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29. Juni 2023 – Ausgabe 28

Leserbriefe zu „Nach Sonneberg“ von Anne Hähnig

 

Der Schoß ist fruchtbar noch…(Brecht). Wehret den Anfängen. (Zitat) – Hartmut Wagener

 

Dämonisierung, Brandmauern oder, als mildeste Form, Berührungsängste, haben vielleicht der erwartbaren Medienschelte, nicht aber der AfD den Wind aus den Segeln genommen. Auch ein weniger aggressiver, gezähmter Diskurs, wie der Autor meint, würde daran nichts ändern. Im Gegenteil nähme der Verdruss über weichgespülte Wortmeldungen eher zu, weil die Doppelmoral sichtbar würde. Nur inhaltlich kann man die Rechten stellen. Und da kommen die Grünen ins Spiel. Ihr Weltbild steht in Kontrast zur Mehrheit, die etwa mit Gendermätzchen und Multikulti auf Kriegsfuß steht. Um diese Stimmung aufzugreifen, hat Merz sie nun wie Söder nach langem Zögern zu seinen Hauptgegnern erklärt. Das Gegenmodell Wüst in NRW verblasst dabei mit seinem grünen Schmusekurs und 45 % unzufriedenen Nichtwählern . Auch die anderen schwarz-grünen Landesbündnisse sähen heute anders aus in Kenntnis der grünen Klimadoktrin. Wenn deren Stern nun verblasst, reduziert das die Angriffsfläche für Rechtsaußen und könnte den Konservativen Aufwind verschaffen. Merz kriegt vielleicht doch noch die Kurve. – Christoph Schönberger

 

Jenseits der Frage, dass die etablierten Parteien nicht den Eindruck erwecken dürfen, sie seien boshaft-zerstritten und unfähig, ist bei der Landratswahl im Landkreis Sonneberg ein anderer Aspekt zu bedenken. Was ich geahnt hatte, ist nämlich eingetreten. Angesichts der Tatsache, dass der AfD-Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit recht knapp verpasst hatte, war es nämlich politisch fahrlässig, dass die anderen Parteien zur Wahl des Zweitplatzierten aufriefen, den zu erfolgreichen AfD-Kandidaten gegen eine geschlossene Phalanx anrennen ließen und damit den klischeehaften Eindruck einer nicht koscheren Absprache vermittelten. Dass die Wahlbeteiligung nach 49,1 Prozent im ersten Durchgang auf 59,6 Prozent stieg, zeigt doch, dass noch Zaudernde im Sinne eines Jetzt erst recht handelten und doch noch wählen gingen. Wahlempfehlungen sind in Ordnung, wenn der Vorsprung des Erstplatzierten für die Stichwahl nicht beeindruckend ist, aber bei einem derartigen Vorsprung ist Zurückhaltung mit Sicherheit zielführender. – Siegfried Kowallek

 

„Merz‘ Fundamentalkritik an den GRÜNEN ist offenbar bei der AfD entlehnt.“ Die ist typisch für die ZEIT: Die eigenen Fehler beim „Stark-Werden“ der AfD nicht erkennen können oder wollen und auf andere draufhauen, um vom eigenen Versagen abzulenken. Die ZEIT gilt heute als fast kritiklos GRÜN ausgerichtet. Und hat bei der Pflicht versagt, wie die Opposition die Regierung zu kontrollieren und als Korrektiv zu wirken: konkret darauf aufmerksam zu machen, dass in der Bundesrepublik das Volk (Grundgesetz!) der Souverän ist und deshalb bei Gesetzen wie dem Heizungsgesetz die Bevölkerung mitzunehmen ist und Alleingänge, die ideologisch wirken, nur die AfD stärken. Die Verantwortung auch der ZEIT für das Erstarken der AfD ist deutlich größer, als die Redaktion es sich offenbar eingestehen will. Gehen Sie endlich in sich! Ich werde in Zukunft die ZEIT nicht mehr kaufen und auf die WELT AM SONNTAG umstellen, die mir engagierter dafür einzutreten scheint, wie Demokratie funktionieren muss. – Hans Rentz 

 

In Ihrem Artikel gehen Sie vom Gewinn der ersten Landratswahl der AFD in Sonneberg aus und analysieren danach aus meiner Sicht brillant die Ursachen und Hintergründe zu diesem Wahlergebnis. Ich habe schon lange keinen Beitrag in den Medien (Zeitungen, TV, etc.) gefunden, der wie Sie, die Sache in aller Kürze auf den Punkt bringt. Die aktuelle Regierung mag in der Kommunikation ihrer Aktivitäten etwas ungeschickt und dilettantisch vorgehen, seit der Wiedervereinigung 1989 hatte danach noch keine deutsche Regierung mit einer derartigen Häufung von schwierigsten Problemen zu kämpfen. Los ging es mit der Corona-Pandemie, die der Bevölkerung viele Opfer abverlangte. Einher ging dies mit einer Verschlechterung der Wirtschaftslage, weil viele Betriebe u.a. wegen nachlassender Kundennachfrage in Kurzarbeit gehen mussten oder auch insolvent wurden. Dazu kam dann der Krieg in der Ukraine, der auch viel diplomatisches Geschick und Haushaltsmittel in Anspruch genommen hat und noch nehmen wird. Auch hier sind dann Lieferketten nach Russland aus militärisch -politischen Gründen gekappt worden. Dazu kam die Umstellung auf klimaneutrale Heizungs- und Produktionsmethoden, die ebenfalls in der Kommunikation der Regierung nicht gerade für jedermann verständlich umgesetzt wurde.

Insofern finde ich Ihren Artikel auch als Volkswirt im Ruhestand und jahrelanger Ortsvereinsvorsitzender der SPD sehr ausgewogen und für die sog. „etablierten“ Parteien in der Regierung und in der Opposition als deutlichen Hinweis, das gegenwärtige Gezänk einzustellen und endlich konkrete Vorschläge zur Bewältigung der anstehenden Probleme vorzulegen. Dazu haben bisher weder Herr Merz, noch Herr Söder beigetragen. Einen Kummer aber habe ich noch: Auch die Medien beteiligen sich durchweg an der Zuspitzung und sehr breiten Darstellung von unterschiedlichen Meinungen in der Öffentlichkeit. Manchmal hat man das Gefühl, dass es gar nicht mehr um die Sache geht und die Lösung von Problemen, sondern je größer der Krawall, desto größer die Auflage! – Kurt Berlinger

 

„Na und?! Na und?! Zum Durchdreh´n noch lange kein Grund!“ diese Zeile singt Udo Jürgens in seinem Lied „Na und?!“ (Text: Thomas Spitzer, Musik: Udo Jürgens) Und wieder ist der Schuldige gefunden! Jetzt sind es die Wähler, die diesen AfD-Menschen Robert Sesselmann in Amt und Würden gewählt haben. Die Unschuldslämmer von SPD, CDU, Grünen & Co. machen jetzt sehr große Augen und fragen „Warum nur, warum?!“, und wieder so eine Nummer von Udo Jürgens (1934-2014). Die Menschen in Thüringen könnten so gewählt haben, wie sie gerade gewählt haben, weil sie vielleicht die Schnauze voll haben von diesen bürgerlichen Parteien, die dem Volk einfach nicht mehr aufs Maul schauen wollen und die nur noch gnadenlos ihr eigenes Ding, fernab vom Volk, durchziehen wollen! Vielleicht der richtige Denkzettel zur rechten Zeit von ganz rechts Außen! – Klaus P. Jaworek

 

Sie sollten sich fragen WER die Wahl gewonnen hat ? Die 53% Wähler die sie und Ihresgleichen als Rechts, als ……bezeichnen, haben gewonnen !!! UND bei der nächsten Wahl in welchen Bundesland auch immer, werden sie sich wundern ! Spätestens zur Bundestagswahl ! Dem ,, mündigen Bürger“ drücken Alltagssorgen, wie z.B. die ZWANGSABGABE für das marode Pleiteunternehmen ARD/ ZDF etc. das mit sage und schreibe acht ( 8 ) Milliarden € jährlich beglückt wird. Eine Schande. – Herbert Loitsch

 

Die jüngsten Einlassungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der in der Schwäche der Grünen mittlerweile die Stärke der AfD maßgeblich begründet sieht, muten hilflos und willfährig an. Die seinerzeitige Ansage, die AfD-Wählerschaft halbieren zu wollen (mittels überlegener Amtsführung), erweist sich mithin als Geschwätz von gestern. Nunmehr erprobt Merz lieber den Aufstand gegen die Grünen, nicht zuletzt auf Kosten der schwarz-grünen Landesregierung NRW. Ausgerechnet von dort droht dem Sauerländer bekanntlich betreffend die Frage nach dem zukünftigen Kanzlerkandidaten der Union durch die recht konsensuale und erfolgreiche Zusammenarbeit der Regierungskoalition unter dem CDU-Ministerpräsidenten Wüst weiteres Ungemach. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. So oder so, mit diesem „speziellen Move“ dürfte Merz nicht nur die Grünen heftig irritiert haben; und ist sich dabei doch leider schlechthin treu geblieben. – Matthias Bartsch

 

Ich habe einen Traum: Wähler und Wählerinnen wählen nicht die AFD, sondern die Grünen. Ein Teil davon aus Trotz, weil auf die einzige Klimapartei, die wir haben, von allen Seiten eingedroschen wird. – Ilse Baumann Grösch

 

Ja, natürlich gibt es falsch kalkulierte oder verzweifelt hilflose oder blasierte Äußerungen mancher Politiker wie die des Herrn Kubicki oder des Herrn Merz, die der AfD bestimmte Wähler und Wählerinnen noch zusätzlich in die Arme treiben. Es sind die Mitmenschen, die am leichtesten bei ihrer Bequemlichkeit abzuholen sind. In der Opferrolle ist es am bequemsten. Da kann man sich am besten davor drücken, zuzuhören und nachzudenken. In so vielen Ländern bedienen Rechtspopulisten dieses Bedürfnis, dass es nicht nur an den demokratischen Parteien liegen kann. Der Teil der Wahlberechtigten, der Helmut Schmidts Satz „Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine“ nicht akzeptieren will, ist derjenige, dem seine Bequemlichkeit über alles geht. Streit als gemeinsames Ringen um die beste Lösung scheint diesen Leuten zu mühsam zu sein. Warum sind es so viele? Vielleicht auch, weil wir in einer Zeit leben , in der man sich dank der vielen technischen Möglichkeiten für die Befriedigung so vieler alltäglicher Bedürfnisse kaum noch anstrengen muss, auf nichts mehr länger als ein paar Stündchen warten muss. Man könnte dafür dankbar sein, dass das praktische Leben für die meisten Menschen in unseren Breiten immer einfacher wird. Aber man hätte es gerne in jeder Hinsicht bequem und so werden viele Menschen offensichtlich immer unwilliger, sich zu den nicht so einfach zu lösenden Problemen unseres Zusammenlebens mehr als ein, zwei Schwarz-Weiß-Gedanken zu machen. – Susanne Quabeck

 

Danke für ihren guten Leitartikel zum Thema AfD. Ihr letzten Sätze “ …. Dafür braucht es ein Klima der gesitteten Geschäftigkeit…..” kann man nur beherzigen. Die kontroverse Diskussion wird m.E. mittlerweile nicht mehr sachlich sondern leider sehr polemisch und persönlich diffamierend ausgetragen. Das der Bundestag von der Präsidentin ermahnt werden musste, dass die Wortwahl wegen der Zuschauer doch etwas überlegter sein solle, ist bezeichnend für die Verrohung. Ihre Analyse beachtet jedoch nicht die Historie der sogenannten neuen Bundesländer. Es ist für mich nicht verwunderlich, dass gerade in Thüringen solche anprangernden Parolen verfangen. 1989 ff. ist noch gar nicht so lange her. Wenn Sie sich vor Augen führen, welche tief greifenden Umwälzungen dort vor etwa 25 Jahren erfolgten ist leider nachvollziehbar, dass dies auch eine “Quittung” der sich ungerecht behandelten ist. Vielmehr sollten sich die Politiker der etablierten Parteien fragen, welche Existenzsorgen die Bürger bewegen und dafür Lösungen anbieten. – Timon Gruber

 

Wir wissen doch, wie es aussieht in des Volkes Seele: Seit nunmehr Jahrzehnten wendet sich ein gewisser Teil der Bevölkerung vom Wählen ab. Die Gründe: „Die machen doch sowieso, was sie wollen“ und „Völlig egal, wer da oben sitzt, es ändert sich doch nichts“. Das alles sind „die Kunden“ der rechtsgerichteten AFD und vieler anderer Vorgänger. Aktuell kommt die Bedeutung des Putin-Krieges gegen die Ukraine dazu i.v.m. der vollständigen Abkehr von russischer Energie i.V.m. dem Klimawandel ganz allgemein und dessen Herausforderungen bzgl. Energie fürs Wohnen und der Mobilität (ÖPNV plus Fahrrad plus Elektro-Auto und dgl.). Das Streiten der Regierung und der Parlamentarier nimmt dieser Wechsel – oder Erst-Wähler für die AFD wahr als „Beweis“: Die können es nicht. Um ganz kurz zu den „Merzschen“ (Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender uam) Anflügen von „Befreiungen“ zu kommen: Die so Angesprochenen werden lieber das Original wie AFD wählen als so ein „Plagiat“ wie die Union – ganz einfach. Das zentrale Argument für eine starke gute Demokratie , also ohne eine rechtsgerichtet AFD, lautet: Gute Politik machen und den Bürger nicht verprellen. In diesem Sinne war Habecks Heizungsgesetz zwar richtig, aber handwerklich falsch wg. fehlender mittelfristiger Übergangslösungen und vieles andere mehr. Und noch eines zur Mobilitätsthematik: In Lüneburg wurde in der Uelzener Straße im Jahre 2022 eine wunderbar neue breite Trasse für Radfahrer gebaut i.V.m. mit der Neugestaltung des Gehweges gebaut. Allerdings ist den verantwortlich Planenden ein „sehr blöder“ Fehler unterlaufen: Man hat kurzerhand auf der ganzen Länge von 1,2 km Anwohner-Parkplätze für Autos um ca 70% gestrichen, auf der Restlänge von ca 150 m sogar komplett alle. Wer so etwas macht, gehört nicht mehr in Planungsgruppen, sonstige Entscheider für diese „Verplanung“ abgewählt; hier wurden die parkplatzsuchenden Anwohner-Autofahrer gehörig verprellt, d.h., man strich denen sozusagen Grundrechte. Für sonstige Freiräume hat man völlig unsinnig Fahrradbügel ( 19 Gruppen a` 3 bis 4 Bügel) installiert. Alles zusammen entspricht diese kpl. Baumaßnahme einem totalen Schildbürgerstreich. Selbst die neu gewählte „Grüne“ ( !! ) Oberbürgermeisterin hätte ab Oktober 2021 noch reichlich Zeit gehabt, dieses unsinnige Gesamtprojekt aufgrund fehlender Auto-Parkplätze krass zu ändern. Doch Fehlanzeige – es tat sich bis heute nichts, stattdessen bekommt man Strafzettel. Und so sieht Mobilitätswende aus ? Für viele ein weiterer Grund, extrem zu wählen. – Rainer Rehfeldt

 

Versagen auf der ganzen Linie. Natürlich haben alle demokratischen Parteien versagt. Seit Jahren gibt es im demokratischen Parteienspektrum keine gemeinsamen Ziele und Verantwortung mehr. Die Wertegemeinschaft wird nur in anderen Ländern eingefordert. Die AFD zur Bedeutungslosigkeit zu führen wäre, neben vielen anderen, ein gemeinsames Ziel. Was jedoch passiert, ist die gegenseitige Schuldzuweisung für diesen Schlamassel in Sonneberg. Friedrich März, der die AFD halbieren wollte, macht die Ampel verantwortlich. Olaf Scholz sieht in der gegenwärtige Regierungspolitik keinen Hauptgrund für das Erstarken der AFD. Die Grünen peitschen ihr GEG – Gesetz ohne Rücksicht auf Verluste voran. Die FDP wartet ab, wie und wo sie den Spielverderber machen kann. In der Zwischenzeit marschiert die AFD ungebremst weiter, zunächst in die Gemeinden, jetzt auch als Landrat. Wer stoppt sie auf Länder – oder sogar Bundesebene? 1933 hat Reichskanzler Franz von Papen auch geklaubt, Hitler und seine Schergen zähmen zu können. Es war zu spät. – Wolfgang Scheer

 

Danke für diesen aufschlussreichen und toll geschriebenen Beitrag von Anne Hähnig. Im Grunde kann ich hier nur Beipflichtendes dazusteuern. Die regelmäßigen, messerscharfen Attacken des Friedrich Merz auf die Regierungskoalition muten mittlerweile nur noch überzogen an. Kritik zu üben ist wichtige Aufgabe der Opposition. Doch das, was der Parteivorsitzende der CDU da zuweilen von sich gibt, erinnert doch mehr an einen Feldzug! Ich würde mir mehr Mäßigung wünschen, zudem dass wieder Wert darauf gelegt wird, eine saubere Sprache an den Tag zu legen. Klima-RAF, Klima-Stasi und was sich da sonst noch so an Unbegrifflichkeiten im Repertoire der Konservativen tummelt, ist einfach fehl am Platz. Herr Wüst und Herr Günther üben daran nur zurecht Kritik. Nur wenn es um Mad Germany geht, würde ich nicht gleich die ganze Bundesrepublik mit dem Namen abstempeln. Seien wir ehrlich. In erster Linie ist es doch der Osten Deutschlands, der uns immer wieder wie ein zu enger Schuh an allen erdenklichen Stellen drückt. Wer die in Thüringen als gesichert rechtsextreme Partei der AfD wählt, fremdelt ganz offenbar mit den Vorstellungen unserer freiheitlich, demokratischen Grundordnung. Diesen Demokratieverächtern gilt es, stets die Stirn zu bieten. Wir alle. Gemeinsam, als aufgeklärte und pluralistische Gesellschaft wollen uns unterhaken! – Michael Ayten

 

Ich habe gerade „Nach Sonneberg“ auf Seite 1 der Ausgabe vom 29. Juni gelesen. Inhaltlich kann ich weitgehend folgen. Am Ende der zweiten Spalte, 1. Absatz, schreiben Sie: ‚Mad in Germany‘. Richtig wäre wohl „Made in Germany“ gewesen, auch wenn es die Firma „Mad …“ gibt. Das auf Seite 1 finde ich für DIE ZEIT schon peinlich. Vielleicht sollten Sie mal bei unserer Sprache bleiben. Dann hieße es: „Gemacht in Deutschland“. Das würde jeder verstehen und richtig einordnen. – Josef Schliemann

 

Anne Hähnig spricht etwas sehr wichtiges an. Warum wurde die AFD so groß? „Die wurde einerseits groß, weil ihre Konzentration auf den Nationalstaat vielen Bürgern gefällt. Und andererseits, weil Regierung und Opposition relevante Themen tendenziell gemieden haben.“ Doch wo der Wunsch nach Deutschland first, Ungarn first oder Frankreich first auftaucht ist der Weg in die autoritäre, tendenziell faschistische Regierungsform nicht allzu weit, wie sie von Höcke, Orban, Le Pen angestrebt werden, alles Anhänger von Putins eurasischen Großmachtträumen. Was wird dabei nicht beachtet? Das hinter diesen Bemühungen vor allem der russische Imperialismus mit seinen orthodoxen, faschistischen Ideologien agiert. Der dazu notwendigen Aufklärung hat sich Timothy Snyder in seinem Buch: „Der Weg in die Unfreiheit“ gewidmet. Im 4. Kapitel wird deutlich gemacht wie wichtig die Fragestellung für Europa, ja der ganzen Welt ist: „Integration oder Imperium“. Hier zeigt Snyder auf wie nach dem Niedergang der europäischen, imperialistischen Kolonialmächte nur die Integration in die EU nach dem 2. Weltkrieg sie vor dem wirtschaftlichen Niedergang retten konnte. Der Brexit und seine desaströsen Folgen für England zeigt auf wie das noch heute zutrifft, wo Nigel Farage von Putin finanziert dazu beigetragen hat. Wer möchte nicht gern in einem wirtschaftlich gesunden Nationalstaat leben? Doch ohne Integration der demokratischen Staaten wird das nicht gelingen! Dies zeigt Snyder in seinem Buch auf, was durch eine Rezension der „Zeit“ gewürdigt werden sollte. Ich kenne kein Buch welches den Kampf gegen die Integration der Demokratien durch Putins imperialistische Politik besser und konkreter beschreibt als dieses. Thomas Piketty hat schon beschrieben, das die „Unausweichlichkeit“ der freien Entfaltung des Kapitalismus die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter werden lässt und damit zum imperialistischen Krieg führen kann. Snyder zeigt auf, dass die „Unausweichlichkeit“ des unregulierten Kapitalismus eben nicht zur Demokratie, sondern zur autoritären Entwicklung führt. So wie Lindner, Merz, Spahn und Söder nur ihre Machtoptionen im Auge haben tun sie sich und uns keinen Gefallen. Streit ist unerlässlich in einer Demokratie, doch er sollte das Ziel haben die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen, die Integration der demokratischen Länder zu fördern und diese Notwendigkeit im Volk noch deutlicher zu machen. – Michael Hopmann

 

Wenn, wie die Verfasserin des Artikels schreibt, die Wähler von der AfD nur erwarten, Probleme zu benennen um deren Lösung aber den etablierten Parteien zu überlassen, stellt sich sofort die Frage: Kann man so eine Partei, deren politische Klimmzüge sich nur in oberflächlichen Reaktionen auf andere Parteien entlädt, selbst aber keine fundierten Ansätze zu einer eigenen Wirtschafts-, Sozial – und Außenpolitik zustande bringt, überhaupt als politische Partei bezeichnen ? Stattdessen entstand ein Konglomerat, das rechtsradikale, neonazistische und fremdenfeindliche Strömungen vereint. Unter den Fittichen des Thüringer Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke, vormals Gymnasiallehrer für Geschichte, gedeiht diese gefährliche, rechtsradikale Mischung eher im Verborgenen. Für die Öffentlichkeit, Teile der Presse und den sozialen Medien wird dieser Makel mit dem schwammigen Begriff populistische Partei zugekleistert. Der naive Teil der Wähler soll mit seiner Nase nicht auf den wahren Kern der AfD gestoßen werden. Für die unbelehrbaren Neonazis und Rassisten bleibt die AfD aber wählbar. Und hier liegt das Hauptproblem von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen die sich so schwertun die aufstrebende AfD mit schwerem Geschütz zu bekämpfen. Man hat die größte Angst, die Sympathisanten und Protestwähler dieser im Kern rechtsradikalen Partei nicht mehr erreichen zu können oder gar eigene Wähler an sie zu verlieren.

Das ist ein mehr als peinliches Einknicken vor einer Partei, die sich am einfachsten bekämpfen ließe, wenn man ihr fehlende politische Glaubwürdigkeit mit der völlig undifferenzierte Einstellung zur deutschen Katastrophe unter Hitler -und heute – zu Putin begründen würde. Hier verzeichnet besonders die SPD einen Totalausfall. War sie nicht besonders von Hitlers Vernichtungsstrategie gegen oppositionelle Parteien betroffen ? Eine besondere Bedeutung hat aktuell der Begriff des Protestwähler bekommen. Er bestimmt inzwischen immer stärker, dass es bald nur noch Dreierkoalitionen zu einer Regierungsbildung schaffen. Wenn die Protestwähler bei ihrer Entscheidung das kleine Einmaleins bemühen, ist klar, dass die Wahlmathematik dem Zuwachs der AfD den etablierten Parteien Stimmenverluste beschert. Da wäre es fast ehrlicher, aus Frust über die etablierten Parteien, wenn der Protestwähler -Protest hin oder her – gar nicht wählt. Im Sinne einer stabilen Regierungsbildung wäre ein solches Verhalten allemal besser für unsere Demokratie. – Klaus Reisdorf

 

Man möchte rufen, Lieber Herr Merz, Herr Lindner und alle Politiker einer „aus den Fugen geratenen Diskussionskultur“: bitte lesen Sie diesen Artikel und nehmen ihn sich zu Herzen! Richten Sie Ihre Energie nicht auf vermeintliche „Hauptgegner“, sondern auf die drängenden Themen unserer Zeit! Tragen Sie doch bitte Konstruktives zur Lösung der anstehenden Probleme bei! Der Aufstieg der NSDAP zur führenden Partei gelang unter anderem auch deswegen, weil KPD und SPD sich erbittert bekämpften, anstatt ihre Kräfte zu bündeln gegen „den Feind von Rechts“. – Katja Heck

 

Es ist aller Ehren wert, wenn Anne Hähnig auf die Erfolge der jetzigen Regierung hinweist und den etablierten Parteien eine gewisse Lernfähigkeit zuspricht, insbesondere wenn es um den Diskurs zu heiklen Themen geht. Die Flüchtlingskrise ist ein sehr gutes Bespiel, die vermeintliche Einhelligkeit unter Merkel ist vorbei. Nur, die Merkel-Jahre waren lang und viele, die jetzt regieren, haben auch unter Merkel mitregiert. Flüchtlingskrise, Corona-Krise, der Ukraine-Krieg, es sind schwere Zeiten. Fernab jeglicher politischer Verantwortung, diese Problem lösen zu müssen, ist es der AfD gelungen, sich zur Anklägerin und „Heilsbringerin“ zu stilisieren. Deutschland ist sicherlich noch weit entfernt von einem dysfunktionalen Staat. Aber es gibt massive Probleme, die viele Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen sehr wohl zu spüren bekommen. Wohnungsmangel, die daraus resultierenden hohen Mieten, Lehrermangel, der damit verbundene Unterrichtsausfall, zu wenig Pflegepersonal in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen, eine Bundesbahn, die durch Unzuverlässigkeit glänzt, eine überforderte Administration, nur ein paar Beispiele. Insofern finde ich den Vorwurf von Anne Hähnig, Deutschland könnte der Weltmarktführer in Miesepetrigkeit werden, ungerecht und recht pauschal gefasst.

Übrigens glaube ich nicht, dass AfD – Wähler nur die Benennung ihrer Probleme wollen, sie erhoffen sich sehr wohl, die AfD könnte sie lösen. Dass auch die AfD angesichts nationaler und internationaler Verpflichtungen und Verflechtungen Deutschlands, nicht in der Lage wäre, dieses Land zu regieren, scheint ihren Wählern nicht aufzugehen. Ich wünsche mir auch, dass die etablierten Parteien endlich mit der verbalen „Aufrüstung“ gegeneinander aufhören und zu einer konstruktiven Streitkultur zurückkehren. Alles andere nervt, ist anstrengend für die Bevölkerung und hinterlässt den Eindruck, die Parteien wären nur noch mit sich selbst beschäftigt. Und, wie Frau Hähnig es so schön ausdrückt, dass sie wieder ein Klima der gesitteten Geschäftigkeit verbreiten. Zu tun gibt es ja mehr als genug. – Regina Stock

 

Diejenigen, die heute AfD wählen, wollen diese Partei samt ihren Absichten, wie es auch der Präsident des Industrie – und Handelstages benennt. Diese Wählerschaft ist die gleiche, die aus Überzeugung NSDAP gewählt hat. Diejenigen, die eine große Zahl AfD-Protestwähler sehen, irren. Diejenigen, die ein Freund-Gegner-Handlungsschema zur politischen Maxime machen (das Trump’sche „America First!“), verweigern sich inhaltlicher, konstruktiver und demokratischer Mitarbeit (frei nach Lindner „lieber nicht regieren als mit den Grünen regieren!“) – genau wie die demokratischen Parteien in den beginnenden 1930’er Jahren. Friedrich Merz – und möglicherweise auch Lindner, Kubicki und Co. – scheinen eher eine AfD-Minderheitenregierung tolerieren als mit den Grünen regieren zu wollen. Diese destruktive „Gegner“-Verweigerung der demokratischen Parteien hat auch Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler gemacht – und sie wird heute die AfD weiter stärken. – Klaus Kumpe

 

Zum Artikel oder eher Kommentar „Nach Sonneberg“ kann ich weitestgehend nur Beifall spenden, besonders, wo Sie sich von den üblichen bequemen oder gefälligen Erklärungen unterscheiden! Sie haben sehr Recht, dass ein großer Teil der Erklärungen und Kritiken an den etablierten oder demokratischen Parteien eher ungerecht sind oder an den eigentlichen Wurzeln des Problems vorbei gehen, und dass sie im Kampf gegen die AFD und ähnlich denkende nicht zu wenig, sondern eher zu viel und vor allem das falsche getan haben. Ergänzen würde ich noch, dass sie teils durch ihre Vermeidung bestimmter Themen, aber auch durch explizite „Visionen“ unhaltbare und unrealistische Erwartungen mit erzeugt haben, deren Enttäuschung zumindest als Risiko erwartbar war und ihnen nun zunehmend um die Ohren fliegt. So vor allem die „Vision“, empfunden als Versprechen, dass die bessere oder nur nachhaltigere Welt überhaupt nicht durch mehr Arbeit oder „Verzicht“ oder Bescheidenheit oder neue Denk – und Verhaltensweisen kommen werde oder müsse, sondern allein durch ihre „klugen“ oder gar „genialen“ Ideen, Technologien, Systeme etc. Dass die großzügige Zulassung von Flüchtlingen oder Migranten nur unschuldige Opfer oder Bereicherung und neue Fachkräfte bringen würde, und nicht etwa auch Schlepperkriminelle, Terroristen, unterlegene Täter etc. und auch bei den „guten“ zuerst einmal mehr Arbeit oder Kosten für diese zwecks Unterbringung in zusätzlichen Wohnungen, Sprachschulung, Integration, Überprüfung/Auswahl, zusätzliche Infrastruktur, Ausbildungen, Trauma-Behandlungen etc. etc.

Es gibt viel zu viele, die die Leistungen einer Regierung nicht an den unverschuldetem Problemlagen messen, wie dem Erbe anderer Vorgänger-Regierungen, der Demographie, dem Fachkräftemangel, Pandemien, und/oder den Verhältnissen in anderen Ländern, sondern an ihren Erwartungen, die oft völlig überhöht oder gar in sich widersprüchlich sind. Am ehesten ist den Regierungsparteien vorzuwerfen, dass sie genau diese Erwartungen großteils im Wahlkampf selbst mit geschürt haben, auch indem sie keinen Vorbehalt für „unerwartete Ereignisse“ gemacht haben wie den schon seit längerem gar nicht so unwahrscheinlichen Krieg in der Ukraine. Das Motto der Wahlprogramme war eher: „Nur eines soll der Mensch: uns an die Macht zu bringen, / danach braucht er nichts mehr als unsren Lobpreis singen. / „Nichts Gutes, wenn nicht Mensch tut es“; das war gestern, / denn wir sind große Brüder, Schwestern, / die ALLES tun und schaffen, und für ALLE Leute, / dass sie nur noch soll’n träumen, tun, was ihnen Spaß bringt, heute“. (Leicht geändert aus meinem Gedicht „an die Superidealisten der Worte, Wünsche und Wahlkämpfe“). Wenn man von einer Regierung ein nahezu problemfreies Leben mit Kümmern um alles und jedes erwartet, wofür sich reife Menschen auch selbst verantwortlich fühlen (sollten), also fast eine Art Paradies, dann muss eine, ja selbst die beste denkbare Regierung und ihre Parteien natürlich überfordert wirken.

Dazu kommt der irrige Eindruck, dass Paradoxien immer eine Irrsinnigkeit der handelnden beweisen würden; dabei gibt es im Leben durchaus Dilemmas mit dem Zwang der Wahl zwischen „Pest und Cholera“, und vernünftige scheinbar paradoxe Verfahrensweisen: So werden große Waldbrände, besonders bei Löschwassermangel notwendiger Weise auch mit Gegenfeuern bekämpft; und auch gute Ärzte behandeln Verletzte oder kranke auch mit Verletzungen im Sinne einer Operation oder mit „Giftstoffen“, die aber gegen die Krankheit oder deren Erreger deutlich noch giftiger sind als für den Patienten. Außer den unmöglich zu erfüllenden Erwartungen gibt es natürlich auch die, die zwar möglich wären zu erfüllen, aber um einen viel zu hohen Preis, z.B. in der Zukunft bei geistiger Kurzsichtigkeit der Forderungen oder bei anderen Ländern oder Menschen bei individuell oder kollektiv egoistischen Forderungen oder Erwartungen. Solch Egoismus kann und wird wahrscheinlich natürlich irgendwann auch auf den oder die Egoisten zurückschlagen, indem er Verzweiflung oder Wut schürt oder eben ein Modell auch für alle anderen setzt, besonders, wenn er zunächst einen Gewinn dadurch „erntet“ oder die Egoisten nach den im Stich gelassenen irgend eins der nächsten Opfer sind. Insofern sind nicht nur die geistig kurzsichtigen, sondern auch die egoistischen Verhaltensweisen nicht nur unsympathisch oder abstoßend, sondern meist auch dumm, da sie die Sitten verderben, die letztlich alle zu einem nicht perfekten, aber doch möglichst guten Leben brauchen.

Im Kampf gegen die Gegner der Demokratie oder einer Verantwortungsvollen Politik für die auch internationale Zukunft und Menschlichkeit gilt es daher nicht nur Emotionen, Etikettierungen oder negative Bewertungen einzusetzen, sondern auch Entlarvungen ihrer Verbindungen, ihrer Denkfehler und Mängel an realistischen dauerhaften „Lösungen“ und insgesamt viel mehr Bildung zu einem Bewusstsein, was Politik für welchen Preis, der von den Bürgern zu bezahlen ist, kann und was eben nicht. Dazu auch ein Bewusstsein der ganzen Manipulations-Strategien, Desinformationen, Tunnelblicke und Denkfehler, auf die allzu viele allzu oft hereinfallen. Angesichts der geringen Bereitschaft allzu vieler, solche Bildung noch anzunehmen oder gar mit Mühe zu erlernen, ist dieses Ziel natürlich alles andere als einfach. Zu viele stecken bereits in ihren Filterblasen oder hören nur noch dort zu, wo ihre einmal gefassten Meinungen bestätigt werden. Aber bekanntlich kann zwar der kämpfende oder arbeitend sich einsetzende verlieren, aber nur wer aufgibt, hat schon verloren. – Peter Selmke

 

Welch ein lesenswerter Beitrag von Anne Hähnig, der in einem wohltuenden Kontrast zur derzeitigen gesellschaftlichen Stimmungslage im Land steht, die maßgeblich von der Auffassung geprägt wird, es gebe zu viel Streit. Daraus resultiert wiederum die absurde Vorstellung, in einer Art Auslaufmodell Bundesrepublik zu leben. Haben die Menschen mittlerweile vergessen, dass eine lebendige Diskussionskultur das Lebenselixier der Demokratie ist? Oder wollen sie viele überhaupt nicht mehr? Wenn ja, was könnten die Motive sein? Sehnsucht nach dem charismatischen Führer, nach einer harmonischen Volksgemeinschaft, nach einer geeinten und nach außen Stärke demonstrierenden Nation? Bei der Betrachtung von Umfragen und Studien, die den Fokus auf die neuen Bundesländer legen, ist der Verdacht nicht abwegig, dass gewisse Muster der Vergangenheit wieder greifen. Sicher, es gibt viele Erklärungsversuche für die Wahlentscheidungen im Osten Deutschlands, wozu das ständige Gerede von einem „dysfunktionalen Staat“ ebenso gehört wie die Probleme, die sich aus der Wiedervereinigung ergeben haben und bis heute wirken, doch – und dieser Aspekt ist tatsächlich bedrohlich – vergessen werden sollten nicht die langfristigen Bindungen an politische Ideologien, die über Generationen weitergegeben werden können. Wer dies unterschätzt, sollte sich die Wahlergebnisse in den Ländern des Deutschen Reiches ab 1930 ansehen. Es ist in der Rückschau verblüffend, wie deutlich die politische Zweiteilung zwischen Ost und West in den letzten Jahren des Bestehens der Weimarer Republik war. Kurz gesagt: Was damals braun war, ist heute blau. – Günter Pesler

 

Nun ist es immer leicht andere, z.B. „die Parteien“ für die fatale Entwicklung in unserer Republik hin zum Rechtsextremismus verantwortlich zu machen, etwas Nachdenkliches zur Rolle „der Medien“ bei dieser Entwicklung wäre jedoch wohltuend gewesen. In vielen Medien (Print, Öffentlich/Rechtlich) ist inzwischen weniger eine Information der Menschen im englischen Wortsinn durch „news“ = Neuigkeiten festzustellen, sondern es werden redundant „Nachrichten“ produziert, die eher gesellschaftsidealistische Vorstellungen oder sogar Ideologien der Redaktionen widerspiegeln (sei es zum Ukraine-Krieg, zum Klimawandel, Genderthemen, Flüchtlinge, Bildungssystem etc.). Dazu zwei kleine Beispiele aus dem wirklichen Leben: Mit Freunden und Bekannten (Lagerarbeiter, Handwerker, kaufm. Angestellte, Juristen, Sozialarbeiter, Eltern, alles selbstverständlich männlich wie weiblich) habe ich mir das CL-Endspiel Manchester gegen Mailand angesehen. In der Halbzeitpause wurde im ZDF „Heute“ eingeblendet. Ich glaube es war Frau Slomka als Moderatorin. Bereits nach ihren ersten Sätzen zu den üblichen Themen (Flüchtlinge, Krieg und Klimawandel) wurde der Ton abgestellt. Das wollte keiner mehr hören. Das waren Menschen, die sich selbst dem links-liberalen Spektrum (auch aus der Generation: „Willy wählen“) oder der politischen Mitte zuordnen würden. Diese Menschen werden wahrscheinlich nicht zur AfD überlaufen, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt sicherlich nicht an einer Bundestagswahl teilnehmen. Und das ist erschreckend. In einem soliden Müncher Viertel, noch eine gute Mischung aus Angestellten, Arbeitern, Akademikern etc., kenne ich ein größeres Mietshaus, ca. 30 Parteien, in dessen Briefkästen bis vor ca. 10 Jahren noch täglich zu 80% die SZ gesteckt hat. Nun sind es noch deren 2. – Th. Lukowski

 

„Warnsignal“ aus Sonneberg! Wer schweigt, macht sich mitschuldig! Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist die unabhängige Nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands, die vom deutschen Bundestag beauftragt wird. Dieses Institut berichtete in seiner Studie v. 07.06.2023 über die AfD: „Der Programmatik liegt ein national-völkisch verstandener Volksbegriff zugrunde, der Menschen nach rassistischen Kategorien unterscheidet.“ In ihrem Programm begreife die AfD „Kultur“ als ein „unveränderliches identitätsstiftendes Wesensmerkmal von Menschen.“ Dies ist rassistisch und nicht mit der grundgesetzlich verankerten Würde des Menschen vereinbar. „Die AfD will die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen. Es handelt sich, bereits nach ihrer Programmatik, um eine rechtsextreme Partei. Sie zielt auf die Abschaffung der in Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz verbrieften Garantie der Menschenwürde. Außerdem setzt sich innerhalb der AfD zunehmend der insbesondere von Björn Höcke vorangetriebene Kurs durch, der sich an der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus orientiert.“ Nach Analyse des Instituts sind die Voraussetzungen für das Verbot der AfD erfüllt. Für den Kandidaten dieser Partei haben die Wähler aus dem Landkreis Sonneberg in Thüringen bei der Stichwahl für den Landrat am 25.06.2023 mit 52,8 % (Wahlbeteiligung 58,2 %) gestimmt. In der Stadt Berlin, wo jeden Tag mehrere Demonstrationen für und gegen alle mögliche Themen stattfindet, ist kein Mensch aus diesem Anlass auf der Straße gegangen, obwohl die Analyse und Forderung des Woher kommt diese Diskrepanz?

Instituts für Menschenrechte ganz aktuell und vielen bekannt sein sollte. Hat vielleicht der Erfolg der AFD auch damit zu tun, dass in der Mitte der Gesellschaft ein „Kulturkampf“ forciert worden ist, der von den rechtsradikalen Kräften als politische Agenda immer brutaler instrumentalisiert wird. Hat vielleicht die Entwicklung der letzten Jahre in der Mitte der Gesellschaft mit der großen politischen Wende und Errungenschaft in Sachen der Einwanderung zu tun, die in den Jahren 2000 (mit dem Einsetzen von Süssmuth-Kommission) bis 2005 stattfand. Deutschland erklärte sich nach vielen Jahren Verspätung endlich per Gesetzgebung im Jahr 2005 zum Einwanderungsland. Das zählte für viele Menschen als einer der großen Errungenschaft der Nachkriegszeit. In den Jahren darauf schien diese Entwicklung als beschlossene Sache ins Gefühlsleben der Bürger dieses Landes eingeschrieben zu werden. Auch im bürgerlichen rechten Lager fing man an, sich langsam mit diesem Selbstverständnis abzufinden und sich auf die Bereicherungsmöglichkeiten der Einwanderung einzulassen. Diese Situation änderte sich mit dem Auftreten von AFD auf der politischen Bühne. So wurden die zuvor an den politischen Rand verbannten national-völkische Gesinnungen auf die politische Bühne geholt und legitimiert. Aus welchem Grund auch immer hatte mindestens ein Teil der bürgerlichen Mitte das Bekenntnis zum Einwanderungsland nicht verinnerlicht. Überraschend schnell drängte sich das fremdenfeindliche Klima, das permanent von AFD angestoßen wird, ins Gefühlsleben der vielen Menschen und beeinträchtigte die errungene Akzeptanz einer vielfältigen und offenen Einwanderungsgesellschaft. Viele Menschen in der bürgerlichen Mitte, die neben dem Genuss der Vorzüge der Einwanderungsgesellschaft, bemüht waren, innerhalb der Gegebenheiten nach Lösungen für neue Aufgaben und Probleme zu suchen, verschwanden und verschwiegen plötzlich. Wenn man doch Eine oder Einen erwischen konnte, war der Antwort auf die Frage nach ihrer Untätigkeit gegenüber Rechtsextremismus meistens: „Es ist doch ein allgemeiner Trend, schau doch nach Italien, Schweden usw.“ Diese Art Rechtfertigung ist dann besonders schmerzhaft, wenn die Betroffenen Einwanderer den Verlust der Grundlagen ihrer Existenz in Deutschland befürchten müssen. Nicht nur für die betroffenen Einwanderer können solche Rechtfertigungen und Normalisierungsversuche Zeichen für die (auch nicht gewollte) Allianz mit den Rechtsradikalen bedeuten. Eine schweigende Mehrheit, die eine so rasant wachsende AFD hinnimmt, hofft vielleicht darauf, dass die demokratischen Kräfte in Deutschland stark genug wären, die AFD rechtzeitig stoppen zu können. Diese Hoffnung hat man schon einmal in Deutschland gehabt. Es ist 1933 aber schiefgelaufen!! – Razi Hejazian

 

Von meiner ZEIT erwarte ich, korrekte Informationen zu erhalten. Es ist einfach sehr unvollständig zitiert, wenn behauptet wird, Herr Merz hätte die Grünen als „Hauptgegner“ bezeichnet. Er nannte die Grünen den Hauptgegner in den „Koalitionsparteien“. Ein kleiner, aber wesentlicher Unterschied. – Rolf Schikorr

 

Mit Sicherheit kann man die Schuld für das Erstarken der radikal rechten „AfD“ nicht nur bei den 6 demokratischen Parteien suchen. Eine große Rolle spielen Hass auf Migranten, Wunsch nach einem starken Führer und Ablehnung der Demokratie. Zentral für die Erhaltung von Freiheit und Demokratie bleibt das Fortbestehen und die Verstärkung der Brandmauer von den Konservativen zu den Rechtsradikalen, anders als 1933. – Andreas Hillbrecht

 

Zunächst darf ich meiner Freude darüber Ausdruck geben, dass es eine Zeitung wie die Ihre gibt, im Gegensatz zu den vielen anderen „Meinungsblättern“ die hier so kursieren. U.a. habe ich wegen der noch immer von den Amerikanern gegründeten Einseitigkeit im Ausdruck der „Süddeutschen Zeitung“, diese schon vor geraumer Zeit gekündigt. Im Gegensatz dazu, ist es stetige Übung in Ihrem Hause, recht unterschiedliche Meinungen abzudrucken. Bitte, halten Sie das noch recht lange so bei. Zum eigentlichen Anlasse meines Leserbriefes: Landauf-, und Landab wird über die zunehmenden Wählerstimmen für die AfD geklagt und lamentiert. Eine der Ursachen ist auf Ihrer Seite 12 wahrlich ausgiebig dokumentiert und wörtlich genannt. Die Bild-Zeitung. Zum einen ist sie, wie Herr Diekmann wörtlich sagt, eine Zeitung für die „Dummen Leute“, was er doch ausdrücklich auch als Lesergruppe so zu bedienen hatte. Oder wie schon weiland FJS so treffend feststellte, er brauche nicht die Stimmen der denkenden 5% der Bevölkerung, es genüge ihm, die übrigen vorhandenen 95% der Stimmen zu bekommen. Allerdings frage ich an dieser Stelle wie eine solche Volksverhetzung, die jahrzehntelang öffentlich betrieben wurde, stets unter der fadenscheinigen Huldigung der Pressefreiheit segeln durfte. Und warum nicht von Amts wegen der Generalstaatsanwalt hier schon mehrfach eingeschritten war und weiterhin nicht schreitet. Schon in den 60-iger und 70-iger Jahren benützten z.B. Handwerker diese Zeitung dazu um ihre Brotzeit einzupacken, „weil sie kostengünstig war“ wie manche auf mein Befragen zur Antwort gaben. Dass dabei auch ihr Gehirn samt Denkvermögen „eingepackt“ wurde, merkten diese Menschen nicht. Also einer der Gründe für die Stimmenzunahme.

Ein weiterer nicht minder gewichtiger Grund ist die Kirche, allen voran die katholische Kirche. Nicht so sehr, dass man die Kirchensteuer seit 1933 von Staats wegen den Bürgern zwangsweise aus der Tasche zieht. Nein, der Staat sieht auch gezielt weg und setzt den Rechtsstaat außer Kraft bei der Frage des tausendfachen Kindesmissbrauchs. Diese katholische Kirche ist im wahrsten Sinne eine kriminelle Vereinigung. Denn die dafür geltenden Kriterien, mehr als drei Personen, gemeinschaftliches Planen und Handeln, gemeinschaftliches Vertuschen, etc. sind seit Jahren an der ganz gewöhnlichen Tagesordnung. Und von der Kanzel aus darf man seit jeher völlig unverantwortlich und völlig straffrei auch Volksverhetzung betreiben. Nach dem ich mehrfach mitten in solchen Predikten aus der „heiligen Messe“ (du sollst nicht lügen!) wegging, musste ich dann letztlich ganz aus der Kirche austreten. Die schiere zum Himmel stinkende Uneinsichtigkeit eines Herrn Woelki ist lediglich ein Steinchen in der übergroßen Fülle an Engstirnigkeit von Geistlichen. Dass in Bayern noch immer die Bischofsgehälter vom Staat bezahlt und getragen werden, zusätzlich zur monopolisierten Kirchensteuer, ist ein fortbestehendes übernommenes Relikt aus der Zeit von 1933. Als einer der Gründe für die Wiederbelebung von alter Nazidenke, Nazischulung und praktische Nazianwendung!

Ohne auf die über Jahrhunderte gewachsene Geschichte „des Polnischen“ überhaupt einzugehen, halte ich an der Stelle Ihren Artikel auf Seite 8 der letzten Ausgabe der Zeit hier fest. Wenn denn von dem wahrlich europäischen Fluss der Oder die Rede ist, und man das Fischsterben hier anspricht, dann blickt man erstaunt zurück auf die aller ersten Ansichten der AfD über den Beitritt zu Europa und der Ablehnung durch die AfD. Hier fehlt auch in diesem Artikel jedweder Hinweis auf die Uneinsichtigkeit, ja die Arroganz der politischen Regierung zum Thema. Die Ignoranz aus Polen deckt sich mit der Ignoranz hierzulande. Bis hin zu Ihrem Artikel! Diesem Artikel hätte es gut getan auch etwas zum Begriff eines „Industriewassers“ wie er von Polen aus genannt wird, zu sagen. Diese Scheu vor dem Ausdruck gilt doch ganz offensichtlich auch in Ihrem Hause. Gerne stimme ich Ihrer Meinungsfreiheit hier zu. Nur sollte die dann in gleicher Weise auch für diesen Thüringer Herrn Höcke gelten, der von dem Denkmal der Schande am Berliner Tor spricht. Es fehlt (nicht nur in der amerikanischen SZ) der Hinweis auf das fehlende Denkmal in Washington zur Vernichtung der Indianer. Eben an dieser Stelle wäre es angebracht. Leider fehlen solche korrektiven öffentlichen Bemerkungen völlig in diesem Land, außer man hört einem AfD-Politiker zu. Dafür wird er ja nun zu „100%“ vom Verfassungsschutz beobachtet, und auch öffentlich angeprangert.

Gewiss gehört in dem noch immer besetzten Deutschland (um den amerikanischen Präsidenten Obama bei seiner Rede am Brandenburger Tor zu benennen) Zitat: „ …. und das bleibt auch so ..“! ein Menge Mut dazu, solches auch öffentlich zu brandmarken. Schön wäre es immerhin gewesen, wenn denn eine deutsche Stimme auf solches Reden geantwortet hätte. Der umgekehrte Fall, nämlich die Aussage eines Herrn Lübke …(jeder könne Deutschland verlassen … !) fand ein weitgehendes Echo in den deutschen Medien, die mehr als nur verwundern kann. Warum anstandslos eine Propaganda durch das Land ziehen durfte mit dem Prädikat : „Rechtsradikal“ ! Wenn man die noch immer der Huldigung ausgesetzte Frau Merkel mit ihrer „Alternativlosigkeit“ und der Verschweigung von nun nachweislichen mehr als 800.000 Einwanderer im Jahre 2016 kritisierte. Dieses Verhalten einer CDU-Führung reiht sich nahtlos in das Versagen der CDU/CSU, in Fragen der Familienpolitik ein. Denn Adenauer hatte doch in öffentlichen Wahlreden davon gefaselt, dass er keine Familienpolitik braucht „weil die Weiber ohnehin immer Kinder kriegen“. Der Mann hatte nicht mitbekommen, dass es schon jahrelang die Pille zur Verhütung gab!

Eifrig ist die Union seither darum bemüht nicht an Stelle von eigenem Nachwuchs etwa Bemühungen zu beginnen, geschweige denn fort zu setzen. Statt dessen lässt diese Union und deren Helfershelfer die Grenzen für jedermann, gleich welcher Verbrechensart auch angehörig, ungeprüft in das Land einreisen. Mangels Digitalisierung kommt obendrauf, dass niemand im Land eine Ahnung, geschweige denn klare Kenntnis von den wahren Zuwanderungszahlen hat. Eine ganze Reihe von Gründen für zunehmenden Wählerzahlen für die AfD. Die Fortwährende Unterlassung dieser und einer ganzen Reihe von fehlender Führung, von fehlender Fähigkeit zur Führung und von fehlendem Willen zur Führung für die eigenen Leute, wird das Wähleraufkommen der AfD weiter fördern und deren Stimmenanteile auch weiter erhöhen. Für mich ist es schon länger erkennbar was die Zeit von 1933 mit der heutigen Zeit hier verbindet. Es ist die Dummheit der Führung auf den Ebenen der Politik und der Ebene der Medien. In Anlehnung an FJS könnte man feststellen, wenn die Zahl der BILD – Leser von 95% auch auf 75% gesunken sein sollte, so ist es noch immer eine satte Mehrheit. Und denen ein Meinungsblatt zu verkaufen, trägt zur Profitmehrung eines Verlages allemal bei. Dank für Ihre Zeit, bei der ZEIT. – H. Schumacher

 

Der Osten mischt den Westen auf. Die Umfragewerte der AfD in den Bundesländern der ehemaligen DDR sind glänzend. Die vom Verfassungsschutz observierte rechtsradikale Partei eilt von Wahlsieg zu Wahlsieg. Eine Frau Weidel dämmert als künftige Bundeskanzlerin am Horizont. Diese Partei und ihre Sympathisanten propagieren offen ihre Feindschaft gegen die Demokratie, die freiheitliche Grundordnung und gegen Europa bzw. wollen sie einen Umsturz. Außer Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass haben sie keine politischen Programme. Ihr Feindbild sind die Grünen. Die Umweltzerstörung leugnen sie. Politische Korrekturen in diesem Bereich werden von der AfD boykottiert. Dass gerade die ehemaligen Ostdeutschen diese Partei unterstützen zeigt, dass sie zurück zur Diktatur, wie sie in der DDR herrschte, wollen und sie mit der Demokratie und der Freiheit nichts anfangen können. Dass sie mit dieser Haltung auch den demokratischen Westen mit in radikale Strukturen zwingen, ist tragisch. Vor allem weil sich die demokratischen und freiheitlich gesinnten Kräfte nicht dagegen wehren. Mit ihrer Anbiederung an die Rechtsradikalen und ihren Attacken auf die Grünen unterstützen CSU, CDU und die FDP die AfD sogar. – Conrad Fink

 

Die Argumente der Altparteien stimmen kein bisschen. CDU, SPD, Grüne, FDP behaupten die AFD hätte keine Lösungen und spalte die Gesellschaft. Die Ampel versucht die Gesellschaft zu spalten. Mit solchen unsäglichen Themen, wieviel qm Wohnfläche ein Rentner nach einem fleißigen Leben bewohnen sollte, ob er mit über 60 noch fahrtauglich ist, während der Kanzlerdarsteller im Sommerinterview darüber faselt , daß der deutsche Arbeiter zu früh in Rente geht, wo er doch bis 70 arbeiten könnte. Die afd hat kein einziges Mal die Bildung von Sondervermögen, neudeutsch für Schulden , für die Lösungen von Altersarmut, Kinderarmut, bezahlbaren Wohnraum, Förderung von Familien, Unterstützung von allein Erziehenden, Missstand an unseren Schulen, Pflege im Alter, Gesundheit, schließende Krankenhäuser, Praxissterben usw gefordert. Die afd schlägt einfach nur vor, dass Steuern und Sozialabgaben der in Deutschland arbeitenden, und zwar egal welcher Herkunft, genau diesen fleißigen Menschen jetzt und später, wenn sie Rentner oder krank oder pflegebedürftig sind, zu Gute kommt. Das ist, so meine ich, machbar ohne sogenanntes Sondervermögen. – Thomas Futterlieb

 

Die Ratlosen in deutscher Politik sind sich einig, an Erfolgen der Rechten kann nur die DDR schuld sein. Je dümmer um so besser. Erste AfD – Kandidaten erringen Landrat und Bürger-meister. Wo? Natürlich im Osten. Was es im Westen Deutschlands immer Tradition hatte, welche Personen in Amt und Würden kamen, alles vergessen. Warum im Osten die Ernüchterung zur gepriesenen Freiheit, Demokratie , Menschenrechten eintreten mußte, danach wird nicht gefragt. Wer den Osten in die Illusionen von Freiheit und Demokratie getrieben hat, das bleibt unbeantwortet. Wie schnell es mit den „Brüdern und Schwestern“ Schluß war ist kein Thema. Gerechtigkeitsempfinden der Ostdeutschen wurde Undankbarkeit genannt. Vorurteile demütigen Ostdeutsche schon immer. Ostdeutsche bemerkten bald auch, ihre Lebensleistung, Arbeit, Erreichtes in ihrem Lande galt als wertlos, was sich wenn auch spät ausdrücken muss. Sozialer Abbau in Gesamtdeutschland muss im Osten stärker wirken spürbar werden. Lohn – wie Rentenunterschiede wecken Unverständnis uvm.. Asylpolitik sieht wieder Ostdeutsche im Brennpunkt, die sich benachteiligt sehen. Hat das Politik heute alles nicht auf dem Zettel der Erklärbarkeit heutiger Wahlergebnisse? Die DDR soll herhalten? Dümmer geht es nicht. Die Ostbevölkerung wird das nicht mehr abkaufen. Der Demokratie gewinnt Bevölkerung im Osten immer weniger ab. Warum? Weil sie keine will? Weil sie lieber wieder DDR – Diktatur will? Die Ratlosigkeit der Politik treibt tolle Blüten, vor allem faule. Mit der DDR kann es nichts zu tun haben wenn immer weniger ihr Wahlrecht wahrnehmen und keinen Demokratie – wert mehr erkennen. Politik kommt auf die Idee der Osten wolle den „Führer“ wieder. Wer aber den Braunen aus Reihen der Politik seit Jahrzehnten den Weg ebnet, dazu keine Antworten. Rechte Gewalt, Hass und Hetze genährt und gefördert, alles kein Thema. Alternative Politik sollten Historiker aus der Weimarer Republik noch kennen, Parallelen sehen. Demokratie durch Diktatur ersetzen war immer alternativ die Lösung. – Roland Winkler

 

Ich glaube, es war Hans Magnus Enzensberger, der vor vielen Jahre meinte, die Bundesrepublik Deutschland funktioniere nicht wegen sondern trotz der Politiker. Spätestens als er das sagte, hätte man aka Politiker anfangen können darüber nachzudenken, was er damit meinte. Ja, es gibt einen Kontrast zwischen der Atmosphäre und dem Zustand. Dies ist die Stärke und die Schwäche des Landes: Es funktioniert so vor sich hin. Nur was passiert, wenn die „Falschen“ rankommen? Es wird auch dann funktionieren, es wird keinen Generalstreik oder Gelbwestenaufstand geben (politische Streiks sind nicht zulässig. Klar, vor dem Hintergrund der Weimarer Ereignisse. Nur, wie wurde denn Herrn Kapp Einhalt geboten?). Das Grundgesetz weist diverse Fehler auf, die man nach der Wiedervereinigung hätte ausbessern können/müssen (deswegen war es als Grundgesetz konzipiert worden und nicht als Verfassung). Z. B. mehr Partizipation durch Bürgerräte (was ist daraus eigentlich geworden?). Jetzt, wo das Kind so langsam in den Brunnen fällt, rufen die, die exkludiert haben, nach den Demokraten, nach den Demokratieverteidigern (Volk, Souverän). Wenn es nicht so bedrohlich wäre, wäre es zum Lachen. Nein, die Regierungen (Plural) haben nicht zu wenig getan, sondern zu viel und vor allem viel (im voraus erkennbares) Falsches. – Gerd-Rüdiger Erdmann

 


 

 

Leserbriefe zu „An der Schmerzgrenze“ von Carla Neuhaus

 

Trotz der anschaulichen Grafik sorgen Ihre „neu definierten“ Begriffe für Verwirrung bei jedem Betroffenen. Sie verwechseln konsequent Bruttolohn mit Gesamtlohnkosten des Arbeitgebers , letztere umfassen eben nicht nur die paritätischen Sozialabgaben, sondern auch verschiedene weitere Abgaben, die in der Lohnabrechnung des Arbeitnehmers nie auftauchen. Die Begriffe sind daher zu trennen, weil nicht synonym. Bruttolohn, ganz einfach, ist der vereinbarte Lohn vor Abzug des Arbeitnehmeranteils der Sozialabgaben. Oder folgen Sie etwa der „Lehre von den verschiedenen Wahrheiten „. Besser nicht, wäre mein Tipp – Joerg L Neumann

 

Zu kurz kommt bei dem Problemaufriss die junge Generation, die bei steigenden Beiträgen in der Rente mit Schmalkost rechnen müssen, womöglich mit der Einheitsrente. Um das System inhärent zu stabilisieren, führt kein Weg an einem späteren Renteneintrittsalter vorbei. Solange die aktuelle Lebenserwartung steigt, eigentlich konsequent. Für den viel beschworenen Dachdecker mag es Sonderlösungen geben. Im übrigen hat es eine Gesellschaft, die nicht für genug Nachwuchs sorgt, auch nicht besser verdient. – Christoph Schönberger

 

Lösung 4 ist ein nicht totzukriegender Wiedergänger. Verständlich, denn damit werden die kommenden Kosten allein dem Arbeitnehmer aufgeladen. Aber ist es effizienter, nicht Leistung plus Verwaltung sondern Leistung plus Verwaltung plus Verwaltung plus Gewinninteresse zu bedienen? Ja, kann es. Für die Arbeitgeber und für die Steuerkasse. Lösung 4 ist die Top-Lösung. Top-Lösung? Nicht ganz. Denn seinen Konsumpflichten kommt der Arbeitnehmer erst nach seiner Wiedergeburt nach. Dann aber ganz bestimmt. Lösung 5 ist entgegen Ihrem Frame weniger „politisch heikel“ als praktisch undurchführbar. Heutige Praxis ist es, die Mitarbeiter spätestens mit 62 aus der Firma zu drücken. Es müsste die Revolution gelingen, dass Arbeitgeber offene Stellen mit 60-Jährigen (65-, 70-, 75-Jährigen) besetzen. Wer hat diese Zuversicht? – Hans List

 

Das Berechnungsbeispiel des Artikels ist fehlerhaft. Die Prozentangaben in der Grafik und im Text beziehen sich auf das Bruttoeinkommen. Der Arbeitgeberanteil wird aber davon gar nicht abgezogen. So sind die Abzüge durch Sozialabgaben eigentlich nur die 21%. Wenn man den Arbeitgeberanteil mit einbeziehen will, dann muss man ihn vorher zum Bruttoeinkommen quasi als verstecktes zusätzliches Einkommen dazuzählen und dann auch die Prozentzahlen darauf beziehen. Man darf die Bezugsgröße nicht innerhalb der Berechnungen verändern. Nach der Vorgehensweise in dem Artikel käme man zusammen mit Steuern zu 56,4% Abzüge und behält dennoch 64% als Nettogehalt übrig, in der Summe wären das über 100%. Das kann ja nicht sein und hätte auffallen müssen. Bei sauberer Berechnung mit Einberechnung des Arbeitgeberanteils sind die Abzüge durch Sozialabgaben ca. 34% und (etwas) weniger als in dem Artikel beschrieben. – Dirk Schütt

 

In Ihrer Ausgabe 28/2023 wurde redundant die private Vorsorge als Lösung gegen steigende Sozialversicherungsbeiträge präsentiert. Durch stete Wiederholung – auch von vermeintlichen Experten – wird diese Behauptung nicht richtiger. Die Kosten für die Sozialversicherungen verschwinden ja nicht mit ihrer Privatisierung. Sie werden nur verlagert. Der Arbeitnehmer muss sie von seinem Netto-Lohn bezahlen, wie der Begriff private „Zusatz“-Versicherung bereits zum Ausdruck bringt. Überdies werden die Kosten sogar wachsen, weil sie dann privaten ökonomischen Interessen untergeordnet werden. Private Versicherungen haben gegenüber den deutschen Sozialversicherungszweigen empirisch belegt immer höhere Overhead-Kosten durch Vertrieb und Gewinnerwartungen der Aktionäre. Schließlich wird durch den Ruf nach einer Kapitaldeckung die Mär eines Geldspeichers perpetuiert. Den mag es in Entenhausen geben, in der volkswirtschaftlichen Realität jedoch nicht. Diese Fehlvorstellungen wird durch die These am Leben gehalten, dass Ersparnisse Grundlage für Investitionen und wirtschaftliches Wachstum seien. Das ist makroökonomisch und bilanztechnisch schlicht unrichtig – bereits für den Bau eines Eigenheims gilt dies für das Gros der Menschen bereits nicht mehr. Es gibt volkswirtschaftlich keinen Geldspeicher, aus dem man bei Bedarf und unabhängig von der aktuellen Wertschöpfung angespartes Vermögen abziehen kann. Es gilt das Axiom, dass aller Sozialaufwand immer aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode gedeckt werden muss. Sowohl das Umlage – als auch das Kapitaldeckungsverfahren basieren auf Rechtsansprüchen auf eine Beteiligung am Volkseinkommen zukünftiger Zeiten. – Lars Voges

 

An einer Stelle habe ich gestutzt. Da schreiben Sie, würde man „die Gehaltsschwelle anheben, ab der man in die private Krankenkasse wechseln kann“, „käme die private Kasse für immer weniger Menschen infrage – was die Versicherer in Existenznot bringen könnte“. Diese Formulierung scheint mir ungünstige und falsche Assoziationen zu wecken. Das klingt, als würden Menschen in Existenznot geraten. Dabei sind die privaten Krankenversicherungen gemeint. Wäre doch gut, wenn die einpacken würden, sobald sie ihre irre hohen Renditeerwartungen nicht mehr erreichen können (was wahrlich nichts mit „Existenznot“ zu tun hat). Aus deren Geschäftsmodell resultiert für insbesondere alte Menschen viel zu oft echte Existenznot. Dann nämlich wenn die im Alter niedrigeren Einkünften mit den im Alter steigenden Beiträgen zur privaten KV zusammenkommen und der Rest des Einkommens für das alltägliche Leben nicht mehr ausreicht. Außerdem wäre der Weg für eine Bürgerversicherung endlich frei. – Sibylle Riffel

 

Seit bald dreißig Jahren hören wir, daß die Gesellschaft überaltert, daß Fachkräfte fehlen werden, daß immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren müssen usw. Die politischen Parteien und die jeweiligen Regierungen sind schlicht nicht in der Lage vorausschauend zu denken und erst recht nicht vorausschauend zu handeln. (das dürfte eins von Murphy’s laws sein). Nur langsam scheint das System zu kollabieren (ich bin Jahrgang 1960, tata!). Von den 5 Lösungen im Artikel werden sicherlich nur diejenigen kommen, die die Politiker zur Wiederwahl freistellen und diejenigen, die den status quo am wenigsten beeinträchtigen. Also nicht: höhere Steuerzuschüsse und nicht: Reiche stärker belasten. Es gab doch mal was mit Bürgerversicherung, ach so, halt, das ist ja links-grün, damit ideologisch und somit völlig unannehmbar. Mein Frau ist aus den USA. Sie hat vergleichbar in die social security eingezahlt wie hier in die Rentenkasse. Ihre US-Rente wird wesentlich besser sein als die deutsche, denn in die social security zahlt jeder ein, auch Warren Buffett. Wie gesagt, in Deutschland natürlich nicht möglich, da war schon Ludwig Erhard vor. Bleiben also: Ausgaben senken (ich könnte schon jetzt von meinen Zuzahlungen einmal im Monat lecker Essen gehen), mehr private Vorsorge (also wieder ein Ungetüm wie die Rieser-Rente, bei der außer Provisionen für die Versicherer nichts rauskommt und länger arbeiten (der 80-jährige Dachdecker grüßt noch freundlich bevor er vom Dach fällt). Wie gesagt, Politik kann nicht vorausschauend handeln, denn das hieße Mehrheiten riskieren und die eigene Abwahl. In der Zwischenzeit fahren wir an die Wand. Glückwunsch! – Wolfgang Michel

 

Ehrlich: ich kann es nicht mehr hören. Sozialabgaben werden steigen und es wird nach Lösungen gesucht. 5 Lösungen taugen alle nicht, falsch! Alle 5 sind nötig, ein Mix davon und werden kommen und sind es in Teilen schon. Mögliche Kollateralschäden: Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze KV kannibalisiert die private KV? Um die ist es nicht schade und bei der Gelegenheit gleich alle Beamten und Pensionäre in die GKV. Einheitliches Rentenmodell für alle sowieso. Andere „unterentwickelte“ EU-Staaten können das doch auch. Hausarztmodell als Grundlage: unbedingt, um Ärztehopping zu vermeiden. Aufgabenkritik unbedingt, ebenso Pharmaindustrie-Kooperation inhaltlich (welche unabdingbaren Basiswirkstoffe müssen garantiert werden) und Gewinnabschöpfung, wenn keine Forschung stattfindet. Private Vorsorge kann man auch fördern, die steuerliche Vorsorge(pauschale) ist ein Witz. Besser der/m BürgerIn Steuern bei Eigenengagement zurückgeben als als Steuerzuschuss vorher per Erhöhung abkassieren. Aber das Kernproblem ist die Angst der Politiker vor den Wählern, aktuell aufgeladen durch 18% AfD. Die AfD bzw. ihr Gedankengut ist längst in der Regierung (FW Bayern), Angst löst keine Probleme, sondern nur Wahrheit: die Wohlstandszeit a la Merkel (von die Rente ist sicher bis Ihre Konten sind sicher) mit Veruntreuung der staatlichen/öffentlichen Infrastruktur und Rettung von Banken und Bonzen. Natürlich müssen die Sozialabgaben steigen (Demografie), obwohl die Versorgungslage schlechter werden wird. Wir müssen mehr und länger arbeiten und wir dürfen weniger Zeit und Augenmerk auf individuellen Mütchen verwenden und uns mehr für alle andern engagieren. Das „Volk“ hat das im Kern begriffen. Dann muss man es ihm sagen und nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf jagen und in der Ampel jeder Klientel das Blaue vom Himmel runterlügen (wie z.B. E-Fuels! Wird es nie geben!). Von der ZEIT wünsche ich mir Aussagen, wie es gehen könnte und etwas mehr Optimismus (auch das könnte den AfD-Pegel senken). – Jürgen Kunze

 

Gratulation zu der Grafik. Mit einem Blick wird die Verteilung des Einkommens klar. Was ich mir wünschen würde: Vergleich der Belastung mit anderen Einkommen, und – wichtig – auch Einkommen durch selbstständige Arbeit und eine Gegenüberstellung mit dem Einkommen als Angestellte /Angestellter. Genial wäre eine App, in der man seine Kerndaten eingaben kann und dann eine solche Visualisierung bekommen könnte. Klar kann man sich auch bei seiner Steuerberatung informieren, ihre leicht verständliche und informative Grafik macht die Herausforderungen mit einem Blick transparent. – Bernd Haaff

 

Klare, strukturierte Übersicht und gute Grafik. Allein mir fehlt die erweiterte Sicht auf andere Gruppen dieser Gesellschaft. Der Artikel könnte heißen: „Was von der Rente übrigbleibt“ Mein persönlicher Fokus ist seit Juni 2011 die Rente, mein Startjahr mit 65 Jahren, ich bin Jahrgang 1946. 45 Jahre in drei Branchen – Maschinenbau, Tabak – und Automobilindustrie. Ich hatte Glück, habe immer gut verdient und in der Tabak – und Automobilindustrie jeweils eine Betriebsrente erworben. Für die Zeit ohne Anstellung sollten die drei Bezüge – eine staatliche und zwei betriebliche Renten – ein unbekümmertes Leben möglich machen. Die Abzüge von den Betriebsrenten haben mich überrascht, hier zahle ich den „Arbeitgeberanteil“ für die Kranken – und Pflegeversicherung selbst. Wenn Sie diesen Aspekt interessant und berichtenswert finden, öffne ich gerne meine Bücher, um Ihnen Einblicke zu ermöglichen. – Jörg Puttfarken

 

Ihre Berechnung, dass die Sozialbeiträge 41,4% vom Bruttoeinkommen ausmachen ist fehlerhaft. Als Brutto bezeichnen Sie das an den Arbeitnehmer ausgezahlte Gehalt. Aber Sie können nicht die 837 Arbeitgeberanteil mit dem Arbeitnehmeranteil addieren und in Beziehung setzen nur zum Gehalt. Das Brutto müsste aus Gehalt plus Arbeitgeberanteil bestehen = 4942. Die Sozialausgaben sind Arbeitgeberanteil plus Arbeitnehmeranteil = 1699. Das sind 34,4% von 4942 – Norbert Bolz

 

Zivile Atombomben. Wie sehr die gängige Unterscheidung zwischen militärischer und ziviler Nutzung der Atomkraft reine Augenwischerei ist, zeigen die Kämpfe um das ukrainische AKW Saporischtschje: Im Kriegsfall wird jede noch so „zivile“ Atomanlage automatisch zur ebenso bedrohlichen Kriegswaffe wie jede Atombombe. Ja sie erhöht sogar noch die kriegerische Verwirrung, indem eine einzelne Atombombe nur der jeweiligen Besitzerseite als ultimative Vernichtungsdrohung dient, während auf ein umkämpftes AKW sich gleich alle beteiligten Kriegsparteien gleichermassen stürzen. Wie z.Z. im Falle Saporischtschje jede Seite die Schuld für den drohenden Supergau (und damit auch für die atomare Eskalation) schon im Vorfeld dem Gegner zuschiebt, demonstriert nur ein weiteres Mal die grundsätzliche Gefährlichkeit dieser Technologie in den Händen verantwortungsloser Machtgambler, denen die Welt nichts als ein Schachbrett mit zum eigenen Vorteil verschieb – und verzichtbaren Spielfiguren ist. Sollten also unsere Weltenlenker wieder alles Erwarten doch noch zur Einsicht kommen, die atomare Kriegsgefahr gehöre nun endlich gebannt und dazu das atomare Bedrohungsarsenal zurückgefahren, ja: abgeschafft, so wären die sog. „zivilen“ Anlagen unbedingt dazu zu zählen. Umgekehrt würde eine atomare Eskalation freilich das nach wie vor ungelöste Problem, wo und wie der „zivile“ Nuklearabfall zu entsorgen sei, ganz einfach lösen: In einer nuklear verseuchten Welt spielt es keine Rolle mehr, wo er herumliegt… – Benjamin Kradolfer

 

Ihr Artikel ‚an der Schmerzgrenze‘ befasst sich mit den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken – und Pflegeversicherung. Mich würde interessieren inwiefern sich diese Diskussion auf die privaten Versicherungen auswirkt? Und warum sollten diese Pleite gehen, wenn das Mindesteinkommen erhöht wird? Hier zahlt schließlich jeder gemäß seinem persönlichen Krankheitsrisiko. Warum orientieren wir und nicht am Luxemburger Sozialversicherungsmodell? Dort gibt es soweit ich weiß nur eine Kasse (die CNS) bei der alle versichert sind – das heißt nur eine Verwaltung, einen Vorstand usw. Das wäre doch da gespart, wo es dem Patienten nicht weh tut. – Stefan Neises

 

In der Regel können Unternehmer rechnen. Einen Arbeitnehmer, der nicht mindestens die Summe des gezahlten Bruttoeinkommens und des abgeführten Arbeitgeberanteils an Sozialabgaben erwirtschaftet, dürfte er deshalb kaum beschäftigen. Diese Summe ist der tatsächliche Lohn für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit. In Wirklichkeit zahlt der Arbeitnehmer also nicht nur die Ihrer Grafik angezeigten 21% Arbeitnehmeranteil sondern auch die als Arbeitgeberanteil titulierten 20,4% Sozialabgaben. Nur die Zahlungswege und die steuerliche Behandlung der beiden Anteile sind verschieden. Rechnet man auf dieser Basis den vom Lohn übrigbleibenden Anteil aus, bleibt dem Arbeitnehmer als Nettogehalt statt 64% nur 53,15% seines Lohns, während seine Sozialabgaben von 21% auf 34,38% steigen. Ein Schelm, wer bei dem Titel „Arbeitgeberanteil“ eine bewusste Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse vermutet. Funktioniert allerdings schon seit Jahrzehnten. – Gerhart Baumeister

 


 

 

Leserbriefe zu „41 Cent“ von Mark Schieritz

 

Bemerkenswert genau wird in Ihrem Artikel auf die Signalwirkung der geradezu lächerlichen Erhöhung des Mindestlohns hingewiesen, die bei den „unteren“ Einkommensschichten nämlich nur eines bewirkt: der AFD in die offenen Arme zu rennen. Wer da noch auf Politikerebene behauptet, das er/sie nicht wüsste woher die starken Umfrageergebnisse herkommen ,ist – um Herrn Pispers einmal zu zitieren – :“..entweder ein dummes – A-Loch oder einfach absolut inkompetent, was zutreffen mag müssen sie selbst entscheiden“ ! – Lotar Spahn

 

Der Bundeskanzler Olaf Scholz hat offensichtlich mal wieder Erinnerungslücken. Sein Ureigenes Sozialdemokratisches Klientel die Arbeiterinnen und Arbeiter, die am unteren Ende der „Nahrungskette“, im wahrsten Sinne des Wortes, sind nicht mehr im Fokus der Politik der SPD. Ferdinand Lassalle und August Bebel drehen sich in ihren Gräbern um, wie heiß laufende Ventilatoren. Gut bei diesem Wetter aber schlecht für das Selbstverständnis der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Was ist das für ein Demokratieverständnis: Die Reichen werden immer reicher, die Armen werden immer ärmer. Ist das die Politik der Ampel? Mehr Liberale und Grüne Aspekte: Neoliberalismus und Klimawende ohne Rücksichtig auf Verluste und die SPD schaut nur zu? Was ist das für eine Expertenkommission die im kommenden Jahr den Mindestlohn um 41 Cent erhöhen will. Da wundern sich die Damen und Herren der Ampelkoalition tatsächlich noch über schlechte Umfragewerte und den Zulauf der Wählerschaft zur AfD. Wann endlich fragen sich die entsprechenden Abgeordneten, die Ministerriege und der Bundeskanzler für wen sie arbeiten und von wem sie bezahlt werden? Und wie sie das verlorene Vertrauen zurückgewinnen können. Wenn die „Mindestlohnempfänger/innen“ sehen, lesen und hören wie Milliardenbeträge in aller Welt verteilt werden, ausgenommen die Mittel für die Ukraine, dann kommt doch sicherlich viel Verständnis für diese Maßnahmen auf. Dann ist man sicherlich auch bereit nur 41 Cent, im nächsten Jahr, mehr zu bekommen. Warum so viel essen und trinken und bezahlbaren Wohnraum haben wollen, wenn man doch der ganzen Welt, mit seinem Verzicht, helfen kann? Wenn das Jahr nicht so weit fortgeschritten wäre müsste man an einen verunglückten Karnevalsscherz der Mindestlohnkommission denken. Der Vorschlag ist Lachhaft und Zynisch. Wobei den Betroffenen das Lachen im Hals stecken bleibt. Die richtigen Fragen sind: Wann wird die Umsatz (Mehrwert) Steuer auf Lebensmittel gesenkt oder zumindest verringert, wann wird eine echte Mietpreisbremse eingeführt, wann werden die viel Besserverdienenden zur Kasse gebeten, wann werden Übergewinne abgeschöpft, wann werden riesige Erbschaften richtig besteuert von der Abschaffung unsinniger Steuerprivilegien (Dienstwagen etc.) gar nicht zu reden, und so weiter und sofort????? Wann wird Olaf Scholz sich an sein Parteibuch und die Grundsätze seiner Partei erinnern? Aber Erinnerungslücken sind mittlerweile das Markenzeichen von Olaf Scholz. – Felix Bicker

 

Danke für ihren Artikel über den Mindestlohn. Einige Ergänzungen :

  1. Der Mindestlohn wurde von 9,50 € auf 12 € erhöht : 12 %
  2. Eine Rechnung, die auf 41 Cent kommt, täuscht Genauigkeit vor. 50 Cent geht auch.
  3. Der Kreislauf des Geldes : Mehrwertsteuer 19 % und Lohnsteuer 15 %. Aus Die Zeit. Nach meiner Rechnung ergibt das insgesamt 30 % bei einem Umlauf. Zu Zeiten vor 2000 Jahren waren es 10 %.
  4. Fachkräfte wandern aus oder werden Abiturient mit Bestnoten.
  5. Alle Lohnsteigerungen verändern die Konkurrenz im Ausland.
  6. Es gibt 18 Millionen Personen in Deutschland, die produktiv arbeiten, einen Mehrwert erarbeiten. Neben Schülern und Rentnern gibt es Kontrolle der Kontrolleure.

Ich hoffe, den Blick etwas erweitert zu haben. – Josef Francken

 

Mindestlohnerhöhung um 41 Cent klingt absolut gesehen tatsächlich lächerlich gering, in Prozent gesehen sind wiederum 3,4 gar nicht weit außerhalb der üblichen Abschlüsse. Das gilt auch für den öffentlichen Dienst, der angesichts der Nullrunde in 2023 mit dem jetzigen Ergebnis eine Steigerung um 3,8 % im Schnitt erfährt. Woher Mark Schieritz die atemberaubenden 11,5 % heraus fabuliert ist ein Rätsel. Leider scheint die Stimmungsmache gegen den öffentlichen Dienst in seinen Kreisen immer noch weit verbreitet, die Falschmeldungen oder hanebüchenen Verdrehungen sind nicht nur in der Zeit üblich. Wenn solche Darstellungen auf der Titelseite erscheinen, kann auch beim besten Willen keine ‚Irrtum‘ unterstellt werden, hier wird eine verdrehte Neiddebatte von situationsbedingt Befangenen bewusst angeheizt. Das Einstiegsgehalt im öffentlichen Dienst liegt bei 2015,52 € / Bund bis 29.02.2024. Das sind dann 12,14 pro Stunde. – Bernd Hadowski 

 

Ja, 41 Cent sind zunächst einmal nicht viel Geld; allerdings sollte bei der Betrachtung der Lohnentwicklung die jeweilige Branche unbedingt mitbeachtet werden. Im Bereich der Pflege – die ja noch erst vor ganz kurzer Zeit als systemrelevant angesehen wurde! – führen zwei politische Aktionen derzeit zu massiven Insolvenzen von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen aller Art. Rund 1,2 Millionen Beschäftigte arbeiten in Einrichtungen, die unter den Pflegemindestlohn fallen. Zunächst betrugen die Mindestlöhne für Pflegehilfskräfte 12 Euro, für qualifizierte Pflegehilfskräfte 12,50 Euro und für Pflegefachkräfte 15 Euro. Sie stiegen zum 1. April 2022 noch einmal auf 12,55 Euro, 13,20 Euro und 15,40 Euro. Allein schon für Pflegehilfskräfte, also unter Umständen für Menschen, die noch nicht einen Tag in ihrem Leben in der Pflege gearbeitet haben muss per Gesetz ab 01.09.2022 13,70 EUR, ab 01.05.2023 13,90 EUR sowie ab 01.12.2023 14,15 EUR Vergütung gezahlt werden, für Pflegefachkräfte ab 01.09.2022 17,10 EUR, ab 01.05.2023 17,65 EUR und ab 01.12.2023 18,25 EUR.

Zusätzlich wurde zum 1. September 2022 die gesetzliche Tarifpflicht für die Pflegelandschaft eingeführt. Dies führte zu einer Steigerung der Gehaltszahlungen bei den Pflegeanbietern von durchschnittlich 20 %, jedoch ohne eine Konkretisierung der entsprechenden Refinanzierung durch die Kostenträger wie Krankenkassen und Sozialämter. Zwar verbesserte sich die Vergütung u.a. mittels des Preisanstiegs bei den Pflegegraden durch die Pflegeversicherung, diese Anhebung entspricht aber keinesfalls der notwendigen pekuniären Absicherung der Tariferhöhungen. Aktuelle Zahlen auch der entsprechenden Berufsverbände zeigen eine Differenz von 8-10 % zwischen der Refinanzierung durch die Kostenträger und den gesetzlich verordneten Gehaltspflichten der Pflegeanbieter. Das Geld in der Pflege wird ausschließlich ‚am Bett‘ verdient: Jede Ganzwaschung, jeder Toilettengang, jede Nahrungsaufnahme wird ambulant als Einzelleistung und stationär als Paketpreis verhandelt und bezahlt. Nur weil nun eine gesetzliche Tarifpflicht besteht, hat eine stationäre Einrichtung deswegen nicht mehr Plätze und auch ambulante Pflegedienste sind in ihren Aufnahmekapazitäten nicht zuletzt durch den Fachkräftemangel, aber auch durch ihren hohen Verwaltungsaufwand eingeschränkt und reglementiert und jegliche Einnahmen für Pflegeeinrichtungen sind streng gesetzlich geregelt, es besteht keinerlei Spielraum, um zusätzliches Geld zu generieren.

Pflegeeinrichtungen erhalten zusätzlich einmal im Jahr eine sogenannte ‚Investitionskostenpauschale‘ für diejenigen regelmäßig anfallenden Leistungen, die für die Vergütung ‚am Bett‘ nicht mit eingepreist sind, wie zum Beispiel Dienstfahrzeuge, Verwaltungsarbeit, Buchhaltung, notwendiges Büromaterial etc. Aufgrund der seit 1.9.2022 gesetzlichen Verpflichtung, 80 % des Gehaltes jedem Mitarbeiter jedes Jahr als einmalige Jahresprämie zusätzlich zu zahlen, sehen sich viele Pflegeeinrichtungen gezwungen, diese Investitionskostenpauschale als Rücklage für die vorgeschriebene Jahresprämie zu nutzen, da sie trotz der tariflichen Verpflichtungen keinerlei Einnahmen für diese zusätzliche Leistung erhalten. Diese beiden Komponenten, zum einen der ständig steigende Pflegemindestlohn und zum anderen die gesetzliche Tarifpflicht, ohne jegliche konkreten politischen Vorgaben zur vollständigen Refinanzierung dieser eminenten pekuniären Pflichten durch die Kostenträger werden noch sehr viel mehr Pflegeeinrichtungen in schwere wirtschaftliche Turbulenzen bringen und damit sowohl kurz – als auch langfristig in die Insolvenz zwingen. Bei hohen Tarifabschlüssen werden beispielsweise in der Industrie entsprechend die Produktpreise angehoben; in der Pflege ist dies gesetzlich generell untersagt. Umso mehr ist die Politik verpflichtet, bei einer gesetzlichen Tarifpflicht auch die entsprechende Refinanzierung durchzusetzen, zumal die pflegerische Versorgung der Bevölkerung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe darstellt. Fazit: Wo es an der notwendigen Refinanzierung mangelt, sind auch 41 Cent viel Geld. – Katja Diegmann-Hornig

 

Es ist richtig. Die Grünen kümmern sich ums Klima, die FDP kümmert sich um die Autofahrer. Aber um wen genau kümmert sich eigentlich gerade die SPD? Die SPD kümmert sich um die Grünen und die FDP. Ist doch klar. Quasi als Aufsichtsperson. Wie die Lehrerinnen und Lehrer es während der Schulpause tun, um dem Gerangel der Schulkinder bei Bedarf beizukommen. Wenn erforderlich, auch mit einem Machtwort. Oder wie es in der Politik heißt. Mit der Befugnis einer Richtlinienkompetenz. – Michael Ayten

 

Gratuliere zu 41 Cent. Herr Schiertz hat einen kurzen Artikel auf Seite 1 geschafft, sorgfältig durchargumentiert, auf den Punkt gebracht. Auch wenn er (aus Aktualitätsgründen) wegen der hervorragenden Artikel auf Seite 2 und 3 (nochmals Gratulation der Redaktion) nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen wird, es ist wichtig. – Anton Hobiger

 

Ja, was macht hier eigentlich die SPD, um beim Volk zu punkten? Danke für ein wenig Nachhilfe für uns alle in puncto Neoliberalismus , fehlende Umverteilung und offensichtlich zunehmendem Unmut im Volk. Auf der Titelseite, bravo, noch besser wäre hier gleiches auf der Titelseite der Bild zu lesen. Nur – Thema in der Bevölkerung ist das aktuell nicht, – da sind eher Ausländerfeindlichkeit, Heizungsgesetze, die bösen Grünen etc. dominant, dafür gehen die Menschen auch auf die Straße. Aber gegen die eigentliche schlechte Behandlung durch Geringverdienste und Missachtung für bestimmte Arbeit ? In der Hoffnung, dass es vom Kanzler und Hubertus Heil gelesen wird – und in der Hoffnung, dass es auch irgendwie an die 20 % der Bevölkerung transportiert wird, die Mindestlohn empfangen, was viel schwieriger sein dürfte. – Marianne Merz

 

Zu Ihrem Artikel oder eher Kommentar zu den 41 Cent vorgeschlagener Mindestlohnerhöhung kann ich weitestgehend nur Beifall klatschen. Für jemanden, der normalerweise für wirtschaftliche Vernunft bzw. wirtschaftl. Realismus eintritt und informiert, setzen Sie sich hier dankenswert überzeugend für Gerechtigkeit ein, und zwar an der richtigen Stelle, im Gegensatz zu vielen anderen, die unter Gerechtigkeit vor allem verstehen, dass sie selbst keinerlei Belastungen aufgebürdet bekommen, egal, wo diese Belastungen sonst landen, mit umso größerer Wucht, je weniger andere belastet werden. Schon lange hatte ich den Verdacht, dass große Teile der Lohnerhöhungen der mächtigen Arbeitnehmer-Gruppen nur deshalb ohne Ruin der eigenen Firmen im Wettbewerb oder des Staates möglich waren, weil die Kosten bei anderen weniger mächtigen umso mehr wieder eingespart wurden, dazu bei der Energie-Unabhängigkeit durch billige Gaslieferungen und beim Klimaschutz. Besonders richtig ist der Satz “ … Aufgabe des Staates . . . dass die Gewinner nicht zu viel gewinnen und die Verlierer nicht zu viel verlieren.“ Das würde ich ergänzen durch den Satz “ . . . u. dass nicht einige – – fast – – nichts verlieren dadurch, dass andere viel zu viel verlieren“ und weiter “ . . . dass vor allem diejenigen am wenigsten gewinnen, die ihre Gewinne nicht durch echte Leistungen – – in Win-Win-Situationen – – erwirtschaften, sondern durch vorgetäuschte oder gar negative Leistungen wie bei dem Schneeballsystem der Finanzkrise oder dem weiteren Anfachen der Klimakrise oder durch klammheimliche Lobby-tätigkeiten“.

Ich selbst habe als Rentner bei einem Versorgungswerk von den rund 8% Inflation nur 1,5 % Inflationsausgleich erhalten und bin nicht nur, aber auch deshalb sehr kritisch gegenüber allen Finanzierungsvorschlägen, die letztlich u.a. mit Inflation auf Kosten der Sparer und sonstiger Inflationsopfer bezahlt werden. Dennoch habe ich nicht allzu sehr über diese „Ungerechtigkeit“ geklagt oder demonstriert und schon gar nicht die AFD gewählt, weil die Hauptschuldigen eben die Aggressoren des Kriegs in der Ukraine waren/sind und die Gelder durch die Preiserhöhungen großteils ins Ausland an die neuen Lieferländer und ihre Öl-Firmen gehen und weil mein Rentenversorgungswerk davon allenfalls sehr wenig profitiert. Aber selbst in dieser Situation wäre mir eine wenigstens nicht so lächerliche ungerechte Erhöhung des Mindestlohns einen Tick mehr Inflation wert, denn ein Inflationsausglich ist genau bei diesen, den Mindestlohn-Empfängern und den Bürgergeld-empfängern am wenigsten entbehrlich, wo diese schon ohne Inflation oft am Existenz-Minimum entlang balancieren. Diese bessere Erhöhung sollte aber durch mehr Bescheidenheit aller anderen finanziert werden und nicht einseitig auf Kosten derer, die sich keinen Ausgleich erstreiken oder ertrotzen können, nicht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Betriebe und damit Arbeitsplätze und auch nicht auf Kosten von Schulden, die –ggf. indirekt, soweit nicht durch Inflation „getilgt“ – – die ohnehin gebeutelten nächsten Generationen tilgen müssten. – Peter Selmke

 

in Ihrem Beitrag , siehe oben, schießen Sie auf die falschen Spatzen. Der Mindestlohn wurde erst 2015 von der SPD durchgeboxt, unter damaligen Protest der Union und der FDP. Einen so wichtigen Sprung nach oben machte dieser Tarif im Vorfeld des letzten Wahlkampfes, als Scholz und Heil die 12 Euro im Falle ihres Wahlsieges ankündigten. Und so geschah es auch. Die ewigen „Sorgen“ der Arbeitgeberseite über Gefährdung von Arbeitsplätzen durch zu hohe Lohnkosten erwiesen sich als grundlos. Diese erstmalige Aktion -Tarifentscheidung durch die Regierung und nicht durch eine Tarifkommission – wurde strikt, aber vergeblich ,von Union und FDP abgelehnt. Die von Ihnen kritisierte aktuell zu geringe Erhöhung wurde von der Tarifkommission verhandelt und beschlossen. Die Arbeitnehmerseite in diesem Tarifgebiet ist zu schwach, und das ewige Treten auf die Lohnbremse von Arbeitgeberseite setzte sich fort. Allerdings muss man bei fairer Betrachtungsweise feststellen, dass durch die SPD – Aktionen sich der Mindestlohn in Prozenten vom Jahre 2020 ( Euro 9,35) bis 10/ 22 ( Euro 12,00) um etwa 28 % erhöht hat, also weit höher als die allgemeine Gehaltsentwicklung. “ „Was macht eigentlich die SPD?“ ist also Unsinn bei diesem Thema. Vereinbarungsgemäß enthielt sich die jetzige Regierung jeglicher Beteiligung an den letzten Verhandlungen in Sachen Mindestlohn. Jedoch: aufgrund der geringen Erhöhung kommt nun Klingbeil und fordert 14 Euro als neuen Mindestlohn, völlig zu Recht, finde ich. Denn ein Mindestlohn sollte jeden Arbeitnehmer in die Lage versetzen, ein Mindestlevel an Lebensqualität zu erreichen. Wenn man bedenkt, dass ein Teil der Mindestlohnempfänger nur in Teilzeit tätig ist…Alleinstehende Arbeitnehmer sehen da wirklich alt aus. Also“ was macht eigentlich die SPD“ sollte ersetzt werden durch „warum wehren sich Union und FDP ewig gegen faire und auskömmliche Tarife „??. – Siegmund Lipiak

 

Warum schreiben Sie von 41 Cent, um die der Mindestlohn erhöht werden soll, und nicht von den Steuern und Abgaben, die bei ihm bis zu 3,50 Euro betragen können? – Hans Mayer

 

Heute war ich leider etwas enttäuscht von der Zeit, die ich sonst für guten Journalismus schätze. Im Leitartikel „41 Cent“ schreibt Herr Schieritz, dass der Mindestlohn um 41 Cent angehoben wird, was lediglich 3,4 Prozent entspricht. Er geht auch auf den damit verbundenen Verlust an realer Kaufkraft ein und vergleicht mit einem Wert von 11,5 Prozent Steigerung im öffentlichen Dienst. Diese Zahlen suggerieren gut recherchierte, fundierte Meinung. In meinen Augen wird hier jedoch (zu) viel gekürzt, was zu einer Verfälschung der Aussage bis hin zu einem gewissen Populismus führt. Die angeführten 11,5 Prozent Steigerung im öffentlichen Dienst sind bei einer Laufzeit von 2 Jahren nicht mit einer Inflationsrate zu vergleichen bzw. nicht direkt. Die einfachste Herangehensweise ist die 11,5 Prozent auf 2 Jahre zu verteilen –> 11,5/2 < 6,1 (Angabe zur Inflation die immer p.a. gemessen wird). Bei der Betrachtung der 3,4 % Steigerung sollte die deutlich oberhalb der damaligen Inflationsrate angesiedelte Steigerung von 25% innerhalb der vergangen 12 Monate deutlicher zur Sprache kommen. Dieser Aspekt wurde kurz gestreift, geht jedoch in der gesamten Aussage des Artikels unter. In der momentanen Form ist der Leitartikel in etwa so sinnvoll wie die Extrapolation des Momentanverbrauchs eines Autos bei Beschleunigung auf einer starken Steigung: Wenn man so weiterfährt, ist in einer halben Stunde der Tank leer; Wenn man so weiterfährt, ist man aber auch in einer halben Stunde in der Stratosphäre. –> Momentanbetrachtungen ohne Einordnung in das Gesamtbild vermitteln oft eine falsche Aussage. Ich bin enttäuscht, dass so etwas beim Leitartikel der Zeit in diesem Maße passiert. – Conrad Guhl

 

Nach der Lektüre habe ich vorsorglich nach dem Selbstverständnis der ZEIT in der Unterzeile des Titels geschaut und dort lediglich “Politik, Wirtschaft…etc.“ gefunden, von Sozialismus keine Spur. Ganz anders der Beitrag von Mark Schieritz, der den Staat in die Pflicht nimmt, Einkommensunterschiede zu nivellieren. Hoppla, was ist das denn für ein Staats- und Politikverständnis? Der Staat als Betriebsrat der Nation? Selbst Gewerkschaften unterzeichnen Tarifverträge mit erheblichen Einkommensspreizungen. Und Altvater Goethe wird die zutreffende Erkenntnis zugeschrieben „Wer zugleich Freiheit und Gleichheit fordert, ist entweder ein Lügner oder ein Narr“. Die Mindestlohnkommission hat im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages gerechnet und entschieden. Das Ergebnis wird von Schieritz &Co lächerlich gemacht und es werden anhand von lächerlichen Beispielen die Wirkungen beim Einzelnen je Stunde in die Bedeutungslosigkeit heruntergespielt, man möchte sagen, heruntermanipuliert gemäß dem verbreiteten Sozial-Populismus. 41Cent, mal 160 Monatsstunden mal 6 Mio Begünstigte – von der Summe könnte manche Wirtschaft als Steuererleichterung nur träumen oder von einer solchen Investition. Der der grundgesetzlichen Tarifautonomie grundsätzlich wesensfremde gesetzliche Mindestlohn orientiert sich in Gestalt der Regelungen zur Tarifkommission immerhin noch am tariflichen Geschehen zwischen den Sozialpartnern, meinetwegen auch Sozialkonkurrenten, da soll man nichts verniedlichen. Die politischen Lohnsetzungen hingegen (Mindestlohn, Lohngestaltung in den Pflegeberufen bis hin zu den unverantwortlichen Lohnabschlüssen im öffentlichen Dienst, wo der Zahlvater, nämlich der Steuerzahler, gar nicht mit am Tische sitzt, sind reine Wahlkampfdrogen auf Kosten der Bürger und Unternehmen. Der Arbeitskräftemangel lässt den Preis für Arbeit dort steigen, wo der Bedarf am dringendsten ist. Der flächendeckende Mindestlohn hingegen verhindert Arbeit dort, wo sie ersetzt werden kann oder entbehrlich ist.

Schieritz & Co vergießen Krokodilstränen wegen des Umstandes, dass die Geringverdiener das magere Mindestlohn – Plus der Inflation opfern müssen. Gibt es nur Geringverdiener in Deutschland, die wegen der Inflation gelackmeiert sind? Sparer, Arbeitnehmer, Unternehmen, ja sogar unser allmächtiger Staat zahlen wegen der Inflation drauf. Und da soll den Geringverdienern ein komfortabler Schonraum zugebilligt werden? Vor der Inflation sind alle gleich, wie im Sozialismus. Extra-Würste werden auch für das Lohnproletariat nicht gebraten. Ausgeblendet werden die Inflationstreiber EZB und Energie, die beiden staatlich gelenkten Monopolisten der Knappheit. Und Schieritz beklagt die fetten Abschlüsse der Tarifvertragsparteien, die Mindestlöhner hätten in diesem Spiel das Nachsehen. Falsch! Diese Abschlüssen gehen in die Berechnungen der Mindestlohkommission ein und heben ihn an, nicht auf das Maximum der Abschlüsse, sondern auf den gewichteten Durchschnitt; sehr gerecht! Um ähnlich maximale Abschlüsse zu erreichen, müssten die Mindestlöhner sich gewerkschaftlich organisieren. Das können sie nicht und das wollen sie nicht. Erstens sind Studenten, Schüler, Rentner, Aufstocker, Teilzeitkräfte, Aushilfskräfte etc. eine völlig inhommogene Arbeitnehmerschaft, der der Gedanke an eine Branchengewerkschaft völlig fremd ist und denen es auf einen Euro mehr oder weniger existenziell nicht ankommt. Sie verdienen sich etwas dazu. Den Gewerkschaften gelingt es nicht, diesen „bunten Haufen“ an Individualinteressen für sich als Beitragszahler zu gewinnen.

Die Arbeitgeber sind an kollektiver Lohnabschlüssen naturgemäß nicht interessiert; sie zahlen nach Marktlage oder weichen aus in Automation, Outcourcing oder Schließung unrentabler Abteilungen. Auch sie und ihre Arbeitnehmer wollen gern wirtschaftlich überleben und sind nicht die Caritas der Nation. Schieritz benutzt nicht diese wundersame Prophezeiung :Wer ordentlich, arbeitet muss davon auch leben können. Dieses Credo der Entgelt-Sozialisten schimmert aber in seinem Beitrag durch. Das ist eine so törichte, populistische Floskel, dass sie ansatzweise einmal seziert gehört. Was heißt in diesem Sinne Arbeit? 20 Stunden, 40 Stunden, 60 Stunden? Welche Wertschöpfung generiert diese Arbeit? Hofkehren, Akkord, Marktwert etc.? Was heißt, „davon Leben können“? Single-Haushalt? Zwei-Personen Haushalt? 2,4,6 Kinder? Alle sollen davon leben? Was, wenn es auf das „Leben-Können“ gar nicht ankommt? Weil die Eltern das „Leben“ garantieren oder die Rente ?auskömmlich ist? Dieses Mantra, des davon „Leben Könnens“ ist hohler Unsinn. Beamte werden alimentiert. Ihnen garantiert der Staat ein auskömmliches Leben und sattelt drauf für Kinder, Ortzuschläge Krankheit und Pension.

In der Wirtschaft wird bezahlt, wenn sich der Arbeitsplatz lohnt. Kein Tarifvertrag belohnt eine Ehefrau, eine Wohnung in der Großstadt, das Lebensalter oder sonstige persönliche Umstände des Arbeitnehmers. Das soll übrigens auch in Verlagen und Redaktionen der Fall sein. Während diese Zeilen entstehen, erhebt die Politik die Forderung nach einer weiteren politischen Lohnsetzung auf 14 Euro pro Stunde. Wieder ein System-Bruch! Schiller sagt: „das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie fortzeugend Böses muss gebären“. Denkt denn niemand weiter? Wenn der Mindestlohn richtig schön üppig und kommod ausgestaltet ist, wird doch kein Mensch mehr eine Lehre beginnen für eine Bruchteil Lehrlingsvergütung. Dann wird doch jeder Arbeitgeber Vermeidungsstrategien entwickeln, zum Nachteil der Arbeitsplätze, etc. Staatliche Lohnfestsetzung ist ein „Tarifvertrag“ zu Lasten Dritter. Im Zivilrecht ist das verboten. Nichts für ungut. – Lutz Bauermeister

 

Ich DANKE (ein großes Dankeschön) Mark Schieritz für sein Plädoyer für den „kleinen Mann“. Ein Sonderlob gebührt ihm für seine Schlusssätze. – Sven Herfurth

 


 

 

Leserbriefe zu „Ist der Westen der Urquell allen Übels?“ von Josef Joffe

 

Welch ein sophistischer Streit. Er geht am Kern und an der Zukunft unserer Kinder vorbei, denn Sie vergessen das K von Kommerz und Konsum. Unser westliches Denken dreht sich leider noch immer zu viel um die Begeisterung für die „the winner takes it all“ Mentalität der alten und neuen Wirtschaft. Dagegen kennen viele indianische Kulturen das Prinzip: „Hier und heute Verzicht üben, um der Natur Zeit und Raum zum Erholen zu geben, um so auch später noch ein gutes Leben zu haben“. Indem wir die Welt uns biblisch zum Untertan machen, zerstören wir die Lebensräume der Völker, die im Einklang mit der Natur leben. Wir können es noch immer nicht lassen. Trotz besseren Wissens, siehe UNO, EU und Päpstliche Enzyklika treiben wir es immer weiter auf die Spitze. Sehen Sie doch die zahlreichen Werbenden Artikel in der Zeit für Luxusreisen, Uhren, SUVs etc. Je mehr von solchem Luxus gebaut, gekauft und konsumiert wird, desto schneller verschwindet doch gerade die Erde im Globalen Süden! Ihr Verlag selbst veranstaltet und bewirbt noch immer seine eigene Kreuzfahrtlinie, obwohl dies die umweltschädlichste Art des Reisens ist! Im Moment ist das Geschäftsmodell der Medien, leider auch besonders auffällig der Zeit: „Für klimaschädlichen Luxus werben und dann darüber berichten, wie Klimakatastrophen die Erde zerstören.“ Unter Gräfin Dönhoff und Gerd Bucerius konnte die Zeit den rechten Sumpf bekämpfen UND Luxus verkaufen. Aber in dieser erdgeschichtlich brisanten Zeit klebt damit das Blut der im globalen Süden Sterbenden oder daraus Fliehenden an den Händen aller, die immer weiter für mehr Luxus werben, bzw. die Spalten füllen, zwischen denen diese Werbung gezeigt wird. Das Potential und die gesellschaftliche Anziehungskraft der stabilen und rechtsstaatlichen Staaten in den gemäßigten Breiten ist doch gerade deshalb so atemberaubend, weil wir uns und unsere Natur auf Kosten anderer schonen. Das fällt unseren Kindern schon sehr bald auf die Füße. Wir müssen noch viel vom Globalen Süden lernen. Unser heutiges Versagen einzugestehen und um Vergebung zu bitten ist erst der Anfang, um überhaupt Zugang zu dem Schatz an Wissen zu bekommen, den wir so dringend zum Überleben der Erde brauchen. – Klaus Siersch

 

Meine Hochachtung: Alles, was Josef Joffe in Ist der Westen der Urquell allen Übels“ ausführt, findet meine volle Zustimmung. Nützt nur nix. Der Zeitgeist weht anders. – Johann J. Stempfle

 

Wird die bestehende Weltwirtschaftsordnung durch das US-dominierte Währungssystem gestützt? … Politisch gewähren wir nur ortsbezogen monetäre Transfers. Dadurch konstituiert sich der Kapitalismus als Gesellschaftssystem, was eine beispiellose Produktivität hervorbrachte. Diese Produktivität entfaltet sich durch zwischenstaatlich asymmetrischen Konkurrenzbeziehungen, womit ein komperativer Kostenvorteil wirkt. Daher werden Menschen – oder Umweltrechte ein Standortnachteil. Der wirtschaftliche Erfolg komperativer Kostenvorteile destabilisiert das Ökosystem; weltweit sinkt die Leistungsfähigkeit, was ein sukzessiv steigender Evolutionsdruck auf biologische Arten bedeutet – kurz: Artensterben. Wir leben im 21 Jahrhundert; und glauben an ein monetäres Weltbild, was uns navigiert! Das parlamentarische Fazit „ein höherer Preis für Kohlenstoffemissionen wäre sinnvoll schadet aber dem Wettbewerb“ offenbart eine Dominanz eines Götzen vor der Lebenswirklichkeit! … Aufgrund der Klimarisiken sollte uns bewusstwerden, dass die Summe aller Kohlenstoffemissionen einen kollektiven Willen ermöglichen – unabhängig unserer Zustimmung oder monetären Bewertung. De facto existiert im Gütermarkt eine Unsichtbare Hand der Evolution. … Es ist weder schwierig noch originell aufgrund der Relativitätstheorie, Ersten und Zweiten Thermodynamischen Hauptsatz einen marktwirtschaftlichen Referenzrahmen für den Gütermarkt zu entwickeln und gewähren. … Hr. A. Smith, der Vater der Volkswirtschaftslehre transformierte den Begriff „Unsichtbare Hand Gottes“ in Unsichtbare Hand vom Markt, wobei er sprachlich den Begriff Markt synonym für Güter – und Finanzmarkt verwendet. … Seine Nachfolger begreifen nicht, dass es zwei verschiedene Wirklichkeiten sind; und Evolution ist stärker als das monetäre Weltbild. DA der politische Westen keinerlei Veränderungsbereitschaft zeigt, ist er verantwortlich. Wenn ihr Artikel der Auftakt einer Themeninszenierung ist, kann ich mir jeden weiteren Artikel sparen. – Matthias Losert

 

Liest sich wie eine Apologie. Schon in der Antike bildete die Sklaverei das wirtschaftliche Rückgrat, in Rom im Verhältnis 3:1: Ohne Sklaven kein Fortkommen. Viele Waffengänge waren reine Beutezüge, um die „Bestände“ aufzufüllen. Danach gewann die christliche Ethik die Oberhand, die dergleichen verwarf und wurde trotzdem Jahrhunderte unter Vorwänden abserviert. Dass andere nicht besser waren, entschuldigt nichts und macht das Unrecht nicht ungeschehen. Und nicht zu vergessen: Europa war über 300 Jahrhunderte die dominante weltumspannende Kolonialmacht ,die gekonnt die Doppelmoral kultivierte. Das ist der eigentliche Vorwurf. Wobei die deutsche koloniale Vergangenheit fast masochistisch überbewertet wird. – Christoph Schönberger

 

„Ist der Westen Urquell allen Übels?“ Nein, das ist er natürlich nicht. Aber der Westen hat auch nicht exklusiv zum zivilisatorischen Fortschritt der Menschheit beigetragen, wie der Artikel mit eurozentrischer Attitüde suggeriert – außereuropäische Kulturen waren nicht per se barbarisch. Der Westen habe zudem aus seinen Fehlern gelernt, während der Globale Süden sein Sündenregister ungeniert fortsetze und sich mit dem Verweis auf westliche Doppelstandards moralisch reinwasche. In diesem Kontext lieferten westliche Gesellschaftstheorien wie die Frankfurter Schule den Verächtern des Westens auch noch argumentative Schützenhilfe. Dieser Seitenhieb darf natürlich nicht ausbleiben. Doch einen wesentlichen, wenn nicht gar den zentralen Punkt spart Joffe in seiner Replik aus: Hat nicht das technologiefixierte westliche Naturverständnis zum Raubbau an natürlichen Ressourcen, zum Verlust an Biodiversität und nicht zuletzt zum menschengemachten Klimawandel wesentlich beigetragen? – Rüdiger Paul 

 

Eingangs verspricht Joffe, kein „Whataboutism“ zu betreiben – um dann in seinem Artikel vorwiegend genau das zu tun: Da werden z. B. die Missetaten afrikanischer Königreiche, die Unterdrückung der Uiguren im heutigen China und der Sklavenhandel der Azteken bemüht, um zu zeigen, dass die Verbrechen „des Westens“ eigentlich etwas völlig Normales waren, weil der Mensch von Natur aus böse ist. Andererseits werden die – sicherlich unbestreitbaren – Beiträge „des Westens“ zur Zivilisation der Menschheit von Joffe als einzigartig gelobt, von Platons philosophischen Erkenntnissen bis hin zu technischen Errungenschaften „von der Chemie bis zum Computer“. Da verkneift sich Joffe dann in der Tat jeglichen „Whataboutism“, denn sonst hätte er erwähnen müssen, dass u. a. die Chinesen oder die alten Ägypter in Astrolo­gie, Algebra, Physik, Medizin usw. Spitzen­leistungen zu einer Zeit hervorgebracht haben, als die Europäer noch auf den Bäumen saßen! Mit keiner Silbe erwähnt Joffe bedeutende Den­ker außerhalb Europas, wie Konfuzius, Laotse oder Siddhartha Gautama. Vielleicht sollte er einmal zum kürzlich erschienenen Buch von Graeber/Wengrow („Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit“) greifen, um zu er­ken­nen, dass es zu allen Zeiten und in den verschiedensten Gegenden der Welt Modelle des gesellschaftlichen Zusammenlebens gab, die dem Unseren überlegen waren – bzw. einem Teil der Weltbevölkerung überlegen erscheinen – etwa, weil ihnen unerträglicher Kon­kur­renzdruck, Ausbeutung und hierarchische Strukturen fremd waren, während Solidarität und Bewah­rung der natürlichen Umwelt einen hohen Wert darstellten.

Es geht m. E. bei der Debatte um die Zukunft des Westens im Kern um die Frage, wie sich „der Westen“ heute darstellt und vom Rest der Welt wahrgenommen wird. Und da sollte man u. a. zur Kenntnis nehmen: Der Rechtssaat ist für alle Welt sichtbar in nicht wenigen Staaten des Westens akut gefährdet; Freiheit ist nicht selten reduziert auf den Schlachtruf, „anything-goes-anytime-anywhere!“, der Gedanke der Aufklärung (laut Joffe verkörpert durch die Über­zeu­gung „Ich denke selbst“) hat hierzulande nicht zuletzt zum Ideal der Selbstoptimierung („Ich -AG“) geführt – abgesehen davon, dass das Denken zunehmend einer Interessen-gesteuerten KI anvertraut wird. Und über Menschenrechte kann Je­mand, der Atombomben auf japa­nische Großstädte, Napalm auf vietnamesische Dörfer, Fol­ter­gefängnisse in Guantanamo und Milliarden-Deals mit Diktatoren zu verantworten hat, glaubhaft auch nicht mehr reden! Mein Fazit: „Die Zukunft des Westens“ wird davon abhängen, ob wir die Bereitschaft zur kritischen Selbstreflektion aufbringen und einen in der Wahrnehmung anderer Akteure der Welt­­gemein­schaft unerträglich gewordenen Ethnozentrismus hinter uns lassen. Das bedeutet nicht, dass wir nicht auch stolz sein dürfen auf so manche zivilisatorische Errungenschaft, mit der „der Westen“ im Laufe der Jahrhunderte die Menschheit bereichert hat! Wir müssen diese Errungen­schaften aber sichtbar vor aller Welt selbst wieder ernst nehmen und in praktische Politik umsetzen. Selbstgefälliges Wortgeklingel allein wird eine Renaissance der „westlichen Werte“ nicht einläuten! – Wolfgang E. Fischer

 

Herr Joffe hat völlig Recht rückblickend über die vergangene Geschichte zu urteilen: „Wer die Macht hat nutzt sie – vom alten Babylon bis zum heutigen Peking“ und bezeichnet an anderer Stelle diesen Vorgang als „die Universalität des Bösen“. Aber warum sollte das in dem vom ihm so gerühmten Westen heute nicht mehr gelten? Statt Oligarchie gibt es heute Kapitalismus, die ehedem ausgebeuteten Menschen sind jetzt Konsumenten, ausgebeutet werden dafür die Ressourcen der Erde und die Natur. Geblieben ist, dass davon die Reichen und Superreichen profitieren. Sie haben nach wie vor die Macht sei es durch Lobbyismus, Parteispenden, durch Marktmacht bis hin zum „top bis to fail“ und dem Ausweichen in Steuerparadiese. Nach Herrn Joffe, würden die Moralisten behaupten, dass „die noblen Werte des Westens – Egalität, Freiheit, Individualität, Rechtsstaat – bloß die Machtinteressen der Eliten verschleiern würden“. Aber das stimmt: Solange es Wohlstand für alle gibt, sind die Konsumenten zufrieden, aber wehe die Folgen des Klimawandels werden mal schlimmer, dann sind sie die ersten, die leiden müssen. Es hat sich also gar nichts geändert, mit Hilfe der fossilen Energien, hat sich die Menschheit bloß eine kurze Verschnaufpause verschafft. – Uwe Dieckmann

 

Ich habe Sie immer sehr geschätzt. Auch in der Zeit, als Sie für Time schrieben. Ich danke Ihnen für Ihre Klarheit und , in diesen Zeiten der „cancel culture“ , für Ihren Mut, gewisse Fakten zu nennen. Ich stoße persönlich immer an, wenn ich es wage, eine andere Sicht der Geschichte darzustellen. Schon werde ich in der Schublade einer politischen Richtung gesteckt. Jetzt werde ich einfach die Kopie Ihres Artikels bei mir haben. – Nathalie Meinecke 

 

Der Imperialismus wurde in der Tat nicht vom „Westen“ erfunden; schon die Römer haben halb Europa erobert und ausgeplündert. Es war ein lokaler Warlord namens Arminius, der mit römischen Militärkenntnissen die rechtsrheinischen Gebiete von den Besatzern befreit hat. Auch die neuzeitlichen Kolonialherren haben die besetzten Gebiete nicht einfach in die Freiheit entlassen und dabei „einzigartige zivilisatorische Leistungen“ hinterlassen. Sie sind auf zunehmenden Druck von außen und vor allem von innen in der 2. Hälfte des 20. Jh. abgezogen, nicht ohne sich vorher Zugang zu den wertvollsten Ressourcen zu sichern. Diese werden heute unter Mißachtung eben jener einzigartigen zivilisatorischen Leistungen unter anderem von Kindern unter himmelschreienden Bedingungen abgebaut, damit der Westen mit 500 PS Auto fahren, großzügig leben und übers Wochenende nach Malle fliegen kann. Wollte man die einzigartigen zivilisatorischen Leistungen des Westens in den betroffenen Ländern umsetzen, also angemessene Löhne, Arbeitnehmerrechte, Kranken – und Rentenversicherung einführen, würden wir das sehr schnell an den Verbraucherpreisen merken. Wer will daran etwas ändern? Es ist eine Binsenweisheit, dass die Demokratie ein Mindestmaß an Wohlstand voraussetzt. Solange die Reichtümer nicht denen zu Gute kommen, aus deren Ländern sie stammen, werden die Menschen die einzigartigen zivilisatorischen Leistungen allen Sündenbekenntnissen des Westens zum Trotz tatsächlich in den Wind schlagen und sich, wie jetzt in Mali, anderen Kräften anschließen. – Harald Liedl

 

Josef Joffe erklärt «Warum wir unsere einzigartigen zivilisatorischen Leistungen nicht achtlos in den Wind schlagen sollten.» Allerdings, eine wichtige Bewährungs-Probe unserer zivilisatorischen Fähigkeiten steht noch aus. Es geht um folgende Aufgabe: Das exponentiellen Wachstums von Konsum und Kopfzahl der Menschheit muss durch Verhaltens-Änderungen beendet werden, da es andernfalls durch Katastrophen beendet wird. Die Ursache des exponentiellen Wachstums ist der technische Fortschritt, der vom Westen getragen wird. Er erlaubte, die Grenzen zu sprengen, die die Natur dem Wachstum all ihrer anderen Geschöpfe gesetzt hat. Damit hat die Technik (und somit der Westen) Erwartungen geweckt, die langfristig nicht erfüllt werden können. Gleichzeitig wurde dem globalen Süden die demographische Verantwortung abgenommen. Es war nicht mehr nötig, die Geburtenrate an den eigenen Ressourcen auszurichten. Joffe hat Recht: Die Anschuldigungen an den Westen betreffen Imperialismus, Kolonialismus, Sklaverei müssen relativiert werden. Dies nicht nur, weil solche Anschuldigungen nicht nur dem Westen gemacht werden können. Sondern auch weil die entsprechenden historischen Ereignisse nicht «der Urquell allen Übels» sind. Das Problem besteht leider darin, dass die Verhaltensweisen, die das exponentielle Wachstum von Kopfzahl und Konsum bewirkt haben, allgemein als positiv bewertet werden. Eine Mutter mit vielen Kindern verdient Achtung. Ein Techniker, der Überflüssiges erfindet und so neue Arbeitsplätze und damit Perspektiven schafft, ebenso. Schuldzuweisungen bringen also nicht weiter. Das Problem kann nur gelöst werden, wenn die Verantwortung wirksam zwischen Süd und Nord verteilt wird. Denn was bringt es, wenn im Norden weniger Kühe weiden, während sich im Süden (Afrika, Indien, Pakistan, etc.) die Bevölkerung verdoppelt und dort der Wunsch besteht, bezüglich Konsum und Produktion mit dem Norden gleich zu ziehen.

Notwendig und hilfreich wäre es, sich gemeinsam mit zwei Themen zu beschäftigen. Ein Thema wäre, die Menschenrechte so zu interpretieren, dass der Zielkonflikt zwischen den Menschenrechten auf Lebensgrundlagen und dem Menschenrecht auf Eigentum bewältigt werden kann. Zu den erstgenannten Rechten gehören das Recht, mehr Kinder in die Welt zu setzten als die eigenen Ressourcen erlauben und das Asylrecht. Diese beiden Rechte sind insofern verknüpft, als das übermässige Nutzen des ersteren zu Entwicklungen (Jugendarbeitslosigkeit, Krisen, ethnische und religiöse Konflikte) führt, die zu einer übermässigen Nutzung des Asylrechts berechtigen. Dies tangiert in unbegrenzt anwachsendem Ausmass das Recht auf Eigentum der Länder, die Asylanten aufnehmen. Das zweite Thema wäre, Vorbilder zu suchen fürs Lösen des demographischen Problems. Es geht da auch um die Frage, was zumutbar ist. Ein Vorbild aus dem Westen wäre Folgendes: Üblich war in weiten Teilen Europas: Wenn ein Kind den Hof erbte, blieb seinen Geschwistern oft nur der Beruf des Dienstboten, ohne Möglichkeit zu heiraten. So hatte zum Beispiel der grösste Bauer in dem Dorf, in dem mein Vater geboren wurde, 21 Dienstboten (14 Knechte, 7 Mägde). Heute gibt es fairere Möglichkeiten, die Geburtenrate zu begrenzen (verantwortungsvolle Elternschaft). Aber sie müssen – wo nötig – genutzt werden. Hier stehen vor allem die Eliten im Süden in der Verantwortung. Leider ist es einfacher und angenehmer, Beifall fürs Fremdschämen einzuheimsen als darauf hinzuweisen, dass der Westen trotz des technischen Fortschritts nicht in der Lage ist, die Allein-Verantwortung für eine gute Zukunft zu tragen. – Gernot Gwehenberger

 

„Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa“. Die Beichte erleichtert: Die Selbstgeißelung soll zur Vergebung der persönlichen Sünde führen. Singular ist aber nicht Plural! An der universalen, zeitlosen, Bosheit ändert sich dadurch leider nichts! Die Lebenden haften nicht für die Sünden der Vorfahren. Unsere allumfassende Verantwortung in der Gegenwart ist universal im Kampf gegen das Böse. An Josef Joffe allerbesten Dank für seinen klaren, knappen und daher umso eindrucksvolleren Artikel! – Thomas Budde

 


 

 

Leserbriefe zu „»Ich bin kein böser Mensch!«“. Gespräch mit Hubert Aiwanger geführt von Martin Machowecz und Anna Mayr

 

Deutschland befindet sich schon länger auf dem absteigenden Ast. Typische Indikatoren dafür sind die ständig letzten Plätze beim Eurovision Song Contest (ESC) und dass die überbezahlten Fußballkicker der Nation nicht mehr gewinnen wollen. Den Rest erledigt die Ampel aus Berlin selbst. Mit der Brechstange in der Hand wird im Bundestag eisern am Volks vorbei regiert, des Volkes Wille spielt dabei keine Rolle mehr. Und was macht Hubert Aiwanger in Erding, er spricht über „die da oben“, na und! Das ist gelebte und ausgesprochene Demokratie oder darf man das in der Demokratie auch nicht mehr tun. Aiwanger fährt nach seinen Worten nicht viel Auto, fliegt nicht in den Urlaub, hat noch nie geraucht und er hat eine neue Holzheizung sich einbauen lassen, all das macht ihn für mich sehr sympathisch, vielleicht sogar wählbar, denn in Bayern sind bald Wahlen, und da ich in Mittelfranken leben, das bekanntlich zu Bayern gehört, bin ich bald gefordert! Nein ein böser Mensch benimmt sich irgendwie ganz anders, oder!? – Klaus P. Jaworek

 

In der notwendigen Diskussion über die Frage, wie wir leben wollen, gehört die Stimme von Hubert Aiwanger dazu. Er spricht allerdings nur für sich, nicht für die Mehrheit. Selbst wenn er im Bierzelt oder in der direkten Begegnung mit seinen Wählern Bestätigung empfinden sollte. Ein Politiker in einem Ministeramt ist dazu da, zu den Fragen unserer Zeit sachgerechte und vertretbare Regelungen zu finden. Ein Politiker als Abgeordneter in einer repräsentativen Demokratie ist dazu da, über Gesetze abzustimmen und zur Meinungsbildung beizutragen, nicht Stimmungen zu schüren. Eine politische Diskussion sollte dazu führen, aus unreflektierten Meinungen reflektierte Einsichten zu machen. Hubert Aiwanger ist ein anständiger und gesetzestreuer Mensch. Niemand behauptet, er sei ein böser Mensch. Er hat nur das falsche Aufgabenverständnis, wenn er sich als Stimme des Volkes sieht. – Reinhard Koine 

 

Es ist schon paradox, wenn Herr Söder im Namen der Meinungsfreiheit das Gendern verbieten möchte, Herr Aiwanger von 13 000 pfeifenden und johlenden Menschen als schweigende Mehrheit spricht und als demokratisch gewählter Minister diese dazu auffordert, sich die Demokratie zurückzuholen. Man sollte Sie verbieten, die Grünen, diese Verbotspartei. – Friedemann Scheffler

 

Hat er nicht recht, der alte Bazi? Hat sein Ohr nah am Volk, spricht dessen Sprache, bringt auch die schweigende Mehrheit zum Reden, die sonst nur vor der Wahlurne grollt! Die Regierung und alle etablierten Parteien haben ihr Ohr überall, nur nicht beim Bürger; besonders aber bei allen aufdringlichen und lautstarken Minderheiten, an denen sie ihre Politik ausrichtet und der Mehrheit überstülpt; für deren Wohl zu sorgen der eigentliche Auftrag ihres Amtseids wäre – eine dahingeplapperte Floskel! Als Alternative bieten sich nur AfD und Aiwanger an; ich würde Aiwanger vorziehen! Dazu müßte er aber erst den Rubikon der bayerischen Grenze überschreiten und dahinter etwas verständlicher sprechen! Daß er auf die Corona-Impfung verzichtet hat, könnte ein Hinweis auf sein widerstandsfähiges Naturell sein, daß er kein Bier braucht, um auch in Bierzelten für Gaudi zu sorgen, ist unkonventionelles Bayerntum; jedenfalls versucht er niemanden zum Antialkoholiker zu bekehren! Daran könnten sich die Grünen ein Beispiel nehmen! – Ulrich Pietsch 

 

Herr Aiwanger hat recht. Die Politik ist in Bezug auf Klimakatastrophen inhaltlich schwach und lückenhaft. Alle Parteien bieten Flanken, in die der schwarzbraune Sumpf sich ausbreiten kann. Wird halbherzig oder ungeschickt laviert, ist das eine gemähte Wiese für populistische Kurzschlüsse. Da springen nicht nur die FW, sondern auch die FDP, CDU und CSU gerne auf. Die zunehmenden Klimakatastrophen werden immer bizarrer. Angst und Unsicherheit grassiert, aber Politik wie Medien drücken sich davor, dies mit der nötigen Offenheit anzusprechen. Aus Angst vor Panikmache oder dem Verlust von Wählerstimmen. Sie machen sich aber dadurch immer angreifbarer. Denn die bezahlbare Heizung, den immer größeren SUV, das immer größere Eigenheim, unsere immer häufigeren Flüge passen immer schlechter in diese Welt. Wir sehen immer öfter „den Span im Auge des anderen, aber nicht den Balken im eigenen“, den Flug von Frau Schulze oder Herrn Merz, die Liebe zur Wurst des Herrn Söder oder zum eigenen Wild des Herrn Aiwanger. Allen ist schon längst klar, dass all diese kleinen Genüsse, aber auch die großen Versprechen der Populisten, mit Blutvergießen eingehen. Mal sind es nur die Tiere in den Ländern mit wütenden Waldbränden, die Fische in der Oder oder indigene Männer, Frauen und Kinder in fernen Ländern, aber immer schneller wird klar, dass es auch bei uns zu immer mehr Toten kommt. Die 134 Opfer der Ahrtal-Katastrophe oder die zunehmende Zahl unserer Hitzetoten zeugen davon, dass wir auch das Blut unserer eigenen Kinder bereits vergießen.

Ganze Ökosysteme sterben und weitere Dominoeffekte sind nicht auszuschließen. Obwohl z.B. Ihr Artikel Fischsterben in der Oder: Das Salz in der Oder, in der Zeit vom 28. Juni 2023 Ursachen und Wirkung offenlegt, fühlen wir Leser*innen uns nicht zuständig, und darum auch nicht die Politiker*innen, ausgenommen die machtlose Frau Lemke für die Oder. Wir stellen unsere CO2-emittierenden Interessen genauso gut über die der Bürger, von denen wir die Ressourcen für unseren luxuriösen Lebensstil beziehen. Der wahre Grund für unser Desinteresse und das der Politiker*innen ist doch unser Wunsch nach einem: ‚immer weiter, schneller und luxuriöser‘. Es ist uns egal, woher der Strom für unsere SUVs, Konsumgüter oder Wohnungen kommt und dass diese immer größer, luxuriöser und energiehungriger werden. Wir empfinden dies als alternativlos. Die Natur muss sich dem beugen. Unsere gleichgültige Haltung speist sich aus den Echokammern der Medien. Deren journalistischen Inhalte werden durch die menschgemachte Klima-Naturkatastrophen immer härter, erschreckender und abstoßender. Ihre Artikel bezeugen das sehr eindringlich. Aber immer noch werden genau solche journalistischen Inhalte konsequent und zuverlässig relativiert und weichgespült durch die Masse an flankierender klimaschädlichster Werbung. Bitte sehen Sie das Bild mit Ihrem Titel. Autos werden bereits in eisig blauen oder grauen Tönen, mit Abstand zur Natur, in baumlosen urbanen Settings oder gleich, wie vorzugsweise Mercedes und BMW in gläsernen, vollständig „denaturierten“ Kunstlandschaften präsentiert. Die Vergrößerung der eigenen Reichweite, des gesellschaftlichen Status und physischen „Personal Space“ (erweitert die Komfortzone) wird glorifiziert. Gleiches stellt die Reisewerbung mit ihren Angeboten in Aussicht. Je weiter und bizarrer, je luxuriöser, desto mehr „Umwelten (Lufthansa) und Erleben“ wir. Selbst Baumärkte umwerben uns: „Dir lieber Kunde steht das billigste zu, Du musst an gar nichts denken außer an deinen eigenen Vorteil!“ Und so wie die Werbenden versuchen, sich im Großen einander konkurrierend zu übertreffen, so versuchen wir Konsument das im Kleinen.

Dem Natur zerstörenden Bann der niemals endende und von allen Medien getragenen konsumsteigernden Propaganda kann sich niemand entziehen. Gerade weil das Erschreckendste mit unseren trivialsten Instinkten kombiniert wird und die geschaltete Werbung perfekt auf die jeweilige Zielgruppe des Mediums zugeschnitten ist, entfaltet sie eine die Bedürfnisse der Gesellschaft auf eine fatale Weise verändernde Wirkung. Luxus, SUVs und Kreuzfahrten sind die heiligen Kühe der Zeit Leser*innen. Billigfleisch und Ramschware aus Übersee die des Boulevard. Nach dem Lesen von Katastrophen Nachrichten, so wie der Ihren, denken Leser*innen zuverlässig: „Aber dieses SUV, diese Kreuzfahrt, diesen Konsum darf, muss und will ich mir noch gönnen, die Kohle muss doch abgebaut und der Strom für mein SUV geliefert werden.“ Und wer eine Kreuzfahrt in die Antarktis unternimmt, der kann genauso gut sein Haus 4 Jahre lang mit Steinkohle heizen. Laut Paul Watzlawicks Axiom kann niemand nicht kommunizieren, denn auch überhaupt nicht kommunizieren hat einen Effekt, vielleicht sogar den größten. Jede*r kennt die kommunikative Kraft des eisigen Schweigens nach einem Streit. In ein ebenso eisiges Schweigen verfallen die Medien, wenn es um ihren Anteil an der Klimakatastrophe geht. Kein einziger Verlag, keine einzige Sendeanstalt nimmt öffentlich Stellung zum obigen Konflikt oder diskutiert darüber ob es nicht an der „Zeit“ wäre Werbung für SUVs, Kreuzfahrten, Luxus, Fernreisen und andere sehr CO2 emittierende, Ressourcen unnötig vernichtende Produkte zu verbieten. Ist es der Hang der Redaktionen, sich selbst nicht einschränken zu wollen oder die gefühlte finanzielle Abhängigkeit von den zusätzlich generierten Einnahmen? Wie sollen Bürger*innen darauf kommen selbst etwas beizutragen, ihre eigenen relativ kleinen klimaschädlichen Konsum-Bedürfnis-Teufelskreise durchschauen oder gar durchbrechen um sich aktiv für den Schutz der Natur einzusetzen und dann auch politisch darauf zu dringen, wenn die Verlagshäuser, die Intelligenzija in den Redaktionen und Sendeanstalten eisig und unerbittlich wissend um den Schaden für uns und unsere Kinder am: „Nicht nachdenken, nichts ändern, nicht verantwortlich fühlen, neutral bleiben, unpolitisch bleiben“ festhalten? Wie sollen Bürger die Verblendung der populistische Propaganda durchschauen und benennen können, ihre eigenen Rolle und Zutun hinterfragen und ändern, wenn nicht einmal Leitmedien jemals ihre eigenen Abhängigkeiten, Handeln und Beitrag öffentlich hinterfragen? Meine größte Bitte ist jedoch, dass Sie den Mut, die Vision und das Verantwortungsgefühl hätten ähnlich wie der Stern damals bei der Veröffentlichung des Titels: „Wir haben Abgetrieben“. Er ist noch immer legendär und unbestritten in seiner Wirkmächtigkeit für die Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Bezüglich der erdgeschichtlich größten Katastrophe wäre nichts minder nötig! Sie sind die ZEIT, Sie können das! – Klaus Siersch

 

Wenn der Wirtschaftsminister einer (Landes-)Regierung keine eigenen Erfolge erzielt, von denen er berichten könnte, bleibt ihm wohl nichts anderes übrig, als über die vermeintliche „Unfähigkeit“ und „Dummheit“ der politischen Gegner zu schimpfen. Möglicherweise bringt das populistische Gehabe von Herrn Aiwanger den freien Wählern ein paar Prozentpunkte bei der Wahl. Ich glaube: Wenn die Minister der Freien Wähler eine wirklich gute Arbeit machen würden, würde die Partei bei den Wahlen wesentlich mehr davon profitieren. Dann könnte sie für konservative Wähler eine (echte) Alternative zur CSU sein – anstelle zur AFD. – Bernhard Bohne

 

„Aiwanger in Erding war genau richtig. Ebenso seine Analyse im Gespräch. Mit ihm habe ich Gott sei Dank eine Wahl in Bayern.“ – Hans Mayer

 

Gewiss doch, Herr Aiwanger, Herr Söder und all jene, die sich als Beschützer einer Sicherheit bietenden, liberalen Mitte generieren, sind ganz sicher nicht böse. Aber wollen sie wirklich ein liberales Miteinander gestalten oder doch nur durchsetzen, was sie unter Anstand, Sicherheit und Ordnung verstehen, wenn sie sich als Zündler innerhalb jener Brandmauern betätigen, die sie vorgeben, nach rechts (und links) ziehen zu wollen? – Jürgen Pilz

 

Bisher stand im Grundgesetz, dass das (deutsche) Volk der Souverän ist. Dass Herr Aiwanger die (gesamte) Bevölkerung zum Souverän erklärt, halte ich für sehr fortschrittlich, vor allem wenn man bedenkt, dass Bayern das Grundgesetz als einziges Gründungsland der Bundesrepublik abgelehnt hat. Aber ansonsten … Ich höre da nur „Besitzer, Besitzer, Autofahrer und Besitzer“. Und Autofahrer sind ja meist auch nur Autobesitzer. Bei Flugzeugbesitzern wie Merz scheint aber Aiwangers Grenze erreicht zu sein. Ein bisschen Neid wird ja wohl noch gestattet sein. Nach seiner Argumentation darf er auch verfassungsfeindliche Sprüche wie Höcke kloppen. Und die hunderttausend Windräder (natürlich ohne Zeitangabe), von denen er faselt, sind mindestens total übertrieben, eher aber eine glatte Lüge. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie an der Stelle einmal nachgehakt hätten. Laut Google bräuchten wir bis 2030 offenbar zwischen 24.000 bis 35.000 Windräder, je nachdem, wen man da von welcher Lobby genau fragt. Ich glaube, dass Bayern unter der CSU und den Freien Wählern bis dahin nicht mal die schlappen 1.000 Windräder schafft, von denen Aiwanger redet. Wenn Bayern aufgrund der Klimakatastrophe unter immer mehr zunehmenden Gerölllawinen versinkt, haben wir ein Problem weniger und vielleicht auch bald mal wieder einen anderen Deutschen Fußballmeister. Immerhin scheint Aiwangers persönlicher Lebensstil halbwegs umweltverträglich zu sein. Lederhosen können die bajuwarischen Bergvölker gerne weiterhin tragen, nur sollte der bayerische Kulturimperialismus endlich mal aufhören. In der norddeutschen Tiefebene brauchen wir weder Lederhosen, noch Dirndl, noch irgendwelche Oktoberfeste als Vorwand für das nächste Besäufnis. (Und Karneval erst recht nicht, aber da sind ausnahmsweise mal nicht die Bayern dran schuld.) – Thomas Manthey

 

Herr Aiwanger ist sicherlich kein böser Mensch, aber seine Ansichten sind einfältig und er bedient die vermeintlichen, einfachen Lösungen – „jeder für sich und Gott mit uns Allen“ oder – „es muss doch so bleiben, wie es immer war“. Diese Illusion zu bestätigen schafft kurzfristig ein gutes Gefühl bei seinen Anhängern. Aber wer fühlt sich heute noch bevormundet, wenn im Auto der Sicherheitsgurt angelegt werden muss oder im Restaurant rauchen nicht gestattet ist? Und einen Hochwasserschutz stellt auch kein Mensch in Frage, nach den Erfahrungen im Ahrtal. Herr Aiwanger verfolgt das Ziel der Anklage der anderen. Als Populist ist er nicht bereit, mit Andersdenkenden in den Dialog zu treten. Das einzige Ziel ist deren Diffamierung – und dieser Mann will die Demokratie retten? – Michael Leske

 


 

 

Leserbriefe zu „Das Virus arbeitet weiter“ von Max Hägler

 

Den Zeit-Artikel „Long Covid – das Virus arbeitet weiter“ halte ich für misslungen. Bitte bauen Sie Ihre journalistische Arbeit auf den Erkenntnissen der führenden Forscher auf diesem Gebiet auf. In Deutschland sind dies insbesondere Prof. Scheibenbogen (Charité Berlin), Prof. Behrends (TUM München), Prof. Schieffer (PostCovid Ambulanz Marburg) und einige weitere weltweit hoch angesehene Forscher. Auch die internationale Forschung verfolgt LongCovid bzw. ME/CFS als neuroimmunologische Erkrankung. Sie haben meiner Meinung nach völlig falsche Personen zu der Krankheit befragt. Die vorgetragenen Fakten bzw. Behauptungen stimmen schlichtweg nicht bzw. es deuten bei den bislang noch ungeklärten Fragen keinerlei Indizien darauf hin, dass diese schlüssig sind. Das beginnt schon bei der Zahl der möglichen Symptome und zieht sich durch den Artikel. Nur ein weiteres Beispiel: Weshalb sollen – laut Abschnitt über die Berufsgenossenschaften – die Berufsfelder Pflege und Erziehung besonders risikoreich sein, während es der Beruf Lehrer*in nicht ist? 90 Minuten im geschlossenen Raum mit 40 Schüler*innen und das mit 3 bis 5 auf den Tag hoch multipliziert, weniger risikoreich? Das leuchtet schon auf den ersten Blick nicht ein. Es ist der Sache leider sehr schädlich, wenn in einem führenden Printmedium ein fachlich-inhaltlich falsches Bild entworfen wird. Sehen Sie es mir und auch den übrigen Zuschreibern nach, wir sind es als Betroffene wirklich leid, auch noch gegen tendenziöse, faktenfalsche Artikel anarbeiten zu müssen. Da erwarten wir eine gewisse Faktenkontrolle bei großen Medienanstalten. Die Zeit kann es sich nicht leisten, die Auffassung einiger Verirrter als Fakt darzustellen. Wir bzw. unsere Angehörigen sind hinsichtlich Forschung und medizinischer Infrastruktur völlig unterversorgt. Es handelt sich um hunderttausende erkrankte Menschen in Deutschland, die vor der Erkrankung keinerlei psychosomatische Auffälligkeiten hatten und dann müssen wir uns immer wieder von einigen verirrten Medizinern diesen Psychosomatik-Mist anhören. Das ist einer der ältesten Quatsche der Medizin: „Wenn wir nichts finden, dann gibt es auch nichts, das ist dann psychosomatisch!“ Ich dachte über dieses Medizin-Mittelalter seien wir hinaus. Die anerkannten Forscher bzw. Mediziner sind es im Fall LongCovid / ME/CFS zum Glück immerhin. Von der Zeit erwarte ich, dass sie hier mitgeht. Wie es besser geht, sieht man übrigens am Zeit-Artikel „Hängengelassen“. – Daniel Zahrai-Sani

 

In Ihrem Artikel weisen Sie bei Long-Covid-Patienten auf „die Neigung zu einer depressiven Krankheitsverarbeitung“ hin. Dazu folgende – vielleicht auch für andere Patienten – eigene Erfahrung: Ich bin seit vielen Jahren ZEIT-Leser und war als Sozialdezernent im Landkreis Karlsruhe tätig. Zum frühestmöglichen Zeitpunkt (63 Jahre) ging ich im Jahr 2019 in Ruhestand, vor allem, weil ich seit mehr als 40 Jahren an Zöliakie und in der Folge einer Histaminunverträglichkeit (mit erheblichen Stimmungsschwankungen) gelitten habe … soweit die Vorgeschichte. Im Februar 2022 erlitt ich trotz Dreifach-Impfung eine Coviderkrankung und war in der Folge matt, antriebslos und fast leicht depressiv. Mein Ehrenamt beim VdK-Kreisverband in Karlsruhe habe ich aufgegeben – dennoch gingen die Symptome nicht zurück. Als Zöliakie-Kranker weiß ich um die Bedeutung der Aufnahme von B-Vitaminen – im August 2022 habe ich nach einer langen Google-Suche meine Symptome mit denen eines Vitamin-B 12 Mangelernährten abgeglichen… am nächsten Tag versorgte ich mich in der Apotheke mit „Ankermann B 12-Tropfen“ und spürte noch am gleichen Tag eine „Aufhellung“ meiner Psyche, die Lust am Leben mit allen mir möglichen Aktivitäten kam zurück. Seither nehme ich täglich 4 Tropfen … und fühle mich fit ! Ich bin kein Mediziner, möchte meine Erfahrung aber mit Blick auf die Vielzahl der Menschen in möglicherweise ähnlicher Situation jedoch nicht für mich behalten. Ich hoffe, Sie können die Information durch Fachleute prüfen bzw. zur Anwendung bringen lassen. – Peter Kappes

 

Es wundert wohl niemanden, wenn unser Gesundheits- und Panikminister mit Freude auf den Long-Covid-Zug aufspringt. Wie sieht eigentlich eine evidenzbasierte Long-Covid-Diagnose aus ? Das weiß wohl niemand. Diese Diagnose liefert jede Möglichkeit zu Lug und Trug, so wie schon bisher das ganze Corona-Narrativ. Vielleicht fragen wir mal Prof. Sönnichsen oder Dr. Gunter Frank ?? – Fritz Junghans

 

Tatsächlich ist die Bezeichnung Long-Covid irreführend und falsch. Das Krankheitsbild müßte Post-Pandemie-Symptom o.ä. heißen, denn wie ein Team der Service de Psychiatrie de l’adulte am Hôpital Hôtel-Dieu in Paris bereits Ende 2021 ermitteln konnte, gibt es keinen Zusammenhang zwischen sog. Long-Covid-Symptomen und einer tatsächlichen Infektion. Dr. Cédric Lemogne fand bei 15 von 18 möglichen Long-Covid-Symptomen eine signifikante Assoziation mit der subjektiven Überzeugung, bereits einmal an COVID-19 erkrankt gewesen zu sein. Die Odds Ratios reichten (in einer adjustierten Analyse, die Alter, Geschlecht, Ausbildung und Einkommen berücksichtigte) von 1,39 für Muskelschmerzen bis 16,37 für eine Anosmie. Ein positives Testergebnis war in der adjustierten Analyse nur mit einer Anosmie assoziiert, d.h. das einzig wirkliche belastbare Long-Covid-Symptom ist der Geruchsverlust. Alle anderen Symptome sind tatsächlich Post-Pandemie-Symptome und auf die Auswirkungen der Maßnahmen, der Angstmacherei und des politischen Geschreis während der Pandemie auf die Psyche labiler Menschen zurückzuführen. Wie selbst Ihr Artikel hervorhebt, hatten die meisten der Menschen, die nun an Post-Pandemie-Symptomen leiden, bereits einschlägige Vorerkrankungen wie Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Depressionen, Übergewicht oder Asthma. Bedauerlich ist, daß Sie die Ergebnisse der französischen Studie unterschlagen. – Volker v. Moers

 

Als Leser Ihrer Zeitung und Betroffener von Long COVID habe ich mit Verwunderung und Empörung Ihren Artikel gelesen. Leider berücksichtigt der Artikel die seit längerer Zeit bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Long COVID nicht. Es wird der Eindruck vermittelt, dass Long COVID eine psychosomatische Erkrankung sei. Dabei schließen internationale und deutsche Experten zum Thema Long COVID psychosomatische Ursachen für die Entstehung der Erkrankung ausdrücklich aus. Hierzu hätte der Autor zum einen Bezug nehmen können auf das Interview mit der Yale Professorin Akiko Iwasaki, welches in der Zeit veröffentlicht wurde. Auch der 1. Long COVID Kongress in Jena im November 2022 sowie Frau Prof. Dr. Scheibenbogen von der Charité und weitere internationale Experten kommen zu dem Schluss, dass die pathologischen Veränderung nicht durch die Psyche verursacht werden können. Diese sind nachweisbar und werden nachgewiesen – allerdings nicht mit den routinemäßigen Untersuchungen. Die psychischen Folgen der Erkrankungen dürfen natürlich nicht unberücksichtigt bleiben und sollten – sofern erforderlich – behandelt werden. Leider werden die Patienten noch immer allzu oft von Ärzten in die „Psychoschublade“ gepackt und nicht ernst genommen. Der Arzt findet mit seinen Mitteln keine Ursache, also ist die Krankheit psychosomatisch. Den Patienten wäre schon viel geholfen, wenn die Ärzteschaft flächendeckend die tatsächlichen Ursachen akzeptieren würde. Dass Ihr Artikel möglicherweise dazu beiträgt, dass wir Patienten auch von der Allgemeinbevölkerung in die Psychoschublade gesteckt werden, ist sehr bedauerlich. – Michael Bandl

 

Sie schreiben über „Long COVID“ als wäre es ein einheitliches Krankheitsbild. Die stärkste Form von Post Covid ist ME/CFS, seit 1969 von der WHO als neuroimmonologische Erkrankung anerkannt. Dies ist vergleichbar mit MS (multipler Sklerose). Erst diesen Frühling gab es einen Kongress in der Charité über zwei Tage, in dem der aktuelle Stand der Forschung weltweit dargestellt worden ist. Es gibt sehr viele unterschiedliche messbare körperliche Veränderungen, die ME/CFS begleiten. Hier beginnt die Forschung endlich Fuß zu fassen und eine Behandlung zu entwickeln. Das Europäische Parlament verabschiedete 2020 eine Resolution zur Anerkennung und Erforschung von ME/CFS und beschrieb die Erkrankung als „verborgenes Problem im Gesundheitssystem“. „Unterfinanziert“ sei die Forschung, so stellt das Europäische Parlament ebenfalls fest. Ebenfalls wurde auf dem Kongress deutlich (studienbelegt), dass die systematische Nicht-Versorgung von ME/CFS PatientInnen schließlich sekundär zu starken psychischen Beeinträchtigungen führen kann. Dies ist mehr als logisch. Ein Mensch, der sich nicht mehr um seinen Familie kümmern kann, ein Jugendlicher, der nicht mehr zu Schule gehen kann, seine FreundInnen nicht mehr treffen kann, weil er/sie so krank ist, wird traurig und hat Angst, da Ärztinnen ihn/sie nicht behandeln und so keine Genesungshoffnung entstehen kann. Es gibt eine Anlaufstelle für ME/CFS in Berlin für Erwachsene und eine Anlaufstelle in München für Kinder und Jugendliche. Kinder und Jugendliche und Frauen zwischen 30 und 40 sind von der Krankheit besonders betroffen. Für Menschen mit MS gibt es in Deutschland 200 Anlaufstellen und 16 zugelassene Medikamente, für ME/CFS gibt es bislang kein zugelassenes Medikament. Wenn Sie hier aus Wirtschaftssicht schreiben, sollten Sie sich stark machen, dass besonders Kinder und Jugendliche und mittelalte, im Leben stehende Frauen, nicht zum lebenslangen Pflegefall werden oder stark beeinträchtigt ins Arbeitsleben gehen, sondern gesund und voller Kraft. Sie sollten sich also für Studien und Medikamente stark machen, anstatt Dinge anzuzweifeln, die seit 1969 feststehen, ME/CFS ist eine somatische Erkrankung. Es gibt mehr ME/CFS Kranke als MS Kranke und alle haben Forschung und Medikamente verdient. ME/CFS ist die gravierendste Form von Post Covid. – Katrin Wölfel

 

Ich war mir nicht sicher, ob ich das bei Ihnen gelesen oder eventuell im Fernsehen gesehen hatte. Wahrscheinlich war es bei Ihnen, denn ich habe eine Schlagzeile gefunden, wonach Experten meinen, Sporttherapie sei bei Long Covid ungeeignet (ZEIT Online, 20.11.2022). Das widerspricht der Aussage des Audi-Vorstandschefs Duesmann, wonach Bewegung das Einzige sei, was dagegen helfe. Soweit ich mich erinnere, ist Bewegung in diesem Falle sogar kontraproduktiv. – Thomas Manthey

 

Ihr Artikel in der Ausgabe 28 zum Faktencheck über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Long Covid hat mich etwas irritiert. Ich bin selbst Betroffene und daher gezwungen mich seit 18 Monaten intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen. Im Hinblick darauf erscheint mir ein Teil der dargestellten Fakten doch eher fragwürdig. Der Artikel hinterlässt bei mir als Leser den Eindruck, das Problem Long Covid werde nur vom Gesundheitsminister und den Betroffenen in den Medien hochgespielt. Weder seien so viele Menschen betroffen, wie behauptet wird, noch handele es sich um ein hauptsächlich körperliches Problem, sondern treffe fast nur Menschen mit Vorerkrankungen, vor allem psychischer Natur. Und überhaupt nehme die Psyche zu wenig Raum bei der Krankheitsbetrachtung ein. Dabei sind schon die erwähnten Schätzungen der Anzahl der Erkrankten anhand des korrekt verwendeten ICD-Codes problematisch, da ich aus eigener Erfahrung feststellen musste, dass die meisten Ärzte den ICD-Code für Long Covid nicht kennen oder verwenden. Bei vielen Betroffen wird hingegen eine so genannte F-Diagnose gewählt, die für psychische Erkrankungen steht, obwohl nie eine Abklärung beim Psychiater oder Psychologen erfolgt ist. Dass eine zu starke Konzentration auf körperliche Ursachen bestünde und die psychosozialen Einflüsse vernachlässigt werden, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Den meisten Betroffenen geht es eher wie mir, dass der behandelnde Arzt die Standarduntersuchungen herunterrattert und wenn dort nichts Auffälliges zu finden ist, was ja in der Regel der Fall ist, wird zum Psychologen oder zur psychosomatischen Rehabilitation überwiesen.

Ohne Frage kann eine Unterstützung der Psyche hilfreich sein, vor allem wenn man sich plötzlich und unerwartet mit schweren körperlichen Einschränkungen konfrontiert sieht, aber in diesen Fällen ist das Problem eher „somato-psychisch“, also psychische Probleme entstehen sekundär im Krankheitsgeschehen. Zudem scheint es auch Patienten zu geben, die im Rahmen einer Long Covid Erkrankung oder allgemein durch die Umstände der Pandemie eine Depression und andere psychische Probleme entwickeln, dies betrifft bei weitem aber nicht alle Long Covid Patienten. Vor allem der Patientenkreis, der schwerwiegende Belastungseinschränken, Schmerzen u.v.m. im Sinne eines chronischen Fatiguesyndroms (ME/CFS) entwickelt, ist in erster Linie körperlich erkrankt. Hierbei handelt es sich um eine schwere neuro-immunologische Erkrankung, die seit über 60 Jahren bekannt ist und viele Parallelen zu Long Covid aufweist, bzw. wird ein Teil der Long Covid Patienten voraussichtlich ME/CFS entwickeln. Da diese Erkrankung jahrzehntelang als psychosomatisch und sehr komplex abgetan wurde, gab es in der Forschung keinerlei Fortschritte, so dass die Erkrankung als nicht heilbar gilt und bis heute keinerlei Therapien existieren, obwohl schätzungsweise bereits vor der Pandemie ähnlich viele Menschen wie an Multipler Sklerose erkrankt waren. Die Anzahl der diagnostizierten ME/CFS-Patienten ist nun im Laufe der Pandemie weiter angestiegen.

Um nicht falsch verstanden zu werden, auch ich empfinde es als wichtig eine Erkrankung mit allen ihren Facetten, mit „Körper und Seele“ als Einheit zu betrachten. Aber, die im Artikel gewählte Darstellung, dass bei vielen Patienten eine psychische Problematik im Vordergrund stehen könnte, wird meiner Meinung nach dem Krankheitsbild von vielen Betroffenen nicht gerecht und beinhaltet zwei große Gefahren. Zum einen besteht die Gefahr darin, dass sich Politik und Forschung nicht ausreichend engagieren, um Therapien und Heilungsansätze für das Krankheitsbild zu entwickeln, da für psychosomatische Probleme ja bereits Therapien etabliert sind. Zum anderen sind gerade diese Therapien, die meist auf eine Aktivierung des Patienten und Steigerung der Belastung abzielen (wie auch im Zitat von Herrn Duesmann dargestellt), für Patienten mit Belastungsintoleranz und PEM (post exertional Malaise = Verschlimmerung nach Belastung) fatal und können zur Chronifizierung und dauerhafter Verschlechterung führen. Falls sich die wirtschaftlichen Schäden nicht in dem Maße bewahrheiten, wie sie vorausgesagt wurden, wäre es für alle eine Erleichterung. Aber auch wenn die Zahlen der Beschäftigten, die nicht und nur eingeschränkt in den Arbeitsmarkt zurückkehren hinter den Schätzungen zurückbleiben, fehlt in Zeiten von Fachkräftemangel jede Hand, vor allem im Gesundheitssystem, in dem viele Betroffene arbeiten. Zudem finde ich, besteht eine moralische Verpflichtung der Gesellschaft, die vielen erkrankten Menschen, die vorher mitten im Leben standen, nicht im Stich zu lassen. Ihr Artikel stellt mir die Situation um Long Covid zu entschärft dar und ich befürchte ein Teil der Zahlen und Grundannahmen entsprechen nicht der Realität. Jedenfalls nicht der Realität, mit der eine Betroffene jeden Tag konfrontiert ist. Dennoch bin ich froh, dass das Thema weiterhin aufgegriffen wird, da sich doch eine gewisse Überdrüssigkeit dem Thema Corona und allem, was damit zusammenhängt, gegenüber eingeschlichen hat. – Miriam Scheich

 

Für mich als Betroffenen ist Ihr Artikel ein Schlag ins Gesicht. Er wird weder dem Krankheitsbild noch der Situation der an Long Covid Erkrankten gerecht. Es ist empörend, dass Sie einen so einseitigen und polemischen Text als „Faktencheck“ verkaufen! Die zitierten Ärzt*innen bekommen offensichtlich von der aktuellen Forschung zu diesem Thema nicht viel mit und verbreiten längst überholte Vorurteile. Dass Herrn Duesmann Bewegung geholfen hat, freut mich für ihn sehr; ich kann nur sagen: Bei mir verschlimmert sie sämtliche Symptome (man nennt das PEM, Post-Exertional Malaise) – und von einer Depression bin ich sehr weit entfernt. Außerdem ist der Titel Ihres Artikels aus meiner Perspektive einfach nur zynisch. Ich möchte Ihnen empfehlen, sich mit Ihrer Kollegin Anna Mayr zu unterhalten, die erst kürzlich in der ZEIT (Ausgabe 21/2023) sehr einfühlsam und außerdem wissenschaftlich fundiert über Long Covid geschrieben hat. – Conrad Schmitz

 

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, die Sie dem Thema Long Covid im Wirtschaftsteil der ZEIT auf Seite 1 schenken. Im Artikel werden Erkenntnisse aus dem neuesten Stand der Wissenschaft ignoriert und eindeutig tendenziöse Aussagen veröffentlicht. Die ursächliche Rolle der Psychosomatik bei Long Covid (leider in der Versorgung alltäglich, wie aus Ihrem Bericht am Beispiel von Frau Allwang hervorgeht), ist aus wissenschaftlicher Sicht längst widerlegt. Gerade Erkrankungen wie Long Covid und ME/CFS (der schwersten Form von Long Covid) werden häufig fehldiagnostiziert und somit überhaupt nicht erfasst. Erst wenn sich das ändert, können wir den reellen wirtschaftlichen Schaden von Long Covid messen. Bis dahin bleiben die Zahlen der Krankenkassen nicht belastbar. Unterschiedliche Studien ergeben, dass bisher 3-7% der Corona-Infizierten Long Covid entwickelt haben. Frauen sind dabei nicht überrepräsentiert, sondern zählen bei ME/CFS 3x häufiger zu den Betroffenen und das weibliche Geschlecht zu den Risikofaktoren. Grund dafür ist die neuroimmunologische Grundlage der Erkrankung. ME/CFS ist bisher nicht heilbar, und es gibt kein einziges zugelassenes Medikament. Dass Sie den Audi-Vorstandschef mit „Bewegung ist das Einzige, was hilft“ zitieren, schadet vielen Betroffenen: Sowohl bei Long Covid als auch bei ME/CFS ist das Symptom der post-exertionellen Malaise (PEM) häufig. Das bedeutet eine ausgeprägte Zustandsverschlechterung der Symptome nach geringster Belastung. Überaaktiviert man die Patienten, wie es häufig in falsch verordneten psychosomatischen Rehas geschieht, kann Long Covid schnell chronifizieren, und ME/CFS-Patienten können dadurch dauerhaft bettlägerig werden. Long Covid Patienten kämpfen seit über 3 Jahren, und ME/CFS Erkrankte seit Jahrzehnten um ihr Recht auf adäquate Versorgung und Behandlung. Es wäre also schon weit vor der Pandemie an der Zeit gewesen, dass sich politisch etwas ändert. Das wird es jedoch nur, wenn weiter Aufmerksamkeit generiert wird. Ich bitte darum, nachzuschärfen. – Katharina Stephan

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie schlimm ist die »Bild« noch?“ Streit von Günter Wallraff und Kai Diekmann

 

Eines muss mann Herrn Diekmann lassen: so schnell hat sich in meinen Augen noch nie ein Interviewter bzw Streitgespächspartner selbst entlarvt: gleich in der ersten Antwort sagt er, als junger Mann habe er nach der Lektüre von Wallraffs „Der Aufmacher“ gedacht: …“Aufregend, dieser Axel-Springer-Verlag“ und: das habe ihn für den Journalismus begeistert! Da sagt jemand nach Lektüre eines Krimis: „Boh geil, ich muss auch mal einen Banküberfall begehen“ – Dieter Hartwieg

 

Kai Diekmann betreibt während das ganzen Gesprächs reine Imagepflege und Legendenbildung. An keiner Stelle erreicht er eine kritische reflektierte Distanz zu sich und seinem Tun als Chefredakteur von Bild. Seine pauschale Behauptung, die Bild hätte sich geändert, kann Günter Wallraff entkräften. Ansonsten relativiert und verharmlost Kai Diekmann alle Kritik. Unerträglich der Kontrast zwischen der harten und gnadenlosen Skandalisierung in seiner journalistischen Arbeit und dem Weichspülen in der direkten kritischen Konfrontation im Streitgespräch. Imageverbesserung erreicht er mit diesem Gespräch nicht. Auch Glaubwürdigkeit entsteht durch sein aalglattes reaktives Verhalten nicht. Schaden tut es sicherlich auch nicht. Ob es für den Verkaufserfolg seiner Biographie förderlich ist? Jedenfalls nutzt er die Chance, sich ins rechte Licht zu setzen. Er weiß: Wer schreibt, der bleibt. – Reinhard Koine 

 

Diekmann und Wallraff sind Veteranen im Mediengeschäft und gehen dahin wo es wehtut bzw. dringend ein Faß aufgemacht werden muss. Beide haben eine „Da geht noch was!“ und „the winner takes it all“ Mentalität. Darum hat „Bild“ Menschenleben auf dem Gewissen. Aber die honorige „Zeit“ hat das nicht minder. Denn beide spornen uns zu immer mehr Konsum an: „Hier und heute Verzicht üben, um der Natur Zeit und Raum zum Erholen zu geben, um so auch später noch ein gutes Leben zu haben“, widerspricht dem Geist dieser Medien und vielleicht auch dem von Herrn Diekmann und Herrn Wallraff. Dabei zerstört Werbung für Billigfleisch, bzw. für Luxus für alle immer mehr Lebensräume bei uns, aber vor allem im globalen Süden. Somit treiben sie, trotz besseren Wissens, siehe UNO, EU und Päpstliche Enzyklika unseren Konsum immer weiter auf die Spitze. Sehen Sie z.B. die zahlreichen Anzeigen bzw. Artikel in der Zeit für Luxusreisen, Uhren, SUVs etc. Je mehr von solchem Luxus gebaut, gekauft und konsumiert wird, desto häufiger und grausamer töten Klimakatastrophen. Der Verlag der Zeit veranstaltet und bewirbt sogar noch seine eigene Kreuzfahrtlinie, obwohl dies die umweltschädlichste Art des Reisens ist! Das Geschäftsmodell der Medien, aber besonders auffällig der Zeit ist: „Für klimaschädlichen Luxus werben und dann darüber berichten, wie Klimakatastrophen die Erde zerstören.“

Unter Gräfin Dönhoff und Gerd Bucerius konnte die Zeit den rechten Sumpf bekämpfen UND Luxus verkaufen. Das war kein Widerspruch. Wer in dieser erdgeschichtlich brisanten Zeit immer noch Werbung für bedenkenlosen Konsum abbildet, ganz gleich ob für Billigprodukte aus Übersee wie die Bild oder SUV-, Reise – und Uhren-Luxus wie die Zeit, der hat das Blut der im globalen Süden Sterbenden oder daraus Fliehenden an den Händen kleben. Journalisten, die denken „unpolitisch“ die Spalten dazwischen füllen zu können, müssen sich Rosa Luxemburgs Vorwurf stellen: „Unpolitisch sein heißt politisch sein, ohne es zu merken.“ Das Potential und die gesellschaftliche Anziehungskraft unserer stabilen und rechtsstaatlichen Staaten in den gemäßigten Breiten sind deshalb noch(!) so atemberaubend, weil wir uns und unsere Natur auf Kosten anderer schonen. Das fällt unseren Kindern schon sehr bald auf die Füße. Ich hoffe, Sie können zum Thema „Medien als Brandstifter und Biedermann der Klimakatastrophe“ mal ein ebenso großes Feature machen. Bitte helfen Sie mit, dies zu verbessern. Die Medien könnten so viel dazu beitragen. Sehen Sie den Beitrag der einen(!) Titelgeschichte des Stern: „Wir haben abgetrieben“ bezüglich der Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Wo bleiben die Medien jetzt im Bezug auf den Klimawandel? Ich bin selbst Flugkapitän und verdiene gut daran, aber dass immer noch Reklame für klimaschädliche Reisen gemacht wird, die auch noch asozial CO2-, Energie – und Mehrwertsteuerfrei sind, finde ich höchst unzeitgemäß. – Klaus Siersch

 

Als bisher uneingeschränkt begeisterte Zeit-Abonnentin, muss ich meine Verwunderung äußern. Wie kann es sein, dass es so eine Schlagzeile auf ihre Titelseite schafft?! Unterliegt jetzt auch „meine geliebte Zeit“ nur dem schnöden Mammon? Oder hat sich ihre Leserschaft so sehr verändert, dass nun auch die „Zeit“ mit der Zeit gehen muss und dem Lauten mehr Platz geben muss? Ich konnte mich nicht überwinden diesen doppelseitigen Artikel zu lesen! Gerne würde ich es verstehen… So schreibe ich den ersten Leserbrief meines Lebens. – Katja Wendt

 

Günter Walraff hat den richtigen Blick über die journalistische Rolle von BILD: Es hat sich bis heute nichts Grundsätzliches an der Berichterstattung des Springer-Blattes geändert. Gerade vor wenigen Tagen habe ich die BILD-Redaktion hinsichtlich des aktuellen Höhenflugs der AfD angeschrieben und BILD (ebenso dem rechtsorientierten Focus) vorgeworfen, durch verfälschende und tendenziöse Berichterstattung („Heizung-Hammer“ etc.), Brandbeschleuniger für den höchst bedenklichen Zuwachs der demokratiefeindlichen, teils faschistischen AfD zu sein. Sicherlich trägt der schlechte Auftritt der Koalitionsregierung und die Rolle von CDU/CSU ebenso mit dazu bei, die Hauptrolle spielt jedoch meines Erachtens das auflagenstarke Revolverblatt BILD, das schon lange vor der CDU-Verkündung von Herrn Merz und CSU-Chef Söder Die Grünen zum Hauptgegner erkoren hat. – Manfred Vossen

 

Ein gelegentlicher Blick auf die Startseite von bild.de zeigt, dass „Bild“ immer noch gefährlich ist – meist haarscharf diesseits und oft auch plump jenseits der Grenze zum „gesunden Volksempfinden“. Dabei aber sehr viel geschickter als früher – ein wenig angepasst an die blöden Zwänge des Pressekodex und maximal daran orientiert, Klicks zu provozieren. So lautet die Schlagzeile dann eben nicht mehr, „X hat geklaut“, nicht einmal „X soll geklaut haben“, sondern „Y weiß, ob X geklaut hat.“ (Natürlich geht es in der Regel eher um Vergewaltigung statt „bloß“ um Diebstahl, oder, massentauglich, um Fußball: „Lothar Matthäus weiß, ob Harry Kane zu Bayern München geht.“ Und Loddar wird sich, selbst wenn das nicht stimmt, nicht beschweren, sondern lieber sein Honorar als „Bild“-Experte einstreichen.) Man wüsste gern, ob Friede Springer und Mathias Döpfner die „Bild“ lesen und dann, wie ihr Idol Axel, gelegentlich „leiden wie ein Hund.“ Oder ob sie sich vorstellen, wie „Bild“ wohl über sie schriebe, wenn sie nicht zufällig Eigentümer des Verlags wären: Zur Eheschließung 1978 „Friede ist die Fünfte“ oder „Von Oldsum(Föhr) an die Elbchaussee – Axel angelt sich ein Kindermädchen“? Oder zu der Schenkung eines Aktienpakets im Wert von einer Milliarde Euro an Döpfner als „Post von Wagner“: „Friede, Freude, eine Milliarde – alles steuerfrei“? Es ist gut, dass sich Wallraff seinen Furor bewahrt hat. – Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Wie froh bin ich, dass es noch solche unermüdlichen Kämpfer wie Günter Wallraff gibt. Herzlichen Dank für das interessante Streitgespräch. – Gaby Koller

 

„Viel Feind‘, viel Ehr‘“, so heißt es bekanntlich. Und BILD hat freilich bewiesen, dass es zu jeder guten Regel eine prägnante Ausnahme gibt. Dabei ist nicht bestreiten, dass unter dem Chefredakteur Diekmann eine Niveausteigerung zu vernehmen war. Doch über das Mehr oder Weniger an Qualität und Quantität für Europas größte Tageszeitung bestimmt letztlich der freie Wettbewerb; ganz im Sinne des Springer Verlags. – Matthias Bartsch

 

Zwar ist Kai Diekmann nicht nur negativ zu sehen. Aber er führte seine Zeitung eindeutig in krasser, mit Lügen versetzter Berichterstattung. Die ständigen Übertreibungen sind nämlich auch Lügen. Wer 80 Euro zu fordern hat, aber sagt „Du schuldest mir 100 Euro“, der lügt. Leider können selbst die klugen Redakteure und der kluge Herr Wallraff dies nicht klarmachen. Der einzige klare Vorhalt zum Thema „Lügen“, nämlich das bewusst falsche Zitat des Grünen Politikers Nouripour zum Singen muslimischer Lieder beim deutschen Weihnachtsfest, wird von Diekmann ganz locker abgewehrt. Anstelle einer Antwort rühmt er sich eines guten Verhältnisses zu den Grünen. Und als die Redakteure nachfassen, wegen dieser Kampagne sei es zu schweren Angriffen auf Nouripour gekommen – da sagt er, „Kampagnen erlebe er jeden Tag“. Er geht überhaupt nicht auf den Vorwurf ein, sondern äußert sich zu Kampagnen im Allgemeinen. Wallraff und die Interviewer lassen sich das einfach gefallen. Solches Versagen habe ich schon bei mehreren Interviews von Chefs der Bild-Zeitung erlebt. Wobei die Redakteure der ZEIT sich in Interviews immer Mühe geben, und auch oft nachfassen. Aber wenn dann wieder abgelenkt wird, geben sie auf. Und das reicht bei der Bild-Zeitung nicht. Bei Verweigerung einer Antwort, durch Ausweichen, Ablenken usw., ist der Vorhalt nötig: „Die Verweigerung der Antwort zeigt, dass der Vorhalt zutrifft.“ – Jochen Mallison

 


 

 

Leserbriefe zu „Offen gestanden ein Problem“ von Daniel Haas

 

Danke für diese süffisant-satirische Gegenwartsaufnahme, die natürlich nicht die Kirche im Dorf lässt. Aber souffliert, wie es sein könnte mit allzu menschlichen Schwächen und Gebrechen. – Christoph Schönberger

 

In der aktuellen angsteinflössenden Weltlage ist Ihr Bericht eine wunderbare Linderung und Ablenkung! Vielen Dank hierfür, ich habe Tränen gelacht. Dieses Lachen nehme ich in den Tag mit hinein! Und bei jedem unerwünschterweise erblickten Brusthaar werde ich einen Lachkrampf bekommen! Bitte bitte, schreiben Sie weiter! – Nathalie Meinecke 

 

Eine köstlich geschriebene Psychopathologie des Büroalltags, gespickt mit skurrilen Sprachbildern! Ja, wenn da nicht einmal die Kommunikationstrainerin und der Benimmpapst kaiserlichen Geblüts eine wirksame Therapie anbieten können! Als letzter drastischer Ausweg hülfe nur noch ein Konklave, wo all die Büromonster sich an einem runden Tisch gegenseitig anstarren müssen, bis sie, vom Saulus zum Paulus, von der Saula zur Paula geläutert, weißen Rauch aufsteigen lassen und unter Eid schwören, nie wieder zu schmatzen, Hände zu kneten, Augen zu quetschen… oder was es sonst noch für faziale und manuelle Verrenkungen geben mag! – Ulrich Pietsch 

 

Unter ein Pornohemd gehören stilgerecht Männertitten, keine Brustmuskeln! – Thomas Manthey

 

Trotz ihres leserfeindlichen Formates lese ich DIE ZEIT, denn ich finde hier eine gepflegte Sprache und bisweilen sogar eine schöne Wortschöpfung, wie gerade in einen Beitrag von Daniel Haas über Zeitgenossen, die zwei Knöpfe zu viel an ihrem Hemd öffnen, um die sonnengebräunte Brust und die darauf sprießenden Haare zu exhibitionieren. Was sie tragen, bezeichnet Haas treffend als das »Pornohemd«. Wie schön, wie erholsam, wie erquickend und labend ist es, jemanden zu lesen, der ebenfalls am Niedergang aller Umgangsformen leidet. Was mich beispielsweise in meinen Seminaren am meisten gestört hat, waren nicht die profunde Ignoranz und Lernunwilligkeit der Teilnehmer, es war ihre rücksichtslose Kleidung. Und dann natürlich ihr Benehmen: das ewige Nuckeln an der Flasche, das Zuspätkommen, das unzeitige Aufstehen, das laute »Gesundheit!«-Gegröle beim winzigsten Erkältungssymptom. Das Deprimierendste aber waren die Beleidigungen mit ihren entsetzlichen T-Shirts und Jogginghosen. Wenn ich einen Klienten empfange, wechsle ich zuvor Schuhe und Kleidung. Ich fühle mich dann wohler und ich denke auch, dass ich meinem Klienten diese Sorgfalt schuldig bin. Sind das alles Äußerlichkeiten, auf die es nicht ankommt? Ich meine, es kommt sehr wohl darauf an, denn in diesen Äußerlichkeiten stellt sich eine respektvolle Innerlichkeit vor, die wir im Ideal des britischen Gentleman bewundern. Vor wenigen Wochen sagte mir mein Freund Pete, ein gebürtiger Engländer, ich sei ein Gentleman. Er kann sich gar nicht vorstellen, welche Freude er mir damit gemacht hat. Es gibt für mich kein schöneres Kompliment! Ich denke dann dankbar an John Galsworthy’s »The man who kept his form«. – Kurt Guss

 

Ist schon kurios, dass man einen solchen weltbewegenden Artikel im Wirtschaftsteil der Zeit findet! Ich schätze, wenn Herr Haas im Büroalltag etwas mehr Selbstbewusstsein aufbringen würde, müsste er mit seinem Lamento nicht die Leserschaft der Zeit beglücken. – Michael Weyand

 

Ich habe mit großem Vergnügen den Artikel von Daniel Haas „Offengestanden ein Problem“ gelesen in dem er über die zwei Knöpfe zu weit klaffenden Herrenhemden (sog. Pornohemden), den Schmatzer, den Sitzschrauber/Armverschränker und den Handkneter im Büroalltag sinniert. Übersehen hat er, dass der Pornohemdträger meistens schon fortgeschrittenen Alters ist und seine weißen Brusthaare zur Schau stellt, als wäre er in der Brunft. Aber war der Autor schon mal in einem Allerwelts-Fitness-Studio in der norddeutschen Tiefebene? Auch dort trifft man auf skurrile Typen männlichen Geschlechts. Erwähnen möchte ich den Stöhner, der – egal an welchem Gerät – seine Anwesenheit durch lautes und inbrünstiges Stöhnen kundtut. „Ja, Junge, wir wissen, dass du da bist!“ denkt sich Frau. „Du musst dein Revier abstecken und klarmachen.“ Volles Verständnis. Dabei zeigt der Stöhner außer lautstarken – durch gelegentliche Spuckattacken begleitete Bewegungen an den Geräten – kaum echte sportliche Leistungen. Aber man hört ihn im ganzen Studio!

Der Stöhner ist natürlich nicht so schlimm wie der Stinker, der seine Anwesenheit durch die Ablehnung von Wasser und Seife sowie Deos geruchsintensiv kundtut und sich der anwesenden Damenwelt so für immer ins Gedächtnis brennt. Bemerkenswert sind auch die schweigenden Sitzhocker, die ihr Handtuch auf ein beliebiges Gerät legen, sich dann auf das Handtuch setzen, und weder durch lautes Schnauben noch durch sportliche Aktivität auffallen. Sie starren nur gebannt auf ihr Handy und verharren so minutenlang in absoluter Starre. Plötzlich durchzuckt ihr Körper aber doch ein Impuls und sie stehen auf, falten ihr Handtuch zusammen und gehen still zum nächsten Gerät. Auch dort setzen sie sich wieder schweigend auf ihr Handtuch und fallen in Trance. Frau denkt dann, „Hey, Du Armleuchter. Steh auf! Ich will da jetzt hin!“ Aber weil sie höflich ist, lässt sie den Schweiger in Ruhe und wendet sich anderen sportlichen Aktivitäten zu. Die dritte Spezies sind die Hygiene-Vermeider. Das sind immer Menschen männlichen Geschlechts, die grundsätzlich die von ihnen benutzten Geräte hinterher nicht abwischen. Vielmehr checken sie die Lage im Raum, blicken in die Runde, ziehen den Kopf ein und verdrücken sich klammheimlich zum nächsten Gerät. Was für arme Würstchen! Bestimmt putzt Mama ihnen zu Hause auch hinterher. Aber hier im Studio gibt es keine Mama, du Heini! – Gisela Plaschka

 

Die beschriebene Wahrnehmung fehlenden Benimms, wie von Daniel Haas beschrieben, teile ich vollauf. Geht es doch in der Regel, frei nach Herrn Knigge, nicht um steife Verhaltensregeln, sondern um den respektvollen Umgang mit Menschen. Und das heißt in erster Linie, dass das eigene Verhalten das Wohlbefinden der Mitmenschen zum Ziel hat und eben keine Gefühle des Unwohlsein bis Ekels beim Gegenüber hervorruft. Das bezieht sich meines Erachtens nicht nur auf optische, akustische und olifaktorische Signale, sondern auch auf (geschriebene) Sprache. Und da habe ich den Eindruck, dass Daniel Haas sich auf derselben Ebene bewegt, wie die von ihm beschriebenen Mitmenschen mit ihrem Pornohemd, ihrem Schmatzen und in der Nase popeln: Schnodderisch und wenig behutsam bei der Auswahl der Worte und in der Satzstellung. Wie im übrigen in letzter Zeit häufiger bei der ZEIT zu lesen: eine wenig ansprechende Sprache, die sich in Alltagssprache, Neusprech und unwichtigen Details verliert und darüber hinaus das eigentlich Informative vernachlässigt. Ich würde mir wünschen, dass die ZEIT zu ihrem ‚alten‘ Stil, der ausgewogenen Berichterstattung (und anderer journalistischer Textarten) zurückkehrte und die Leser mit auf den Punkt kommender Sprache informiert hält. – Ruth Ambrosch

 


 

 

Leserbriefe zu „Die rote Grüne“ von Robert Pausch

 

Es tut mir einfach leid. Aber dieser Artikel ist eine einzige Überschätzung der Person Ricarda L.. Keine Ausbildung beendet, stets die gleichen Diskussionsstereotyppen. Instinkt-, ziel – und planlos die Grünen verändern? Solche Emotionspolitiker:innen sind ursächlich für Politikverdruss in diesem Land. „Sie steht im Zentrum der Macht und schaut sich dort erst einmal interessiert und ein bisschen belustigt um“. Besser konnte der Autor es kaum treffen. Hilfe! – Ralf Merkle

 

In der Regierung verbrauchen sich Parteien heute sehr schnell. Und mit ihnen die Personen, die für diese Parteien stehen. Entzauberung, Verstrickung, Ermüdung. Das sehen wir bei allen Ampelparteien, sehr deutlich bei den Grünen. In unserer Welt können Personen mit ihren Ämtern kaum mehr wachsen. Die reale politische Auseinandersetzung ist ein Schredder. Auf dem Weg in die Regierungsbeteiligung war Robert Habeck wie Ricarda Lang angetreten: Die Partei verändern, weg vom reinen Öko-Image, breiter aufstellen, mehrheitsfähig machen. Nun hat seine politische Arbeit Robert Habeck genau dahin geführt, wovon er sich lösen wollte, nämlich in das Öko-Image. Die anderen Parteien akzeptieren es eben nicht, wenn die „Öko-Partei“ in ihren Feldern „wildert“, im Sozialen, im Liberalen, im Konservativen. Prompt werden die Grünen auf ihr Ursprungsthema zurückgeworfen. Ricarda Lang setzt nun neu an und wagt sich in das Soziale und das Ökonomische vor. Sie ist früh genug am Start, um den notwendigen langen Atem aufbringen zu können. – Reinhard Koine 

 

Sie haben gewonnen. Einen Leser und Zahler ihrer Wochenzeitung weniger. Doch dieser Artikel bestärkt mich darin, ihre Wochenzeitung zu meiden. Früher konnte man in ihrer Zeitung noch auf Fakten basierende Artikel lesen. Jetzt fehlen seit mehreren Jahren diese Fakten z.B. wo ist der Werdegang dieser Frau aufgeführt? Dies ist eine wichtige Information für den Leser, um ein Gesamtbild zu erhalten. Aber ich lese nur Situationsdarstellung mit zweifelhaften Wertungen – nach meiner Auffassung – in der Art einer Günstlings-Berichterstattung! Das ist – nach meiner Ansicht – billiger Journalismus (unnötige Ergänzung: der Fisch …. Kopf). Der informative Wert ihrer Zeitung liegt weit unter dem derzeitigen Preis von 6,40 €. Ich gehe dafür lieber ein Bier trinken und trauere um den Niedergang einer Wochenzeitung. – Elmar Jaekel

 

Ein sehr aufschlussreicher Bericht über die Vorsitzende einer Regierungspartei. Bei der Reform der europäischen „Asylsystems“ geht es aus meiner Sicht um die Kontrolle übrig der illegalen Migration. Letztere hat überwiegend keinen Anspruch auf Asyl. m Zusammenhang mit den Problemen der Integration sollte sich Frau Lang mit der sozialen und kulturellen Anthropologie der Migranten (s. Ralph Bagdad) beschäftigen, um deren Probleme bei der Integration zu erkennen. – R. Reiger

 

Vielen Dank für dieses bemerkenswerte Porträt einer bemerkenswerten politischen Persönlichkeit. Kompliment an Sie beide. – Klaus Siersch 

 

Sie stellen die Frage in den Mittelpunkt, warum eine Politik für die Mehrheit nicht zu einer Mehrheit im Parlament führt. Leider wird in dem Lang – Porträt nicht ansatzweise versucht, eine Antwort zu finden. Gute Politik führt nicht zu Wahlerfolgen – häufig wird sie von den Menschen, für die sie gemacht wird und deren Lebensbedingungen sie verbessern soll, nicht einmal wahrgenommen. Nach diesem Artikel bin ich so klug als wie zuvor. – Klaus Steffen

 

Welch wunderbarer Artikel von Robert Pausch zu den politischen Beweggründen der roten Grünen Ricarda Lang. Ich fühlte mich sofort an Hermann Scheer erinnert, damals ein grüner Roter. Er war der wesentliche machtpolitische Strippenzieher für das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) Ende der 90er Jahre. Er hatte bei seinen begeisternden öffentlichen Plädoyers für die Solarenergie im gleichen Atemzug auch immer die soziale Frage im Blick – und das weltweit (legendär sein Beitrag im Film „Die 4. Revolution – Energy Autonomy“). Der CO2-Preis ist zwar ein theoretisch gutes Konstrukt, in der Tat aber ein ungeschicktes Instrument, da es bestraft und – wie weiland geschehen – ganz schnell dem Spielball der politischen Wirkmacht zum Opfer fallen kann. Die unsägliche, teils hämische Diskussion ums „Heizungsgesetz“ mit angeblicher Heizungsaustausch-Pflicht, angeblichem Wärmepumpen-Zwang, angeblichen Ölheizungs-Verbot und angeblicher Nicht-Technologieoffenheit zeigte, dass sich der Wirtschaftsminister handwerklich verrannt und dies auch medienwirksam eingestanden hat. Auch wenn er in der Sache recht hatte. Denn das Gebäudeenergiegesetz ist kein neues Gesetz, es wurde nur novelliert und steckte schon bisher voller Details. Zum großen Wurf des Entschlackens fehlte allerdings die politische Mehrheit in Berlin, so wie schon seit vielen Jahren – eben seit der Verabschiedung des EEG. – Berthold Hanfstein

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer hat hier das Gewichtsproblem?“ von Martin Spiewak

 

Es gibt zahlreiche Gründe für Übergewicht. Man könnte sie in rund 10 Rubriken einteilen. Und dann genau analysieren. Die Zeit nehmen sich Ärzte aber nicht, die wollen schnell irgendwas verordnen. Die Zeit nehmen sich die Abnehm-Verkäufer nicht, die wollen schnell Geld verdienen. Die Zeit nimmt sich die Gesellschaft nicht, die will schnell kritisieren. Würde man sich die Zeit aber nehmen, könnte man – unter Berücksichtigung aller persönlichen Aspekte – DAS „Normalgewicht“ dieser „einen“ Person finden. Nämlich ein Gewicht, dass seinen gegebenen und aktuellen Voraussetzungen entspricht. Das könnte zu einer allseitigen Akzeptanz führen. Danach könnte man schauen, ob man von der eigenen aktuellen Norm, die im Zweifel und nicht ohne Grund viel Gewicht hat, wie abweichen kann oder es so lassen. Weil es eben der Zeit entspricht. Ansonsten hilft auch logisches Denken. Denn, wenn 60% der erwachsenen Deutschen übergewichtig sind, ist Übergewicht längst das sogenannte Normalgewicht. Damit weichen die anderen 40%, die mit ihren Problemstellchen auch nicht alle gertenschlank sind, aber dennoch durch die irrwitzige BMI-Schablone kommen, vom „Normalgewicht“ ab. Es ergibt sich also das Paradox, dass eine Minderheit die Mehrheit diskriminiert. Nun, es ist nicht neu, dass man aus Angst vor etwas, dass man nicht haben will oder gar schon bei sich selbst wahrnimmt, andere diffamiert. Oder andere Defizite hat, die anregen, sich mit etwas zu brüsten, wo man anderen vermeintlich überlegen ist. Das kann man psychologisch verstehen, bleibt aber schändlich. Die Schändlichkeit sollte dann beim Verursacher Scham auslösen, nicht beim Diskriminierten. Das läuft hier falsch. – Torsten Weyers

 

Ich bin sehr erfreut, dass Sie das Thema von Übergewicht und der Diskrimination, die die Betroffen oft erfahren, aufnehmen. Enttäuscht bin ich allerdings, dass der Einfluss von Emotionen auf Gewicht und Gewichtsverlust überhaupt nicht als Ausgangspunkt für eine Verbesserung der Situation angesprochen wird. Stattdessen wiederum die fehlende Willenskraft im Mittelpunkt oder die Flucht in ein Medikament. Nachhaltiges Abnehmen geht aber schlichtweg nicht durch Willenskraft. Es gibt mittlerweile sehr viel Forschung darüber, wie unsere Gedanken und Glaubenssätze über unseren Körper physische Effekte haben. Was mir immer wieder bei Menschen begegnet, die Gewicht verlieren wollen: zum Beispiel die Angst eigene Ängste zu zulassen, die Angst mit den Emotionen nicht umgehen zu können, die Angst was dann passiert, wenn das Abnehmen gelingen könnte. Dann reagiert der Körper unbewusst: Das Essen fungiert als Beruhigungsmittel, unangenehme Emotionen können mit Essen niedergedrückt werden, oder Selbstsabotage der Abnehmerfolge, weil als dünne Frau ist man wieder sexistischen Bemerkungen und Avancen ausgesetzt, die man nicht abwehren kann und die schmerzhaft sind. Ganz tief geht die emotionale Belastung, wenn auch Trauma aus der Vergangenheit im Spiel sind. Gewichtsreduktion klappt nachhaltig, wenn die Betroffen lernen ihre eigene Kraft zu spüren, sich selbst zu akzeptieren, Grenzen setzen zu können, kurz: wenn sie sich sicher genug fühlen, destruktive Muster loszulassen und die eigene Verletzlichkeit zulassen können. In meinen Coachings können meine Klienten ganz einfache Techniken lernen, die sie selbst anwenden können um Stress abzubauen und mit ihren Emotionen umzugehen, nicht nur um Gewicht zu reduzieren, sondern ganz generell. Wenn man jedoch Gewicht reduzieren will, dann ist es zielführend zuerst mit den Emotionen zu beginnen, denn diese beeinflussen den Hormonhaushalt. Und erst dann kommen Veränderungen im Life-Style wie eine Anpassung der Essgewohnheiten und Bewegung in Spiel. Spritzen braucht es da erst einmal keine. – Ursula König 

 

Das Medikament Ozempic kostet nicht 80€ im Monat. Eine (wöchentliche)Spritze kostet ca. 100€ . – Markus Sauerwald

 

Auch angesichts der ohne den geringsten Zweifel berechtigten Abwehr von Diskriminierung muss dennoch die Gültigkeit der Grundregeln der Physik anerkannt werden. Bei konsequent negativer Kalorienbilanz nimmt jeder Mensch ab, egal wie seine genetische oder psychische Ausstattung aussieht. Insofern ist das Abnehmen letztlich ausschließlich eine Frage der Disziplin. Die wissenschaftlich vor allem interessante Fragestellung ist, warum vielen Menschen diese Disziplin so schwer fällt. Und da werden die gesellschaftlichen Themenkreise Trauma, Stress, Angst, Impulsivität, toxische Werbung, ungesunde Nahrungsmittel u.ä. sträflich vernachlässigt. Stattdessen wird wieder einmal das groteske Märchen vom Vater erzählt, der „fast nichts“ gegessen hat und trotzdem nicht abnahm. Solange wir uns, auch angesichts des verbreiteten Hungers in der Welt, nicht mit den systemischen Obszönitäten unserer spätkapitalistischen Gesellschaften beschäftigen, werden wir der Adipositas-Epidemie nicht gerecht. Die traurigen Pseudo-Lösungen sind dann die aktivistische Normalisierung der Pathologie oder die Suche nach einem passenden Medikament. – Rainer Böhm

 

Im Untertiteltext der Titelzeile von Martin Spiewak ist zu lesen: „Menschen mit Übergewicht werden vielfach diskriminiert. Aktivisten wollen ihnen neues Selbstbewusstsein verleihen. Doch es bleibt die Frage nach der Gesundheit.“ Fettheit oder Verfettung (medizinisch benannt: Adipositas) jedoch im Gegenbild von/zum Altgewordensein: ist eine austauschbare oder vertauschbare Lebensanteiligkeit, die letztlich persönlich im verfetteten Zustand nichts anderes dokumentiert, als dass diejenige betroffene Person (im Lebensfrust und anderen Depressionen?) durch einen übermäßigen Lust-Frust – Zwang aufs Essen: dann der Fresssucht verfällt und nur noch (schaufelnd) in sich hineinfrißt… Man muss das so drastisch verdeutlichen – denn die erweiterbare Lüge von den „Stoffwechselstörungen“, ist wiederum auch nur eine allgegenwärtige Ausrede – um sich vor den Mitmenschen so „fett, scheinbar unverschuldet“ sprachtarnend „krankheitlich?“ darzustellen! Im ZEIT-Text wird nachlesbar: „Tatsächlich werden übergewichtige Menschen oft ausgerechnet dort diskriminiert, wo sie geschützt sein sollten: in der eigenen Familie und beim Arzt. Studien zeigen, dass Ärzte stark übergewichtigen Patienten tendenziell für willensschwach und unkontrolliert halten, im Schnitt nehmen sie sich weniger Zeit für sie. Und da die Gewichtsprobleme bei jeder Untersuchung im Vordergrund stehen, werden Krankheiten wie Krebs öfter übersehen.“ Und desweiteren: „60 Prozent der erwachsenen Deutschen gelten als übergewichtig, rund 20 Prozent als adipös, ihr BMI liegt bei über 30. Während sich die Zahl der Übergewichtigen insgesamt stabilisiert hat, werden die adipösen Männer und Frauen stetig mehr. „Wir erleben eine Epidemie“, sagt Mathias Bühler. Der Mediziner sitzt im Vorstand der Deutschen Adipositas-Gesellschaft…“ Wow: Das haut rein! Dennoch – bitte sehr: ich wollte nochmals auf die Altersdiskriminierung zu schreiben kommen… – sollten wir Alten denn etwa eine Gesetzteseingebung gegen diese Diskriminierungen der wesentlich Zeitjüngeren einbringen lassen? Vollkommen zeitantizyklisch sinnlos; klar doch gehören WIR alsbald auf den Müll des Zeitverbrauchs! Aber nett wäre es doch, sich bei den zufälligen (?) Alten-Gegenüber-Besichtigungen daran zu erinnern, dass es einen ebenso „demnächst“ erwischen wird – Time waits for no one (u.A.: ein Song von den „Rolling Stones und Freddie Mercury). Aber genau dieses „junge“ Besichtigen der Alten bringt ja den optischen Verdruss – erkennen zu müssen: dass man unweigerlich auch (im Zeitraffer ruinös) dran sein wird! Nur, wen die Götter lieben – den lassen sie jung sterben?

Nunmehr wieder zurück zu den Überdicken und Fetten und zur sozialen Frage kommend: DIE ZEIT vermerkt in ihrem Text durch Martin Spiewak: „Als Faustformel gilt: je ärmer und je weniger gebildet, desto schwerer. 80 Prozent der Männer der unteren Bildungsklasse zwischen 45 und 65 gelten als (stark) übergewichtig. Reiche Menschen dagegen sind meist schlank, berühmte Menschen ohnehin. Und wenn Promis durch größere Umfänge hervorstechen, nehmen sie oft öffentlichkeitswirksam wieder ab, wie die Sängerin Adele oder der SPD-Politiker Sigmar Gabriel.“ Doch bleiben wir z.B. bei den beliebten „Wildecker Herzbuben“ mit ihrem Volks-Hit „Schatzilein…“ – hier wird doch mit dem nett getarnten verfetteten Äußeren im Trachtengewand zur tönelnden Harmonie plus völkischem Mitschunkeln, dem Publikum vorgetäuscht: dass Romantik und Idylle sozusagen per Hausmusik ins wohnliche Heim „maßgeschneidert in der Masse an Fett“ die heile Welt vorgaukeln… Sollte man diese Fettklöße dann nackt sehen müssen, wäre doch sofort „Schluss mit Lustig“ – und zudem würde das Schatzilein umgehend Reißaus nehmen beim ersten Überblick zu diesen Fleischbergen, wobei auch mit dem Jodeln des Herzbuben die Flucht nicht mehr aufzuhalten sein könnte! Eine unpornographische Zusatzfrage: Wie machen die Fetten eigentlich Liebe – wie kommt sexuell ineinander zusammen, was geschlechtlich zusammenkommen will! Der RvM kann sich das überhaupt nicht vorstellen – wie dies anatomisch machbar sein könnte bei all den Fettbarrieren…

Der Leserbriefschreiber möchte sich ganz bewusst hierbei so ungeniert in diesem Leserbrief benehmen, um ein deutliches unverzerrtes Spiegelbild der Bespiegelungen darzustellen – und hierzu dann auch weitere wesentliche Textanteile von Martin Spiewak anführen: „Für das Selbstwertgefühl hat das Folgen. Dicksein, das haben Studien ergeben, bestimmt die Identität stärker als das Geschlecht oder das Alter. Ob Essen oder Kleidung, Freundschaften oder Sexualität – überall spielt es eine Rolle. Da wundert es kaum, dass eine Gruppe besonders starke Stereotype gegenüber dicken Menschen pflegt: dicke Menschen selbst.“ Wir Menschen haben den Verstand und die Vernunft, uns selbstbeobachtend auch bezüglich des immer fetter werdenden eigenen Übergewichts (allmählich) zu disziplinieren und dann eben weniger zu essen und zu fressen… Der RvM hatte mit 180 cm Körperlänge und einem durchschnittlichen Gewicht von 75 Kilo auch in einem Zeitraum von knapp einem Jahr dann mal 92 Kilogramm auf die Waage gebracht – und in diesem Zeitrahmen genau bemerkt, wie ihm oft die Puste beim Treppensteigen, der insgesamte Bewegungsablauf schwerer fiel, auch das gesundheitliche Wohlbefinden nachließ sowie die innere Stabilität anteilig verloren ging… Ganz konkret: das Fressen und Saufen (von vorwiegend Bier) war zur eigentlichen unkontrollierten Sucht geworden und hinzu kam die Verdrängung – vor allem auch die Widersprüchlichkeit im eigenen Bedenken und der Ausrede: Ab dem Neuen Jahr werde ich dann wieder abnehmen und auch damit meinen Bierkonsum sehr einschränken! Und das tat ich sehr streng dann ganz bewusst – weil ich meine eigene Fettheit nicht mehr er/tragen wollte – somit damals her mit der Diszipliniertheit und sich persönlich einen ganz einfachen Plan vorzeigend: Ich habe auf meinem imaginären Tischchen mir vorgestellt, was ich tagsüber dort draufstelle und dann auch essen „darf“ und will… Und es hat funktioniert – das Gewicht purzelte rhythmisch „ganz normal“ auf mein mich wohlfühlendes Normalgewicht von 75 Kilo bis zum heutigen Tag mit meinen 74 Jahren!

Natalie Rosenke sitzt sehr schattig (optisch getarnt) doch heftig beleibt (auf dem ZEIT-Photo) im Berliner Tiergarten zu dem Beitext in dem Artikel: „Die Aktivistin kämpft für eine Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes.“ Und desweiteren ist dann zu lesen: „Die große Lüge vom Übergewicht: – Ein Normalgewicht gibt es nicht. Dicksein ist kein Problem, sondern wird von Medizin und Gesellschaft zu einem gemacht. Man kann mit jedem Körperumfang gesund leben. So lautet das Credo des Dickenaktivismus. Es ist sogar eine eigene wissenschaftliche Disziplin daraus entstanden: die Fat Studies.“ Mal Hand aufs (auch) verfettete Herz – alleine schon diese Tarnungen mit der zeltartigen Verkleidung (und der selbsttäuschenden Wort – Verzärtelung: Mighty Queen), deuten doch eindeutig darauf hin, dass hier das Fettsein versteckt werden soll – und vor allem das verfettete Gewatschele zum unnatürlichen Vorwärtsbewegen: das macht mich als den Betrachtenden (im Vorübergehen) sehr mitfühlend und traurig; zudem in der Erkenntnis: dass es sich hierbei um eine Fresssucht dieses Menschen handelt, die verändert werden könnte und kann… Wenn die Krankenkassen diese dicken und fetten Menschen höher zur Kasse mit Selbstbeteiligungen, auffordern würden – könnte sich sehr bald die Verfettung eines Großteils der Gesellschaft rapide verändern… Letztendlich zahlt die Allgemeinheit die Folgekosten dieser ungesunden Lebensunart – und der RvM-Leserbriefschreiber sieht nicht ein, dass für ein Sich-Fettfressen: die Gesellschaft insgesamt diese negativen Auswirkungen zu bezahlen habe!

Um aber diesen dicken und fetten Menschen vor Augen zu halten, was sich in der Menschenwelt auf diesem Planeten tragisch abspielt, dort wo Hunger gelitten und verhungernd gestorben wird – denjenigen möge diese Aufzählung doch sehr zu denken geben: „800 Millionen Menschen kämpfen gegen den Hungerstod. Zwei Milliarden Menschen leiden an Mangelernährungen. Jährlich verhungern 9 Millionen Menschen – zumeist Kinder. Wer dieses Elend sich vergegenwärtigt, und dennoch weiterhin in sich hineinfrisst, dick und fett wird und dies bleibt – sich auch noch damit herauswindet, dass er ja seelisch krank sei, die Depressionen dies ihm auferzwingen und zudem das Problem mit den Stoffwechselstörungen und anderer angefressener Folgeerscheinungen: der/die sollte sich schämen im Angesicht der Hungersnöte und Verhungerungen in unserer anteiligen Menschenwelt. Um noch eine Begebenheit loszuwerden: Ein Bettler klingelt an der Haustür einer Villa in Deutschland – an die Tür kommt ein fetter, schwitzender älterer Mann, der barsch fragt: „Was wollen Sie von mir?“ Der Bettler antwortet: „Ich habe heute noch nichts gegessen!“ Woraufhin der fette, schwitzende Mann aufgebracht ihm zuruft: „Ja seien Sie doch froh, dass Sie heute noch nichts gegessen haben und so schön schlank sind! Schauen Sie mich doch an, wie ich als verfetteter, schwitzender Mensch als Wrack vor Ihnen stehe. Sie können doch geradezu dankbar sein: dass Sie mit diesem schlanken Äußeren sich so darstellen!“ Und zu fiel die Tür der Villa!“ Es gibt für einen Menschen keine moralische Pflicht zur Selbstzerstörung und es gibt auch kein verfressenes Menschenrecht auf adipöse Verhaltensstrukturen. Der antike Philosoph Epikur brachte es auf einen Nenner: Wer sich dick und fett frisst, hat den Verstand und die Vernunft verloren!“ – Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 

In diesem Artikel sprechen Sie ein wichtiges Thema an: Die Stigmatisierung übergewichtiger Menschen. Leider raubt sich der Artikel seine eigene Glaubwürdigkeit, in dem er die, man muss es so sagen, steile These eines wissenschaftlichen Mitarbeiters ohne naturwissenschaftlicher Ausbildung unkritisch präsentiert, dass vorallem die gesellschaftliche Benachteiligung übergewichtige Menschen krank werden lässt. Auch die These des Arztes Matthias Blüher, dass jeder Mensch ein bestimmtes, vordefiniertes Gewicht hat, wird einfach so dahingestellt, ohne Beweise jenseits von Anekdoten zu nennen. Wie soll das überhaupt funktionieren, über unsere Gene?! Wenn es so einen „Setpoint“ in jedem Menschen gibt, warum ist dann Übergewicht ein relativ neues Phänomen, das erst seit einigen Jahrzehnten in großem Maßstab auftritt? Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich zwar mein Körpergewicht um gewisse „Setpoints“ fluktuiert, die aber davon abhängen, was ich esse und wie ich lebe. Esse ich verarbeitete Produkte, Tierprodukte und fettreich und treibe keinen Sport, fluktuiert mein Gewicht um die 103 kg. Esse ich aber vor allem unverarbeitete pflanzliche Produkte und wenig Fett, fluktuiert mein Gewicht um die 89 kg. Ein gesundes Gewicht, mit meinen 1,89m. Solche Thesen wie die oben genannten zu verbreiten schafft zwar Komfort, und vielleicht neue Leser („Ach, das ist ja nett, die schreiben genau das, was ich hören will: Das man eh nichts machen kann“), lädt aber zu gefährlicher Motivationslosigkeit ein. Insbesondere, da Sie auf der gleichen Seite ein Medikament anpreisen, das über die Jahre hinweg tausende Euros kostet, anstatt was wirklich hilft: So zu Leben, wie es die Menschen getan haben, bevor wir alle dick wurden: Vor Allem vollwertig und pflanzlich essen und viel Bewegung. Hierfür gibt es auch eine breit gefächerte wissenschaftliche Evidenz. Ein Blick in das non-profit Buch „How not to Diet“ von Dr. Greger mit über 4000 geprüften wiss. Quellen lohnt sich als Start. – Lukas Stock

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Der Rächer“ von Michael Thumann

 

„Hier Eriwan. Schön, dass Du anrufst, Michael. Alles bestens – oder? „Schon mal besser, Eriwan. Wäre gerne wieder wie früher Bi. Täte meinem Gemüt besser, mehr über die schönen Seiten Moskaus zu berichten. Aber mein Brötchengeber verlangt für die Leserschaft Horror, seit er sich im Bandenkrieg – du weißt schon: Auf die Seite der Klein-Kleckersdorfer geschlagen hat in der Absicht, den Groß-Pusemucklern Ein für alle Mal ihre Begehrlichkeiten auszutreiben“. „Du Armer! Schon unsere Altvorderen wussten: Es gibt Zeiten des Friedens und des Streitens. Zu Beidem gehören immer mindestens Zwei. Hoffentlich verfliegt bei Unsereins der Rausch so schnell, wie er gekommen ist, näher an die große Welt heranzurücken. Sitzen wir doch auch jetzt hinter unseren sieben Bergen bei grusinischem Wein in trauter Runde beisammen und warten auf den Sendeschluss. Auch dein Arbeitseifer in allen Ehren, Michael: An unserem Segen soll schon lange nicht mehr die Welt genesen!“ „Eriwan, wie gerne würde ich mich zu euch beamen! Ciao, mach´s gut!“ „Dito, Michael, mach´s besser! Und grüß´ mir die Streitrösser um Jochen und Kai Diekmann!“ Liebe Leserbrief-Redaktion! Das ist doch mal eine andere Art von mir, die Dinge, wie sie sind, pragmatischer anzugehen… – Andreas Weng

 

Man bucht sich einfach eine private Söldnerarmee, handelt den Preis aus und los geht´s. Gesagt und Wladimir Putin hat es auch getan; dass dann doch dabei dies und auch das etwas aus dem Ruder laufen könnte, das stand vermutlich, so nicht im Kleingedruckten geschrieben. „Lustig ist das Söldnerleben, faria, faria, ho, brauch´n dem Zaren nur Zins zu geben, faria, faria, ho.“ Ganz frei nach dem Lied: „Lustig ist das Zigeunerleben“, aber da bin ich wohl schon voll ins nächste Fettnäpfchen getappt! – Klaus P. Jaworek

 

Was Michael Thumann da schreibt ist in der Tat schwer erträglich. Der noch brutalere Kriegsverbrecher Prigoschin meutert gegen den noch größeren Kriegsverbrecher Putin und bringt das größte Land der Welt mit vielen Atomwaffen , das seit 11/2 Jahren einen brutalen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, an den Rand eines Bürgerkrieges. Die Propagandamaschine Putins zeigt ein Szenario auf, das einem tatsächlich das Blut gefrieren lässt. Der Westen und die NATO hat mit dem Szenario innerhalb Russlands nicht direkt etwas zu tun. Die daraus entstandene chaotische Fragilität Russlands bedroht uns allerdings alle und ist auch eine Folge des russischen Angriffskrieges in dem der Westen die Eskalation durch immer Waffenlieferungen befördert. Welches Interesse sollte Putin haben, den Krieg zu beenden, wenn er sich danach in Den Haag wiederfindet? Und wer soll bitte die Nachfolge von Putin antreten? Selbst unsere Waffenhelden sagen, dass es eine funktionierende liberale Opposition in Russland nicht gibt.

Am Ende wird die Ukraine möglicherweise weitgehend zerstört und in großen Teilen unbewohnbar sein, da es zudem im größten Atomkraftwerk Europas eine Kernschmelze geben könnte. Der Löschteich führt jetzt schon kaum noch Wasser und vermint ist er anscheinend auch noch. Der Fallout würde auch die umliegenden Staaten auf unabsehbare Zeit schwer schädigen. Es könnte noch viel schlimmer kommen, wenn man den Ausführungen von Dmitri Trenin glaubt. Schöne Aussichten! -Aber Hauptsache die territoriale Integrität wurde vollständig wieder hergestellt. In einer verstrahlten, zerstörten und verminten Ukraine lässt es sich bestimmt prima frei und demokratisch leben. Und Europa kann der Ukraine bestens beistehen, wenn es zuerst durch Atombomben zerstört wurde. – Was hat der Westen und die internationale Gemeinschaft bisher getan um den Konflikt vor dem Krieg und während des Krieges zu deeskalieren? Und was tut der Westen jetzt, außer immer mehr Waffen zu liefern die die Eskalation weiterhin befördert . Deeskalation ist die einzige Chance zu überleben. Möglicherweise nicht nur für die Ukraine.Petra Harink

 

Ja, Michael Thumann hat recht: Russland destabilisieren – das erledigt Putin selbst. Ironie der vermeintlichen Allmacht in seiner Willkürherrschaft: Putin ist sich selbst schutzlos ausgeliefert. Er müsste mächtiger sein als er selber, um sich vor sich selbst schützen zu können. Tatsächlich lebt er in großer Abhängigkeit und ist dabei nur noch von Lakaien und Feinden umgeben (u.a. von einstigen Freunden wie Prigoschin). Die Lakaien werden noch mehr lügen, um die Fassade als stabil erscheinen zu lassen. Paradox: Um das eigene Überleben zu sichern, kokettieren einige sogar mit dem Weltuntergang. In der Einsicht, dass es dann kein Überleben geben würde, werden andere zu Feinden mutieren (wahrscheinlich professionell weiterlügend). In dieser Unübersichtlichkeit müssten eigentlich Zweifel entstehen. Zweifel dürfen allerdings nicht sein. Auch die eigenen Zweifel darf Putin nicht zulassen. Denn Zweifeln ist menschlich. Also basteln Putin, seine Propagandisten und Anhänger weiter an dem fürchterlichen Blendwerk. Fatal: Ein Notausgang in die Realität ist in dieser fragilen Kulisse nicht eingebaut. Das macht es so gefährlich. Bleibt zu hoffen, dass Putin an sich selbst scheitert, ohne es vorher zu merken. – Reinhard Koine 

 

Die Fassade des Systems, das vom lupenreinen Diktateur Putin errichtet wurde, zeigt Risse. Er ist sichtbar für jeden Beobachter angeschlagen. Vermutlich wird er mit Täuschungen und weiteren Repressionen reagieren. Schon bisher reichte es aus über ihn Witze in Umlauf zu bringen oder einen Zettel mit kritischem Inhalt hochzuhalten um hinter Gittern zu landen. Trotzdem steht die Mehrheit der Bevölkerung hinter ihm und seiner Politik. Wir im Westeuropa dürfen allerdings nicht in unfruchtbaren Pessimismus verharren. Die Diktatoren kommen und gehen. Das russische Volk bleibt. Es wird auch unsere Aufgabe in der Zukunft sein Brücken zu bauen. Der französische Staatschef Charles de Gaulle sprach einst von einem Europa, „das vom Atlantik bis zum Ural reicht“. Später ergänzte der sowjetische Präsident Gorbatschow diesen Gedanken als er die Zugehörigkeit Russlands „zum großgemeinsamen europäischen Haus“ proklamierte. Willy Brandt hinterließ uns die historische Aufgabe Europa ein Ziel zu setzen, der russischen Bevölkerung das Feindbild zu nehmen. Seine Doppelbegründung: notwendig ist dazu Verteidigungsbereitschaft und Entspannung. – Hans Wallow 

 


 

 

Leserbriefe zu „DAS SALZ IN DER ODER“ von Kai Biermann et.al.

 

Die Zeit schickt 6 Leute auf Recherchetour, um Ratzdorf, zwischen Guben und Neuzelle gelegen, in Sachsen zu verorten. Immerhin hatte Sachsen zu Zeiten des Rheinbundes ein winziges Stück Oder als Grenzfluss. Das ist nun aber schon eine ganze Weile her, liebe Redaktion ! Ich hege die Hoffnung, dass der „Rest“ der Recherche stimmt. …und wieso ist Lemke für die Oder, zumindest den Nationalparkteil nicht zuständig ? – Michael Kluge

 

Wunderschön zeigt sich die gegenseitige negative Verstärkung multikausaler Krisen. Der Krieg verstärkt die Wirkung der Klimakatastrophe, verhindert die Suche nach Lösungen und verschärft die Energieknappheit. Ganze Ökosysteme sterben und weitere Dominoeffekte sind nicht auszuschließen. Obwohl iIr Artikel Ursachen und Wirkung offenlegt, fühlen wir Leser*innen uns nicht zuständig, und darum auch nicht die Politiker*innen, ausgenommen die machtlose Frau Lemke. Wir stellen unsere CO2-emittierenden Interessen über die der Oder. Der wahre Grund für unser und das Desinteresse der Politiker*innen ist doch unser Wunsch nach einem immer weiter, schneller und luxuriöser. Es ist uns egal, woher der Strom für unsere SUVs, Konsumgüter oder Wohnungen kommt und dass unsere Autos, Häuser, Urlaube und Energieverbrauch immer größer werden. Wir empfinden dies als alternativlos. Die Natur muss sich dem beugen. Unsere gleichgültige Haltung speist sich aus den Echokammern der Medien. Die journalistischen Inhalte werden durch die menschgemachte Klima-Naturkatastrophen immer härter, erschreckender und abstoßender, wie es z.B. in Ihrem Artikel dargestellt wird. Aber immer noch werden diese journalistischen Inhalte konsequent und zuverlässig relativiert und weichgespült durch die Masse an flankierender klimaschädlichster Werbung. Autos werden vorzugsweise in eisig blauen oder grauen Tönen, mit Abstand zur Natur, in baumlosen urbanen Settings oder gleich, wie vorzugsweise Mercedes und BMW in einer gläsernen, vollständig „denaturierten“ Kunstlandschaft präsentiert. Die Vergrößerung der eigenen Reichweite, gesellschaftlichen Status und physischen „Personal Space“ (erweitert die Komfortzone) wird glorifiziert. Gleiches stellt die Reisewerbung mit ihren Angeboten in Aussicht. Je weiter und bizarrer, je luxuriöser, desto mehr „Erleben“. Und selbst Baumarktketten suggerieren: „Dir lieber Kunde steht das billigste zu, Du musst an gar nichts denken außer an deinen eigenen Vorteil!“ Und so wie die Werbenden versuchen, sich im Großen einander konkurrierend zu übertreffen, so versuchen wir Konsument das im Kleinen.

Dem die Natur zerstörenden Bann der niemals endende von den Medien getragenen Propaganda kann sich niemand entziehen. Gerade weil das Erschreckendste mit unseren trivialsten Instinkten kombiniert wird, die geschaltete Werbung perfekt auf die jeweilige Zielgruppe des Mediums zugeschnitten ist, entfaltet es seine die Bedürfnisse der Gesellschaft verändernde Wirkung. Was das SUV und die Kreuzfahrt für Zeit Leser*innen, sind Billigfleisch und Ramschware aus Übersee für den Boulevard. Nach dem Lesen von Katastrophe Nachrichten wie der Ihren denken Leser*innen zuverlässig: „Aber dieses SUV, diese Kreuzfahrt, diesen Konsum darf, muss und will ich mir noch gönnen, die Kohle muss doch abgebaut und der Strom für mein SUV geliefert werden.“ Und wer eine Kreuzfahrt in die Antarktis unternimmt, der kann genauso gut sein Haus 4 Jahre lang mit Steinkohle heizen. Laut Paul Watzlawicks Axiom kann niemand nicht kommunizieren, denn auch überhaupt nicht kommunizieren hat kommunikativ vielleicht sogar den größten Effekt. Jede*r kennt die kommunikative Kraft des eisigen Schweigens nach einem Streit. In ein ebenso eisiges Schweigen verfallen die Medien, wenn es um Ihren Anteil an der Klimakatastrophe geht. Kein einziger Verlag, keine einzige Sendeanstalt nimmt öffentlich Stellung zum obigen Konflikt oder diskutiert darüber ob es nicht an der „Zeit“ wäre Werbung für SUVs, Kreuzfahrten, Luxus Fernreisen und andere sehr CO2 emittierende, Ressourcen unnötig vernichtende Produkte zu verbieten. Ist es der Hang der Redaktionen, sich selbst nicht einschränken zu wollen oder die gefühlte finanzielle Abhängigkeit von den zusätzlich generierten Einnahmen? Wie sollen Bürger darauf kommen selbst etwas beizutragen, selbst ihre eigenen relativ kleinen klimaschädlichen Konsum-Bedürfnis-Teufelskreise zu durchbrechen und aktiv sich für den Schutz der Natur einzusetzen und dann auch politisch darauf zu dringen, wenn die Verlagshäuser, die Intelligenzia in den Redaktionen und Sendeanstalten eisig und unerbittlich wissend um den Schaden für uns und unsere Kinder am: „Nicht nachdenken, nichts ändern, nicht verantwortlich fühlen, neutral bleiben, unpolitisch bleiben“ festhalten? Meine größte Bitte wäre es jedoch, wenn Sie den Mumm, die Vision und das Verantwortungsgefühl hätten ähnlich wie der Stern damals bei der Veröffentlichung des Titels: „Wir haben Abgetrieben“. Er ist noch immer legendär und unbestritten in seiner Wirkmächtigkeit für die Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Bezüglich der erdgeschichtlich größten Katastrophe wäre nichts minder nötig! Sie sind die ZEIT, Sie können das! – Klaus Siersch

 

Bei aller Liebe und jetzt mal ganz im Ernst. Es kann doch nicht sein, dass Bergwerke ihre Abwässer ganz bewusst in ihre natürlichen Flüsse ableiten. Da müssen doch bei jedem Menschen, der ansatzweise ein wenig Grips im Köpfchen hat, die Alarmglocken losgehen. Die Bergbauindustrie nimmt bewusst in Kauf, dass für ihre Produktion, Flüsse einer enormen Umweltverschmutzung ausgeliefert werden und ein massenhaftes Fischsterben entsteht. Ganz selbstredend kann man hier von einem Ökozid sprechen. Das Wasser hat bereits eine dunklere Farbe als eine Flasch Coca-Cola angenommen, trotzdem geht die Verpestung weiter. Das ist höchst unverständlich und lässt mich nur mit dem Kopf schütteln. Insbesondere wie unsere Bundesregierung dazu noch eher Konfliktvermeidung betreibt, sich sträubt, die Dinge beim Namen zu nennen, nur um den polnischen Nachbarn nicht zu düpieren, ist verantwortungslos. Da kann die polnische Regierung noch so davon sprechen, dass es sich dabei um innere Angelegenheiten handelt. Was für ein Quatsch. Die Oder fließt doch nicht nur durch Polen! Das ist eine ganz große Schweinerei. Anders kann ich es nicht formulieren. – Michael Ayten

 

Da ich mich mit der Oder und der Schifffahrt auf der Oder stark verbunden fühle, verfolge ich die Berichterstattung über Salzeinleitung, Goldalgen und Fischsterben mit größtem Interesse. Ihre Recherche „Das Salz in der Oder“ beeindruckt durch detaillierte und, soweit ich es beurteilen kann, präzise Analyse der industriellen und politischen Triebkräfte und Hintergründe. Umso irritierender empfinde ich den zweiten Absatz der zweiten Spalte, der einen Exkurs in Fragen von Gütertransportbedarf und Schifffahrt auf der Oder unternimmt, dessen Aussagen zur Sache jedoch in einem bemerkenswerten Ausmaß falsch, abwegig, irreführend sind und ein erforderliches Mindestmaß an ausgewogener Sachkenntnis vermissen lassen. So ist es nicht richtig, dass dem oberschlesischen Revier eine leistungsfähige Wasserstraße als Transportweg fehlte – unter gegebenen Randbedingungen verfügte die Oder sehr wohl über eine beträchtliches, wenn auch natürlich nicht mit dem Rhein gleichzusetzendes Transportpotential – um die Jahrhundertwende wurden z.B. einige Mio. t Kohle p.a. per Schiff nach Stettin und Berlin transportiert. Es ist absurd zu verkünden, die polnische Regierung wolle die Oder zu einer Art von polnischem Rhein umbauen. Wenn dann unvermittelt von Massengütern der Schwerindustrie auf Container umgeschaltet wird, so trifft es in der Tat zu, dass Güter in Übersee-Containern, z.B. zwischen Ostseehäfen Stettin/Swinemünde und Breslau, aber durchaus auch zwischen diesen Ostseehäfen und Berlin/Brandenburg, voraussichtlich von herausragender Bedeutung für die zukünftige Binnenschifffahrt auf den Oder-Wasserstraßen sein werden. Insoweit ist es verkehrswirtschaftlich geradezu zwingend, in Swinemünde ein Containerterminal zu errichten, um damit einen Direktanlauf großer Übersee-Dienste zu ermöglichen, wie es z.B. schon in Danzig und Klaipeda praktiziert wird. Ihr Unterton von „maximalem Umwelt-Frevel“ ist hier durchaus fehl am Platze, denn ein primäres verkehrspolitisches Ziel sollte auch in Polen Verkehrsverlagerung von der Straße auf das Wasser sein (wenn davon auszugehen ist, dass die Bahn allein auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein wird, dieses Entwicklungsziel zu erreichen).

Container sind auch deswegen naheliegend, weil sie, etwa im Vergleich zu Metallerzen, mit relativ geringen Ladetiefgängen auskommen. Ziel von Maßnahmen zur Ertüchtigung der Schiffbarkeit der Oder kann es realistischerweise nur sein, über einen möglichst großen Teil des Jahres Fahrrinnentiefen zu erreichen, die für zwei Lagen Container mit mittleren Containergewichten ausreichen. Eine Ausweitung der Stauregulierung von der oberen auf die mittlere Oder wäre hierbei sicherlich hilfreich. Wenn die Recherchen Ihrer Autoren es geschafft hätten, auf sehr interessante neue polnische Staustufenentwicklungen aufmerksam zu machen, mit denen bekannte Nachteile herkömmlicher Staustufen weitgehend vermieden werden, wäre dies eine starke journalistische Leistung gewesen. So aber bleibt mir nur, mich mit größtem Nachdruck gegen die These Ihrer Autoren zu wenden, Industrieförderung kollidiere mit Naturschutz. Binnenschiffer und auch Wasserbauer sind Naturfreunde – 300 Jahre Schifffahrt auf der Oder und 200 Jahre wasserbauliche Regulierung der Oder haben nachweislich nicht zu einer Beschädigung der Naturnähe der Oder geführt, und wenn jetzt Regulierungssysteme instandgesetzt und modernisiert werden, und wenn vorgeschlagene nachhaltige Fahrzeugkonzepte auf der Oder eingesetzt werden, wird dies auch in Zukunft nicht geschehen. Von journalistischer Seite sollte eine Herausforderung darin gesehen werden, über diese Entwicklungen kritisch-wohlwollend zu berichten. – Horst Linde

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Unvertrauten“ von Matthias Krupa

 

Franzosen sind ein romanisch geprägtes Volk mit lateinischem Sprachstamm. Schon diese Herkunft ist das Urgestein für rationales Denken. Atom gegen dreckige Kohle zu wechseln wie bei uns, übersteigt deren Horizont. In rationaler Abwägung erfolgen die Entscheidungen und nicht aus angstgetriebenen Emotionen wie hier zB bei der Endlagerfrage ( die vorher und auch bei Weiterbetrieb nicht gelöst wäre). Weitere Friktionen entstehen aus der Ambiguität der französischen Außenpolitik. Mehr Autonomie oder gar Äquidistanz zu Amerika schallt es aus Paris. Frankreich war bis zu den napoleonischen Kriegen die Führungsmacht auf dem Kontinent. Doch die USA haben das Land von Hitler befreit . Dankbarkeit ist keine valide Münze auf diplomatischem Parkett. Aber ohne deren Schutzschirm wäre Deutschland ein Spielball der Mächte. Deshalb ist es richtig, zuerst diese Flanke abzusichern, bevor Autonomiegelüste vordringen. Abgesehen davon, dass industrielle Kooperationen meist von erheblichen nationalen Ambitionen auf der anderen Rheinseite geprägt und oft belastet sind. Die Grande Nation eben ein eigenwilliger und doch inspirierenden Partner. – Christoph Schönberger

 

Erstaunlich, wie jeder Gedanke, jede Vorstellung ohne eine offene Debatte und Abwägung von Für und Wider abgetan werden. Unter Freunden sollte stets eine offene, sachliche Debatte und die Abwägung des Für und Wider stattfinden, bevor entschieden wird. – R. Reiger

 

Wirklich schade, dass der französische Staatspräsident Emmanuel Macron aufgrund von inneren Unruhen, die sich aktuell auf den Straßen französischer Großstädte abspielen, den Deutschlandbesuch absagen musste. Wie gerne hätte ich dem Staatsbesuch beigewohnt. Zu Recht wird hier die L’audace, die Kühnheit beschrieben, die in der Tat einen auffallenden Wesenszug seiner politischen Persönlichkeit ausmacht. Zuweilen schimmert sogar etwas vom großen Napoleon durch, wenn man mich fragt. Emmanuel Macron gehört zweifelsfrei zu den progressivsten Regierungschefs auf dem europäischen Kontinent. Mit seinem europäischen Idealismus bezirzt er die Menschen. Seine Grundsatzrede in Den Haag, wo er uns allen seinen Traum vom souveränen Europa näher vorstellte, war einfach grandios. – Michael Ayten

 

In der aktuellen Ausgabe No.28 vom 29.06.2023 im Politikteil Seite 10, berichtet ihr Autor Matthias Krupa, in dem Artikel „Die Unvertrauten“ darüber, dass Bundeskanzler Olaf Scholz mit Präsident Emmanuel Macron in Brandenburgs einzigem Sternerestaurant „Kochzimmer“ gemeinsam aßen. „Dieser hat sich unlängst mit einer Einladung nach Potsdam bedankt, man aß im Kochzimmer, Brandenburgs einzigem Sternerestaurant.“ Diese Aussage ist nicht korrekt und sollte richtiggestellt werden. Es gibt aktuell 2 Sternerestaurants im Land Brandenburg. In meiner Wahlheimat Werder an der Havel wurde 2021 das Restaurant „Alte Überfahrt“ mit einem roten und einem grünen Stern ausgezeichnet und weiterhin auf der Michelin Seite als Sternerestaurant geführt. Ich denke das motivierte und professionelle Team um Küchenchef Thomas Hübner und Restaurant Chef Patrick Schwatke würde sich über die Anerkennung Ihres Erfolges freuen. Vielleicht wäre ja auch ein kulinarischer Artikel über die neue Brandenburger Küche einen Artikel wert. – Daniel Göhler 

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Grabenkampf“ von Wolfgang Bauer

 

Es schmerzt mich zu lesen, dass das hier gezeigte orthodoxe Kreuz eines jungen Soldaten als Amulett bezeichnet wird. Ein Kreuz ist ein Glaubens – Trost – und Hoffnungszeichen! Man kann Soldaten in dieser bedrohlichen Lage nur von Herzen wünschen, es genauso zu empfinden. In einer der früheren Ausgabe schrieben Sie von Rosenkränzen und Kreuzen bei den Soldaten und das hoffe ich für Viele. – Ursula Borchert

 

Der Artikel über die Kämpfe in der Ukraine hat mich aufgewühlt. Die Erwähnung von Phosphor weckte ungute Erinnerungen. 1944 sprengte eine Luftmine während eines Angriffs die Tür zum Hühnerstall auf. Unsere Hühner fanden das toll und haben offensichtlich die Reste des nicht in Brand geratenen Phosphors aufgepickt. Sie taumelten nach dem Angriff durch die Gegend, einige waren schon tot. Hühner waren zu der Zeit ein echter Schatz und konnten nicht so einfach entsorgt werden. Unser pragmatischer Vater entschied, das könne ja noch nicht so lange her sein, und der Phosphor könne noch nicht viel Unheil in den Hühnerbäuchen angerichtet haben. Also: Allen sieben Hühnern die Köpfe ab, Innereien raus, Feuer unter dem großen Waschkessel machen und Hühnersuppe kochen. Unsere Nachbarn, deren Häuser noch lichterloh brannten, staunten nicht schlecht, als meine Mutter sie in all dem Chaos mit einem feinen Süppchen versorgen konnte. – Ulrike Dyhr

 

Hut ab – da haben zwei RedakteurInnen ihr Leben riskiert, um der Öffentlichkeit mit dieser erschütternden Reportage die brutale Wirklichkeit an der Front vor Augen zu führen. Selten wurde deutlicher, dass den Preis für die Erreichung der von den Entscheidungsträgern in ihren komfortablen und sicheren Regierungssitzen und Parlamentsgebäuden definierten Kriegsziele immer die Soldaten zahlen, die, eingesperrt in klaustrophobische Panzer oder eingebuddelt in elende Erdlöcher, selbst wenn sie das Inferno unverletzt überleben , für Ihr Leben dauerhaft gezeichnet sind. Man könnte diesen Krieg ganz schnell beenden: Setzt Putin , Selensky und andere Entscheidungsträger der am Krieg beteiligten Staaten in die Schützengräben und lasst sie diese alptraumhaften und menschenunwürdigen Erfahrungen der einfachen Frontsoldaten machen – ich bin sicher, noch in der ersten Frontnacht würde ein Waffenstillstand zustande kommen. – Manfred Hensler

 

„Sie graben sich ein, sie beschießen sich, sie töten sich – wegen ein paar Quadratmetern verbrannter Erde. Man liest diesen Text und denkt nur eines: Möge dieser Wahnsinn enden. Bitte!“ – Klaus Schrage

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Alles Fassade“ in Politik und Dossier

 

Die Titelseite der ZEIT mit dem Aufmacher „Alles Fassade“ ist ein erschreckendes Beispiel hetzerischer Meinungsmache, das man nicht unwidersprochen hinnehmen kann. Das Bild eines dämonisch dreinblickenden Putin – dessen Pupille durch einen Globus ersetzt wird – ein Streben nach Weltherrschaft insinuierend – in Kombination mit den Worten, dieser habe eh nichts zu bieten und der gleichzeitigen Ankündigung eines Berichtes aus ukrainischen Schützengräben ergibt eine üble, emotionalisierende Melange mit der Methode und auf dem Niveau von Streichers Nazipostille „Der Stürmer“, die einer seriösen Wochenzeitung unwürdig ist. Dämonisierung einer Kriegspartei und primitive Kriegsberichterstattung sind Propaganda und somit völlig ungeeignet für Debatten, die die Beendigung eines Krieges zum Ziel haben sollten. Diese geschichtsvergessene Titelseite der ZEIT ist eine Schande. – Martin Schütz

 

Das überarbeitete und verfremdete Gesicht Putins in Großformat und die Schlagwörter der Überschriften „Alles Fassade“ und „Der Rächer“ erinnern mich an den Stil der Bildzeitung und scheinen mir der journalistischen Qualität der ZEIT nicht würdig! – Walter Moritz

 

Ich lese die ZEIT seit meiner Studienzeit, als ich sie mir quasi vom Mund absparte. In den letzten Monaten hat sich die ZEIT aber von der differenzierten Berichterstattung, für die ich sie jahrzehntelang schätzte, immer mehr entfernt. Höhepunkt ist die Aufmachung der Ausgabe vom 29. Juni, die mit ihrer Darstellung Putins ein abstoßendes Beispiel für Propaganda auf niedrigstem Niveau darstellt. Eine derart manipulative, emotional aufgeheizte und einseitige Darstellung ist kontraproduktiv, nicht zuletzt mit Blick auf die Tatsache, dass der Krieg nur durch Verhandlungen beendet werden kann. Ich erwarte von einer seriösen Zeitung angesichts des Ukrainekrieges eine differenzierte Darstellung und nicht die Dämonisierung einer Seite bei gleichzeitiger positiver Überhöhung der anderen. Da die ZEIT stattdessen aber marktschreierische Polemik bietet, die einen zwangsläufig an gewisse Naziblätter erinnert, war die Ausgabe Nr. 28 für mich die letzte ZEIT. – Eva Schlenker

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Spritze zum Abnehmen“ von Sina Metz

 

Ich habe eine Verständnisfrage zu dem Artikel ‚Die Spritze zum Abnehmen‘. In Spalte 2 wird geschrieben, dass Pharmakonzerne an Kombinationen von GLP-1 Rezeptor – Antagonisten… forschen. Ist das korrekt, oder müsste es hier auch Agonist heißen. – Andreas Holzhöfer 

 

Ich denke im Artikel Die Spritze zum Abnehmen sollte das Wort 241 GLP-1-Rezeptor-Agonist sein. – Daniel Marten

 

In der ZEIT Nummer 28, Wissen, Gesundheit, Erklärung zur Spritze zum Abnehmen von Sina Metz hat sich in der zweiten Spalte ein kleiner Fehler eingeschlichen. Es ist vom GLP -1 -Rezeptor -Antagonisten die Rede. Es müsste aber Rezeptor Agonist heißen, da ja die beschriebene GLP-1 – Wirkung verstärkt werden soll. Ist vielleicht schon aufgefallen. – Henner Schultz

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Position: Bekämpft Populismus mit Bildung!“ von Jens Harbecke

 

Wir dürfen nicht vergessen, dass Bildung in der Grundschule anfängt und dort bereits vernachlässigt wird. Zu viele Grundschüler verlassen diese ohne ausreichende Kenntnisse und FÄHIGKEITEN im Rechnen, Lesen und Schreiben. In den sog. sozialen Medien werden diese Defizite durch „Bilder“ und fakenews ersetzt. Wer Sprache nicht lernt, lernt auch nicht Denken. Das ist der Boden der sog. Protestwähler und der Nichtwähler. In der nicht funktionierenden Grundschule wird leider der „Grundstein“ für diese fürchterliche Entwicklung gelegt. Und es wird nicht besser werden. – Harald Kirsch 

 

Wer oder was erkürt denn nun die Elite? Ist das eine Selbstzuschreibung? Dann sollte die Frage gestattet sein, ob diese Elite nicht ganz unten anzusiedeln wäre: Wissenschaft als Dienstleistung, wie Politik auch, neben der Verwaltung. Und damit auf einer Stufe mit allen anderen Dienstleistungen – wenn freilich auch anspruchsvoller. Doch z.B. hat der/die Handwerksmeister_in oder, metaphorisch, Straßenfeger_in, nicht auch eine anspruchsvolle Tätigkeit und muss sein/ihr Metier beherrschen und kann eben auch zur Elite gezählt werden? Die eigene Hervorhebung der Wichtigkeit der Tätigkeit, also ihre Bestimmung als „elitär“, schafft doch gerade das Problem: Abgehobenheit, mithin Unzugänglichkeit. Die dann eben aus diesem Grund von Möchtegern-Elitären – man will als soziales Wesen letztlich dazugehören, um in der Gruppe mit einem möglichst hohen Stand verbleiben und also ein gutes Leben führen zu können – als unzulänglich diffamiert wird. In nuce: Die Welt ist nicht dialektisch verfasst, sie wird dialektisch verfasst; sie ist Kultur, nicht Natur: Wer sich ‚unten‘ wähnt, schafft zugleich ein ‚oben‘ und vice versa. Allzu menschlich, dass dann ein/e Jede/r ‚oben‘ stehen will. Achtung und Ansehen sollte keine Frage der Bildung, sondern eine der Taten sein; also unabhängig vom formalen Bildungsgrad zugestanden werden können. Darin sehe ich den Mangel und die Quelle von Problemen. Zugespitzt: Bildung ist das dialektische Komplement zum Populismus. Und vice versa, freilich. – Volker Homann

 

„In den wissenschaftsbezogenen Fächern hingegen muss sich die Schule … darum bemühen, Wissenschaft nicht als eine Ansammlung etablierter Fakten und Theorien darzustellen, sondern als unfertiges und vorläufiges Projekt des Wissen-Schaffens. … [dieses Projekt] muss … mit stets neuen offenen Fragen und der Vorläufigkeit seiner Befunde leben.“ Ich habe das in der Schule anders gelernt. Und in Alltagsgesprächen über was auch immer wirkt der Satzanfang „da gibt es eine Studie, aus der geht hervor“ wie ein Totschlagargument. Wer seine persönliche Meinung durch wissenschaftliche Studien belegen kann, meint, bereits die allgültige Weisheit verkündet zu haben. Die Diskussion endet hier. Die Wissenschaftler selbst haben dazu eine Menge beigetragen. Zum Glück lese ich die Korrektur, wie sie in diesem Artikel betont wird, seit einiger Zeit häufiger. Vermutlich wird es lange dauern, bis sie Allgemeinwissen wird – wir Menschen mögen tendenziell keine Unsicherheiten. Die Pseudogewissheit, die wissenschaftliche Forschungsergebnisse bieten, dient vielen Menschen als Halt, den sie nicht so leicht aufgeben werden. Insofern müsste schon in der Schule auch der Umgang mit Ungewissheit und Unsicherheit erlernt und attraktiv gemacht werden und gleichzeitig danach gesucht werden, woran es in unserer Gesellschaft mangelt, dass die meisten Menschen sich derart auf Scheinsicherheiten stürzen und sich umgekehrt durch Ungewissheiten gleich massiv bedroht fühlen. – Sibylle Riffel

 


 

 

Leserbriefe zu „Bitte mehr Wut“ von Maxim Biller

 

Was ist „der richtige Zeitgeist“? Nur Maxim Biller scheint ihn zu kennen. Er wirkt jedenfalls fest und unerschütterlich in seiner Überzeugung. Zweifeln ist seine Sache nicht … Ob er das Glück gefunden hat in den entrückten Sphären seiner Selbstwahrnehmung? Übrigens gibt es von einem Schriftsteller, den Herr Biller so gar nicht schätzt, ein Theaterstück, das den Titel trägt: „Die große Wut des Philipp Hotz“. Der dort auftretende gleichnamige Protagonist ruft sich selbst darin die ganze Zeit in ständig zunehmender Verzweiflung zu: „Jetzt nur nicht die Wut verlieren!“ So sprach in den 1950ern Max Frisch. Aber das nur nebenbei. – Andreas Schäfer

 

Träfe es Maxim Biller, wäre es gar gemein, seiner o.g. Kolumne nichts weiter entgegenzuhalten als nur Robert Gernhardts Gedicht „Enzensbergers Exeget“? Womit ich gar nicht Enzensberger irgendwie posthum verteidigen will, das sei ferne! Sondern nur Robert Gernhardt – ebenfalls posthum – eine Bühne bereiten. – Karl Ulrich Würz

 

Wenn man wissen will, wie es um den Diskurs und die „Meinungsfreiheit“ in unserem Land gerade bestellt ist, braucht man nur diesen Text zu lesen. Der Autor demonstriert in Reinkultur, dass man nur „auf der richtigen Seite stehen“ muss, also im Besitz „der Wahrheit“ sein muss – und schon ordnet sich die Welt sehr übersichtlich in Gut und Schlecht, in Freund und Feind…. Auch wenn er es etwas plump noch einem Autoren-Kollegen (der ebenfalls politisch „richtig“ positioniert ist) zuschanzt – das Wort (SEIN Wort!) vom „Augiasstall ausmisten“ bezieht sich auf Menschen, deren Ansichten (in dem Fall zu Krieg und Frieden und Waffenlieferungen ) dem Verfasser so missfallen, dass er sie – das meint die Metapher – am liebsten „ausradieren“ würde – ja, gut demonstriert, Herr B.! Von da zum „Ratten und Schmeißfliegen“ oder gar zu Schlimmerem ist es wahrlich nur ein kleiner Schritt – so müssen also scheinbar „Intellektuelle“ heute auftreten, und auch noch Öl ins Feuer der Vergiftung eines freiheitlichen Diskurses zu gießen… Ein erbärmliches Zeugnis. Über die literarischen Qualitäten des Herrn B. hat sowohl die Fachwelt als auch das Publikum ja längst sein Urteil gefällt – warum gibt man dem Mann hier im Rahmen dieser „Glosse“ weiterhin ein Forum für seine im harmlosesten Fall banalen, im ernsteren wie hier destruktiven Ergüsse? Als Leser kann man nur immer wieder den Kopf schütteln. – Karl-Heinz Grau

 


 

 

Leserbriefe zu „WER IST DABEI?“ von Sebastian Dalkowski

 

Also, ich wäre schon gerne dabei, aber leider sind der Landkreis Hildesheim und Hilden nur alphabetisch benachbart. Ich wünsche Herrn Dolata, dass er noch möglichst viele bisher ungespielte Spiele in Gesellschaft ausprobieren kann. Schönes Hobby und nettes Porträt! – Thomas Manthey

 

Ich lese gerade die aktuelle Ausgabe der ZEIT, wie immer von hinten nach vorne und freue mich über den Artikel über Konrad Dolata. Ich wohne auch in Hilden und spiele auch sehr gerne. Sie dürfen gerne bei Interesse meine E-Mail-Adresse weitergeben. Oder dürfen es nur männliche Mitspieler sein? – Christiane Stein

 

Mein Mann und ich spielen selbst ganz viel und wohnen in Mettmann, einer Nachbarstadt von Hilden. Desweiteren engagieren wir uns im Förderverein der Stadtbibliothek Mettmann, richten dort u.a. regelmäßige Spielevormittage aus und sind stets auf der Suche nach begeisterten Spielern in der Umgebung. – Sabrina Koch

 


 

 

Leserbriefe zu „»Das Klima ist nicht an allem schuld«“. Gespräch mit Friederike Otto geführt von Fritz Habekuß und Stefan Schmitt

 

Die Atributsforschung belegt immer deutlicher die Zunahme tödlicher Klimakatastrophen. Trotzdem lädt Ihre Schlagzeile ein, das Gegenteil zu denken. Somit geht sie am Kern und an der Zukunft unserer Kinder vorbei. Unser westliches Denken dreht sich leider noch immer zu viel um: „Da geht noch was!“. Ihre Schlagzeile bestätigt diese Haltung. Viele überlesen dadurch leider die erschreckenden Fakten im Text. So zerstören wir immer mehr Lebensräume bei uns aber vor allem im globalen Süden. Trotz besseren Wissens, siehe UNO, EU und Päpstliche Enzyklika treiben wir es immer weiter auf die Spitze. Sehen Sie doch die zahlreichen Werbenden Artikel in der Zeit für Luxusreisen, Uhren, SUVs etc. Je mehr von solchem Luxus gebaut, gekauft und konsumiert wird, desto schneller verschwindet doch gerade die Erde! Ihr Verlag selbst veranstaltet und bewirbt noch immer seine eigene Kreuzfahrtlinie, obwohl dies die umweltschädlichste Art des Reisens ist! Im Moment ist das Geschäftsmodell der Medien, leider auch besonders auffällig der Zeit: „Für klimaschädlichen Luxus werben und dann darüber berichten, wie Klimakatastrophen die Erde zerstören.“ Unter Gräfin Dönhoff und Gerd Bucerius konnte die Zeit den rechten Sumpf bekämpfen UND Luxus verkaufen. Aber in dieser erdgeschichtlich brisanten Zeit klebt damit das Blut der im globalen Süden Sterbenden oder daraus Fliehenden an den Händen aller, die immer weiter für mehr Luxus werben, bzw. die Spalten füllen, zwischen denen diese Werbung gezeigt wird. Das Potential und die gesellschaftliche Anziehungskraft der stabilen und rechtsstaatlichen Staaten in den gemäßigten Breiten so atemberaubend, weil wir uns und unsere Natur auf Kosten anderer schonen. Das fällt unseren Kindern schon sehr bald auf die Füße. – Klaus Siersch

 

Da es laut IPCC (naturwissenschaftlicher Teilbericht) auf die Netto-Treibhausgas-Emissionen (nach Abzug der Speicherung in langfristigen „Senken“) ankommt, müsste die Rekonstruktion einer „digitalen Modellwelt ohne Klimawandel“ sowohl eine Referenzperiode über ca. 30 Jahre haben als auch eine große Menge zuverlässiger Daten über die Veränderung der weltweiten Senken verschiedenster Art (bspw. CO2-Senken wie Wälder, Moore, Seegras, …), Verbrennung von fossilen Brennstoffen, (+ Holz – und Dung-Verbrennung in der Dritten Welt), seit Jahren brennende Kohleflöze, anthropogene und natürliche Methanfreisetzung, Lachgasemissionen, Fluorgase u.v.a.m. Wie zuverlässig sind derartige Zahlen um bspw. 1950 ± 15 Jahre zu bekommen? Mehr als Verdreifachung der Weltbevölkerung seit 1950 bewirkte einen massiven „Changed land use“ (seit CoP 7, Marrakesch: klimarelevant!), dessen Ergebnis die Vernichtung von CO2-Senken war (bspw. Sahel-Zone). Gleichzeitig wurde der Einsatz fossiler Energieträger vervielfacht: Die relevanten Netto-CO2-Emissionen kamen von zwei Seiten in die Zange. Außerdem gibt es sechs weitere Treibhausgase! Auch mit dem Ende einer „kleinen Eiszeit seit dem 15. Jahrhundert“ etwa ab 1850 begann eine Rückkehr zu etwas wärmeren Zeiten: Dieser Trendfaktor müsste separat herausgerechnet werden (wie groß?). Modelliert man die Referenzwelt mit X Waldfläche, verträgt sie weniger laufende Treibhausgas-Emissionen als bei 4·X etc. Und was gilt bei nicht-linearen Dynamiken, wie sie für Ökosysteme gelten können? Mit welcher Art von „zuverlässigen“ Datensätzen lässt sich nun wieviel abschätzen? Mit einer „Zeitreihenanalyse“ von bspw. fünf unterschiedlich „guten“ Datenreihen zur Konstruktion eines „klimaneutralen Referenzmodells“ (Brutto-CO2-Emissionen, Zerstörung von CO2-Senken, Methanemissionen , ….) kann man rasch in die Falle einer falschen Zuordnung kommen; erst recht liefern statistische Methoden keinen Kausalitätsbeweis: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. – Wolfgang Ströbele

 


 

 

Leserbriefe zur Infografik „Vor der Operation“ von Pia Bublies (Infografik) und Hanna Grabbe (Recherche)

 

Die Darstellung in der Infografik impliziert, dass auf viele Krankenhäuser einfach verzichtet werden könnte, die ZEIT übernimmt damit kritiklos die Einstellung des BMG. Es stellen sich aber durchaus Fragen, die nicht beantwortet werden, aber wichtig sind. Beispiel Schlaganfall: Werden Schlaganfallpatienten in Krankenhäusern ohne Strokeunit behandelt, obwohl dort Kapazitäten frei waren, oder waren die Plätze dort belegt? Oder gab es andere Gründe, nicht ins Zentrum zu fahren, z. B. Ablehnung der Behandlung durch Patienten und Angehörige, oder war der Gesundheitszustand des Patienten zuvor schon so schlecht, dass eine Behandlung im Zentrum und damit Blockade eines Bettes dort nicht indiziert war. In welchem Gesundheitszustand werden die Patienten aus den Strokeunits entlassen, die in nicht spezialisierten Krankenhäusern verstorben wären? Sind sie womöglich Schwerstpflegefälle und war das dann das gewünschte Therapieziel? Überleben um jeden Preis für die gute Statistik? Die Aussage, dass die USA mit weit weniger als der Hälfte der Krankenhausbetten auskommt, impliziert, dass dort die Versorgung mindestens genauso so gut ist, wie bei uns. Arme, unversicherte Amerikaner können sich aber oft eine Krankenhausbehandlung nicht leisten.

Wie kommt die ZEIT dazu, einfach zu behaupten, dass viele Krankenhäuser schlecht sind? Ist das die Unterstützung und Motivation, die die Pflegekräfte und Ärzte in dieser Mangelsituation benötigen? Ihnen einfach die Qualifikation und Motivation abzusprechen? Sind die Beifallsbezeugungen aus der Coronazeit schon vergessen? Wie wären wir durch die Pandemie gekommen mir z. B. Einem Drittel weniger Krankenhausbetten? Sind schlechte Erreichbarkeit, Unübersichtlichkeit von Zentralkrankenhäusern altersgerecht, oder wäre hier nicht tatsächlich eine Behandlung in kleinen, näheren, familiären Häusern mit weniger Spezialisten und mehr Generalisten, die den ganzen Menschen sehen nicht menschlicher? Was ist mit der freien Arztwahl und freien Berufswahl, wenn nur noch ein Krankenhaus vom Wohnort in akzeptabler Entfernung liegt. Sind wir sicher, dass die Menschen, die bewusst in kleinen Häusern arbeiten wollen, nach deren Schließung in einem Zentrum weiter arbeiten werden? Vielleicht würde sich auch mal eine Reportage aus Irland anbieten mit nur 2,8 Betten pro 1000 Einwohner. Medizin ist zu komplex um sie nur durch ein paar Schlagworte und Statistiken begreifen zu wollen. Bitte mehr Recherche vor Ort, sprechen sie mit Menschen in kleinen und großen Häusern, wie es ihnen wo ergangen ist. Das wäre eine gute Grundlage für eine echte Diskussion – Florian Seidlitz 

 

Ihre Seite mit den Infografiken schätze ich sehr. Nur sollte man aufpassen, was man vergleicht. Deutschland liegt bei den Klinikbetten weit vorn, während die USA mit 2,8 Betten pro tausend Einwohner auskommen. In den USA erfolgt die Weiterversorgung häufig in einem Hotel neben der Klinik, das nennt sich dann vielleicht Gesundheitshotel, reduziert aber die Zahl der Krankenhausbetten erfolgreich und verlagert insbesondere Kosten. Dass die USA ein sehr ungerechtes System haben mit großen Ungleichheiten wird nicht erwähnt. Und wesentlich teurer sind. Erwähnenswert dagegen wäre es, wie viele Menschen bei ernsten Krankheiten rasch nach Hause reisen, um in Deutschland behandelt zu werden. Zur Kostensteigerung: Seit ich vor über 30 Jahren anfing zu arbeiten, haben sich zahlreiche Fortschritte in der Medizin verwirklicht, die ihren Preis haben. 1988 haben wir unsere Patienten noch beatmet in eine andere Klinik gefahren, um eine computertomographische Untersuchung machen zu lassen. Heute ist ein solches Gerät in praktisch jeder Klinik. Das MRT als zweites Großgerät ist dazugekommen, ermöglicht eine immer genauere Diagnostik. Heute gibt es noch PET und vieles andere mehr. Neu sind ferner die Herzkatheteruntersuchung und Versorgung der Infarkte mit Stents, eine Selbstverständlichkeit heute, ebenso die Übertragung dieser Methoden auf das Gehirn bei der Schlaganfallbehandlung und vieles andere mehr. Das hat seinen Preis.

Kürzlich hat der Deutsche Ethikrat über die Behandlung der Mukoviszidose mit einem neuen Medikament verhandelt. Ein Leben würde 17 Millionen € kosten. (700€/Tag x 365 Tage x 80 Jahre ergäbe 20.440.000 € – Kinder werden aber wohl zu Anfang niedrigere Dosen bekommen und ob die Lebenserwartung sich völlig angleicht, bleibt abzuwarten. Auch bleibt die Hoffnung, dass der Preis im Laufe der Zeit sinkt.) Aus dem Infobrief 1/22 des Deutschen Ethikrates: „Heute gibt es das Medikament Kaftrio, welches den Betroffenen [Mukoviszidosekranken] ein annähernd normales Leben ermögliche. „Ein unbezahlbarer Zusatznutzen“, so Stephan Kruip, „aber unbezahlbar ist auch der Preis.“ Die tägliche Dosis von drei Tabletten koste 700 Euro, was sich pro Patient und Jahr zu 250.000 Euro aufsummiere. Weltweit kämen aber nur etwa 12 Prozent der Betroffenen in den Genuss des teuren Medikaments.“ In Deutschland gibt es etwa 8.000 Mukoviszidose Erkrankte. Man kann mit teuren Krankheiten weitermachen: MS = Multiple Sklerose, ca. 280.000 Erkrankte in Deutschland. Autoimmunerkrankungen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Krebserkrankungen werden ebenfalls mit teils sehr teuren Medikamenten behandelt. Und zur Mär vom Vorteil der großen OP Zahl an einem großen Haus: da gibt es auch viele Operateure. Wichtig ist eher die Zahl der OPs pro Operateur. Dieser braucht Erfahrung, Routine und Expertise. Fragen Sie also lieber Ihren Operateur, wie oft er diese OP pro Jahr durchführt. – Thomas Hamm

 


 

 

Leserbrief zum Titelthema „»Große Prüfung bestanden«“. Gespräch mit Dmitri Trenin geführt von Michael Thumann

 

13 Zeilen informieren zu Beginn des Interviews sachlich und aufschlussreich über Herrn Dmitri Trenin. So wird der Leser mit dem nötigen Hintergrundwissen versorgt und erhält gleichzeitig den so wichtigen „Blick über den Tellerrand“ bzw. Eindruck über die russische Sichtweise. Lassen Sie sich bitte nicht beirren, falls dieser Artikel wieder einzelne Kassandrarufe anlockt, von wegen: „wie kann die ZEIT einem Regimetreuen auf Seite 2 solch eine Plattform geben?!!?“. Vertrauen Sie weiter dem analytischen Auge und Verstand Ihrer Leser. – Tobias Wagenhäuser

 


 

 

Leserbrief zu „Dieses Urteil ist ein Katalysator“ von Max Hägler

 

Sicherlich ist es sehr lobenswert, dass das Gericht sich „so lange so zäh durch die Akten pflügte“ um ein Urteil zu fällen für den Betrug durch Unterlassen, der Rupert Stadler nachgewiesen werden konnte. Aber es war sein sehr glimpfliches Urteil für den Audi-Top-Manager Stadler, der hohe Verantwortung trug und hohen Schaden angerichtet hat bei den Käufern von Diesel-Autos und für die Umwelt. Ich teile nicht die Einschätzung des Autors, dass sich dieses Urteil für Stadler „nicht lächerlich anfühlt“. Es ist lächerlich. Denn wer sich kompetente Anwälte leisten kann, die auch einen „Deal“ aushandeln, kommt besser weg, das wird mit diesem Urteil leider wieder bestätigt. Klar, das Urteil bewegt sich im Rahmen des Rechtlich-Möglichen. Der Beklagte hat schrittweise immer das eingestanden, was nicht mehr zu bestreiten war. Ohne „erkennbare Reue oder persönliche Worte“ durch Stadler vor Gericht, denn dafür bezahlt man ja die Anwälte. Die Summe von 1, 1 Mio. €, die Herr Stadler als Bewährungsauflage bezahlen muss, kann er sicherlich gut verkraften. Er wurde zu einem Jahr und 9 Monaten auf Bewährung verurteilt und kann nun als „freier Mann“ leben. Da haben es Beklagte, die sich keinen Anwalt leisten können und kein Geld haben, schon schwerer: Schwarzfahrer, die ihre Geldstrafe nicht bezahlen können oder Obdachlose mit unbezahlbaren Schulden müssen ins Gefängnis. Ist das eine Form von gerechter Gleichbehandlung, wie es im Grundgesetz (GG) festgelegt ist, in Artikel 3, Absatz 1: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Da habe ich mittlerweile meine Zweifel, denn einige Wohlhabende scheinen doch „gleicher“ zu sein vor dem Gesetz und dem Gericht. Und deshalb steckt hinter diesem Prozess gegen Stadler nicht „mehr Gutes“ (Zitat Autor), sondern ein Deal, den sich nur Top-Manager leisten können, wenn sie versagt haben. Der „kleine Mann“ kommt ins Gefängnis, der „große Mann“ verbringt seine Bewährungsstrafe in Freiheit und zahlt die Strafe aus seiner „Portokasse“. Das hat zur Folge, dass andere Manager auch auf so milde Urteile hoffen können. Da lohnt sich doch ein bisschen Schummeln, wie das Herr Stadler seit 2016 getan hat. – Anneliese Mayer

 


 

 

Leserbrief zu „»ICH HOFFE, IHR WERDET UNS EINES TAGES VERSTEHEN«“. Gespräch mit Viktor Martinowitsch geführt von Peter Kümmel

 

Nachrichten hierzulande à eine einzige Katastrophe von Nicht-Information, Wunschdenken, verwegenen, kenntnisentleerten Spekulationen und Unterstellungen; die Medien überschlagen/überbieten sich geradezu mit zur Schau gestellter Inkompetenz. Und hier zum ersten Mal wirklich Substanz. … ähnlich Seite 2 – Dimitri Trenin: Die ganze Wagner-Prigoschin Angelegenheit hat so viel mehr Dimensionen/Facetten, dass wohl niemand jetzt bereits die Zusammenhänge, Intrigen, Korruptionen/Abhängigkeiten, und auch die Nicht-Planbarkeiten wirklich darzustellen vermag. Berechtigt ist durchaus die Vermutung, dass hier – wie beim Schachspiel – zwei nahezu gleichwertige/gleich-gefährliche (Falsch-)Spieler mit bisher nicht durchschauten Strategien schon seit Jahren eher gegen – als miteinander angetreten waren – ohne dass von vornherein unterstellt werden konnte, wer trotz aller Skrupellosigkeit schließlich, und aus bisher noch nicht durchschaubarem Grund, den einen falschen Zug platzierte. Naheliegend, dass sich hier zwei fast gleichwertige Rivalen und Gangster gegenseitig aus dem Wege zu räumen versuchen. – Weit weniger naheliegend die gegenseitigen Abhängigkeiten. Prigoschin wurde/wird von Putin fürstlich dafür bezahlt, dass er ihm die Drecksarbeit im Ausland abnimmt. Vieles von diesen Mitteln fließt in Gold-Barren zurück zu Putin – dem Ober-Oligarchen – eine andere Form der Geldwäsche. Dadurch ist Putin natürlich angreifbar – wenn das ganze einmal aus dem Ruder liefe. Putins Interesse kann nur darin bestehen, über diese Ressourcen selbst zu bestimmen – und nicht über seinen ehem. „Koch“ und Unterwelts-Kumpel.

Die Spekulationen um diesen Mini-Aufstand von Prigoschin, mitsamt der Intervention des sehr wahrscheinlich ebenfalls finanziell mit-involvierten Weiß-Russischen Diktators können garnicht vielfältig genug angesetzt werden, um eine eindeutige Antwort je erwarten zu dürfen. – Gefährlich sind die wirklichen Motive und Machenschaften von skrupellosen Gangster-Fürsten allemal. Man sollte doch immerhin unterstellen, dass Prigoschin nicht aus einer augenblicklichen Laune heraus rebelliert hat – sondern erst, nachdem er sich mit anderen Chargen in Putins unmittelbarem Umfeld über deren Teilnahme abgestimmt hatte; man möchte auch nicht unterstellen, dass er deren denkbare Zusagen zur baren Münze unterstellt, sich also mehrfach abgesichert haben müsse. Und genau in diesem Spekulations-Geflecht unter Mafia Fürsten muss dann etwas aus dem Ruder gelaufen sein; man ahnt das Ausmaß der Verlässlichkeit in solchen Kreisen. Prigoschin ist angezählt; nun dreht sich die Spekulation nur noch um die Frage, wie unverletzbar er sich abgesichert hat; und ob nicht Putin verletzlicher sei als er. Noch bestehen manche Hoffnungen zur Befreiung aus der Putin’schen Tyrannei auf dem Tatwillen der wirklichen Patrioten in den führenden Positionen speziell der Armee. – Hans von Schack

 


 

 

Leserbrief zu „Schriftsteller vor der Kamera“ von Antonia Baum

 

Klasse, Antonia Baums Rant über den Bachmann-Preis! – Astrid Raimann 

 


 

 

Leserbrief zu „Zu Befehl, Herr Kapitän!“ von Berit Diesselkämper

 

„Die KI wird wahrscheinlich zum Ende der Welt führen, aber in der Zwischenzeit wird es große Unternehmen geben.“ (Zitat von Sam Altman, *1985, US-amerikanischer Unternehmer, Investor & Programmierer). Was soll ich dazu noch sagen und/oder schreiben? – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „Sie will uns die Angst vor der Klassik nehmen“ von Christine Lemke-Matwey

 

Ganz toll, dass Sie sich Sophie Kauer widmen und ihre bisherige Karriere würdigen: modern, ansprechend, zeitgeistig geschrieben. Ob die Boomer vor allem am Anfang mitkommen? Interessant, dass der Begriff „Tomboy“ durch’s Lektorat gekommen ist. Mit „burschikos“ gibt’s ne deutsche Formulierung. Nun: Ich habe nur ein generelles Problem mit Ihren Ausführungen und das bezieht sich auf die Gemengelage Macht im Klassikzirkus. Sie schreiben, Sophie Kauer (Frau Kauer? Sophie? Haben Sie sich jetzt eigentlich geduzt?) sei „Symptomatisch dafür, dass klassische Musik doch gar nicht so schlimm ist.“ Ist damit die reine Musik (Bach, Wagner, Xenakis?) gemeint oder die Branche? In Tár geht es bis auf wenige Ausnahmen – wie während der Bach-Analyse in der Juilliard School – nicht um die Musik, sondern ja ausschließlich um den Backstagebereich: Proben, Personalfragen, Proben, bisschen Komponieren, Personalfragen, Proben…Ob Sie „Musik“ oder das „Business“ meinen, macht einen riesigen Unterschied. Die Formulierung scheint mir zu uneindeutig. Ich erkläre warum, ich das problematisch finde.

In Ihrer Tár-Rezension / Blanchett-Gespräch schreiben Sie: „Scheitert Tár nicht vielmehr an ihren Abgründen und am Opportunismus des Musikbetriebs, der sie fallen lässt, als eine Intrige einsetzt und Kreise zieht?„. An dieser Stelle war ich beim damaligen Lesen schon stutzig geworden. Denn das entscheidende Detail im Film ist, dass Tár der Nachwuchsdirigentin Krista, die sich selbst das Leben nimmt, die Karriere verbaut hat. In den E-Mails, die Tár hektisch löscht, steht überall drin, Krista sei nicht geeignet. Tár ist diejenige, die ihr (und ihrer Assistentin Francesca) zunächst Hoffnungen gemacht und dann fallen gelassen hatte. Ihre Formulierung „Intrige einsetzt“ ist zu neutral. Tár selbst hat intrigiert, hat allen großen Häusern mitgeteilt, dass Krista nicht taugt. Bezeichnenderweise ist Tár selbst Protegé von Leonard Bernstein, der ja, wie Tár, mit Jüngeren anbandelte und nach Gusto Karrieren beförderte, wie torpedierte. Der Machtmissbrauch ist so klug der Mittelpunkt dieses Schlüsselromans, äh Schlüsselfilms; das beschreiben Sie in Ihrer Rezension ja auch. Alles nur geniale Fiktion? Mit den Herren Barenboim, Levine, Domingo gab es nachweislich Machtmissbrauch in der Klassik. Und im Folgetext, im Kontext von Tár, steht dann lapidar „Klassische Musik sei gar nicht so schlimm“. Puh. Ich freue mich auf klärende Worte. – Korbinian Jellinek

 


 

 

Leserbrief zu „Der Mensch in der Legebatterie“ von Ijoma Mangold

 

„Es gibt Bessere, und es gibt mich! Du liebst das Leben, ich liebe dich!“ (Falco) Was für ein Wolkenbruch! Welche Ödnis, Heinz Strunks Plots. – Paul Zwirchmayr

 


 

 

Leserbrief zu „Wenn die Natur zurückschlägt“ von Christoph Schröder

 

So wie die Handelnden in Blue Skies treiben wir es auch immer weiter auf die Spitze mit Tesla-SUVs, Luxusreisen von einem Ende des Kontinents zum anderen, etc. Auch wir sind geistig und physisch mehr unterwegs und ruhelos auf der Suche nach dem Sinn, ohne diesen je greifen zu können. T.C. Boyles Bücher und andere Medien bedienen, bestätigen und prägen für uns immer stärker dieses Lebensgefühl. Sehen Sie auch die zahlreichen Werbenden Artikel in der Zeit. Je mehr von dem beworbenen Luxus gebaut, gekauft und konsumiert wird, desto schneller verschwindet doch gerade die Erde im Globalen Süden! Ihr Verlag selbst veranstaltet und bewirbt noch immer seine eigene Kreuzfahrtlinie, obwohl dies die umweltschädlichste Art des Reisens ist! Im Moment ist das Geschäftsmodell von T.C. Boyles Büchern, den Medien im allgemeinen und leider besonders der Zeit: „Für klimaschädlichen Luxus werben und dann darüber berichten, wie Klimakatastrophen die Erde zerstören.“ Unter Gräfin Dönhoff und Gerd Bucerius konnte die Zeit den rechten Sumpf bekämpfen UND Luxus verkaufen. Aber in dieser erdgeschichtlich brisanten Zeit klebt damit das Blut der im globalen Süden Sterbenden oder daraus Fliehenden an den Händen aller, die immer weiter für mehr Luxus werben, bzw. die Spalten füllen, zwischen denen diese Werbung gezeigt wird. Das Potential und die gesellschaftliche Anziehungskraft der stabilen und rechtsstaatlichen Staaten in den gemäßigten Breiten ist noch atemberaubend, weil wir uns und unsere Natur auf Kosten anderer schonen. Das fällt unseren Kindern schon sehr bald auf die Füße. Wir müssen noch viel vom Globalen Süden lernen. Den Weg dahin zeigt uns T.C. Boyles leider nicht. Er verdient am Beschreiben unserer Schmerzen, aber liefert uns nicht den Schatz an Wissen, den wir so dringend für ein glückliches (Über)leben auf der Erde brauchen. – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „Ein Hahnenkampf im Käfig“ von Thomas E. Schmidt

 

Ich habe mich sehr gut amüsiert über ihren Beitrag zum (wahrscheinlich nicht stattfindenden) Kampf zwischen Musk und Zuckerberg. Allerdings gibt es zwei Dinge zu berichtigen:

  1. brasilianisches Jiu Jitsu ist eine eigenständige Kampfsportart, die in manchen Teilen Ähnlichkeit mit Judo hat aber anderen Regeln folgt. Keinesfalls ist sie für kleine Leute gedacht, sondern wird auch gerne von Männern und Frauen jeglicher Körperstatue trainiert.
  2. da Mark Zuckerberg den weißen Gurt in dieser Kampfsportart trägt, kann man von „beherrschen“ dieses Sport nicht reden, weil das der Anfängergurt ist. Trotzdem vielen Dank für diesen lustigen Beitrag. – Robert Mayer

 


 

 

Leserbrief zu „Schleim in Ekstase“ von Tobias Timm

 

Auf Seite 50 im Artikel „Schleim in Ekstase“ schreiben Sie: „…im Museum Schirn…“. Die „Schirn“ legt großen Wert darauf, dass sie eine „Kunsthalle“ ist. – Olaf Rust 

 


 

 

Leserbrief zu „Eine Zugreise um die Welt“ von Michael Allmaier

 

Die Weichen in die Misere der DB wurden bereits früher gestellt. Sowohl bei der Deutschen Bundesbahn als auch bei der Deutschen Reichsbahn gab es technische Zentralstellen , die darüber wachten, dass der Betrieb zuverlässig läuft. Doch schon der erste VV der privaten Deutschen Bahn AG hat diese Funktion nach dem Motto. Die technische Kompetenz liegt doch bei der Zulieferindustrie der Bahn, da muss man sie bei der Bahn nicht doppelt haben, abgeschafft. Und Herrn Mehdorn standen die Hauptabteilungsleiter Betrieb seinen Börsenplänen im Weg. All die Führungskräfte in Betrieb und Technik hatten Dezernentenstatus, d.h. an der ihr Votum war auch dein Vorstand gebunden. Also schaffte Mehdorn nicht nur die Personen sondern gleich die Position selbst ab. Seitdem gibt es keine übergeordnete Klammer Technik und Betrieb mehr, die sich Sparvorgaben entgegen stemmen könnte. Und wenn einzelne Mitarbeiter noch über das notwendige Fachwissen verfügen und den Finger heben, werden Sie im Einzelfall als Überbringer einer unliebsamen Nachricht sogar hinaus gemobbt. Dieser Mangel lässt sich auch nicht allein mit zusätzlichen Milliarden abstellen. – Bernd Kortschak

 


 

 

Leserbrief zu „Mohn“ von Stefanie Flamm

 

Meine Oma kam aus Oberschlesien und anscheinend gab es da viel Mohn, deshalb verwöhnte sie mich als Kind mit Mohnkuchen in allen Variationen, und nach wie vor esse ich Mohnkuchen weiterhin sehr gerne! Meine Oma ist schon vor sehr langer Zeit verstorben, aber Gott sei Dank bäckt mir meine Lebenspartnerin immer wieder `nen Mohnkuchen, oder wir kaufen uns einfach mal einen Mohnstrudel oder irgendetwas anderes Essbares, Hauptsache mit Mohn! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „WAS, WENN DER KRIEG KOMMT?“ von Angela Köckritz im ZEIT Magazin

 

Vielen Dank für den ausgezeichneten Beitrag über Taiwan im letzten Zeitmagazin, der dem Leser die Situation der Menschen dort und deren Perspektiven in der für uns doch sehr entfernt liegenden Inselrepublik lebensnah vermittelt hat. Das ist die Art von Reportage die ich vom Zeitmagazin erwarte, viel informativer als die immer wiederkehrenden Modereports. – Nikolai Lutzky