Übergreifende Fragestellungen, die mehrere Beteiligte betreffen, haben in diesem Umfeld häufig keine Chance überhaupt ernsthaft diskutiert oder gar entschieden und umgesetzt zu werden. Und jedes Mal, wenn eine neue Führungskraft kommt, besteht ein erhebliches Risiko, dass vieles wieder neu gewürfelt wird und Prozesse, Strukturen, Verantwortlichkeiten usw. neu erarbeitet oder erkämpft werden müssen. Diese Feststellung ist kein Plädoyer gegen organisatorische oder personelle Änderungen aller Art, nur sind diese ab einer gewissen Häufigkeit durchaus geeignet, einen viel zu großen Anteil der Energien für interne Themen zu binden, die für die operative und strategische Sacharbeit fehlen.

Ich denke, dass gerade auch der Eigentümer in viel stärkerem Maße diese zersplitterten Strukturen und die fachliche Qualität der Führungskräfte in den Focus nehmen muss. Es reicht einfach nicht, nur die kommerziellen Zahlen zur Kenntnis zu nehmen, hier und da ein paar zusätzliche Millionen Euros locker zu machen und ansonsten die Hände in den Schoß zu legen. Und auch mittels Digitalisierung sind diese Probleme nicht in den Griff zu bekommen. – Peter Lankes


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

Herzlichen Dank für den Einblick in die Gedankenwelt Wolfgang Kubickis: Er trennt Recht und Unrecht nach Gesetzeslage, kennt anderes Recht oder Unrecht, so scheint es, wohl nicht, und hört das Gras wachsen, noch bevor der Samen ausgesät ist; da kann der Sämann mit oder ohne Samen auf dem Erdboden, dem Balkon oder im Keller stehen: Das Gras wächst und säuselt solches in Wolfgang Kubickis Ohr. – Wenn aber das Leben die Übernahme von Verantwortung für die Folgen seines Tuns fordert (s. Haftbefehl gegen Kubicki), dann stellt er sich dem nicht, sondern spielt mit Selbstmord, also Flucht. – Das spiegelt genau die Art und Weise von Menschen wider, die Wolfgang Kubicki von der Geschichte her in Schleswig-Holstein verankert sieht: Die versammelten NSDAPler aus Flensburg-Mürwik. Und gegen all’ das habe ich mein Leben lang gekämpft; ich war 1945 alt genug, um zu wissen, aber nicht alt genug, um zu begreifen, daß dieser Kampf mein ganzes Leben lang währen wird. – Wolfgang Kubicki hat jedoch keinen Selbstmord begangen wie sein Freund, aber er hat noch nicht die seelisch-geistige Kraft und Größe, Anton Hofreiter so sein zu lassen, wie er ist, und ihn so als ein Geschöpf zu akzeptieren, wie auch Wolfgang Kubicki als das Geschöpf, das er ist, akzeptiert werden will. Nun sind seine Lebenstage auf Erden offensichtlich noch nicht beendet; er könnte noch erreichen, was er noch nicht ist, wenn er es denn wollte. Will er? – Hanna Leinemann


Leserbrief zu „Glücklich ist, wer vergisst“ von Benedikt Erenz

Passend zum Nikolaustag, möchte ich noch einen Fall von Geschichtsignoranz ergänzen, der allerdings streng genommen nicht in die Kategorie ‚bizarr‘ fällt. So wie sich das „Reichsausschussverfahren zur Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ im bürokratischen Gewirr bis zur Unentwirrbarkeit verhedderte, so ist es im Gewirr politischer Zuständigkeiten seit vielen Jahren nicht möglich, an dem authentischen Ort der damaligen „Kinderfachabteilung“ im ehemaligen Kinderkrankenhaus in Rothenburgsort einen Gedenk- und Lernort für die dort ermordeten und während der Beobachtung und Diagnostik verstorbenen Säuglinge und Kleinkinder einzurichten.

Während bei der Privatisierung der ehemaligen Gestapozentrale vertraglich gesichert wurde, dass es dort einen angemessenen Gedenkort für die NS-Opfer geben soll, gab es bei der Privatisierung des ehemaligen Kinderkrankenhauses noch keinen Gedanken an eine entsprechende Einrichtung an der Stelle. Seit nunmehr neun Jahren laufen Bemühungen, um einen würdigen Erinnerungs- und Lernort zu schaffen. Obwohl inzwischen trotz der Privatisierung der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn vor dem dortigen Verwaltungsgebäude Information und Gedenken einen Platz gefunden haben, schleppt sich hin, was für „Rothenburgsort“ gedacht, gewünscht, geplant ist.- Hildegard Thevs


Leserbrief zu „Von Highspeed bis Horrortrip“ von Xifan Yang et al.

Für mich ist Südkorea das Traumland aller Bahnfahrer. Nicht nur erhält man mit jedem Ticket automatisch einen gebuchten Sitzplatz, man wird auch außerordentlich zuvorkommend behandelt. Die Fahrpreise sind moderat. Die Kontrolle der Tickets im Zug erfolgt automatisch, wenn der Schaffner durch den Waggon geht, so dass die Fahrgäste in keiner Weise belästigt werden. Das Unglaublichste für mich war jedoch die Tatsache, dass sich der Schaffner vor Verlassen des Waggons zu den Fahrgästen dreht und sich vor ihnen tief verbeugt! Was für eine wunderbare Einstellung gegenüber der Kundschaft. Übrigens: die Bahnhofstoiletten in einer Kleinstadt waren nicht nur sehr sauber, selbstverständlich waren dort auch Behindertentoiletten und, für Buben und Mädchen getrennt, kleine Toiletten installiert. Da ist für die deutsche Bahn noch eine Menge Luft nach oben. – Bärbel Rott


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Ich bin erschüttert, dass `Die Zeit` eine ganze Seite für die asozialen Tiraden des Patrik Schumacher zur Verfügung stellt. Zu viel, um in einem Leserbrief umfassend darauf einzugehen – hier nur wenige Stichpunkte Arbeiter- und Mieterrechte gehören abgeschafft. Das Recht zum Wohnen in der Innenstadt nur für Schumacher und seine Mitarbeiter. Natürlich nicht für sein Reinigungspersonal – das kann stundenlang pendeln. Nicht die Arbeit, die sie krank gemacht hat, ist ein großes Problem, sondern die Frührentner sind es. Staatliche Kreditsysteme für Wohlverhalten in China, die zwei Seiten vorher noch als neue Sklavenhaltergesellschaft gekennzeichnet werden, sind nur nicht gut, weil das ein Privatunternehmen viel besser könnte. Nicht nur asozial, sondern auch dumm oder verlogen. Nicht der Staat schmeisst das Geld nicht für Frührentner raus, sondern die Solidargemeinschaft der Sozialversicherungspflichtigen beweist hier ihre Solidarität. Schumacher hat sicher genug Geld, seine Meinung, wenn nicht über Gesinnungsgenossen, dann eben kostenpflichtig zu verbreiten. Es hat nichts mit Verletzung der Meinungsfreiheit zu tun, wenn ich so etwas in der `Zeit`, die ich bezahle, nicht lesen möchte. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu „» Ich höre das Gras wachsen«“ von Stefan Willeke

In dem Gespräch untermauert Hr. Kubicki die Richtigkeit der Aussage von Anton Hofreiter, dass Kubicki alles das verkörpert, gegen das Hofreiter von jeher kämpft. Nicht von ungefähr ist Kubicki seit 28 Jahren an der Landesspitze der FDP, einer Klientel-Partei, die so überflüssig wie ein Kropf ist. – Jürgen Neunaber


Leserbrief zu „Oh Tannenbaum, hilf!“ von Christiane Grefe und Fritz Habekuss

Für einen Ruhestandsförster, der sich ein Berufsleben lang für die Tanne, die Weißtanne (Abies alba) nämlich, eingesetzt hat, ist es ernüchternd zu lesen, dass Christiane Grefe und Fritz Habekuß ihren Beitrag über den Klimaretter Wald geschrieben haben, ohne die anerkannt klimaharte und sturmstabile Baumart unserer Bergmischwälder auch nur zu erwähnen. Dass diese heimische Hoffnungsträgerin in den Zeiten des Klimawandels den labilen „Brotbaum“ Fichte vielerorts ersetzen könnte und müsste, ist unter Forstleuten unstrittig – ein CO2-Schlucker, der in Naturwäldern bis zu 700 Jahren alt wird und als Bauholz nochmals ein Jahrtausend lang als CO2-Speicher überleben kann, wie man aus mittelalterlichen Dachstühlen weiß. Schade halt nur, dass junge Tannen von Reh-, Rot- und Damwild so gründlich verbissen werden, dass die Baumart in weiten Teilen ihres natürlichen Verbreitungsgebiets chancenlos oder gar vollends verschwunden ist. Grund genug eigentlich, die verloren gegangene Balance von Wald und Wild endlich wiederherzustellen und mit der Weißtanne neu durchzustarten. – Wolf Hockenjos


Leserbrief zu „»Wir sind die Gewinner der Geschichte«“ von Matthias Geis

Das beste, ehrlichste, inhaltsreichste Interview mit einem der besten sympathischsten Politiker meiner Ära. Von nun an weht ein anderer Wind und andere Werte sind gefragt. Behüte uns Gott vor Merz und Spahn. Die sollten mal erst in welchen Ministerien auch immer einige Jahre Basisarbeit leisten. – Heinz Ladenthin


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Falls das Ziel Ihres Interviews war, zu zeigen, dass man auch trotz eines hohen IQ (nehme ich mal an) vollständig ohne soziales Gewissen und ohne Empathie für andere Menschen durch die Welt gehen kann, dann gratuliere ich Ihnen zu diesem Interview. – Dr. Rolf Fricke


Leserbrief zu „Im Auge des Zyklons“ von Iris Radisch

Arg pauschalierende Aussagen der französischen Schriftstellerin Annie Ernaux. Ich hätte bis dahin vermutet, dass sie reflektierter urteilt. – Vera Fulterer


Leserbrief zu „»Wir sind im letzten Akt einer Tragödie«“ von Britta Stuff

Ich bin, war und werde kein CDU Wähler mehr in diesem Leben. Doch es gibt im derzeit mal wieder chaotischen Polit-Dschungel eine christlich-demokratische Lichtgestalt, auf die man sich verlassen kann: Norbert Blüm. Ich kann mich nicht erinnern, daß dieser Mann jemals Unsinn geredet hätte. Das Gegenteil ist auch im Interview von Britta Stuff der Fall. Ein Politiker mit Geist, Witz, Realismus und dem Mut zur Autokorrektur. Gäbe es Norbert Blüm nicht, so müsste man ihn erfinden. Danke für dieses tolle Interview! – Tanja Bischof


Leserbrief zu „Oh Tannenbaum, hilf!“ von Christiane Grefe und Fritz Habekuss und zu „Effektiver als die Natur“ von Stefan Schmit

Holz verbrennen und dann wieder Holz anbauen kommt mir wie ein Nullsummenspiel vor. Welche Bedeutung hat das Laubwerk, das ja zur Bildung CO2 aufnimmt? Im Herbst fällt es ab und bildet am Boden Humus, ist doch eine echte CO2-Senke. Ist es sinnvoll, Holzpellets von Amerika nach Europa zu schaffen, um sie hier zu verbrennen? Was geschieht langfristig mit dem untertage gelagerten CO2?
* * *
Kann das funktionieren, was sich Herr Lackner ausgedacht und Mr. Keith gebaut haben? Woher kommt die nötige Basenmenge, für z.B. eine NaOH-Lösung, die aus NaCl (aus Salzvorkommen) – sicherlich per Elektrolyse – gewonnen wird? Achtung Gesamtwirkungsgrad! Wohin mit der gesättigten Carbonat-Lösung, die sich gebildet hat? Wenn in sehr kurzer Zeit sehr viel CO2 aus der Luft gebunden werden soll, wie schnell diffundiert es nach, um absorbiert zu werden? Wieviel Anlagen (Kisten) bräuchte man weltweit, um einen Temperatur senkenden oder stabilisierenden Effekt zu erreichen? – Wolfgang Schäfer


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

War dieses Interview eine Satire, oder lassen Sie mit voller Absicht, unkommentiert, einen größenwahnsinnigen Soziopathen darüber schwadronieren, wie schön es wäre, die Welt ohne staatliche Gängelung, mit noch mehr Beton zuscheissen zu können? Es war, mit einer Mischung aus lachen und gruseln, jedenfalls eine unterhaltsame Lektüre. – Dirk Jachimsky


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

An sich ist es Verschwendung dem abgehobenen selbstverliebten Narziss Patrik Schumacher eine ganze Seite ZEIT für dessen egomanische Ergüsse zu opfern. Aber die Erkenntnis was Erfolg aus Menschen machen kann war das Lesen wert. Es bleibt nur den Mann zu bedauern, dafür, dass er seine restliche Anwesenheit auf Erden mit Menschen aus leider nicht ganz perfekter evolutionärer Fertigung verbringen muss und wenn es ganz schlimm kommt, eventuell sogar im Alter die Hilfe dieser Menschen in Anspruch nehmen muss, die er in seinen Erfolgszeiten gerne zu ihrem Glück gezwungen hätte. Er kann dann von wahrem Glück reden, dass voraussichtlich diese Menschen diesen Artikel nicht gelesen haben. Es soll ja auch unter Pflegekräften solche mit affiner Geisteshaltung geben, die dann meinen ihn beglücken zu müssen…….. – Hans-J. Giller 


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Widerlich – menschenverachtend – oberflächlich ehrlich – gefährlich! – Monica Schümer-Strucksberg


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Einige Zeitgenossen scheinen Angst vor Argumenten zu haben, die die eigene Meinung infragestellen. Solche Menschen haben an Universitäten nichts verloren. Sollen sie doch Floristin oder Gärtner werden. Die Pflanzen werden sie nicht behelligen. – Reiner Felkel


Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Muss der Autor wirklich bereits im Titel zwei abwertende Begriffe verwenden, nämlich „kleine Leute“ und „mitnehmen“? Von einem Journalisten verwendet, suggeriert das, dieser verkündet hier den Unwissenden die Wahrheit. Von einem Politiker verwendet, und diese tun das sehr gerne, halte ich es für skandalös, denn es ist nicht weniger als die Missachtung des Souveräns. Auch so trägt man zur Spaltung der Gesellschaft bei, nicht weil man anderer Meinung ist, das ist selbstverständlich legitim, sondern weil man in der Kommunikation eklatant die gleiche Augenhöhe verletzt. – Reiner Felkel


Leserbrief zu „Schwere Entscheidung“ von Max Lebsanft

Ihren Artikel über die Menschen, die an einem Nierenversagen leiden, und in dem Sie verschiedene Therapieoptionen aufzeigen, habe ich mit Interesse gelesen, nicht nur weil mich das Thema auch beruflich interessiert. Zu zwei Begriffen in der Passage, die mit „Doch weder die angepasste Ernährung….“ beginnt, habe ich kritische Fragen und zwar zu dem Satz: „Viele müssen zur ständigen Überwachung in eine Sterbeklinik.“ Abgesehen davon, dass Ihre Beschreibung eher unzulässig kurz das Ende des Menschen, der sich für eine Lösung entscheidet, darstellt, ist der Begriff „Überwachung“ eher unglücklich gewählt. Er erinnert an ein autoritäres System, bei dem nicht der Leidende im Mittelpunkt steht, sondern über ihn bestimmt wird. Für Kranke in dieser Phase ihres Lebens gilt, dass sie palliativ begleitet werden sollen. Auch frage ich Sie, was Sie mit dem Begriff „Sterbeklinik“ meinen und wo Sie in Deutschland eine solche finden? Wenn Sie eine Palliativstation oder ein Hospiz meinen, dann bitte ich Sie, diese Begriffe zu verwenden und sich über diese besonderen Einrichtungen zu informieren. Dort wird das Leben bis zuletzt begleitet und alles wird dafür getan, dass die Kranken jede Linderung erfahren, die sie brauchen. Dann darf auch das Sterben dazugehören. Das Leben, das dort erfahren wird, ist kostbar für alle. Ich verweise Sie gerne auf die Charta des DHPV (Deutscher Hospiz und Palliativ Verband) und auf unsere Homepage „Hospiz an der Lutter e.V.“ – Beatrix Haan


Leserbrief zu „Lissabon“ von Alexander Krex

Geht´s bitte noch oberflächlicher ?? Anstatt sich eine „vage Wehmut“ anzutrinken, empfehle ich den Blick heraus aus den Gläsern zu erheben, um mit „Nasenflügelbeben“ (Ringelnatz) auch kleinste Hinweise auf das Lebensgefühl in Portugal wahrzunehmen anstatt das Klischee zu dekorieren. – Helen Schäfer


Leserbrief zu „Schwere Entscheidung“ von Max Lebsanft

Das alte Lied: Kranksein heißt Leiden. Ich bin 77 Jahre alt und habe demnächst meine 500. Dialysesitzung. Dreimal die Woche je fünf Stunden. Ich fühle mich nicht als “Leidensgenosse”. Ich hatte noch keine Stunde Langeweile. Warum nicht mal schreiben, dass Dialyse eine wertvolle Sache ist, die einem immerhin noch viele Lebensjahre mit vier freien Tagen in der Woche schenkt? Warum nicht sagen, was man in diesen fünf Stunden, dreimal die Woche, alles machen kann? Erst wenn man das gehört hat, kann man sich entscheiden, ob man Dialyse will oder nicht. – Albrecht Hauter


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Vielen Dank für dieses klare Interview. Herr Schumacher denkt seine beschränkte Welt konsequent zu Ende und das ist durchaus erfrischend. Außerhalb der Schumacher-Welt finden sich allerdings noch ein paar preislose Werte wie gute Atemluft, sauberes Meerwasser, private Stunden mit seinen Lieben, „nutzlose“ Spaziergänge in schönen Landschaften, ein gewisses Maß an Ruhe, eine funktionierende Atmosphäre, eine fein abgestimmte Artenvielfalt, dazu noch etliche gesellschaftliche Errungenschaften wie Menschenrechte incl. Meinungs- und Bewegungsfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie…. Diese Art von Werten hat keinen Preis und wird nicht gehandelt. Sie erfährt somit keinen Schutz durch die Mechanismen der Märkte. Wer eine Radikalisierung des Neoliberalismus fordert, verabschiedet sich ganz bewusst von diesen Werten. Das fällt reichen und mächtigen Menschen vielleicht leichter, aber irgendwann wird sich selbst Herr Schumacher in seiner Welt unwohl fühlen, auch wenn er´s jetzt noch nicht ganz glauben mag. Vielleicht sollte er einfach seinen Erfolg genießen und uns weitere beeindruckende Bauwerke schenken. Den halbwegs nüchternen Blick für´s Große und Ganze hat Herr Schumacher in seinem Rausch jedenfalls komplett verloren. – Dr. Christian Voll


Leserbrief zu „Glücklich ist, wer vergisst“ von Benedikt Erenz

Das ist eigentlich ein Skandal. Und leider nicht der Einzige. Es zeigt mal wieder, wie unser Land durch die Politik langsam aber sicher zugrunde gerichtet wird. Ein Blick in die Vergangenheit erhöht das Denkvermögen, das sollte den Politikern endlich klar gemacht werden. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Was für ein Auftritt! Er ist wieder da! Unter dem Pseudonym Patrik Schumacher bereitet er sich auf den Bau der Welthauptstadt Germania vor. Wir dürfen noch viel von ihm erwarten! Speer Heil! – Fritz Haisch


Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Die Gelbwesten.
Organisiert haben sie sich über das Internet. Vornehmlich Facebook ist das Medium mit dem anfangs eine kleine Gruppe von radikalisierten Wutbürgern ihre Unzufriedenheit, ihre Wut kanalisieren und ihren Protest, aber auch Hetze gegen Unschuldige verbreiten. Die volle mediale Aufmerksamkeit ist ihnen sicher. Es entsteht somit der Eindruck, hier würde sich der Wille des Volkes bahnbrechen. Eine Volksabstimmung, in der alle Gruppen der Gesellschaft ihr Votum abgeben konnten, würde ähnlich wie bei Stuttgart 21 ein völlig anderes Ergebnis mit sich bringen. Fakt ist, dass das Internet, insbesondere Facebook auch eine Plattform für extreme Gruppen bietet. Wie Pädophile, sexuelle Gewalttäter, Kriminelle, Dealer, Gewaltbereite, auch politisch Extreme von links und rechts und eben auch die Wutbürger, die ihre egoistischen Interessen verknüpft mit extremen politischen Botschaften und Gewaltbereitschaft im Netzt verbreiten. Die Internetkonzerne sind dafür gemacht, möglichst viel Geld zu verdienen. Ihnen dürfen wir nicht die Verantwortung dafür überlassen, welche Inhalte im Netzt für jeden, auch für Kinder, zugänglich sind; sei es politische Hetze, entwürdigendste Pornographie oder die Verherrlichung von Gewalt ect.. Die Aufgabe der demokratischen Gesellschaften ist es die geeigneten Instrumente zu entwickeln um solchen gefährlichen Strömungen nicht das Internet zu überlasssen.

Man fragt sich angesichts der Entwicklungen in Europa und USA, Italien, Polen, Ungarn, Brexit, Trump und Bolsonaro in Brasilien wie die Meinungsbildung derzeit stattfindet. Anscheinend wird es immer offensichtlicher, dass die Meinung nicht mehr von seriösem, die Fakten prüfendem Journalismus geprägt wird, sondern immer mehr von hasserfüllten emotional und irrational geprägten Informationen .Emotionen vor Fakten. Gewaltbereite Gruppen oder hasserfüllte Einzelne, die unter dem Deckmantel der Anonymität das Internet für ihre egoistischen Interessen missbrauchen, egal ob ihre Behauptungen einen Wahrheitsgehalt besitzen oder völlig aus dem Zusammenhang gerissen sind. Ein gutes aktuelles Beispiel sind die Gelbwesten. Ursprünglich eine kleine Gruppe von gewaltbereiten Wutbürgern, die nicht die repräsentative Meinung des französischen Volkes abbildet. In der Bundesrepublik kann sich ähnliches sehr schnell genauso entwickeln. Randale und Aufhetzung sind salonfähig geworden, auch durch das Internet. Dass „world wide Net“ so ungezügelt wie es sich derzeit darstellt, birgt eine zerstörerische Gefahr für unsere westlichen Demokratien. Natürlich geraten auf diese Weise auch Diktaturen ins Straucheln. Wie zum Beispiel ist der „Arabischer Frühling“ zeigte. Aber was kam danach? Machtvakuum, Anarchie, Bürgerkrieg und Terror. – Hans Peter Obermeier


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Vom Marxist zum Kapitalist. Alles wirkt ziemlich aufgesetzt und soll medienwirksam sein. Herr Schumacher mag ein guter Architekt sein, aber mit seinen Ansichten und Meinungen befindet er sich nicht im Parametrismus sondern noch in der Gotik oder Renaissance. Wie kann man glauben, dass die Daten in privater Hand besser aufgehoben sind, die Datenkraken wie Google Facebook etc. haben das Gegenteil bewiesen. Und in Frankreich radikalisiert sich gerade der Neoliberalismus in Form von gelben Westen. Im äußerst komfortablen Nest lässt sich gut Sprüche und Parolen dreschen. – Wolfgang Scheer


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Selten habe ich ein Interview gelesen, in dem der Befragte derart arrogant, selbstherrlich und selbstverliebt auftrat wie der Architekt Patrik Schumacher. Hier wurden alle Klischees bedient, die landläufig dem Neoliberalismus entgegengebracht werden. Eine derart unreflektierte Fortschrittsgläubigkeit, die jenseits aller menschlichen Bedürfnisse nur sich selbst feiert, sollte eigentlich lange überwunden sein. Wenn solchen Architekten die Gestaltung der Zukunft überlassen bleibt, gnade uns Gott. – Herbert Schoppmann


Leserbrief zu „Oh Tannenbaum, hilf!“ von Christiane Grefe und Fritz Habekuss

In Ihrem interessanten Beitrag stellen Sie im Kasten auf Seite 38 unter ‚Deutschland, dein Wald‘ den jährlichen Zuwachs der jährlichen Abholzung gegenüber. Hierbei steht im Titel „jährlich abgeerntete Fläche„, bei den Vergleichszahlen jedoch „m^3″ (Kubikmeter, also ein Volumenmaß), s.auch Anlage. Welche Maßeinheit ist nun zutreffend, Fläche oder Volumen? – Michael Deil


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Selten hat sich in uns ein derartiger Widerstand geregt, wie ihn die Äußerungen dieses Architekten entfachten. Die von Herrn Schumacher geforderte Radikalisierung des Neoliberalismus ist kein solcher, sondern entspringt dem Wunsch nach ungezügeltem Liberalismus des 19. Jahrhunderts, als der Staat die Wirtschaft komplett dem freien Spiel der Marktkräfte überließ. Herr Schumacher hält sich für zukunftsweisend, entlarvt sich hier aber als äußerst rückwärtsgewandt. Das Interview macht es offensichtlich: Herr Schumacher scheint kein Freund der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu sein. Er widerspricht auch nicht, als sein Interviewpartner ihm die politisch rechte Ecke zuweist. Eine ihm entsprechende Partei hätte er noch nicht gefunden, sein faschistisches Vokabular allerdings passt bestens zur AFD – Herr Schumacher, herzlich willkommen in Deutschland! Herr Schumacher wirft anderen Architekten einen „faschistischen Mix aus Moderne und Tradition“ vor, faschistisch hingegen empfinden wir seinen Wunsch nach Ghettoisierung seiner einfachen Hilfskräfte des Gebäudemanagements. Die „Herrenmenschen“ in Form seiner Planer mögen doch bitte privilegierte Lebensumstände erhalten.

Nicht willkommen hingegen sollte Herr Schumacher als Auftragnehmer öffentlicher Aufträge sein. Wer weggebrochene Einnahmequellen aus der organisierten Kriminalität bedauert und wem es schwer fällt, sich an Gesetze und Verordnungen der EU zu halten (beispielsweise Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz), der sollte in der EU besser kein Unternehmen führen dürfen. Herr Schumacher ist nicht radikal, sondern extrem und Extremisten brauchen wir nicht. Der Markt beschütze die Arbeiter am besten vor Ausbeutung, postuliert Herr Schumacher. Dafür ein funktionierendes Beispiel zu benennen, bleibt er jedoch schuldig. Die vorgetragenen Ansichten disqualifizieren Herrn Schumacher überdies als Führungskraft. Führung nach Gutsherrenart gehört nun wirklich auf den viel zitierten Müllhaufen der Geschichte, genauso wie seine politischen Ansichten auch.

Offensichtlich glaubt Herr Schumacher, unser Planet verfüge über unbegrenzte Ressourcen. Nicht anders können wir uns erklären, warum er das Nullwachstum in Europa als skandalös empfindet. Oder hält sich Herr Schumacher gar, seiner gottgleichen Schaffenskraft wegen, in der Ausbeutung der Ressourcen für privilegiert? Wir verraten sicher kein Geheimnis, wenn wir sagen, dass Architekten in den ersten Berufsjahren, in Deutschland wie in Grobritannien, eher zu den schlecht bezahlten Akademikerberufen gehören. Die meisten Handwerker verdienen am Anfang mehr. Welcher Verblendung muss Herr Schumacher anheimfallen, wenn seine Mitarbeiter und insbesondere Praktikanten zum Teil von Nullgehalt die Hälfte zurücklegen sollen, um daraus krankheitsbedingte Lohnausfälle abzudecken? Seine Äußerungen über andere renommierte und nicht rein zufällig preisgekrönte Architekten sowie die pauschalen Vorurteile Frührentnern, Universitätsjunkies und [anderen Sozialschmarotzern] gegenüber sind alles andere als anständig. Fehlende Charaktereigenschaften lassen sich nicht durch Arroganz und Unbescheidenheit ersetzen. – Annika und Christian Sturde


Leserbrief zu „Innere Einkehr auf Sächsisch“ von Moritz von Uslar

Ein nicht-ironischer, zynisch-herablassender Blick eines adligen Oberwessi auf eine sächsische Stadt und die Mehrzahl ihrer Bürger! Ein echter Ossi hätte es sich vermutlich sogar verkniffen, in der gleichen Sprache über Köln zu berichten, wäre er in der „berühmten“ Silvesternacht dort gewesen! Gedanken über die Zukunft unseres Landes hätte er sich dort allerdings gemacht; wie der Autor mutmaßlich darüber denkt, kann man vielleicht erahnen im letzten Absatz seines „besinnlichen Spaziergangs“: eine Multikulti-Idylle in friedlicher Berauschung unter einem deutschen Tannenbaum! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Vor zwei Wochen besuchte Mohamed Amjahid die Universität Siegen, um dort mit Studenten und Wissenschaftlern zu sprechen und sich so ein Bild von dem dortigen „Streit über die Meinungsfreiheit“ zu machen. Leider ließ Herr Amjahid in seinem Artikel keinen einzigen Teilnehmer des umstrittenen Seminars zu Wort kommen, obwohl er sich auch mit uns zum Gespräch getroffen hatte. Als Studenten und Teilnehmer des Seminars von Prof. Dr. Dieter Schönecker möchten wir auf diesem Wege Stellung beziehen. In den vergangenen Wochen ist viel über den Streit an der Universität Siegen gesagt und geschrieben worden. Prof. Schönecker wurde dabei nicht selten in eine rechte Ecke gestellt. Ihm wird vorgeworfen, er nehme durch eine bewusst einseitige Einladung von Gastrednern eine politische Position ein. Dabei wird Prof. Schönecker nicht müde zu betonen, er habe weder einseitig eingeladen noch ist es de facto so, dass alle sechs Redner rechts sind. Ebenso wenig bedeutet eine wissenschaftlich motivierte Einladung von Personen zu Diskussionsveranstaltungen, dass der Einladende sich deren politische Positionen zu eigen macht, seien diese links oder rechts. Dass dies immer wieder behauptet wird, dient allein dem Zwecke, Prof. Schönecker zu diskreditieren.

Zudem wird immer wieder die Befürchtung geäußert, rechten Personen eine universitäre Bühne zu bieten, würde die Gefahr eines Rechtsrucks in sich bergen. Wir sind enttäuscht davon, dass unser Rektor, unser Dekan, unser AStA und viele andere ein so geringes Vertrauen in unsere Urteilskraft und Mündigkeit haben, dass sie befürchten, wir könnten dem Charme eines Thilo Sarrazins oder eines Marc Jongens nicht widerstehen. Sie alle sind zutiefst davon überzeugt, Recht zu haben, und doch plagt sie offenkundig die Angst, im Streit der Meinungen zu unterliegen. Sie sind zutiefst davon überzeugt, besser entscheiden zu können, was für unsere philosophische Bildung gut ist, als Prof. Schönecker und nicht zuletzt wir es für uns selbst können. Wir verwahren uns gegen diesen Paternalismus. Wir sind erschrocken über den Umgang mit Prof. Schönecker und die Missachtung seiner Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) und wir sind überrascht über die Darstellung Amjahids in der ZEIT. Es entspricht schlicht nicht der Wahrheit, Prof. Schönecker habe „zusätzliche Mittel“ beantragt, „um das Seminar mit Sarrazin abzuhalten“, was die Universität nicht bewilligt hätte. Der Dekan der Philosophischen Fakultät (Prof. Dr. Niels Werber) hat Prof. Schönecker untersagt, ihm bereits zustehende Fakultätsmittel für die Organisation des Seminars zu verwenden. Werber selbst hat das in seinem Leserbrief in der F.A.Z. (9.11.2018) geschrieben. Er hat ihm sogar untersagt, seinen eigenen Vortrag über den Verteiler der Fakultät zu bewerben. Darüber hinaus wird auf Prof. Schönecker erheblicher Druck ausgeübt, um ihn dazu zu bewegen, die Einladung an Jongen und Sarrazin zurückzunehmen. Es geht hier um einen erheblichen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit. Das Bekenntnis unseres Rektors Prof. Dr. Holger Burckhart zu ebendieser ist nicht mehr als eines der Lippen.

Mohamed Amjahid hat in seinem Artikel mithilfe seiner „ehemalige[n] Weggefährten“ ein Zerrbild gezeichnet. Sie sprechen von „Krieg“, von „verfeindeten Lagern“, von „rechtspopulistische[r] und pseudoakademische[r] Sprache“, von Burschenschaftlern und vom „Aufruf zur Gewalt“. Wir möchten dieser Darstellung entschieden widersprechen. Was wir in den letzten Wochen innerhalb der Seminarräume und Hörsäle wahrgenommen haben, waren offene und teils auch hitzige Debatten, die jedoch von allen Seiten den nötigen Respekt nicht vermissen ließen. Von einer „unheimliche[n] Atmosphäre“ kann nicht die Rede sein. Vielleicht hätte die Recherche durch einen unvoreingenommeneren Redakteur ein ausgewogeneres Bild von der Situation an der Universität Siegen ergeben. Wir sind weder für eine „grenzenlose Meinungsfreiheit“ noch für einen „Freischein für Rassismus, Sexismus und Homophobie“. Wir sind besorgt anlässlich hoher Zustimmungswerte für die AfD und wir halten viele Thesen von Personen wie Jongen oder Sarrazin für schwer aushaltbar. Doch die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut und sie verlangt von uns, dass wir auch Meinungen, die wir verabscheuungswürdig finden, aushalten. Wir fordern von der Hochschulleitung, dass sie sich nicht nur mit Wort, sondern auch in der Tat für die Freiheit der Wissenschaft einsetzt. – Malte Brügge-Feldhake, Isabelle Hannemann, Tobias Politt, Sonja Lück, Tobias Bauer, Alina Kellermann, Leo Daldrup, Yara Schürmann, Chiara Schattenberg, Lara Völlnagel, Jochen Münch


Leserbrief zu „Schwere Entscheidung“ von Max Lebsanft

Über die sehr laienhafte Darstellung des Krankheitsverlaufs mag man in einem nicht medizinischen Fachmagazin noch hinweg sehen können. Deutlich bedauerlicher empfinde ich jedoch, dass in dem gesamten Artikel die Therapie mittels Bauchfelldialyse nicht einmal erwähnt wird. Auch wenn diese Therapieform für den beschriebenen Patienten nicht adäquat sein mag, ist die Reduktion der Möglichkeiten auf die Hämodialyse und ein Nichtbehandeln des Nierenversagens (denn die im Artikel genannte konservative Therapie ist stets auch Teil des Therapieregimes bei Hämodialysepatienten – die im Aufreißer genannte „Schwere Entscheidung“ zwischen „Blutwäsche und Ernährungsumstellung“ ist daher faktisch nicht korrekt) deutlich zu kurz gefasst. Zumindest in der vorhandenen Infobox hätte man diese Therapie nennen und beschreiben können, denn in einigen Fällen können gerade die älteren Patienten von ihr deutlich profitieren können, ohne dass sie vor die Entscheidung zwischen frühzeitigem Tod oder einem zusätzlichen Lebensjahr in katastrophaler Gebrechlichkeit gestellt werden müssen.

In Deutschland herrscht ein großer Mangel an Informationen über die Bauchfelldialyse (auch beim ärztlichen Personal), was dazu führt, dass diese etablierte Therapie nur in verhältnismässig wenigen Zentren durchgeführt wird und von den Krankenkassen vermehrt Widerstände aufgebaut werden, durch die noch weniger Patienten mittels Bauchfelldialyse behandelt werden, obwohl sie von dieser Therapie profitieren würden. Des Weiteren bestehen große Berührungsängste der Patienten, da von ihnen mehr Eigenverantwortung erwartet wird (wobei gerade bei älteren Patienten die Behandlung vollständig von einem Pflegedienst übernommen werden kann) , aber auch der Katheter im Bauch von vielen mit Skepsis betrachtet wird. Mit ihrem Artikel wurde leider wieder eine Chance vergeben, dabei zu helfen, diese Missstände zu bekämpfen. – Dr.med. Marcel Kommer


Leserbrief zu „Soziales Klima“ von Mark Schieritz

Der französische Präsident Macron steht auf verlorenem Posten. Seine angeblichen Reformen, die er mit vermeintlich charmanten und staatsmännischen Gesten wie in einer Monarchie in letzter Zeit verkündet hat, sind doch letztendlich nur darauf ausgerichtet, einer Klientel in der Gesellschaft das Kapital zuzuschieben. Und das sind nicht die Normalbürger; die kommen dabei, wie schon bei Sarkozy und Hollande, zu kurz und sollen mit ihrem geringen Lohn auch noch die Zeche für die Reichen bezahlen. Auch in Deutschland können die Parteien aus dieser Entwicklung in Frankreich viel lernen, denn hier läuft der gesellschaftliche Konflikt ganz ähnlich ab. Hartz IV lässt grüssen und die SPD als Verursacherpartei sollte sich endlich erneuern und sich um die soziale Spaltung in unserer Gesellschaft kümmern. Hartz IV muß weg, sonst entlädt sich der politische Sprengstoff genauso revolutionär auf der Strasse wie in Frankreich! – Thomas Henschke


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Die Ansichten des Herrn Schumacher sind sehr extrem, eine Zumutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein deutliches Zeichen für die Ausblendung gesellschaftlicher Realitäten durch Gruppen der Elite. Der Mann ist als Architekt vielleicht genial, aber als Mitbürger und Mensch in seinen Ansichten unzumutbar und es wundert mich, dass die Zeit diesen Ansichten einen derart breiten Raum einräumt. Wer Frührentner, die nicht einfach in Rente gehen, sondern nach einer ärztlichen Begutachtung als nicht vollarbeitsfähig eingestuft werden, derart beschimpft und allgemein als arbeitsscheu einstuft, der hat mit einem Sozialstaat nichts am Hut und ist bösartig. Die Selbstheilungskräfte des Marktes und seine Selbstregulierung sind für ihn ein Argument Praktikanten unbezahlt arbeiten zu lassen, aber in seiner Firma gibt es ja keine Ausbeutung. Praktikanten müssen aus persönlichem Ehrgeiz für ihre Karriere dies machen. Autoritäre Regime sind für ihn bevorzugte Auftragsgeber, da die Bürokratie dieser Kunden flach ist, aber mit Korruption und gewaschenem Geld große prestigeträchtige Projekte realisiert werden können. Wer private Rating-Agenturen zur Einstufung der Bürger befürwortet und dies super findet und in Big Data keine Probleme beim Datenschutz sieht, der hält natürlich alle anders denkende für paranoid. Das der Neoliberalismus aber in den letzten 3 Jahrzehnten nirgendwo auf der Welt eine stabile gesellschaftliche Entwicklung bewirkt hat, dies scheint der Herr Schumacher nicht realisiert zu haben oder er blendet es bewusst aus. Wenn man so in sein Ego verliebt ist, dann muss man sich über viele Ansichten des Herrn nicht wundern. Aber da er ja nicht in die Politik gehen will, kann er seine kruden Ansichten in diversen Vorträgen ruhig kundtun. Sie werden durch verantwortungsvolle Politiker nicht mitgetragen und dadurch auch die Realität nicht verändern. – Klaus-Dieter Busche


Leserbrief zu „Denkraum erweitern“ von Ulrike Gastmann

Sie schreiben von den „Wir sind mehr“ und den „Ängstlichen, Besorgten, Wütenden“. Dies entspricht dem gängigen Narrativ, daher „flutscht“ es auch so gut: Hier die Guten, Weltoffenen, Mitfühlenden. Da die Bösen, Wütenden, Engstirnigen. Manchmal muss man komplexe Probelme eben auf das Wesentliche herunterbrechen. Das macht das Leben verständlcher. Hiernach fragen Sie sich, „woher“ ein ortstreuer Leipziger seine „Weltoffenheit und grundsätzliche Menschenfreundlichkeit“ nimmt. Als „ortsuntreuer“ Hamburger (Hamburger sind weltoffen) hätte mir die Ironie in Ihren Sätzen eigentlich sofort auffallen müssen. Zumal sie Ihre Kolumne ja auch noch mit „Denkraum erweitern“ (!) überschreiben. Auch wenn Sie es nicht wüssten, es sei Ihnen gleich, Sie mögen ihn, wie er ist. Glück hat der Mann. Sie haben mich mit der einen oder anderen einfühlsamen Kolumnne wirklich angerührt. Dieses Mal wusste ich aber nicht, ob ich Lachen oder Weinen sollte. Ob Sie auch humorbegabt sind, oder es mit diesen Sätzen wirklich ernst meinen. – Dennis Lau


Leserbrief zu „Stilles Gleis“ von Ingo Malcher und Claas Tatje

Der Artikel ist nett zu lesen und informativ. Ärgerlich ist aber, dass die auf dem Titel gesetzte Frage, warum wir selbst daran nicht unschuldig seien- gefragt war offenbar nach dem Grund für die Misere bei der Bahn nicht beantwortet wird. Ich kann als Dauerpendler nicht erkennen, inwieweit ich für den schlechten Zustand der Bahn verantwortlich sein soll. Vielleicht weil ich mit dem Flixbus fahre, weil die Bahn witterungsbedingt den Betrieb einstellen muss ? Die Rede war auch von Roland Pofalla, dem ehemaligen Paladin unserer Kanzlerin. Wofür bitte hat dieser Mensch im letzten Geschäftsjahr eine Erfolgsbeteiligung von 495.000 Euro bekommen ? Wer hat das veranlasst und was kann man dagegen tun ? – Axel Lüders


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

In der Vergangenheit wurde mir durch Ihre Zeitung u. a. Grundwissen in komplexen Themen vermittelt, auch gaben Sie mir Orientierung in aufregenden Zeiten. Umso erschrockener bin ich über Ihren Artikel „Radikal Neoliberal“ in der aktuellen Ausgabe. Selten habe ich menschenverachtendere Formulierungen in einem Interview gelesen; und das in Zeiten sozialer Verwerfungen, die den Niedergang unserer Volksparteien beschleunigen. Wohin steuert Ihre Wochenzeitung?
PS: Wie wir wissen kann das Glück erheblich dazu beitragen, dass man auf der Gewinnerseite landet, und das Pech, dass man sich in der Gosse wiederfindet; ich wünsche Patrick Schumacher „ne Menge“ Pech! – Rolf Dülm


Leserbrief zu „Denken oder denken lassen?“ von Mohamed Amjahid

Linke verhindern dieser Tage Meinungsfreiheit und Diskussionen? Der Siegener Rektor hat Recht: Wir dürfen unter keinen Umständen hinter die Aufklärung zurückfallen. Bildung, Widerspruch und Meinungsfreiheit sind weltweit alles andere als eine Selbstverständlichkeit; das betrifft bedauerlicherweise auch und in zunehmendem Maße den Westen.

Die diesbezüglichen Verhältnisse an amerikanischen Hochschulen sind schlimm: Dort herrscht offenbar ein gleichsam puritanistischer Meinungstotalitarismus, dessen Machtgier sich einen humanen Anstrich geben will und eben dadurch ehedem gemäßigte Menschen radikalisiert. In Deutschland haben Merkelismus und GroKo Prinzipien offener Diskurskultur in Parlament und Öffentlichkeit dispensiert, tendenziell Orwell’sches Neusprech etabliert und so einen strukturellen Abbau von Bildung, Demokratie und Meinungsfreiheit begünstigt. Die sogenannten „Linken“ in Siegen sollten einmal Voltaire lesen: „Ich verabscheue Ihre Meinung, doch ich würde dafür sterben, dass Sie sie äußern dürfen“. Diese Freiheit wurde schließlich über Jahrhunderte mit einem beträchtlichen Blutzoll für uns Bildschirm-Humanisten errungen und wir sind nun aufgefordert, dieses ebenso unbequeme wie wertvolle Erbe zu kultivieren – ein genuin linkes Anliegen! – Dr. André Hempel


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Herr Schuhmacher erläutert in dem Interview, dass er ein Büro in Deutschland eröffnen muss, um weiterhin an der Vergabe zu öffentlichen Aufträgen innerhalb der Europäischen Union teilnehmen zu können. Gleichzeitig verspottet er den normalen Steuerzahler, macht sich über die Opfer der gar nicht modernen Arbeitswelt lustig und verkennt vollkommen, wer der eigentliche Investor zu den öffentlichen Bauten ist, die er da bauen will – nämlich der/die normalen Steuerzahler, die seiner Meinung nach aber nichts mehr in den Innenstädten verloren haben. Da sollen dann nur noch die hippen Emporkömmlinge im Luxus-Ghetto wohnen, der normale Steuerzahler hingegen darf gerne mal ein paar Stunden mit der Bahn fahren, um dann sein Büro putzen zu dürfen. Der ausformulierte Wunsch nach weniger Regulierung (natürlich vollkommen unvoreingenommen, niemals zum eigenen Nutzen…), mehr Autokratie und unregulierten Märkten verdeutlicht, dass diese “Elite“ nicht im mindesten etwas für die Gesellschaft übrig hat noch die Lehren aus dem Crash von Lehman Brothers gezogen hat – hier hat sich den Anforderungen des Patrik Schumacher entsprechend keine Regulierungsbehörde eingemischt und den Märkten freien Lauf gelassen. Diese Krise aber war Höhepunkt eines beispiellosen Finanzexzesses, der sich über viele Jahre angebahnt hatte. Diese Krise löste in vielen Industriestaaten eine tiefe Rezession aus und war letztlich auch mitverantwortlich für das heute noch andauernde Euro-“Dilemma“. Die Folgen sind bis heute spürbar – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch. Interessanterweise tragen die Folgen dieser unregulierten Finanzmärkte immer und überall auf der Welt die wirklich steuerzahlenden Bürger – nicht die steuervermeidenden Eliten, die immer wieder effiziente Schlupflöcher finden und sich sogar noch via Cum-Ex & Co. Geld überweisen lassen können, was ihnen nicht im geringsten zusteht.

Ein weiteres Ärgernis: Patrik Schumacher gönnt den jungen Leuten, die ihr Praktikum bei ihm machen, noch nicht mal das karge Taschengeld, das von den Behörden vorgeschrieben ist – das ist das beste Symbol des radikalisierten Neoliberalismus zu einer vielfach gewünschten schleichenden Verarmung und Verelendung der normalen Bevölkerung. Im deutschen Grundgesetz verankert steht – aus sehr guten Gründen von unseren Gründervätern formuliert – geschrieben: Eigentum verpflichtet. Patrik Schumacher möchte hingegen mit seinem Eigentum machen was er will und gegebenenfalls binnen einer Woche seine missliebigen Mieter vor die Türe setzten. Dann sollte er sich sein Eigentum dort schaffen, wo die neoliberalen Kräfte bereits für das nicht mehr lebenswerte Umfeld gesorgt haben – aber da will er ja auch nicht leben und arbeiten, – gefällt es ihm da wohl nicht? – Peter


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

“Bar jeder Erträglichkeit”
Was um Himmels Willen hat eigentlich wen motiviert, Herrn Schumacher nach seiner vermeintlich “libertären” Weltsicht zu befragen – und warum war wer der Meinung, ein solches Interview könnte Relevanz für die geneigte Leserschaft haben? Eine erklärliche Antwort auf diese Frage kann wohl nur lauten, einer möglichst großen Anzahl gesellschaftlich und politisch Interessierter warnend zu verdeutlichen, welche Geisteshaltung sich in “libertären” Kreisen auch auszubilden vermag? Die Einlassungen des Herrn Schumacher jedenfalls sind es nicht wert, rezitiert zu werden, sie entlarven sich in ihrer Unerträglichkeit von selbst – und lassen mich nur hoffen, dass Disziplin und Profession des Interviewten in keinem kausalen Zusammenhang mit seinem Denken stehen. – Dr.-Ing. Olaf Peterschröder


Leserbrief zu „»Der Neoliberalismus muss jetzt radikalisiert werden«“ von Tobias Timm

Da muss dem „Stararchitekten“ Patrik Schumacher aber mal was Schlimmes passiert sein…?! Er sollte seine Baustellen nie mehr betreten ohne einen Helm zu tragen. – Ulrich Maas


Leserbrief zu „Im Schleudergang“ von Lisa Nienhaus

Es ist schon seltsam, dass man sich mit Kommentaren immer wieder auf die Deutsche Bank kapriziert, wo doch das ganze herrschende System bis auf die Knochen verkommen ist. Herr Prof. Heilmann hält in seinem Leserbrief zu „Im Schleudergang“ von Lisa Nienhaus die Malaise bei der Deutschen Bank für das Erbe des ehemaligen Vorstandschefs J. Ackermann. Das stimmt so nicht, denn das Dilemma begann viel früher, mindesten mit der mehr als dummen Äußerung von Vorstandschef  S. Breuer zur Finanzsituation des mit dem höchste Dubiosität ausdrückenden Prädikat „Medienmogul“ bedachten Unternehmers Leo Kirch. Die im Grunde richtige Äußerung war aber völlig überflüssig und besonders deshalb unverständlich, weil Finanzinstitute generell mit Aussagen mehr als zurückhaltend sind, meist jegliche Stellungnahme absolut verweigern. Der raffinierte „Mogul“ hat die Dummheit Breuers natürlich ausgenutzt und so die Skandalwelle der Deutschen Bank erfolgreich ins Rollen gebracht. Warum sich Staatsanwaltschaften noch weiterhin auf die Deutsche Bank konzentrieren, ist dem Normalo unverständlich, und er fragt, ob da vielleicht noch andere Interessentenkreise dahinterstecken könnten. Dem neuen Vorstandschef  Christian Sewing ist zu raten: Absolute Solidität der Deutschen Bank auf allen Ebenen wiederherstellen. Er kann, muß es schaffen, und die Bundesrepublik wird es ihm danken. – Hans Anhoeck