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13. Oktober 2022 – Ausgabe 42

Leserbriefe zum Leitartikel „Zu gut erkannt“ von Robert Pausch

Ich vermute, dass möglichst viele Bürger/Bürgerinnen vom Wählen abgehalten werden sollen.
Andreas Greil, Bad Vöslau

Das Verhalten der FDP als „Bremsklotz“ in der Bundesregierung gefährdet nicht nur deren eigene Wahlerfolge, sondern wird auch für die Koalitionspartner zunehmend zur Belastung.
Der Vergleich mit der Rolle der SPD als Juniorpartner in der Großen Koalition hinkt: Die Union, insbesondere die Bundeskanzlerin, konnte von jener Konstellation profitieren, Stichwort „asymmetrische Demobilisierung“. Olaf Scholz hingegen, der die inhaltlichen Differenzen und ideologischen Gräben zwischen FDP und Grünen ausbalancieren muss, gerät ständig in die publizistische Schusslinie, gipfelnd in dem mantraartig vorgetragenen Vorwurf, er lasse es an Führung vermissen, agiere zaudernd und zögerlich. Da muss es nicht verwundern, dass die SPD auf Bundesebene laut Umfragen in der Wählergunst kontinuierlich absackt.
Rüdiger Paul 

Herr Pausch meint, dass die FDP die Regierungspolitik, wie sie von SPD und Grünen vorgegeben wird, anstandslos mitmachen soll. Das ist zu viel verlangt angesichts der verfehlten Politik von SPD und Grünen, die auf die Wirtschaft keine Rücksicht nimmt. Aufgabe der FDP ist es aber, dem wirtschaftlichen Sachverstand zum Durchbruch zu verhelfen. Gerade in Krisenzeiten wie dieser. Man kann nämlich nicht mit sozialpolitischen Maßnahmen ein volkswirtschaftliches Problem beheben. Dieses besteht in einer Energiemangellage und dadurch ausgelöster Preissteigerungen. Dieses Problem lässt sich nur mit einer Ausweitung des Angebots an Energie bekämpfen. Daher ist es erforderlich, die eigenen Energievorkommen zu erschließen und auszubeuten. Dies betrifft als Erstes die einheimischen Gasvorkommen unter der Nordsee sowie das Schiefergestein unter Niedersachsen. Es bedeutet: Fracking muss zugelassen werden, auch um uns unabhängig von ausländischen Energieimporten zu machen. Eine Angebotsausweitung dergestalt führt zu sinkenden Energiepreisen, wovon alle Einwohner Deutschlands etwas haben. Wenn wir davon ausgehen, dass für die Energiemangellage der entscheidende Winter der Winter 2023/2024 ist, so ist es erst recht erforderlich alle Energieträger zur Verfügung zu haben, also neben einheimischem Gas (durch Fracking), auch Atomstrom. D. h., die Forderungen der FDP sind volkswirtschaftlich begründet und sinnvoll. Sie müssen zur Politik der Ampel dadurch werden, dass alle noch vorhandenen Atomkraftwerke mindestens bis 2024 weiter laufen müssen. Neue Lagen, wie jetzt, erfordern auch neue Entscheidungen, auch wenn es SPD und Grünen nicht gefällt.
Christoph Meißner, Flensburg 

Widerspruch! Nicht eine überzogene Profilierung schadet der Partei, sondern ihr weitgehender Attentismus nach dem Ukraineüberfall. Der Koalitionsvertrag war  plötzlich nur noch Makulatur. Auf diese Zeitenwende hatte Lindner bisher keine Antwort. Selbst von breitem öffentlichen Rückenwind getragene maximale Laufzeitverlängerungen konnte er nicht durchsetzen. Fehlanzeige auch beim Thema Waffenlieferungen, Migration oder Corona, wo ganz Europa auf Eigenverantwortung setzt statt obrigkeitsstaatlicher Bevormundung, eigentlich originär liberales Gedankengut. Und auch bei der Schuldenbremse hat die Partei längst ihre Unschuld verloren. Diese Leerstellen hätte die FDP besetzen müssen, und sie wäre dabei nicht in linkes Fahrwasser geraten. So geht auch die wachsende Zahl von Nichtwählern auf ihr Konto.
Christoph Schönberger, Aachen 

 Dass die Grünen bei der Niedersachsenwahl von über 20 Prozent bei den Umfragen auf gut 14 Prozent bei der Wahl abfielen, hat wesentlich damit zu tun, dass viele treue Grünenwähler aus Sorge, die SPD könnte nicht stärkste Kraft werden, diese gewählt haben. Ich gehöre nämlich auch dazu.
Gerhard Kleimeyer, Hannover

 Die Welt braucht Pragmatismus. Pragmatismus ist kein Alleinstellungsmerkmal. Aber in existenziellen Zeiten ein echter Profilierungspunkt für die Regierungsparteien, den viele mündige Bürger im Auge haben. Parteien mit Existenzsorgen glauben, ihre Selbstzweifel durch ein Übermaß an ideologisch-taktischer Sichtbarkeit kompensieren zu müssen. Dabei erhöhen sie nur den Widerspruch zwischen Schein und Wirklichkeit. Viele mündige Bürger entziehen das Vertrauen, wenn das Konto nur zum Schein gedeckt ist, gerade auch wenn der Scheinwerfer Finanzminister ist. Wirkung, die nicht an die Wirklichkeit heranreicht, wird nicht für bare Münze genommen. Die Welt braucht Pragmatismus.
Reinhard Koine, Bad Honnef

Die FDP ist die Heimat der politisch Unmündigen.
Kurt Eimers, Neuss

 Ratschläge haben immer auch die Schläge mit dabei, so auch Ihr Artikel. Die FDP sollte nur schlichtweg ihren Verstand einschalten und mal den Adam Riese herausholen. Der verbleibende Rest dieser Regierungskoalition aus der SPD und den Grünen hat ohne die Liberalen keine Mehrheit im Bundestag. Auch aus der Regierung austreten und dann einer rot-grünen Minderheitsregierung ab und an über die Hürden zu helfen, das wäre eine Option, die auch dem deutschen Parlamentarismus gut täte.
Dr. Detlef Rilling, Historiker und Autor, Scharbeutz

Es mangelt der FDP nicht an Profilschärfe, sondern an Verantwortung für das große Ganze. Sie zeigt sich als Ich-Ich-Ich-Partei, die sich den Anforderungen jenseits ihrer Ideologie nicht stellen will. Genau das haben die Wähler in Niedersachsen gemerkt. Während die Grünen eine Selbstgewissheit nach der anderen in Frage stellen, weil die Krisenzeit verantwortliches Handeln fordert, landet die FDP bei 4,7 Prozent. Kein Wunder.
Helmut Schmitz, Wesel

 In seinem Artikel behauptet Herr Pausch über die Grünen: „“n der Atomfrage … fielen sie in Niedersachsen von über 20 auf 14 Prozent.“ Das ist nicht richtig, denn die Grünen verbesserten bei der Landtagswahl ihr Ergebnis um 5,8 Prozent und kamen auf 14,5 Prozent.
Joachim Saint-Paul 

Es mangelt der FDP nicht an der staatspolitischen, sondern, was viel wichtiger wäre, an der gesellschaftspolitischen Verantwortung. Das scheint das Kernproblem der Klientelpartei FDP zu sein. Aber niemand dort, am wenigsten ihr Vorsitzende Lindner, will diesen parteipolitischen Kardinalfehler, der die Ursache für die dauernden Stimmverluste 2022 ist, wahrhaben.
Wenn die FDP, so wie die Parteiführung, ununterbrochen von der Schuldenbremse schwadroniert oder Steuererhöhungen für Reiche in der Dreierkoalition erfolgreich bekämpft, und sich Lindners seltsame Vorstellung von Gerechtigkeit in der Koalition durchsetzen, spielt der zunehmend genervte Wähler nicht mehr mit. Und zwar nicht nur der typische ehemalige FDP-Wähler, der bisher seine Partei als Zünglein an der Waage sah, damit es die anderen Parteien, wie früher die CDU/CSU oder SPD, und heute auch noch die Grünen, nicht zu leicht hatten, liberale Elemente in der deutschen Politik (scheinbar) zu vernachlässigen.
Das hat die FDP von heute vergessen, die nur noch von der Angst beherrscht zu sein scheint, dass die politische Sogwirkung von SPD und Grünen sie in einen linken Abgrund zieht. Es wird also höchste Zeit, dass die FDP-Führung beginnt, sich programmatisch auf ein neues Gleis zu stellen, um den drohenden Niedergang noch zu verhindern.
Klaus Reisdorf, St.Paulet de Caisson, Frankreich

Zum einen bleibt für die FDP also zu hoffen, dass Christian Lindner und Co. die differente Analyse des werten Robert Pausch zur genaueren Kenntnis nehmen. Zum anderen scheint es sich hiernach bei dem von den Liberalen deklarierten markt- und wirtschaftspolitischen Leitbild für die große Mehrheit der Menschen in diesem Land zuvorderst um ein Leidbild zu handeln – derzeit zumindest.
Matthias Bartsch, Lichtenau

Vielen Dank für diese treffende Beschreibung. Wenn eine Partei Klientelpolitik für 5-10 Prozent der Bevölkerung macht, dann kommt sie über diesen Prozentsatz (glücklicherweise) kaum hinaus, und auch das nur solange, bis hoffentlich selbst ihre Klientel ein schlechtes Gewissen bekommt…
Julia Barthe, Kulturkreis Torhaus, Hamburg


Sehr geehrter Herr Finanzminister Lindner, falls Sie Leser der ZEIT sind, dürften Sie den Leitartikel von Robert Pausch zur Kenntnis genommen haben, dessen Untertitel lautet: „Die Schärfung ihres Profils ist nicht die Lösung der FDP-Probleme, sondern die Ursache.“ In seinem Artikel listet Robert Pausch auf, wie oft Sie die Profilschärfung nach Wahlen, bei denen die FDP Stimmen verloren hat, bereits unternommen haben.
Statt Profilschärfung erwarten die Menschen pragmatische Lösungen zur Bewältigung der zahlreichen Krisen in unsrer Zeit. Sie jedoch verteilen Wohltaten mit der Gießkanne an alle, während das untere Drittel der Bevölkerung sie am dringendsten braucht. Das erhöht das Gefühl für Ungerechtigkeit in der Politik und treibt die Menschen der AfD zu.
Wollen Sie das? Ich kenne eine Reihe von Leuten aus einfachen Verhältnissen, die sich darüber empören, dass Hartz-IV-Empfängern weniger Geld ausgezahlt wird als den vielen Flüchtlingen in unserem Land. Sollte das zutreffen, dann wäre das Zündstoff für Unruhen, wenn viele Deutsche das Gefühl haben, dass sie von der eigenen Regierung schlechter versorgt werden als die vielen Fremden. (Ich möchte auch dem Bundeskanzler vorschlagenen, in einer speziellen, regelmäßigen Fernsehsendung, einer Art „Bürgerstunde“, die Politik der Bundesregierung verständlich zu erklären, damit der Zusammenhalt in unsrer Gesellschaft erhalten bleibt.)

Bei den bisherigen finanziellen Zuwendungen für die Bevölkerung wurde den Begüterten immer mehr zugeteilt als der untersten Bevölkerungsschicht. Ich frage mich daher: „Wo bleiben eigentlich Solidaritätsbekundungen der 10 Prozent Wohlhabenden und Reichen, die Sie mit Ihren finanziellen Wohltaten begünstigen? Warum sagt da niemand: „Nein, danke. Ich habe (mehr als) genug! Geben Sie es denen, die es dringend brauchen! Ich gebe auch gerne noch etwas von meinem Überfluss ab!“
Es werden immer wieder Forderungen erhoben, und von einer großen Mehrheit der Bevölkerung getragen, nach einem Tempolimit auf Autobahnen und einem raschen Ausbau des ÖPNV, womit wir der Erreichung unserer Klimaziele ein großes Stück näher kämen. Aber Sie verweigern Ihre Zustimmung, so dass ich mich frage: Für wen machen Sie eigentlich Politik? Nur für die FDP und Ihre Klientel, die es Ihnen dankt, indem sie schrumpft?
Trotz der Patzer von Wirtschaftsminister Robert Habeck haben die Grünen Zulauf, eben weil sie nach pragmatischen Lösungen der vielfältigen Probleme in unserem Land suchen. Für Sie, Herr Lindner, lautet das Fazit von Robert Pausch: „Pragmatismus wird belohnt, Prinzipienreiterei bestraft.“ Von der britischen Noch-Premierministerin Liz Tuss heißt es, sie sei beratungsresistent. Ich wünsche Ihnen, dass Sie das nicht sind!
Helga Hahn


 

Leserbriefe zum Dossier „Sie war’s“ von Moritz Aisslinger (Sternstunden der Menschheit)

Erweisen sich bei einer Dissertation Plagiatsvorwürfe als zutreffend, wird der Doktortitel aberkannt. Warum werden die drei Männer immer noch als Nobelpreisträger gewürdigt, obwohl ihre Erkenntnis auf geistigem Diebstahl  beruht?
Renate Bachschuster-Greßmann

 Ihr Artikel ist sehr, sehr interessant und dazu angetan, Einiges zurechtzurücken. Ich frage mich nur, was genau dabei jetzt die „Sternstunde der Menschheit“ war/ist? Dass eine intelligente Frau der Ergebnisse ihrer genialen Erkenntnis beraubt und von selbsternannten „Herren der Schöpfung“ über den Tisch gezogen wurde? War sicher nicht der einzige Vorfall dieser Art.

Grundsätzlich: Ich lese die Dossiers fast immer und sehr gern. Ich hatte etwas Bedenken bei der Selbstverpflichtung der ZEIT, 14 Wochen über „Sternstunden der Menschheit“ zu berichten. Vielleicht ist ja zwischendrin auch mal etwas Anderes ein Dossier wert? Hier kam ich aber zusätzlich auch noch ins Grübeln, was genau damit gemeint ist.
Dr. Sabrina Hausdörfer, Berlin 

Watson und Crick haben Rosalind Franklin nicht um ihre Arbeit oder ihren Ruhm und schon gar nicht um den Nobelpreis betrogen. Das hat der Tod gemacht. Ob der durch den Umgang mit Röntgenstrahlen verursacht wurde, wie der Artikel dramatisiert, kann niemand sagen.
Wenn die Schwester sagt, Rosalind Franklin habe nie erfahren, welchen Anteil sie an der Entdeckung gehabt habe, dann ist das wohl falsch. Schon ihr und Goslings Artikel in Nature No. 4356 zeigt, dass das nicht so ist. Nicht korrekt, um nicht zu sagen, gelogen ist in der Tat, wie auch der ZEIT-Autor moniert, wenn Watson und Crick in ihrem Artikel schreiben: „Some of these (data)  are given in the following communications. We were not aware of the results presented there when we devised our structure, which rests mainly though not entirely on published experimental data and stereochemical arguments.“
Dazu ist zu sagen: In Nature 4356, 25. April 1953, erschienen drei Artikel, nicht nur „zeitgleich“, sondern im unmittelbaren Zusammenhang, gleichsam als Einheit. Das ist und war bei Nature eine bewusste editorische Entscheidung, um die Gleichwertigkeit und Zusammengehörigkeit dieser Arbeiten bei der Lösung eines Problems herauszustellen. Es sind dies die Arbeiten von Watson und Crick (1), Wilkins und Stokes und Wilson (2) und Rosalind Franklin und Raymond Gosling, ihrem damaligen Mitarbeiter (3). Franklins und Goslings Arbeit enthält auch das ominöse Bild 51, das  Watson und Crick den wesentlichen Impuls gabt. Insofern ist Watson und Cricks eben zitierte Aussage falsch.
Insbesondere auch, wenn man bedenkt, dass Franklin und Gosling in ihrer Arbeit direkt Bezug nehmen auf die „oben veröffentlichte“ Arbeit von Watson und Crick („not inconsistent with“).
Watson und Crick bedanken sich in ihrer Veröffentlichung bei Wilkins und Franklin u. a., Wilkins bedankt sich bei Watson, Crick, Franklin und Gosling (u. a.); Franklin und Gosling bedanken sich bei Wilkins und Crick und Stokes u. a., aber nicht bei Watson (!). Im Text aber würdigen sie ausführlich die Strukturvorschläge auch von Watson, zustimmend.
Wahrscheinlich hätte Rosalind Franklin auch den Nobelpreis bekommen. Diese drei Nature-Arbeiten waren, wie gesagt, unmittelbar editorisch UND sachlogisch zusammenhängend.
Dass allerdings ihr Co-Autor und Mitarbeiter (und Doktorand bei Wilkins) Raymond Gosling der Urheber des berühmten Fotos 51 ist, wird auch in dem Artikel in der ZEIT nicht deutlich genug gesagt. Ob daraus gleich das zu folgern ist, was man in dem deutschen Wikipedia-Artikel über Gosling lesen muss, ist eine Geschmacksfrage: „Allerdings verdeckte ihr [Franklins] posthum erworbener Status als feministische Ikone, dass es tatsächlich Gosling war, der die entscheidenden Röntgenbilder erstellte, die den Schlüssel in der Entschlüsselung des Puzzles lieferten.
Ich verstehe Watsons Buch auch als Würdigung der Arbeit von Rosalind Franklin. Denn es macht ganz deutlich, wie sehr Watson und Crick ohne diese Arbeit aufgeschmissen gewesen wären. Dass Watson und Crick von den Spannungen zwischen Wilkins und Franklin, die  von ihrem Chef am King’s in London, Randall, jedenfalls nicht kanalisiert wurden, profitierten, ist noch kein Betrug, wie Moritz Asslinger insinuiert. Wie wichtig und „sternstundenmäßig“ gerade die auf Papp- oder Plastik- und Metall-Modellen beruhende Arbeit von Watson und Crick war, zeigt der ZEIT-Artikel ja auch in der Titel-Graphik:  Diese orientiert sich an der Graphik in der Originalveröffentlichung von Watson und Crick 1953, enthält allerdings einen entscheidenden Fehler. Nicht 8 oder 7 Basenpaare („Querstriche“), sondern nur 5 pro 180° oder 10 pro ganzer Windung der Helix sind aus strukturellen Gründen möglich.
Eine Pointe der Entdeckung von Watson und Crick: Beide arbeiteten 1952/53 am Cavendish-Laboratorium in Cambridge, das seinerzeit geleitet wurde von William Lawrence Bragg. Bragg hatte 1915 zusammen mit seinem Vater den Physik-Nobelpreis erhalten für die (Weiter)Entwicklung der Röntgenkristallographie. Dieser Untersuchungs-Methode bedienten sich auch John Kendrew und Max Perutz in derselben Zeit am Cavendish-Lab, die dann in demselben Jahr 1962 für die röntgenkristallographische Aufklärung der Hämoglobinstruktur den Chemie-Nobelpreis erhielten. Eigentlich hatte Crick am Cavendish auch röntgenkristallographische Untersuchungen machen sollen. Diese Untersuchungen lieferten aber Franklin, Gosling  und Wilkins am King’s in London. Trotzdem konnte Bragg in einem öffentlichen Vortrag im Winter 69/70 in Cambridge, so wie ich mich erinnere, die folgende Anekdote berichten: Er sei im Herbst 62 einmal schwer krank im Hospital gelegen, nichts habe ihm wirklich helfen können. Dann habe er aber die Nachricht bekommen, dass vier seiner ehemaligen Cavendish-Mitarbeiter, eben Watson, Crick, Kendrew und Perutz, jeweils den Nobelpreis für Medizin bzw. Chemie erhalten hätten. Die Nachricht habe ganz wesentlich zu seiner, Braggs, Genesung beigetragen. Er könne das Mittel nur jedem empfehlen, der schwerkrank im Krankenhaus läge.
Was an dem Artikel in der ZEIT nicht stimmt, ist die Aussage über die Biologielehrer, die seit 1953 oder 63 immer (nur) Watson und Cricks Geschichte „verbreitet“ hätten, aber nicht Rosalind Franklin gewürdigt hätten. Ich jedenfalls habe immer brav auch den BBC-Film „Wettlauf zum Ruhm“ (so der deutsche Titel von „Life Story“ mit Jeff Goldblum als Jim Watson und der großartigen Juliet Stevenson als Rosalind Franklin) gezeigt, der eigentlich, zwar basierend auf Watsons Buch, eine Hommage an Franklin ist. Und im Internet gibt es schon seit 20 Jahren jede Menge Material, das genau die Bedeutung von Rosalind Franklin zeigt. Zum Beispiel Material um das Bild 51, anhand dessen die Schüler erklären sollen, wieso dies denn so entscheidend ist und eine Doppel-Struktur anzeigt und auch eine Helixstruktur. Unterschiede von A- und B-Struktur oder Patterson-Rechnungen brauchen die Schüler natürlich nicht nachzuvollziehen.
Dieser Artikel in der ZEIT ist im Stile des gegenwärtigen Feminismus geschrieben, sich anbiedernd, aber nicht so korrekt, wie es eigentlich nötig wäre.
Watsons skandalösen politischen Äußerungen aus den letzten 30 Jahren sind, wie gesagt, höchst ärgerlich, aber sein gutes Recht und haben nichts mit der Geschichte hier zu tun.
Dr. Eckhard Lieb, Hildesheim

Vielen Dank für diesen interessanten und erhellenden Artikel. Als mitfühlender Mensch kann ich eine eigene Traurigkeit und Ärger darüber verspüren, wie Rosalind Franklin um die Früchte ihrer Arbeit gebracht wurde und die späteren Nobelpreisträger alles getan haben, ihre Arbeit schlecht und für eigene Fehler andere verantwortlich zu machen. Heute würde man das wohl Mobbing nennen, was diese gegenüber Rosalind Franklin betrieben, zudem arbeiteten sie wohl bewusst auch an der Zerstörung ihres wissenschaftlichen Rufes. Es kann einem übel werden von der Beschreibung Watsons in seinem Buch von der Vorlesung Franklins im November 1951. Unglaublich, dass all diese demaskierenden Beschreibungen den Ruf der Autoren und des Buches wohl nicht beeinflussen konnten.
Es ist nicht nur die Arbeit von Rosalind Franklin, auf der ein großer Teil der theoretischen Entwicklung der Doppelhelix-Struktur beruht. Ebenfalls bahnbrechend hierfür waren die Erkenntnisse von Erwin Chargaff (Columbia-University) zur Basenpolarität in den Nukleinsäureketten. Chargaff hatte Crick und Watson lt. eigener Aussage im Mai 1952 darüber im Detail berichtet. Robert Shapiro bestätigt in seinem Buch „Der Bauplan des Menschen“ die Bedeutung dieser Informationen, Crick und Watson haben die von Chargaff entdeckten Regeln übernommen und als zentrales Element in ihrem abschließenden Modell benutzt. Dies und Rosalind Franklins „photo 51“ ermöglichten den späteren Nobelpreisträgern die bahnbrechenden Erkenntnisse zu den entscheidenden Merkmalen und der Geometrie der DNA-Struktur. Über den Beitrag verschiedener legal, halblegal oder illegal erworbener wissenschaftlicher Erkenntisse anderer, welche die späteren Nobelpreisträger verwendeten, schwiegen oder logen sie zu den entscheidenden Zeitpunkten.
Es ist sehr bedauerlich, dass R. Franklin unter solchen Bedingungen arbeiten musste und so früh verstarb. Erwin Chargaff hat in seiner Autobiografie „Das Feuer des Heraklit“ beschrieben, was er auf die Frage, warum er nicht das berühmte Modell entdeckt hätte, antwortete: „Meine Antwort lautete immer, dass ich zu dumm gewesen sei, aber dass, hätten Rosalind Franklin und ich zusammenarbeiten können, wir vielleicht etwas dieser Art in ein oder zwei Jahren zustande gebrächt hätten. Ich zweifle jedoch, dass es uns gelungen wäre, die Doppelhelix zu dem zu erheben, was ich einmal beschrieben habe als »das mächtige Symbol, welches das Kreuz als die Unterschrift des biologischen Analphabeten ersetzt hat«.“
Harry Schmidt, Stuttgart

 Wofür wird sich die moralische Anstalt DIE ZEIT beim Nobelpreiskomitee stark machen: Den Schäbigen den Nobelpreis aberkennen oder Rosalind Franklin den Nobelpreis zuerkennen?
W. Jörg

In dem Dossier schreiben Sie u. a. : „Hunderttausende Menschen lesen Watsons Erinnerungen, sie erfahren, wie drei Spitzenforscher monatelang ihre Kollegin mobbten, sich gegen sie verschworen. Aus heutiger Sicht würde man einen Aufschrei aus der Wissenschaftsgemeinsaft erwarten, ein Aufbegehren gegen den sich über Seiten ziehenden Sexismus, über die Verachtung der wissenschaftlichen Leistung einer Frau.“
Woher nehmen Sie die Zuversicht, dass es heute anders wäre? Ich, Dipl.-Ing., kann dies leider nicht bestätigen. Nach meinen Erfahrungen hat sich leider grundsätzlich das Frauenbild nicht entscheidend verändert.  Mein gesamtes Berufsleben, auch die jüngere Vergangenheit, ist seit über drei Jahrzehnten geprägt von Sprüchen wie „als Dipl.-Ing. sind Sie als Frau überqualifiziert“, „wie können sich zwei Frauen über Technik unterhalten“, oder grundsätzlich werden technische Aussagen von Frauen zunächst angezweifelt. Aufschreie der Gemeinschaft kenne ich nicht, höchstens vereinzeln leise Zugeständnisse. Nach meiner persönlichen Erfahrung gilt – insbesondere für den MINT-Bereich – Tomas Chamorro Premuzic’ Aussage „Die Wahrheit ist, dass so ziemlich überall auf der Welt Männer dazu neigen, sich für viel klüger zu halten als Frauen“, leider auch noch im 21. Jahrhundert.
Petra Baier, Baden-Baden

Schon beim Lesen der Bildunterschrift zu Rosalind Franklins Portrait-Foto war mir der Einschub „stammt aus einer jüdischen Familie“ sauer aufgestoßen. Beim Lesen des Artikels selbst, den ich im Übrigen für sehr gelungen und aufschlussreich halte,  verstärkte sich dieses Gefühl (des Sauer-Werdens) und entpuppte sich schließlich in der Erkenntnis, dass Rassismus und Antisemitismus auch in ZEIT-Artikeln versteckt sein können.
Mir ist dabei nämlich zum ersten Mal klar geworden, dass Antisemitismus sich nicht nur aus negativen Kommentaren zum Judentum oder jüdischem Glauben nährt, sondern viel subtiler aus eher wohl gemeinten, wie ich Sie Ihnen unterstelle bzw. kommt er recht harmlos daher:  indem Sie z.B.  bei allen im Artikel aufgeführten Personen, die entweder im jüdischen Glauben erzogen  wurden oder deren Eltern diesem anhingen  (oder auch nicht – denn das können Sie nicht wissen) explizit das Etikett „jüdisch“ anheften.
Rosalind Franklin ist 1920 in London geboren, und damit ist sie Engländerin! Also ist es völlig irrelevant, ob sie im protestantischen, katholischen oder sonstigen religiösen Milieu aufgewachsen ist, zumal das in ihrem Wissenschaftlerinnen-Leben auch keinerlei Rolle gespielt zu haben scheint. Im Gegenteil scheint sie schon seit frühester Jugend mit Religion nichts am Hut gehabt zu haben („sich Rosalind als kleines Kind weigerte, die Existenz Gottes einfach so anzuerkennen“).
Ihr Anderssein, das nach Aussagen einer Tante ihrer „erschreckend“en Schlauheit geschuldet war, hat nichts mit „Jüdisch-Sein“ zu tun, weshalb also ein Satz „Eine Jüdin in einem anglikanischen Land“? Den Gipfel an unbewusstem Antisemitismus sehe ich in dem Satz: „Auch die Welt, in die die Jüdin Rosalind Franklin am King’s College eintritt, ist dominiert von weißen christlichen Männern.“  Ihre isolierte Stellung dort hatte, laut Ihrer anderen Beschreibungen, doch ausschließlich mit der Ungleich-Behandlung der Geschlechter im Wissenschafts-Betrieb („Sexismus) zu tun. Nicht einmal James Watson, über den Sie übrigens  bezüglich seiner Herkunft lediglich vermelden, dass er aus Chicago stammt (also keine Religionszugehörigkeit oder Einwanderer-Status seiner Vorfahren),  scheint sich in seiner Aversion gegenüber Franklin auf ihre jüdische Herkunft bezogen zu haben.
Sie jedoch betonen das Jüdisch-Sein sobald sich nur irgendeine Gelegenheit dazu bietet: Obwohl Simon Altmann Ihnen erzählt, dass er Rosalind durch einen gemeinsamen Freund kennengelernt habe, dramatisieren Sie dieses Kennenlernen als „In diesen Monaten lernt sie einen Mann kennen, Jude wie sie, allein in einem fremden Land.“ Als ob auch sie als Jüdin in einem fremden Land lebe!
Hallo, geht’s noch? Würde ich Sie am liebsten fragen!
Während Sie zum anderen männlichen Zeitgenossen, Anthony North, lediglich vermerken, dass er in Leeds im Norden Englands lebt, betonen Sie bei Altmann nicht nur seine argentinische Herkunft und politischen Flucht-Grund. Nein, Sie nutzen auch hier die Chance, seine Vorfahren zu erwähnen. Und warum? Weil diese einst als Juden aus Russland geflohen waren!
Herr Aisslinger, wahrscheinlich reagiere ich auf Ihre Aussagen nicht zuletzt deshalb so heftig, weil sie mir vor Augen führen, wie sehr auch ich auf dem Holzweg bin, um den Antisemitismus zu beenden. Denn wenn ich Judentum oder jüdische Kultur stets in positives Licht rücke, betone ich trotzdem die Unterscheidung. Durch Sie wird mir klar, dass wir lediglich aufzuhören bräuchten diese Thematik bei allen passenden und  wie m.E.  in Ihrem Artikel unpassenden Gelegenheit zu erwähnen oder, wie ebenfalls in Ihrem Dossier, sogar zu betonen.
Rosemarie Schröder

Danke für den wertvollen Artikel über Rosalind Franklin. Toll geschrieben.
Dass die Geschichte schlimm war wusste ich bereits, die einzelnen Facetten aber noch nicht.
Hat mich gefreut zu lesen, dass Rosalind Franklin in Italien zuletzt noch eine Gute Zeit mit ihrer Schwester hatte.
Noch eine weitere Facette. 1994 begann ich in Freiburg im Breisgau ein Biologiestudium (bis zum dritten Semester).
Prof. Dr. Peter Sitte (1929-2015), bereits emeritiert, hielt Einführungsvorlesungen für die Erstsemester. Peter Sitte war ein Pionier der Elektronenmikroskop-Technik und machte erste Aufnahmen der Mitochondrien. Spannende Geschichte, die Endomitochondrienhypothese. James Watson hat Fotos von Peter Sitte für ein Buch angefragt.
Peter Sitte hat 1994 betont, was für eine große Ehre es für ihn war, von James Watson nach Bildern gefragt zu werden. Ich fands damals schon komisch, da ich die Geschichte rudimentär kannte. Mittlerweile finde ich, dass er das nicht hätte sagen sollen – die lobenden Worte zu Watson.
Mein damaliger Kenntnisstand war, dass nur Rosalind Franklin die komplizierten Berechnungen durchführen konnte, um das Bild zu interpretieren. Für mich war sie die „mathematische Biologin“.
Crick und Watson waren der Exzentriker und das amerikanische Greenhorn. Mit Crick wollte keiner arbeiten, weil er immer rumgebrüllt hat, und Watson war der Neue aus Amerika, der noch nichts vorzuweisen hatte. Was ich tatsächlich gut finde, war aber ihr spielerischer Zugang über den Modellbau.
Am Ende Ihres Artikels ist Christiane Nüsslein-Volhard, Nobelpreisträgerin von 1995, angeführt.
Habe das damals im Radio gehört und hat mich sehr gefreut.
Im Studium wurde es bei uns komischerweise nicht erwähnt, obwohl Christiane Nüsslein-Volhard auch in Freiburg geforscht hat. Im Gegensatz zu Rosalind Franklin hatte sie mit Klaus Sander (1929-2015) einen komplett anderen Institutsleiter. In seiner „Erzählte Erfahrung“-Vorlesung wird Christiane Nüsslein-Volhard mehrfach erwähnt.
Was in Ihrem Artikel kam von Christiane Nüsslein Volhard?
Falls sie mal wieder etwas über Rosalind Franklin schreiben, kann ich Jasmin Schreiber sehr empfehlen. Schriftstellerin, Biologin, Podcasterin und großer Rosalind-Franklin-Fan.
Eine andere Frau, über die Sie sehr gerne schreiben können, ist Sabine von Kleist (1933-2021).
Eine Freiburger Professorin und Krebsforscherin, deren Institut abgewickelt wurde.
Passt zu Rosalind Franklin, die an Krebs verstarb. Sabine von Kleist hat viel zur Früherkennung von Krebs geforscht und war in der Mildred Scheel Stiftung engagiert. Mildred Scheel (1931-1985) gehört auch zu den zu früh Verstorbenen.
Thomas Reischl

Kann man den Betrügern den Nobelpreis nicht posthum entziehen – und ihn Rosalind Franklin noch zusprechen?
Elisabeth Mayer

Danke für die aufklärende Recherche. Die zielgerichtete Frauenfeindlichkeit im Kampf um den Nobelpreis macht die Fragwürdigkeit der Wissenschaft unter patriarchalen Verhältnissen deutlich, die zunehmend auch in Politik, Kultur und neoliberalem Unternehmertum ausgedient haben.
Walter Moritz

Das Schicksal  der hochbegabten Forscherin Rosalind Franklin hat mich erschüttert, aber es macht mich wütend, dass die Universität Cambridge bis heute nicht den Mut hat, das Unrecht zu benennen. Eine Tafel am Gonville and Caius College, die ich fotografiert habe zeigt, dass diese kluge, mutige Frau bis heute verleumdet wird. Dort werden nur die Namen von Crick und Watson als Entdecker der DNA aufgeführt.
Danke, dass Sie über Frau Franklin ausführlich berichtet haben.
Katharina Göggel

Spannend, aber auch empörend, ist Ihr Dossier.
Wie war das eigentlich mit Lise Meitner? Auch sie hätte, zusammen mit Otto Hahn, den Nobelpreis erhalten müssen.
Frau und Jüdin, das ging offenbar gar nicht.
Bernd Wulffen, Berlin

In Moritz Aisslingers Artikel über Rosalind E. Franklin, die Mit-Entdeckerin der Struktur der DNS, wird ein wichtiges Detail nur ganz am Rande erwähnt. Es ist die Tatsache, dass sie und ihr Mitarbeiter Raymond G. Gosling die Ergebnisse ihrer Röntgen-Strukturanalysen in derselben Nature-Ausgabe vom April 1953 veröffentlichten, in der auch Watson und Crick ihr DNS-Modell vorstellten. Man sollte sich die Zeit nehmen, beide Artikel zu vergleichen. Franklins trockener Aufsatz unter der sperrigen Überschrift „Molecular Configuration in Sodium Thymonucleate“ bestätigt im Wesentlichen Watsons Verdikt, dass ihr als Chemikerin die biologische Bedeutung der DNS weitgehend unbekannt gewesen sei (oder aber es hat sie nicht interessiert oder sie hat es nicht für wichtig erachtet, diese Bedeutung noch einmal zu thematisieren) – was durchaus verwundert. Watson und Crick leiten ihren Beitrag zur DNS-Struktur mit einem fulminanten Satz ein: „…This structure has novel features which are of considerable biological interest“. Dieser Satz erlaubt keinen Zweifel daran, dass den Autoren vollkommen klar war, was dieses Molekül an biologischen Funktionen leisten müsse. Nach einem Drittel der Lektüre des Franklin/Gosling-Artikels hingegen weiß der Leser kaum, worum es in diesem eigentlich geht; er hat den Charme der Beschreibung eines Stücks Würfelzucker. Eben das aber zeichnet gute Wissenschaft aus, dass die eigenen Erkenntnisse in einen größeren Rahmen gestellt werden und die wissenschaftliche Bedeutung dem Forschungsgegenstand angemessen herausgearbeitet wird. Übrigens bedankt sich Rosalind Franklin in ihrer Publikation für Diskussionen, unter anderem mit Francis Crick (nicht jedoch mit James Watson!) und bezieht sich ausdrücklich auf deren voranstehenden Artikel, indem sie feststellt, dass ihre Ergebnisse „nicht im Widerspruch“ zum Watson/Crick-DNS-Modell stünden.
Ohne Franklins großen Verdienst um die Aufklärung der DNS-Struktur und das wissenschaftliche Fehlverhalten ihrer Kollegen in Abrede stellen zu wollen: Wann immer sie jedoch die Chance gesucht hätte, ihren Beitrag am Geschehen mittels selbstbewußter Formulierungen klarzustellen, dieser Artikel hätte ihr Schlüssel zum Ruhm sein können, aber sie hat die Gelegenheit offenkundig nicht genutzt. Oder, um es mit den Worten James Watsons zu sagen, „she failed“.
Prof. Jobst Meyer, Trier

Tief berührt las ich Ihren Artikel „Sie war’s“. Ich hatte dasselbe Erlebnis mit zwei Partnern (hintereinander) allerdings in wesentlich kleinerem Format. Über vier Jahrzehnte durfte ich nicht sein, was bzw. wie ich bin, reduzierte mich immer dem Mann zuliebe und wuchs aus Liebe zu ihm über mich selbst hinaus. Der wiederum ersparte sich jeweils Wachsen und Reifen und rächte sich mit Bosheiten für jeden meiner Erfolge. Heute bin ich (83) allein und schätze die Einsamkeit, die allerdings auch zwei Seiten hat. Ich trainiere noch, die eine, die goldene der zwei Seiten zu kultivieren, wenn dieser Prozess wohl auch bis ans Lebensende dauert.
Danke für Ihren wunderbaren Text und dafür, dass Sie uns ZEIT-Lesern das Leben von Rosalind Franklin ins Bewusstsein geschrieben haben. Damit haben Sie ihr Leben verlängert!
Herma Brandenburger, Eberholzen/Niedersachsen


 

Leserbriefe zu „Stell dir vor …“ von Alice Bota

Es muss sehr schmerzhaft sein, wenn Orte, an denen man hängt, durch Krieg ausgelöscht werden. Bei den wiederholten Klagen über mangelnde Empathie frage ich mich, wie denn die Klagenden ihrerseits früher auf fernes Leid reagierten. Gingen sie auf die Strasse, als Putin Aleppo in Schutt und Asche legen liess? Verfielen sie in anhaltende Trauer und Verzweiflung, als es im Jemen Bomben auf ZivilistInnen regnete? Vielleicht taten sie beides. Vielleicht kehrten sie aber nach erstem Entsetzen auch wieder in ihren normalen Alltag zurück, dankbar dafür, dass es ihn gab. Ich halte diese Reaktion für eine sehr menschliche und ich denke, nicht nur wir würden anders über zerstörte Orte in Deutschland sprechen als über die in der Ukraine, sondern auch die UkrainerInnen, wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen.
Sabine Möhler

Was soll – was will dieser Artikel? Ja, „vorstellen“ kann ich mir alles Mögliche – etwa dass ich als Angehöriger der Rohinga-Minorität in Myanmar verfolgt werde und um mein Leben gebracht werde. Oder tausend andere aktuelle Verbrechen auf dieser Welt. Was soll das also? Ist das „Betroffenheits-Journalismus“? Nein, das glaube ich nicht. Ich denke, dieser Artikel geht ganz klar und geschärft und zielgerichtet vor. Er will nämlich ganz bestimmte politische Maßnahmen – und um derer willen zieht er die „Stell dir vor…“-Karte. Ist das legitim? Nun, ich empfinde es als durchsichtig, als tendenziös, als die Leserschaft letztlich nicht ernstnehmend, als bevormundend – eigentlich ein Tiefpunkt journalistischer Kultur – zumal in der ZEIT! Wenn es eines Anschauungsbeispiels für die Thesen von Precht/Welzer in ihrem aktuellen Buch bedüfte – man würde hier sogleich fündig!
Karl-Heinz Grau

Wie würden wir dann sprechen, fragten Sie? Wir würden schreien, inklusive der Unterzeichner: liebe US-Amerikaner, gibt uns alle Waffen der Welt, um sich zu verteidigen!
Thomas Walter

Einfach genial. Schreiben sie weiter so.
Dieter Waschkeit München 

Ich wünsche mir Analyse, Hintergrundinformationen, Fakten. Emotionen zu schüren, sollten Sie der Bildzeitung überlassen.Was soll der Leser aus dem Artikel folgern? Mehr Waffen, damit der Krieg schneller siegreich beendet werden kann?
Das insinuiert der Artikel, wenn Sie das nicht meinen, dann wäre eine faktenbasierte Stellungnahme ein sinnvollerer  Beitrag für eine Auseinandersetzung über das Thema gewesen.
Ich bin als langjährige ZEIT-Leserin enttäuscht über solch emotionsgeladene Artikel!
Astrid Kruhl

Danke für diesen Beitrag in einer auch insgesamt herrausragenden Ausgabe der ZEIT! Alice Bota führt uns (noch) zwangsläufig „Zuschauenden“ klar und unverstellt vor, was zu erwarten ist, wenn wir die Ukraine dem russischen Barbarismus preisgeben.
Dr. Rüdiger Bolz, München

Stell dir vor, die Bomben schlügen in Hamburg ein. Hamburg, ein Faux pas der Autorin? Noch leben Menschen, für die die Feuerstürme des Moral Bombing in Hamburg hautnahe Erfahrung sind, die als Kinder traumatisiert wurden. Tausende Menschen, überwiegend Zivilisten, starben. Der Angriffskrieg und die Luftangriffe waren von Deutschland begonnen worden, doch das entschuldigt nicht das Leiden der Zivilgesellschaft. Hoffen wir, dass es in der Ukraine nicht so weit kommt. Tragen wir nach Kräften dazu bei, dass Russland den Angriffskrieg verliert, und in seine Schranken verwiesen wird. Das Tun ist entscheidend, und nicht die Vorstellung, was wäre wenn.
Dr. Hans-Günther Vieweg, Garching                                     


 

Leserbriefe zu „Das haben wir jetzt davon“ von Marc Widmann

Als ich den Wirtschaftsteil der ZEIT aufschlug, habe ich mich zunächst gefreut, dass wenigstens zwei (von etwa 7) der elementaren Erkenntnisse zum Stromsystem (mit Erzeugung, Hochspannungs-Transportleitungen, Míttel- und Niederspannung in Verteilnetzen, wobei jederzeit die Frequenz von 50 Hz (± 1,5 %) exakt einzuhalten ist – d.h. die Erzeugung und Stromnachfrage müssen fast genau übereinstimmen etc.) in der ZEIT-Redaktion angekommen sind. Dann las ich das Interview zum EU-Emissionshandel (EU-ETS) mit Herrn Walbach und erkannte viele eigene teils über 12 Jahre alte Argumente wieder.
Meine zweite Reaktion war fast Verzweiflung: Wenn selbst DIE ZEIT-Journalisten rund 10 Jahre für das Lernen dieser einfachen Basics brauchen – wie lange benötigen dann normale Zeitungsleser*innen oder gar WIKIPEDIA-Gläubige, denn dort findet man teils puren Schwachsinn? Und die genannten zwei Punkte sind längst nicht alle kritischen Themen der praktizierten Energiepolitik, die sich in den letzten zehn Jahren in „Schönschwätz“ von teils völlig ahnungslosen Wikipedia-Leuten, bestenfalls drittklassigen Energieökonom*innen oder fanatischen „Grünen“ mit Abwürgen jeder Sachdiskussion erging. Inhaltlich: Zum Text „Das haben wir davon“: Der letzte Absatz mit „Felxibilisierung der Nachfrage“ verfällt in einen übertriebenen Optimismus. Wie will man einer Million Stromkunden, die im Winter bei – 5 Grad Celsius ab 17.00 Uhr nach Hause kommen und ihr E-Auto aufladen wollen, oder andere, die per Wärmepumpe eine höhere Raumtemperatur als die tagsübr eingestellten 18 Grad bekommen wollen – wie will man diesen Menschen erklären, dass dies keineswegs vor 6 Uhr am nächsten Morgen gehen wird, denn die prognostizierte Windverfügbarkeit liegt durchschnittlichüber die nächsten 13 Stunden um 4,5 % der Kapazitäten? Wenn dann für E-Autos die individuelle Zahlungsbereitschaft maßgebend sein soll, kommt bei einem eingestellten Höchstpreis von 1 Euro/kWh die chirurgische Chefärztin am nächsten Morgen um 7 Uhr in die Klinik, nicht jedoch die Anästhesie und der OP-Pfleger, die nur 0,60 Euro/kWh eingegeben hatten. Was dann?
Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele, Lübeck-Travemünde, bis Sommer 2013: Universität Münster

Herr Widmanns Artikel zum deutschen Stromnetz hat vor allem den altvertrauten Ärger auf die CSU in mir aufleuchten lassen. Hätten die Spannungsmacher Seehofer und Söder sich nicht vor Jahren gegen einen Ausbau der Leitungen gestellt, würde es im Winter sicher nicht solche Engpässe geben. Immerhin droht die Gefahr des Stromausfalls (auch) den Bayern, denen angesichts plötzlicher Dunkelheit vielleicht ein Licht aufgehen wird über die so oft bewiesene Ignoranz in der Politik ihres Ministerpräsidenten. Die 13 Milliarden Euro für die Bezuschussung des Netzengpassmanagements werden aber gemeinschaftlich vom Bund getragen, vielen Dank auch, liebe CSU!
Niklas Schulte

Ihre Analyse bezüglich des winterlichen Nord-Süd-Leitungsengpasses in Deutschland überzeugt, ist aber in einem Punkt unbefriedigend. Der Engpass ist nämlich auch eine Folge der sträflichen Vernachlässigung einer besonders wirksamen Übergangstechnologie: der Herstellung von Strom und Wärme mithilfe der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Die dazu verwendeten Motoren werden zwar mit Gas oder Öl betrieben, nutzen aber die Rohenergie dank der lokalen Wärmeversorgung zu etwa 90%, also nicht bis zu den üblichen, thermodynamisch erzielbaren 40%. Im Süden Deutschlands verstärkt eingesetzt würde sich mit der dezentralen KWK der Nord-Süd-Leitungsengpass von selbst erledigen. Die KWK könnte außerdem dank moderner Steuerung, ausgestattet mit lokalen Wärmespeichern, wirksam zur Bewältigung von kurzfristigen Stromverbrauchsspitzen beitragen. Behindert wird die Technologie durch eine empörend asymmetrische Auslegung des Begriffs „Gleichzeitigkeitsfaktor“: Versorgungsunternehmen können alleine deshalb die Stromversorgung garantieren, weil die um ein vielfaches höhere Verbrauchsleistung der gesamten Kunden nie zu gleichem Zeitpunkt in Betrieb ist. Der Gleichzeitigkeitsfaktor wirkt bei dezentralen KWK in entgegen gesetzter Energierichtung identisch: niemals fallen alle Anlagen gleichzeitig aus, ihr Gesamtbeitrag ist vorhersehbar. Der Überschussstrom der KWK muss also hoch vergütet werden, auf dem Niveau des vom Versorgungsunternehmen zentral hergestellten und verteilten Stroms. Stattdessen werden KWK Betreiber als private Teilnehmer mit viel zu niedrigen Tarifen bedient, so dass das Erzeugungsmonopol der Versorger erhalten bleibt. Im Ergebnis wird das Potential der dezentralen KWK weitgehend ausgebremst, dem Erzeugungsmonopol geopfert, zu Lasten der Verbraucher und der Umwelt.
Zu diesem Zusammenhang wünsche ich mir und der ZEIT-Leserschaft eine fundierte ZEIT-Analyse, aus der gesetzliche und wirtschaftliche Fehlentwicklungen erkennbar werden.
Dipl.-Ing. Peter Kempen, Berlin

Wir haben zwei Photovoltaikanlagen. Die sind in Baden-Württemberg, also genau dort, wo im Notfall (und sonst auch) Solarstrom benötigt wird. Aber wir befinden uns in der perversen Situation, dass unsere (und andere) Solarkraftwerke auf 70% abgeregelt werden. Es werden also ca. 30% der potentiell möglichen umweltfreundlichen Energie nicht genutzt. Info des Netzbetreibers: Leitungen zu dünn, zu wenig, nicht  genügend Speicher.
Vielen Dank auch an die Atomlobby, die sich massiv an der Verhinderung erneuerbarer Energieerzeugung beteiligt und lieber von Putin Brennelemente bezogen hat, so dass wir heute in Europa eine ca. 70%ige Abhängigkeit von russischen Brennelementen für die AKS haben.
Der arme Habeck: Wie soll er nun in der nötigen Geschwindigkeit das korrigieren, was in den vergangenen Jahrzehnten verpennt, versäumt, verhindert und verdummt wurde?
Joachim Schütz

In dem Artikel von Herrn Marc Widmann wird zweimal  der Begriff „Stromleitungen verstopfen“ benutzt. Dies ist schlicht falsch. Stromleitungen können nicht verstopfen. Bitte informieren Sie Herrn Widmann solchen Unsinn nicht zu schreiben.
Karl Willi Müller

Mit großem Interesse haben wir Ihren gut recherchierten und ausgewogenen Artikel „Das haben wir jetzt davon“ gelesen. In der Tat sind viele der heutigen Energieversorgungsprobleme das Ergebnis nicht ausreichend ambitionierten und konsequenten Handels in der Vergangenheit. Ganz am Ende Ihres Artikels zeigen Sie auch Möglichkeiten auf, wie Bürgerinnen und Bürger mithelfen können, das Stromnetz zu stabilisieren. Leider fehlt auch hier ambitioniertes und konsequentes Handeln – und zwar nicht irgendwann in der Vergangenheit, sondern genau heute.

 

Nach unserer Erfahrung bei enomo.de sind mehr als die Hälfte der Menschen, die heute eine Ladeinfrastruktur für Elektroautos aufbauen, am Thema „bidirektionales Laden“ interessiert. Bürger, Bürgerinnen und Gewerbetreibende bieten also nicht nur an, beim Stromverbrauch flexibler zu werden, wie Sie es in Ihrem Artikel anregen. Die meisten Nutzer unseres „Enomo-Checks“ sind darüberhinausgehend auch bereit, aus den Batterien parkender Elektroautos ihre eigene Stromversorgung und ggf. sogar das öffentliche Stromnetz zu stabilisieren. Vorausgesetzt, dass die Energiewirtschaft dieses Potential auch wirklich nutzen will und angemessen honoriert.
Das Gegenteil ist nach unserer Beobachtung der Fall: Anstatt das Potential parkender Elektroautos für die Energieversorgung zu erschließen, werden sowohl technische als auch wirtschaftliche Marktregeln unnötig kompliziert gemacht. Künstliche Probleme werden erst herbeigeredet und dann über Jahre nicht gelöst. Viele unserer Gesprächspartner haben die Vision des netzdienlichen Ladens (V2G) bereits aufgegeben und fokussieren sich vorerst auf das eigenoptimierte Laden (V2H). Einmal mehr handeln wir nicht konsequent und ambitioniert genug. Einmal mehr vergeben wir großartige Chancen.
Statt in 5 oder 10 Jahren wieder einen Artikel über die „Helden der Energiewirtschaft“ lesen zu müssen, wollen wir heute den Bürgerinnen und Bürger helfen, die zukünftigen Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen. Neben der tagtäglichen Beratungsarbeit plant enomo zusammen mit zwei westfälischen Hochschulen ein Schaufensterprojekt zum bidirektionalen Laden in 2023. Bei unseren Partnern und Wettbewerbern werden Sie auf zahlreiche ähnlich gelagerte Projekte stoßen.
Wenn Sie, Herr Widmann, in einem Folgeartikel die Chancen des bidirektionalen Ladens journalistisch beleuchten wollen, unterstützen wir Sie gerne.
Michael Fipper, Lüdinghausen

Guten Tag, Marc Widmann sei Dank gesagt. Endlich ein allgemeinverständlicher, gut recherchierter Beitrag über die komplizierten Zusammenhänge unserer Stromversorgung. Er sagt es nicht explizit, aber es ist offensichtlich, dass der Bau zusätzlicher Windkraftanlagen im Norden kaum einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten kann, sondern durch die Entschädigung für das Abregeln unsere Stromrechnungen verteuert. Wir brauchen Speicher und Leitungen!
Sven Herfurth, Bargteheide


 

Leserbriefe zu „Gegen die Angst“ von Heinrich Wefing

Nun – Putin hat es immerhin geschafft mit seinem Krieg gegen die Ukraine, in die „Hall of Fame des Ultrabösen“ aufgenommen zu werden, neben so „Erlauchten“ wie Hitler, Stalin, Lenin, Mao Tse Tung usw.
Ein immer wiederkehrender Satz ist, dass Putin es seit dem Jahr 2000, als ein seniler alkoholkranker Mann Jelzin die Macht an ihn übergab, intelligent gestaltet haben könnte, indem er Russland zu einem modernen wohlhabenden Land ausgebaut hat.Sein altes Denken war aber verwurzelt in der Annahme, sich „seine Rechte“ (Machtausbau) über Gewalt, wie über Kriege, wie zu alten Zeiten zu sichern.
Aus heutiger Sicht ist es unverständlich, dass Putin im Jahr 2001 eine Rede vor dem Bundestag halten konnte. Ebenso unverständlich die Tatsache, dass die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel, bei angeblich 20 persönlichen Begegnungen mit Putin (davon eine mit dieser irrwitzigen putinschen Hundenummer), es nicht vermocht hat, ihn zu analysieren, den „Fall Putin“ als exzessiv aggressiv einzustufen und entsprechend zu handeln. Deshalb redete er so über „den schwachen Westen“!
Sicher – Putin hat diesen Krieg ja schon von Beginn an verloren. Angefangen damit, dass er in dem Glauben handelte, es handele sich um „seine“ alte ruhmreiche russische Armee, die Hitler beseitigt hat.
Da muß man gleich hinzufügen: Hätten die USA (und sonstige Kapitalisten dieser Welt) und Großbritannien dem Stalin nicht die Waffen, das Material und das Geld zur Verfügung gestellt, wäre „alles anders“ verlaufen?
Die „Atom-Bedrohungen“ sind als böses Geschwätz einzustufen, genauso lächerlich wie Putinsche Darstellung halbnackt auf edlen Rössern oder beim Angeln oder siegesgewohnt im Judoanzug – einfach nur lächerlich. Nur „typische russische Mütterchen“ können sich an dem Anblick des „starken Herrmanns“ ergötzen.
Rainer Rehfeldt, Hamburg

 Ich erkenne in dem gut gemeinten Artikel keine Andeutung für eine europäische Strategie, der hier  grassierenden und von Populisten genutzten Angst zu begegnen. Deshalb wirkt der Beitrag gerade wegen der vielen Wenns sinnfrei.
Jeder weiß von der im Artikel zutreffend beschriebenen Absicht Russlands, mit einem erfolgreichen Krieg gegen die Ukraine auch die staatliche Souveränität in Europa gänzlich zu zerstören. Damit wird der Widerstand der Ukraine gegen diesen Aggressor zum Stellvertreterkrieg und begründet unabhängig von der amerikanischen Unterstützung für die europäischen Staaten mehr als nur eine Stärkung und Sicherung der ukrainischen Wehrfähigkeit.
Diese erkennbare Strategie Russlands verpflichtet Europa, im eigenen Interesse und insbesondere für die Zeit nach dem Krieg über den Status der bisherigen Unterstützung hinaus auch eigene präventive militärische Schritte gegen Russland zu erwägen. Es kann nicht sein, dem Kriegsverbrechen der Russen in der Ukraine und in Moskau einem entspannten alltäglichen Leben zuzuschauen. Die Konsequenz der deutschen Überfälle Russlands im zweiten Weltkrieg war die Zerstörung deutscher Städte auch und gerade durch die Russen. Diese Logik muss in der Unterstützung der Ukraine angesiedelt sein und dem Aggressor bewusst werden. Darüberhinaus erneuert sie den Widerstand bei den Russland unterstützenden Nachbarn und stärkt unseren eigenen Glauben an eine wehrhafte und wehrfähige europäische Demokratie.
Jürgen Dressler 

Sie als Nichthistoriker schreiben über die Angst im Kriegszeiten. Vielleicht sollten Sie gelegentlich über den Ausspruch des Reichskanzlers Otto von Bismarck nachdenken. Der sagte nämlich: „Politik hat nicht zu rächen, was geschehen ist, sondern dafürzu sorgen, dass es nicht wieder geschehe“.
Ihre Wortspielereien mit dem Wörtchen wenn sehe ich eher als einen belletristischen Versuch, der aber in solch ernsten Zeiten wie jetzt, wo es um Krieg und Frieden für die ganze Welt geht, nicht sonderlich angebracht ist.
Dr. Detlef Rilling, Historiker und Autor, Scharbeutz

„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein“, klebt auf unserem Auto – und ich glaube das auch. Trotzdem halte ich, wie Bischof Bätzing, Waffenlieferung für legitim. Aber ich sage auch: „Waffenlieferungen sollten nach Gottes Willen nicht sein“. Wie kann ein Gott der Liebe und des Lebens die Lieferung tödlicher Waffen bejahen, solange nicht ganz anderes versucht wurde? Endlose Worte von allen Seiten, auch vom Papst, gibt es viele. Verhandlungen erweisen sich schon länger als aussichtslos. Was wäre dann noch möglich? Taten! Z. B. der Brief der polnischen Bischöfe an Moskaus Patriarch Kyrill, die Soldaten Putins zur Befehlsverweigerung aufzurufen, zu dessen Veröffentlichung aber Bischof Bätzing nicht aufruft (meines Wissens). Oder ein „Schweigemarsch“ friedliebender europäischer Christen gegen kriegsverherrlichende russische Christen? Oder besser ein „Schweigemarsch“ der kath. Bischöfe Europas durch die Ukraine, angeführt vom Papst? Oder haben diese alle Angst um ihr Leben – und lassen lieber Tausende junger ukrainischer Männer und Frauen, Familienmütter und -väter sterben, mit und trotz unserer zögerlichen  – „legitimen“ – Waffenlieferungen?  Ich glaube, Gott fände das überzeugender als Waffenlieferungen für legitim zu erklären! Und sicher hält er Taten für überzeugender als Worte.
Karlheinz Fritz, Bad Camberg

Angst ist ein kaltes Gefühl. Putin spielt mit dieser Angst, und in seiner verbrecherischen Kriegsführung gehört sie einfach mit in sein Kalkül. Jetzt, wo die militärischen Erfolge Russlands in der Ukraine ausbleiben, ist es für Putin folgerichtig, die Unterstützer zu schwächen. Denn auch Putin ist klar, dass die Ukraine ohne die Waffenlieferungen aus dem Westen Russland nicht genug entgegenzusetzen gehabt hätte.
Deutschland und andere westliche Staaten sind doch schon lange Tummelplatz russischer Geheimdienste. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Sabotageakte an den Nordstream Pipelines und auf das Funknetz der DB auf das Konto dieser Geheimdienste gehen.
Heinrich Wefing bringt es auf den Punkt, es gilt, die Nerven zu bewahren. Ich wäre froh, dieses auch einmal so deutlich von politisch verantwortlicher Seite zu hören. Denn so ein Statement kann die Bevölkerung durchaus beruhigen, das ist angesichts der steigenden Inflation und der Energiekrise momentan sehr wichtig.
Nichts käme Putin jetzt gelegener, als wenn die westlichen Demokratien sich selbst zerfleischen und zerstreiten, die Tendenzen dazu sind da, das ist besorgniserregend, Heinrich Wefing macht zurecht darauf aufmerksam. Putin ist gefährlich, er ist aber kein Genie. Nach dem verpatzen Blitzkriegsversuch steht er unter starkem Rechtfertigungsdruck in Russland, selbst wenn das dort nicht ausgesprochen werden darf. Putin muss jetzt Erfolge vorweisen können und wird versuchen, diese mit vielfältigen Mitteln zu erreichen. Sabotageakte werden am Ende diesen Krieg nicht entscheiden, da bin ich mir sicher, sondern Durchhaltevermögen und überlegenere Waffen.
So schrecklich das alles ist, es ist höchste Zeit, Autokraten und Menschenfeinden wie Putin das Handwerk zu legen.
Regina Stock, Kiel

 

Was ist aus uns geworden? Hysterische Panikmacher und Hosenscheisser sind wird (fast alle) geworden!
So werden wir die liberale Demokratie nicht verteidigen können.
Thomas Walter


 

Leserbriefe zu „Wie wummsig ist der Wumms?“ von Mark Schieritz

Sicher hat man sich bei der Gaspreisbremse Gedanken gemacht, wie die Einsparung von Gas befördert werden kann. Und dennoch wird es unerwartete und teilweise unerwünschte Effekte geben, weil  z. B. die Bezugsgröße „Verbrauch im Vorjahr“ (also in 2022) noch nicht vollkommen definiert ist und damit noch durch Konsumenten beeinflußt werden kann: Menschen mit einem Holzofen und begrenztem Holzvorrat werden diesen deshalb wahrscheinlich erst im nächsten Jahr verfeuern. Das ‚verbessert‘ die Bemessungsgrundlage für die Gaspreissubvention in 2023 und bietet darüberhinaus eine Versicherung gegenüber möglichen Lücken in der Versorgung, die eher zum Ende des Winters zu erwarten sind. Darüberhinaus frage ich mich, ob die Übernahme einer Abschlagszahlung im Dezember nicht ebenfalls zur Manipulation einlädt: Abschlagszahlungen können in jedem Kundenportal beliebig durch den Kunden verändert werden. Können die Versorgungsunternehmen hier Mißbrauch verhindern? Wie immer steckt der Teufel in den Details – und derer sind sehr vielezu berücksichtigen. Ich wünsche der Regierung bei der Ausgestaltung der Details der Gaspreisbremse eine glückliche Hand.
Christian Endrikat, Hohen Neuendorf

Die unreflektierte Übernahme der banalen, vom Sozialneid gespeisten „Erkenntnisse“ der Hans-Böckler-Stiftung zu den Auswirkungen der Gaspreisbremse sind doch einfach nur ärgerlich, in einer Zeitung für Politik, Wirtschaft, Wissen und Kultur. Ich habe doch nicht den „Vorwärts“ abonniert. Man darf, bitteschön, erwarten, dass simple Mathematik nicht als sozialer Sprengstoff verkauft wird. Es ist doch ohne jegliche Forscherei sonnenklar, dass die die hohen Verbräuche an Gas auch zu relativ hohen Entlastungen führen, wenn sämtliche Kunden gleichbehandelt werden. Und Gleichbehandlung ist doch das Mantra unserer solidarischen Gesellschaft. Schon die Wortwahl „arm“ und „reich“ ist signifikant für die soziale Anklage, die dahinter steht. Ich erwarte stattdessen einen etwas erwachseneren Journalismus. Der würde wenigsten in einem Nebensatz erwähnen, dass diese „Reichen“ (ab einem lächerlichen Jahreseinkommen) weit über 50 Prozent der Einkommensteuer aufbringen, wegen des ungleichen Steuersatzes. Hier bleibt die heilige Gleichheit auf der Strecke. In dieser Denke des DGB zuende gedacht führt das dazu, den Preis für ein Brötchen nach dem Einkommen des Käufers zu staffeln, damit jeder gerecht belastet bzw. entlastet werde. Brave New World!
Lutz Bauermeister, Wilhelmshaven

 

Schade, dass Ihre „Wumms“-Beschreibung einseitig ist.Auf dem Land ohne Gasanschluss wohnend, müssen wir den ca. 3-fachen Preis für Heizöl zahlen! Siehe vertraulichen Anhang.Hilfe der „Wumms“-Regierung für Rentner mit fehlendem Gasanschluss – Fehlanzeige! Wird in Ihrem Artikel nicht mal erwähnt!
Die im März 2022 bestellte Wärmepumpe steht in der Garage – und ein Termin für den Einbau?
Mitarbeiter-Mangel et cetera bei dem beauftragten Handwerker.

Anfragen wurden an 6 Heizungsbauer versandt. 4 Absagen, 1 unvollständiges Angebot! Der bei uns seit 20 Jahren beschäftigte und beauftragte Heizungsbauer ist nicht in der Lage zur Terminabgabe – Personalmangel, Krankheit, Lieferprobleme etc.!
Dies sind die realen Probleme, so Sie Co2 einsparen möchten.
Klaus-Peter Baensch, Eckental


 

Leserbriefe zu „Lagerfeuer gesucht“ von Mariam Lau

Als Manfred Weber in einem Fernsehinterview gefragt wurde, warum die EVP (die Partei, welche die CDU/ CSU auf europäischer Ebene repräsentiert) im italienischen Wahlkampf eine Empfehlung für die Forza Italia abgegeben habe, antwortete er, weil bei einer Schwäche der konservativen Parteien ein Linksbündnis möglich geworden wäre. Sind die roten Socken, die da hängen, so bedrohlich, habe ich mich gefragt, dass man lieber die braunen anzieht?
Es ist nicht meine Aufgabe, der CDU irgendwelche Ratschläge zu geben oder ein Lagerfeuer für sie anzuzünden. Ich bin nur eine Bürgerin, der die Zukunft unserer Demokratie am Herzen liegt. Und da beunruhigt mich eine solche Haltung sehr. Sie beunruhigt mich besonders, wenn ich sie nach den Vorgaben des Historikers Andreas Rödder interpretiere.
Herr Weber hat eine Partei unterstützt, die, das war absehbar, nicht, auch mit seiner Hilfe nicht, so viele Stimmen einsammeln würde, dass sie allein die Regierungsbildung übernehmen könnte. Wenn diese Partei an der Regierungsbildung Interesse hätte, so müsste sie sich in die Koalition mit anderen „konservativen“ Parteien begeben, so viel war absehbar.  Es konnte also bei der Unterstützung der Forza Italia nur darum gehen, dieser Partei in der Verhandlung zur Regierungsbildung eine bessere Position zu verschaffen. Und es war klar, dass die Forza Italia dann eine Regierung bilden würde mit den „Fratelli d‘ Italia“, einer Partei, die aus dem Erbe Mussolinis hervorgegangen ist.
Und hier kommen nun die Interpretamente des Historikers Rödder ins Spiel. Eine Partei, die faschistische Wurzeln hat, kann, ohne ihr Unrecht zu tun, konservativ in einem rechten oder sogar rechtsradikalen Sinn genannt werden. Der Parteivorsitzende der EVP Manfred Weber hat also  (wenn auch über den Umweg der kleinen Partei) eine Partei unterstützt, die zum rechten bis rechtsnationalen Spektrum gehört. Herr Rödder macht nun ein paar Schritte, die ich – Verzeihung meine Sprache! – als  Unverschämtheit empfinde: Er erklärt jede Radikalisierung als Reaktion auf eine Radikalisierung der anderen Seite, in diesem Fall also die Radikalisierung der rechten Seite als Antwort auf eine Radikalisierung der linken Seite. Hier fangen die roten Socken nun gewaltig an zu stinken! Denn die eigene Radikalisierung als Reaktion zu verstehen, heißt, die Verantwortung für die eigene Handlung nicht zu übernehmen. Hart gesagt: Die Spaltung muss geschaffen werden, um die eigene Identität zu finden. Es muss also eine Linksradikalisierung her, damit eine rechte Radikalisierung sich erklären lässt. Und dass diese Linksradikalisierung nun auch noch mit Wokeness gleichgesetzt wird – Herr Rödder, lesen Sie, bevor Sie sich mit solchem Quatsch lächerlich machen, lieber die Definition von „Wokeness“ im Lexikon nach. Ich habe das, bevor ich diese Lesermeinung schrieb, getan, um zu prüfen, ob mein Gefühl, „woke“ und „Wokeness“ sei eher bei den Menschrechten als im Linksradikalismus zu verorten, stimmt. Und da lese ich als Definition, dass Wokeness so etwas wie ein „erwachtes“ Bewusstsein für soziale Benachteiligung und Rassismus sei. Wokeness mag in diesem Fall der Gegenpart zum Rechtsradikalismus sein, ein Linksradikalismus, weil das rechte Spektrum einen solchen Gegenpart braucht, ist Wokeness nicht. Im Gegenteil!  Wokeness ist, mein Gefühl ist richtig, ein Sensibilisierung dafür, dass das, was in den Menschenrechten garantiert ist, auch in den speziellen Situationen sozialer Benachteiligung und rassistischer Herabwürdigung und Verfolgung gilt. Im Interesse unserer Demokratie hoffe ich, dass das Grundsatzprogramm der CDU feiner differenziert.
Ursel Heinz

Es war noch nie erfolgversprechend, dem vermeintlichen Gegner dort Punkte abzujagen, wo dessen vermeintlichen Stärken liegen. Wer sagt eigentlich, dass die Rechten rational gewählt werden, dass sie nicht nur aus Protest und Frust gewählt werden. Wer sagt, dass nicht nur die Parteimitglieder der Rechten als deren Stammwähler bezeichnet werden können. Ist dem so, bleibt das Kopieren rechter Ziele wirkungslos – aber um so gefährlicher ist es, weil eine kleine Schar Parteimitglieder das Erscheinungsbild der Partei bestimmt, die Partei aber deshalb gar nicht gewählt wird. Es muss doch einleuchten, dass eine ehemalige Regierungspartei nicht zur Protest- und Frustpartei werden kann. Stattdessen müssen überzeugende Argumente her, die Protest und Frust erübrigen.
Johannes Barth 

Wozu wird die CDU gebraucht? Auf Bundesebene zurzeit nicht unbedingt zum Regieren. Aber als große demokratische Oppositionspartei im Bundestag schon. Als Bollwerk gegen rechts, vor allem in den östlichen Bundesländern. Unbedingt als Volkspartei mit großer Integrationskraft: eben ein Lagerfeuer, von dem auch möglichst viele randständige Bürger sich angezogen fühlen. Der Glutkern des Lagerfeuers darf aber nicht das trotzige Motto sein: „Wir wollen uns unsere Freiheit, unmündig bleiben zu dürfen, nicht nehmen lassen“. Ängste, Abwehr- und Ausgrenzungsreflexe zu schüren, fördert die Unmündigkeit und bestätigt letzendlich nur die Rechtspopulisten, die sich immer weiter radikalsieren und immer mehr Zulauf erhalten. Ein Konservativismus auf der Höhe unserer Zeit muss Tradition und Moderne in den Werten Anstand, Seriosität und Ehrlichkeit versöhnen. Und Mut, um nicht Tapferkeit zu sagen.
Reinhard Koine, Bad Honnef


 

Leserbriefe zu „Deutschland landet gern sanft“ von Matthias Krupa, Ulrich Ladurner und Jörg Lau

Deutschland hat in Europa mit die niedrigste Staatsschuldenquote. Somit besitzt es, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, den Spielraum, den es jetzt während der Krise nutzen kann. Das ruft natürlich Neider auf den Plan. Deutschland wird dafür kritisiert, dass deutsche Bürger für deutsche Schulden aufkommen sollen. Die Bundesrepublik wird nur dann viel Lob ernten, wenn deutsche Bürger für die Schulden der anderen europäischen Staaten aufkommen müssen. Nun frage ich mich, wer hier eigentlich Egoismus an den Tag legt. Deutschland oder diejenigen, die seinen Rettungsschirm kritisieren?
Dr. med. Martin Krivacek, Offenberg

Die Autoren beschreiben, warum so viele EU-Länder wegen der Entlastungspakete verärgert sind und verweisen auch auf das Verhalten frühererer Bundesregierungen, die sich beispielsweise in der Eurokrise – aus Sicht der Mittelmeeranrainerstaaten –  als arrogante, beinharte „Lehrmeister“ aufspielten.
Was mir allerdings fehlt, ist ein Hinweis auf die tatsächlichen Zwänge, denen die jetzige Regierung ausgesetzt ist. Die Ampel-Koalition  steht unter einem massiven innenpolitischen Druck – ihr wird von vielen Seiten Tatenlosigkeit angesichts steigender (Energie-)Preise vorgeworfen – und der „Doppel-Wumms“ ist sicherlich der Versuch eines Befreiungsschlages.
Alternativ auf eine einheitliche europäische Lösung zu hoffen, ist wohlfeil, zeigt sich die EU doch gerade in energiepolitischen Fragen oft uneins. Der Opposition und regierungskritischen Medien lieferte die Ampel dann geradezu eine Steilvorlage: der endlosen Erzählung von „Olaf dem Zauderer“ würde ein weiteres Kapitel hinzugefügt.
Rüdiger Paul

In dem Artikel erfahre ich, dass andere EU-Länder etwas irritiert über den Deutschen Doppelbums sind und sie ihn als unsolidarisch empfinden. Der Titel des Artikels suggeriert, dass die drei (!) Autoren dieser Haltung Verständnis entgegen bringen. Auf der anderen Seite werden Scholz, Habeck und Lindner zitiert, der Doppelwums sei gar nicht unverhältnismäßig, da er sich auf drei Jahre beziehe. Frankreich habe schon 70 Mrd. Euro ausgegeben und Spanien 35. Nach einer halben Seite lesen weiß ich  noch immer nicht, inwieweit die Vorwürfe unserer Partner Substanz haben, und darum soll es doch gehen? Sind Frankreichs 70 Mrd. Euro einmalig und nur für ein Jahr, oder auch für drei? Wenn nur für diesen Winter, wäre der Vergleich dann nicht 90 Mrd. in Deutschland ggü. 70 in Frankreich? Wie sieht die Betrachtung pro Kopf oder im Verhältnis zum BIP aus? Mit anderen Worten: ich bin leider nicht schlauer nach dem Lesen des Artikels als vorher. Wird von mir erwartet, dass ich das selber recherchiere? Das ist nicht der Grund warum ich die ZEIT lese. Dieser Artikel entspricht nicht meiner Vorstellung von Qualitätsjournalismus.
Sorry für die deutlichen Worte aber das ist leider nicht das erste Mal, dass ich ein Missverhältnis zwischen Textumfang und Informationsgehalt feststellen muss. Ich bin sicher, Sie können das besser.
Philip Hilgers


 

Leserbriefe zum Streitgespräch „Die FDP will jetzt klotzen statt kleckern“

Die FDP muss sich entscheiden, ob sie die Koalition konstruktiv festigen will oder weiter mit ihrer starren Haltung schwächen. Die FDP hat aber keine Mehrheit in der Koalition und sollte sich also auch so verhalten und mehr Zugeständnisse machen. Insbesondere im massiven Aufbau sozialer Gerechtigkeit und bei Maßnahmen zur Eindämmung der Emissionen.
Claudia Hirschler

Beim Lesen des Streitressorts der aktuellen Ausgabe in Gestalt eines moderierten Gesprächs zwischen Herrn Mordhorst von der FDP und Herrn Banaszak von den Grünen überkam mich bei Nennung der Verdienste der FDP durch Herrn Mordhorst trostlose Lähmung, tiefe Unlust, eine leise Depression. Seit Jahren schon erwarte ich angstvoll den nächsten Gedankenblitz, ein Alptraum nur, aber keineswegs unrealistisch bei dem Verein. Ich komme bei passender Gelegenheit darauf zurück.
Augenblicklich, so geht es aus dem Text hervor, wünscht sich Herr Mordhorst von den Wählenden eine Gratifikation in Gestalt dankbarer Stimmen für die Geisterfahrt seiner Partei, die sich mit durchschlagendem Erfolg für den Spritrabatt und gegen das Tempolimit ins Zeug warf. Links hin, rechts her: der Wunsch, sich ausgerechnet für so törichtes Tun mit Wählerstimmen belohnt zu sehen, ist schon ein ziemlich starkes Stück.
Jeder einigermaßen klar denkende Mensch könnte verstanden haben, dass der einzige Planet, den wir haben und unseren Kindern überlassen, bei lebendigem Leib abbrennt und damit wahrscheinlich gerade fertig ist, wenn der letzte Rest der fossilen Wundertüte abgefackelt ist. Dass dann spätestens die berüchtigte Technologie-Offenheit à la Lindner gegen die Hitze hilft, glauben bloß die paar Seligen und Unbelehrbare mit reichlich Benzin im Blut.
Als durchaus gut verdienender Zeitgenosse, der ordentlich Steuern entrichtet und mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt, zahle ich, sehr geehrter Herr Mordhorst, Ihren piekfeinen Spritrabatt Gott sei´s geklagt gleich zweimal: einmal mit meinen Steuern, zum anderen, indem ich den unappetitlichen Auswurf des gütig geförderten Spritverbrauchs aus den immer zahlreicher werdenden Auspuffrohren der Stadtpanzer einatme, bei denen das Verhältnis zwischen eigenem und transportiertem Gewicht von Jahr zu Jahr abstruser wird und die ich aus anderen Gründen meines Strebens nach Unversehrtheit lieber von hinten als von vorne sehe.
Die Wahlergebnisse der gleichwohl im Abgasnebel gut erkennbaren Partei der Selbstverantwortung sprechen, so wie ich sie verstehe, eine deutliche Sprache. Bisweilen tun das auch die Politiker, wenn es beispielsweise ums Duschen („bis ich fertig bin“) unter Putin geht. Dabei höre ich ein, zwei Leute aus deren Reihen durchaus gerne sprechen, wenn nicht gerade das leidige Tempolimit Thema ist, wie beim ansonsten klugen Alexander Graf Lambsdorff neulich im TV. Glaubt er etwa wirklich, was er da sagt?
Wenn Sie mich, worum ich bitte, zum Abschluss nach meinem Alptraum fragen: Es ist eine Pressekonferenz nach der nächsten Runde der unglücklich verstrickten Ampel. Die FDP tritt, akustisch untermalt von aufheulenden Motoren ans Mikrophon, teilt mit, sie hätte nun endlich, endlich mit dem Tempolimit bei 130 kmh Ihren Frieden gemacht. Dankbarer Applaus von vielen Seiten, zumal von den Partnern von Links und Links.
Dann die fällige Ergänzung: Aber als Mindestgeschwindigkeit! Das wäre mal profilschärfend geklotzt. Denken Sie darüber nach!
Ralph Schwingel

Nein, dass ist nicht klug. Klüger wäre von Herrn Lindner, nicht ständig von oben herab zu dozieren – sondern mit den Menschen zu sprechen. Und ihnen das Gefühl zu geben, sie wahrzunehmen und nicht sowieso alles (besser) zu wissen. Ich empfinde da eine riesige Distanz.
Herr Wissmann hat nichts zu sagen. Und gibt es noch andere FDP-Leute in der Regierung?
Wolfgang Vogt, Würzburg


 

Leserbriefe zum Interview „Putin will leben“ mit Olexij Arestowytsch

Ich muss Ihnen gestehen, dass ich hier und heute, bei meiner morgendlichen Tasse Kaffee und im Ledersessel sitzend, fast die Beherrschung verloren habe, als ich das von Cathrin Gilbert geführte Interview mit Herrn Olexij Arestowytsch las.
Was in drei Teufels Namen gibt dieser Mann da bloß von sich? Zum Teil muten seine Antworten dermaßen gedankenverloren an, dass man sich als Leser*in fragt, ob der Mann sich da eigentlich selbst reden hört. Dazu mit dieser Breitbeinigkeit, die ein derartiges Unbehagen in mir auslöst, dass ich mich allen Ernstes frage, ob Herr Arestowytsch nüchtern war, als er zu diesem Interview erschien.
Wenn die Russen Atomraketen auf die Ukraine abfeuern würden, dann würde es keine Ukraine mehr geben, ganz einfach. Wovon redet er also bitte, wenn er sagt, die Russen hätten ja gar nicht genügend Bodentruppen, die es zu einer Eroberung bräuchte. Liest dieser Mann denn überhaupt mal die Zeitung? Wenn ja, dann hätte er längst gelesen, dass Wladimir Putin gerade 300.000 Rekruten ausgehoben hat, die schon alsbald an die Kriegsfront herangerückt werden.
Und der war ehemaliger Geheimdienstoffizier, sogar Berater des ukrainischen Präsidenten? Gott behüte uns vor Schlimmeren!
Michael Ayten, Trier

 

Es ist der blanke Wahnsinn! Biden schätzt die Gefahr einer nuklearen Katastrophe so ein, wie in der Kubakrise 1962.Selenskyj spricht von einem NATO- Präventivschlag. Der Kreml warnt daraufhin vor dem „Dritten Weltkrieg“. Woraufhin Selenskyj dann doch eher falsch verstanden wurde.
Wurde er das?
Die Ukraine ist zu keiner Verhandlung mit Putin bereit. Weder Selenskyj, noch Podoljak (Zeit Nr. 39) noch Herr Arestowytsch möchten Putin eine Rampe für Waffenstillstandsverhandlungen bauen.
Herr Arestowytsch möchte den Deutschen mitteilen, dass die Ukrainer kein bisschen Angst vor einer atomaren Bedrohung haben, geht aber davon aus, dass ab Februar 2023 taktische Atomwaffen zum Einsatz kommen könnten.
Putin ist jeder Anlass recht, seine Kriegshandlungen brutal zu eskalieren.Und unsere super Hardliner, allen voran die FDP und die Grünen reden nur darüber, wie noch mehr schwere Waffen möglichst schnell in die Ukraine gelangen können, um den Krieg zu gewinnen. Ist das verrückt oder größenwahnsinnig?
Auf jeden Fall fühlt man sich ja richtig sicher und gut vertreten von unseren Abgeordneten. Und die internationale Gemeinschaft ist nicht willens, diplomatisch Waffenstillstandsverhandlungen in die Wege zu leiten. Unglaublich!
Es gab einen Kommentar von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung: „Krieg in der Ukraine – Zeitenwende oder Zeitenende?“ Das genau ist die Frage!
Für Diplomatie zu werben ist keine Parteinahme für Putin.
Petra Harink


 

Leserbriefe zu „Was tun?“ von Ulrich Stock

Der Autor macht sich lustig über demente Hunde und Katzen. Meine Katze litt in ihren alten Tagen ganz offenbar an Demenz und wurde zu einem armen, hilflosen und bemitleidenswerten Wesen. Bitte keine Texte mit solch beschränktem Horizont in der ZEIT!
Dr. Angela Schwarzer, Würzburg 

Es gibt auch Bäume, die nicht depressiv herumstehen. Die Versicherungswirtschaft weiß davon zu berichten. Die Schadenmeldungen der Kunden klingen dann à la „Der Baum wusste nicht, wohin er wollte, deswegen bin ich dagegengefahren“. Es gibt dazu sogar ein Buch. Wenn ich mich recht entsinne, lautet der Titel „Ich habe Schmerzen bei jedem Fehltritt“.
Torsten Berndt, Konstanz