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Arme Säue und glückliche Schweine

 

Vereinzelt glückliche Schweine in weiter Flur. Es gibt einige solcher Wiesen. Ich bin überzeugt, dass dieses Modell Schule machen wird. Der Markt dafür ist reif. Die Kundschaft für so etwas gibt es, und das ist Herrn Schweisfurth in Herrmannsdorf zu danken.

Das ist nur eine große Wiese unter anderen. Sicher sind in Herrmannsdorf an die zweihundert Schweine am Start.

Heute hatte ich mit dem Bayerischen Rundfunk ein Interview. Es ging um Schweinefleisch. Welches ich verarbeite. Nun ja, es gibt ja das berühmte Schwäbisch Hällische Landschwein der Haller Erzeugergemeinschaft. Das ist eine ganz gute Qualität.

Die Reporter fragten, wie hingegen ein gutes Schwein aus dem Supermarkt schmecken würde. Ich sagte dann, genauso wie ein Mensch vielleicht in einer Gefängniszelle, der ein Jahr lang bis zu den Knöcheln in seiner Scheiße steht. Schweinegeruch ist nichts anderes als der Gestank von Scheiße.

Ich weiß, es gibt immer mal Klagen, ich würde zu heftig formulieren. Nein, was ich sage ist die Wahrheit und die vertragen viele heute nicht mehr. Wir leben nämlich in einer weichgespülten verlogenen Welt. Zum Beispiel: niemand wird heute mehr rausgeschmissen, gefeuert, nein, der Personalchef im Boss-Anzug sagt mit leiser, therapeutischer Stimme: „Sie sind für uns ein wichtiger Mitarbeiter, leider müssen wir Sie freistellen.“

Zurück zur armen Sau:
Ich habe selbst schon Wollschweine geschlachtet, das südfranzösisches Bigorre-Schwein gegrillt, spanische schwarze Schweine sorgsam gebraten. Man kann sich heute vieles kaufen und die spanischen schwarzen Schweine sind wirklich ausgezeichnet. Aber sie kosten fünfmal so viel wie bei uns die Metzgerqualität. Die Spanier wissen, warum sie für Ihre Spitzenschinken gerne zahlen. Wir Deutschen sind offensichtlich zu blöd dazu.

Trotz spanischem Superschwein, ich will kein Schweinefleisch aus Spanien. Ich will, dass sich bei uns so etwas auch durchsetzt.
So, jetzt kommt’s. Meine Frau ist nahezu Vegetarierin, hat sich die Schweine angeschaut, sie gestreichelt und sich in sie fast verliebt. Wenig später hat sie mit mir das beste Kotelett des Lebens gegessen. Ich staunte nicht schlecht. Das Gasthaus Schweinsbräu in Herrmansdorf vollbrachte dies Wunder. Der Koch Thielemann ist ein wahrer Meister, aber die Stars dort sind die Schweine. Das Kotelett war von eine Sym-Biotik-Schwein aus der Herde des Chefs der Herrmannsdorfer Landwerkstätten.

Ich hatte mir zuvor die Aufzucht von Karl-Ludwig Schweisfurth genau angeschaut. Man blickt auf ausgedehnte Wiesen, in denen vereinzelt wunderbare Schweine spazieren gehen, sich besondere Wurzeln suchen und Kräuter kauen. Die Reporter vom Bayerischen Rundfunk meinten heute, die Hermannsdorfer wären die Apotheke. Ich sag’s wie es ist, das ist kompletter Schwachsinn, eigentlich ist das Herrmannsdorfer Fleisch viel zu billig. Zu den Schweinen kann man sich nämlich getrost dazulegen. Bei ihnen riecht es weniger als in einer U-Bahn. Freilich, die Rasse ist wichtig, aber wie die Tiere aufwachsen, mit großem Auslauf, auf Wiesen bis zum Horizont, das ist das wirklich Entscheidende.

Das aber kostet viel Geld, und deshalb wird immer auf dem Rassebegriff herumgeritten. Schweine brauchen Platz, und eine große Wohnung ist immer teurer als eine kleine Bude, ganz zu schweigen von einem stinkenden Koben.

Was ist los, haben Deutsche einen solchen Selbsthass, dass sie sich freiwillig täglich mit stinkendem Schweinekobenware traktieren. Wer will widersprechen, Gott sei‘s geklagt.

Eines ist auch klar und jetzt werde ich mal elitär, für alle reicht diese Qualität nicht. Aber könnte man es nicht so machen wie ich mit meinem Porsche? Ich könnte mir nur einen halben leisten, aber auf zwei Rädern Porschefahren ist Mist, also lasse ich es ganz bleiben. Diese Haltung sollte man sich bei Fleischverzehr auch aneignen.